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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ägypten - gesellschaftliche Frage



Inspirate
03.12.2012, 17:46
Hoffe ich bin hier im Forum "Politik und Gesellschaft" mit meiner Frage richtig angesiedelt.

Meine Frage bezieht sich auf die Einwohnerzahl Ägyptens zur Zeit der Pharaonen ca. 2000 Jahre vor Christi. Da immer wieder von zig tausenden Arbeitern an den Pyramiden zu lesen ist frage ich mich wie hoch der Anteil der Arbeiter an der Gesamtbevölkerung war. Oft wird von den "Geschichtsmenschen" erwähnt das Ägypten zur Zeit der Pharaonen geschätzte 4 - 12 Millionen Einwohner betrug.

Nachweislich betrug die Bevölkerung Ägyptens aber um 1800 herum nur ca. 2,5 Millionen, 1900 dann ca. 12,5 Millionen und heute nach der Bevölkerungsexplosion ca. 82 Millionen Einwohner - also ungefähr der Bundesrepublik Deutschland gleich. Die Frage die sich mir stellt konnte ich leider im Internet noch nicht beantworten. Wenn 2000 vor Christi bereits geschätzte 10 Millionen Ägypter lebten, was war dann der Grund dafür das ca. 4000 Jahre später die nachweisliche Bevölkerung nur 2,5 Millionen betrug. Eigentlich nimmt die Weltbevölkerung doch von Jahrtausend zu Jahrtausend ständig zu und auch wenn zu früheren Zeiten das Wachstum nicht so stark war wie es heute ist - so ist es doch im Fall Ägyptens verwunderlich das 2000 vor Christi fast 4x mehr Menschen dort lebten als ca. 2000 nach Christi.

Was war der Grund für diese negative Entwicklung? Krieg? Katastrophe? Seuche? Oder stimmen die geschätzten Zahlen für 2000 vor Christi nicht?


Einfach "pi mal Daumen" zurückgerechnet auf 2000 vor Christi anhand im Internet präsenter Bevölkerungswachstumsdiagrammen hätte 2000 vor Christi die Bevölkerung Ägyptens bei weitem nicht in die Millionen gehen dürfen. Wahrscheinlicher wäre es, falls nicht doch irgendwelche Seuchen oder Kriege die Bevölkerung dahin rafften, daß weit weniger als eine Million Menschen zur damaligen Zeit dort lebten und dann ein sehr beträchtlicher Anteil der Bevölkerung am Pyramidenbau beteiligt gewesen war. Beziehungsweise alles im Niltal am Bau beteiligt war.

edit
Ich glaube ich habe es eben im Internet gefunden. Im 6. bis zum 8. Jahrhundert soll eine Seuche geherrscht haben, die ihren Ursprung wohl in Ägypten hatte. Im 8. Jahrhundet sank dadurch die Bevölkerung im Mittelmeerraum um fast die Hälfte. Aber da müßte noch mehr gewesen sein als nur diese Seuche.

Tesri
03.12.2012, 18:56
Wenn du berücksichtigst, dass Seuchen dieser Größenordnungen auch immer mit Hungersnöten plus ggf. kriegerischen Konflikten einhergehen, käme das schon hin. Die noch mal ins Auge gefasst, könnte das gut die Differenz sein, die du suchst.

In manchen Quellen (ich weiß nicht, welche du benutzt hast) werden aber auch Sklaven rausgerechnet und nicht als "Einwohner" gezählt. Da gilt als Einwohner nur freies Volk. Musst du mal gucken.

Ewige Finsternis
03.12.2012, 20:10
Ich kann letztlich auch nur Vermutungen anstellen, aber das alte Ägypten war eine Hochkultur und regionale Großmacht. Die Pharaonen dürften damals ein deutlich größeres Gebiet beherrscht haben als das heutige Ägypten es darstellt, womit Ägypten auch deutlich mehr Einwohner gehabt haben müsste.
Durch kriegerische Expansion sind Länder schon deutlich größer geworden als sie es heute sind, siehe Rom, oder aber um ein aktuelleres Beispiel zu nehmen Nazi-Deutschland. Die damals eroberten Gebieten galten für diesen Zeitraum auch als deutsch, nur war der Zeitraum nicht lange genug um diese Gebiete auch wirklich nachträglich Nazi-Deutschland anzurechnen. Das alte Ägypten hingegen bestand sehr lange, womit die Trennung zwischen dem ursprünglichen und dem hinzueroberten Gebiet verschwamm.

Für mich klingt das plausibel, aber wie gesagt, alles nur Vermutung. :D

Inspirate
03.12.2012, 20:18
In manchen Quellen (ich weiß nicht, welche du benutzt hast) werden aber auch Sklaven rausgerechnet und nicht als "Einwohner" gezählt. Da gilt als Einwohner nur freies Volk. Musst du mal gucken.

