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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wohltätigkeit ist ...



smiloDon
17.01.2015, 14:31
... das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade.

smiloDon
17.01.2015, 17:04
Habt Ihr keine Meinung dazu? :dnuhr:

russenglatze
17.01.2015, 17:08
Ich kann mit der Aussage ehrlich gesagt einfach nichts anfangen.

Dunkler Fürst
17.01.2015, 17:08
Ich habe es erst jetzt gesehen.


Im Grunde ist an dieser Aussage schon was dran, denn es heiß ja auch: "Gnade vor Recht walten lassen."

Nordwin Eisenherr
17.01.2015, 17:13
Hm erklär das doch mal genauer.

Momentan verstehe ich die sache so:

Jemand hat ein recht auf etwas bestimmtes, man gibt es ihm auch jedoch stellt man es als große Wohltat und Gnade da.
Sprich jemand bekommt was was ihm sowieso zu steht man gibt es ihm jedoch mit viel tamtam.

oder sehe ich das falsch?

smiloDon
17.01.2015, 17:15
Ich kann mit der Aussage ehrlich gesagt einfach nichts anfangen.Es geht um das Kürzen sozialer Leistungen, die zunehmende Entrechtung der Ärmsten, wodurch diese zunehmend von der Gnade der Begüternden abhängig werden.

Dunkler Fürst
17.01.2015, 17:17
Hm erklär das doch mal genauer.

Momentan verstehe ich die sache so:

Jemand hat ein recht auf etwas bestimmtes, man gibt es ihm auch jedoch stellt man es als große Wohltat und Gnade da.
Sprich jemand bekommt was was ihm sowieso zu steht man gibt es ihm jedoch mit viel tamtam.

oder sehe ich das falsch?

Ich sehe das eher so. Jemand hat ein Unrecht begangen, doch anstatt ihn zu verurteilen läßt man Gnade walten.

russenglatze
17.01.2015, 17:19
Es geht um das Kürzen sozialer Leistungen, die zunehmende Entrechtung der Ärmsten, wodurch diese zunehmend von der Gnade der Begüternden abhängig werden.

Das kommt ja jetzt drauf an. Gebe ich z.B. freiwillig etwas einem ärmeren menschen oder zahle ich gesetzlich Abgaben vom Lohn, wodurch die ärmen Sozialleistungen bekommen und feier mich dann wie ein klassischer deutscher, wie gnädig ich doch bin. Oder gibts gar keine sozialleistungen mehr und die armen müssen quasi die reichen anbetteln?

Nordwin Eisenherr
17.01.2015, 17:23
Ich sehe das eher so. Jemand hat ein Unrecht begangen, doch anstatt ihn zu verurteilen läßt man Gnade walten.

schon interessant 3 Leute und 3 vollkommen unterschiedliche Interpretationen :D.

Aber der Satz ist wirklich sehr undurchsichtig.

Dunkler Fürst
17.01.2015, 17:28
schon interessant 3 Leute und 3 vollkommen unterschiedliche Interpretationen :D.

Aber der Satz ist wirklich sehr undurchsichtig.

Ist wirklich witzig und interessant, da kommt mal wieder die eigene Sichtweise deutlich hervor.


Ich habe das eher so gesehen. Ich bin wohltätig und gnädig.

Wocky
17.01.2015, 17:28
Der Spruch ist ne Pauschalisierung, und daher: Nein.

smiloDon
17.01.2015, 18:30
Das kommt ja jetzt drauf an. Gebe ich z.B. freiwillig etwas einem ärmeren menschen oder zahle ich gesetzlich Abgaben vom Lohn, wodurch die ärmen Sozialleistungen bekommen und feier mich dann wie ein klassischer deutscher, wie gnädig ich doch bin. Oder gibts gar keine sozialleistungen mehr und die armen müssen quasi die reichen anbetteln?Eher letzteres.
Noch vor zehn Jahren gab es hierzulande ein Existenzminimum, auf das jeder Bürger auch ein Anrecht ohne Wenn und Aber hatte. Nach der Hartz-4-Reform sieht dies natürlich anders aus, wie ein Damoklesschwert drohen Kürzungen unter das Existenzminimum, falls sich der in Not geratene Bürger, der dadurch zum Bittsteller wird, sich nicht konform verhält.
Aber auch wenn die Leistung in voller Höhe gewährt werden, kommen viele Familien damit nicht über die Runden, so dass sie auf gemeinnützige Einrichtungen wie beispielsweise die Tafeln angewisen, um über die Runden zu kommen. Auch hier hat sich der Staat zurückgezogen, wodurch die gemeinnützigen Iniativen auf Spenden angewiesen sind.
Selbst Schulen sind heutzutage immer mehr auf Drittmittel angewiesen, auch um ihre basalen Aufgaben erfüllen zu können. So buhlen manche Schulen gezielt um Kinder begüteteter Eltern, von denen man sich dann großzügige Spenden für den Förderverein erhofft. Viele Schulen sind auf private Spender angewiesen, damit sie beispielsweise allen Kindern eine Mahlzeit anbieten können.

Wohin dies führen kann, können wir in den USA beobachten.

Drachenei
17.01.2015, 23:04
... das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade.

Darum steigen Sie jetzt um auf Mildtätigkeit! Mildtätigkeit ist Wohltätigkeit light - halb so viel Aufwand, doppelt so reines Gewissen! Mildtätigkeit - von führenden Steuerberatern empfohlen! §engel:A

Orkklopper
17.01.2015, 23:52
... das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade.
Dem habe ich zugestimmt, weil die Demokratie geben und nehmen ist. (Alle für Einen und Einer für Alle:gratz

glozee
18.01.2015, 00:11
Die Wohltätigkeit wird gewährt oder entzogen. Ein Recht muss gewährt werden.
Gnade als Mistloch zu bezeichnen find ich sympathisch, weil sich Geber und Empfänger nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen können.

Orkklopper
18.01.2015, 00:28
Die Wohltätigkeit wird gewährt oder entzogen. Ein Recht muss gewährt werden.
Gnade als Mistloch zu bezeichnen find ich sympathisch, weil sich Geber und Empfänger nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen können.

Das Recht wird gewährt durch die Grundsatzregelung . Wenn auch unzureichend. "Mistloch", so kann man es bezeichnen aber ohne dieses "Mistloch" wären Manche noch ärmer.:(

Leichenteich
18.01.2015, 05:32
Ich weiß nicht, was es mit dem Recht zutun hat, wenn ich z.b. einen Penner einen Euro gebe.

Wenns auf politischer Ebene geht (und das vermute ich mal), dann bin ich der Meinung das eine Wohltätigkeit in Form von z.b. Sozialhilfe, Asyl und auch Bildung (zähl ich durchaus mit dazu, denn wenn man nicht unterstützen würde, würden finanziell schwache Familien ihren Kindern auch nicht die Qualifikation ermöglichen, die für sie vielleicht geeignet wäre) ein Recht für jeden sein sollte.

Ich würde sogar noch weiter gehen und es begrüßen, wenn es eine Art Wohltätigkeitssteuer geben würde. So das jeder Bürger in Wohlhabenden Ländern einen kleinen Beitrag dazu steuert, dass auch 3. Welt Länder mehr Chancen haben etwas aus sich zu machen. Das würde meiner Meinung nach viele Probleme lösen. Vorallem ökologische. Denn das Menschen weniger Kinder bekommen, wenn sie sich mehr auf eine Karriere konzentrieren können sieht man ja in quasi jedem westlichen Land. Und das wäre in jedemfall eine gute Sache, denn mit 7 Milliarden sind wir bereits jetzt zu viele.
Bzw. gerade in Regionen, in denen Not herrscht, wie Niger sieht man, dass eine extreme Armut mit Hungersnöten das Bevölkerungswachstum nicht bremst, sondern noch eher ankurbelt. Wissenschaftler haben das auch gut begründet. Überall dort, wo viele Menschen sterben werden auch viele geboren. Das ist ein natürlicher Drang, der bezwecken soll, dass die eigene Art/Rasse/Famile nicht ausstirbt. Niger ist damit aber leider in einem Teufelskreis gefangen, denn in der Region kann man nur wenig Nahrungsmittel anbauen. Und wenn man kein Geld zum importieren hat, ist man nunmal am Arsch. Das ist dann eben dem geschuldet, dass wir Menschen jeden Fleck der Erde besiedeln wollen. Rehe versuchen es auch nicht, sich in der Wüste nieder zu lassen.
Und gerade deshalb sollte man unterstützen, damit man aus diesem Teufelskreis ausbrechen kann.

Specht
18.01.2015, 09:40
Man kann durchaus auch über das rechtlich (meinetwegen: ehemals) geforderte oder auch angebrachte Maß wohltätig sein. Daher stimme ich dem Satz nicht pauschal zu, nein. Im Kontext von Hartz4 ist was dran, aber das steht ja so nicht in der Ausgangsfrage.

Heinz-Fiction
18.01.2015, 10:33
Der Satz ist zu undurchsichtig und auf zu viele (auch schlechte) Sachverhalte anwendbar, daher: Nein.

Geißel Europas
18.01.2015, 11:53
Der Satz ist zu undurchsichtig und auf zu viele (auch schlechte) Sachverhalte anwendbar, daher: Nein.

Seh ich genauso!

Der Moderator
18.01.2015, 14:48
Die dritte Möglichkeit fehlt: Hängt von der Interpretation ab.


Zwei Möglichkeiten wurden bereits genannt. Ich bin mir sicher, es gibt noch viel mehr Möglichkeiten diesen Satz zu interpretieren.

smiloDon
19.01.2015, 10:59
Man kann durchaus auch über das rechtlich (meinetwegen: ehemals) geforderte oder auch angebrachte Maß wohltätig sein. Daher stimme ich dem Satz nicht pauschal zu, nein. Im Kontext von Hartz4 ist was dran, aber das steht ja so nicht in der Ausgangsfrage.Doch, eigentlich schon. Das drückt das "Ersäufen des Rechts" aus, dass dieses Anrecht, diese Solidarität mit den Schwachen eben vollständig durch einen (freiwillige) Wohltätigkeit ersetzt wird, womit sie zu Bittstellern degradiert werden.
Im Übrigen ist dies eine Entwicklung, die nicht nur hierzulande fortschreitet, man kann dies mehr oder weniger in allen Industriestaaten beobachten.

Specht
19.01.2015, 12:07
Doch, eigentlich schon. Das drückt das "Ersäufen des rechts" aus, dass dieses Anrecht, diese Solidarität mit den Schwachen eben vollständig durch einen (freiwillige) Wohltätigkeit ersetzt wird, womit sie zu Bittstellern degradiert werden.
Nein, in der Ausgangsfrage steht nichts von Hartz4. Da steht erstmal dieser Satz als generelle These, deren Inhalt wir ohne zu wissen auf welche Szenerie er sich bezieht einschätzen sollen. Das geht aber pauschal nicht. Denn Wohltätigkeit ersetzt nicht immer das Recht durch die Gnade der vermeintlich hohen Herrschaften.

In Bezug auf Hartz4-Sanktionen hätte ich womöglich mit "Ja" gestimmt (bin mir aber nicht ganz sicher, ich finde das Thema nicht so schwarz-weiß wie eine Ja-Nein-Frage suggeriert). In Bezug auf einen Menschen, der freiwillig seinen gesamten Lottogewinn an einen Obdachlosen spendet hingegen stimme ich der These nicht zu, denn der Obdachlose hatte keinen Rechtsanspruch darauf den Gesamtgewinn zu erhalten, vielmehr war dies eine Wohltat, die Solidarität gegenüber den Schwachen ausdrückt, die weiterhin über das rechtlich geforderte (und zu fordernde) hinausgeht, die dieses Recht aber zugleich unangetastet lässt und es in gar keinem Mistloch ersäuft.

Ich bleibe daher bei meiner Antwort: Pauschal trifft dieser Satz nicht zu.

smiloDon
19.01.2015, 14:45
Nein, in der Ausgangsfrage steht nichts von Hartz4. Darum geht es auch nicht, sondern um die generelle Tendenz in den Industrieländern soziale Leistungen zu streichen und durch freiwillige Wohltätigkeiten oder Spenden zu ersetzen. Ihr müsst euch nicht an Hartz-4 klammern, ich habe auch noch ein weitere Beispiele genannt.
Es gibt aber noch mehr, überall in Europa und auch in Übersee ...

Der Verfasser dieser Aussage wusste auch noch nichts von Hartz-4 und lebte zu einer Zeit, als es noch keinen Sozialstaat, so wie wir ihn kennen, gab.

Specht
19.01.2015, 18:27
Darum geht es auch nicht, sondern um die generelle Tendenz in den Industrieländern soziale Leistungen zu streichen und durch freiwillige Wohltätigkeiten oder Spenden zu ersetzen. Ihr müsst euch nicht an Hartz-4 klammern, ich habe auch noch ein weitere Beispiele genannt.
Es gibt aber noch mehr, überall in Europa und auch in Übersee ...

Aber auch davon steht in der Ausgangsfrage nichts. Wenn du den Satz bezogen auf Szenarien, wo Sozialleistungen die Menschen rechtlich zustehen gestrichen werden und durch Wohltätigkeit ersetzt werden beziehen möchtest, ist das eine Sache und dann hätte ich wohl für Ja gestimmt (denn das ist ja genau die Aussage des Satzes). Aber so allgemein wie der Satz da steht, ohne jede Info welche Szenarien du im Hinterkopf hast, kann ich ihm pauschal nicht zustimmen, denn es gibt durchaus Szenarien der Wohltätigkeit, die nichts mit einer Degradierung des Rechts zu tun haben.

smiloDon
19.01.2015, 18:41
... denn es gibt durchaus Szenarien der Wohltätigkeit, die nichts mit einer Degradierung des Rechts zu tun haben.Abschaffung des Rechts, die Bedürftigen werden degradiert. Aber dann gib mal bitte ein Beispiel!

Wocky
19.01.2015, 20:18
Abschaffung des Rechts, die Bedürftigen werden degradiert. Aber dann gib mal bitte ein Beispiel!

Das Problem ist der Ausdruck "Wohltätigkeit". Damit lässt sich viel verbinden.
Wenn es in Sri Lanka durch einen Tsunami das halbe Land weggespült hat und ich spende oder rüberfahre und helfe, dann ist das wohltätig und meiner Meinung nach völlig okay.
Wenn ich Kriegsflüchtlinge aufnehme oder obdachlose Kinder, statt sie dem Recht gemäß in einem Heim unterbringen zu lassen, auch. Usw.

Es kommt halt drauf an.

smiloDon
19.01.2015, 20:54
Das Problem ist der Ausdruck "Wohltätigkeit". Damit lässt sich viel verbinden.
Wenn es in Sri Lanka durch einen Tsunami das halbe Land weggespült hat und ich spende oder rüberfahre und helfe, dann ist das wohltätig und meiner Meinung nach völlig okay.
Wenn ich Kriegsflüchtlinge aufnehme oder obdachlose Kinder, statt sie dem Recht gemäß in einem Heim unterbringen zu lassen, auch. Usw.

Es kommt halt drauf an.Gut, das wird jetzt nicht unbedingt aus der These deutlich, aber es geht hier nicht um solche Katastrophenfälle sondern um den alltäglichen (un)solidarischen Umgang innerhalb der Gesellschaft. Und da macht es schon einen Unterschied, ob die Bedürftigen ein Anrecht auf Fürsorge haben oder ob die Gesellschaft diese sich selbst überlässt, so dass sie auf die Mildtätigkeit Einzelner angewiesen sind.

Oder seht ihr das anders?

Specht
19.01.2015, 21:16
Aber dann gib mal bitte ein Beispiel!
Habe ich ja schon (mein vorletzter Beitrag). Wenn ich jemandem über das Maß hinaus gegenüber wohltätig bin, das diesem von Rechts wegen zusteht, ist dies eine Wohltätigkeit, die die Rechtssphäre unberührt lässt. Das kann sein wenn ich jemandem meinen gesamten Millionengewinn schenke oder in einem Szenario wie den von Pulvisetumbra beschriebenen. Also: Immer dann, wenn jemand wohltätig ist in einem Maße das über das rechtlich forderbare hinausgeht ist liegt eine Wohltätigkeit vor, die das Recht nicht abschafft oder in Gnade o.ä. abwandelt. Denn ein Recht das niemand je besessen hat (noch genauer: das niemals existiert hat) kann nicht abgeschafft (oder zu etwas anderem umgeformt) werden.

Dass du nicht an solche Szenarien gedacht hast als du die Frage gestellt hast glaube ich dir, aber woran du gedacht hast steht eben nicht in deiner allgemein gestellten Frage, daher kann ich nur mit "nein" abstimmen.

smiloDon
19.01.2015, 21:28
Dass du nicht an solche Szenarien gedacht hast als du die Frage gestellt hast glaube ich dir, aber woran du gedacht hast steht eben nicht in deiner allgemein gestellten Frage, daher kann ich nur mit "nein" abstimmen.Ja, ich verstehe ja Deine Einwände.
Aber mittlerweile habe ich doch erleutert, worum es geht, und wie diese Aussage zu verstehen ist. Und nun frage ich mich so langsam, warum Du (und auch andere) nicht darüber sprechen willst, aber anderseits immer wieder in diesen Thread postest.

Findest Du es denn gut, wenn die Gesellschaft immer unsolidarischer wird?

Wocky
19.01.2015, 21:58
Findest Du es denn gut, wenn die Gesellschaft immer unsolidarischer wird?

Das finde ich natürlich nicht gut.
Vielleicht wäre ein neuer Thread mit neuem Titel angesagt, wenn du ne Debatte darüber anstoßen möchtest?!?!

Alo
20.01.2015, 13:31
Den Spruch kann auf viele Weisen interpretieren.
Wohltätigkeit kann die staatliche Wohlfahrt sein, aber auch die private Wohlfahrt bei der ich jemanden Geld in einen Hut werfe.

An sich halte ich aber beide für grundsätzlich gut.
Ich bin kein Fan von Sozialdarwinismus und Eugenik.

Specht
20.01.2015, 20:36
Ja, ich verstehe ja Deine Einwände.
Aber mittlerweile habe ich doch erleutert, worum es geht, und wie diese Aussage zu verstehen ist. Und nun frage ich mich so langsam, warum Du (und auch andere) nicht darüber sprechen willst, aber anderseits immer wieder in diesen Thread postest.

Findest Du es denn gut, wenn die Gesellschaft immer unsolidarischer wird?

Ich habe kein Problem damit darüber zu sprechen, ich dachte nur du verstehst nicht weshalb ich für nein gestimmt habe obwohl ich dir gar nicht widersprechen möchte :)

Nein, ich finde es nicht gut wenn die Gesellschaft immer unsolidarischer wird. Ich denke Solidarsysteme sind eine der größten Errungenschaften des letzten Jahrhunderts (oder großzügig der letzten 200 Jahre). Würden sie durch peu a peu abgeschafft (und das ist ja die systematische Konsequenz einer immer unsolidarischer werdenden Gesellschaft) fände ich das extrem unverständlich und bedauernswert.
Allerdings bin ich nicht so sicher wie du, dass das richtige oder wenigstens das Mindestmaß an Solidarität dasjenige ist, das vor einigen Jahren (vor Hartz4) noch galt, sodass die heutigen Zustände die Bezeichnung Mistloch verdient hätten. Wohl gemerkt, ich bin mir nicht sicher - womöglich liegt Hartz4 (zumal wenn gekürzt) unter dem Maß das Solidarität sichern sollte, womöglich liegt es genau richtig oder darüber. Ich bin mir wirklich nicht sicher. Ich habe noch nie von Hartz4 gelebt und kenne mich mit den genauen Regularien nicht aus, daher kann ich mir schwer ein Urteil erlauben. Was für die in deinem Satz ausgedrückte These spricht ist, dass der Hartz4-Satz ja das Existenzminimum absichern soll. Entsprechend bedeutet eine Kürzung jemanden unter dieses Existenzminimum fallen zu lassen, was quasi eine Aufgabe des Sozialsystems bedeutet. Andererseits: Wenn ich mir anschaue wie der Beitragssatz errechnet wird werden da meiner persönlichen Meinung nach falsche Maßstäbe angesetzt - Nachrichtenübermittlung 34,5€ aber Bildung 1,5€? Lächerlich. Für Nachrichten braucht man dieses Guthaben bei weitem nicht, bei Bildung hingegen kann man mit 1,5€ ja gerade mal einen Bleistift kaufen. Wenigstens die Zusammensetzung des Hartz4-Satzes finde ich also sehr zweifelhaft. Einen besseren Satz zusammenzustellen traue ich mir aber auch nicht zu, ich bin keine Expertin und habe Angst mein eigenes Leben zu sehr als Grundlage für andere Menschen heranzuziehen. Wie dem auch sei, irgendjemand hat 391€ als Existenzminimum ermittelt, aber ich traue diesem Betrag nicht. Womöglich müsste er höher liegen, womöglich dürfte er niedriger liegen. Wie gesagt, ich habe keine endgültige Antwort und traue mir kein endgültiges Urteil zu. Tendentiell würde ich aber sagen der Satz dürfe ruhig tiefer liegen. Ich selbst habe während meines Studiums schon einige Zeit mit einem Einkommen gelebt, das abzüglich Miete geringer war als der Hartz4 Satz. Ich würde mein Leben nicht als menschenverachtend oder so bezeichnen und finde nicht, dass irgendjemand (= die Gesellschaft) mir da aus Solidarität hätte Geld zuschießen müssen. Ich finde also dass es durchaus Argumente dafür gibt, auch Hartz4 mit Kürzungen nicht als Abschaffung des Rechts oder mangelnde Solidarität zu bezeichnen. Es gibt aber auch Gründe dafür. Ich bin also ganz froh, dass du die Frage pauschal gestellt hast, denn konkret auf Hartz4 bezogen hätte ich sie nicht wirklich beantworten können. Hartz4 ist für mich in einer Grauzone bei der ich (noch?) nicht sicher bin wo die Grenze anzulegen ist bis zu der eine Gesellschaft solidarisch zu sein und jemanden über rechtlich zuzusichernde Leistungen zu tragen hat.

So, ausführlich aber für dich vermutlich nicht wirklich befriedigend weil unentschlossen, stimmt's?