Den Sklavenanteil der am Bau beteiligten Personen habe ich noch nicht berücksichtigt. Die gesellschaftliche Hierarchie war im damaligen Ägypten klar strukturiert. An der Spitze stand der "gottähnliche" Pharao gefolgt vom Wesir. Dann folgten die Priester und dann die Schreiber und Beamten. Wirklich mengenmäßig beteiligt am Pyramidenbau waren dann erst ab der zweituntersten Schicht die Künstler und Handwerker, die dem Wesir unterstanden. Dann blieb noch das "Fußvolk" der Bauern/Sklaven. Mein Problem ist halt im Moment noch die Summe der zwei untersten Schichten - die mit Abstand die größte Baubeteiligung stellten. Wobei ich da kaum was finde was ungefähr aufschlüsselt wievielé Arbeitskräfte zum Bau abgezogen wurden. Denn die Infrastruktur Ägyptens brauchte ebenfalls Arbeitskräfte.

ulix
03.12.2012, 20:40
Du darfst nicht vergessen dass vor Industrialisierung, Verstädtung und dem wissenschaftlichen Fortschritt in der Medizin in den letzten 150 Jahren oder so Bervölkerung nur viel, viel langsamer gewachsen ist (wenn überhaupt) als sie das im 18. oder 19. Jahrhundert tat, oder in weniger "fortschrittlichen" Ländern auch heute noch tut.

Da starb dann halt jeder dritte Säugling, und jede zehnte Geburt oder so auch die Frau. Niemand wurde viel älter als 40, wenn man eine Krankheit abseits von normaler Grippe hatte war man sogut wie tot, dazu kamen Kriege, Seuchen, Hungernöte, etc.

Außerdem hat das 1800 niemand so genau gezählt. Das sind eher Schätzungen der französischen Besatzungsmacht.

Inspirate
04.12.2012, 19:16
Ich kann letztlich auch nur Vermutungen anstellen, aber das alte Ägypten war eine Hochkultur und regionale Großmacht. Die Pharaonen dürften damals ein deutlich größeres Gebiet beherrscht haben als das heutige Ägypten es darstellt

Das ägyptische "Alte Reich" von ca. 3000 - 2000 vor Christi war von den Ausmaßen her nur ungefähr wie das heutige Belgien. Es war eigentlich nur auf das fruchtbare Land ausgedehnt das beginnend mit dem Nildelta und Tal ca. 1100 km landeinwärts des Nils reichte. Wobei sich links und rechts des Nils die fruchtbare Fläche insgesamt in der gesamten Breite nur auf wenige Kilometer ausdehnte. Oder anders ausgedrückt hat Belgien eine Fläche von ca. 30.000 km² die im damaligen Alten Reich sich halt auf 1100km x 27km aufteilte. Im Nildelta natürlich mehr als 27 km und dafür landeinwärts weniger als 27km in der Breite. Erst ab 2000 vor Christi (Mittleres Reich) mit der Ausdehnung bis Nubien wuchs Ägypten an. Damals war es also erheblich kleiner als heute. Daher zweifle ich immer noch an den 10 Millionen geschätzter Einwohner zur damaligen Zeit. Da Belgien heute erst bei 10 Millionen Einwohnern bei vergleichbarer Landgröße ist.

Allerdings habe ich mich immer noch zu wenig in die Geschichte des Alten Reiches eingelesen. Da bleibt noch genügend Spielraum.

hagalaz
04.12.2012, 19:41
Den mir bekannten historischen Berichten zufolge hatten Bagdag und Babylon in ihrer Blütezeit schon weit über 100.000 Einwohner. Solche Großreiche waren schon immer Bevölkerungsmagneten. Demnach halte ich 2 Mio. Bewohner durchaus realistisch.

Inspirate
04.12.2012, 22:11
Den mir bekannten historischen Berichten zufolge hatten Bagdag und Babylon in ihrer Blütezeit schon weit über 100.000 Einwohner. Solche Großreiche waren schon immer Bevölkerungsmagneten. Demnach halte ich 2 Mio. Bewohner durchaus realistisch.

Es spricht einiges für solche Ballungen. So ließ Pharao Snofru (Vorgänger von Cheops) während seiner 20jährigen Amtszeit gleich 3 Pyramiden und Sadd-el-Kafara errichten. Die Nekropole Dahschur muß schon ein großes Ballungsgebiet gewesen sein um gleich 3 Pyramiden in 20 Jahren Amtszeit errichten zu können und dazu noch den in geschätzten 10 Jahren erbauten Staudamm Sadd-el-Kafara. Der Staudamm läßt aber stark vermuten das dort damals tatsächlich eine sehr hohe Bevölkerungsdichte bestand. Vielleicht verhielt es sich dort damals in etwa so wie später auch bei den Azteken, die eigentlich nur auf drei Stadtstaaten beschränkt waren. Dafür aber mit hohen Einwohnerzahlen aufwarteten und das Land drumherum nur sehr spärlich bewohnt war. :dnuhr: