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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Story] A new story



EMS
23.03.2012, 16:09
Also erst mal... nicht auslachen... :D
Das da unten kommt dabei rum, wenn man man in einem sogenannten FK-Psychoseminar stundenlang einem langweiligen Dozenten zuhören SOLLTE, und dabei zuviel Zeit in Himmelsrand (und seinem Forum) verbringt, ohne es gerade spielen zu können. ;)

Meine Heldin und ihr Argis. Das Ende und vor dem eigentlichen Spiel.
Mal gucken, ob ichs weiterschreibe oder ob das heut nur ein One-day-Text war.
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Wie versteinert saß sie in der kalten Ruine auf dem Thron des Draugrfürsten und starrte auf den blutüberströmten, leblosen Körper in ihren Armen. Gleich würde die letzte Fackel im Raum erlöschen. Erlöschen wie das lebhafte Glitzern seines Auges. Sie küsste die noch warmen Lippen ein letztes Mal, ließ seinen Körper sanft zu Boden gleiten und stand auf.
Jetzt musste sie sich darum kümmern, dass er eine ehrenvolle Aufnahme bei den Gefährten von Ysgramor finden würde.
Sie webte einen Kerzenscheinzauber und begann zwischen den zahllosen Leichen nach brauchbarem Holz zu suchen. Ihr zerschundener Körper schmerzte und schrie nach Ruhe. Die würde er erst bekommen, wenn auch der Letzte der feigen Mörder ihres geliebten Mannes seinen Platz in der Unterwelt gefunden hatte.
Während sie auf einem der Einbalsamierungstische Holzscheit um Holzscheit für das Verbrennungsritual zusammentrug, schweiften ihre Gedanken, ohne dass sie deren Herr werden konnte, in die gemeinsame Zeit ab.



„Ihr werdet diesen Mann heiraten!“
Sie stand vor ihrem Vater. Seine Wut erschreckte sie, aber sie gab es nicht zu erkennen.
„Nein, mein Vater. Ihr wisst, dass Ihr mich nicht dazu zwingen könnt. Und Ihr wisst ebensogut, dass ich bereits auf dem Weg zur Akademie in Winterfeste bin. Ihr…“
„Schweigt Tochter. Dann werdet Ihr diesen Mann vorher heiraten.“
„…“
Die Stimme des alten Jarl wurde sanfter.
„Meine Tochter, meine Zeit ist bald abgelaufen. Dann werdet Ihr Jarl von Markarth sein. Die Zeiten sind hart und durchtrieben. Wir werden von den Abgeschworenen bedroht und auch die kaiserlichen Truppen bedrängen uns immer mehr. Ulfric Sturmmantel hat noch lange nicht die Macht uns zu unterstützen. Ihr werdet in Argis einen ehrenhaften starken Ehemann an Eurer Seite haben. Und Ihr werdet ihn brauchen.“
„Vater, dieser Mann ist ein Huskarl.“
„Dieser Mann ist ein Karl, ein freier Mann, der unserem Haus den Eid der Treue bis zum Tod geschworen hat.“
Ihr Vater richtete sich zu seiner vollen, immer noch beachtlichen, Größe auf und seine blauen Augen durchbohrten sie wie ein Pfeil.
„Dann ist es beschlossen. Ich werde den Vogt anweisen, die Feierlichkeiten zu arrangieren.“


Der Tempel in Rifton war nicht groß und nur mit einfacher Ausstattung gesegnet. Umso unrealistischer wirkte die fein gekleidete Gesellschaft. Die Banner, die gedämpfte Geräuschkulisse und die schon fast unnatürlich schön wirkende Braut.
Lange weißblonde Haare zu einem dicken Zopf geflochten, der bis weit in den Rücken reichte. Ein Golddiadem mit Smaragden, der Farbe ihrer Augen. Eine smaragdgrüne Samttunika, gerafft von einem goldenen edelsteinbesetzten Hüftgürtel, über einem scharlachroten bodenlangen Kleid.
Draußen hörte man das trappeln von Hufen. Kurz darauf öffnete sich die Flügeltür.
Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Wer war dieser Mann, der es wagte sie, die Tochter eines mächtigen Jarl, sie, eine belesene, magiebegabte Frau nicht nur wie eine Tavernenhure warten zu lassen, sondern auch noch in einer vollständig verschmutzten einfachen Nordrüstung aufzutauchen.
Gestern war allgemeiner laugardagur gewesen. Er schien davon völlig unberührt zu sein. Immerhin hatte er seine blonden schulterlangen Haare durchgekämmt und die seitlichen Zöpfe mit feinen Lederstreifen neu geflochten.
Finster warf sie ihrem Vater einen Blick zu, der sich allerdings unbeeindruckt daran machte die Zeremonie zusammen mit dem Priester zu beginnen.

Die Eheringe wurden getauscht. Dabei sah sie ihm das erste Mal bewusst ins Gesicht.
Ein markantes Gesicht mit rehbraunen leuchtenden Augen, vollen Lippen und einem sehr gepflegten blonden Kurzbart.
Auf der rechten Wange prangte eine große dunkelrote Tätowierung zu Ehren von Freyr, einem der Alten Götter. Seine Stimme kam tief und rau aus dem mächtigen Brustkorb. Seine Hände waren trocken, warm… und sauber. Er war ein großgewachsenes muskulöses, ausgesprochen ansehnliches Mannsbild, bei dem sich jede Frau nach einem Leben an seiner Seite verzehrt hätte.
Ihre Pläne waren aber andere.

„…Treue bis zum Tod und darüber hinaus“ hörte sie erst ihn, dann sich sagen.

Der Eheschwur war noch nicht verhallt, als sie die Halle verließ und sich auf Argis’ Pferd schwang. Sie hatte ihren Teil eingehalten und diesen Mann geheiratet. Mit nur ihrer Hochzeitsrobe bekleidet und einem verzauberten Dolch bewaffnet, galoppierte sie in die Dunkelheit hinaus, Richtung Winterfeste.

EMS
27.03.2012, 12:59
Zusammengefasst, damit nicht jedes Mal ein neuer Minipost erscheint. :dnuhr:

Keine Minute später bäumte sich das Tier mit einem riesigen Satz auf und brach dann röchelnd zusammen. Sie wurde hart auf den gefrorenen Boden geschleudert und rang nach Luft. Schemenhaft erkannte sie mehrere Pfeile, die im Körper des Tieres steckten, ganz gezielt geschossen um ein weiteres Fortkommen zu verhindern, aber dem Tier dann einen schnellen Tod zu ermöglichen.

Den Dolch in der Rechten, einen Stein in der Linken, schnellte sie wie eine Katze dem auftauchenden Schatten entgegen. Und prallte gegen einen Körper, der sie wie eine Feder im Wind abfing. Stein und Dolch fielen zur Erde.
„…Argis…Ihr?“

Über seiner Nasenwurzel hatte sich eine tiefe Querfalte gebildet und seine Augenbrauen schienen in der Mitte zusammengewachsen zu sein. Wortlos stellte er sie auf den Boden, drehte sich herum und begann die Pfeile aus dem toten Tier zu ziehen.

„Meine Gemahlin, Ihr könnt gehen wohin es Euch beliebt. Nach der Hochzeitsnacht, wie es Brauch ist.“
„Ihr habt Euer Pferd erschossen? Für eine Nacht mit mir?“
Insgeheim bewunderte sie die Bogenkünste ihres Mannes.
„Für Euch, teure Gemahlin...“ Weiter kam er nicht.
„Dann lasst sie uns vollziehen, hier und jetzt.“ Sie riß ihr Kleid auf.
„Ihr seid sehr sehr schön. Ich sollte ein glücklicher Mann sein.“ sagte er leise. „Und jetzt nehmt diese Decke und bedeckt Euch. Ihr wisst so gut wie ich, dass diese Nacht in unserem Heim stattfinden muss.“

So kam es, dass sie sich statt auf dem Weg nach Winterfeste, in die Decke eines toten Pferdes gehüllt auf dem Weg zu ihrer Hochzeitsnacht in Markarth befand.

Der Abreisemorgen in Rifton entsprach ihrer Laune: dumpf, neblig, grau.
Auf Anordnung ihres Vaters hatte sie ihrem Mann ein neues Pferd kaufen müssen und sich für einen wunderschönen Rappen entschieden. Bewundernd stand Argis davor, strich über die wohlgeformten Proportionen des Tieres und schwang sich dann auf ihren alten Zelter.
Ihren erstaunten Blick beantwortete er mit den Worten:
„Er ist Euer, denn das Geschenk entspringt nicht Eurem Herzen sondern dem Befehl Eures Vaters.“
In einer Mischung aus Wut und Verwunderung sprang sie auf den Rücken des Rappen und die kleine Gruppe, bestehend aus ihr, dem alten Jarl, Argis und zwei Wachen, machte sich auf den langen Weg quer durch Himmelsrand zurück nach Markarth.

Die ersten Reisetage verliefen ohne besondere Ereignisse. Ein paar Bären, ein paar Banditen, Zweiglinge, einige Wölfe und Säbelzahntiger.
Sie beobachtete mit welcher Souveränität ihr Mann seine Waffen beherrschte, während er mit Interesse, aber auch einer spürbaren Angst ihre magischen Angriffe verfolgte.
Im Zusammenspiel bildeten sie einen für Feinde fast undurchdringlichen Schutzwall für den alten Jarl, dem die Strapazen der nun zweiten langen Reise deutlich anzumerken waren.

Mit Genugtun bemerkte dieser wie sich seine stolze Tochter und der von ihr nicht gewollte Ehegatte Schritt für Schritt einander annäherten. Wenn sie sich vll. auch nie lieben würden, aber sie würden einander respektieren und achten. Eine wesentlich stabilere Grundlage als Gefühle, die an der nächsten Ecke von einer Dirne schon wieder ins Wanken gebracht werden konnten. Für Gefühle war kein Platz in Himmelsrand in diesen Zeiten.

Sie hatten es nicht bis zum Gasthaus in Ivarstatt geschafft und mussten im Freien übernachten. Aus Pferdedecken, Geäst und Steinen bauten Argis und die Wachen eine Art Zelt für sie und ihren Vater.

Aus selbigem heraus schaute er den Vergnügungen seiner Tochter und ihrem Ehemann zu, die beschlossen hatten, sich gegenseitig in ihren Kampfdisziplinen zu unterrichten. Erhitzte Gesichter, fröhliches Gelächter, ihr Zopf hatte sich längst im Eifer der „Gefechte“ aufgelöst und so kämpfte sie nicht nur gegen ihren Gatten sondern auch gegen eine „schlechte Sicht“. Sie war gut, aber gegen die fließenden, schwungvollen Bewegungen ihres Mannes wirkten ihre Manöver seltsam steif.
Aber auch ihre Stunde schlug an diesem Abend. Seine Sicht ihrer Magie war eine ganz einfache: gefährlich, und so weigerte er sich vehement, den kleinen Feuerball zu nehmen, den sie ihm zur Übung reichen wollte. Es kostete sie viel Zeit und noch mehr Worte. Schließlich nahm sie seine Hand und legte den Zauber ganz vorsichtig hinein.

„Zauber sind abhängig von der Stärke Eures Geistes.“ dozierte sie vor sich hin bis sie ihren Mann ansah und laut loslachte. Stocksteif stand er und starrte sie an als hätte er einen der Daedrischen Fürsten selbst im Visier.
„Argis mein Gatte, entspannt Euch. Sonst werdet Ihr Euch nur selbst verletzen.“

Schließlich ging sie auf ihn zu und zog ihn zu sich herunter und gab ihm einen langen Kuss.
Der Feuerball löste sich aus seiner Hand und fuhr ungezielt in die Büsche. Ein lauter Schrei ertönte, das Holz knackte, heraus kam eine der Wachen mit heruntergelassenen brennenden Hosen und rannte schnurstracks in den angrenzenden Tümpel.

EMS
27.03.2012, 20:01
Die Nacht war unnatürlich still. Keine vertrauten Geräusche von Tieren, die durch die Büsche strichen, kein Zirpen der Grillen, kein Nachtvogel, der schrie und trotzdem fanden sie alle keine Ruhe. Es war als hätte man die Welt in einen dunklen schweren Leinensack gepackt, der alles dämpfte.
In einem seltsamen Alp-Wachtraum hörte sie ein fernes Donnern, Grollen und Brüllen, das den Himmel erfüllte. Riesige krallenbewehrte Schwingen warfen Schatten, die alles verschlangen und nichts zurück ließen als blanke Schwärze.

Der Morgen kam wie immer, es wurde hell wie immer. Sie stand auf und wischte die Gedanken an die letzte Nacht beiseite. Im Tümpel wusch sie sich und zog frische Reisekleidung an bevor sie zu den Pferden ging, wo Argis bereits damit beschäftigt war, die Utensilien zu verstauen. Auch er musste sich gewaschen haben. Sein blondes Haar und der frisch geschnittene Bart glänzten wie Gold in der Sonne.

Sie nahm die Zügel ihres Pferdes und hielt sie ihm hin.
„Nehmt Ihr ihn jetzt? Ich gebe ihn Euch von Herzen.“
Dabei fiel ihr auf wie aschgrau sein Gesicht wirkte und sie wusste, auch er hatte es gehört und gespürt.
„Drachen…“
„Was?“
„Drachen!“ Geistesabwesend nahm er ihr die Zügel aus der Hand: „Es sind Drachen.“


Jetzt geh ich mal besser meinen RL- "Argis" suchen. Der flog nämlich eben noch durch die Bude hier und nu isser in blanker Schwärze verschwunden. :eek:

EMS
29.03.2012, 21:24
„Vater, sollen wir bei den nächsten Ställen eine Kutsche nehmen?“
Der alte Mann neben ihr nickte immer wieder auf seinem Pferd ein und drohte herunterzufallen.
„Ein Jarl reist nicht in einer dreckigen Kutsche!“ Hellwach war er mit einem Mal. „Mir geht es gut meine Tochter, …und wenn ich mir Euer Reittier heute so ansehe, war meine Entscheidung Euch mit Argis zu vermählen die Richtige!“
„Ich gebe zu, es war keine Falsche. Er scheint ein guterMann zu sein.“

Winterfeste, sagte ihr Kopf. War dieser Lebenswunsch jetzt,nach ein paar Tagen, wirklich schon so weit ins Abseits gerückt?

„Er hat Euch schon als Kind geliebt.“
Fragend sah sie ihren Vater an; dann tauchten Erinnerungsbilder auf. Ein schmaler blonder Wirbelwind, einige Jahre älter, der sie ständig mit seinem Holzschwert attackierte und an ihren Haaren zog. Es war der Sohn des 1. Offiziers der Markarth-Wache gewesen.
Sie lachte. „Na, wenn Ihr Hiebe, spucken und ausgeschlagene Kinderzähne als Liebesbeweise seht, dann hat er mich wirklich geliebt.“
„Nun meine Tochter, wenn ich mich recht entsinne, habt Ihr Euch gebührend revanchiert. Verbrannte Kleidung, verbrannte Haare, beißen,kratzen. Er sah oft recht mitgenommen aus.“

Sie kniff die Augen zusammen und suchte in der Ferne nach Ihrem Mann, der ein ganzes Stück vorausgeritten war, um die Straße zu sichern.
„Wo waren er und seine Familie all die Jahre?“
„Er hat sich mit seinem Vater den Sturmmantel-Truppen im Kampf gegen die Abgeschworenen angeschlossen. Thoren ist dabei gefallen. Danach haben seine Mutter und er eine große Holzmühle betrieben, bis sie, ebenfalls von Abgeschworenen, ermordet wurde. Er gab die Mühle auf, weil er wieder kämpfen wollte und trat in die Dienste unseres Hauses. Seitdem hat er sich mehr als einmal bewährt. Ich habe ihm Vlindrel Hall als gemeinsame Heimstatt für Euch gegeben und dort werdet Ihr leben bis Ihr Jarl seid. Ich wünsche auch, dass Ihr Eurem Ehegatten den Respekt entgegenbringt, den er verdient.“
Verärgert über den letzten Satz, trieb sie ihr Pferd voran.„Keine Sorge Vater, vielleicht bekommt er mehr als das.“

Es ging stetig bergauf, die Straße wurde zum Schlammweg, schließlich zu gefrorenem Boden. Erst waren es nur einzelne Schneeflocken, die der eisige Wind vor sich herjagte. Bald war selbst der Vorausreitende nur noch schwer auszumachen. Die Pferde wurden unruhig und den Reitern gefror alles was auch nur ansatzweise aus den schweren Pelzüberwürfen herauslugte.

Es würde besser sein an einem geschützten Ort den Schneesturm abzuwarten. Unter einem Felsüberhang gebot Argis ihnen zu halten.
„Ich weiß, dass hier in der Nähe eine Ruine der Altvorderen ist. Lasst sie mich suchen und dann kehre ich zurück um Euch zu holen.“
Ihren Wunsch ihn zu begleiten, erstickte er kurzerhand mit einem spitzbübischen Funkeln in seinen Augen und einem Kuss.
„Bleibt bei Eurem Vater. Schießlich brauche ich einen leuchtenden Stern um wieder zurückzufinden. Ich nehme eine der Wachen mit.“
Beide Silhouetten verschwanden in der fast undurchdringlichen Schneewand.

Argis hielt den Blick fest auf dem Boden, um nach Merkmalen zu suchen, die den Weg zur Ruine weisen würden. Viel zu spät bemerkte er den großen dunklen Schatten der schräg hinter ihnen aus dem Nichts auftauchte. Ein unheimliches wölfisches Knurren entsprang einer Brust, die viel zu mächtig war, um tatsächlich die eines normalen Wolfes zu sein. Mit einem Satz sprang die Bestie die hinter ihm reitende Wache an und trennte ihr mit einem einzigen Biß der riesigen Fangzähne den Kopf vom Rumpf. Das völlig verschreckte Pferd galoppierte mit dem kopflosen Körper Richtung Abgrund und verschwand mit einem schrillen Wiehern.

Argis brachte den Rappen zum Steigen um mit den Hufen den Schädel des, wie er nun erkannte, geifernden Werwolfes zu zertrümmern. Aber die blutriefenden Zähne bohrten sich in den Hals und die scharfen Krallen in dieWeichteile. Der Rappe verlor das Gleichgewicht und begrub im Fallen seinen Reiter unter sich. Argis spürte nur noch dumpf, wie Knochen in seinem linken Bein brachen.
Am Boden liegend, unfähig aufzustehen, warf er sein Schwert beiseite, für das er längst keine Kraft mehr besaß. Nur noch mit seinem Dolch und seinem Schild bewaffnet, wehrte er verzweifelt die Angriffe des Werwolfs ab. Stinkender Atem schlug ihm entgegen und raubte ihm fast die noch verbliebenen Sinne.
Jedes Mal wenn die gelben Augen über ihm auftauchten, schlug und stach er zu, aber er spürte, dass jeder Stich weniger Verletzungen verursachte als der vorherige. Als ein mächtiger Hieb der Werwolfpranke seine linke Gesichtshälfte traf und sie fast zerfetzte, bäumte er sich mit seinem letzten Lebenswillen auf und stach blind in den Körper der Bestie.
Ein gurgelndes Röcheln und Knurren bestätigte ihm, dass er den finalen Stich gesetzt hatte. Ein Blutschwall ergoss sich als er den Dolch herauszog, der massige Körper des Werwolfs fiel auf ihn.
Wärme spürte er. Schlaf und Stille, das war alles was er sich jetzt noch wünschte. Er wusste, dass er sich diesem Gefühl nicht hingeben durfte. Aber der Tribut an das Leben war so hoch gewesen, dass er nicht mehr dagegen ankam und so schloss er die Augen.
Ruhe, immerwährende Ruhe.

Der blutbesudelte Rappe galoppierte auf die kleine Gruppe zu, die sich unter einem Felsüberhang zusammengekauert hatte.
Ohne auf Ihren Vater und die Wache zu achten, galoppierte sie in die Richtung aus der das Pferd gekommen war. Sie brauchte keine Zeit zu verschwenden um nach Spuren zu suchen, denn in Panik geratene Pferde rannten unter Missachtung aller Widrigkeiten einfach nur geradeaus. Es dauerte nicht lange und sie kam an einen grauenhaften Platz.
Überall rot gefärbter Schnee und Spuren eines wahnsinnigen Kampfes, die schon wieder von neuem Schnee überdeckt wurden.
Dann entdeckte sie den leblosen Körper des Werwolfes… und darunter noch einen.
Unter Aufbietung aller Kräfte schaffte sie die Bestie auf Seite. Sie hatte es geahnt, doch jetzt tat ihr der Anblick ihres Mannes so weh, dass sich alles in ihr zusammenkrampfte und sie es kaum zu verhindern konnte, sich zu übergeben.
Sie ließ sich in den Schnee sinken und zog seinen Körper zu sich heran.

„Bei den Göttern, Neeeeiiin!“ Alle ihre Gefühle lagen in diesem einen Schrei, der vom Berg widerhallte und sich ins Tal fortsetzte.
In Sekundenbruchteilen riss die Wolkendecke auf, die Sonne kam hervor, als ob nie ein Sturm gewesen wäre und beleuchtete warm die grausige Szenerie. Aus der Ferne kam eine Antwort. Das gleiche undefinierbare mächtige Brüllen, das sie schon einmal gehört hatte.

Sie bedeckte sein Gesicht mit ihren Händen und begann leise eine Totenmelodie anzustimmen.
Es konnte nur ein verworrener Wunschgedanke sein, als sie glaubte einen Lufthauch auf ihrer Handinnenfläche zu spüren. Trotzdem hielt sie inne mit ihrem Gesang und tatsächlich, zwar schwach, aber er atmete noch.
Er lebte!
Die Bestie, die ihm das Leben nehmen wollte, hatte ihn zum Schluss mit ihrer Körperwärme gerettet.

EMS
03.04.2012, 19:53
Weiter gehts, sofern noch jemand Lust zum Weiterlesen hat... :dnuhr: ;)
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Lange würde er ohne einen geschulten Heiler nicht überleben. Sie konnte mit ihrem einfachen Heilzauber nur seinen augenblicklichen Zustand einigermaßen aufrecht erhalten. Mit einer Tinktur säuberte sie zusätzlich sorgfältig seine Wunden. Dabei fiel ihr auf, dass sein linkes Auge in Mitleidenschaft gezogen worden war. Vorsichtig hob sie das Lid an und erkannte eine Verletzung, der sie nicht beikommen konnte. Sein Augenlicht auf dieser Seite würde er für immer verlieren.

Aus ihren Pelzumhängen bastelten sie eine Art Hängematte und spannten sie zwischen zwei Pferde. Der Rappe war mit seinen erlittenen Verletzungen nicht mehr zu retten und so erschoss der Jarl ihn mit zwei Pfeilen. Das Fleisch konnten sie gut gebrauchen. Vorerst wickelten sie es in die Pferdeüberwürfe und deckten Argis’ zerschundenen Körper zu, um ihn zu wärmen.
In der Hoffnung bald auf eineAnsiedlung zu treffen, machte sich die bizarr anmutende Truppe auf den Weg in die Dämmerung.
Ein leises Stöhnen verriet ihr, dass ihr Mann langsam zu Bewusstsein kam. Er musste unsägliche Schmerzen haben und fing an zu fiebern.

„Nun? Was gedenkt Ihr zu tun?“
„Was meint Ihr, Vater? Worum geht es?“
„Wenn Ihr Euren Gatten seinem Schicksal übergebt und ihn in Ruhe an Eurer Seite sterben lasst, wäret Ihr frei für die Akademie und bräuchtet Euch in der Zukunft auch nicht an Euer Eheversprechen zu halten, da es noch nicht vollständig vollzogen wurde. Ist es nicht das, was Ihr Euch so sehr ersehntet?“

Darauf war sie nun wirklich nicht gefasst. Mit einem unsanften Zugelriss brachte sie das Pferd zum stehen und starrte ihren Vater prüfend an. Der alte Jarl hielt ihrem Blick stand und es war klar, dass er tatsächlich eine Antwort erwartete.

„Ihr seid von Sinnen!“
„Für Euch, meine Tochter wäre es der einfachste Weg zur Erfüllung Eurer Träume.“
„Was wisst Ihr noch von meinen Träumen…“
„Und für Euren Mann wäre es der ruhmvolle Weg nach Sovngarde nach einem heldenhaften Kampf.“

Ihre Stimme wurde kalt, kälter als alles was der alte Mann je von seiner Tochter vernommen hatte.
„Und? Meint Ihr wirklich, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt auch die Erfüllung seiner Träume wäre?“
„Schaut ihn Euch an. Im Moment ist sein Weg zum Tod kürzer als der zum Leben.“

Sie setzte ihr Pferd wieder in Gang und blickte nachdenklich in die Hängematte. Im Halbdunkel konnte sie nur schemenhaft sein schmerzverzerrtes Gesicht erkennen, während die unzähligen Schweißperlen darauf fast unnatürlich im aufkommenden Mondlicht glitzerten.

„Ich weiß was Ihr denkt, Vater. Euch geht es um einen starken Mann zu meiner Unterstützung und bei Argis ist es fraglich, ob er je wieder das werden wird was er einmal war. Aber Ihr habt diesen Mann an mich gebunden. Und an meiner Seite wird er bleiben bis die Götter sich anders entscheiden, und nicht Ihr, verehrter Vater. Also verbrämt nicht Eure eigentlichen Absichten hinter Geschwätz von ruhmvollen Wegen nach Sovngarde oder über meine früheren Träume.“

Sie wären leichte Beute für jeden Banditen, jeglichesWildtier gewesen, aber nichts ließ sich auf ihrem Weg blicken. Während sie, völlig in sich gekehrt, noch damit beschäftigt war, ihre vollkommen verworrenen Gefühlsstränge zu sortieren, fiel diese Unnatürlichkeit auch der Wache auf.
„Ich verstehe das nicht. Wir sind mitten in der Wildnis. Hier müsste es von Getier wimmeln. Und was ist? Nichts. Mir wäre wohler, ich könnte mich auf eine Gefahr vorbereiten.“
„Seid froh, wenn nichts Derartiges unseren Weg kreuzt, oder wollt Ihr Euch einem Eistroll mit der Trage zwischen unseren Pferden stellen?“

In diesem Moment rauschten mächtige Flügelschäge über ihre Köpfe hinweg und ein unsagbares Brüllen erfüllte den Himmel. Die Pferde wurden unruhig und sie hatten alle Hände voll zu tun, damit die Matte nicht riss. So konnte niemand sehen, was über sie hinweg flog. Aber sie wusste es ohne, dass sie hinzuschauen brauchte. Dann war der Spuk auch schon wieder vorbei und nur in der Ferne hörten sie das Brüllen noch einmal.
„Was, zum Henker…“
„Es war ein Drache, Vater. Ein Drache.“
„Wenn Ihr mich verspotten wollt, so rate ich Euch, einen besseren Moment auszusuchen. Drachen gibt es seit tausenden von Jahren nicht mehr. Und jetzt lasst uns weiterreiten. Sonst brauchen wir keinen Heiler sondern einen Priester von Arkay für Euren Gatten.“

EMS
10.04.2012, 00:42
Wieder daheim... Schade.:dnuhr::
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Die Drachenfeste von Weißlauf leuchtete golden in der untergehenden Sonne wie eine Verheißung. Nur noch der Fluss lag zwischen ihnen und der Stadt.

„Wird er uns helfen, Vater?“
Sie wirkte erneut den stärksten Heilzauber, den sie beherrschte, in die Hängematte. Aber selbst der reichte gerade aus, um ihren Mann nicht sterben zu lassen.
„Balgruuf? Ich denke schon. Er ist zwar mehr den Kaiserlichen verbunden, aber einem Jarl wird er kein Hilfeersuchen ablehnen. Er ist ein ehrenwerter Mann.“

„HALT! Mit den Pferden könnt Ihr nicht in die Stadt.“
„Ihr glaubt gar nicht was ich alles kann.“ Der blanke Zorn verzerrte ihre Gesichtszüge bis fast zur Unkenntlichkeit.

„Vater, gebt mir Euer Pferd! Und Ihr jetzt lasst mich auf der Stelle durch, Wache. Ich bin die Tochter des Jarl von Markarth und habe mit dem Jarl von Weißlauf zu reden. Vater, Ihr kommt hinter mir her. Aufmachen, das Tor! Und zwar sofort, sonst reite ich Euch nieder!“
Sie stand mit ihrem Pferd kerzengerade in der Luft, bereit die Wache niederzutrampeln. Angesichts der Pferdehufe über ihrem Kopf öffnete diese flugs das Tor und sie jagte in die Stadt ohne sich auch nur im geringsten um die empörten Schreie und Rufe der Stadtbewohner zu kümmern.

Auf einmal spürte sie einen stechenden, brennenden Schmerz im Rücken. Ihr wurde übel und schwindlig, aber sie krallte sich in der Mähne fest und galoppierte sogar noch die endlose Stufentreppe zur Drachenfeste hinauf.
Verschwommen in einem roten Nebel vor ihren Augen erkannte sie den Jarl, der sich aufgrund des Aufruhrs vor seinen Palast begeben hatte.
„Bitte, helft ihm. Bitte.“
Blut tropfte aus ihrem Mund. Dann wurde die Welt schwarz.

„Wo ist er?“
„Im Tempel der Kynareth.“ Die Frau in der sandfarbenen Robe drehte sich um und lächelte sie an.
„Oh, Ihr seid wach. Wie fühlt Ihr Euch?“
„Durchbohrt. Aber nun sagt…“
„Beruhigt Euch. Er lebt und es geht ihm besser.“
Jetzt erst fühlte sie ihren eigenen Schmerz.
„Hmm, muss wohl ein Feuerpfeil gewesen sein.“
„Ja, Ihr hattet Glück, dass der Pfeil Euren doch recht schmalen Körper komplett durchschlagen hat. So konnten wir die Spitze abschneiden und ihn restlos entfernen und Euch blieb eine Entzündung erspart.“
„Und wo bin ich?“
„In einem Gastzimmer des Palastes. Ich gehe Euren Vater und den Jarl holen.“

Wenige Minuten später erschienen die beiden Männer in ihrem Zimmer. Balgruuf lächelte.
„Ihr seid eine sehr, sehr mutige Frau. Ich wüsste nicht, dass es jemals jemand geschafft hätte, alleine innerhalb kürzester Zeit eine ganze Stadt samt Wachen gegen sich aufzubringen.“

Ihre Entschuldigung geriet zu einer schiefen Grimasse und er fuhr fort:
„Aber Eure Beweggründe waren im Nachhinein über alle Zweifel erhaben. Das wird hier inzwischen von allen einschließlich mir so gesehen. Also seid von Herzen willkommen und bleibt solange Ihr möchtet. Ich denke, Ihr wollt alsbald Euren Gatten sehen. Ich lasse Euch frische Kleidung bringen.“

Der alte Jarl hatte bisher wortlos daneben gestanden. Nun kam er auf sie zu und schüttelte ergeben mit dem Kopf.
„Meine Tochter. Ich weiß nicht wie Ihr an die Eigenschaften kommt, die Ihr zutage fördert. Sie sind einer Frau nicht unbedingt zu eigen. Ich muss gestehen, dass ich nun weit weniger Angst um die Zukunft von Markarth, aber umso mehr um Eure habe.“

Sie lachte, wobei die Schmerzen sie doch noch erheblich beeinträchtigten.
„Mein Vater ist ein starker Mann, sowohl am Körper als auch im Geist und ich bin seine Tochter.“
„Ich war das alles wohl mal. Aber das Alter fordert seinen Tribut. Talos möge mir beistehen, Euch bis zu meinem Tod in sichereren Zeiten zu sehen. Nun denn, ich lasse Euch jetzt alleine. Ihr wollt bestimmt zu Argis. Kommt danach wieder in die Drachenfeste. Es gibt einige Dinge zu besprechen.“

EMS
11.04.2012, 22:13
Zahlen aus Statistiken picken ist ungefähr so interessant wie Zecken aus'm Hundefell puhlen. Da hat man vieeel Zeit seine Gedanken anderen Dingen zu widmen. Ein Teil meiner heutigen Büroarbeit *shame* ;)
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Kurze Zeit später erschien die Amme der Jarlkinder und brachte ihr einen ganzen Stapel Kleider. „Nehmt sie. Sie gehörten der Frau des Jarl und dürften Euch annähernd passen.“
„Sie gehörten?“
„Seine Frau starb zusammen mit ihrem Kind im Kindbett. Seitdem bin ich hier Mutter für alle und alles. Tragt dieses Gewand. Es wird Eurem Ehemann gefallen.“

Der Tempel war hell, freundlich und warm, offensichtlich ursprünglich zu anderen Zwecken gebaut, als Ausdünstungen von Kranken und beißenden Geruch aus einer Mischung verschiedenster Tinkturen und Salben zu beherbergen.Die Frau in der sandfarbenen Robe kam auf sie zu und führte sie in einen kleinen, sauberen, eingerichteten Hinterraum.
Eine zerlumpte dunkle Gestalt, vollkommen in Pelze gehüllt und mit einem Wolfsschädel auf dem Haupt bekleidet, stand neben dem Bett ihres Mannes und schlug gerade die Decke zurück. Ein undefinierbarer scharfer Gegenstand wanderte flink von einer Tasche in die Hand der Pelzfigur. Die Priesterin konnte Freya gerade noch davon abhalten, ihren Dolch auf die vermummte Gestalt zu werfen.
„Haltet ein. Diese Frau wird Eurem Gatten kein Leid zufügen.“
„Frau?“
Die Gestalt drehte sich herum und sie erkannte eine Orkschamanin unter der wölfischen Kopfbedeckung. Nach ihren Hauern zu urteilen,die bereits bis in die halbe Wangenhöhe reichten, musste diese Orkfrau uralt sein.

Mit dem, wie man jetzt erkannte, knöchernen Messer schabte sie granulierendes Wundfleisch aus Argis’ Gesicht und rieb die Wunden mit einer graugrünen, stinkenden Paste ein, die sie dann mit einem in was auch immer getränkten Leinentuch abdeckte. Die gleiche Paste verteilte sie großzügig auf seinem gebrochenen Bein und fixierte es wieder mit mehreren langen Holzstäben.
Freya sah, dass die Behandlung ihm Höllenqualen bereitete. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und sein ganzer Körper zitterte vom Kopf bis zu den Füßen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten bis die Fingerknöchel weiß wurden. Die sonst vollen Lippen zu einem schmalen Strich gepresst, ließ er die Tortur aber bis auf ein paar heftige Atemzüge völlig lautlos über sich ergehen.

Die Priesterin legte beruhigend ihre Hand auf Freyas Arm.
„Wenn unsere Heilkünste am Ende sind, beginnen die der Orsimer. Sie sind ein kriegerisches Volk und wissen schwere Verletzungen geschickt zu heilen.“
Die Orkschamanin drehte sich zufrieden lächelnd um. „Dieser Mann ist ein tapferer Krieger. Er ist einer weiteren Behandlung würdig. In zwei Tagen komme ich wieder.“
„Drachen mögen mich vorher holen…“ feixte es leise aber hörbar aus dem Bett darunter.
Schlurfend entfernte sich die Alte.

Argis sackte vollkommen in sich zusammen und sie setzte sich zu ihrem Mann auf den Bettrand. Er war immer noch fürchterlich schwach, aber wach und bei Sinnen. Auf seinem linken Augapfel hatte sich neue weiße Hornhaut gebildet. Er mochte jetzt auf diesem Auge blind sein, aber er hatte es behalten. Alles zusammen war viel mehr als sie bisher zu hoffen gewagt hatte.

„Bitte legt Euch zu mir.“
Er breitete den Arm auf seiner unversehrten Seite aus und sie krabbelte ohne Widerworte hinein und machte es sich gemütlich.
„Mein geliebter Schatz, Ihr seht aus und stinkt wie ein Draugr, der aus seinem Grab in den tiefsten Tiefen im Hjaalmarscher Moor auferstanden ist.“ knurrte sie und küsste ihn.
„Daher muss sie all das Zeug haben mit dem sie mich traktiert… Wie habt Ihr mich jetzt genannt?“
„Ihr habt Euch verhört, mein geliebter Schatz.“
Sie fuhr mit dem Zeigefinger die Linien seiner Tätowierung nach. Es war angenehm und aufregend ihn ohne Rüstung neben sich liegen zu haben.
„Denn nie, niemals werde ich Euch lieben.“ neckte sie ihn. „Ich habe euch nur die Treue bis zum Tod und darüber hinaus geschworen. Aber für das darüber hinaus waren weder die Zeit noch ich reif.“
„Wenn es nach dem Willen Eures Vaters gegangen wäre, dann wäre ich jetzt bei meinen Ahnen.“
„Ihr… Ihr habt das alles mitbekommen?“
Erschrocken fuhr sie hoch, wurde aber von seinem mächtigen Arm sofort herangezogen und kuschelte sich wieder bei ihm ein.
„Ja. Es war wie ein schlechter Traum und ich konnte mich nicht wehren. Irgendwann musste ich Leben oder Tod dann in Eure Obhut geben.“
„Wäret Ihr denn gerne bei Euren Vorvätern?“
Ihr Zeigefinger war jetzt bei seinen Brauen und der Stirn angekommen. Er entspannte sich deutlich und genoss mit geschlossenen Augen ihre leisen Berührungen.
„Hmm, ich glaube im Moment nicht. In zwei Tagen… ja.“
„Oooh, Ihr elendiger Mistkerl.“

„Sagt mal, mein Herz, was ist das für ein Verband, den ich die ganze Zeit fühle?“
„Jemand hat mit einem Bogen auf mich gezielt und getroffen.“
„WER war das?“
„Ich weiß es nicht“ murmelte sie schläfrig und legte ihren Kopf auf seine Brust. „Irgendeiner von fünf oder mehr, die Vaters Pferd nicht standhalten konnten.“
Sie konnte sich nicht erinnern, sich jemals so wohl gefühlt zu haben. Einen Kuss spürte sie noch und dass er die Decke hochzog und über sie beide ausbreitete.

EMS
22.04.2012, 12:12
„Die Götter sollen Euch verdammen.“ Eine Stimme so dunkel und kalt wie der Winter.

Der Schlag ins Gesicht traf sie unerwartet und hart, so hart, dass sie fast durch den ganzen Raum zurücktaumelte und hinfiel. Den Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, was passiert war. Dann fuhr ihre Hand in den Hüftgürtel und ihr Dolch schwirrte singend durch das Zimmer. Ein kurzer Schmerzlaut bestätigte, dass er sein Ziel erreicht hatte.
Im Aufstehen griff sie nach dem nächsten Gegenstand und bekam einen schweren metallenen Krug zu fassen mit dem sie dem Angreifer entgegenstürmte.
„Hört auf. Bitte.“
Sie starrte auf die am Boden zusammengesunkene Gestalt und stellte den Krug wieder ab.

„Ihr könnt froh sein, dass der Dolch nicht wie üblich vergiftet war. Niemand schlägt eine…“
Sie kniete vor dem Mann nieder und zog die Hand weg, mit der er notdürftig den Blutschwall aus seiner Wunde hemmte. Der Dolch hatte ihn unterhalb des linken Brustmuskels getroffen und eine klaffende Wunde verursacht, war aber nicht bis in die Lunge gedrungen. „Legt Euch hin. Ich muss die Wunde versorgen.“

Eine Hand strich über ihre dunkelrot angelaufene Wange und hinterließ blutige Spuren.
„Verzeiht mir. Ich war nicht Herr meiner Sinne.“
Sie drehte den Kopf aus dem Einflussbereich seiner Hände und fixierte einen imaginären Punkt an der Wand.
„Warum? Warum habt Ihr mir das angetan? Ich hätte Euch beinahe dafür getötet. Und ich würde es wieder tun.“
Aus dem Beistelltisch klaubte sie ein sauberes Leinentuch, strich es mit der orkischen Paste ein und deckte die Wunde ab. „Jetzt stinkt Ihr schon wieder.“

Er stützte sich auf seinen Arm und spielte geistesabwesend mit einer ihrer Haarlocken.
„Ihr, meine eigene Gemahlin, hintergeht mich, wie es selbst meine ärgsten Feinde noch nicht getan haben.“
„Argis, bitte, vertraut mir. Ich bin niemals weiter davon entfernt gewesen Euch zu hintergehen.“
„Ihr geht fort, kaum dass wir das Nachtlager miteinander teilen. So wie Ihr es von Anfang an geplant hattet. Warum habt Ihr mich nicht einfach sterben lassen, wie Euer Vater es vorschlug und mir damit diese Demütigung erspart. Es wäre für uns beide einfacher gewesen.“
„Eure Logik hat einen großen Fehler, geliebter Gatte. Ich hatte Euch damals versprochen meine Entscheidung nach unserer zeremoniellen Hochzeitsnacht in Markarth zu fällen. Wir sind aber in Weißlauf. Und dieses Versprechen werde ich halten.“

Während sie immer noch den nicht vorhandenen Fleck an der Wand anstarrte, warf sie einen Brief auf das Bett und stand abrupt auf.
„Hier lest, und entscheidet dann. Ein Kurier brachte ihn heute morgen.“

An der Tür drehte sie sich noch einmal um,
„Die Götter seien meine Zeugen. Ich liebe Euch, Argis. Mehr als Ihr Euch vorstellen könnt, mehr als mein Leben und seid versichert, ich werde Euch niemals verlassen. Aber schlagt mich nie wieder. Es wäre Euer Ende.“

Er nahm den Brief und erschrak. Ihr Vater, vor langer Zeit aufgebrochen, war niemals in Markarth angekommen. Der verwaiste Thron war an Igmund gegangen, einem offensichtlich den Kaiserlichen ergebenen Jarl. Der Tempel von Talos verwüstet und geschlossen. Thalmor hatten sich eingenistet und beobachteten alles und jeden mit Argusaugen.

Die Wunde schmerzte zwar, war aber nichts gegen dieTorturen, die er in den letzten Monaten mitgemacht hatte. Die alte Orkschamanin, der er zu einem guten Teil seine völlige Wiederherstellung verdankte, mit ihren im wahrsten Sinne des Wortes atemraubenden, aber effizienten Prozeduren. Neu laufen lernen hatte er müssen. Wie oft hatte seine Frau ihn aufgefangen, wenn er wieder zu stürzen drohte. Als seine Beine ihre Dienste wieder verrichteten, waren sie stundenlang in der Tundra unterwegs gewesen, hatten sich geliebt oder einfach nur zwischen den Blumen gelegen und die noch warme Jahreszeit genossen. Sie liebte diese Landschaft rund umWeißlauf, die so ganz anders war als die unwirtliche Gegend um Markarth mit ihren schroffen Bergen und ständig lauernden Gefahren, besonders im Licht der untergehenden Sonne, wenn die ganze Welt in flüssiges Rot und Gold getaucht schien.
Die gut verheilten Wangennarben kommentierte sie nur einmal einem Kuss und den Worten „Sie stehen euch gut zu Gesicht geliebter Schatz. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie Ihr ohne ausgesehen habt.“
Frei von den Konventionen, die einer künftigen Jarl auferlegt waren, hatte er sie einfach nur als unbeschwerte, glückliche Frau an seiner Seite erleben dürfen.
Später lernte er in Skjor, einem Mitglied der Gefährten in Jorrvaskr, einen ebenfalls einäugigen Mann kennen, der ihn in vielen Stunden mühsamen Trainings lehrte, trotz seines jetzt eingeschränkten Sichtfeldes, zu alter Kampfstärke zurückzufinden.

Er sprang aus dem Bett, zog sich an und fand seine Frau zusammen mit Balgruuf und dessen Huscarl auf dem Balkon der Großstufe.
Es tat ihm fast körperlich weh, ihre immer noch feuerrote Wange zu sehen. Wie hatte er, ein erwachsener Mann und gestandener Krieger, sich nur so gehen lassen können. Aber sie kam auf ihn zu und nahm seine Hände, „Versteht Ihr jetzt, warum unser Weg sich für einige Zeit trennt?“
Er blickte in das fast makellose Gesicht mit den tiefgrünen Augen, unfähig einen vernünftigen Satz zustande zu bringen, stammelte er was von Verzeihung und Verlieren, bis sie ihm einen Zeigefinger auf die Lippen legte.
„Psst, mein Herz, lasst es gut sein, bevor Ihr Euch anhört wie eine Frau, die gerade das letzte Metfass ihres Mannes verschüttet hat. Vergesst bei allem was noch passieren mag einfach nur niemals, was ich Euch vorhin an derTür sagte.“

EMS
26.04.2012, 20:55
Es herrschte Krieg. Krieg mit einem Drachen. Menschen flüchteten, strauchelten und fielen unter dem Feuer der riesigen schwarzen Kreatur mit ihren glühenden roten Augen. Kinder schrien nach ihren Müttern. Mütter riefen nach ihren Kindern. Dazwischen Kaiserliche und Sturmmäntel, die verzweifelt versuchten, der Bestie beizukommen. In dem Chaos einer völlig zerstörten Stadt verfolgte sie der unauslöschliche Geruch verbrannten Fleisches. Sie stolperte erneut über einen halbverbrannten Körper. Seelenlose starre Augen und gebleckte freiliegende Zähne in einem grässlich verzerrten Gesicht. Sie wollte weg und doch wurde sie festgehalten von der unheimlichen Macht dieses geflügelten schwarzen Geschöpfes, das ihr unablässig Worte in einer völlig fremden Sprache in den Kopf hämmerte. Zerschunden und halbnackt war ihr einziger Gedanke das Überleben. Sie rappelte sich noch einmal auf und ging in seinem direkten Feuerodem unter.

Ihr Todesschrei musste halb Weißlauf geweckt haben.
Neben ihr fuhr Argis hoch und fand seine sonst so friedlich bei ihm eingemummelte Frau mit weit aufgerissenenAugen, panisch zitternd und in Schweiß gebadet vor. Seine Versuche sie zu beruhigen, wehrte sie mit Händen und Füßen ab, aber seinem mächtigen Körper und seiner überbordenden Kraft hatte sie auf Dauer nichts entgegenzusetzen.
Irgendwann hielt er, etwas hilflos, einen hemmungslos schluchzenden Körper in den Armen. Noch nie hatte er sie weinen sehen und er wusste nicht viel mehr damit anzufangen als sie einfach festzuhalten.
Durch ihre Abwehrreaktionen war seine ohnehin noch frische Wunde wieder aufgeplatzt, aber er spürte es nicht und so sickerte unaufhaltsam ein Blutrinnsal an ihren Körpern herunter auf die gemeinsame Bettstatt.
„Er war es. Er…er will mich töten. Er will uns alle töten.“ flüsterte sie unter Tränen.
„Ihr habt schlecht geträumt, mein Herz. Wer ist er?“ Er strich ihr die wirren Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah, dass ihr Blick langsam wieder klar wurde.
„Argis … bitte.“ Sie zitterte wie ein Vulkan kurz vor der Eruption „Bitte, liebt mich. Jetzt.“ Dieser Aufforderung kam er nur allzu gerne nach und so verbrachten sie zwischen schweiß- und blutgetränkten Laken die bisher denkwürdigste Nacht ihres Lebens. Irgendwann am Morgen schliefen sie, völlig ausgepumpt, aber glücklich ein.

Ein Sonnenstrahl hatte sich durch eine Lücke im Dach geschlichen und tanzte auf ihrer Nase. Es kitzelte.Vorsichtig öffnete sie erst das eine, dann das andere Auge. Nichts war zu sehen, außer der gewohnten Einrichtung und einem schnarchenden Gatten an ihrer Seite. Ein leichter Biss in sein Ohrläppchen entlockte ihm nur ein wohliges Grunzen, während er sich langsam in ihre Richtung räkelte. „Guten Morgen mein Herz. Wie geht es Euch?“
„Morgen? Ich glaube wir sind bereits weit über den Sonnenhochstand hinaus. Heute brauchen wir uns keine weiteren Gedanken über unsere Abreise mehr zu machen. Was haltet Ihr davon: Ich lasse das Zimmer frisch herrichten und etwas zu essen bringen. Derweil werden wir gemeinsam baden.“
„Baden? Mit Euch gemeinsam? Mit meiner eigenen Gemahlin? Welch unzüchtiger Gedanke." griente er. "Aber es könnte mir gefallen. Nicht, dass Ihr denkt, dass ich ein Bad nötig hätte…“

Rittlings sprang sie auf seinen Bauch und verwischte mit der Hand eine breite Spur aus Schweiß, getrocknetem Blut und Schmutz, die sich von seiner Brust bis zum Bauchnabel zog.
„Nein, jetzt nicht mehr. Alles sauber. Es sieht nur noch ein wenig nach orkischer Kriegsbemalung aus“ lachte sie, während sie in seinem Bauchnabel nach weiteren Schmutzpartikeln fischte.
„Dann ist es ja gut. Aber die Aussicht auf ein gemeinsames Bad mit Euch lässt auch einen sauberen Mann nach Wasser gieren.“
Er vermied es, sie auf ihren wohl haarsträubenden Traum anzusprechen. Wenn ihr danach war, würde sie sich ihm anvertrauen.

Das Wasser dampfte. Zur Abwechslung hatten sie den kompletten Baderaum für sich alleine. Die anderen Zuber waren leer, da kein allgemeiner Badetag war. Nur die Amme huschte flink und fast lautlos hinein, um saubere Trockenlaken und frische Kleidung abzulegen. Eine Atmosphäre völliger Entspannung, der sie sich mit Vergnügen hingaben. Sie summte leise eine Melodie, die ihr in den Sinn kam, ohne dass sie sich erinnern konnte, dieses Lied jemals vorher gehört zu haben.

„Meint Ihr, es wird ein Sohn? Oder eine Schönheit wie Ihr.“ Seine Hand ruhte regungslos auf ihrem Bauch als wollte er etwas erfühlen, was noch nicht wirklich sichtbar war.
„Oooh, Ihr habt aber ein ausgezeichnetes Auge mein Herr Gemahl.“ schmunzelte sie. „Ich dachte Ihr Männer würdet die Veränderungen erst dann zur Kenntnis nehmen, wenn man herumläuft wie ein Weinfass aus dem Aalto.“
„Wenn nicht ich, wer dann kennt jede Stelle, jede noch so winzige Narbe Eures Körpers. Und außerdem habt Ihr Euch mir in den letzten zwei Mondumläufen nicht entzogen.“
Sie nahm seine Hand von ihrem Bauch und betrachtete eingehend die vielen Vernarbungen der Hand- und Fingerknöchel, hervorgerufen durch die ehemals harte Arbeit in der Holzmühle und das ständige Tragen von gepanzerten Rüstungshandschuhen.
„Was auch immer es werden wird. Es wird in eine schlechte Zeit geboren. Der Bürgerkrieg und Alduin…“
„Alduin? Der Weltenfresser? Er ist nur noch eine Gestalt aus uralten Legenden und seit Urzeiten von dieser Welt verbannt.“
„Er ist zurück. Ich weiß es seit gestern Nacht. Und ich weiß, dass auch Ihr ihn schon gehört habt. Damals am Tümpel. Erinnert Ihr Euch?“
Er erinnerte sich nur zu gut, aber sagte nichts und zog sie stattdessen fester an sich heran.
„Wir werden unser Kind schon zu schützen wissen.“

Unaufhaltsam rückte der nächste Morgen heran. Der Abschied von Weißlauf und die erste Trennung in ihrer noch jungen Lebensgemeinschaft. Zu Balgruuf und seinen Leuten hatte sich eine echte, tiefe Freundschaft entwickelt, die auch durch die gegensätzlichen Ansichten in Bezug auf die Herrschaftsverhältnisse in Himmelsrand, nicht mehr zu erschüttern schien.
Außerdem hatten sie herausgefunden, dass auch er noch zu Talos betete. Wie oft waren sie bis zur Unkenntlichkeit vermummt, zusammen des nachts zur Statue am Güldengrünbaum geschlichen und hatten der geschmähten Gottheit ihre Ehrerbietung dargebracht.
Zum Abschied und als Geschenk für die so lange währende Gastfreundschaft hatten sie bei Eorlund Grau-Mähne eine prächtige Rüstung anfertigen lassen, über die er sich freute wie ein Kind.
„Auch ich habe noch etwas für Euch. Ihr seid eine echte Sturmmantel-Tochter und so gebe ich Euch diese Sturmmantelrüstung. Tragt sie,wenn Ihr zu Jarl Ulfric von Windhelm reitet. Ich hoffe, er wird Euch gut empfangen und für Weißlauf und seine Bewohner hoffe ich, dass Ihr nicht eines Tages in dieser Rüstung über uns hereinfallt.“

Betont langsam überprüften sie die Pferde und das Gepäck. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich eigentlich nicht trennen wollten.
„Freya…“ Es war sehr selten, dass er sie mit ihrem Namen ansprach und es kam nur vor, wenn er etwas für ihn Unumstößliches zu sagen hatte und keinen Widerspruch duldete. Aber dieses Mal musste sie standhaft bleiben.
„Nein, mein Herz. Bitte reitet nach Markarth und sucht auf dem Weg dorthin nach Hinweisen auf meinen Vater. Ich werde nicht lange fort sein und Ihr müsst schauen, ob ich sicher in unsere Stadt und unser Heim zurückkehren kann. Man wird Euch im Gegensatz zu mir wahrscheinlich als neutral ansehen und Euch wird nichts geschehen. Habt aber ein Auge (welch Ironie:D) auf die Thalmor. Igmund ist schwächlich und die eigentlichen Regenten sind diese neunmalverdammten Spitzohren. Wenn sie Euch zu nahe kommen, verlasst sofort die Stadt. Ich werde mich nur mit Jarl Ulfric beraten und möchte nicht bei meiner Rückkehr Euren Kopf auf einem Speer am Stadttor vorfinden.“
„Liebste, sie werden wissen, dass wir verheiratet sind.“
„Aber Ihr kehrt ohne mich heim. Benehmt Euch als wäret Ihr ein freier Mann und sie werden vielleicht ihr Misstrauen verlieren.“
„Freier Mann… so, so…“
„In Maßen natürlich“, lachte sie. „Ich möchte nicht bei meiner Heimkehr das Haus mit Huren und Kebsen angefüllt vorfinden. Um ehrlich zu sein, möchte ich Euch niemals mit einer anderen Frau teilen. Aber wenn die Umstände es gar nicht anders zulassen sollten, so…“
„Schluss jetzt. Es gibt Dinge, an denen ich nicht rütteln werde. Und dazu gehört meine Liebe zu Euch und mein Eheversprechen. Und jetzt dreht Euch um, mein Schatz.“
Fragend blickte sie ihn an, tat aber dann doch was er verlangte.
„Ich wollte es Euch schon bei unserer Hochzeitszeremonie im Tempel geben, aber Ihr wart ja schneller verschwunden als eine Schlammkrabbe im Sand. Es wurde von einem Kunstschmied angefertigt und dann einem Meisterverzauberer gegeben. Es kann nur von Euch getragen werden und wird Euch, und nur Euch, schützen. Niemand sonst kann dieses Amulett an sich nehmen, es sei denn er trennte Euren Kopf vom Körper. Und selbst dann würde das Amulett ihn töten.“

Sie nahm die wunderschön filigrane Arbeit in Augenschein. Es war ein stilisierter goldener Drache an einer goldenen Halskette. Als Augen waren zwei leuchtende rote Rubine eingelegt, die von innen heraus zu glühen schienen. Konnte ihr Mann hellsehen?
Jetzt wurden ihre Augen doch feucht und sie ging schnell zu ihrem Pferd und zog ein in sauberes Leinen gepacktes langes Paket unter der Satteltasche hervor.
„Auch ich habe etwas für Euch. Es soll Euch gute Dienste leisten und Euer Leben retten. Trotzdem hoffe ich, dass Ihr es nicht oft gebrauchen müsst.“
„Ein Daedraschwert! Woher habt Ihr… Niemand fertigt solche Schwerter.“

Sie lächelte. „Ich habe es unter der meisterlichen Anleitung von Eorlund geschaffen, während Ihr mit Skjor so hart trainiert habt. Und jetzt küsst mich, bitte. Wir können unseren Abschied nicht weiter hinauszögern.“ Leise fügte sie hinzu „Mögen die Götter Euch schützen. Ich will Euch nicht verlieren.“
„Aber vorher mögen sie ihre Hände über Euch und unser Kind halten.“

Er sah seiner Frau nach, bis sie vollkommen im aufgehenden Sonnenlicht verschwunden war. Über seinem Kopf rauschten die bekannten Flügelschläge. Ein riesiger schwarzer Drache umkreiste die Stallungen und sorgte für heftigen Aufruhr. Schließlich nahm er die Richtung, in der zuvor Argis’ Leben davongaloppiert war.
Er war versucht auf sein Pferd zu springen und gegen Tod und Verderben hinterher zu reiten. Aber es wäre nutzlos gewesen. „Bei Talos und Euch anderen Acht. Sie wollte mich niemals verlassen. Also lasst sie zu mir zurückkehren.“
Ergeben kletterte er auf den Rücken des Pferdes und wandte sich Richtung Markarth. Was ab jetzt passieren würde, konnte er nicht beeinflussen. Das lag allein in den Händen der Götter.
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Bei den Göttern, ist det heut lang geworden... :eek: ;)

EMS
02.05.2012, 23:27
Tief atmete sie die frische Morgenluft ein. Man konnte förmlich riechen, dass die kalte Zeit bald anbrechen würde. Noch wärmte der Umhang aus schwerem dunklem Tuch, den sie fester um sich zog, bis auch ihr Gesicht darunter verborgen war.
Ihre innere Stärke und ihr enormes Selbstbewusstsein hatten bisher immer verhindert, dass sie sich jemals größere Gedanken um Vergangenheit oder Zukunft gemacht hatte. Jetzt versetzte sie der gleichmäßige Trott des Pferdes in einen Gedankenkreislauf, der einem verschlungenen Nord-Motiv glich, kein Anfang, kein Ende.
Sie erwartete ein Kind von einem Huskarl, mit dem man sie gegen ihren Willen vermählt hatte und den sie im Tempel von Rifton am liebsten irgendeinem vermaledeiten Daedra als Lebendgeschenk präsentiert hätte. Aber genau dieser Mann war es, der zu einem Teil ihrer Seele und ihres Körpers geworden war, ohne dass sie das Gefühl hatte, etwas von sich aufgegeben zu haben. Ihr ehemals größter Wunsch, die Magierakademie zu absolvieren, würde sich wohl nie erfüllen und trotz allem war sie glücklicher als jemals zuvor. Aber so sehr sie der Abschied von ihm beschäftigte und innerlich zerriss, jetzt musste sie einen klaren Kopf bewahren.

Im Augenwinkel gewahrte sie flüchtig eine dunkle Gestalt, die sich sprungbereit hinter einem großen Stein zu verbergen suchte. Intuitiv legte sie ihre linke Hand auf das Amulett. Unter dem Umhang schoss aus der Rechten ein Feuerball hervor, dessen Kraft selbst sie überraschte. Es gab keine zweite Chance für den Angreifer, der mit einem letzten Seufzer sein Leben aushauchte. Sie sprang vom Pferd und untersuchte den Toten, der eine ihr vollkommen fremde, schwarz-rote Lederrüstung trug. Keine großartigen Waffen mit Ausnahme eines fein ziselierten Ebenerzdolches, dessen Klinge mit einer bläulichen Schicht, wahrscheinlich ein ihr unbekanntes Gift, überzogen war. In seinen Taschen fand sie ein wenig Gold sowie einen merkwürdigen Brief. Ein Auftrag sie zu ermorden, gerichtet von einem Unbekannten an die sogenannte dunkle Bruderschaft, unterschrieben von einer Astrid.
Sie war verwirrt. Warum sollte sie jemand gezielt ermorden lassen wollen? Und wer? Und wer war Astrid? Mit dem Fuß stieß sie den leblosen Körper in den angrenzenden Fluss. Mochte er doch zu Astrid zurück schwimmen. Ab jetzt würde sie viel vorsichtiger sein müssen.

Sie spürte, dass sie die ganze Zeit beobachtet wurde, und es war bedrohlich. Keine Banditen, keine Tiere auf Raubzug. Eine nicht zu fassende Macht, unsichtbar und doch bei jedem Atemzug präsent. Sie fühlte sich wie eins der kleinen Insekten, die sie als Kind zum Studium auf den Fingern krabbeln ließ, um sie im nächsten Moment wegzuschnippen oder zu zerquetschen.
Er war da, die ganze Zeit. Jeden Augenblick konnte er sie mit seinem Feueratem in den Tod schicken. „Alduin, was willst Du? Was willst Du von mir? Argis, wo seid Ihr. Ich habe Angst.“ flüsterte sie vor sich hin, während ihre Hand nach dem Amulett griff, als ob sie ihn damit hätte herbeizaubern können. „Dovakhiin“ brüllte es in diesem Moment von allen Seiten auf sie ein. Die ganze Welt schien dieses Wort herauszuschreien. Jeder Berg, jede Blume, jeder Stein. Sie hielt sich die Ohren zu. Eine kurze Zeit hatte sie das Gefühl ihr Schädel müsste platzen, so gewaltig war das Echo, das auf sie eindrang.

Im nächsten Moment waren wieder nur die vertrauten Geräusche der Wildnis zu hören. Ein paar Grillen zirpten irgendwo am Wegrand und in der Ferne hörte sie das Röhren eines Elches auf Brautschau. Sie fühlte sich wie erschlagen.
Dovakhiin? Drachenblut? Wieder eine Gestalt aus den uralten Legenden. Was sollte das alles.
Es war wohl besser sie würde eine Zeitlang zu Fuß laufen. Der ewig gleiche Rhythmus ihres Pferdes mochte zwar das Kind in ihrem Bauch beruhigen, war ihrem Wohlbefinden aber eher abträglich.

Die Stute trottete leise schnaubend am langen Zügel hinter ihr her. Sie begegnete ein paar Bauern und Jägern, denen sie Essbares abkaufte. So brauchte sie weder Zeit zur Jagd verschwenden, noch war sie auf ein Gasthaus angewiesen.
Als es dunkel wurde, suchte sie sich einen Platz in einer halbrunden Felsausbuchtung. Nach den Hinterlassenschaften zu urteilen, die herumlagen, hatten hier wohl schon viele ihr Lager aufgeschlagen. Also schien dieser Platz sicher zu sein. Einzig die zwei Skelette, die dazwischen lagen, beunruhigten sie ein wenig, aber es konnten ebenso gut Tote sein, die man vor langer Zeit hier abgelegt hatte.
Sie briet sich ein Stück von dem Fleisch und biss wie ein ausgehungerter Wolf hinein. Blut und Fett tropfte von ihrem Kinn, lief an ihren Fingern herunter auf die schöne neue Sturmmantelrüstung. Innerlich musste sie lachen. Argis, mein Herz, wenn Ihr mich jetzt so sehen könntet, Eure saubere Schönheit mitten zwischen Abfällen, triefend vor Fett und Dreck.

Irgendwo in der Wildnis Richtung Markarth saß ein großer, auffallend muskulöser, einäugiger Nord mit Narben und einer Tätowierung im Gesicht unter einem Felsvorsprung. Sein blondes Haar und der sauber geschnittene Kurzbart glänzten im Schein des Lagerfeuers, über dem er sich gerade einen Fasan gebraten hatte. Während er herzhaft hineinbiss, hatte er die Vision seiner über alles geliebten Frau, die wie ein hungriger Wolf über ein Stück Fleisch herfiel, während ihr das Fett aus dem Mund und von den Fingern tropfte, und er musste lachen.

Sie legte noch Äste nach, damit das Feuer nicht ausging und rollte sich, den Dolch des Attentäters fest in der Hand, in ihren Umhang. Kurz danach war sie bereits eingeschlafen.

Der Geruch von nassem Fell ließ sie aufschrecken. In Sekundenschnelle rollte sie sich unter den Fangzähnen eines riesigen Säbelzahntigers weg, die sich gerade in ihren Brustkorb verbeißen wollten. Hinter sich hörte sie das Zuschnappen des Raubtiergebisses. Dieser Versuch war ins Leere gegangen, der Nächste würde es nicht mehr.

Es hatte angefangen zu regnen, das Feuer war ausgegangen und die Nacht so schwarz wie Pech. So schoss sie mehr auf Verdacht zwei Feuerbälle in die Richtung, in der sie das Tier vermutete.
Dann stolperte sie über einen Stein und fiel rücklings in eine Felsspalte, die sie zuvor nicht gesehen hatte. Es ging ein ganzes Stück bergab bis sie endlich liegen blieb und schwer nach Luft rang. Ihr erster Griff ging an ihren Unterleib. Aber alles war trocken. Kein Blut. Sie atmete auf und vernahm ekligen, modrigen Geruch nach stehendem Wasser, stinkenden Pilzen und etwas, das sie nicht zuordnen konnte. Bis sie in den fauligen, bläulichen Nebeln eine gräuliche Gestalt auf sich zuschleichen sah.

Falmer! Jeder in Himmelsrand wusste, was diese Bestien mit ihren Opfern anstellten bevor sie sie dann endlich töteten.
Bei den Göttern, was für Aussichten… Falmer gegen Säbelzahntiger. Sie entschied sich für den Säbelzahntiger und schickte das Ergebnis dwemerscher Herrschaftsprinzipien mit einem mächtigen Feuerball zu seinen Ahnen, falls er jemals welche gehabt haben sollte. Aber diese Ausgeburten lebten nie alleine. Das wusste sie und begann verzweifelt den matschigen, rutschigen Hang hinaufzuklettern. Pfeile surrten an ihr vorbei, einer traf sie am Oberarm. Aber in ihren Anstrengungen, nicht wieder abzurutschen, spürte sie es kaum.
Nach einer schieren Ewigkeit wurde der Boden trocken und sie konnte, den Feuerball schussbereit, nach draußen laufen. Es dämmerte bereits.

Der Säbelzahntiger hatte sich derweil ihre Stute vorgenommen und war dann anscheinend satt von dannen geschlichen. Den Rest des Weges würde sie wohl laufen müssen.
Sie fachte das Feuer neu an, zog sich unter Zuhilfenahme der verschiedensten Grimassen den Pfeil, der zum Glück keine große Verletzung hinterlassen hatte, aus ihrem Arm und ging im Fluss baden, um den fürchterlichen Gestank nach Moder und Fäulnis abzuwaschen.

Wenn die aufkommende Sonne und das Feuer alles getrocknet haben würden, konnte sie die Reise fortsetzen. Ob ihr Mann vielleicht damals auch direkt nach einem Kampf zur Hochzeit gekommen und ihm keine Zeit zu einer Säuberung geblieben war? Sie hatte ihn nie gefragt, warum er so schmutzig erschienen war.

Das Lagerfeuer in der Tundra Richtung Markarth war nicht erloschen. Trotzdem hatte Argis die Nacht mit Alpträumen sondergleichen verbracht und wachte schweißgebadet auf. Er blieb einige Minuten regungslos liegen, bis er sich schließlich entspannte und die Felldecke noch einmal hochzog.
Er fühlte, es ging seiner Frau wieder gut.

EMS
09.05.2012, 20:38
Die Morgensonne schien auf eine fast nackte Gestalt, kauernd zwischen Unrat und einem zerfetzten Pferdekörper, aus dessen Leib die Gedärme hervorquollen und einen schaurigen Geruch verbreiteten. Sie musste hier weg bevor der Kadaver Wölfe oder weit Schlimmeres anlockte.

Ihr Rücken tat weh und am Kopf ertastete sie eine Schwellung. Etwas steif stieg sie in die noch halbnasse lederne Hose. Es fühlte sich unangenehm an. Als sie den Waffengürtel umschnallte, stellte sie mit Entsetzen fest, dass ihr Schwert verschwunden war. Sie musste es wohl beim nächtlichen Sturz in die Höhle verloren haben. Aber keine zehn Drachen würden sie dort wieder hineinbekommen.

Da die Aussichten auf den Fund eines neuen Schwertes nicht groß waren, musste es bis Windhelm der Dolch des Attentäters richten. Ihre Haare band sie zu einem straffen Zopf. Den Reiseproviant reduzierte sie bis auf das Minimum, verstaute ihn in nur einer Tasche, zog sich den dunklen Umhang bis tief ins Gesicht und marschierte Richtung Osten gen Windhelm.
Ein Fußmarsch über die große Straße würde zwar sicherer sein aber auch weitaus länger dauern und so bog sie auf direktem Weg in die Wildnis ab.

Die Landschaft veränderte sich von blühenden Tundrakräutern zu einer Steinwüste, auf deren ausgewaschenenTreppenabsätzen kaum mehr als Kriechranken und im Wind federnde Jasbayteppiche Halt fanden. Über die kahlen Geröllberge fegten der Wind… und der Schrei eines Drachen.
In den windgeschützen Ecken hatten sich Drachenbaumpflanzen mit ihren leuchtend gelben Blüten niedergelassen und brachten farblich ein bisschen Wärme in die unwirtliche Umgebung.
Von Bothela, der großen Heilerin oder Hexe, je nach Sichtweise ihrer Klienten, wusste sie, dass man aus diesen Zutaten kräftige Tränke brauen konnte. In Markarth waren diese Ingredienzien nur sehr selten oder gar nicht zu bekommen und so sammelte sie, was in ihre Tasche passte.
Das Wasser in den Tümpeln leuchtete türkisfarben und war von kleinen, schweflig riechenden Geysiren durchsetzt.
Über die Jahrtausende verschüttete Bauwerke hatten an manchen Stellen wieder ihren Weg an die Oberfläche gefunden. In einem größeren Tümpel stieß sie auf hochgespülte Draugr, einen halbversunkenen Ritualtisch, Begräbnisurnen und fand sogar noch etwas Gold.

Es glitzerte im Sonnenlicht. Das musste Metall sein. Ein aufgeworfenes kleines Ruinenstück mitten im Tümpel erregte ihre Aufmerksamkeit. Zielstrebig steuerte sie darauf zu und wurde von drei Skeletten überrascht, die sich in ihrer Totenruhe gestört fühlten. Unter ihrem Feuerball zersprang das Erste in mehrere Teile. Wie durch ein Wunder fiel ihr sein uraltes Nordschwert vor die Füße.
Es war viel zu schlecht ausbalanciert, aber in ihrer Not kämpfte sie damit als wäre es nie etwas Anderes als ein Teil von ihr gewesen. Ohne größere Blessuren schaffte sie auch die anderen zwei ohnehin schon toten Gesellen. Zumindest hatte sie erst einmal wieder eine größere Waffe.
Ausgiebig probierte sie diverse Angriffs- und Paradeschläge um ein Gefühl für dieses fürchterlich grobe Ding zu bekommen. Sollte sie damit kämpfen müssen, würden die jahrtausendealten Zacken wenigstens böse Wunden reißen, wenn man damit schon keinen vernünftigen Todesstreich setzen konnte.

So gut es ging, wenn man Bären und sonstigen widerlichen Kreaturen aus dem Weg gehen wollte, legte sie an Tempo zu. Nach einer Nacht in dieser unbekannten feindlichen Umgebung war ihr nicht zumute.
Sie vermisste Argis, sein tiefes raues Lachen, sein leuchtendes Gesicht, halb verdeckt von wirren Haarsträhnen, nach einem Liebesakt, seine oft fordernd wirkenden Berührungen, die aber einfach aus seiner schieren Kraft herrührten. Schneeweiße Zähne, die mit einem Biss ein Stück Leder zerrissen, sie aber auch ganz sanft im Nacken anknabbern konnten. Der Gedanken daran erschauerte sie so angenehm, dass sie von oben bis unten eine Gänsehaut bekam.
Und noch etwas vermisste sie, etwas dass sie nie zuvor gekannt hatte; die Wärme und Sicherheit, die von ihm ausgingen. Nie war sie verängstigt oder unsicher gewesen, und war es auch jetzt nicht. Aber er brachte etwas mit sich, was einfach nur da war und sich gut anfühlte.

Es ging merklich bergauf. Sie stemmte sich gegen den kälter und stärker werdenden Wind. Einzelne Schneeflocken gesellten sich dazu. Auf dem Boden bildeten sich die erstenSchneefelder.
Abrupt blieb sie stehen, als sie die Kuppe erreicht hatte. In der untergehenden Sonne leuchtete ein riesiger schwarz-goldener Quader mit Türmen inmitten einer vollkommen schneebedeckten Landschaft.
Trutzig, ja fast schon feindlich, wirkte Windhelm selbst auf diese Entfernung. Innerhalb von Minuten verschwand alles in Schneewirbeln und von der prächtigen Szenerie blieb nichts mehr übrig als eine fast undurchdringliche Schneewand. Sie kämpfte sich durch Schneewehen, die ihr teilweise bis zur Hüfte reichten, bis sie ziemlich erschöpft auf der großenStraße entlang des Flusses ankam, wo es sich leichter laufen ließ. Im Trab legte sie das letzte Stück hin, nur noch von dem Willen getrieben, hinter die schützenden Mauern zu gelangen und sich einfach in einem weichen warmen Bett auszuruhen.

Der Weg schien wesentlich länger als er von der Kuppe aus gewirkt hatte. Ihre Beine wurden schwer und schwerer. Nach ihrem Empfinden hätte sie die Ställe längst erreicht haben müssen, aber in dieser schon fast greifbaren, von Schnee durchsetzten Finsternis würde man eine Wand erst dann erkennen, wenn man mit der Nase darauf prallte. Und so kämpfte sie sich weiter vor. Sie war fast bereit sich aufzugeben, sich einfach nur hinzusetzen und auf die Dinge zu warten, die die Götter für sie vorgesehen hatten, als ein winziger Lichtschimmer ihre Hoffnung auf Menschen, Wärme und etwas Heißes zu essen wieder anfachte.

Sie hätte heulen können. Es gab Licht. Aber es gab weder Wärme noch was zu essen. Der Schein von Kerzen beleuchtete nur einen halb verfallenen, schiefen Turm. Kalt, unwirtlich und von Menschen weit und breit keine Spur. Einzig zwei Skelette und eine Notiz erregten ihre Aufmerksamkeit.
„Flüchtlingsruh“ konnte sie noch lesen. Flüchtlingsruh? Sie war viel zu weit gelaufen und befand sich an der Grenze zu Morrowind.
Noch bevor sich diese Erkenntnis festsetzen konnte, erhielt sie einen mächtigen Schlag in den Rücken und sackte zusammen. Ein weiterer beförderte sie endgültig in eine friedliche, absolute Dunkelheit.

EMS
13.05.2012, 02:10
Alles schmeckte nach Blut und ihr war fürchterlich übel. So sehr, dass sie den Kopf zur Seite neigte und sich übergab. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Augen öffnen sollte, um tatsächlich all das zu sehen, was sie spürte.
Sie saß in einer rumpelnden Kutsche, ihre Hände gefesselt, die Lippen aufgeplatzt und verschorft. Obenherum wurde sie nur noch von dem blauen Sturmmantelumhang bedeckt, während ihre halbzerfetzte Hose kaum noch die Blößen verdecken konnte. Ihr Unterleib brannte wie Feuer. Man musste sie sich genommen haben, während sie bewusstlos gewesen war. Wahrscheinlich gleich mehrfach, nach den Schmerzen zu urteilen. Nur gut, dass die Höhle darüber bereits bewohnt war, wenn es nach all den Misshandlungen denn noch ein Leben darin geben sollte. Sie legte, so gut es mit den Fesseln ging, die Hände an ihr Amulett.
Argis hatte recht gehabt, das Amulett konnte niemand abnehmen, sonst wäre es wohl längst in die Hände irgendeines ihrer jämmerlichen Vergewaltiger geraten.
Mit immer noch geschlossenen Augen blendete sie die Welt um sich herum aus und horchte tief in sich hinein. Ja, das Menschlein in ihr lebte noch. Es schien genauso zäh zu sein wie seine Eltern.

Endlich wagte sie es die Lider anzuheben und blickte in ein Paar tiefblaue freundliche Augen. Ein blonder Sturmmantelsoldat in Argis’ Alter lächelte sie an. Auch er war gefesselt, also konnte er nicht zu ihren Peinigern gehören.
„Na endlich. Ihr seid wach. Das hat aber lange gedauert. Wir dachten schon Ihr wärt bereits auf dieser Kutsche gestorben. Wer seid Ihr?“
„Freya, Tochter des früheren Jarl von Markarth. Wer seid Ihr? Und was heißt bereits?“
„Ralof…, Ralof von Flusswald. Und wir sind auf dem Weg zu unserer Hinrichtung in Helgen.“
„Ich wüsste nichts, das mir vorzuwerfen wäre. Ich wollte nach Windhelm zu Jarl Ulfric und mit ihm über eine mögliche Hilfe für Markarth und den Thron meines Vaters sprechen. Ich bin nicht einmal bis zur Stadt gekommen.“
„Ulfric? Unser Anführer? Nun, Ihr könntet mit ihm reden, so er denn im Moment reden könnte. Er sitzt zu Eurer Rechten.“
In diesem Moment zeterte ein dunkelhaariger schmutzig zerlumpter Mann, dem man den Dieb auf die Entfernung schon ansah, los und beschuldigte alles und jeden, außer sich selbst, an seiner Gefangennahme schuld zu sein, bis Ralof ihn mit einem gezielten Hieb seiner gefesselten Hände zum Schweigen brachte.
Sie richtete ihren Blick auf den vorgebeugten Mann, der rechts von ihr auf der Bank saß und den sie bis jetzt noch nicht beachtet hatte. Ein schwerer pelzverbrämter Umhang verdeckte die Fesseln. Aus welchen Gründen auch immer hatte man ihn zusätzlich geknebelt und so konnte er nur vor sich hin grummeln. Abgesehen davon schien er insgesamt wenig an seiner Umwelt interessiert und so wandte sie sich wieder Ralof zu.
„Was ist überhaupt passiert?“
„Ihr wart zur falschen Zeit am falschen Ort. Die Kaiserlichen haben uns in einen groß angelegten Hinterhalt gelockt und Ihr seid zufällig mit hineingeraten.“
Die Kutschen rumpelten weiter vor sich hin. Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück. Nun, das würde sich ja klären lassen, dachte sie. Aber kaiserliche Vergewaltiger? Dafür würden sie noch bluten müssen.

Wenig später fuhren sie in Helgen ein. Die Stimmung der Bewohner war geteilt. Alles schallte durcheinander, von Mitleidsbekundungen über Zustimmung bis zu blanken Hasstiraden.
Sie riss die Augen auf und schnappte nach Luft. Dies war genau die Stadt aus ihrem fürchterlichen Alptraum.
Nacheinander wurden die Gefangenen namentlich von den Kutschen gerufen und um den Richtblock gestellt. Der Dieb versuchte zu fliehen, aber ein tödlicher Pfeil stoppte seinen Lauf schon nach wenigen Metern. „Sonst noch jemand, der fliehen möchte?“ Eine kaiserliche Matrone, mehr Mann als Weib, ihres Zeichens wohl Hauptmann, sah sich herausfordernd in der Runde um. Als ob es einen Unterschied machen würde, dachte sie bei sich und kletterte nach Aufforderung eines Kaiserlichen von der Kutsche herunter.
„Hauptmann, diese Frau hier… Sie steht nicht auf der Liste.“
„Sie geht zum Richtblock.“
„Aber…“
„Ich sagte, sie geht zum Richtblock. Hört Ihr schlecht?“
In diesem Moment wusste Freya, dass nichts mehr den Lauf der Dinge aufhalten konnte. Ihr Leben, und damit auch das des ungeborenen Kindes würden an diesem staubigen Platz enden. Sie gesellte sich zu den restlichen Delinquenten, als sie Hände auf ihrer Schulter spürte. Es war Ralof, der sie mit traurigen Augen ansah. „Auch wenn es Euch jetzt nicht mehr helfen wird. Seid versichert. Sie werden für ihre Taten büßen.“
Der Kopf des ersten Sturmmantelsoldaten rollte in den bereitgestellten Korb. Die kaiserliche Matrone stieß den restlichen Körper achtlos auf Seite und machte eine Handbewegung in ihre Richtung. Schmutzige Hände versuchten sie zu greifen. Sie schlug um sich und traf den Soldaten so in die Magengrube, dass er zusammenknickte.
„Habt Dank für Eure Hilfe. Aber ich kann alleine gehen.“

Die Hauptmännin trat ihr in die Kniekehle, so dass sie mit dem Kopf auf den Richtblock aufschlug.
„Argis, mein Geliebter. Wenn Ihr mich jetzt irgendwie hören könnt, rächt das Leben Eures Kindes und meins. Lasst keinen von ihnen übrig.“ flüsterte sie, während sie auf das Zischen des Henkerbeils wartete. Aber nichts geschah.
„Der Zopf…“ hörte sie den Henker brummen.
„Was, bei allen Göttern, ist mit ihrem Zopf?“
„Er ist zu dick. Er hält das Beil auf.“
„Bei den Acht, dann schneidet ihn verdammt noch mal ab!“ Langsam schien dieses Weib die Kontrolle über sich zu verlieren.
Unsanft wurde sie an ihrem Liquidierungshinderungsgrund wieder heraufgezogen, als ihrer selbst ernannten Richterin das Amulett auffiel. „Oh, das werdet ihr wohl nicht mehr brauchen, Teuerste.“ Ihre gierige Hand griff danach. Es schmurgelte und zischte und der Geruch verbrannten Fleisches stieg in ihre Nase. Trotz ihrer ausweglosen Situation lachte Freya laut los. Das Amulett hatte eine große Wunde in die Hand der Möchtegernräuberin gebrannt. Nun würde diese Frau dank der Brandmarkung ein Leben lang an diesenTag erinnert werden. Das Amulett mit den Rubinaugen glühte immer noch rot, als es auf ihre Haut zurückfiel, aber dort keinen Schaden anrichtete. Nun war die Frau völlig außer Kontrolle. Mit einem Ruck riss sie Freyas Kopf nach hinten. Ihr Schwert zischte haarscharf am Nacken vorbei und sie hielt triumphierend das meterlange Zopfgebilde in der verletzten Hand.
„So Henker, und nun tut Euer Werk. Und tut es ENDLICH!“

Die Erde bebte und Chaos machte sich breit.
„Gnade, ein Drache! Diese Frau hat ein schlechtes Omen. ICH werde sie nicht richten.“ hörte sie den Henker rufen, der in Panik sein Beil wegwarf und sich aus dem Staub machte.
Sie richtete sich auf und da war er. Er hatte sich auf einem der Türme niedergelassen und beobachtete die Szenerie. Das Geschöpf aus ihrem Alptraum, der riesige schwarze Drache mit den leuchtend roten Augen. Für Sekunden spiegelte sich in beiden Augenpaaren gegenseitiges Erkennen wieder. Dann wurde ihr schlagartig bewusst, er war gekommen um zu töten und sie fing an um ihr Leben zu laufen.

Im nächsten Moment ging der Platz, an dem sie kurz zuvor noch gestanden hatte, in Flammen auf. Es war alles wie in ihrem Traum, sie stolperte und fiel und rappelte sich wieder hoch. Aber sie war noch nicht bereit durch seinen Feueratem zu sterben.
Während um sie herum die Vernichtung tobte, hörte sie durch Staub, Dreck und Qualmwolken Ralofs Stimme. Sie bahnte sich einen Weg über Geröll und Leichen, während der Drache sie unablässig mit seinen Feuerbahnen verfolgte. Er sprach mit ihr und seine Sprache bedeutete den Tod.

Ralof stieß sie in einen noch intakten Turm und jagte sie die Treppe hoch, um den Kaiserlichen zu entkommen, als direkt vor ihr das Mauerwerk aufbrach. Ein Feuerstrahl schoß hindurch und tötete den Sturmmantel vor ihr. Sie kauerte sich hinter einen Mauerbrocken, „Bei Talos, nimmt es denn gar kein Ende?“ Ihr ohnehin geschwächter Körper drohte den Dienst zu versagen, aber Ralof deutete auf ein Stück entfernt liegendes Gebäude und scheuchte sie durch die Öffnung im Mauerwerk. Sie sprang einige Meter tief, rollte sich so gut es mit den immer noch vorhandenen Fesseln ging, ab, stieß vor umherliegende Möbel und blieb erst einmal liegen. Der nächste Drachenschrei beförderte sie in die Wirklichkeit zurück. Sie war so weit gekommen. Es durfte noch nicht zu Ende sein.

In diesem Moment begann das Amulett zu glühen und sie fühlte sich wie neu geboren. Mit der gewonnenen Energie sprintete sie durch das halbzerstörte Haus auf das Gebäude zu, erhaschte noch einen Blick auf den schwarzen Drachen, der sie scheinbar aus den Augen verloren hatte und nun, wenn auch ohne sichtbaren Erfolg, von einer Meute Kaiserlicher bekämpft wurde. So waren wenigstens alle beschäftigt.
Ralof erwartete sie. Er hatte wohl den kürzeren, wenn auch ungleich gefährlicheren Weg mitten durch die Stadt, oder das was noch von ihr noch übrig war, genommen. Als erstes schnitt er ihr und sich die Fesseln durch und deutete ihr an, sich die Sachen eines dort tot liegenden Sturmmantels zu nehmen. Sie war wieder bekleidet und bewaffnet. Es konnte weitergehen.

Unversehens öffnete sich ein Gittertor und herein kam die Kommandantin mit zweien ihrer Truppe. Mit einem Kampfschrei, der selbst für ihre eigenen Ohren fremd klang, stürzte sich Freya auf die Frau und hieb ihr die Axt unter dem Schlagarm hindurch mitten zwischen die Rippen. Der Schlag besaß eine solche Wucht, dass die Waffe schlichtweg steckenblieb. All ihre aufgestaute Wut brach durch als sie deren Schwert auflas und immer und immer wieder auf den schon längst leblosen Körper einschlug.

„Hört auf. Es ist nichts mehr da, was ihr noch zerhacken könntet.“ Ralof packte sie am Arm und holte sie aus ihrem Tobsuchtsanfall heraus. Mit leeren Augen und hängendem Schwert blickte sie auf die formlose, blutige Masse, die sie hinterlassen hatte und ein böses Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Schade. Ich wäre gerne dabei, wenn dieses Miststück dergestalt in Sovngarde um Aufnahme bettelt.“

Sie trafen noch auf weitere Sturmmäntel, denen sie sich anschlossen und hatten noch einige Scharmützel gegen Kaiserliche zu bestehen, die sich ebenfalls dort vor dem Drachen verborgen hatten, aber nichts davon war vergleichbar mit dem vorhin Erlebten und so war ihr es ziemlich gleichgültig. Sie führte das Schwert mit Streichen, die sie selbst vorher nie gekannt hatte und verstreute Feuerbälle von solcher Stärke, dass sie sich durch die Gegner mähte, wie die Sense durch ein Kornfeld.

Irgendwann erreichten sie einen Ausgang und kamen wieder ins Freie. Sie waren fast in Sicherheit, aber ihre Beine versagten den Dienst, ihr Herz pochte bis in die Schläfen und ihr ganzer Körper wurde eiskalt. Sie drohte ohnmächtig zu werden.
„Himmel, was ist los mit euch? Wir müssen weiter.“ Ralof kniete neben ihr nieder und nahm sie in die Arme. „In Flusswald lebt meine Schwester. Sie wird Euch helfen. Aber bitte… steht auf.“
Was weder Ralof jetzt und hier, noch der Mann, der sie über alles liebte, wussten, als er das Amulett in Auftrag gab, Blutzauber hatten ihren Preis. Und der bestand in doppeltem Entzug der Lebens- und Geisteskräfte, die vorher gegeben wurden, bis hin zum Tod. Dieser Tribut war jetzt fällig und sie konnte nichts dagegen machen. Sie versuchte noch einen Heilzauber zu weben, aber ihre Kraft reichte nicht mehr aus.
Sie spürte, dass Ralof sie aufhob und wie ein totes Stück Wild über die Schulter legte. „Nun gut meine Schöne, wenn Ihr nicht laufen wollt, muss ich Euch wohl tragen.“

EMS
18.05.2012, 02:30
Noch im Dämmerschlaf, schmiegte sie sich an den Mann an ihrer Seite. Sie hatte gut geschlafen. Sehr gut sogar und fühlte sich das erste Mal in den letzten Tagen völlig erholt. Seine Atemzüge wehten über ihr Gesicht. Sein Geruch war verwirrend, anders als sonst, aber der Körper warm und kräftig.
Ihre Nase zitterte wie bei einem Raubtier, das Witterung aufnahm. Kräftiger Hühnersuppenduft zog durchs Haus und ihr Magen gab seinen vernehmlichen Kommentar zu dieser Erkenntnis.
„Guten Morgen mein Schatz.“ schnurrte sie und drehte sich noch einmal in seine Richtung.
„Guten Morgen meine Schöne.“
„Was?“
Ihr Oberkörper schoss in die Höhe, rammte seinen Kopf und verursachte ein leichtes Nasenbluten. Irgendwo im Raum hörte sie glucksendes Gelächter.

„Ralof! Was...Was macht Ihr in meinem Bett?“
„Meine Schöne, Ihr…“
„Nennt mich nicht immer meine Schöne.“
„Wie sollte ich Euch sonst nennen. Ihr seid schön.“ grinste er.
„Ich habe einen Namen, und den habe ich Euch bereits auf der Kutsche genannt.“
„Natürlich, das habt Ihr. Und ich habe ihn nicht vergessen. Aber darf ich Euch trotzdem höflichst darauf hinweisen, dass Ihr seit drei Nächten in meinem Bett liegt.“
„Wie auch immer ich da hineingeraten bin.“
„Es gab keine weiteren freien Betten. Ihr musstet schon mit mir an Eurer Seite vorlieb nehmen.“
Da gab es definitiv Schlimmeres, dachte sie, während sie den Mann mit den honigblonden Haaren und den leuchtend blauen Augen insgeheim näher musterte.

Er lag ganz entspannt auf der Seite, den Kopf auf den Arm gestützt und betrachtete sie interessiert, als sie einen Zipfel des Bettlakens nahm und seine Blutspur unter der Nase wegwischte.
„Ich verdanke Euch mein Leben, Ralof.“ Sanft gab sie ihm einen Kuss auf die Stirn und fuhr vorsichtig fort, „Aber habt Ihr…?“
„Die ersten zwei Tage und Nächte? Nein. Ihr habt geschlafen wie eine Tote.“
Spielerisch boxte sie ihn in die Rippen, „Das enthebt Euch nicht der Antwort auf die Frage nach allen Nächten.“
Er seufzte.
„Ich hätte gerne meinen Traum von Euch mit Euch zusammen verwirklicht, wenn Ihr mich nicht direkt im ersten Satz Argis genannt hättet.“

Die Frau im Hintergrund konnte nicht mehr vor Lachen.
„Kommt Ihr Zwei. Ralof, unser Gast muss Hunger bis unter die Haarspitzen haben. Übrigens, ich bin Gerdur, die Schwester dieses schamlosen Burschen da. Und seid versichert, er hat Euch nicht angerührt.“



In der Silber-Blut-Taverne in Markarth stand der nächste Krug Met bereit. Mit vor Trunkenheit unsicheren Händen zog Argis ihn zu sich heran. Bereits auf dem Weg zu seinen Lippen hatte er die Hälfte verschüttet. Seine linke Hand zerknüllte wieder und wieder einen Brief.
„Argis, was ist los mit Euch. Kaum, dass Ihr sonst zwei Krug trinkt und heute bringt Ihr mich um meinen Monatsvorrat.“
„Meine Frau… Mein…“
„Ja, ja,die Weiber. Ein Stück Vieh und ein Weib. Wenn man dann nach seinem Vieh schaut, findet man das Weibsstück gleich mit hinterm Haus, wie sie mit Anderen herumhurt. Wie heißt Eure kleine Hure denn?“

Mit allem hatte der Thekennachbar gerechnet, aber nicht damit, dass sich dieser massige sturzbetrunkene Krieger noch so behende bewegen konnte. Im nächsten Moment lag er auf dem Fußboden während ein glühendes Daedraschwert auf ihn herabzusausen drohte. Drei erwachsene Männer waren nötig um der Attacke ein Ende zu bereiten. Noch während die Männer damit beschäftigt waren, Argis unter Kontrolle zu bekommen, entfaltete der Wirt den Brief, der auf der Theke liegen geblieben war. Der Inhalt ließ ihn frösteln. Demnach waren Argis’ Frau und damit auch sein ungeborenes Kind bei einem Drachenangriff in Helgen ums Leben gekommen, was gleichzeitig auch bedeutete, dass Markarth wohl für lange Zeit in den Händen der Kaiserlichen und ihrer Herren, den Thalmor, bleiben würde. Traurig blickte er dem Schwankenden hinterher, der sich anschickte die Taverne zu verlassen. Er wusste wie sehr Argis die schöne, stolze Tochter des alten Jarl über lange Zeit hinweg heimlich geliebt hatte und überglücklich war, als sie ihm zur Frau versprochen wurde.

Niemand beachtete die zierliche braunhaarige Frau, die den Tumult aus einer dunklen Ecke heraus beobachtet hatte und nun flink ebenfalls die Taverne verließ.
Innerlich rieb sich Muiri die Hände. Es schien sich für sie doch noch alles zum Guten zu wenden. Nachdem das erste Attentat der dunklen Bruderschaft auf die verhasste Rivalin fehlgeschlagen war, hatte ihr Brief aus Flusswald, in dem sie ihrem Gatten mitteilte, dass sie und das Kind dank eines Mannes namens Ralof einen Drachenangriff auf Helgen überlebt hatten und sie sich in den nächsten Tagen über Weißlauf auf den Weg zu ihrem geliebten Ehemann machen würde, die Rettung gebracht. Nichts leichter als eine Fälschung zu erstellen und diese mit Trauermiene dem Ehemann zu überreichen. Der Kurier war aber auch dämlich gewesen. Hatte ihr einfach den Brief gegeben, nur weil sie sich gerade vor Vlindrel Hall herumtrieb.

Sie war in den fruchtbaren Tagen, also musste es bald passieren. Sie brauchte noch nicht einmal große Vorsicht walten zu lassen, als sie dem immer noch torkelnden Objekt ihrer Begierde die Stufen hoch zu Vlindrel Hall hinterher schlich. Unbemerkt schlüpfte sie direkt hinter Argis ins Haus.
Nun musste sie ihm nur noch den Trank, dessen Rezept Bothela so geheim, aber nicht geheim genug für sie, gehalten hatte, verabreichen. Dieser Trank würde ihm vorgaukeln, was immer er sehen wollte. Gewohnt in den Schatten zu agieren, beobachtete sie, in welche Richtung Argis steuerte. Ungeduldig wartete sie bis er sich entkleidet hatte. Sein stattlicher Körper machte sie schier verrückt. Schnell nahm sie einen Unsichtbarkeitstrank und näherte sich dem schmalen Bett der Huscarl-Kammer. Sie wunderte sich, wieso er nicht im großen Ehebett schlief, aber letztendlich war es für ihre Absichten auch egal. Er hatte die Augen bereits geschlossen. Sie hielt ihm die Nase zu. Er schnappte nach Luft und der Inhalt des Fläschchens ergoss sich in seinen Mund.
Flugs entkleidete sie sich, legte sich neben ihn und begann ihn zu liebkosen. Argis reagierte genau wie erwartet und sie konnte für ein paar Augenblicke unter seiner üppigen Männlichkeit dahinschmelzen.

Irgendetwas stimmte nicht. Trotz seiner Trunkenheit war er noch nicht ohne Verstand. Die Frau sah aus wie Seine. Aber es waren weder ihr Geruch, noch die ihm so vertrauten Berührungen. Unmittelbar zog er sich zurück.
Just zu diesem Zeitpunkt verflog die Wirkung und er fühlte sich schlagartig ernüchtert. Die nächsten Momente würde Muiri nie in ihrem Leben jemals wieder vergessen. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer dämonischen Fratze; die Laute, die er von sich gab, hätten eigentlich keiner menschlichen Brust entstammen dürfen. Von seinen Händen wie mit Schraubzwingen gepackt, schob er sie quer durch das Haus vor sich her. Ihr Wimmern und Flehen hinterließ nicht die Spur einer Gefühlsregung als er die Tür öffnete und ihr nackter Körper mit einem vernehmlichen Klatschen auf die Steinstufen aufschlug. Er drehte sich herum, schloss die Haustür hinter sich ab.

„Verflucht sollt Ihr alle sein. Niemand von Euch wird überleben. Weder Ihr Argis, noch Eure verdammte Frau, noch Euer missratenes Kind. Das schwöre ich Euch.“ schrie sie in die Nacht hinaus bevor sie mit ihrem zerschlagenen Körper im Schutz der Dunkelheit durch die Stadt nach Hause schlich.

Völlig zusammengebrochen saß er auf der Bettkante. Es war das erste Mal, dass ihm Tränen über die Wangen rollten. Was hatte diese Dirne gerufen… er zwang sich ihre Worte ins Gedächtnis zurück.
Sie hatte ihn, seine Frau und das Kind verflucht. Demnach mussten sie noch leben. Wie konnte er nur so die Verbindung zu ihr verlieren.
Bei den Göttern, er würde sie finden und wenn er in ganz Himmelsrand nach ihr suchen musste.



In Flusswald glühten die Augen des Amuletts tiefrot. Freya löste sich aus den warmen Armen des Mannes neben ihr. Sie warf einen Blick auf den schlafenden Ralof und zog sich an. Ein Abschiedskuss auf seine Lippen. Zeit zu gehen.
Ihr über alles geliebter Mann hatte den ihm gebührenden Platz wieder eingenommen. Bis auf den Teil, der für immer bei diesem Mann mit den honigblonden Haaren und den leuchtend blauen Augen bleiben würde.

EMS
19.05.2012, 11:43
§thx
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Mit ausgestreckten Beinen saß Ralof auf dem Baumstumpf und kaute selbstvergessen auf einem Weizenhalm herum. Gerdur beobachtete ihn von der Holzmühle aus. Den ganzen Morgen stierte ihr Bruder nun schon auf den Fluss und hing seinen trübsinnigen Gedanken nach. Sie zog die Handschuhe aus und ging zu ihm herunter. Als sie ihre Hände auf seine Schultern legte, lehnte er sich gegen sie. Ganz ihr kleiner Bruder.
„Hmm, Schwesterherz, was ist?“
„Ralof, sie hat Dir nie gehört und daraus auch nie einen Hehl gemacht.“
„Es gab Momente, wo wir es vergessen konnten.“
Wie bei einem Kleinkind strubbelte sie durch seine Haare. „Schlag sie Dir aus dem Kopf, Brüderlein. Je eher desto besser.“
„Mein Kopf ist in Ordnung. Da tut es weh.“ Er schlug sich mit der Faust auf die Brust.
„Natürlich, und ein ganzes Stück weiter unten bestimmt auch.“
„Schwester…“
„Geh Holzhacken oder jagen. Aber mach etwas, das Dich auf andere Gedanken bringt.“ lachte sie.
„Jagen ist gut. Ich könnte mal schauen, ob sich oberhalb des Dorfes wieder Banditen niedergelassen haben.“
„Da können sich keine Banditen aufhalten. Die hast Du erst vor vier Nächten ausgeräuchert. Ich habe ihre Leichen den Fluss heruntertreiben sehen.“
„Vielleicht sind ja in der Zwischenzeit wieder welche angekommen.“ grinste er.
Sie gab ihm einen freundschaftlichen Klaps. „Dort hast Du auch das Lager mit ihr geteilt. Mach mir und Dir nichts vor. Du liebst eine wunderschöne Frau und ich weiß, dass auch Du ihr nicht gleichgültig bist. Aber sie gehört nun mal einem andern Mann. Und nun tu was Du möchtest, Bruderherz. Nur werde langsam wieder Herr Deiner Sinne.“

Ächzend wie ein alter Mann stand er auf und ging zum Haus, um seine Jagdutensilien und Proviant einzupacken. Etwas besorgt schaute Gerdur ihm nach. Sie konnte sich noch gut daran erinnern als er in eine junge Frau aus Helgen verliebt gewesen war. Dies hier überstieg das damals Miterlebte bei weitem.
„Armer kleiner Bruder. Nun liebst Du einmal richtig und es ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.“ Sie nahm den Haken und ließ den nächsten Baumstamm in die Säge rutschen. „Aber das ist das Leben, nicht wahr Hod?“ rief sie ihrem Mann zu, der am anderen Ende der Säge stand.
„Was?“ tönte es gegen die kreischende Geräuschkulisse an. „Kannst Du mir mal verraten, was mit Deinem Bruder los ist.“
Innerlich schüttelte sie den Kopf. Hod, ihr guter Mann, aber alles was nicht mit Holz und Krieg zu tun hatte, lief spurlos an ihm vorüber. Sie warf noch einen Blick zum Haus, wo sie ihren Bruder, mit einer kleinen Provianttasche bepackt, in Richtung seines Jagdunterstandes davonstiefeln sah. Jetzt würde er wieder mit einigen Met, die Beine über dem Abgrund baumelnd, seine Probleme mit sich selber auszumachen versuchen. So wie immer, wenn ihn etwas sehr bedrückte.





Die Hühnersuppe duftete so verführerisch. Er sah ihre hübsche Nase zittern und konnte deutlich hören, dass ihr Magen keine Ruhe mehr gab. Es knurrte durch den ganzen Raum. Schmuddelig und halbnackt wie sie waren, setzten sie sich an den Tisch und begannen zu futtern.
Ein kleiner Junge schoss durch die Tür und blieb wie angewurzelt stehen.
„Mama? Maaamaaa…“
„Frodnar, was ist?“
„Mama, Du sagst doch immer wir sollen sauber und ordentlich bei Tisch sitzen. Wieso dürfen Onkel Ralof und seine Frau so dreckig essen?“
„Manchmal gibt es Ausnahmen mein Junge.“
„Au fein, dann bin ich jetzt auch immer eine Ausnahme.“ Sprachs und verschwand wieder nach draußen.
„Frodnar, unser Sohn. Ein Racker wie es keinen Zweiten gibt.“ hörten sie Gerdur aus dem hinteren Teil des Hauses, wo sie Wäsche zusammenlegte.
„Ja, Onkel Ralof, da haben wir ein sehr schlechtes Beispiel abgegeben. Das werdet Ihr wohl wieder geradebiegen müssen.“ Sie tunkte noch ein Stück Brot in die Suppe und aß herzhaft weiter.
Ihr Gegenüber starrte sie mit halboffenem Mund an, „Bei den Göttern, Ihr esst für zwei, wenn nicht für noch mehr.“
„Wenn Du genauer hinschauen würdest, mein Bruder, dann hättest Du erkannt, dass sie bereits zwei ist.“ Gerdur war um die Ecke gekommen und hatte seinen letzten Satz mitbekommen. Seine anschließende Wortfaulheit fiel niemandem auf.

„Wenn Ihr beide fertig seid, kommt zur Mühle. Ich möchte erfahren was in Helgen passiert ist. Womöglich betrifft es auch unser Dorf und wir brauchen Hilfe.“
„Hat Ralof in den zwei Tagen gar nichts erzählt?“
„Es scheint als würde er nicht gerne darüber sprechen. Warum auch immer.“ Sie warf ihrem Bruder einen auffordernden Blick zu, den er allerdings gekonnt ignorierte.
„Wenn Ihr erlaubt, würde ich gerne erst baden gehen. Ich muss den Gestank der kaiserlichen Bestien loswerden. Und ein neues Kleid und eine Rüstung brauche ich auch. So kann ich mich nicht auf der Straße blicken lassen. Gibt es einen Händler und einen Schmied hier im Dorf?“
„Ein Kleid gebe ich euch gerne. Mit einer Rüstung kann ich Euch leider nicht aushelfen. Aber Alvor, unser Dorfschmied, dürfte eine genügende Auswahl haben. Seine Schmiedearbeiten sind eher einfach, aber stabil. Und wenn Ihr baden wollt, lasst Euch von Ralof den Weg beschreiben. Flussaufwärts gibt es eine Stelle, die sich gut dazu eignet.“ Sie legte noch ein Kleid für Freya heraus und verschwand durch die Tür.
Merkliche Stille machte sich breit.
„Ihr seid schwanger?“
„Ja, bin ich.“
„Ihr seid verheiratet?“
„Ja, bin ich.“
„Dann ist Argis der Name Eures Gatten.“
„So ist es.“
Aus irgendeinem Grund mochte sie nicht weiter darüber sprechen. Es erschien ihm wie eine innere Blockade, die eine Ausführung weiterer Einzelheiten verhinderte.
„Er hat eine wunderschöne Frau.“
„Nun fangt Ihr schon wieder mit ‚schön’ an.“ Obwohl sie, bis auf ihre Stiefel, jetzt nackt im Raum stand, warf sie ihm in gespieltem Ärger das Kleid über den Kopf. Er lachte.
„Es ist mir vollkommen neu, dass sich eine Frau darüber ärgert, wenn ein Mann sie als schön bezeichnet. Ihr seid schon ein recht seltenes Exemplar.“ Er stand auf um ihr das Kleid zu bringen. „Hier, nehmt es zurück. Mir wird es nicht gut zu Gesicht stehen.“

Er musste schlucken und hatte alle Mühe seine Hände bei sich zu behalten, als er so dicht vor ihr stand. Und er spürte mehr als deutlich, dass es auch ihr so erging.
‚Mara, hilf mir, was passiert hier? Bitte. Was geht hier vor sich?’ Er war versucht sich solange zu ohrfeigen, bis sein Kopf wieder da saß, wo er eigentlich hingehörte. Nur wie durch einen Nebel gedämpft, drangen ihre nächsten Worte an seine Ohren. „Ich glaube, auch Ihr könntet nach Helgen ein Bad vertragen, Ralof. Wollt Ihr mich begleiten?“ Waren das jetzt wirklich ihre Worte? Er riss sich zusammen und brachte, so gleichgültig es ihm in dieser Situation noch gelang, heraus „Wenn es Euch nicht stört.“
Sie breitete hilflos die Arme aus wie eine Statue. „Was bitte sollte ich noch vor Euch verbergen können, bis auf…“, sie blickte auf die Stiefel, „…meine Füße. Sagt, habt Ihr mich tatsächlich zwei volle Tage und noch eine Nacht dazu in Stiefeln schlafen lassen?“
Nun mussten sie beide lachen. Der Bann war erst einmal gebrochen.
„Dann kommt. Meine Schwester wird uns sicher mit Ungeduld erwarten.“


Das klare, kühle Wasser befreite sie nicht nur von allem Schmutz, sondern schien auch alle ihre schlechten Erinnerungen mit sich fortzuspülen. Unbekümmert tauchte sie nach Muscheln und Fischeiern und fand etwas weiter im Fluss sogar noch ein Skelett mit einer diamantenbesetzten Goldkette um den knochigen Hals. Triumphierend tauchte ihr makelloser, von Natur aus leicht getönter, Körper aus den Fluten auf, um sie ihm zu zeigen. Ihm, der immer noch am Flussufer saß und sie einfach nur bei ihrem Treiben beobachtete, während sein Herz raste und seine Gefühle Purzelbäume schlugen.
„Schaut mal, davon kann ich vielleicht meine Rüstung bezahlen.“
Er sah an ihr hoch. Jetzt erst bemerkte er die leichte Wölbung ihres Unterbauches. Kurz davor seinem Verlangen nachzugeben und sich ihr mit Haut und Haaren zu ergeben, lachte sie ihn an und zog ihn an den Händen hoch. „Warum kommt Ihr nicht endlich ins Wasser. Es ist auch für zwei genug Platz.“
„Ja, warum eigentlich nicht.“ Ein Bad konnte seinen sich überschlagenden Gefühlen und Gedanken nur gut tun. Ohne Scham und äußerst interessiert sah sie ihm zu, bis er sich auch seines letzten Kleidungsstückes entledigt hatte. Eine Frau, vollkommen erwachsen, die sich nicht gekünstelt zierte, und zudem noch wunderschön war. Vergessen waren sämtliche Liebschaften, und derer waren nicht wenige, denen er jemals gefrönt hatte. Nichts mehr als austauschbare Liebeleien. Das hier löste etwas ganz anderes in ihm aus. Es war neu und saß tief. Zusammen sprangen sie kopfüber ins kühle Nass und schwammen ein ganzes Stück flussaufwärts bis sie auf eine Schlammkrabbenkolonie stießen. Nackt musste das nun wirklich nicht sein und so traten sie flugs den Rückweg an.

„Ooh, das hat gut getan.“ Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und ließ sich ins sonnenbeschienene Gras fallen. Sie saß neben ihm und flocht Zöpfe in ihr nunmehr nur noch schulterlanges Haar.
„Warum habt Ihr Eurer Schwester nichts über Helgen erzählt?“
„Ich bin kein großer Erzähler und ich weiß nicht was ich von der Sache halten soll. Kennt Ihr schon die Wächtersteine? Auf unserer Flucht aus Helgen sind wir daran vorbeigekommen.“
„Ich denke Ihr hattet Anderes zu tun als einer Ohnmächtigen die Landschaft zu zeigen. Nein, ich kenne sie nicht.“
„Dann werde ich sie Euch heute abend zeigen. Jetzt lasst uns erst mal zu meiner Schwester gehen.“

Gerdur hatte den Drachen, der auch an Flusswald vorbeigeflogen war, schon gesehen, ihm aber nicht so die große Bedeutung beigemessen. In Anbetracht seines Angriffes auf Helgen änderte sich ihre Einstellung und die Beratung endete damit, dass Freya sich bereit erklärte nach Weißlauf zu gehen, um Balgruuf um Hilfe zu bitten.
Die ganze Zeit hing Frodnar an Ralof und versuchte seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er beobachtete aus den Augenwinkeln wie sie lächelte, als sie sah, mit wieviel Geduld er den Jungen behandelte. Danach statteten sie Alvor einen Besuch ab. Sie erstand eine Stahlplattenrüstung, die allerdings an einigen Stellen erst angepasst werden musste. Er wunderte sich, dass sie sich eine schwere Rüstung ausgesucht hatte, aber sie konnte ihm glaubhaft versichern, dass sie gewohnt war, eine solche zu tragen. Flusswald besaß auch ein größeres Gasthaus und auf dem Weg zu den Wächtersteinen schlug sie ihm vor, dass sie dorthin umziehen könnte.
„Ist der Tochter eines Jarl unsere Gastfreundschaft nicht gut genug?“
Ihre Augen funkelten ihn dermaßen böse an, dass er direkt bereute, nicht seine wirkliche Frage gestellt zu haben. „Ich wollte Euch nur Euer Bett wieder überlassen. Und das wisst Ihr.“
„Und was würdet Ihr tun, wenn ich Euch bäte in meinem Bett zu bleiben?“
„Ich bleibe. Gerne sogar.“

Aus den Büschen sprang ein Wolf hervor, der von ihrem Feuerstrahl bereits erledigt war, noch bevor Ralof seine Waffe gezogen hatte.
„Ihr seid gut. Ich bin gespannt, welche Wahl Ihr gleich trefft. Kriegerin oder Magierin.“
Sie blieb stehen und breitete in einer resignierenden Geste die Arme aus.
„Ich weiß es nicht Ralof. Kriegerin, Magierin. Ich bin beides, aber nichts davon richtig. Ich bin eine glücklich verheiratete Frau und habe gerade nichts mehr als den Wunsch mich mit einem anderen Mann zu vereinen. Also bin ich nicht mal das richtig. Sagt Ihr mir was ich bin. Ich weiß es nicht mehr.“
In diesem Moment verunsicherte ihn ihre Offenheit mehr, als dass ihr Geständnis ihn erfreute und so nahm er einfach ihre Hand und sie gingen schweigend weiter bis sie die Wächtersteine erreichten.
„Macht die Augen zu.“
„Warum?“
„Schließt Eure Augen und geht zu dem Punkt, zu dem Ihr Euch hingezogen fühlt. Ganz einfach.“
„Schön…, und wenn es dann der Abgrund dahinter wird?“
Er lachte. „Ich bin ja auch noch da.“
„Damit wäre meine Wahl aber nicht unbeeinflusst.“ schmunzelte sie.
Sie schloss die Augen und drehte sich mehrmals um die eigene Achse. Leicht schwankend schlug sie eine Richtung ein bis sie irgendwo anstieß. Sie öffnete die Augen und stand direkt vor…ihm. „Hmm, und jetzt?“
„Ich sehe schon, die Magie der Steine erreicht Euch nicht.“ Er lächelte und im nächsten Moment lagen sie sich in den Armen. Bevor er sie küssen konnte, drückte sie ihn ein wenig von sich weg.
„Ihr wisst, dass es keine Zukunft für uns gibt. Es bleiben nur Erinnerungen, die erst schmerzen bevor sie verblassen.“
„Aber dafür sind wir heute glücklich.“
Nach gefühlten hundert Unterbrechungen durch Zärtlichkeiten erreichten sie Flusswald zu Beginn der Nacht.
„Bitte geht vor. Ich möchte noch einen Augenblick alleine sein.“

Sie ging zur Mühle, setzte sich auf einen der Baumstümpfe und starrte in das ewig fließende Wasser, in dem sich die Monde nur verzerrt widerspiegelten. Irgendwann nahm sie die Axt und hackte Holz. So lange bis sie fast im Stehen einschlief und ihr Kopf von den Axtschlägen dröhnte.
Die ganze Zeit hatte er auf sie gewartet, war eingeschlafen und schon wieder hellwach. Schließlich verließ er, nur mit seinem Lendenschurz bekleidet, das Bett und ging auf die Suche nach ihr. Er fand sie, im Gras liegend neben der Sägemühle. Ihre Augen funkelten in der Dunkelheit. Sie schien auf ihn gewartet zuhaben, aber sicher war er sich nicht. Kopfschüttelnd betrachtete er ihre blutigen Hände, stand auf und holte aus dem Haus eine Salbe und Leinenstreifen. Schweigend verband er sie und setzte sich dann mit dem Rücken zu ihr wieder hin.
„Ralof?“ Ihre Arme umschlangen seine mächtige Brust. Ihr Körper suchte seine Nähe. „Ich brauchte diese Zeit jetzt.“
„Ja natürlich, wo wir doch die ganze Ewigkeit für uns haben.“
„Dreht Euch herum.“
„Nein.“
„Alter Dickschädel.“
Schließlich drehte er sich doch noch um. Der Grimm war längst aus seinem Gesicht verschwunden. „Und nun?“
„Möchte ich meinen Traum von Euch mit Euch zusammen verwirklichen ohne Euch Argis zu nennen.“
Das Kleid seiner Schwester und sein Lendenschurz landeten achtlos im Gras. Ihre Augen strahlten mit den Sternen um die Wette, als sie sich ihm überließ. „Nehmt mich. Bitte. Ich bin Euer“, mit einem gar nicht leisen Stöhnen bäumte sie sich unter ihm auf, als er ihrer Einladung Folge leistete. Ihr biegsamer Körper forderte und beraubte ihn damit fast seiner Sinne. Die Zärtlichkeit ihrer Hände und Lippen schien allumfassend zu sein und riefen Gefühle an Stellen hervor, von denen er bis dato nicht wusste, dass es sie überhaupt gab. Sein Puls raste und raste, bis die Natur den mühsam aufrecht erhaltenen Damm brach. Auf diesen Moment schien sie nur gewartet zu haben. Ein leiser Schrei entfuhr ihren Lippen. Noch einmal bog sie sich ihm entgegen, bevor sie sich zitternd und keuchend entspannte. Immer noch vereint, lagen sie im Gras neben der Sägemühle, während sie mit ihren schlanken Fingern zärtlich durch seine Haare fuhr und noch immer erschauderte sie unter seinen leisen Berührungen.
Er konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals einer Frau so vollständig hingegeben zu haben. Es musste heraus. "Ich liebe Euch." Sie sagte nichts, sondern schaute ihm aus ihren schönen grünen Augen nur lange forschend ins Gesicht, bevor sie ihn mit beiden Armen sanft zu sich herunterzog und ihn einfach nur festhielt. So glücklich hatte er sich in seinem ganzen Leben noch nicht gefühlt... und noch nie so verloren.

„Maaamaaa!“ Manchmal hätte man den Bengel erwürgen können. Es war noch nicht Tageslicht und er rannte schon schreiend durchs Haus. „Maaamaaa.“ An Weiterschlaf war nicht zu denken.
„Mama, jemand hat schon den ganzen Holzvorrat für den Winter gehackt.“
Zum Erstaunen von Gerdur prusteten sie beide los bis nichts mehr ging. Noch einmal war sie eingenickt. Als sie aufwachte, war sein Platz an ihrer Seite bereits leer. Gerdur bereitete den Tisch für die nächste Mahlzeit vor. Sie sprang aus dem Bett, schüttelte die Haare in Form und zog sich schnell an. „Kann ich Euch helfen?“
„Wenn ich mich nicht stark täusche, habt Ihr uns die letzte Nacht mit Holz für den ganzen Winter versorgt.“ Und nach einer Pause, „Weiß mein Bruder, dass Ihr ihm weh tun werdet?“
„Ja, er ist sich dessen bewusst. Dabei liebe ich ihn auch… irgendwie. Wo ist er?“
„Er ist zu seinem Jagdunterstand, um aufzuräumen, nachdem Banditen dort gehaust haben. Nehmt einfach den Weg hier gleich rechts hoch und Ihr könnt Ihn nicht verfehlen.“

Bei Alvor holte sie ihre Rüstung ab. Sie passte jetzt perfekt und sie fühlte sich auf Anhieb wohl darin. Trotzdem legte sie das gute Stück erst einmal im Haus ab und trabte den Weg zu ihm hoch. Er schlief. Die letzten Meter legte sie schleichend hin, kniete neben ihm nieder. Er spürte die samtenen Lippen, die weiche Zunge, die ihn vorsichtig wachküssten.
„Ihr seid unvorsichtig. Wäre ich jetzt eine Diebin oder Schlimmeres, wärt Ihr tot."
Zärtlich strich er ihr die Haare aus dem Gesicht. „Ihr seid eine Diebin. Ihr habt mein Bett und mein Herz gestohlen.“
„Ralof, morgen werde ich aufbrechen. Ich weiß nicht, ob wir uns wieder begegnen werden, aber ein Teil von mir liebt Euch aus tiefstem Herzen und wird bis zu meinem Ende Euch gehören.“
„Lacht mich jetzt nicht aus, Liebste. Wir werden uns wiedersehen und dann wird es für immer gut sein.“
„Das riecht aber nach Sovngarde.“
„Nein, es wird vorher sein.“
Irgendwann an diesem Tag flüsterte sie liebevoll einen Namen und es war nicht der ihres Ehemannes.
Sie jagten noch ein wenig Kleinwild. Sie auf ihre, er auf seine Weise. Lachend hob er er einen Hasen auf, den sie mit einem Feuerball abgeschossen hatte. „Schaut mal, Eure Beute ist bereits immer essfertig.“ Bepackt mit ein paar Hasen und Fasanen spazierten sie eng umschlungen bei Anbruch der Abenddämmerung ihrer letzten Nacht in seinem Bett entgegen.




Es wurde langsam dunkel. Ralof stand auf und löschte das Feuer. Den ganzen Tag hatte er nun hier verbracht und war nur seinen Gedanken an die letzten Tage hinterhergelaufen. Er würde jetzt erst einmal nach Windhelm gehen, nachdem Ulfric wieder frei war. Und irgendwann würde er auch wieder seine Liebste in den Armen halten. Bis dahin hatte der Kampf um die Befreiung von Himmelsrand oberste Priorität.

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*örks* blackout...:scared:, Jetzt muss ich erst mal zusehen, wie ich die Fremdgängerin wieder auf Spur bringe.

EMS
24.05.2012, 13:50
Hübsche Screens.
Hast Du da beim Gesicht mit einer Grafik-Mod nachgeholfen?

Nein, garnichts. Ich habe meine Kleene von Anfang an so hübsch generiert. ;) Ich habe alle Mods, bis auf HD textures, heruntergeschmissen, nachdem irgendeine dämliche Haarmod, die die Haare eh noch schlimmer aussehen liess, als sie es sowieso schon sind, vor zwei Tagen mein Spiel gekillt hat. Aufgenommen hab ich die Shots in der Taverne in Solitude. Argis durfte auf einem Stühlchen neben der "Tanzfläche" Platz nehmen, (da leuchtet es so schön gemütlich rot), und meine Kleene hab ich im Schleichmodus daneben/halb auf ihn drauf gestellt. So bekam ich die räumliche Nähe hin. Nachher hab ich die Bilder nur noch zugeschnitten und wieder auf die ursprüngliche Größe vergrößert.

Chakykia, jetzt müsste ich aber was zum Besten geben, was hier bestimmt gelöscht würde. :scared:
;)

So, Traumwetter und Urlaub auf Balkonien mit dem 6,5 Kilo Läppi auf den Beinen. :scared: Da schreibt man schneller. :rolleyes:
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Nachdenklich stand sie an der Weggabelung hinter der Flusswalder Brücke. Sollte sie erst zu dieser riesigen Grabstätte, die den ganzen Ort überschattete, Ödsturzhügelgrab nannten es die Bewohner, hinauf oder erst nach Weißlauf.
Der im Dorf ansässige Händler hatte sie um einen Gefallen gebeten. Sie mochte ihn nicht, aber seine Schwester war eine nette Person und hatte nach dem Diebstahl eines Wahrzeichens seines Ladens schwer unter ihrem Bruder zu leiden.Wahrscheinlich war es besser, schnell und kurz erst die Diebe in Angriff zunehmen, die sich offensichtlich in diese Grabstätte zurückgezogen hatten. Danach konnte sie in Ruhe nach Weißlauf gehen und Balgruuf von dem Hilfeersuchen in Kenntnis setzen.
Und nur dort würde sie auch ein Pferd bekommen, um so schnell als möglich nach Markarth zu gelangen. Die alte Sehnsucht nach Argis war wieder da und überfiel sie mit einer solchen Macht, dass sie sich für ein paar Minuten auf die Begrenzung der Brücke setzen musste.

Sie überprüfte noch kurz ihre Ausrüstung bevor sie sich an den Aufstieg machte. Lange sollte es wohl nicht dauern. Ein paar Banditen, die Goldene Klaue, so hatte Lucan sie genannt, wieder zurückbringen und sie konnte endlich zu ihrem Mann.
Auf halber Höhe fing es an zu schneien. Schemenhaft erkannte sie ein altes Bollwerk, vor dem ein einzelner Ork patroullierte. Orks, außerhalb ihrerFestungen und wenn sie nicht gerade in den Städten lebten, bedeuteten selten etwas Positives. Aus der Deckung heraus feuerte sie ein paar Feuerbälle. Es folgten ihm noch zwei Kameraden mit denen sie ebenfalls kurzen Prozess machte.
Als sie die Leichen untersuchte, stellte sie fest, dass sie sich nicht geirrt hatte. Brauchbare Gegenstände und etwas Gold nahm sie mit. Das Zeugs konnte sie verkaufen, und Gold war im Moment ihre größte Sorge. Die kaiserlichen Häscher hatten ihr alles abgenommen. Wenn Balgruuf ihr keins seiner Pferde zur Verfügung stellen sollte, musste sie sich eins kaufen, aber dafür reichte ihr derzeitigesVermögen noch lange nicht aus.

Noch etwas höher und sie erblickte das beeindruckende Bauwerk mit seinen vielen Treppenaufgängen. Bei den Göttern, hatten die Altvorderen nichts Besseres zu tun gehabt als solche Monumente für Tote zu errichten? Drei weitere Banditen später stand sie auf einem überhängenden Wachpunkt und genoss den Ausblick ins Tal.
Keiner dieser Diebe hatte die Klaue bei sich getragen, was bedeutete, dass sie sich ins Innere begeben musste.
Kampfbereit öffnete sie das schwere, verzierte Eisentor. Staubiger, kalter Wind wehte durch die verfallene Eingangshalle in der es wahrlich nichts zu entdecken gab, außer toten Skeevern und lebenden Banditen, die sich schnell zu den Skeevern gesellten.
Stück für Stück pirschte sie sich vor, immer weitere Gänge, entlang. In zahlreichen Nischen waren die Toten zur Ruhe gebettet worden. Manche davon waren weniger tot als es zunächst den Anschein hatte. Es nahm kein Ende. Sie umging Fallen, bekämpfte Draugr und Banditen gleichermaßen. Himmelsrand schien in seinen Tiefen stärker bevölkert zu sein als an der Oberfläche. Der staubige Wind war längst einem jahrtausendealten Dunst gewichen, der ihre Nase arg strapazierte.

Sie bewunderte die bestens erhaltenen Mumien. Scheints hatten die alten Vorfahren für ihre Toten mehr übrig gehabt als für die Lebenden. Überall nahm sie Brauchbares, vor allen Dingen Gold und einzelne Edelsteine mit und sah mit Freude, wie sich ihr Geldsäckchen ein wenig füllte.
Nur die Klaue, niemand trug sie bei sich.

Gedämpft klang ein Hilferuf an ihre Ohren. Sie folgte der Stimme und endete vor einem massiv gewebten Spinnenetz. Auch das noch. Sie hasste Frostbissspinnen und das Knirschen ihrer Panzer, wenn sich die Waffe hindurchwürgte. Selbst der elendigen Giftspuckerei konnte man kaum entkommen. Das Exemplar, das sich von der Decke herabließ, hatte es in sich. Größer als sie selbst, brauchte sie bis zu seinem Ableben einiges an Feuer- und Heilzaubern.

Sie fühlte sich ein wenig matt, schob es aber den anstrengenden Kämpfen zu. Schließlich gewahrte sie den bereits halb eingewickelten Hilferufer. Sein Gesicht war wenig vertrauenerweckend, und genau so verhielt er sich nach seiner Befreiung. Seine Verspottung kam ihn teuer zu stehen. Im nächsten Raum beobachtete sie in Ruhe, wie er sich mit weiteren Draugrn anlegen durfte und verlor. Der Rest war nicht mehr allzu schwer zu bewältigen.
Endlich. Dieser Mensch trug das gesuchte Objekt bei sich. Sie befand sich bereits auf dem Rückweg und las dabei sein Tagebuch.
Die Klaue schien zu einem Schatz zu führen, und das war genau das, was sie jetzt brauchen konnte. Auf dem Absatz drehte sie sich herum und folgte den Gängen weiter und weiter. Sie verlor das Gefühl für Zeit und Raum und kämpfte sich mit Feuerzaubern und ihrem Schwert eher mechanisch durch ein paar verbliebene Gegner bis sie vor einem beeindruckenden Steintor stand. Große steinerne Ringe, mit Symbolen verziert, schienen nun endlich den Fund des Schatzes zu verheißen.

Sie las noch einmal im Tagebuch des Banditen und richtete die Symbole ein, wie auf der Klaue angezeigt. Mit Ächzen, Knirschen und einem Staubwirbel versank die letzte Barriere und sie betrat eine halb verfallene Halle mit einer Steinwand am anderen Ende, in die merkwürdige, uralte Zeichen einer längst vergessenen Sprache eingemeißelt waren.
Magisch wurde sie davon angezogen und konnte nichts dagegen ausrichten. Blitze zuckten, die Wand schien sich zu bewegen. Mehr blind als sehend tastete sie sich heran. Eins der Zeichen leuchtete auf und manifestierte sich, ohne dass sie etwas unternehmen konnte, unter einem unsagbaren Druck in ihrem Schädel. Es war genau das gleiche unbeschreibliche Gefühl, dass sie schon bei dem Wort Dovakhiin vor einiger Zeit erlebt hatte. Sie schrie vor Schmerzen, war froh als es vorbei war und nahm sich vor, derartiges auch nie wieder zu erleben.

Eigentlich hatte sie sich erschöpft hinsetzen und dann in Ruhe in der Truhe kramen wollen. Ihr Kopf brummte bis zum zerplatzen, aber die Götter hatten etwas Anderes vorgesehen.
Der Wächter dieser merkwürdigen Wand war erwacht und es begann ein Tanz auf Leben oder Tod. Er war ihr weit überlegen, ihr einziger Vorteil bestand darin, dass er sich relativ langsam bewegte. So hechtete und sprintete sie um ihr Leben durch die Halle, immer bemüht einen gezielten Zauber oder Schlag abzusetzen. Einem Treffer durch ihn war sie nicht gewachsen, so musste sie in Bewegung bleiben. Zwischendurch glühte ihr Amulett mit seinen magisch blau veränderten Augen um die Wette. Sie wagte gar nicht erst, sich den zu zahlenden Tribut auszumalen. Eine gefühlte Ewigkeit später und kurz vor ihrer eigenen totalen Erschöpfung schaffte sie ihn. Der Wächter hatte seine ewige Ruhe gefunden.

Seine Durchsuchung ergab nichts außer einer für sie unbrauchbaren Waffe und einer seltsam aussehenden Steintafel mit einem Drachenkopf. Vorsichtshalber nahm sie das Steinfragment an sich. Vielleicht würde es ja Geld bringen.
Sie wühlte noch ein wenig in den Truhen, nahm mit was sie brauchen konnte. Sollte das jetzt der Schatz gewesen sein? Enttäuscht schleppte sie sich einen weiteren unbekannten Gang hinauf und stand kurz darauf auf einer Anhöhe. Tief atmete sie nach dem Staub und dem Dunst die frische Tagesluft ein. Es blieb ihr nichts anderes übrig als mit den müden Knochen hinunter zu kraxeln.

Der Tribut, er war fällig. Sie spürte es, fiel den letzten Vorsprung hinunter, rollte noch ein Stück den Hang hinab und blieb bewusstlos liegen. So bemerkte sie auch nicht die Hand, die ihr wenig später zärtlich über das Gesicht strich.
„Hmm, meine Schöne. Immer, wenn ich Euch treffe, darf ich Euch tragen.“

Sie erwachte in dem vertrauten Bett, aber alleine. Gerdur kam auf sie zu und reichte ihr einen Krug mit Met. "Ihr seht krank aus."
Sie trank den Krug in einem Zug leer und fühlte sich wieder besser. „Bei Talos, wenn ich vorher gewusst hätte, was mich in diesem Grab erwartet, hätte Lucans Klaue dort auf ewig verschimmeln können. Wie schafft Ihr es, jeden Tag mit diesem Anblick zu leben?“
„Man gewöhnt sich daran. Irgendwann nimmt man es gar nicht mehr wahr und es verliert seinen Schrecken.“
„Wie bin ich hierhin gekommen?“
„Ralof brachte Euch. Mal wieder bewusstlos.“ lachte Gerdur.
„Ralof? Wie hat er mich gefunden?“
„Er war auf dem Weg nach Windhelm und sah Euch von der anderen Seite des Flusses aus, wie Ihr einen Abhang hinuntergeklettert und dann gefallen seid.“
„Ist er noch hier?“ Insgeheim rief sie alle Götter an, um aus dieser Zwickmühle endlich erlöst zu werden.
„Nein, er hat Euch nur hereingeschleppt und sich dann wieder auf den Weg gemacht. Er wusste, wenn er jetzt nicht gehen würde, hätte er es nie geschafft Euch zu verlassen. Er bat mich Euch etwas zu geben.“
Gerdur reichte ihr einen Ring mit einem wunderschön eingefassten Stein. Eine seltsame Aura ging von ihm aus. Da sie ihren Ehering niemals ablegen würde, steckte sie ihn an den Zeigefinger der anderen Hand. Es fühlte sich gut an.
„Dieser Ring wird Eure Gesundheit schützen. Er hat ihn von unserem verstorbenen Vater erhalten, bevor er sich den Sturmmänteln anschloss und es ist der Wille meines Bruders, dass Ihr ihn nun tragen sollt.“
„Habt Dank. Ich werde ihn nicht mehr abnehmen. Aber nun möchte ich Eure Gastfreundschaft nicht noch ein weiteres Mal strapazieren. Ich werde Lucan jetzt sein Kleinod wiederbringen und mich dann nach Weißlauf absetzen.“
Unerwartet nahm Gerdur sie in die Arme. „Ihr habt uns nicht strapaziert. Im Gegenteil. Ihr habt Holz für fast einen Winter gehackt" zwinkerte sie, "und meinen Bruder für ein paar Tage glücklicher gemacht als er es jemals in seinem Leben war. Kommt jederzeit wieder. Ihr seid hier von Herzen willkommen.“

Etwas wehmütig verließ Freya das Haus und trat in den strahlenden Sonnenschein. Frodnar kam auf sie zugerannt und baute sich vor ihr auf.
„Warum bist Du nicht mit Onkel Ralof gegangen? Du bist doch seine Frau und er ist schon weg.“
Es würde nichts nützen, einem Kind zu erklären, dass man nicht die Frau seines Onkels war, obwohl man das Bett miteinander geteilt hatte. So gab sie dem Jungen einen Kuss auf die Stirn. „Ich werde jetzt auch gehen und wenn ich das nächste Mal komme, möchte ich sehen, welche Fortschritte Du in Deinen Kampfkünsten gemacht hast.“
„Au ja, dann geh ich jetzt üben. Onkel Ralof und Du werden stolz auf mich sein.“
„Na, das will ich doch stark hoffen.“ lachte sie.

Sie brachte Lucan noch seine Goldene Klaue und verkaufte die überflüssige Beute. Er bedankte sich überschwenglich, aber auch mit einem netten Sümmchen. Alter Schmierlappen, dachte sie bei sich, aber das Gold machte die Abneigung ein wenig erträglicher.

Wieder stand sie an der Weggabelung. Aber diesmal würde bis auf die Zwischenstation in Weißlauf nichts und niemand die Rückkehr zu ihrem Ehemann aufhalten. Sie legte ihre Hände auf den Bauch. „Na mein kleiner Mann. Du erlebst ja schon eine Menge, bevor Du überhaupt das Licht erblickt hast. Aber warte erst mal ab, wenn Du Deinen Vater siehst. Er ist ein so stolzer, schöner Krieger.“

Moonlord
29.05.2012, 09:29
Du lässt ihn sterben???????
Aber warum??

Wegen #1 ;)
So wie die Geschichte begonnen wurde, ist es wohl unvermeidlich. Hätte mir nur gewünscht, dass es noch viiiel länger dauert. :gratz

EMS
31.05.2012, 00:35
Leichtfüßig lief sie den Weg Richtung Weißlauf und durchlebte dabei in ihren Gedanken die glückliche Zeit, die sie dort mit ihrem Mann verbracht hatte. Ein kaiserlicher Spähtrupp mit einem Gefangenen näherte sich. Sie war versucht, ihr Schwert an ihnen zu wetzen und den Gefangenen, allem Anschein nach ein Soldat der Sturmmäntel, zu befreien. Am Ende siegte die Vernunft. Jarl Balgruuf würde davon erfahren und ein enttäuschter Freund sowie kaiserliche Häscher auf ihren Spuren waren einem friedlichen Leben nicht dienlich.

Von der letzten Anhöhe aus beobachtete sie einen Kampf, wie sie ihn bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Mitten in einem Kohlfeld stand ein Riese. Drei Menschen umringten ihn. Immer darauf bedacht nicht von seiner tödlichen Keule getroffen zu werden, setzten sie ihre Hiebe in seine Kniekehlen, um ihn zu Fall zu bringen. Da ihr nach der vorherigen Begegnung gerade sowieso nach Kampf zumute war, sprang sie die letzten Meter bis zum Schauplatz hinunter und beteiligte sich nach Kräften. Die Erde erzitterte als der mächtige Mann endlich zu Boden ging und dabei die halbe Kohlernte vernichtete. In den Kämpfern erkannte sie drei der Gefährten aus Jorrvaskr. Sie versprach später bei ihnen vorbeizuschauen und lief die letzten Meter zum Stadttor, um es wieder einmal verschlossen vorzufinden. Dieses Mal reichten bereits ein paar Worte und sie stand in der vertrauten Umgebung.

Ein Gefühl von Heimat überkam sie. Sie schrieb es den schönen Erinnerungen zu.Vielleicht konnte sie Argis davon überzeugen sich, nach der immer noch einzulösenden Hochzeitsnacht, hier mit ihr niederzulassen. Sie schmunzelte bei dem Gedanken, dass sie in ein paar Monaten das gemeinsame Kind zur Welt bringen würde, aber sie es bisher noch nicht einmal bis zu dieser traditionell geforderten Nacht geschafft hatten.
Sollte ihr Gatte ihren Vater gefunden haben, würde dieser hoffentlich noch länger das Fürstentum regieren und sie wären beide frei für das was sie sich am meisten wünschten. Einfach zusammen zu sein. Sollte Igmund noch immer an der Macht sein, wäre es sowieso klüger Markarth den Rücken zu kehren.
Wie immer, wenn ihr Mann ihr so stark fehlte, ergriff sie das Amulett. Als die Rubinaugen glühten und eine angenehme Wärme durch ihren Körper strömte, wusste sie, dass ihre wortlose Botschaft ihn erreicht hatte.

Weißlauf war eine helle freundliche Stadt und so waren es auch viele der Einwohner, freundlich und offen. Sie wechselte ein paar Worte mit Adrienne, der Schmiedin, spielte ein kurzes Fangspiel mit Lars Kampf-Geborener und stieg die Stufen hoch zur Drachenfeste vorbei am immer noch missionierenden Heimskr. Sein Vorrat an Parolen gegen die Kaiserlichen und die Thalmor schien unerschöpflich.

Die Begrüßung durch Jarl Balgruuf fiel äußerst herzlich aus. Die Nachrichten über den Drachenangriff hatten ihn bereits erreicht und auf ihr Hilfeersuchen reagierte er mit der direkten Entsendung von Wachen nach Flusswald. Obwohl ihm die Besorgnis um seine Stadt und sein Fürstentum anzumerken war, lud er sie erst einmal zu einem guten Met auf den Balkon der Großstufe ein.
„Freya, meine Liebe, Ihr seht krank aus? Und Ihr seht runder aus.“
„Ihr seid heute schon der Zweite, der mir erzählt, dass ich krank aussehe. Und ich werde auch noch ein ganzes Stück runder werden. Die Götter haben mich mit einem fruchtbaren Gatten gesegnet.“ lachte sie.
„Und ihn mit einer schönen Frau. Wusstet Ihr, dass Jarl Ulfric den Großkönig getötet hat? Mit einem Thu’um, dieser uralten Drachensprache. Ohne Großkönig wird Himmelsrand im Chaos versinken.“
„Thu’um? Drachensprache? Das erklärt zumindest den Knebel während seiner Gefangenschaft.“
Balgruuf sah sie fragend an. So erzählte sie ihm die letzten Ereignisse und auch von dem dringenden Wunsch heim nach Markarth zu ihrem Ehemann zu gelangen.
„Meine Freundin, Ihr habt eine ganze Menge mitgemacht. Gerne gebe ich euch ein Pferd aus meinem Bestand. Gebt Aventus Avenicci Bescheid, wenn Ihr weiterreisen möchtet. Er wird die Ställe anweisen, Euch ein Reittier zur Verfügung zu stellen. Seid mein Gast solange Ihr möchtet.“
Noch während der Unterhaltung stürzte atemlos eine Wache auf den Balkon. Ein Drache hatte den Weißlaufer Wachturm angegriffen.

Die Erinnerungen an Helgen krochen wie eiskalte Finger in ihr hoch, Zittern, Angst und Atemlosigkeit machen sich in ihr breit. Auf Bitten des Jarl begleitete sie trotzdem den Kampftrupp. Sie fühlte sich unwohl, aber der Kampf gestaltete sich weniger heftig als ursprünglich angenommen.
Und dann kam was kommen musste. Sie hatte es bereits in Helgen erlebt.
Diese Bestie sprach mit ihr. Vor Schreck ließ sie ihr Schwert fallen und stand, ungeschützt und unfähig sich zu bewegen, vor seinem weit geöffneten Drachenmaul. Sie sah in die kleinen bösen Echsenaugen, das Hämmern im Kopf begann wieder. Sie verstand ihn, verstand seine Worte. Kurz vor seinem nächsten Feuerstoß riss Irileth, der Huskarl des Jarl, sie aus der Gefahrenzone und holte sie in die Realität zurück. Sie schnappte sich das Schwert einer toten Wache und rammte es mit einem unmenschlichen Schrei in den Hals des Drachen.

Er fing an auszuglühen, die Schuppen lösten sich in großen Fetzen und trieben leuchtend in der Dunkelheit davon. Wie mit unsichtbaren Händen gepackt, wurde sie in seine Aura hineingezogen. Ein glühender Sturm zog in sie hinein, so heiß wie selbst das Feuer der Himmelsschmiede nicht sein konnte, und doch tat er ihr keinen Schaden an. Sie konnte die Prozedur weder verhindern noch beeinflussen. Es schmerzte, mal wieder, aber diese Schmerzen kannte sie bereits. Sie schienen zu einem Bestandteil ihres Lebens zu werden.

Erst als nur noch das im Wind klappernde Skelett Geräusche von sich gab, bemerkte sie die Stille um sich herum. Mit vor Verwunderung oder Entsetzen weit aufgerissenen Augen standen ihre Mitkämpfer um sie herum und starrten sie an. „Drachenblut“ klang es gedämpft an ihre Ohren. Sie wollte etwas sagen. Stattdessen entfuhr ihr ein unbekannter Laut, der die vor ihr stehende Wache von den Füßen holte.
Sie schloss ihren Mund ohne einen weiteren Ton von sich zu geben, hob ihr Schwert auf und stapfte Richtung Weißlauf. Es reichte. Sie wollte nach Hause.

Kurz bevor sie sie Stadt erreichte, bebte die Erde und sie fiel hin. „Dovakhiin“ dröhnte es erneut von allen Seiten auf sie ein. Sie hielt die Arme über dem Kopf, wollte nichts mehr sehen und hören, nicht schon wieder die unerträglichen Schmerzen ertragen müssen. „Argis, Liebster, helft mir.“

In der Drachenfeste angekommen, hatten sich die Nachrichten über den Drachenkampf und seinen merkwürdigen Ausgang bereits überschlagen. Sie bekam alles nur wie eingepackt mit, fühlte sich wie eine Puppe, die zwischen Kindern hin und her geworfen wurde. VonThu’um war die Rede, von Prophezeiungen, von Graubärten und einem Weg der Stimme. Das alles sollte sie betreffen?
Völlig verwirrt zog sie sich irgendwann aus dem Geschehen zurück, in der rechten Hand eine Axt von Weißlauf, von der sie nicht einmal wusste, wie sie dazu gekommen war.
Sie legte sich in das Bett, das sie vorher schon so lange mit ihrem Mann geteilt hatte und fiel in einen unruhigen Schlaf.



Argis hustete, bis sein ganzer Körper sich verkrampfte und spuckte das Fleisch wieder aus, weil es ihn zu ersticken drohte. Ein tiefer Schmerz hielt sich in seiner Brust, der ihm die Luft nahm. Er fühlte den Hilferuf seiner Frau und es trieb ihn fast in den Wahnsinn, dass er nicht wusste wo sie war. Heute hatte er bereits zwei Botschaften von ihr erhalten. Vielleicht näherten sie sich ja einander an. Er warf den Rest des Fleischstückes den Wölfen zum Fraß vor, bepackte sein Pferd und ritt hinaus in die Dunkelheit.

Turbohummel
31.05.2012, 16:00
So lebendig geschrieben, einfach genial. Hast du schon andere Geschichten geschrieben? Kann gar nicht genug davon bekommen.

Jetzt bin ich so inspiriert, ich glaub ich mach mit Helena doch weiter.

EMS
07.06.2012, 15:32
Der Himmel hatte alle Schleusen geöffnet. Es regnete so stark, dass man nicht einmal die nächsten Wachtürme von Weißlauf erkennen konnte. Mit fiebrig glänzenden Augen stand sie auf dem Balkon. Sie fühlte sich krank, schob es aber dem schlechten Schlaf der letzten Nacht zu.
„Vogt, könnt Ihr ein Pferd für mich aussuchen? Ich möchte heute aufbrechen.“
„Verehrte Dame, Ihr seht nicht gut aus. Wollt Ihr euch nicht lieber noch ein paar Tage erholen?“
„Es ist bereits genug Zeit verstrichen. Zu viele Ereignisse haben meinen Weg verzögert. Ich weiß immer noch nicht, was in Markarth vor sich geht und wo mein Vater mittlerweile ist. Ob er überhaupt noch lebt. Nein, ich muss gehen, auch wenn ich Eure herzliche Gastfreundschaft wirklich zu schätzen weiß,“ und sie fing an zu lachen, „Außerdem glaube ich nicht, dass mein Gatte bereit wäre, noch weitere Ewigkeiten auf mich zu warten.“
„Doch das würde er. Glaubt mir.“ Balgruufs Stimme in ihrem Rücken klang seltsam melancholisch. „Ich hatte lange genug Zeit Eure tiefe Verbundenheit zu beobachten. Nichts und niemand kann diese lösen.“
Innerlich lief sie puterrot an und biss sich auf die Lippen. Es gab Dinge, die sie nach Möglichkeit weder ihrem Mann und schon garnicht einem besten Freund jemals preisgeben würde.

„Freya, verehrte Freundin, würdet Ihr mir einen Gefallen erweisen? Auch wenn sie schwer wiegt, ich habe nur eine Bitte an Euch bevor Ihr nach Markarth aufbrecht.“
Sie war versucht ‚Nein’ zu schreien, aber als sie die Sorgenfalten in seinem Gesicht sah, wusste sie, dass ihm diese Frage nicht leicht gefallen war.
„Wenn die alten Legenden stimmen, tragt Ihr wohl die Gabe des Drachenblutes in Euch. Bitte, stattet erst den Graubärten in Hoch-Hrothgar einen Besuch ab. Sie haben ihre Stimmen erhoben und Euch gerufen. Das ist seit Jahrhunderten nicht mehr passiert. Ihr solltet es nicht ignorieren. Reitet nach Ivarstatt und pilgert dann die siebentausend Stufen zu ihrem Kloster. Es wird Euer Schaden bestimmt nicht sein.“
„Siebentausend?“
„Nun ja, ob es wirklich so viele sind, weiß ich auch nicht. Ich habe sie nie gezählt. Aber den Weg hinauf habe ich immer gerne auf mich genommen. Jetzt bin ich zu alt dazu, aber ich vermisse heute noch die Ruhe und die Meditation dort.“
„Wenn Euch soviel daran liegt, dann werde ich es machen.“
Balgruuf nahm sie in den Arm. „Ihr seid eine ganz besondere Frau, liebe Freundin. Ich werde sofort einen Kurier nach Markarth entsenden. Euer Gatte soll sich auf denWeg nach Weißlauf machen und wenn Ihr zurückkommt, werdet Ihr ihn hier vorfinden. …Und ich kann Euer beider Anwesenheit noch ein wenig genießen. Ein Jarl hat nicht viele wahre Freunde.“
„Wenn sich die Dinge so fort entwickeln, befürchte ich, dass ich meiner Ehe mit Argis erst in Sovngarde zu ihrer Rechtmäßigkeit verhelfen werde.“ Sie lächelte, leicht gequält, aber Balgruuf hatte recht. Der Bürgerkrieg war schon zersetzend genug. Und wenn sie wirklich dazu bestimmt war, bei der Bekämpfung der jetzt noch zusätzlich aufgetauchten Drachen zu helfen, so musste sie es tun.
„Passt bei den Valtheimer Türmen auf. Dort haben sich Banditen niedergelassen und meine Wachen sind noch nicht dazugekommen, sie auszuräuchern.“

Der Regen war dünnen Nebelschleiern gewichen, die wie feine magische Leichentücher durch die feuchtigkeitsgesättigte Luft schwebten. Diese Feuchtigkeit drang in jede noch so kleine ungeschützte Stelle ihres Körpers und ließ sie frösteln. Es ging ihr wirklich nicht gut.
Schon weitem sah sie die Banditenpatrouille auf der Verbindungsbrücke zwischen den Türmen und verhalf ihr per Feuerbällen zu einem schnellen Ableben. In ihrem fiebrigen Zustand verkniff sie sich, die Türme zu betreten. Darum konnte sich die Weißlaufer Wache kümmern.

Der Weg schlängelte sich in vielen Windungen am Fuße des höchsten Berges von Himmelsrand entlang. Die Landschaft bot dem Auge nichts woran es sich festhalten konnte und so döste sie auf dem Pferd vor sich hin.
Banditen, Bürgerkrieg, Drachen… einerlei. Himmelsrand schien seinen Untergang besiegeln zu wollen. Urplötzlich kam ihr die Akademie in Winterfeste in den Sinn. Dort hätte sie sich fernab von allen Unbilden ihrem Magiestudium widmen können. Der Gedanke schien nach den letzten Ereignissen auf den ersten Blick verlockend. Als Antwort darauf gab es den ersten fühlbaren Tritt im Bauch und sie musste lachen. „Ist ja gut. Du wirst mit Deinem Vater und nicht mit spitzohrigen Magiern aufwachsen.“

Stunde um Stunde trottete das Pferd die Straße entlang in den immer dichter werdenden Nebel. Wahrlich, es war kein Wetter bei dem es jemanden in Himmelsrand nach draußen zog, weg vom warmen Feuer und einem guten Krug Met.
Es wurde langsam dunkel und sie wünschte sich endlich ihr Ziel zu erreichen. Hier war nichts. Nicht mal ein guter Platz um ein Nachtlager aufzuschlagen. Spät in der Nacht war sie dann doch zu müde und schwach, um weiterzureiten. Sie stieg vom Pferd und legte sich, die Zügel fest in der Hand, einfach auf den etwas weicheren Boden neben der Straße. Es war ihr einerlei, was kommen mochte. Sie wollte nur schlafen. Ihr letzter Blick ging in den wolkenbedeckten Nachthimmel als suchte er etwas. Dann hörte sie ihn… mächtig und furchteinflößend. Alduin, er hatte sie nicht vergessen.

Die Sonne schien und wärmte ihren Körper, der mittlerweile von Schüttelfrostanfällen heimgesucht wurde. Sie versuchte sich mit einem Heilzauber zu stärken, der aber keine Wirkung zeigte. Was, bei den Göttern, hatte sie sich eingefangen. Das Amulett glühte ständig leicht vor sich hin. Ein Zeichen, dass ihr permanent Lebensenergie gegeben wurde. Innerlich betete sie zu Talos, dass der restliche Weg ohne Zwischenfälle verlaufen möge. Sie würde nicht mal mehr einem Skeever Leid zufügen können. Sie griff in die Mähne des Pferdes um sich aufzuschwingen. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Schließlich suchte sie sich einen Stein und kletterte von dort auf den Rücken des Tieres.
Mehr oder weniger teilnahmslos ritt sie die Straße weiter entlang in der Hoffnung Ivarstatt nun bald zu erreichen, als sie linker Hand eine Festung entdeckte, vor der ein Kampf entbrannt war. Mit ihren verschwommenen Augen verfolgte sie wie eine kleine Gruppe Sturmmäntel gegen schwarzgewandete Magier antrat. Blitz, Frost und Feuer maß sich mit Eisen und Stahl.

Sie kniff die Augen wieder und wieder zusammen, aber das Bild änderte sich nicht. An einer Mauerecke kämpfte ein Mann, dessen fließende, kraftvolle Bewegungen ihr so vertraut waren wie ihre eigenen, gegen drei Magier. Es konnte nur eine Sinnestäuschung sein, hervorgerufen von ihrem Fieber.
Sie wollte seinen Namen schreien, aber es wurde nur ein Flüstern, das der Wind mit sich fortnahm. Trotzdem drehte der Mann für einen Augenblick den Kopf in ihre Richtung. Seine blonden Haare und seine Rüstung blitzten kurz in der Sonne auf. Genug Zeit für einen der Magier ihn mit einem gezielten Dolchstoß fast zu Fall zu bringen. Zeitgleich erkannte sie das Schwert des Mannes, der jetzt versuchte, sich unter dem Frostangriff des zweiten Magiers wieder aufzurichten.

„Argis, Liebster..., bei den Göttern, verzeiht mir.“ Sie hatte ihn in diese schwierige Situation gebracht. Nun musste sie ihm helfen. Mit zittrigen Händen formte sie einen Feuerball, schoss ihn ab und hoffte inständig, dass sie ihren Mann damit nicht weiter verletzen würde. Die Überraschung der Magier über den Angriff von unerwarteter Seite gab ihm die Gelegenheit sich gleich von Zweien zu befreien. Der übrig Gebliebene stellte sich als Feuermagier heraus, dem ihre Feuerzauber nichts anhaben konnten. Er war mächtig. Sie erkannte es daran, dass die Bewegungen ihres Mannes unrhythmisch und seine Angriffe schwächer wurden. Mit seiner schweren Rüstung stand er im Nachteil zu dem sich flink bewegenden Gegner, der seine Zauber aus immer neuen Positionen heraus wirkte und denen ihr Mann nur entging, indem er Deckung hinter seinem Schild suchte. Kaum kam er noch in die Lage seine ansonsten fürchterlichen Schläge auszuteilen.

Selber konnte sie sich kaum noch auf ihrem Pferd halten, aber gerade jetzt erinnerte sie sich an einen Satz ihrer Amme, der Frau, die sie großgezogen hatte und der sie die Entdeckung und Ausbildung ihrer Magiebegabung verdankte.
„Mein Kind, denke mit allen Sinnen an die zerstörerische Kraft eines Gewitters, wenn Du diesen Zauber benutzen willst. Er wird Dich Deine ganze geistige Kraft kosten, aber einmal gewirkt, sind seine Auswirkungen verheerend.“
Sie schloss die Augen, ballte ihre Fäuste bis die Knöchel weiß wurden und holte so tief Luft wie sie nur konnte. Kurz bevor die angestaute Kraft sich ins Gegenteil verkehrte, ließ sie den Donnerkeil los und traf den Erzmagier in dem Augenblick als sein magischer Rüstungsschutz erlosch. Endlich knickte er ein. Argis nutzte seine Chance und sprang mit zwei, drei Sätzen auf den Gegner zu. Ein Kampfschrei, ein kurzes Aufflackern seines Schwertes und der Kopf des Magiers rollte in die Tundra.

Sie fror und zitterte, aber sie spürte auch die Wärme des Körpers neben sich. Beide eingepackt in Felle versuchte er sie zusätzlich zu wärmen. Mit einem Tuch wischte er den Schweiß von ihrer Stirn. Sie öffnete die Augen und sah direkt in das geliebte Gesicht. Mit den Fingern fuhr sie geistesabwesend die Narben auf seinen Lippen und der Wange nach. Sie traute dem Geschehen nicht. Es konnte nur ein Fiebertraum sein, dass sie tatsächlich neben ihrem Mann aufwachte.
„Argis, mein Geliebter… seid Ihr es wirklich?“
„Wen habt Ihr denn erwartet mein Herz.“ küsste er sie.
Sie musste lächeln ob seines Aufmunterungsversuches, aber er verfehlte seine Wirkung nicht. Sie schlang ihre Arme um ihn, nie mehr dazu bereit ihn jemals wieder loszulassen

EMS
11.06.2012, 21:09
„Ich wähnte Euch in Markarth, Liebster. Wie kommt Ihr hierhin? In Gesellschaft von Sturmmänteln.“ Langsam richtete sie sich auf. Der innere Druck, den sie die letzten Tage unterschwellig wahrgenommen hatte, schien langsam ihren Körper zermalmen zu wollen. Jede noch so simple Bewegung kostete sie mehr und mehr Kraft und sie konnte es sich nicht erklären. Sie war weder von einem Tier angefallen worden, noch hatten der Drache oder ein Mensch sie verletzt.
„Ich werde Euch alles erzählen mein Herz. Nachdem ich eine Heilerin geholt habe. Ihr seht krank aus.“
„Ach was…“ Sie ließ sich wieder zurückfallen und beobachtete ihn wie er seine Hose anzog. Sein gut gebauter Körper glänzte von dem Schweiß ihrer fiebrigen Hitze. Noch einmal kniete er sich neben sie und gab ihr einen Kuss, „dass Ihr mir nicht davon lauft.“
„Argis, geliebter Gatte. Manchmal seid Ihr ein ganz schönes Miststück.“
„Dann haben wir ja einiges gemeinsam.“
Zärtlich strich er ihr Schweißperlen aus dem Gesicht. „Ich weiß nicht was ich mit meinem Leben gemacht hätte, wenn Ihr und unser Kind tatsächlich tot gewesen wärt.“
„Tot? Ich mag erkrankt sein, aber tot bin ich, …sind wir, noch lange nicht. Wie kommt Ihr darauf?“
„Ich erkläre Euch alles später. Jetzt lasst mich erst mal gehen.“
„Ungerne.“

Er klappte die Zeltwand zur Seite und verschwand in Richtung einer der Festungstüren. Seit Helgen hasste sie den Geruch verbrannten Menschenfleisches, der jetzt in das Zelt hineinwehte. Die Aufräumarbeiten waren in vollem Gange. Allem Anschein nach hatte die Sturmmanteltruppe die Festung nicht nur imVorbeigehen erobert, sondern schien sich hier einrichten zu wollen und verbrannte gerade die Leichen der Gefallenen, um Ungeziefer und Tiere fern zu halten. Ihr Zelt befand sich auf einem Plateau innerhalb der Festung. Sie war ihrem Mann dankbar, dass er sie nicht hinter die dicken, feuchten Mauern verbracht hatte.

Kurze Zeit später erschein er wieder mit einer Frau mittleren Alters an seiner Seite. Ihr blutbeflecktes Kleid zeugte von der Behandlung der Verwundeten. Kundige Hände untersuchten sie auf bisher vielleicht unentdeckte Wunden oder sonstige Anzeichen einer Krankheit. Aber da war nichts. Kopfschüttelnd stand die Frau wieder auf und wandte sich an Argis, „Es tut mir leid mein Herr. Ich kann Euch den Zustand Eurer Gattin nicht erklären.“
„Aber er muss doch eine Ursache haben.“
„Keine Offensichtliche. Natürlich könnte ich ihr auf Verdacht Tränke gegen Rüttel- oder Knochenbrecherfieber geben. Aber diese beinhalten ebenso die Gefahr, dass sie das Kind verliert und ihr Nutzen ist derzeit eher fraglich.“
Hilflos wanderte sein Blick zwischen ihr und der Heilerin hin und her, „Und welche Chance auf Heilung gibt es?“
„Ich kann Euch im Moment nur raten. Geht mit ihr zum Fluss. Das kühle Wasser wird das Fieber aus dem Körper ziehen. Reitet dann mit ihr nach Windhelm oder Weißlauf und bringt sie dort zu einer besser geschulten Heilerin als ich es bin.“

Schwerfällig stand sie auf und fiel fast wieder hin. Nur ein beherzter Griff ihres Mannes ließ sie auf den Beinen verbleiben.
„Aua, ...wie ich Eure Zärtlichkeiten doch vermisst habe.“
„Ihr habt einen sonderbaren Humor, Liebste.“
„Ich habe Euch einfach zu lange entbehren müssen. Bekomme ich denn noch einen Kuss zu Euren zarten Berührungen?“
„Wie zart darf dieser Kuss denn werden?“
„Euer Humor ist keinen Deut besser, mein Liebster.“
In den nächsten Minuten spürte sie nichts, keine Schmerzen, keinen Druck, kein Fieber, nichts als die warme Zärtlichkeit ihres Mannes, in der sie sich so wohl fühlte.


„Beim Reich des Vergessens, lange geht das nicht mehr gut. Dann darf ich mich in Felllappen wickeln wie ein Barbar.“ Taumelnd und nur durch die Hilfe von Argis überhaupt möglich, versuchte sie die Rüstung anzulegen, die an ihrem Bauch bereits spannte.
„Lasst es gut sein, mein Herz. Ich bin ja da um Euch zu schützen. Wir nehmen Kleidung aus Eurem Gepäck.“
Wie ein kleines Kind zog er sie an, wickelte sie in einen wärmenden Pelzumhang und trug sie zu ihrem Pferd. „Schafft Ihr es alleine zu reiten? Oder soll ich mit zu Euch aufsteigen.“
„Ich schaffe das schon. Hebt mich bitte nur hinauf.“
Noch während er die Utensilien an seinem Pferd richtete, hörte er einen dumpfen Aufprall. Er drehte sich herum. Das Pferd neben ihm war wieder reiterlos.
Er zog sie hoch und nahm sie vor sich auf sein eigenes Tier. Ihr Pferd würde schon nebenher laufen. Das Fellbündel, aus dem ein Paar fiebrig glänzende, smaragdgrüne Augen hervorleuchteten, schmiegte sich an ihn. „Hmm, ich glaube, so ist es doch besser.“

Es war nicht weit bis zum Fluss, aber bis auf eine Furt, die von toten Tieren und den widerlichen stinkenden Hinterlassenschaften eines Trolls übersät war, gab es keine geeignete Stelle zum Baden und dort mochte er seine Frau nicht ablegen. Sanft küsste er sie bis sich ihre Augen öffneten.
„Liebling, wir müssen durchreiten. Ich bringe Euch zu Danica nach Weißlauf. Werdet Ihr das durchhalten?“
„Natürlich werde ich das.“ flüsterte sie. „Ich werde Euch so schnell nicht verlassen, nachdem wir endlich wieder zusammen sind. Aber bringt mich bitte nach Hoch-Hrothgar.“
„Nach Hoch-Hrothgar? Ins Kloster?“
„Ja, fragt mich jetzt nicht warum. Ich weiß es auch noch nicht. Aber ich muss dort und nur dort hin.“
Er wendete sein Pferd und ritt wieder an Festung Amol vorbei auf die Straße Richtung Ivarstatt.


Ivarstatt war ein kleines trostloses Nest im Schatten eines alten Grabhügels. Eine Holzmühle, wenige kleine Häuser, ein Bauernhof. Aber es gab eine Taverne. Dort würde seine Frau die Nacht zumindest in einem Bett verbringen können.
Vorsichtig stellte er sie auf den Boden, wo sie sofort in sich zusammensank. Ihr rapider Verfall, der ohne erkennbare Ursachen vonstatten ging, brachte ihn fast um denVerstand.
Als Vilemyr, der Wirt der Taverne sich weigerte, aus Angst vor einer möglichen Ansteckung ein Bett zur Verfügung zu stellen, lagen seine Nerven blank. Mit einem wütenden Knurren umfasste er die Kehle des Mannes und drückte zu. Vilemyr wurde bleich, dann rot, dann lief er blau an. Eine schwache Bewegung seiner Frau lenkte ihn ab und der Wirt entkam seinem Zugriff.
„Ihr… Ihr seid ja wahnsinnig.“ röchelte er. „Verlasst sofort meine Taverne.“
„Bringt Eure Frau zu mir ins Haus. Es ist nicht komfortabel, aber sie kann sich dort erholen.“ Die Stimme gehörte einem Mann, der gerade den Schankraum betreten hatte.
„Ich danke Euch.“
„Kommt lasst uns gehen.“ Klimmek sah auf das Häufchen Elend in Argis’ Armen. „Wohin wollt Ihr mit ihr? Bei uns gibt es keinen Heiler.“
„Sie wünscht nach Hoch-Hrothgar gebracht zu werden.“
„Ja, wir haben die Graubärte rufen hören.“
Verständnislos sah Argis dem Mann ins Gesicht. Er machte einen ruhigen, überlegten Eindruck,weit jenseits irgendwelcher Verrücktheiten.
„Es tut mir leid, mein Herr. Ich kann Euch dazu keine Auskünfte geben, die nicht von Legenden, Halb- und Unwahrheiten durchsetzt wären. Ich kann Euch nur sagen, dass wir ihre Stimmen aus dem Kloster vernommen haben und sie waren furchterregend.“

Argis legte seine Frau auf die Bettstatt, richtete sich erst einmal auf und renkte unter lauten Seufzern seine eingeschlafenen Knochen wieder ein. Klimmek reichte ihm einen großen Krug Bier, den er in einem Zug leer trank.
„Kommt, esst mit mir. In der Taverne wird man Euch wohl keine Mahlzeit mehr angedeihen lassen und der Aufstieg wird eine Tortur, sowohl für sie als auch für Euch.“
„Was könnt Ihr mir darüber erzählen?“
„Nun, ich kann Euch sagen, dass Eure Pferde Euch nach zwei Drittel des Weges nicht mehr werden tragen können.Die Luft wird dünn, das Atmen immer schwerer. Die Pferde gebt Ihr am besten einem Jäger mit. Es gibt einige dort oben, und gegen einen kleinen Obulus bringen sie die Tiere hier ins Dorf. Ich werde mich dann darum kümmern. Ansonsten passt auf ein paar Wölfe auf, und die letzten Gerüchte besagen, dass sich weit oben ein Eistroll eingenistet haben soll.“


Klimmek richtete das Abendessen her. Der Duft von Tomatensuppe und frisch gebratenem Fleisch zog durchs Haus. Sie hatte Hunger.
„Bekomme ich auch etwas?“Vorsichtig richtete sie sich auf. Den ganzen Tag schlafend in den Armen ihres Mannes verbracht zu haben, schien einige Lebensgeister in ihr wieder zu wecken. Und dazu gehörten auch die ihres leeren Magens. Freudestrahlend brachte ihr Mann eine Schüssel mit Tomatensuppe. Mit Heißhunger nahm sie den ersten Löffel zu sich. Ihr Innerstes rebellierte und sie musste die Suppe wieder ausspucken. Erstaunt blickte sie auf den roten Fleck auf dem Bettlaken. Die nächstenVersuche misslangen ebenso. Aus einem unbekannten Grund verweigerte ihr Körper die Nahrung. In einem Anfall von Jähzorn schleuderte sie die Schale weg und traf ihren Mann. Für einen Moment sah sie Zorn in seinem Auge aufblitzen.
„Es tut mir leid, mein Liebster. Es ist… ich weiß nicht… Was ist los mit mir? Ich habe doch so einen Hunger.“ Sie drehte sich herum, damit er nicht die Wut über ihre eigene Hilflosigkeit mitansehen konnte. „Wenn dies die Kräfte eines Drachenblutes sein sollen, muss man die Legenden wohl umschreiben. Jeder Drache würde sich ob meiner furchterregenden Erscheinung höchstens in den Tod lachen.“
„Geliebter Schatz, Ihr… ein Drachenblut?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung mein Herz. Ich weiß, dass ich ihre Sprache teilweise verstehe. Die Graubärte werden es wissen. Ich weiß nur, dass bis jetzt nichts als teilweise unerträgliche Schmerzen damit verbunden sind.“
Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante und zog sie zu sich heran. „Bald werden wir mehr wissen.“
Sie lächelte wieder, „Ihr seht schrecklich aus mit Eurer Tomatensuppe.“
„Meine? Es ist… es war Eure.“
„Dann will ich sie auch haben.“ Sie verschränkte die Hände in seinem Nacken und fuhr sanft mit der Zunge über seine Lippen und die Nasenspitze.

Leise nahm Klimmek seine Angel vom Haken neben der Tür und verließ das Haus. Im diese Zeit würden die Fische sowieso besser beißen und den Rest der Nacht konnte er mit Vilemyr ein paar Bier heben.

Geraume Zeit später stützte sie ihr Kinn auf seine Brust. Mit den Fingern zeichnete sie Muster in seine Brustbehaarung.
„Sagt mal, mein geliebter Schatz, werdet Ihr mich auch dann lieben, wenn mir Schuppen und Flügel wachsen?“
„Natürlich.“
„Und wenn ich Zähne und Krallen bekomme, so groß wie ein ausgewachsener Mann, und Augen so klein und hässlich wie eine Echse?“
„Auch dann.“
Sie robbte an ihm weiter nach oben und küsste ihn „Lügner. Aber ich liebe Euch trotzdem über alles.“
Er sah wie ihr Amulett erlosch und sie langsam zurück in den fiebrigen Zustand verfiel.
Er zog die Decke hoch, strich ihr noch eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und löschte die Kerze. „Mein kleiner Drache, ich habe Euch immer geliebt und ich werde Euch immer lieben.“
Ihr Lächeln verriet, das sie ihn noch gehört haben musste.

EMS
15.06.2012, 23:43
Ihr Schlaf war fürchterlich unruhig und das schmale Bett ließ keinen Spielraum zum Ausweichen. Um sie zu beruhigen, presste er sie so dicht an sich heran, dass ihr jegliche Bewegungsmöglichkeit genommen wurde und flüsterte ihr leise liebevolle Worte zu. Ihr Körper wehrte sich gegen ihn, ihre Augen öffneten sich. Er erschrak wie selten in seinem Leben. Blutrot waren sie und glühten wie die Rubinaugen ihres Amuletts. Sie stieß einen ihm unbekannten Laut aus. Im gleichen Moment wurde er aus dem Bett herausgeschleudert und schlug schmerzhaft auf der Lehne eines Stuhles auf, der unter seinem Aufprall zerbarst. Dutzende von Holzsplittern drangen durch die Haut und bohrten sich in sein Fleisch. Sein Schädel brummte und er blieb erst einmal liegen, um zu begreifen was passiert war.

„Argis, Liebster, ich wollte das nicht.“ Ihre Augen und ihr Verstand waren wieder klar und sie bekam Angst vor sich selber.
„Es wird Zeit, dass Ihr nach Hoch-Hrothgar kommt, bevor Ihr mich umgebracht habt. Was war das jetzt gerade?“
„Es ist bereits das zweite Mal, dass es passiert. Kommt her mein Herz. Ich will sehen, was ich an Splittern entfernen kann.“

Der nächste Morgen brachte wieder eine Verschlechterung ihres Zustandes mit sich. Fürsorglich wickelte Argis sie in ihren dicken Pelzumhang und begleitete sie hinaus in die ersten schwachen Lichtstrahlen des neuen Tages. Es versprach ein sonniger Tag zu werden. Klimmek gab ihnen noch Vorräte für die Bewohner des Klosters mit. Er wurde älter und konnte einfach die Stufen nicht mehr so oft hinaufsteigen.

Der Weg ging steil bergauf. Uralte Steinquader, ausgetreten und ausgewaschen, benötigten die ganze Aufmerksamkeit von Pferd und Reiter. Eine Frostbissspinne kreuzte ihren Weg. Obwohl sie halb benommen vor ihrem Mann auf seinem Pferd saß, zielte sie einen Feuerball und traf das Tier.
„Freya, mein Schatz, lasst das bitte, solange Ihr nicht Herrin über Euch selber seid.“ knurrte er in Gedanken an die gestrige Nacht. „Und ich akzeptiere kein Zuwiderhandeln. Sonst werde ich Euch die Hände fesseln.“ Verwundert blickte sie in das versteinerte Gesicht ihres Mannes und versuchte ihm ein Lächeln zu entlocken, um zu testen, ob es ihm ernst war. Schnell gab sie auf, es war ihm ernst. Sie lehnte sich an ihn zurück und fügte sich in ihr Schicksal. Deutlich spürte sie wie sich daraufhin sein Körper merklich entspannte.

Schweigsam legten sie Stufe um Stufe zurück. Bald wurde die Welt um sie herum weiß. Die Schneekristalle glitzerten in der Sonne wie ein Meer aus Diamanten. Nichts war zu hören außer dem Knirschen des Schnees unter den Hufen. Er hielt an und legte beide Arme um sie. „Schaut mal wie schön, mein Herz.“ Die Nachmittagssonne tauchte die Welt in ein sanftes goldenes Licht. Ein leichter Wind trieb einzelne luftige Schneewehen von den Felshängen und den Ästen der Bäume. Ein Fuchs drückte sich an der Felswand entlang, um dann mit einem Satz hinter einem Schneebeerenstrauch, voll behangen mit blutroten Früchten, die seine Zweige bis fast zur Erde zogen, zu verschwinden.
Er war der Schrei Alduins, der das Einssein mit ihrem Mann jäh beendete. Er besaß eine Macht über sie, der sie nicht entrinnen konnte.

„Argis? Wenn mein Besuch in Hoch-Hrothgar, wenn das hier alles vorbei ist, gehen wir dann endlich nach Markarth? Ich möchte das normale Leben einer Frau leben, die auf ihren Mann wartet, der von der Jagd oder aus dem Kampf heimkommt. Die das Haus führt, wenn er abwesend ist. Die ihm das Essen kocht, wenn er daheim ist. Ich möchte unser Kind großziehen. Und ich möchte weitere Kinder mit Euch.“
„Wo ist er hin? Der unbändige Stolz meiner geliebten Gattin, die mit ihrer glänzenden Erscheinung alle unterwirft, die sich ihr in den Weg stellen?“ schmunzelte er.
„Ich bin stolz. Ich werde es immer sein. Stolz darauf mein Leben an der Seite eines Huscarls zu verbringen. Ich wollte schon immer einen eigenen Huscarl.“ Liebevoll knuffte sie ihn in die Seite.
„Wir werden nach Markarth gehen. Aber wir werden wohl nicht dort bleiben. Ich fürchte, Markarth ist für uns verloren.“
„Aber warum? Igmund…“
„Es ist nicht Igmund. Und es sind auch nicht diese verdammten Thalmor. Es sind ganz andere Kräfte am Werk, denen ich Euch nicht ausliefern werde.“
„Ihr sprecht in Rätseln. Habt Ihr deshalb Markarth so schnell wieder verlassen? Ihr glaubtet mich tot. Weshalb?“
„Liebes“, seine Lippen verschlossen ihr den Mund, „ich erzähle Euch alles, sobald Ihr in besserer Verfassung seid.“
„Ihr seid ein echter Markarth-Schädel. Ich weiß gar nicht, woher mein Vater die Weisheit besessen hat, mich tatsächlich glücklich zu machen indem er Euch zu meinem Gemahl gewählt hat. Habt Ihr eigentlich was über ihn herausfinden können?“
Er seufzte, „muss ich Euch schon wieder küssen, um Euch ruhig zu stellen?“
„Bei jedem einzelnen Wort.“


Es wurde dunkel und bitterkalt. Schlagartig änderte sich das Wetter. Die vom Sturm getriebenen Eiskristalle hinterließen winzige brennende Wunden, wo sie auf ungeschützte Haut trafen. War der Weg bei Tageslicht schon gefährlich, so würde er sie beide unter diesen Bedingungen in den sicheren Tod führen. Das Pferd schnaubte ungehalten. An seinen Nüstern bildete sich die erste Eisbeschichtung. Immer wieder versuchte es sich mit seiner Kehrseite gegen die Eiswand, die auf sie einprasselte, zu drehen und bildete so eine zusätzliche Gefahrenquelle.
Verzweifelt hielt er nach einer Möglichkeit Ausschau, wo sie die Nacht hätten verbringen können. Es gab keine. Keine noch so winzige Felsnische, kein Vorsprung, tat sich auf, um ihnen wenigstens minimalen Schutz vor den Elementen zu bieten. Es gab nichts außer blankem Fels rechter und den tiefen Abgrund linker Hand. Seine Frau fieberte wieder auf. Unter diesen Umständen würde sie das Kloster niemals lebend erreichen.

Die Zügel fest in der Hand, ließ ersich vom Pferd rutschen. Sanft glitt ihr Körper in den Schnee, von dem er fast augenblicklich bedeckt wurde. Argis zog sein Schwert aus der Scheide. Das Pferd wieherte angstvoll. Es schien das kommende Ereignis zu ahnen. Mit einem fast übermenschlichen Schwertstreich trennte er dem Tier den Kopf ab. Die Muskelreflexe bescherten dem Körper noch zwei mächtige Sätze, dann brach er zusammen. Argis schlitzte den Bauch auf und entsorgte die hervorquellenden Innereien, indem er sie so weit wie möglich wegwarf. Die entstandene Höhle war blutig und stank, aber für ein paar Stunden würde sie seiner Frau Wärme spenden.
In der Dunkelheit fand er kaum den Schneehaufen, zu dem sie mittlerweile geworden war. Der Sturm und die Kälte lähmten seine Kräfte und es erschien ihm wie Ewigkeiten bis er sie endlich in dem Pferdekörper verstaut hatte. Dem Rande der völligen Erschöpfung nahe, zog er sich eine Pferdedecke über den Kopf und setzte sich vor die Öffnung um Wache zuhalten. Er durfte sich jetzt nicht gehen lassen. Er durfte jetzt nicht schlafen. Er…

Blutige Hände griffen nach ihm. Nicht weit entfernt vernahm er aggressives Knurren. Ein Rudel Wölfe zankte sich anscheinend um die Innereien des Pferdes. Undeutlich nahm er eine helle Gestalt wahr, die sich auf ihn zubewegte. Es schneite immer noch. Inständig hoffte er, dass es kein Feind war. Aber sein Gehirn arbeitete schneller als es sein Körper vermochte. Kein menschliches Wesen wäre jemals so verrückt bei diesem Wetter eine schützende Stelle zu verlassen. Instinktiv zog er sein Schwert und schüttelte den Schnee von sich ab. Sein völlig durchgefrorener Körper befand sich noch in der Aufwärtsbewegung als ihn der Hieb des Eistrolls ereilte. Krampfhaft behielt er sein Schwert in der blau gefrorenen Hand, während er auf das Rudel Wölfe zurollte. Ihnen schien frische lebende Beute lieber zu sein als die zu Eis gefrorenen Innereien. Die gelben Augenpaare leuchteten durchdringend in der weißen Schneewand. Er hörte das Fletschen der Zähne, das immer näher rückte.
Ruhig bleiben. Sein Herz pochte bis in die Schläfen. Normalerweise konnte er mit bloßen Händen einem Wolf das Genick brechen, aber im Moment war er nicht einmal in der Lage sich angemessen zu bewegen.
Jaulen und Winseln ertönte. Die gelben Augen verschwanden im weißen Nichts. Vor ihm tauchte der Eistroll auf, bereit den nächsten Schlag auszuteilen. Von unten rammte Argis ihm das Schwert in den Bauch. Kein Streich, der wirklich lebensgefährlich war, wie er feststellen musste, sondern nur die Wut der Bestie vervielfachte. Von hinten näherten sich wieder die Wölfe, deren Instinkt untrüglich war, wenn es darum ging, sich leichte Beute zu verschaffen. Mit seinem Schwert und dem nordischen Kampfschrei wütete Argis einmal um sich. Zwei der Wölfe zogen jaulend von dannen. Er wusste nicht einmal ob er sie überhaupt verletzt hatte. Der Troll holte erneut aus und traf ihn an seinem Schwertarm. Er hatte Mühe es nicht aus der Hand fallen zulassen. Unter dem nächsten Hieb konnte er sich wegducken und versetzte ihm noch einen Streich in den Brustkorb.

Er bemerkte zwei rote Punkte und ein gelbes Aufflackern und sprang auf Seite. Die Felswand im Rücken bot ihm die letzte Deckung. Ein Feuerball nach dem anderen schoss an ihm vorbei. Die Hitze schien seine Augenbrauen zu versengen, die Rüstung brannte auf seiner Haut, aber er spürte wie sein Körper wieder agil wurde. Seine Frau hatte gute Arbeit geleistet. Es brauchte nur noch einen Schwertschlag und der Troll zog ins Reich des Vergessens ein. Der letzte noch verbliebene Wolf folgte ihm auf dem Fuße.
Eine vollkommen blutige Gestalt taumelte auf ihn zu. Die grün glänzenden Augen bildeten einen fürchterlichen Kontrast. Kurz bevor ihre Augen sich schlossen, fing er sie auf.
„Mein Herz, Ihr seid verletzt.“ flüsterte sie. „Lasst mich Euch … Ich schaffe ihn nicht mehr… Helft mir, ich will noch nicht nach Sovngarde.“
Sein Schrei hallte von den Bergen wider und setzte sich um ein vielfaches verstärkt in den Himmel fort. Die Antwort kannte auch er und sie ließ nicht lange auf sich warten.
Er würde sie nach Hoch-Hrothgar bringen. Ihr Körper wirkte unnatürlich schwer und leicht zugleich, als er sie auf seine Arme nahm.

Stunde um Stunde kämpfte er sich weiter, gegen den Sturm und durch die oft knietiefen Schneewehen. Den Weg erahnte er nur dann, wenn ein beflaggter Markierungsstein auftauchte. Die Götter hatten kein Einsehen mit seinem Vorhaben. Es hörte nicht auf zu schneien und zu stürmen.
Es ging bergauf, bergab, dieser Weg war endlos. Er hatte sie sich bereits über die unverletzte Schulter gelegt. Der Blutverlust an der Verletzten forderte unaufhaltsam seinen Tribut. An jeder Steintafel, deren Sinn er nicht verstand, hielt er an und las sie seiner Frau vor. Er wusste noch nicht einmal, ob sie ihn jemals wieder würde hören können. Seine Sinne waren vollkommen abgestumpft, seine Augen blind vor Tränen, von denen er sich vormachte, sie würden durch die Kälte hervorgerufen, sein Körper am Ende, als er vor sich in den Schneeschleiern ein großes dunkles Gebäude ausmachte. Eine schier endlose Doppeltreppe führte zu zwei riesigen metallenen Flügeltüren. Hoch-Hrothgar.

Irgendwo in der Mitte glitt er aus. Der Körper seiner Frau rutschte die Treppe hinunter. Er war versucht sich einfach daneben zu legen und ihrer beider Schicksal den Göttern oder den Graubärten zu überlassen. Sein verletzter Arm lag auf ihrem gewölbten Bauch als er die Bewegung spürte. Das Kleine darin kämpfte um sein Überleben.
Noch einmal pumpte er tief Luft in seine Lungen. Er packte sie unter den Achseln und zog sie die Treppe hinauf. Er fiel gegen die Metalltür, die unter seinem Körpergewicht nachgab und sich öffnete. Vier uralte, in dunkelgraue Kutten gehüllte Männer standen aufgereiht und schweigend in der Eingangshalle. Man schien sie erwartet zu haben.
Einer der Männer machte eine kurze Handbewegung in seine Richtung. Argis geschwächter Körper klappte in sich zusammen. Er fiel auf den Steinboden und versank in einen tiefen traumlosen Schlaf.

EMS
21.06.2012, 15:22
Zwischensequenz... kommt man manchmal nicht drumherum. Ich hoffe, es ist trotzdem net zu langweilig.
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Nichts war zu hören bis auf das leise Knistern der Holzkohle in den Feuerbecken. Es dauerte eine Weile bis ihre Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Dunkelgraue massive Steinwände, ein paar Betten, Nischen, in denen Bücherregale standen. Große Töpfe mit seltenen Pflanzen.
Man hatte sie gesäubert und in eine Magierrobe gesteckt. Leise richtete sie sich auf. Die Atmosphäre war so gedämpft, dass sie sich kaum zu räuspern traute.In einem Bett ein paar Stufen tiefer entdeckte sie die Silhouette ihres Mannes. Sein blindes Auge leuchtete weiß in der Dunkelheit. Also schien er wach zu sein. Vorsichtig setzte sie ihre Füße auf den Boden und richtete sich vollends auf. Ihr Körper fühlte sich noch immer unsagbar schwer an, aber das Fieber war verschwunden und sie konnte wieder klar denken. Leicht schwankend tapste sie auf bloßen Sohlen die fünf Stufen zu seinem Bett hinunter.
Auch er war gewaschen und trug eine dunkle braune Leinenhose sowie ein geschnürtes helles Leinenhemd, das man wegen des Umfangs seines Brustkorbs vorne zum Teil offen lassen musste. Der muskulöse Körperbau ihres Mannes traf sie jedes Mal bis in ihre letzte Nervenfaser.

„Argis, Liebster“, sie beugte sich über ihn um ihn zu küssen. Und fuhr mit einem Ensetzensschrei zurück. Starr wie Stein fühlte sich sein Körper an, die Lippen eiskalt. An seiner Brust, die sich wie bei einem Schlafenden in regelmäßigen Abständen hob und senkte, war kein Herzschlag zu fühlen. Kein Atem kam über die geschlossenen Lippen. Und doch lebte er.
„Gebt mir Eure Hand.“ Als keine Reaktion kam, nahm sie seine Hand in ihre. Egal was sie anstellte, sein Körper blieb ohne jegliche Reflexe. Ihre Fragen blieben ohne Antwort. Nur sein Auge folgte ihren Bemühungen. Der Ausdruck darin grenzte an Verzweiflung.
„Mein Herz, ich komme gleich wieder. Ich werde erfahren, was sie mit Euch gemacht haben.“

In diesem Moment nahm sie eine Gestalt hinter sich wahr, die sie wohl schon länger beobachtet hatte und jetzt wortlos andeutete, ihr zu folgen. Sie zitterte vor Wut. „Was habt Ihr ihm angetan?“ schrie sie den Mann in der dunkelgrauen Kutte an. „Gebt mir meinen Gatten zurück. Sofort. Ohne ihn wäre ich nicht hier sondern tot.“
Ganz gelassen ließ der alte Mann ihren Wortschwall über sich ergehen, nur um ihr erneut anzuzeigen, dass sie ihm doch folgen möge. Es war schwer sich vorzustellen, dass die Graubärte Argis ein Leid zufügen würden und so musste sie sich wohl vorerst damit zufrieden geben, dass ihr Gatte in irgendeiner anderen Ebene lebte. Sie drehte sich noch einmal zu ihm herum, legte sanft die Hand über seine Augen und küsste die eiskalten Lippen. „Schlaft mein Gemahl. Seid sicher, dass ich hier nicht ohne Euch weggehen werde.“


Hoheitsvoll schritt der Graubart vor ihr her bis sie in eine große Halle kamen. Ein Mosaik war in den steinernen Boden eingearbeitet. Er deutete ihr mit Gesten an, sich darauf zu stellen und dort erst redete er mit ihr.
„Seid unbesorgt was Euren Gatten betrifft. Ich habe ihn unter einen Schutzzauber gestellt, denn seine Anwesenheit als Ungeweihter in diesen Hallen hätte ihn töten können. Wir haben seine fast unmenschlichen Anstrengungen verfolgt um Euch, Drachenblut, hierher bringen zu können. Sagt, seid Ihr ein Drachenblut?“
Sie war versucht ihn auszulachen, ob der letzten Ereignisse, die sie immer schwächer anstatt stärker hatten werden lassen. Aber einen Graubart lachte man nicht aus und so sah sie ihn nur fragend an. „Was bitte ist ein Drachenblut? Die Legenden berichten von starken Helden, die Drachen töten. Sagt Ihr mir, seht Ihr einen starken Helden vor Euch, Graubart.“
„Der Beweis, dass Ihr ein Drachenblut sein könnt, ist wesentlich einfacher als Ihr es Euch vorstellt. Alles Weitere findet sich. Gebt mir Euren Thu’um.“
Wie Geister erschienen noch drei ebenfalls grau gewandete Männer und stellten sich an den Ecken des Mosaiks auf. Sie öffnete den Mund, ihre Augen glühten blutrot und heraus kam wieder dieser eigenartige Laut, der den Graubart allerdings nicht umwarf, sondern ihm nur ein Lächeln entlockte.
„Ihr seid das Drachenblut. Aber Ihr seid noch vollkommen der Macht Alduins unterworfen. Kommt mit uns. Wir werden Euch alles erklären.“


Sie folgte den Vieren in einen weiteren Raum mit einem riesigen steinernen Tisch. Alles hier schien riesig und ehrfurchtgebietend, aber weder Demut noch Ehrfurcht waren Eigenschaften, die eine starke Ausprägung in ihrem Charakterbild erfahren hatten. Ihre Augen funkelten angriffslustig und ihr ganzer Körper war auf Abwehr eingerichtet, als sie auf einem der Stühle Platz nahm.
„Nun denn, Ihr sagt ich bin ein Drachenblut. Was bedeutet das? Ich verbinde mit diesem Wort nichts als Schmerz. Und jetzt wird meinem Gatten ebenfalls Leid zugefügt.“

Arngeir blickte sie an, sanft und weise, „Ihr seid sehr stolz und kämpferisch, genau wie einst Ulfric als er uns zu seiner Ausbildung aufsuchte. Euer Kampfwille wird Euch von Nutzen sein. Euren Stolz solltet Ihr bändigen, bevor er Euch ins Verderben reißen kann. Dafür habt Ihr noch viel zu viel zu lernen, Drachenblut.“
„Ulfric, Jarl Ulfric war hier? Warum ist er nicht das Drachenblut?“
„Ihr stellt viele Fragen.“
„Dann beantwortet sie.“
Arngeir lächelte in sich hinein. Diese Frau würde Alduin besiegen. Da war er sich sicher.
„Jeder Mensch kann die Sprache der Drachen erlernen. Er kommt frisch wie ein Neugeborenes in diese Hallen und muss die Sprache in jahrelanger mühsamer Arbeit erlernen. Ein Drachenblut, erlernt die Sprache, in dem es die Seelen der Drachen aufnimmt. Und nur ein Drachenblut ist eines Tages dazu bestimmt den Weltenfresser endgültig zu töten.“
„Alduin. Wieso erscheint er gerade jetzt? Nach tausenden von Jahren. Woher die Macht über mich?“
„Wir wissen es nicht, aber Himmelsrand ist zerrissen und es wird kaum jemals eine bessere Gelegenheit geben die Drachenherrschaft wiederherzustellen. Seine Macht über Euch bezieht er aus Eurer Schwäche. Ihr müsst stark werden, Drachenblut. Dann werden auch die Schmerzen vorbei gehen, denn sie sind von Alduin gesandt, um Euch zu peinigen.“


Sie redeten noch Stunden, nur Arngeir und sie. Es musste wohl die ganze Nacht gewesen sein, denn irgendwann öffnete sich eine der Flügeltüren zum Hinterhof und mit einer frischen Brise kam auch strahlender Sonnenschein hinein. Arngeir stand auf und legte ihr die Hand auf die Schulter, „Nun wisst Ihr was zu tun ist. In den nächsten Tagen werden meine Brüder Euch mit mehr Macht ausstatten und dann liegt es an Euch. Alduin ist nicht Euer Herr, er ist Euer Gegner.“
„Was ist mit meinem Gemahl, nehmt diesen Zauber von ihm weg. Und wenn er dafür diesen Ort hier verlassen muss. Er ist ein starker freier Mann. Er geht daran zugrunde.“
„Ich werde tun, wie Ihr mir heißt und er kann weiterhin an Eurer Seite bleiben. Im Nebenflügel ist ein Zimmer für Euch und Euren Gatten hergerichtet. Allerdings darf er niemanden außer Euch und mir ansprechen. Meine Brüder zügeln ihre Stimmen nicht und würden ihn ungewollt töten. Also sorgt dafür.“
„Das werde ich. Habt Dank, Arngeir.“


Sie folgte ihm und beobachtete, wie er mit einer winzigen Handbewegung ihren Mann von seinem Starrezauber befreite. Dieser wiederum richtete sich mit einer Agressivität auf, dass sie ihm sofort in die Arme fiel.
„Es ist alles in Ordnung, mein Schatz“
„Ich will wissen, was hier gespielt wird“, knurrte er wie ein Wolf und wandte sich Richtung Arngeir.
„Argis, bitte. Ich erkläre es Euch später. Kommt einfach mit mir in unser Zimmer.“ Sie nahm den Widerstrebenden bei der Hand und zog ihn hinter sich her wie ein trotziges Kind. Man hatte einen Raum gemütlich für sie hergerichtet. Ein großes Bett, Felle und Teppiche auf dem Boden, Teppiche und Schneebeerenkränze an den Wänden, Feuerbecken für eine gemütliche Wärme. Ihren Gatten immer noch fest an ihrer Hand, sah sie sich erstaunt um. Kein Zimmer in einem Palast hätte schöner sein können.

„Meine Gemahlin, Ihr wolltet mir etwas erklären.“
Ihre Augen funkelten gefährlich als sie sich zu ihm umdrehte. „Liebster, ich erkläre Euch alles, wenn Ihr in besserer Verfassung seid.“
„Aber…“
Sie seufzte „Muss ich Euch küssen, um Euch ruhig zu stellen?“
Er verstand.
„Bei jedem einzelnen Wort.“ murmelte er und zog sie zu sich heran. „Dieser Sieg geht an Euch.“ flüsterte er, während er sich mit seinen Lippen in Richtung ihres Nackens bewegte. „Was beansprucht Ihr als Beute?“
Erregung und Übermut spiegelten sich in ihren Gesichtszügen um die Wette, als sie langsam die Schnürung des Leinenhemdes vollends öffnete und ihn aufs Bett drückte.
„Nichts weniger als Euch.“

EMS
23.06.2012, 23:31
Liebster?“Sie kniete hinter ihm auf dem Bett und flocht sorgfältig neue Zöpfe in seine Haare.
„Hmm, was ist mein Herz…“


Die letzten Monate waren ein einziger Kampf in alle Richtungen gewesen, den sie Rücken an Rücken mit ihrem Mann, und oft genug nur durch ihn, hatte bestehen können. Drachen und Draugr, aus nichts Anderem hatte ihr gemeinsames Leben bestanden. Sie hatten Himmelsrand durchquert, von der eisigen, sturmumtosten Küste über die dumpfen Hjaalmarscher Moore bis zum in ewigem Grau erstarrten Falkenring. Von einer Grabstätte zur Nächsten, von einer Ruine in die nächste Höhle. Sie war an sich und an ihren Gegnern gewachsen. Immer und immer wieder wurde sie von den Graubärten zu neuen Orten geschickt, an denen sie die Drachensprache weiter erlernte. Ihr Repertoire wuchs, aber für den letzten Kampf war sie immer noch nicht bereit. Vorbei waren aber auch die Zeiten, in denen Alduin seine unglaubliche Macht über sie ausüben konnte. Wenn sie jetzt die heiligen Wände berührte und die Drachenseelen in sich aufnahm, durchfuhr sie ein angenehmes Wärmegefühl, weit entfernt von ihren ersten Erfahrungen. Arngeir war ein guter Mentor gewesen und war es immer noch.

Irgendwann forderte die Schwangerschaft ihre Rechte. Sie wurde zu schwerfällig, um weiterhin Kämpfe zu bestreiten. Die Fellrüstungen, in die sie dank der Schnürungen gerade noch so hineinpasste, missfielen ihr und sie fühlte sich unwohl darin. Argis hatte Angst um den Nachwuchs und so beschlossen sie, endlich ihre Ehe in Markarth zu besiegeln.
Noch nie hatte sie ihren Mann so widerstrebend eine Stadt betreten sehen und nach Vlindrel Hall musste sie ihn fast mit Gewalt hinauf ziehen.
Der nächste Morgen sah sie beide nach, wie ihr schien, endloser Zeit, endlich als vollwertiges Ehepaar vor Mara. Glücklich wollte sie sich an ihn kuscheln, aber der Platz neben ihr war bereits leer. Überrascht war sie im Begriff gerade aufzustehen und ihn in dem weitläufigen Gebäude suchen, als die Haustür zuschlug und er in voller Montur ans Bett trat. „Wir gehen. Ich habe schon einen Kurier nach Weißlauf geschickt. Dort steht Haus Brisenheim zum Verkauf. Es ist zwar der Tochter eines Jarl eher nicht würdig, aber es muss erst einmal genügen. Proventus Avenicci wird dafür Sorge tragen, dass alles bereit ist, wenn wir kommen.“
Sie kannte Brisenheim. Es war klein, aber urgemütlich. Zusammen mit ihrem Mann würde sie sich dort wohl fühlen. Noch liegend, sah sie Argis von unten ins Gesicht. Sie kannte ihn zur Genüge um zu wissen, dass sie ihn in diesem Moment nicht nach den Gründen befragen brauchte.



Jetzt lehnte er ganz entspannt an ihrem Bauch, dessen Fülle die baldige Niederkunft verriet. Vor dem Hintergrund der dunklen Ereignisse in Himmelsrand und ihres unsteten Lebens waren diese vertrauten Momente zu ihren gemeinsamen Kostbarkeiten geworden, die sie mit Hingabe pflegten.
Sie nahm den letzten Lederstreifen aus ihrem Mund, legte ihn in feinen sauberen Spiralen um den Zopf und verknotete ihn kunstvoll. „So, fertig, mein schöner Mann.“ Leise klatschten ihre Handflächen auf seine unbedeckte Brust.
„Darf ich trotzdem noch liegen bleiben?“
„Bis in alle Ewigkeit mein Schatz“, sie legte ihre Arme locker um seinen Hals und stützte ihr Kinn auf seinen Kopf. „Aber ich befürchte, die Ewigkeit wird nur noch ein paar Tage dauern. Dann müsst Ihr den Platz zumindest für ein paar Stunden räumen.
Er lachte, sein leises, tiefes, raues Lachen. „Was wolltet Ihr vorhin?“
Sie schloss die Augen und ließ seinen vertrauten Geruch ganz auf sich wirken. „Was ist damals in Markarth passiert? Ihr habt es mir nie erzählt, aber es war nicht zu übersehen, dass Ihr Euch nicht mal in den dunkelsten Ruinen der Altvorderenso unwohl gefühlt habt wie in dieser Stadt und diesem Haus.“
„Ich hatte schon gehofft, Ihr würdet mich nie wieder danach fragen.“
„Ich wäre eine schlechte Gattin, würde ich Euren Befindlichkeiten so wenig Beachtung schenken.“
Er nahm ihre Hände in seine. Immer wieder bewunderte er diese schlanken zierlichen Finger, die ihr einzigartiges Dai Katana mit einer Eleganz und gleichzeitig auch Wucht bedienten, dass der Gegner mitunter mit einem Hieb zerteilt wurde.

„Was ist das für ein Ring außer unserem Gemeinsamen, den Ihr da tragt und ebenfalls nie abnehmt.“
Sie lief bis zu ihrem Haaransatz rot an und dankte den Göttern, dass sie in diesem Moment hinter ihm kniete.
„Es ist ein Schutzring. Ich erhielt ihn von Ralof, dem Mann, der mich aus Helgen gerettet hat.“
„Habt Ihr… Habt Ihr ihn sehr geliebt?“
Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe und wünschte sich, selbige würde tatsächlich eintreten. Aber nichts dergleichen erlöste sie. Sie würde ihren Mann verletzen müssen, wollte sie ihn nicht belügen.
„Schaut mich bitte an.“
Deutlich fühlte sie seineAnspannung. Sie packte zu und verschränkte seine Hände fest mit den ihrigen. Er drehte den Kopf. In seinem Auge sah sie den Schmerz. Es war als würde er die Antwort bereits kennen. Sie hätte ihn gar nicht täuschen können.
„Ja mein Liebster, für ein paar Tage habe ich Ralof wirklich geliebt. Ihr könnt mich jetzt verdammen. Ich weiß nicht warum es so war.“
Es herrschte Stille. Mit dem Daumen wischte sie eine Träne weg, die aus seinem blinden Auge lief. „Argis, … Hört mir zu, mein Herz, ich habe Euch einmal gesagt, dass ich Euch über alles liebe. Daran hat sich nie etwas geändert und niemals wird sich daran etwas ändern.“
Probehalber legte sie ihre Lippen auf seine und hoffte er würde den Kuss erwidern. Es dauerte einen Augenblick, dann zog er sie fest heran und küsste sie als wäre es das erste Mal nach langer Abstinenz. Ganz Reach konnte nicht aus so vielen Steinen bestehen wie ihr gerade vom Herzen fielen.

„Nun möchte ich aber wissen, was Euch in Markarth widerfahren ist. Jedes Mal weicht Ihr mir aus wie ein Eisgeist.“
„Verdammte Hexe…“
„Wer? Ich???“
„Muiri.“
„Bothelas Schülerin?“
„Ja, sie gab mir den Brief mit der Nachricht, dass Ihr tot wärt.“
„Ihr habt meinen eigentlichen Brief nie erhalten, nehme ich an.“
„Nein. Danach versetzte sie mich, ich weiß bis heute nicht wie, in einen Zustand, der mir Eure Gestalt vorgaukelte, so dass ich mich mit ihr vereinte.“
Leise pfiff sie durch die Zähne. „Ich war in Euren Augen tot und Ihr hättet nie mehr nach mir gesucht. Vielleicht war dies ihre Absicht, um Euch an sie zu binden. Vielleicht habt Ihr ja demnächst noch ein Kind.“
„Ein Kind habe ich mit ihr ganz sicher nicht gezeugt, denn ich kam vorher und dafür viel zu früh wieder zu Verstand. Als ich sie aus dem Haus warf, verfluchte sie uns und schwor mir Euren und unseres Kindes Tod. Dadurch erfuhr ich, dass Ihr noch am Leben wart. Versteht Ihr jetzt warum ich nicht möchte, dass wir in Markarth leben. Bei der Geburt hätten wir Hilfe von Bothela benötigt. Und zwei Hexen sind eine zuviel.“
Sie lachte „Bothela ist keine Hexe, sondern eine Heilerin.“
„Wie auch immer. Niemand von uns wäre sicher dort. Muiri würde mit oder ohne Hilfe von Bothela zu viele Möglichkeiten haben, Euch und unserem Kind zu schaden. Aber jetzt genug von diesen unangenehmen Dingen. Ich habe Hunger.“
„Zumindest passt das Verhalten von Muiri zu dem Assassinen einer sogenannten Dunklen Bruderschaft, von dem ich Euch erzählte. Irgendwann werde ich mich um diese Frau genauer kümmern und dann wird sie sich wünschen niemals gelebt zu haben. Wisst Ihr was mein Herz? Ich werde auf dem Markt eben noch ein Stück frisches Rindfleisch besorgen und dann koche ich Euren Lieblingseintopf.“
„Fein, aus diesem Tag könnte doch noch etwas werden.“

Schwerfällig und leicht ächzend würgte sie sich vom Bett und die Treppe hinunter „Mein über alles geliebter Gatte, frische Zöpfe und eine frische Suppe, …und seine Welt ist in Ordnung.“
„Es gibt Tage, da seid Ihr ein echter Drachen.“
„Seht Ihr mein Herz“, tönte es aus der Schublade mit den Vorräten, „Ihr seid etwas ganz Besonderes. Welcher Mann kann schon von sich behaupten, ein solches Haustier sein eigen zu nennen.“
„Wahrscheinlich mehr als so manchem lieb ist.“
Der Kochlöffel sauste durch die Luft. Geschickt fing er ihn ab und wedelte triumphierend vor ihrer Nase damit herum. „Wie Ihr seht, ich warte sehnsüchtig auf Eure Rückkehr.“
„Oooh, Ihr Scheusal… geliebtes…“ Lachend schlug sie die Hausür hinter sich zu. Ihm fiel auf, dass sie von hinten immer noch so schlank aussah, wie vor ihrer Schwangerschaft.

Er befand sich im Alchemiezimmer als er den Stuhl fallen hörte. Sie stand noch an der Eingangstür, in der Rechten das Paket mit dem Fleisch, mit der Linken hatte sie wohl versucht sich abzustützen. Ihr Gesicht war bleich. Nicht lange und ihr Atem ging wieder regelmäßig. Sie legte das Fleisch ab und griff sich mit beiden Händen ins Kreuz.
„Liebes, was ist los?“
„Nun ja“ grinste sie, „könnte es sein, dass Ihr mir ein Kind gemacht habt, das irgendwann auch einmal heraus und seinen Vater kennenlernen will? Ich denke, es ist soweit.“
Völlig konfus stürmte er los um Danica zu holen, aber sie hielt ihn auf. „Ganz ruhig, mein Lieber, es dauert noch etwas. Für Euren Eintopf ist allemal noch Zeit.“
Sie hatten fertig gegessen, als sie ihre Schmerzen nicht mehr verbergen konnte.
„Bitte gebt Danica Bescheid. Sie möge in den nächsten Stunden kommen. Ich muss noch ein paar Sachen vorbereiten. Und dann geht in die Beflaggte Mähre. Betrinkt Euch bis zum Umfallen. Wenn Ihr danach wieder nüchtern seid, ist es immer noch früh genug hier wieder zu erscheinen.“
„Ihr seid vollkommen verrückt.“
„Liebster, ich möchte Euch erst wieder hier sehen, wenn unser Kind da ist.“ Sie klopfte ihm wie einem störrischen Gaul auf die Kehrseite. „Ab mit Euch.“


Er wusste nicht wie lange er bereits auf dem Stuhl gesessen hatte. Nichts drang durch die geschlossene Schlafzimmertür. Hin und wieder huschte Danica vorbei. Er erschrak ob der blutigen Lumpen, die sie bei sich trug, um sie unten ins Feuer zu werfen, aber sie lächelte ihm aufmunternd zu.
Beim nächsten Mal drückte sie ihm einen Kübel mit blutigem Wasser in die Hand. „Macht Euch keine Sorgen. Es geht ihr gut.“
Zweifelnd sah er in die rote Brühe.„Seid Ihr sicher?“
„Ganz sicher, und jetzt kippt den Eimer aus und bringt bitte frisches Wasser.“
Wie ein Dwemerzenturio stand sie vor der Tür als er zurückkehrte. Es war unmöglich auch nur einen Blick ins Schlafgemach zu werfen. „Legt Euch schlafen Argis. Es gibt nichts mehr zu tun für Euch. Jetzt könnt Ihr nur noch warten.“
Sie hatte recht. Er musste denWunsch seiner Frau respektieren, egal wie lange es dauern mochte. Hundemüde legte er im kleinen Zimmer die Kleidung ab, fiel ins Bett und schlief augenblicklich ein.

Es klopfte, es klopfte lauter. Mit einem Satz sprang er aus dem Bett und öffnete die Tür. Danica stand davor und lachte schallend los, „Mein Guter. Ich habe schon manchen nackten Mann gesehen, aber Eure, hmm, sagen wir mal Ausstattung, übertrifft so einiges von dem was ich bisher erblicken durfte. Es wird wohl besser sein, Ihr zieht euch zumindest eine Hose an. Eure Gemahlin und Euer Sohn möchten Euch sehen.“
„Mein Sohn?“ jetzt erst hörte er das Schreien eines, …seines, Kindes.
Hastig schlüpfte er in seine Hose und lief zum Schlafzimmer, dessen Türe ihm endlich offen stand. Mit offenem Mund blieb er ihm Türrahmen stehen. Ein bisschen blass war sie noch, aber wunderschön, wie sie vom Schein der Kerzen beleuchtet, auf dem Bett saß und das Kind im Arm hielt.
„Argis,mein Herz, kommt herein. Dies ist ab jetzt auch wieder Euer Zimmer.“
Vorsichtig nahm er das Bündel Menschlein, das sie ihm entgegen hielt. Das Kleine in dem sauberen weißen Leinentuch war nicht einmal so lang wie sein Unterarm. Eine winzige Hand griff nach seinem Finger als er seinem Sohn über den mit hellem Flaum bedeckten Kopf streicheln wollte. Unerwartet fest war dieser Griff und er musste schmunzeln.

Er drehte sich herum. „Habt Dank Danica. Ich werde Euch morgen eine größere Summe zukommen lassen, damit Ihr anderen genauso helfen könnt, wie Ihr meiner Frau geholfen habt.“
„Jetzt kann ich es Euch ja sagen. Diese Geburt war alles andere als problemlos. Eure Gattin ist sehr fein und zugleich muskulös gebaut. Es war gar nicht sicher, dass wir Euren Sohn lebend hinaus bekommen würden. Passt also gut auf beide auf. Sie sind der größte Schatz Eures Lebens.“

„Liebster, bitte setzt Euch zu mir.“ Sie lächelte beim Anblick ihres massiven Gatten, der mit einem leuchtenden Gesicht seinen schlafenden Sohn im Arm hielt und zu träumen schien. „Ach, und küssen dürftet Ihr mich auch mal wieder. Schließlich könnte auch ich eine kleine Belohnung gut vertragen.“

„Wie soll sein Name sein?“ Ihre Lippen lösten sich von seinen.
„Agnar. Er hat jetzt schon einen festen Griff.“
„Agnar ist gut“, stimmte sie zu, „er wird bestimmt einmal ein genauso furchterregender Krieger wie sein Vater. Und nun kommt zu uns ins Bett. Ich glaube, jetzt werde ich doch langsam müde.“

EMS
26.06.2012, 02:11
Himmel... Ich hatte die Schreibwut. Und dabei muss ich um 5.00 raus. Das gibt nen ganz munteren Tag heute. :scared::rolleyes: Ich hoffe es gefällt ein bisschen...;)
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Hell schien die Sonne auf den Übungsplatz der Gefährtenhalle und kündete von der langsam anbrechenden wärmeren Jahreszeit. Lang ausgestreckt und mit verschränkten Armen saß Argis ganz bequem auf einem Stuhl unter dem Vordach und beobachtete die Trainingskämpfe seiner Frau. Schlank und angenehm muskulös war sie wieder, und kam ihm schöner vor als je zuvor. Der locker geflochteneZopf umspielte erhitzte Wangen. Hin und wieder blickten ihre leuchtenden Augen in seine Richtung und erhielten wortlose Kritik oder Lob. Das Kämpfen bereitete ihr eindeutig wieder Freude.
Er sah diesen Umstand mit eher gemischten Gefühlen. Bedeutete es doch, dass Agnar einer Amme übergeben und sie beide wieder auf die Jagd nach Alduin gehen würden, immer mit dem Bewusstsein, dass ihr kleiner gemeinsamer Sohn das Ende eines jeden Tages als Waise erleben konnte.

Agnar krabbelte derweil flink wie ein Wiesel und völlig unbeleckt von diesen Gedanken mitten über den Trainingsplatz in Richtung seines Vaters und quietschte vergnügt vor sich hin. Er hatte wohl ein für ihn ganz besonderes Steinchen gefunden, das er unbedingt seinem Vater zeigen musste. Als er zwischen den Füßen seiner Mutter durchkroch, liess sie ihr Dai Katana fallen, hob ihren Sohn hoch, gab ihm einen Schmatzer auf die Wange und setzte ihn auf seinen Füßen wieder ab. Ein paar Schritte lief er wackelnd vor sich hin, um dann ganz schnell wieder in seine bevorzugte Fortbewegungsart zu verfallen. Geschickt überwand er die Stufen, um sich an Argis’ Beinen hochzuziehen. Das daedrische Material mit seinen ausgefeilten spitzen Stacheln an den Füßen und Beinen des Vaters missfiel ihm sichtlich und er begann zu knöttern.
Sie musste lächeln, als sie sah wie liebevoll ihr Mann seinem Sohn die Hände reichte, um ihn hochzuziehen und war für einen Moment unaufmerksam. Ein Handgriff ihres Trainingspartners und sie lag am Boden mit seinem riesigen Zweihänder an ihrer Kehle.
„Meine Liebe, Ihr solltet Euch nicht so schnell ablenken lassen. Aber ich muss sagen, Ihr seid so meisterhaft geworden, dass ich Euch nicht mehr viel beibringen kann.“ Vilkas keuchte. Sie hatte ihn bis zum Letzten gefordert.
„Wollt Ihr wirklich nicht den Gefährten beitreten? Wir könnten Verstärkung durch Euer Können gebrauchen.“ Kodlak hatte die Übungen beobachtet und meldete sich nun zu Wort.
„Nein, mein Freund“, winkte sie ab, „da sitzen zwei ganz gewichtige Gründe, warum ich nie wieder kämpfen möchte, wenn meine Aufgabe erfüllt ist. Der Kampf ist für mich nur solange sinnvoll und bereitet mir nur solange Freude bis ich mein Ziel erreicht habe.“
„Euer Gatte hat uns sehr gut gedient während des Winters. Aber auch er will sich uns nicht fest anschließen.“
„Ich weiß. Er ist und bleibt ein Krieger durch und durch. Aber frei und ungebunden, nur seinem eigenen Willen unterworfen. Und mir als seiner Gattin wird es obliegen, die Rückkehr in sein Heim jedes Mal so zu gestalten, wie es einem großen Krieger gebührt. Und wisst Ihr was Kodlak… Ich freue mich darauf.“

Sie steckte die Waffe in den Halter auf ihrem Rücken. Argis stand auf mit Agnar auf seinem Arm. Der Kleine spielte mit den Zöpfen seines Vaters. Bei diesem Anblick durchfuhr sie ein derartiges Gefühl von Wärme, dass sie fast laut den Göttern für jeden Augenblick an seiner Seite dankte.
„Wen von Euch beiden soll ich zuerst küssen?“
Sie erschrak, das Gesicht ihres Mannes wirkte aschfahl. Dann hatte er sich wieder im Griff und strahlte sie an, „Na mich natürlich. Ich habe eindeutig die älteren Rechte an Euch.“
Während sie seine warme Hand im Nacken und seine vollen weichen Lippen spürte, blitzte eineVision auf, die sie fast in die Ohnmacht trieb. Ihr Mann, leblos daliegend, eindeutig tot, an einem kalten verlassenen Ort, den sie nicht kannte. IhrAmulett glühte blutrot. Sie bekam keine Luft mehr und krallte ihre Fingernägel in seinen Rücken. „Nein, Ihr Götter…niemals.“
„Mein Herz, was ist los?“
„Nichts, Liebster. Nichts. Lasst uns gehen.“ Ungewollt rollte eine Träne über ihre Wange. „Ich liebe Euch nur so.“
Unter seinem skeptischen Blick nahm sie seine Hand und zog ihn mit sich fort.
„Manchmal wünschte ich Ihr würdet mich wieder schwängern.“
„Na, an der Anzahl unserer Vereinigungen kann es nicht liegen.“
Unwillkürlich musste sie lachen, „Das stimmt wohl, mein Gemahl.“



„Nein.“
Es war das erste Mal, dass sie richtig stritten.
„Dort bekommt unser Sohn alles was er braucht. Ich habe bereits mit Balgruuf gesprochen. Er würde sich freuen Agnar aufzunehmen.“
„Wie konntet Ihr es wagen. Balgruuf ist unser bester Freund, aber habt Ihr Euch einmal seine verzogenen Bälger angeschaut? Niemals werde ich es zulassen, dass unser Sohn unter diesen Einfluss gerät.“
„Soll ich ihn etwa den Händen einer verhinderten Sturmmantelmatrone überlassen? Auf dass er irgendwann nur noch Holz hacken und Bäume zerteilen kann.“
„Gerdur und ihre Familie können ihm genau das beibringen, was unser Sohn einmal werden soll. Ein anständiger Nord. Abgesehen davon, dass Ralof…“
Weiter kam sie nicht. Die Haustür schloss sich geräuschvoll hinter ihrem Mann. Deprimiert setzte sie sich auf den Stuhl an der Haustür. Agnar kam auf sie zugekrabbelt und bettelte um ihre Aufmerksamkeit.
„Na, Du kleiner Unruhestifter.“ Sie hob ihn auf. „Ich werde Dich jetzt erst mal in Dein Bett bringen. Und dann werde ich Deinen Vater aus der Beflaggten Mähre holen, bevor er dort volltrunken Unheil anrichten kann.“
Einer Eingebung folgend, packte sie ihre Waffe, bevor sie das Haus verließ.

„Was habt Ihr denn vor gute Frau. Wollt Ihr Euren Gatten züchtigen?“ Die Wache konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie hatte bereits eine Entgegnung parat, aber dann musste sie lachen. Der Mann hatte ja recht. Es sah schon ein wenig merkwürdig aus, wie sie im blauen Leinenkleid mit ihrem geschulterten Schwert die Straße entlang marschierte. Sie fand ihn weder in der Beflaggten Mähre noch im Trunkenen Jägersmann. Von einer Wache erfuhr sie, dass er die Stadt verlassen hatte. Bei den Ställen angelangt, fehlte sein Pferd. Sie war sich noch uneins, ob aufgrund seiner Unvernunft Besorgnis oder Wut die Oberhand über sie gewinnen sollten, als sie ein Stück weit entfernt einen durch die Erfahrungen nur zu bekannten Flügelschlag vernahm. Kurz darauf traf der Eisstrahl des Drachen auf eine winzige, kaum erkennbare Gestalt.

Ohne weitere Überlegung sprang sie auf das nächstbeste Pferd. Ihr Kleid riss an den Seiten bis zur Hüfthöhe auf. Die störrischen Pferdehaare pickten in die unbekleidete Haut ihrer Ober- und durch das handschuhweiche Leder der Stiefel an ihren Unterschenkeln. Da ihr jegliches Zaumzeug fehlte, lenkte sie im vollen Galopp das Tier nur mit Griffen in die Mähne. Ihr offenes langes Haar flatterte hinter ihr wie eine helle Flagge im Wind. Sein Pferd lag bereits tot dort. Im Dunkel war ihr Mann nicht auszumachen. Der Drache entdeckte sie als neuen Gegner, war aber noch längst nicht bereit zur Landung. So konnte er ihr noch gefährlich werden. Landeten sie erst einmal, war es relativ leicht ihnen beizukommen; dann wurden sie unbeweglich.

In großen Kreisen lenkte sie den Drachen von seinem bisherigen Tatort ab. In diesem Moment wünschte sie sich jemals mehr Interesse für das Bogenschießen aufgebracht zu haben. Diese Kampfdisziplin war nie ihr Metier gewesen und Argis hatte sie auch nie dafür begeistern können. Der Eisstrahl des Drachen verfolgte sie. Immer wenn sie bemerkte, dass er zu einem Neuen ansetzte, änderte sie die Richtung. Sie jagte über Stock und Stein. Lange würde ihr Pferd nicht mehr durchhalten. Wenn sie die Zeit dazu fand, setzte sie mit der linken Hand ihren Donnerkeilzauber ab, um die Magie der Bestie zu schwächen, während ihre Rechte krampfhaft das Heft ihres Katanas umschlossen, das im Moment noch völlig nutzlos war.
Er war ein hartnäckiges Exemplar. Das Pferd unter ihr keuchte, Blut spritzte aus seinen Nüstern und vermischte sich mit dem Schaum auf seinem Hals. Blut lief auch an ihren Beinen herab, die längst wundgeritten waren. Als er endlich zur Landung ansetzte, war auch das Pferd unter ihr dem Tode geweiht. Mit einem letzten kräftigen Hackentritt in die pumpenden Flanken sorgte sie dafür, dass es röchelnd auf dem Drachenflügel landete. Sie stieß sich ab und landete kurz hinter dem Drachenschädel auf dem stachelbewehrten Hals. Die rauen Schuppen und spitzen Knochen bohrten sich in ihr Fleisch. Ein ohrenbetäubender Schmerzschrei ertönte. Es war ihr eigener. Und doch arbeitete sie sich, völlig benommen, weiter nach vorne, bis sie eines der Kopfhörner zu fassen bekam. Das Amulett um ihren Hals schien seine Grenze erreicht zu haben. Fast weiß glühte es in den dunklen wolkenverhangenen Nachthimmel. Ihre Rechte erhob sich und die präzisteste Waffe, die Himmelsrand jemals gekannt hatte, spaltete mit einem Hieb den Kopf des Drachen. Überströmt von eigenem und Drachenblut sank sie mit der toten Echse in die Tiefe und blieb zwischen Knochen, sich auflösenden Schuppen und aufgewirbeltem Staub liegen. Diese Drachenseele war ihre und sie war hart erkämpft. So hart wie keine zuvor.



Ihr verschwommener Blick ging an den bekannten Firstbalken ihres Schlafzimmers. Sie hatte keine Schmerzen. Sie spürte nichts.
„Argis kommt, sie erwacht.“ Die Stimme war eindeutig Danicas. Und sie hatte mit ihrem Mann gesprochen. Er lebte.
„Liebste…, mein Herz, den Göttern sei gedankt…“
Es dauerte eine Weile bis ihre Augen ihr wieder einen klaren Blick verschafften. Er sah wohl ähnlich mitgenommen aus wie sie selbst. Vollkommen zerrissene Kleidung und ein von Wunden übersäter Körper zeugten davon, dass er wohl vorher seinen eigenen Kampf mit dem Drachen bestritten hatte. Aber er konnte laufen, während sie rein gar nichts spürte.
„Argis, was passiert hier mit mir? Ich merke meine Beine und meine Arme nicht mehr.“
„Beruhigt Euch, Liebes. Danica hat Euch ein schmerzstillendes Mittel verabreicht. Wir hätten Euch sonst nicht verbinden können.“
Sie blickte an sich herunter. Es gab so gut wie keine Stelle ihres Körpers, die nicht mit in unbekannten Tinkturen getränkten Leinenbinden bandagiert war.
„Bei allen Daedra, ich bin doch kein Draugr.“
„Es ist die einzige Möglichkeit Euer Fleisch da zu halten, wo es hingehört. Jetzt ruht Euch aus, Ihr werdet noch genug Schmerzen bekommen.“
„Ausruhen ist gut. Ich kann mich ja nicht einmal bewegen.“
„Genauso ist es beabsichtigt. Ihr schlaft jetzt besser. Ich sehe morgen wieder nach Euch.“


Argis legte sich neben sie und zog sie so fest es eben ging, ohne ihr weh zu tun, an sich heran. Leise stöhnte er auf. Er musste Schmerzen haben.
„Liebster, meine Vision… Nicht heute. Noch nicht… bitte.“ Tränen liefen und sie war nicht in der Lage sie wegzuwischen.
„Ich weiß mein Herz.“
„Ihr also auch?“
„Ja heute, als Ihr Agnar und mich so liebevoll angesehen habt.“
„Es darf nicht sein. Es kann nicht sein.“
Ganz leicht fuhren seine Lippen über ihre Tränenspuren.
„Doch mein über alles geliebter Schatz, es wird so sein. Unsere gemeinsame Zeit wird nicht lange währen.“

§gn8

EMS
04.07.2012, 01:20
Statt Bildern nu viele, viele Sätze..., wers mag, kann jetzt gerne weiterlesen. ;)
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Sie blickte sich noch einmal um. In der hellen Mittagssonne von Flusswald stand Gerdur mit Agnar auf dem Arm, der mit großen Augen seinen Eltern nachsah und schließlich anfing zu schreien. Argis nahm ihre Hand, „Kommt mein Herz, lasst uns schneller reiten. Je eher unser Sohn uns nicht mehr sieht, desto besser.“Sie galoppierten die nächsten zwei Windungen der Straße Richtung Weißlauf, um dann die Pferde wieder in einen gemächlichen Schritt zu zügeln. Schweigsam ritten sie nebeneinander her. Von der Seite beobachtete sie das Gesicht ihres Mannes, das von Skepsis geprägt war.
„Ich danke Euch mein Gemahl.“
„Ich hätte ihn lieber hinter den schützenden Mauern von Weißlauf gewusst. Aber Ihr hattet insofern recht, Eure Freundin Gerdur und Hod sind ehrbare Leute und unser Sohn wird dort als Mitglied ihrer Familie aufwachsen.“
„Aufwachsen? Ich hoffe doch, dass wir ihn bald wieder nach Hause holen können.“ Immer und immer wieder versuchte sie ganz bewusst ihre Vision zu verdrängen.
„Wir werden sehen.“ Er setzte sein Pferd in Galopp und preschte vor. Für einen Augenblick blieb sie stehen und sah seinen goldglänzenden flatternden Haaren nach, bevor sie ebenfalls in einen gemächlicheren Galopp verfiel. Es gab Momente, da wollte es weder ihr noch ihrem Mann so recht gelingen.

Er hatte sein Pferd bereits dem Stallburschen übergeben und war verschwunden als sie bei den Ställen ankam. Ein deutliches Zeichen, dass er alleine sein wollte. Sie warf dem Jungen die Zügel zu und trottete erst einmal zum Markt, um noch Proviant für die nächsten Tage zu kaufen. Im Haus herrschte absolute Ruhe.Vollkommen ungewohnt, weder das fröhliche Quietschen und Brabbeln zu vernehmen und ihren Mann sah sie auch nirgendwo. Wahrscheinlich war er zu Balgruuf gegangen und die Beiden würden gemeinsam einen heben bis er wieder von zwei fluchenden Stadtwachen gestützt, nach Hause gebracht werden würde. Sie lächelte, ihr Mann war ein echter Nord, aber in seinem reinrassigen Nordblut hatte, allen rassetypischen Merkmalen zum Trotz, nicht viel Met Platz.

Es dauerte eine ganze Weile bis sie das gemeinsame Gepäck gerichtet hatte. Ein paar Tränke und Gifte würden nicht schaden und so verbrachte sie hochkonzentriert die nächsten Stunden in der kleinen Alchemiekammer.
Es war längst dunkel und von ihrem Gatten immer noch nichts zu sehen. Sein Durchhaltevermögen schien heute enorm zu sein. Schnellen Schrittes verließ sie das Haus. Außer den üblichen Wachen war die Straße wie ausgestorben. Die Einwohner schliefen bereits oder saßen noch zu einem gemütlichen Plausch in der Beflaggten Mähre.
Prüfend sah sie sich um, niemand war in der Nähe. Sie legte ihre Opfergabe an Talos’ Statue nieder und berührte unter einem kurzen inbrünstigen Gebet den Schrein, um dann schnell und unerkannt zu verschwinden bevor die Wache bei ihrem Rundgang wieder vorbeikam. Man wusste nie, ob nicht doch jemand einen heimlichen Kontakt zu den vermaledeiten Thalmor pflegte. Und sei es nur für Gold.

Es blieb nichts mehr zu tun. Sie rührte noch einmal den Eintopf um und zog den Kessel ein ganzes Stück höher, damit der Inhalt nicht anbrannte. Argis würde Hunger haben, wenn er nach Hause kam.
Die Tür zum Kinderzimmer stand offen. Der flackernde Kerzenschein warf eine Silhouette an die Wand, die verdammte Ähnlichkeit mit der ihres Mannes besaß. Die ganze Zeit war er im Haus gewesen. Mit leicht verhangenen Blick saß er auf der Bettkante und spielte in Gedanken versunken mit einem winzigen Spielzeugschwert, das er selbst für Agnar geschnitzt hatte. Entschlossen nahm sie ihm das Holzstück ab, setzte sich rittlings auf seinen Schoß und verschränkte ihre Arme in seinem Nacken.

„Es ist schön mein Herr Gemahl, dass Ihr mir so geholfen habt. Die Vorbereitungen wären alleine kaum zu schaffen gewesen. Ach, es gibt auch noch etwas zu essen. Schließlich müsst Ihr großen Hunger verspüren nach all der Arbeit.“
Es wirkte, er wurde von seinen dumpfen Gedanken erlöst und grinste sie an. Als wäre sie eine Feder stand er auf und trug sie Richtung Schlafzimmer.
„Dann werde ich jetzt mal meinen Teil der Arbeit verrichten.“
„Ihr seid unersättlich.“
„Als ob Euch das jemals gestört hätte.“

Seine raue warme Hand fuhr leicht über das Relikt ihres letzten Drachenkampfes, eine große, fast über die gesamte Länge der Innenseite ihres Oberschenkels reichende, rotleuchtende Narbe.
„Wir werden versuchen das Beste aus unserer Zeit zu machen. Und jetzt möchte ich nie wieder darüber reden.“
Wie üblich, kuschelte sie sich zum schlafen bei ihm ein „Ja, aus jedem einzelnen Moment, mein Liebster. Und vielleicht bleiben uns ja noch Jahre. Wer weiß das schon.“


Die Sonne schickte ihre allerersten Strahlen auf die Erde als sie bei den Ställen ankamen. Schmetterlinge umkreisten die sich in der aufkommenden Wärme entfaltenden Blüten der bunten Bergblumen. Für einen Moment stand sie einfach nur da und genoss das bunte Schauspiel. Wie gerne wäre sie jetzt in ihrem Leinenkleid statt der Rüstung unterwegs gewesen und hätte Alchemiezutaten statt Drachenworte gesammelt.
„Hmm, mein Drachenblut wider Willen. Wohin soll es gehen?“ Spielerisch zupfte er an ihrem Zopf und holte sie in die Wirklichkeit zurück.
„Bei den Göttern, sieht man mir meinen Unwillen dermaßen an?“
„Nein, aber ich spüre ihn. Ihr würdet jetzt lieber in einem Leinenkleid Zutaten sammeln statt in Eurer Rüstung Drachen jagen.“
Es verschlug ihr die Sprache. Mit offenem Mund starrte sie ihn an, während er loslachte.
„Mein Herz, Ihr habt gerade laut gedacht und es nicht einmal gemerkt.“
„Ooh Ihr…, Ihr…, mir fehlen die Worte. Manchmal könnte ich wirklich Hand an Euch legen.“
„Das passiert so oft meine Liebste, und es ist jedes Mal ein Genuss unter den Händen meiner Göttin zu liegen.“
„Argis, Ihr seid schrecklich.“
„Und ich liebe Euch.“
„Müsst Ihr es wieder auf die Spitze treiben?“ Sie lachte, drückte ihm einen liebevollen Kuss auf die rundliche Nasenspitze und sprang auf ihr Pferd. „Kommt mein schrecklicher, geliebter Gemahl. Lasst uns Drachen suchen gehen. Auf meiner Haut ist noch viel Platz für ein paar zusätzliche Narben.“
Er wurde ernst. „Ich würde mein Leben geben, um Euch davor zu schützen… Und wohin reiten wir jetzt nun?“
„Lasst uns erst mal nach Hoch-Hrothgar aufbrechen. Ich brauche Unterstützung von Arngeir, in jeglicher Hinsicht.“


Sie befanden sich gerade einmal in Höhe der Honigbräu Brauerei als seine Augen sich zu Schlitzen verengten. Ohne Vorwarnung gab er seinem Pferd einen massiven Hieb mit der Breitseite seines Schwertes auf die Kruppe und galoppierte los, was die Hufe des Tieres hergaben. Ihre Überraschung währte nicht lange, dann sah sie ihn auch. Ein Blutdrache. Sie erkannte ihn an den bronzefarbenen Schuppen, die in der Sonne glänzten wie verflüssigtes Gold. Ein eigentlich erhabener Anblick, aber er flog auf Flusswald zu.
Die rückwärtigen Spitzen ihrer daedrischen Stiefel bohrten sich in die Weichteile des Pferdes bis es schrill wieherte und in Panik seinem Artgenossen hinterher rannte.
Mit schaumbedeckten Pferden kurz vorm Umfallen erreichten sie Flusswald in Windeseile. Der Drache hatte sich auf der gegenüberliegenden Seite des Dorfes auf der Wachmauer niedergelassen und spie seine feurige Sprache in alle Richtungen. Sie entdeckte Frodnar mitten auf der Straße, wie er die Echse seelenruhig und ganz fasziniert anstarrte. Mit einem Arm ergriff sie ihn vom galoppierenden Pferd aus, wendete auf der Hinterhand und setzte ihn vor Gerdurs Haus ab.
„Rein mit Dir, schnell.“
„Ich will aber den Drachen sehen.“ entgegnete er trotzig.
„Den hast Du bereits gesehen. Du kannst Dir nachher einen Drachenknochen und eine Schuppe nehmen. Und jetzt gehst Du ins Haus. SOFORT!“
Die Tür öffnete sich. Gerdur zog ihren Sohn hinein und gab ihr mit einem Blick zu verstehen, dass mit Agnar alles in Ordnung war. Er war bereits sicher im Haus.
Keine Sekunde zu früh hörte sie wie sich der Schlüssel im Schloss drehte, da geriet sie in den Feuerstrahl. Die Bestie hatte die Position gewechselt, hockte nun auf Lucans Haus und verpasste ihr eine volle Breitseite. „Dovakhiin, Ihr seid schwaaach…“ Er verhöhnte sie.

Mit zwei Galoppsprüngen befand sie sich unter dem hinteren Vordach, wirkte einen ihrer stärksten Wiederherstellungszauber, während das Amulett glühte und ließ das Pferd Pferd sein. Angstvoll wiehernd galoppierte es davon, während der Drache sich nun auf Alvors Haus befand. Es war ein uraltes, gewieftes Exemplar. Nie ließ er sich lange genug nieder um den Bogenschützen Zeit zu einem genauen Schuss zu geben. Sie mussten ihre Pfeile mehr oder weniger ins Blaue hinein verpulvern, in der Hoffnung, dass wenigstens einer traf. Er spie sein Feuer zwischen die vollkommen aufgelösten Dorfbewohner und wechselte zum nächsten Haus. Fast unmöglich schien es ihn zur Landung zu bewegen. Alvor und seine Frau waren ihm bereits zum Opfer gefallen und wenn sie ihm nicht schnell ein Ende bereiteten, würde bald das ganze Dorf ausgelöscht sein. Sie kippte einen Magickatrank nach dem nächsten in sich hinein und verschoss Donnerkeile in laufender Folge. Irgendwo in dem Stimmengewirr hörte sie ihren Mann, der Nachschub an Pfeilen brauchte. Das hatte sie noch nie erlebt.

In der ganzen Verwirrung um sie herum erinnerte sie sich an eines ihrer Drachenworte, das sie nie benutzte, weil es keinen Unterschied zwischen Feind und Freund machte. Mit Schrecken dachte sie noch heute daran, wie sie durch dessen Benutzung ihren eigenen Mann unabsichtlich beinahe getötet hatte.
„Alle in die Häuser. Jetzt sofort.“ Ihre Stimme erhob sich laut und keinen Widerspruch duldend über all die aufgeregten Rufe. Und sie gehorchten. Bis auf Argis. Er kam an ihre Seite „Ich verlasse Euch nicht.“
„Doch mein Herz, bitte. Auch Ihr.“ Heftig stieß sie ihn auf Seite in die Richtung von Lucans Haustüre. „Los, weg mit Euch.“ Sein Zorn und die Verständnislosigkeit in seinem Gesicht waren ihr zum ersten Mal völlig egal. Wichtig war nur, dass er verschwand.
Geschickt wich sie dem nächsten Feuerstrahl des Drachen aus, der es sich jetzt auf der Taverne gemütlich gemacht hatte. Seine Lebensenergie schien unerschöpflich zu sein. Während er tief die Luft einsog um zu seiner nächsten Attacke auszuholen, stellte sie sich vor seinen Augen mitten auf die Straße und ließ ihren Sturmruf los.
In Sekunden verdunkelte sich der Himmel, Regen prasselte und Blitze zuckten in ununterbrochener Reihenfolge auf alles was sich in der Umgebung an Leben unter freiem Himmel befand.
Sie sah das Erstaunen in den Augen der Bestie, die noch zu ein paar matten Flügelschlägen ansetzte und dann endlich völlig geschwächt geräuschvoll vom Dach der Taverne auf die Straße aufschlug. Es brauchte nur noch eines einzigen Hiebes, um sie endgültig dahin verschwinden zu lassen, wo sie hergekommen sein mochte. Während ihr Mann schon hinter ihr stand und sie fest in die Arme schloss, erhielt sie die Seele des Drachen. Für ihn war es immer noch ein Akt, der ihn mehr mit Sorge um sie als mit Freude über den bestandenen Kampf erfüllte. Unter den Dorfbewohnern sorgte er nur für weitere Verwirrung. Überall flüsterte es „Drachenblut“. Innerlich musste sie lächeln, auch das war nichts Neues mehr für sie.
Neu war allerdings, dass die kleine blondhaarige Person, die sie nur als Delphine, die Wirtin der Taverne kannte, in einer Lederrüstung mit den Worten auf sie zukam, „Ihr seid das Drachenblut, auf das wir all die Zeit gewartet haben. Bitte folgt mir.“

EMS
09.07.2012, 22:31
Achtung, Spoiler für die HQ. Aber nach 9 Monaten aufm Markt, dürfte es soviele Geheimnisse darum sicher nimmer geben und ich muss ja auch weiterkommen. ;)
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„Diese sogenannten Klingen missfallen mir. Sie sind Fanatiker, die in der Vergangenheit leben.“ Die Querfalte über seiner Nasenwurzel schien sich für immer in sein Gesicht graben zu wollen.
„Da habt Ihr recht, mein Gatte. Deshalb möchte ich morgen nach Hoch-Hrothgar aufbrechen. Arngeir wird wissen, was es mit diesem besonderen Thu’um auf sich hat.“
„Ihr meint den, wovon Esbern auf dieser Prophezeiungsmauer im Tempel der Himmelszuflucht sprach?... Dieser Tempel. Was für ein schaurig kalter Ort.“
„Nun, immerhin konnten wir einiges an neuen Informationen über Alduin zusammentragen. Schaurig fand ich eher, dass ich Euch im Karthspitzenlager beinahe an diese Abgeschworenen verloren hätte.“
„Sie sehen aus wie Tiere und sie kämpfen wie Tiere. Ich hätte mich daran erinnern müssen.“
Ein leiser Schatten flog über sein Gesicht.
„Mein Herz, Ihr habt mit mir noch nie über Eure Familie gesprochen. Ich weiß nur, dass Ihr wohl damals noch sehr jung wart. Was hättet Ihr ausrichten sollen.“


„Nehmt Ihr mich mit?“
Erstaunt nahm sie das Messer von seinem Hals, „Natürlich. Wie kommt Ihr auf die Idee, dass ich die Reise ohne Euch antreten würde?“
„Ich denke da an den Abend in der Thalmor-Botschaft“, grinste er.
„Das, mein werter Herr Gemahl, lag nur daran, dass Orks in Menschengestalt nicht eingeladen waren. Sie hätten dem Abend eine zu blutige Note gegeben. Aber Ihr wart ja sofort da als ich zur Hintertür wieder herauskam.“
„Nur weil ich dieser Delphine vorher fast den Hals umdrehen musste, bis sie mir verriet wo Ihr Euch befandet.“
„Apropos Hals“, leise schabte das Messer über seine Haut, um auch noch die letzten unerwünschten Bartstoppeln zu entfernen, „wenn Ihr jetzt nicht aufhört mit Euren Händen und Eurem Gemächt Unruhe in mich zu bringen, könnte es sein, dass er durch Taarie mit ein paar Nähten wieder mit Eurem Rest vereinigt werden muss.“
„Hmm, frischgebadete Gattin, so weiche Haut, so gut riechend. Wie sollte ich da aufhören können.“
Das Messer fiel aus ihrer Hand, während sie sich mit einem begehrlichen Seufzer auf seinem Schoß zurechtrückte. Leise und verständnisvoll schmunzelnd verließ die Amme der Jarlkinder den Baderaum und schloss die Tür hinter sich. Niemand sonst badete so oft wie diese Beiden, wenn sie in Weißlauf waren und niemand sonst hatte soviel Spaß dabei.
Hand in Hand liefen sie die Stufen der Drachenfeste hinunter. Der Wind pfiff eisig kalt durch die noch nassen Haare. Am Talos-Schrein blieb sie stehen und fuhr mit der Hand über den Schlangenkopf, „Ich vermisse unseren Sohn.“
„Wir werden ihn morgen besuchen, bevor wir nach Hoch-Hrothgar aufbrechen. Hoffentlich erkennt er uns noch.“
„Euch wird er immer wieder erkennen, mehr als seine Mutter.“ lachte sie. „Mit ihm habt Ihr Euer perfektes Werk geschaffen.“
Sein Auge blitzte sie spitzbübisch an. Er hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. „Wenn ich an seinen Sturkopf denke, weiß ich, dass auch ein gut Teil von Euch in ihm steckt.“


„Kommt her, mein Herz.“ Sie beugte sich von ihrem Pferd zu ihm herüber, zog einen kleinenTiegel mit Hirschtalg aus der Tasche ihres Umhangs und trug den Inhalt dick auf die Narben seines Gesichtes und der Lippen auf.
„Ihr behandelt mich wie eine Mutter ihr Kind“, mopperte er ungehalten, hielt aber still bis sie fertig war.
„Wenn Ihr nicht selber daran denkt.“
„Ich bin aber nicht Euer Kind, ich bin Euer Mann.“
„Zweifelsohne. Trotzdem ändert es nichts daran, dass sich Eure Narben sonst durch die Kälte wieder entzünden.“
Der Weg nach Hoch-Hrothgar hatte für sie beide, bis auf die atemberaubenden Ausblicke, die sie gemeinsam Hand in Hand genossen, längst nicht Spektakuläres mehr an sich.
Sie begrüßten Arngeir und Argis verschwand in ihrem Gastzimmer, um es sich dort mit einem Buch gemütlich zu machen. Hier im Kloster war er zur Untätigkeit verdammt, aber es war ihm zuwider, seine Frau alleine auf den endlosen Aufstieg schicken. Zu tief saß die Erinnerung an den ersten.

„Meine Tochter, was führt Euch heute zu uns?“
Sie folgte ihrem Mentor in den Versammlungsraum.
„Arngeir, es geht um einen Thu’um, von dem mir die Klingen erzählten.“
Abrupt drehte sich der alte Mann in der grauen Kutte um. Abscheu spiegelte sich in seinen Gesichtszügen.
„Die Klingen? Was habt Ihr mit den Klingen zu schaffen?“
„Sie haben mir von diesem Drachenfall-Schrei berichtet, mit dem man Alduin vielleicht Einhalt gebieten kann. Was missfällt Euch daran so?“
„Die Klingen gaben von jeher vor, das jeweilige Drachenblut zu unterstützen. Sie sind Meister der subtilen Beeinflussung und werden Eure Gabe für ihre Zwecke zu nutzen versuchen. Mehr werde ich Euch nicht sagen, Drachenblut. Ihr müsst Eurer eigenen inneren Stimme folgen.“
Sie schwieg erst einmal und sah ihm lange in die Augen. Es war als ob ein Bruch in ihrer Beziehung stattgefunden hatte, und es tat weh.
„Arngeir?“ vorsichtig sprach sie den alten Mann an, in dessen Blick sie ebenfalls eine Spur von Trauer zu bemerken glaubte. „Was hat es nun mit diesem besonderen Thu'um auf sich. Könnt Ihr mir etwas darüber erzählen?“
„Nein, es ist kein uns bekanntes Wort der Drachensprache. Wir können Euch zum ersten Mal nicht helfen. Habt Ihr schon einmal überlegt, dass diese Welt dazu bestimmt sein könnte, unterzugehen.“
Ihre Augen weiteten sich ungläubig, bevor sich die ihr eigene Explosivität bemerkbar machte.
„Um unter einer erneuten Schreckensherrschaft von Alduin wieder aufzuerstehen? Ihr habt mich gerufen. Ihr habt mich gelehrt. Ihr habt mich geleitet. Unser einziger Sohn wächst unter fremden Leuten auf und kennt kaum seine Eltern. Und jetzt soll ich auf halbem Wege kehrt machen?“
„Kommt morgen früh zum Meditationspunkt am Aufstieg zum Gipfel. Ihr werdet unseren Anführer kennen lernen und wir geben Euch ein letztes Geschenk mit auf den Weg, Drachenblut.“

Argis lag gemütlich ausgestreckt auf dem Bett und knabberte an einem Stück Pökelfleisch, während er las. „Was ist geschehen, Liebes?“
Sie setzte sich auf den Bettrand und faltete die Hände in ihrem Schoß. Ihre Stimme klang müde. „Irgendetwas ist zerbrochen zwischen Arngeir und mir, als ich ihm von den Klingen berichtete. Morgen werden wir Paarthurnax kennenlernen.“


Es stürmte und es schneite. Kynareth schienen alle möglichen Widrigkeiten, zu denen sie fähig war, auf einmal losgelassen zu haben. Selbst der Weg über den Innenhof des Klosters bis zum Portal gestaltete sich als ein einziger Kampf gegen die Elemente der Natur. Und doch musste sich Arngeir nicht anstrengen als er mit ihr sprach.
„Nehmt diesen Thu’um in Euch auf. Er wird Euch den Weg zu Paarthurnax ebnen. Und dann holt Euren Gatten. Er kann Euch begleiten.“


Die Eisbarriere fraß sich durch ihre Rüstung und zerrte an ihrem Leben. Nicht mehr lange und sie würde in ihrer Metallhaut zerbröseln wie morsches Gestein unter einer Spitzhacke. Was hatte Arngeir gesagt? Ihr neu erlernter Thu’um würde den Weg ebnen.
Argis hielt sich ein ganzes Stück hinter ihr. Nach all der Zeit und den vielen gemeinsamen Kämpfen war es ihm immer noch unheimlich, welche Macht seine Frau entfesselte, wenn sie die Drachensprache benutzte.
Ihr Mund formte ein donnerndes Grollen.
„Bei den Göttern“, hörte sie ihren Mann hinter sich. „Jetzt habt Ihr schon Macht über das Wetter.“
Die Eisbarriere war verschwunden. Es hörte auf zu schneien und zu stürmen. Von einem makellos blauen Himmel schien die Sonne auf den Pfad, der weit nach oben führte.
Es galt noch mehrere Barrieren in Form von Eisstürmen sowie zwei Trolle zu überwinden, bevor sie leicht atemlos den Gipfel des Halses der Welt erreichten.
Vor Ehrfurcht gingen sie fast in die Knie. Sie hatten einiges erwartet, aber den Anblick des Geschöpfes, der sich ihnen jetzt darbot, ganz gewiss nicht.

„Bei Ysmir…“, zu mehr war ihr Mann nicht mehr imstande. Im rotgoldenen Schein der untergehenden Sonne saß ein riesiger, uralter und fast weißer Drache auf einer ebenso alten Wortmauer und musterte sie mit halb geschlossenen weisen Augen, bevor er sich würdevoll auf den Boden begab um sie zu begrüßen. Die teilweise zerfetzten weißen Flügel und abgebrochenen Zähne zeugten von seinem unvorstellbar hohen Alter und unzähligen Kämpfen mit seinesgleichen. Seine sonore Stimme, die von der Ewigkeit geprägt zu sein schien, durchdrang sie bis in ihre letzten Nervenfasern.
Argis drückte sich lieber an der Mauer herum als Paarthurnax und seine Frau das Ritual der Drachenbegrüßung vollzogen. Es gab einfach Dinge, da blieb man besser außer Reichweite.

Lange philosopierten sie über die Welt, die Drachen und die Menschen. Dieser uralte Drache schien die gesammelte Weisheit der ganzen Welt von Jahrtausenden in sich aufgenommen zu haben. Es war weit nach Mitternacht als sie ihre entscheidende Frage zu ‚Drachenfall’ stellte.
„Nein, Dova, dieses Wort ist keines unserer ureigenen Drachensprache. Es wurde geformt von Menschen, die ihren ganzen Hass auf Alduin in sich und dann in diesemThu’um bündelten. Sie haben damit eine Zeitwunde auf diesem heiligen Berg verursacht, in der Alduin verschwand. Er wurde niemals wirklich getötet.“
„Ihr meint, sie haben ihn in die Zukunft geschrieen?“
„Unabsichtlich und doch entsprach es den uralten Prophezeiungen:
Wenn Chaos seinen Platz in den achtWinkeln der Welt einnimmt,
Wenn der Messingturm wandert unddie Zeit neu geformt wird,
Wenn die dreifach Gesegnetenscheitern und der Rote Turm erzittert,
Wenn der Drachenblutherrscher seinen Thron verliert und der Weiße Turm fällt,
Wenn der Schneesturm darniederliegt, zerstört, königlos, blutend.
Dann erwacht der Weltenfresser, und das Rad dreht sich auf das letzte Drachenblut.
Alduin brauchte nur noch die Erfüllung der letzten Prophezeiung abzuwarten, um zu neuer Stärke zu gelangen und zurückzukehren."
„Und wie komme ich nun an ‚Drachenfall’?“
„Mit einer Schriftrolle der Alten. Sie würde Euch helfen zu meinen drei Freunden zu gelangen, die Euch diesen Thu’um lehren könnten.“
Leise stöhnte sie auf, „Eine Schriftrolle der Alten? Wo könnte ich diese denn finden.“
„Geht zur Akademie von Winterfeste, Dova.“ Im Augenwinkel beobachtete sie wie es bei der Erwähnung dieser Örtlichkeit zu Zuckungen im Gesicht ihres Gemahls kam. „Dort wird man Euch weiterhelfen können. Ich werde jetzt noch meditieren, Dova. Wir sehen uns wieder.“
„Ihr meditiert? Worüber?“
„Über die Worte unserer Sprache. Möchtet Ihr mit mir meditieren? Seit Jahrhunderten schon konnte ich mit keinem Menschen mehr zusammen meditieren.“
„Sehr gerne.“

Irgendwann erhob sie sich und fand ihren Mann im Schnee schlafend vor. Zärtlich küsste sie ihn wach. „Kommt Liebster. Lasst uns gehen.“
Sie bogen um einige Windungen als sie sich mit Tränen in den Augen zu ihm wandte.
„Sagt mir, warum töten wir diese herrlichen Geschöpfe?“
Er nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Weil die Anderen nicht sind wie er, mein Herz. Sie sind Alduins Geschöpfe.“

„Kommt Ihr mit nach Winterfeste?“
„Natürlich. Schließlich könnte es ja sein, dass ich Euch an den Haaren dort wieder herauszerren muss.“

EMS
12.07.2012, 01:17
„Liebste,…mein Herz, ...mein Leben. Es ist vorbei.“
Totenbleich, mit eingefallenen Wangen und leeren Augen saß seine Frau neben ihm im eisigen Sturm auf der Treppe vor Hoch-Hrothgar. Der Wind tobte mit heulenden Geräuschen um die Zinnen des uralten Klosters und wirbelte Schnee auf die beiden einsamen, in der Dunkelheit fast schwarzen Gestalten. Einer inneren Eingebung folgend, war er im Eiltempo von Weißlauf nach Hoch-Hrothgar geritten, und er hatte recht behalten.
Ihr Dai Katana hielt sie mit längst weiß verfärbten Knöcheln immer noch in der Hand, bereit für den nächsten Streich. Den ganzen Weg vom Gipfel bis hier herunter hatte sie es krampfhaft festgehalten, als würden ihr die Mächte der Finsternis folgen. Jetzt rutschte es klirrend und singend die Treppe hinunter als er sie so fest in die Arme nahm, wie er nur konnte.
„Mein lieber, lieber Schatz. Ihr habt es geschafft.“, flüsterte er leise in ihr Ohr.„Alduin ist für immer Vergangenheit.“
„Alduin“,schnaubte sie verächtlich. „Er war nicht einmal stärker als seine geflügelten Untertanen. Aber diese Armee von Todesfürsten in Skuldafn. Selbst mein Dremora konnte ihnen kaum Schaden zufügen. Sie haben mich fast das Leben gekostet.“
Es dauerte eine Weile bis sie seine Umarmung erwiderte. Aber dann hielt sie sich an ihm fest als würde ihr Leben davon abhängen und vergrub ihren Kopf an seinem Hals. „Bitte… Bitte, lasst mich nie wieder los.“
„Nein, mein Herz, nie wieder werde ich euch loslassen.“ Sie war so schön seine Frau, und so voller Liebe zu ihm. Es tat weh und trieb ihm fast die Tränen in die Augen, dass er sie ausgerechnet in diesem Augenblick belügen musste. Durch seine Vision wusste er, mit Alduins Tod war auch seine Bestimmung auf dieser Welt erfüllt. Sein Lebensweg war die Begleitung seiner Frau, des letzten Drachenbluts, auf dem Pfad, dessen Ziel die Vernichtung Alduins und der Erhalt der jetzigen Welt war, gewesen. Und dieses Ziel war erreicht. „Ich liebe Euch.“
„Was?“ Ihre Lippen suchten seine und für die nächste Zeit verschmolzen sie miteinander, bis er spürte, dass sie vor Kälte zitterte.
„Kommt, lasst uns reingehen. Wir werden den Abstieg heute nicht mehr schaffen.“ Er stand auf und schickte sich an ihre Klinge zu holen, die bis ganz unten an den Treppenabsatz gefallen war.
„Lasst es liegen, wo es liegt. Ich will es nie wieder benutzen müssen.“
Sie zeigte wieder ihr spitzbübisches Lächeln, bei dem sich Grübchen in ihren Wangen bildeten und das er so an ihr liebte, „Ab sofort werden Kochlöffel und Besen die Waffen sein, mit denen ich kämpfe.“
Er hob sie auf und trug sie auf seinen Armen in Richtung der riesigen Eingangstüren, „Hmm, wer da den Kampf wohl gewinnen mag.“
Keck rieb sie ihre Nasenspitze an seiner, „Der Sieger werdet immer Ihr sein, mein geliebter Gatte. Ich habe auch noch eine Überraschung für Euch. Aber die erzähle ich Euch erst, wenn wir unseren Sohn heimgeholt haben.“

„Wo sind Arngeir und die Anderen?“
Erstaunt blickte sie sich in dem völlig menschenleeren Gebäude um.
„Fort. Ich weiß nicht wohin. Es ist als ob Alduin sie mit sich genommen hätte.“
Lange lag er noch wach und hing mit seinen Gedanken den letzten Wochen nach, während er geistesabwesend über ihr langes weißblondes Haar und die weiche Haut strich.


„Die Schriftrolle der Alten befindet sich wahrscheinlich in einer dieser götterverdammten Dwemerruinen.“ Resigniert schob sie das Buch auf Seite.
Sie saßen gemeinsam an einem der kleinen Tische im Arcaneum der Magierakademie, vor sich einen Stapel mit Büchern, die ihnen der Bibliothekar zur Lektüre gegeben hatte und suchten nach Hinweisen auf den Verbleib dieser ominösen Schriftrolle.
„Zeigt mal her, mein Herz… Ihr habt recht. Aber wir sollten vorher noch den Schreiber dieses Buches aufsuchen. Fragt Urag nach ihm.“
Mit einem vernehmlichen Seufzer stand sie auf und packte die Bücher zusammen, um sie dem Genannten zurückzugeben, „Dwemerruinen. Falmer. Jetzt werde ich mich jetzt wohl meinen Ängsten stellen müssen.“
„Liebes, ich bin bei Euch. Und wenn Ihr noch ein paar Trainingsstunden bei Phinis nehmt, wird die Beschwörung eines Dremora-Fürsten bald kein Problem mehr darstellen. Dann sind wir schon zu dritt,…zumindest zeitweise.“
„Na, das Ergebnis von gestern sah noch nicht sehr nach Fürst aus.“
„Wahrlich nicht. Aber immerhin war es schon etwas aus dem Reich des Vergessens.“
Er lachte. Das letzte Beschwörungsergebnis seiner Frau war ein kleiner stinkender Skamp gewesen, der den ganzen Abend laut und vernehmlich furzend hinter ihnen hergetrollt war. Zerstörungszauber prallten an ihm ab und irgendwann gab es keinen Raum mehr in diesem Gebäude, der nicht nach Skamp stank. Als dieses beschworene Wesen sich allerdings mit in ihr gemeinsames Bett legen wollte, waren sie dann doch mit Tüchern vor dem Mund zu Phinis Gestor gerannt, um ihn um Hilfe zu bitten.

„Schaut mal, Liebster…“ Er war gerade von Septimus Signus zurückgekehrt, als sie ihn vor Stolz platzend, mit sich in die Halle der Elemente zog. In ihrer linken Hand bildete sich ein violettfarbener Ball. Sie zielte auf eine Stelle am Boden, konzentrierte sich und ließ den kleinen magischen Ball los. Vor seinen Augen stand ein ausgewachsener Dremora-Fürst, der sich sofort zu seiner Frau gesellte.
„Ist er nicht schön?“
„Ihr habt es geschafft, mein Schatz. Aber wenn ich ihn mir genauer anschaue, bin ich froh, dass es nur ein vorübergehendes Geschöpf ist.“
„Fürchtet Ihr Konkurrenz?“ Sie lachte.
„Er ist schon eine beeindruckende Erscheinung.“
Er gab ihr einen Kuss, als er das typische Klacken einer Waffe vernahm, die aus ihrer Halterung gezogen wurde und den Luftzug des riesigen daedrischen Zweihänders spürte. In allerletzter Sekunde rollte er sich unter dem gewaltigen Hieb weg. Krachend schlug das Schwert neben ihm auf den steinernen Boden und hinterließ eine beachtliche Kerbe. Der Dremora wertete seinen Liebesbeweis als Angriff auf seine Herrin. Es entspann sich ein Kampf, dem sie im ersten Moment völlig erschrocken und hilflos zusah. Es brauchte einige Zauber von ihr und sein ganzes Können, den beschworenen Krieger vorzeitig wieder in sein Reich zurückzuschicken. Atemlos strich er sich die verschwitzten Haare aus der Stirn und steckte sein Schwert wieder in den Halter.
„Puh, der hält aber was aus. Den können wir gut gebrauchen. Nur küssen sollten wir uns in seiner Gegenwart nicht.“


Schwarzweite, blau schimmernd in allen Varianten, bis einem die Augen weh taten und man froh war, dass das Gras der oberirdischen Welt grün war. Unterirdisch und so groß wie eine ganzes Fürstentum, voll mit Dwemerbauten und -relikten…und Falmern. Ob man sich an der Oberfläche jemals Gedanken darüber gemacht hatte, über was für Gefahren man mit seinen Füßen lief?
Diese widerlichen grauen, augenlosen Geschöpfe mit ihren nadelspitzen Zähnen hatten das Schleichen zur Perfektion erhoben. Sie schossen mit vergifteten Pfeilen und ihre gezackten Schwerter rissen schwer zu heilende Wunden. Keinen Augenblick durfte man in seiner Konzentration nachlassen. Sie kamen mit leisen glitschenden Geräuschen aus Löchern hervor, in denen jeder normale Mensch nicht einmal Skeever vermutete.
Zusehends verlor seine Frau ihre Ängste. Sie hatte ein weitaus empfindlicheres Gehör als er und nahm die Kreaturen fast ebenso schnell wahr wie umgekehrt. Oft sprintete sie los, noch bevor er irgendetwas vermutete, beschwor dabei ihren Dremora und die beiden wüteten um sich, während er im Hintergrund nur noch seinen Bogen zur Unterstützung einsetzte.
Nach einigen eigenen schmerzlichen Erfahrungen bewunderten sie die dwemerschen Kriegsgeräte, die auch nach Jahrtausenden funktionierten wie am Tag ihrer Fertigstellung und immer noch die mächtigen Bauten ihrer einstigen Erschaffer bewachten.
Die Schriftrolle der Alten und eine Menge Edelsteine und Juwelen waren die Belohnung als sie endlich wieder das Tageslicht erblickten. Die frische Luft, das Rauschen des Windes, der feine Schneeschleier vor sich her trieb… hier gehörten sie hin. Es war unvorstellbar, dass lebendige Wesen sich in steter Halbdunkelheit wohl fühlen konnten.

Sie befanden sich auf dem Weg zurück zu Paarthurnax, als seine Frau vom Pferd sprang und sich aus heiterem Himmel in die Büsche übergab.
„Nanu, was ist los? Seid Ihr schwanger?“
„Hoffentlich“, lachte sie, während sie den Mund mit Wasser ausspülte. „Ich wünsche mir nichts sehnlicher als ein weiteres Kind mit Euch.“


Ein mehr als brüchiger Waffenstillstand zwischen den kriegführenden Parteien war vereinbart, um seiner Frau die letzten Vorbereitungen zu ermöglichen. Jetzt stand sie zusammen mit ihm, Balgruuf, Irileth und zwei Wachen auf dem leergeräumten Balkon der Großstufe in der Drachenfeste. Ihr offenes langes Haar glänzte in der Sonne und wehte mit dem Wind um die Wette. Ihren Blick hielt sie fest in den Himmel gerichtet.
„Mein Freund, sie ist eine so wunderbare Frau. Hoffentlich geht das gut aus. Einen Drachen rufen. Hier in Weißlauf. Wie konnte ich mich nur dazu überreden lassen.…Kommt lasst uns besser ein Stück zurücktreten.“ Balgruuf legte die Hand auf seine Schulter und zog ihn mit sich unter das schützende Dach.
Ein heller, fast zärtlich klingender Schrei ertönte „Odahviing“.
„Bei den Göttern, es funktioniert…“
Gegen die Sonne tauchte die leuchtend rote Kreatur auf. Zwei- dreimal umkreiste er die Drachenfeste bis ein erneuter, diesmal donnernder Thu’um seiner Frau ihn zur Landung zwang. Sein Feueratem hüllte sie vollständig ein. Lodernd wie eine Fackel stand sie direkt vor dem großen Drachen und hob abwehrend den Arm, als sie hörte, wie sich hinter ihr die Anwesenden zum Kampf bereit machten.
„Nein, niemand greift ihn an.“
Schritt für Schritt bewegte sie sich rückwärts, kaum zu sehen in seinen Feuerstrahlen, die ihr nichts auszumachen schienen, und er folgte ihr. Schwerfällig und langsam waren seine Bewegungen, während die beiden ihre feurige Unterhaltung fortführten.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie erneut den Arm hob, um anzuzeigen, dass die Falle zuschnappen konnte. Ohne Furcht ging sie auf das ehemals so stolze und jetzt gedemütigte Geschöpf zu und legte ihre Hand auf seine Nase. Er war versucht zu ihr laufen und sie wegzureißen, aber Balgruuf hielt ihn zurück. „Lasst es mein Guter. Das ist eine Unterhaltung zwischen zwei Drachen, bei der wir Sterblichen nichts zu suchen haben.“

Niemand hatte Farengar beachtet, der vollkommen aufgelöst um den Drachen herumwieselte und sich jetzt am Ende des Drachenschwanzes zu schaffen machte.
„Eine Schuppe, ja? Ooh, nur eine Schuppe bitte. Das wird Euch doch nicht weh tun, oder? Ich brauche auch nur eine. Ooh, ein leibhaftiger Drache. Wann kann werde ich jemals wieder einen so aus der Nähe studieren können.“
Keiner erkannte was Farengar da hinten anstellte, aber der feurige Schmerzensschrei von Odavhiing ließ nicht auf sich warten. Bis auf seine Frau warfen sich alle in die Ecken, um nicht getroffen zuwerden.
„Farengar, was auch immer Ihr da tut. Lasst es... Sofort!“

Ihre Unterhaltung mit Odavhiing, von der sie kaum ein Wort verstanden hatten, war beendet. Langsam kam sie auf die beiden Männer zu. Schatten schlichen über ihre Gesichtszüge.
„Lasst ihn frei.“
„Ich muss mich verhört haben.“
„Nein, Balgruuf, Ihr habt Euch nicht verhört. Vertraut mir einfach.“
Wie ihm geheißen, gab er das Zeichen den Pranger zu öffnen. Odavhiing zog seinen Kopf aus der Falle und streckte die Flügel so weit aus, wie es zwischen den Mauern überhaupt möglich war. Dann watschelte er Richtung Balkon und blickte sich um als ob er auf etwas zu warten schien.

Ihre grünleuchtenden Augen wurden feucht als sie mit ihren Händen durch seine Haare fuhr.
„Liebster, wir sehen uns wieder. Das verspreche ich Euch über mein Leben. Aber den Rest dieses Weges muss ich alleine gehen.“
Bevor er etwas hatte erwidern können, spürte er die Lippen seiner Frau, die ihm liebevoll den Mund verschlossen. Dann ging sie ohne sich noch einmal umzudrehen zu Odavhiing, sprach ein paar Worte mit ihm und schwang sich auf seinen Rücken. Einige rauschende Flügelschläge später waren beide in der untergehenden Sonne verschwunden.


Jetzt lag sie mit dem Kopf auf seiner Brust, das linke Bein zwischen seinen eingeklemmt und war bereits eingeschlafen. Es lag immer noch ein Lächeln auf ihrem verschwitzt glänzenden Gesicht und sie verströmte diesen einzigartigen leichten Duft, den nur ein langer Liebesakt mit sich brachte.

EMS
13.07.2012, 03:08
Würde mich freuen, wenn zwischen den vielen guten Geschichten hier, meine auch noch ein bisschen Lesevergnügen entfachen kann. :)
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„Kommt mein Herz, lasst es uns mitnehmen. Und wenn es nur einen Ehrenplatz bei uns im Haus erhält.“
„Ihr habt recht. Es hat uns jetzt solange begleitet. Es sollte nicht achtlos im Schnee verrotten oder schlimmer noch, in falsche Hände geraten.“
Sie hob ihr Dai Katana auf und steckte es in seine Halterung. Übermütig sprang sie ihrem Mann von hinten auf den Rücken und klammerte sich fest.
„Liebster, wer die Pferde zu vorzeitig wieder nach unten schickt, muss büßen. Tragt mich.“
Er lachte und legte den Kopf nach hinten, „Wieviel muss ich denn tragen? Doch bestimmt wieder zwei.“
Überrascht ließ sie sich von seinem Rücken herunter und drehte ihn zu sich herum.
„Kann man denn gar nichts vor Euch verbergen?“
„Andere vielleicht schon. Ihr, meine liebe Gattin, Ihr nicht.“
„Und das ist auch gut so. Aber nun habt Ihr mich meiner Überraschung für Euch beraubt. Wie gedenkt Ihr das nun wieder gut zu machen?“ Ihre Augen funkelten ihn belustigt an.
„Na, indem ich Euch beide trage?“
„Wisst Ihr was, mein edler Gemahl, es reicht wenn Ihr die werdende Mutter jetzt einfach in den Arm nehmt und sie solange küsst, bis sie sagt, dass es genug ist.“
„Dann wird man uns in der nächsten Ära festgefroren genau hier vorfinden.“


Hand in Hand stapften sie durch den Schnee, den langen Abstieg hinunter. Die Sonne schien auf die ehrwürdigen Mauern von Hoch-Hrothgar und tauchte sie in ein goldenes Licht. Sie drehte sich noch einmal herum und blieb stehen.
„Es ist schon merkwürdig. Paarthurnax ist weg. Die Graubärte sind weg. Es kommt mir vor, als hätte dieser Berg damit jegliche Daseinsberechtigung verwirkt.“


„Ist das schön wieder zuhause zu sein.“ Sie stieg von ihrem Pferd ab und ließ sich in den großen Heuhaufen fallen. „Wann holen wir Agnar?“ Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen schaute sie Argis zu, wie er die Pferde vom Reisegepäck befreite. Dann setzte er sich neben sie.
„Was haltet Ihr von morgen, mein Herz. Heute ist es doch schon ziemlich spät und bis wir da sind, ist es dunkel. Außerdem können wir das Haus über Nacht anwärmen. Es wird bestimmt eiskalt dort drinnen sein.“
„Wie immer habt Ihr recht. Zu essen ist auch nichts da. Vielleicht sollte ich meinen Hunger an Euch stillen.“ Genüßlich zog sie ihn herunter und biss ihn spielerisch in den Hals.
Es dauerte nicht lange als ein vernehmliches Räuspern die traute Zweisamkeit unterbrach. Der Stallknecht stand mit ihren Pferden vor der Box.
„Wärt Ihr jetzt bereit diese Unterkunft Euren Pferden zu überlassen. Ich möchte sie ungerne noch einmal im Weizenfeld des Pelagiahofes einfangen.“

Argis trug Holz herein, während sie die Rüstungen und Waffen in der großen Truhe im Schlafzimmer verstaute.
„Verdammt, ich hab Hunger.“ knurrte er ungehalten, während er das große Feuer in Gang setzte.
„Kommt, mein Schatz.“ Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn Richtung Haustür. „Lasst uns zu Hulda gehen. Wenn wir morgen Agnar abgeholt haben, werde ich sofort auf dem Markt einkaufen.“
Erst spät in der Nacht kamen sie heim. Warm und gemütlich loderte das Feuer in der Grube. Es spiegelte sich im Gesicht ihres Gatten und verlieh den markanten Zügen einen weichen Ausdruck. Sie fühlte sich rundherum glücklich.
Überraschend nahm er sie auf die Arme und trug sie die Treppe hinauf. „Ich möchte diese Nacht mit Euch genießen. Wer weiß, ob es jemals wieder so sein wird.“
„Ihr meint, wenn unser Sohn hier erst mal wieder sein Unwesen treibt?“
In ihrem taumeligen Glücksgefühl entging ihr völlig, dass er bar jeder Antwort blieb.


„Liebster, aufstehen. Sonst fällt gleich unser Haus in sich zusammen.“
Ihr Mann lag mit offenem Mund neben ihr und schnarchte, dass sich die Balken bogen. Sanft pustete sie ihn an und erntete nur ein unwilliges Grunzen und seinen mächtigen Rücken als Anblick. „Heute seid Ihr aber hartnäckig.“ Ihre Finger suchten und fanden die Stelle direkt unter seinem Bauchnabel, um dann leicht darauf herumzukrabbeln.
„Hey, aufhören. Sofort. Hört auf mich ausgerechnet da zu kitzeln.“ Er warf sich herum, dass das Bett in seinen Fugen krachte und kniete sich über sie. Seine Hände pressten die ihren auf das Kopfkissen.
„Und jetzt meine Liebste?“ lachte er.
„Bin ich im wahrsten Sinne des Wortes überwältigt von meinem schönen Mann.“
„Verehrteste, Ihr gebt gerade eine sehr präzise Einschätzung Eurer augenblicklichen Lage ab.“
„Ich verstehe es immer noch nicht.“
„Was?“
„Dass…“, sie grinste, „dass ich Euch nicht gerade mit meinem Lieblings-Thu’um von mir entferne.“
„Nun ja, mit Drachenruf und Drachenfall würde sich an der jetzigen Situation nichts ändern. Ihr liegt ja schon hier.“
„Mein lieber, lieber Gatte“, ihre Stimme bekam eine gespielt gefährliche Klangnote, „ich dachte da eher an Unerbittliche Macht.“
„Ich gebe zu, das würde Euch meiner Person entheben. Allerdings auch der Bewohnbarkeit dieses Hauses.“

Er ließ ihre Hände los und strich die lange Mähne aus ihrem Gesicht. „Wir müssen aufstehen, mein Herz. Schließlich wollen wir unseren Sohn heute zu uns zurückholen.“
In diesem Moment glühte ihr Amulett kurz, aber dafür fast weißglühend auf. Die leuchtenden Rubinaugen sandten zwei rote Punkte an die Decke über ihr und ein fast unerträglicher Schmerz durchfuhr sie, der aber sofort wieder abebbte. Amulett und Rubinaugen erloschen.
Mit zitternden Händen zog sie ihn neben sich. „Bitte Liebster, gebt mir noch ein paar Augenblicke an Eurer Seite.“


„Wir können es auch anders machen.“ Seine Stimme kam aus dem unteren Bereich des Hauses, wo er Holz nachlegte.
„Was denn mein Herz?“ Sie legte sich das Leinentuch um die noch nassen Haare und nahm den großen Wascheimer mit nach unten, um ihn draußen zu entleeren.
„Ah, endlich seht ihr wie eine züchtige verheiratete Frau aus.“
Im Vorbeigehen hauchte sie einen Kuss auf seine Wange. „Der Hunger scheint Euch sprachliche Höchstleistungen zu verleihen. Haben wir denn nicht mal mehr einen Apfel im Haus, damit Ihr was anderes im Mund habt als neckische Worte?“
„Nein, nichts. Und genau darüber wollte ich mit Euch sprechen.“
Er zog sie auf seinen Schoß und sie konnte hören wie sein Magen laut und vernehmlich knurrte.
„Bei den Göttern, wir haben doch gestern abend in der Beflaggten Mähre gegessen.“
„Das bisschen, was noch auf dem Bratspieß übrig war, musste ich ja noch mit Euch teilen.“
„Ihr seid ein wirklich bedauernswerter Mann“, sie legte die Arme um seinen Hals. „Was wolltet Ihr mir denn nun vorschlagen?“
„Ich reite alleine los, um Agnar zu holen. In der Zeit könntet Ihr alles erledigen, was noch ansteht. Und wenn wir nach Hause kommen, ist der Rindseintopf schon fertig. Wisst Ihr mein Schatz, ich vermisse Euren Rindseintopf und möchte nicht länger darauf warten als unbedingt notwendig.“
„So, so. Ihr tauscht also die Begleitung Eurer Gemahlin gegen einen Rindseintopf ein.“
„Wenn…“
„Pst, mein Liebster. Ich habe nichts gegen Euren Vorschlag einzuwenden. Gar nichts.“

Während er seine Rüstung anlegte, kramte sie die Alchemietruhe bis ganz unten durch.
„Hier, gebt diese Steine Gerdur, wenn sie sie haben möchte.“ Sie reichte ihm drei makellose Smaragde in einem kleinen Beutel. „Sie soll unseren Sohn ja nicht solange umsonst mit durchgefüttert haben. Und bestellt ihr, dass ich sie in den nächsten Tagen besuchen werde. Schließlich ist sie meine Freundin.“

Der Abschiedskuss zog sich wie üblich über die Zeit, in der andere Paare einen kompletten Liebesakt hinter sich brachten; dann entschwand er in Richtung der Ställe und sie schlenderte zum Markt. Es war schön die bekannten freundlichen Gesichter wieder zu sehen und endlich auch die Zeit zu haben, mit jedem zu plaudern. Es gab viel zu erzählen bis auf ein Thema. Ihren Sieg über Alduin. Dann wurde sie einsilbig. Zu tief saßen noch die Erlebnisse in Skuldafn und Sovngarde.
Die Zeit rannte ihr davon. Hektisch verließ sie den Marktplatz und begann mit der Zubereitung des Eintopfs.

Die Sonne schickte bereits ihre schrägen Spätnachmittagsstrahlen zur Erde, als ihre Vorfreude einer inneren Besorgnis wich. Sie ermahnte sich selber zur Ruhe. Schließlich war es gut möglich, dass er von Gerdur und Hod noch zu ein paar Met eingeladen worden war. Die Beiden galten als äußerst gastfreundlich und es war kaum anzunehmen, dass sie ihren Mann ohne einen Willkommenstrunk wieder nach Hause reiten ließen.
Es dauerte dann doch nicht mehr lange und sie schlüpfte erneut in ihre Rüstung und ließ mit einem vernehmlichen Klacken das Dai Katana in seine Halterung schnappen. Zu groß war ihre Unruhe.
Gerade wollte sie das Haus verlassen als es klopfte. „Den Göttern sei Dank.“ flüsterte sie und atmete auf, nur um im nächsten Moment erschrocken zurückzufahren. Ein Kurier überreichte ihr einen einfachen unversiegelten Brief und verschwand so schnell wie er gekommen war.
Sie öffnete das kunstlos zusammengefaltete Papier. Ihre Pupillen weiteten sich bis die Augen fast schwarz wirkten. Das Blatt entglitt ihren Händen und schwebte achtlos langsam dem Boden entgegen.

Kurze Zeit später galoppierte ein völlig ungezäumtes Pferd mit einer Reiterin in voller Rüstung und einem Dai Katana auf dem Rücken in wildem Tempo die Straße Richtung Flusswald entlang.

EMS
15.07.2012, 13:21
http://www.youtube.com/watch?v=u6SjvpFBe3M&feature=related

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Grasnarben klatschten bis an die Wand von Lucans und Camillas Haus als sie in den Weg zu Gerdurs Gehöft einbog. Mit einem Ruck stieß sie die Tür auf. Gerdur stand an der Feuerstelle. Agnar spielte mit Frodnar. Hod saß mit einem Humpen Met amTisch und hielt mitten in der Bewegung inne. Alle starrten sie mit schreckgeweitetenAugen an.
„Argis…Bitte sagt mir… War mein Gatte hier?“
Agnar kam, mehr neugierig, als dass er sie im Moment tatsächlich als seine Mutter erkannte, auf flinken Beinchen auf sie zugewackelt. Er fing bereits an zu laufen. Hatte sie ihn wirklich so lange nicht mehr gesehen? Sie nahm ihn auf und betrachtete ihn nachdenklich, bevor sie ihm einen Kuss auf seine Stirn gab. Seine Augen hatten genau das gleiche leuchtende Braun wie die seines Vaters entwickelt, umrahmt von den gleichen, trotz der blonden Haare, dunklen Wimpern.
„Bei den Göttern, was ist los bei Euch, meine Freundin. Erst kommt Euer Gemahl, trinkt mit uns und holt freudestrahlend Euren Sohn ab, gibt mir Edelsteine, von denen wir den Rest unseres Lebens zehren könnten und nur wenige Augenblicke später bringt er Agnar zurück und reitet wie von Sinnen wieder davon.“
Dass diese Begebenheit nicht mit dem Inhalt ihres Briefes übereinstimmte, entging ihr in diesem Moment völlig.
„Argis, Liebster…Ich werde Euch finden…“ Ihr Atem ging nur noch stoßweise, der Schmerz presste ihren Brustkorb in eine überdimensionale Schraubzwinge. Sie setzte Agnar ab.
„Freya, wohin wollt Ihr?“
Aber sie war bereits durch die Haustür entschwunden.



Sie folgte den blutigen Spuren und den Leichen. Immer tiefer in das Grab hinein. Ein paar vereinzelte Draugr, aber hauptsächlich Banditen, von ihrem Mann keine Spur. Er musste hier sein. Sein Pferd stand mit mehreren anderen dort draußen. Sie wusste, dass sie in der richtigen Ruine war. Und wieso war hier alles bereits tot. Sie griff an ihr Amulett, aber zum allerersten Mal bekam sie keine Antwort. Die Rubinaugen blieben so tot wie die Leichen um sie herum. Eine böse Vorahnung beschlich sie und sie spürte wie sie ihr die Luft abschnürte.

Was war hier passiert? Er glich einem Ork, wenn es ans kämpfen ging, aber unklug und unvorsichtig war er noch nie gewesen. Drei verletzte Banditen und ein Anführer stellten sich ihr in den Weg als sie in die Haupthalle kam und ihn blutend und merkwürdig verdreht auf dem Draugrthron erkannte. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr halten. Er musste wie ein Tier um sein Leben gekämpft haben.
Noch nie hatte sie die Bedeutung der Verinnerlichung von Unerbittliche Macht mehr gespürt als in diesem Moment der Wut und Verzweiflung. Zwei der Gegner wurden vor dieWand geschleudert. Schädelknochen splitterten. Hirn und Blut vereinten sich zu einer zähen Masse, die langsam auf die verstümmelten Körper heruntertropfte. Für Zauber fehlte ihr in der gegenwärtigen Situation einfach die geistige Kraft und so wütete sie mit ihrem Dai Katana wie eine rasende Bestie. Rüstungen knirschten, Knochen knackten, und Blut spritzte bis auch der letzte Bandit und sein Anführer kopflos und verstümmelt in den Staub vor ihr fielen.

Ein leises Stöhnen verriet ihr, dass ihr Mann noch lebte. Sie hechtete zum Thron, ein leiser Funke Hoffnung schlich sich in ihr Herz. Als sie seinen verwüsteten Körper in die Arme nahm, wusste sie, dass diese Hoffnung vergebens sein würde. Kein Heilzauber, keine Orkschamanin dieser Welt konnte ihn noch retten. Man hatte versucht ihn zu fesseln. Die Fetzen der Lederstreifen baumelten jetzt noch von seinem blutig geriebenen Handgelenk. Er musste sie einfach zerrissen haben. Sein Schwertarm war fast vollständig abgetrennt, nur noch gehalten von einigen losen Fleischfetzen, seine Rüstung zerschlagen und darunter sein Leib voller Wunden und Einstiche. Man schien ihn bis aufs Äußerste gequält zu haben. Er würde sterben. Hier und jetzt.

„Ihr Götter, seid verdammt. Alle miteinander!“ schrie sie in die fast dunkle Halle hinaus, während ihre Tränen auf sein Gesicht tropften.
Er erlangte das Bewusstsein und sein verbliebener Arm zog sie zu sich heran.
„Mein über alles geliebter Schatz. Mein Leben. Ihr seid hier und Ihr lebt. Den Göttern sei Dank. Jetzt kann ich in Frieden gehen.“ flüsterte er während bereits das erste schmale Rinnsal Blut aus seinem Mundwinkel lief und sich auf derWange mit seiner Tätowierung zu einem neuen Muster vereinte.
„Argis. Argis, mein Herz, mein…“ Ihre Stimme versagte. Sie konnte nicht mehr. „Bitte geht nicht. Bitte… Bitte…“ Ihr Schluchzen ließ beide Körper erbeben.
„Ihr wisst, dass ich jetzt gehen werde, mein Liebstes. Ich konnte unseren Sohn noch einmal in den Armen halten und jetzt liege ich in den Eurigen. Was kann ich noch mehr wollen. Sovngarde wartet. Küsst mich bitte noch einmal.“
All die Liebe, die sie jemals, noch und für immer, füreinander empfanden, lag in diesem letzten Liebesbeweis. Ihr war als hätte sie seine vollen Lippen, seine warme Zunge, seinen weichen kurzen Bart, der ihren Mund umspielte, noch nie sointensiv gespürt wie bei diesem allerletzten Kuss. Sie waren eins. Tief nahm sie dieses Gefühl in sich auf, denn niemals wieder würde es diesen Moment geben.

Sein Kopf fiel zurück, sein Kopfreif rutschte herunter und fiel klirrend auf den Steinboden, aber er klammerte sich immer noch an sie.
„Mein geliebter Schatz, ich gebe Euch frei.“ kam es leise aus ihm heraus.
„Nein, niemals. Ich habe Euch im Tempel auf immer und ewig Liebe und Treue geschworen. Und so soll es sein. Ich habe es einmal gebrochen, aber nie wieder soll es ein zweites Mal geben.“
„Unsere Kinder brauchen einen Vater.“ Mittlerweile lief das Blut in einer immer breiter werdenden Spur aus seinem Mund.
„Sie haben einen.“
Verzweifelt versuchte er sich aufzurichten. Es ging nicht mehr und sie half ihm.
„Ihr könnt doch jetzt nicht einfach gehen. Euer zweites Kind wartet auf Euch.“ Sie war versucht in ihrer Verzweiflung mit der Faust auf seine Rüstung zu hämmern, als könne sie ihn damit vom Sterben abhalten, stattdessen vermischten sich ihre Tränen mit seinem Blut und tropften hörbar auf den Boden in eine immer größer werdende Lache.
„Ein Leben geht, ein Neues kommt. Ich wünschte, ich könnte es noch in meinen Armen halten, aber wir wussten beide, dass uns die Götter nur für eine kurze gemeinsame Zeit einander bestimmt hatten. Ich habe euch jeden Augenblick davon geliebt.“ Quälender Husten entsprang seiner Brust. Blut spritzte in ihr Gesicht. Matt versuchte er es wegzuwischen.

„Versprecht mir nur eins.“
„Alles mein Liebster, alles. Ihr seid mein Leben.“
„Wenn Ihr dereinst auch nach Sovngarde kommt, bitte kommt an meine Seite.“
„Ich verspreche es, mein Herz. Und noch etwas…“, sie lächelte ihn an, „es ist wunderschön in Sovngarde.“
Sein Körper erschlaffte. Es war vorbei.

Die Leere drohte sie zu erdrücken. Der Gedanke sich mit seinem Schwert selbst zu töten, um bei ihm zu sein, hatte etwas Unwiderstehliches. Während sie, immer noch mit seinem Körper im Arm, danach griff, rutschte aus seiner Rüstung einer blutverschmierter, kunstlos gefalteter Brief. Mit der rechten Hand fing sie ihn auf und öffnete ihn.
Es war ein Schreiben, in dem man ihm mitteilte, dass man seine Frau hier gefangenhielt und gegen die Übergabe von Vlindrel Hall bereit zu einer Freilassung bereit war. Es war das gleiche Schreiben, das auch sie erhalten hatte, nur mit dem Unterschied, dass man ihr die Verschleppung ihres Mannes mitgeteilt hatte.
Und wozu Vlindrel Hall. Sie hatten es seit ihrer Hochzeitsnacht nie wieder betreten. Wer sollte auf eine solche Weise Interesse an dem Haus haben. Auf diese Art war es nur zu bekommen, wenn sie beide tot wären. Sie waren in einen Hinterhalt gelockt worden mit dem Ziel sie beide zu ermorden. Wäre sie doch nur nicht auf seinen Vorschlag eingegangen. Dann wäre vielleicht alles anders ausgegangen und er würde jetzt noch leben. Sie mochte die Gedanken nicht weiterspinnen. Sie hinterließen unerträgliche Schmerzen. Und so blieb sie sitzen, in der Hoffnung, dass diese Schmerzen und die Leere irgendwann vorbei gehen würden.



Sie befand sich in einem Trancezustand als sie ohne Schwierigkeiten seinen mächtigen Körper auf ihren Armen zum Holzstapel trug. Sie setzte ihm seinen Kopfreif auf und legte seinen Ebenerzbogen und sein Daedra-Schwert an seine Seite. Sie würden mit ihm auf die Reise gehen. Nie hatte er dieses Schwert aus der Hand gegeben, seit sie es ihm geschenkt hatte.
Sie hatte längst keine Tränen mehr als sie ihn noch einmal küsste und das geliebte Gesicht mit einem Leintuch bedeckte.
Als sie ihr Amulett dazulegen wollte, um es als Erinnerung an sie mitzugeben, ließ es sich nicht abnehmen. Es schien ein Zeichen zu sein, dass er die Verbindung niemals aufgeben würde. So schnitt sie sich eine Strähne ihres Haares ab und legte sie auf seine Brust.
Die Vorbereitungen waren fertig. Sie musste ihn jetzt gehen lassen.
Mit einem Feuerstoß setzte sie ein herumliegendes Stück Holz in Brand, zündete damit sein Sterbebett an und blieb davor stehen, um seinen Weg bis zum Schluß zu begleiten.

„Kommt mein Herz. Aufstehen. Ihr müsst jetzt gehen.“ Die Haare seines kurzen Bartes kitzelten sie, als er sich mit seinen vollen weichen Lippen langsam von ihrem Hals zum Mund vorarbeitete. Seine Zärtlichkeiten verursachten ein zutiefst angenehmes Kribbeln, dem sie mit den Worten „Nein, bitte nicht, Liebster. Ich will doch für immer mit Euch zusammensein.“ Ausdruck verlieh.
Sie breitete ihr Arme aus, um den geliebten Mann willkommen zu heißen, aber da war nichts. Nichts außer Leere und Dunkelheit.
Die Kälte des Steinbodens war in jede Faser ihres Körpers gekrochen und lähmte sie fast vollständig. Sie wusste nicht wie lange sie bereits in dem eiskalten Grab gelegen hatte. Noch eine winzige Zeitspanne und sie wäre erfroren. Aber ihr Mann schien sie noch nicht an seiner Seite haben zu wollen, sonst hätte er sie nicht kurz vor ihrem eigenen Tod geweckt. Sie spürte die bereits gefrorene Feuchtigkeit an ihren den Innenseiten ihrer Schenkel; sie roch das Blut, das sich in einer großen Lache unter ihr breit gemacht hatte und sie wusste ohne hinzusehen, dass er das neue Leben gleich mit sich genommen hatte.
Auf allen vieren kroch sie durch die dunkle Halle bis sie ihr Dai Katana fand. Bei allen Daedra, es würde die blutigsten Spuren hinterlassen, die Himmelsrand jemals erlebt hatte. Noch einmal webte sie ihren Kerzenscheinzauber und suchte den Anführer nach Hinweisen auf das Geschehene ab. Aber sie fand nichts; nichts, was ihr hätte weiterhelfen können. Unfähig zu laufen, robbte sie die Gänge zurück ans Tageslicht. Die Sonne schien hell und unwirklich, aber sie wärmte. Mit einem fast unmenschlichen Schmerzensschrei ließ sie sich auf die Erde fallen.
Der zweite Teil ihres Eheversprechens „bis zum Tod und darüber hinaus“ hatte unweigerlich begonnen.
Sie krallte ihre Hände in den Erdboden bis die Fingernägel blutigabrissen und verlor erneut das Bewusstsein.

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EMS
17.07.2012, 21:02
Eigentlich wollte ich mit dem Tod von Argis aufhören, denn es ging ja um ihn und seine Kleene. Aber dann geriet mir die Story doch so, dass da, wie CKomet so schön schreibt, noch ein bisschen Potiential vorhanden ist... Vorausgesetzt Ihr mögt auch die Zeit nach Argis. :)
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„Ihr habt mich doch nicht kommen lassen, um mir Pferde vorzuführen.“
Wütend stapfte er durch eine Mischung aus Schnee und Pferdedung. „Bringt die Gäule gefälligst weg. Sie erregen nur unnötige Aufmerksamkeit.“
Völlig eingeschüchtert senkte die kleine Sturmmantelsoldatin ihren pelzhelmbesetzten Kopf.
„Nein, mein Herr. Es ist nichtwegen der Pferde.“
„Mensch Mädchen, nun redet schon.Wo habt Ihr diese Tiere überhaupt her?“
Er erwartete nicht wirklich eine Antwort, sondern betrat das große Zelt und warf achtlos seinen schweren Pelzumhang auf das Bett des Lagerkommandanten. „Was ist hier los Hjornskar, Ihr lasst mich aus Windhelm kommen und zur Begrüßung erwartet mich ein kleines Mädchen, das besser noch bei seinen Eltern das Haus hüten würde.“
„Setzt Euch, Kommandant.“ Hjornskar Schädelspalter, ein alter Haudegen, kannte die latent vorhandene Arroganz der Truppen direkt um Jarl Ulfric, war aber nicht gewillt sich davon einschüchtern zu lassen.
„Also was ist los. Ich habe nicht vor, hier Ewigkeiten zu verbringen, bis Ihr meint Eure Worte sorgfältig genug gewählt zu haben.“
„Kommandant, es geht um diese Bestie.“
„Bestie? Was für eine Bestie? Wir befinden uns hier fast in Sichtweite zu Weißlauf. Würde sich hier tatsächlich eine solche herumtreiben, hätten Jarl Balgruufs Wachen ihr längst den Garaus gemacht.“
„Nun ja.“ Hjornskar machte eine Pause. „Es ist keine Bestie im eigentlichen Sinne.“
„Meine Geduld ist nicht unendlich.Würdet Ihr jetzt zur Sache kommen?“
„Es scheint eine Frau zu sein.“
„Seid Ihr von Sinnen?“
„Sie befindet sich dort, wo wir auch die Pferde gefunden haben. Hillgrunds Grab. Wenn es denn eine Frau ist. Durch ihre Rüstung fließt ihr Blut. So etwas habe ich noch nie gesehen.“
„Was erzählt Ihr für einen Unsinn, Hjornskar. Ihr erreicht langsam den Bereich, wo ich anfange an Eurem Verstand zu zweifeln. Schluss jetzt, wir beide reiten dorthin. Ich möchte mir selber ein Bild von Eurer Bestie machen.“


Die vollkommen verdreckte und vollgeblutete Gestalt kauerte an der Wand. In ihrer kunstvoll geschmiedeten, auffälligen Rüstung schimmerten immer wieder leuchtend rote Bereiche auf. Weit ausladend standen die Schulterpartien in scharfen Stacheln weit hinaus, bereit jeden Angreifer schon bei der geringsten Berührung zu verletzen. Beinkleider, Handschuhe und Stiefel besaßen die gleichen abwehrenden Eigenschaften. Er kannte diese Art Rüstung.
„Alter Freund, in einem habt Ihr recht. Es fließt Blut durch diese Rüstung, ...Daedra-Blut. Von einer solchen Rüstung habe ich bisher auch nur gehört. Die Geschichten darüber besagen, es gäbe in ganz Himmelsrand nur zwei Stück.“
„Also ist sie doch eine Bestie, eine Daedra.“
Er stöhnte. Gegen die Dummheit mancher seiner Stammesbrüder kam man nicht an, aber sie waren meist die besten Soldaten. Willig zu kämpfen und leicht zu führen.
„Nein. Ich denke, Ihr steht gerade vor dem letzten Drachenblut.“
Diesmal war es an Hjornskar, am Verstand des obersten Kommandanten der Sturmmäntel zu zweifeln.

Langsam näherte sich dieser der merkwürdigen Gestalt. Leere, smaragdgrüne Augen fixierten ihn, bevor sie aufsprang und ihr Dai Katana kampfbereit in seine Richtung hielt. Ihre Haare mussten einmal weißblond und seidig gewesen sein. Jetzt waren sie zu einer einzigen schmutziggrauen Filzmatte verkommen, die bis weit in ihren Rücken reichte. Die Makellosigkeit ihres Gesichtes wurde verdeckt von einer dicken Schicht aus Ruß, Dreck und Blut. Es gab keine sichtbare Stelle, die auch nur entfernt an das menschliche Wesen erinnerte, dass er gekannt hatte und immer noch liebte.
„Freya, meine Freundin. Hört Ihr mich?“
„Verschwindet Ihr Dreckskerl. Niemand legt Hand meinen Mann.“ Sie fauchte wie ein Säbelzahntiger, während sie ihn mit ihrem Dai Katana auf Abstand hielt.
„Freya, niemand will Hand an Argis legen. Lasst mich Euch helfen.“
„Noch einen Schritt weiter und ich töte Euch.“
Sie erkannte ihn nicht. Er bewegte sich noch einen winzigen Schritt auf sie zu, als ihre Waffe seinen blauen Sturmmantelumhang in zwei Hälften teilte.
„Meine letzte Warnung. Ich habe Draugrfürsten, Drachen… Ich habe alle besiegt, sogar Alduin. Warum sollte ich ausgerechnet vor Euch halt machen? Lasst mich in Ruhe. Ich werde jeden töten, der es wagt die letzte Ruhestätte meines Gatten zu entweihen.“
Ralof erschrak. Argis tot? In einem Anfall von Mitgefühl wollte er auf sie zugehen, um das ehemals schönste Wesen, das er jemals gekannt hatte, in die Arme zu nehmen. Mit einem leisen Lufthauch teilte ihr Dai Katana seine Brustpanzerung und hinterließ einen feinen blutigen Streifen quer über seinem Brustkorb. Er zog seinen Kriegshammer aus der Halterung und sprang zurück, diesmal bereit auch zuzuschlagen. Aber sie folgte ihm nicht.
„Ich sagte es Euch. Nächstes Mal seid Ihr tot.“
Das war das Stichwort.
„So tot wie Euer Mann? Wieviele Freunde, deren Tod er gar nicht will, würdet Ihr ihm opfern? Er war ein großer, tapferer und vor allem gerechter Krieger. Ihr, meine Liebe, beschmutzt sein Andenken.“
Seine neue Taktik schien aufzugehen. In den grünen Augen bildeten sich Tränen, die zwei weiße Spuren in ihrem verdreckten Gesicht hinterließen. Das Dai Katana entglitt ihren Händen und sie sank zu Boden.
Er winkte Hjornskar zu sich. „Habt Ihr Lähmungsgift? Ich weiß nicht, wann ihr anderer Geist wieder durchkommt und dann möchte ich nicht unvorbereitet sein.“
Er wollte den linken daedrischen Handschuh ausziehen, als sie die Hand abrupt zurückzog. „Nein, auch diesen Ring werde ich niemals hergeben. Ebensowenig wie meinen Ehering und mein Amulett. Sie sind Andenken an die, die ich geliebt habe. Um sie zu erhalten, müsst ihr mich schon töten.“
Sie erkannte ihn immer noch nicht.
„Meine Schöne, ich habe nicht vor Euch zu töten.“
In ihren Augen flackerte es leicht.„Ralof?“
„Ja, meine Schöne.“ Während er dieses Wort noch einmal benutzte, ließ sie sich widerstandslos den Handschuh ausziehen. Er steckte den Ring wieder an Ihren Zeigefinger, ritzte mit seinem Messer eine winzige Wunde in ihre Hand und träufelte das Gift darauf.
Völlig verständnislos sah sie ihm dabei zu. Ihr Zustand war besorgniserregend und ihr Anblick verursachte ihm ein fast körperliches Schmerzgefühl.

Innerhalb kürzester Zeit sackte sie vollkommen bewegungsunfähig zusammen. Er wickelte sie vollständig in seinen Pelzumhang, um sich nicht an den scharfen Spitzen ihrer Rüstung zu verletzen und legte sie vor sich auf sein Pferd.
Neben ihm stieg Hjornskar kopfschüttelnd auf. „Ihr kennt sie?“
„Ja, mein Freund. Wir waren für eine winzige Zeitspanne die glücklichsten Menschen dieser Welt.“
„Und sie war… ist tatsächlich das Drachenblut?“
„Ja, auch das. Hjornskar…, sie war einmal so schön und stolz und stark. Das was Ihr jetzt seht, ist nur ein Schatten ihrer selbst, verursacht durch den Tod ihres Mannes.“
„Wo bringen wir sie hin?“
„Ihr reitet zurück ins Lager. Ich werde sie zu meiner Schwester nach Flusswald bringen. Dort lebt auch ihr Sohn.Vielleicht führt er sie wieder ins Leben zurück.“
Er packte noch das Dai Katana und schob es seitlich unter die Satteltaschen.
Sie folgten der Straße und unterhielten sich über die letzten Geschehnisse des Bürgerkriegs. Der Waffenstillstand war längst gebrochen und der Krieg tobte heftiger als je zuvor. Beide Seiten saßen derzeit in einer Pattsituation fest, aus der sich keine so richtig befreien konnte.

Vertieft in ihre Diskussion, bemerkte niemand, dass sich das Pelzbündel leicht bewegte. Im nächsten Moment schrie Ralof auf und warf sie hart vom Pferd herunter. Aus dem Pelzumhang klirrte ein blutiger Dolch. Ansonsten rührte sich in dem auf der Straße liegenden Bündel nichts weiter. Er sprang von seinem Tier und hielt sich den Oberschenkel. Sie hatte kräftig zugestochen. Die Wunde reichte tief bis in den Muskel. Hjonskar reichte ihm saubere Leinenbinden mit denen er den blutig klaffenden Spalt zusammenhielt. Dann nahm er den Dolch auf und betrachtete ihn eingehend. Mehrunes Klinge. Sie hatte sich wirklich gemausert, seitdem er sie das letzte Mal in seinen Armen gehalten hatte. Zum Glück schien die Waffe nicht vergiftet zu sein. Mit dem Dolch in der Hand öffnete er den Pelzumhang. Aber ihre Augen waren bereits wieder geschlossen.
„Seid ihr sicher, dass Ihr alleine mit ihr nach Flusswald wollt?“ Hjornskar musterte ihn besorgt als sie das Pelzbündel wieder auf das Pferd hievten.
„Ja. Ich werde sie wohl zu ihrer und meiner Sicherheit fesseln. Habt Ihr noch ein paar Lederstreifen?“

Weit außen ritt er auf der anderen Seite des Flusses an Flusswald vorbei. In diesem Zustand würde er sie niemals den Blicken der Dorfbewohner preisgeben. Schließlich gelangte er zur gemeinsamen Badestelle und legte sie sanft auf der Erde ab.
Als er erst sich und dann sie entkleidete, fiel ihm das längst schwarz geronnene, übelriechende Blut zwischen ihren Beinen sowie die langsam verblassende riesige Narbe ihres Oberschenkels auf.
„Bei den Göttern, meine Schöne, Euch ist aber auch wirklich nichts erspart geblieben.“
Er zerriss eine saubere Pferdedecke, nahm sie auf die Arme und stieg mit ihr in den Fluss. Langsam aber sicher kamen unter dem ganzen Schmutz wieder die feinen Gesichtszüge zum Vorschein. Das Haar leuchtete wieder weißblond in der hellen Mittagsonne, auch wenn es noch völlig verfilzt war.
Sie öffnete die Augen. „Ralof, was tut Ihr da?“ Sein Herz machte einen kleinen Freudenhüpfer. Endlich. Sie erkannte ihn.
Er stieg aus dem Wasser und legte sie im warmen Gras ab. Ihr jetzt sauberer Körper war wieder schön wie eh und je. Muskulöser war sie geworden, aber auf eine ganz feine Art. Aus seiner Satteltasche klaubte er seinen Kamm und begann sorgfältig die zahllosen Knoten in ihrem Haar zu entwirren.

„Wieso bin ich gefesselt? Und warum kann ich mich nicht bewegen?“
„Ihr habt mich mehrmals angegriffen und ich war gezwungen mir mit ein paar Fesseln und einem Lähmungsgift die nötige Ruhe zu verschaffen, um Euch nach Flusswald zu bringen.“
„Ich habe Euch angegriffen?“ Verwundert schüttelte sie den Kopf. „Aber warum?“
„Ihr wart von Sinnen wegen des Todes von Eurem Gatten.“
„Argis…“ Tränen kullerten erneut die Wagen hinunter und tropften auf seine Oberschenkel.
Was sollte er sagen? Am besten nichts und so kämmte er Stück für Stück weiter durch ihre lange Mähne, was sie mit geschlossenen Augen über sich ergehen ließ.
Nach einer Weile hob sie dann doch den Blick und hielt ihm die immer noch gefesselten Handgelenke vors Gesicht.
„Ralof, Ihr könnt mich jetzt losschneiden. Es besteht keine Gefahr mehr für Euch.“
„Seid ihr sicher?“
„Ganz sicher.“ Das erste Mal versuchte sie ein leichtes Lächeln. Vollkommen schief geriet es, aber das war ihm egal.

EMS
26.07.2012, 00:44
Angewidert verzog sie das Gesicht, als sie wieder in ihre vor Schmutz und Gestank starrende Rüstung steigen sollte.
„Ralof, würdet Ihr mir Euren Umhang überlassen?“
„Gerne, meine Liebste“ In einer liebevollen Geste legte er das große blaue Tuch um ihre Schultern.
Im nächsten Moment fühlte er einen brennenden Schmerz auf seiner Wange. Völlig verdattert wanderte sein Blick in ein paar wütend aufblitzende grüne Augen. Nackt, in der linken Hand seinen blauen Umhang, die rechte noch vom Schlag erhoben, stand sie wie der leibhaftige Zorn vor ihm.
„Habt Ihr wirklich angenommen Ihr könntet ohne Umschweife den Platz meines Ehegatten einnehmen? Euch nahtlos in mein Bett legen und meinen Körper in Besitz nehmen?“
„Ich… Ich… Nichts lag mir ferner…“ für einige Augenblicke herrschte eisiges auf ihrer und verwirrtes Schweigen auf seiner Seite. Dann fuhr er leise fort. „Besser Ihr geht jetzt. Sofort. Lasst Euch von meiner Schwester ein Kleid geben und betet zu den Göttern, dass Ihr nicht mehr da seid, wenn ich dort ankomme.“
Ohne ein weiteres Wort drapierte sie das große blaue Tuch kunstvoll zu einer Tunika, packte ihre Rüstung und Waffen und schwang sich auf sein Pferd.
„Was…“
„Ihr findet es bei den Ställen vonWeißlauf. Und sagt Gerdur, dass ich Agnar noch nicht holen kann.“
Sie drehte sich nicht einmal mehr herum und verschwand mit seinem Tier die Windungen der Straße Richtung Weißlauf hinunter. Zorn, Demütigung, Trauer. Er wusste nicht, welchem seiner Gefühle er Platz einräumen sollte, als er sich quer durch den Fluss ins Dorf begab. Alles davon schmerzte mehr als die Wunden auf seiner Brust und in seinem Oberschenkel.

„Bruderherz, ich freue mich.“ Die Freude in Gerdurs Gesichtszügen wechselte unmittelbar zu einer Sorgenfalte auf ihrer Stirn als sie der Stimmung ihres Bruders gewahr wurde. „Was ist los?“
„Bitte gib mir ein wenig Zeit, Schwesterlein“ liebevoll klopfte er ihr auf die Kehrseite. „Ich möchte mich erst ein wenig ausruhen.“
„Ralof, Du bist verwundet und Deine Rüstung…“
„Es ist nichts... Später.“
Müde setzte er sich auf den Rand seines Bettes und zog unter einem leisen Seufzer die Stiefel von den Füßen. Agnar kam auf flinken Beinchen auf ihn zugerannt und zog sich an seinen Beinen hoch bis er auf seinem Schoß zu sitzen kam. Er fing an mit den Stahlringen des zerschnittenen Kettenhemdes zu spielen und erzählte in brabbelnden Lauten seine eigene kleine Geschichte dazu. Ein heftiger Nieser bescherte Ralof Reste des letzten Essens, die sich in seinem Gesicht und auf der Kleidung verteilten.
„Hey, mein kleiner Krieger. Ich habe gerade erst gebadet“, lachte er, während er sich zurücklegte und mit Agnar, der auf seinem Bauch herumhüpfte, zu spielen begann.
„Er liebt Dich wie seinen Vater.“
„Ich bin aber nicht sein Vater.“ Unerwartet hob er den Kleinen hoch und stellte ihn unsanft auf den Boden. Die großen braunen Kinderaugen sahen ihn erstaunt an bis Tränen aus ihnen liefen und sich mit trotzigem Schreien mischten. Ein paar Minuten sah er, selber unglücklich, dem noch unglücklicheren Kind zu, das immer wieder eindeutig die Arme nach ihm ausstreckte, sich aber nicht mehr näher an ihn herantraute.
Entschlossen hob er ihn wieder auf und gab ihm einen Kuss auf die nasse Wange. „Komm her mein Kleiner. Es tut mir leid.“
Gerdur zog es vor die Begebenheit nicht zu kommentieren und verließ das Haus, um die Kuh zu melken. Als sie es wenig später wieder betrat, lagen beide wieder auf seinem Bett. Fest hielt Ralof den Jungen im Arm und sie schliefen den Schlaf der Gerechten.

Einige Zeit später wurde er durch das Herumtollen von Frodnar und Stump geweckt. Agnar lag auf die gleiche Weise an ihn gekuschelt wie seine Mutter es in den wenigen Tagen, die sie gemeinsam verbracht hatten, immer getan hatte. Die weißblonden Locken fielen in das jetzt vollkommen zufriedene Kindergesicht. Vorsichtig stieg er aus dem Bett, um den Kleinen nicht zu wecken und deckte ihn zu. Der erwartungsvolle Blick von Gerdur ließ nicht lange auf sich warten. „Also?“
„Wo soll ich anfangen?“
„Am Anfang, Bruderherz?“
„Argis… Er ist tot.“
Seine Schwester wurde schreckensbleich „Bei den Göttern, sie konnte ihn nicht retten? Wo ist sie jetzt?“
„Ich weiß es nicht. Ich soll Dir ausrichten, dass sie Agnar in der nächsten Zeit nicht holen kann.“
Gerdur spürte deutlich, dass viel mehr vorgefallen sein musste. Aber sein verschlossenes Gesicht zeigte ebenso deutlich, dass er nicht weiter darüber reden wollte.



Es war dunkel im Haus. Und es war kalt. Es roch es nach altem, halb abgebranntem und jetzt feuchtem Holz. Und nach Schimmel. Noch immer gärte der Rindseintopf in seinem Kessel vor sich hin. Auf dem Tisch an der Eingangstür stand noch der halbvolle Metkrug ihres Mannes und auf dem Boden verteilten sich die Rüstungsteile sowie ein paar Utensilien, die sie aus Ralofs Gepäck mitgenommen hatte.
Als sie die Haustür geöffnet hatte, war ihr als erstes der Entführerbrief entgegen geflattert. Jetzt saß sie, immer noch halbnackt, vor Kälte zitternd auf der Stiege. Ihre Finger hielten das Blatt krampfhaft fest. Längst schon konnte man die durch zahllose Tränen völlig verwaschenen Buchstaben nicht mehr lesen.
Irgendwann klopfte es an der Tür, was sie mit einem brüchigen „Ja? Kommt herein.“ quittierte. „Gerdur? Ihr?“
Gerdur sah sich um und rümpfte vernehmlich die Nase. Dann packte sie das Häuflein Elend auf der Treppe unter die Arme.
„Ihr geht jetzt erst mal schlafen, meine Liebe. Wir unterhalten uns später.“

Fest hielt sie das Amulett in den Händen, während sie in den feuchten Decken mit dem Schlaf rang. Es dauerte eine Weile und sie verspürte seine vertraute Nähe, fühlte die warmen Hände, die über ihr Gesicht und ihren zitternden Körper strichen. Er war da. Sein Geist war bei ihr.
„Argis, Liebster…“
„Psst, ich bin hier und wache über Euch. Schlaft mein Herz.“
Seine Hand bewegte sich über ihre Augen und sie versank in einen tiefen erholsamen Schlaf.


Nach den Sonnenstrahlen zu urteilen, die durch die Belüftungslücken im Dach fielen, musste es bereits gegen Mittag sein, als sie aus dem Bett sprang. Sie fühlte sich gut, wie neugeboren, wusste sie doch, dass er sie nicht verlassen hatte. Seine Mörder hatten die körperliche Verbindung zu ihm zerstört, seinen Geist hatten sie nicht erreicht.
Sie schnupperte sehnsuchtsvoll. In der unteren Etage knisterten warm die Flammen in der Feuergrube und es roch nach gebratenem Fleisch. Schnell schlüpfte sie in ein Leinenkleid und sprang mit zwei Sätzen die Treppe hinunter.
Gerdur beäugte sie kritisch. Der Stimmungswandel ihrer Freundin war ihr nicht geheuer.
„Wie geht es Euch?“
„Hunger. Ich habe einfach nur Hunger.“
„Das ist gut zu hören. Übrigens, ich habe Eure Rüstung und Euer Dai Katana zu Eorlund Graumähne gebracht. Er war ziemlich erschrocken über deren Zustand.“
„Das kann ich mir lebhaft vorstellen“, lachte sie zwischen zwei herzhaften Bissen in ein großes Stück gut riechenden Fleisches. „Aber Rüstungen und Schwerter sind nun einmal zum kämpfen da. Ich danke Euch von ganzem Herzen, dass Ihr mir so helft.“
„Meint Ihr, dass Ihr es schafft mir zu erzählen was passiert ist? Ralof sagte mir mit nur einem Satz, dass Ihr Argis verloren habt. Und dann machte er sich wieder auf Richtung Windhelm.“
Das Lächeln verschwand aus Freyas Gesicht. „Euer Bruder ist schon wieder weg?“
„Ja, eigentlich direkt nachdem er bei uns ankam. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Er bleibt sonst immer eineWeile, alleine schon wegen Agnar. Die zwei lieben sich. Warum?“
„Ich… Ich… habe ihm nicht nur körperlich geschadet. Ich habe ihn gedemütigt und es schmerzt mich. Ich wünschte ich könnte es rückgängig machen.“
„Wenn Ihr ihn wirklich, wie auch immer, gedemütigt habt, sehe ich keine große Chance, dass Ihr wieder eine Verbindung zu ihm bekommen werdet.“
Betroffenes Schweigen füllte den ganzen Raum bis Gerdur sie in die Arme nahm.
„Vielleicht kann ich Euch helfen liebe Freundin. Kaum jemand, außer vielleicht Ihr, kennt das Herz meines Bruders genauer als ich.“
„Wenn ich es so gut gekannt hätte, wäre ich nicht dermaßen aus der Rolle gefallen. Lasst es gut sein. Diesen Weg muss ich alleine auf mich nehmen, denn ich trage die alleinige Schuld.“
„Wie Ihr meint.“
„Könnt Ihr Euch noch eine Weile um Agnar kümmern?“
„Nichts lieber als das. Euren Sohn muss man einfach lieben. Ich habe jetzt schon Angst vor dem Tag, an dem Ihr ihn ganz zu Euch zurückholt.“
„Er wird immer in Eurem Blickfeld bleiben meine Liebe, wenn Ihr es schafft, genug Holz für ein Haus in Flusswald zu sägen und es dann zu bauen.“
Gerdur jauchzte „Ihr wollt zu uns nach Flusswald kommen? Ich werde dafür sorgen, dass noch heute mit den Arbeiten begonnen wird… Aber was ist hier mit Brisenheim?“
„Ich kann hier nicht mehr sein. Ohne Argis ist es nur eine leere Hülle, der nie wieder Leben eingehaucht werden kann.“
„Was werdet Ihr jetzt tun?“
Nur zwei Worte grollten tief aus ihrer Brust, als sie sich mit fast dämonischen Gesichtszügen Gerdur zuwandte „Rache nehmen.“

Bianca
26.07.2012, 09:06
Oh EMS das ist dir wieder gut gelungen, respekt gefällt mir gut.
Ich hoffe doch das Freya, RAlof in irgendeinerweise noch erweichen kann.

EMS
04.08.2012, 20:31
„Balgruuf, Euer Angebot ehrt mich, aber ich kann und werde es nicht annehmen.“
Sie schlug die Augen nieder und hoffte insgeheim, dass es bald vorbei sein möge. Gemütlich saßen sie zu zweit in den goldenen, schrägen Sonnenstrahlen des ausklingenden Tages auf dem Balkon der Großstufe. In den Karaffen spiegelte sich dunkelrot der Wein des Aalto. Feine silberne Platten mit allerlei herzhaften und süßen Köstlichkeiten dekorierten kunstvoll den langen Tisch. Nach all der Zeit, die Argis und sie inWeißlauf verbracht hatten, wollte sie die Stadt nicht verlassen, ohne sich von ihrer beider bestem Freund zu verabschieden. Mit einem Heiratsangebot des Jarl hatte sie nun nicht wirklich nicht gerechnet, als er ihr die Einladung zu einem letzten gemeinsamen Glas Wein zukommen ließ.
„Meine Liebe, Ihr hättet eine adäquate Stellung in der Gesellschaft und sowohl Euer Sohn als auch Ihr wäret versorgt.“
„Ich weiß Euch und Eure Beweggründe wirklich zu würdigen lieber Freund, aber ich bin gekommen um mich zu verabschieden. Ich werde Weißlauf verlassen, auch wenn ich noch nicht weiß, wohin mich mein Weg führen wird.“
„Ist Euer Durst nach Vergeltung wirklich so groß? Größer noch als Gedanken um Eure und Eures Sohnes Zukunft?“
„Agnars Zukunft ist in jeder Hinsicht gesichert. Gerdurs Familie macht keinerlei Unterschiede zwischen ihrem eigenen und meinem Sohn.“
„Und Eure Eigene, teure Freundin?“
Freundschaftlich legte sie ihre Hand auf seine. Fast tat er ihr schon leid, als sich die tiefe Enttäuschung in seinem Gesicht zeigte.
„Balgruuf, meine eigene Zukunft? Sie bedeutet mir nichts, aber auch gar nichts ohne den einen Mann an meiner Seite.“
„Meint Ihr etwa diesen Sturmmanteldraufgänger aus Flusswald, mit dem Ihr Euch das Bett teiltet, obwohl Ihr verheiratet wart?“
Für einen Moment war ihre Faust versucht in sein Gesicht zu wandern. Woher wusste er davon? Aber selbst das Wissen darum berechtigte ihn nicht, Rechenschaft von ihr zu verlangen.
„Balgruuf, setzt jetzt nicht unsere so lange währende Freundschaft aufs Spiel. Ich würde Euch ungerne wegen einiger Tage, die Euch in nichts betreffen, verlieren. Meine Gedanken gelten einzig der Rache für meinen geliebten Ehemann und wenn mich dabei der Tod ereilen sollte, so bin ich endlich wieder mit ihm vereint.“
„Entschuldigt.“
„Schon gut“, ihre Stimme klang wieder versöhnlicher. „Ich werde Euch aber jetzt trotzdem verlassen müssen. Der Tag für mich beginnt morgen sehr früh. Habt Dank für alles, lieber Freund.“

Ein Abstecher auf dem Rückweg führte sie erst zur Himmelsschmiede, um ihr Dai Katana abzuholen.
„Und was ist mit Eurer Rüstung?“ brummte Eorlund. „So verkommen wie sie ist, hätte ich sie nicht mal mit der Hilfe der Götter bis heute in einen vernünftigen Zustand bringen können.“
„Kein Problem, werter Freund. Ich werde sie vorerst nicht tragen können. Für meine Absichten ist sie viel zu schwer und auffällig. Macht mir nur die Handschuhe und die Stiefel heute noch parat und lasst den Rest nach Flusswald zu Gerdur bringen, wenn Ihr damit fertig seid.“
Schnell lief sie die paar Stufen bis zum Trainingsplatz hinter der Methalle hinunter, wo die Gefährten es sich bereits unter dem Dach zum Essen gemütlich gemacht hatten.
„Na Vilkas, noch eine letzte Trainingsrunde? Ich möchte Euch doch wenigstens einmal im Staub vor mir liegen sehen“, lachte sie, während sie dem Angesprochenen kräftig auf den Rücken klopfte. Der gerade angesetzte Metkrug schwappte über, er verschluckte sich und fing kräftig an zu husten.
„Natürlich“, knurrte er, während er sich mit dem Arm den Met aus dem Gesicht wischte. „Wie sollte ich diese Art Herausforderung ablehnen können.“
Unter den Anfeuerungsrufen der Zuschauer kreuzten sich zierliches Dai Katana und massiver Zweihänder. Ebenerz traf auf Stahl, Kämpferin auf Kämpfer. Mehrfach saßen die Klingenspitzen am Hals des jeweils Anderen, aber das Verhältnis schien ausgeglichen. Vilkas begann in seiner Rüstung zu schwitzen, während sie, gekleidet in Hose und leichte Tunika um ihn herumschwirrte wie ein Wirbelwind. Ihre Ermüdungstaktik ging auf. Als Vilkas kurzfristig ihrer Drehung nicht folgen konnte, trat sie ihm in die Kniekehle und zwang ihn mit angelegtem Dai Katana in die Knie.
„Gewonnen.“ Auch sie keuchte, die Haare hingen in wirren Strähnen in ihrem Gesicht aus dem die Augen triumphierend hervorblitzten. Die Waffe schnappte in die Halterung und sie reichte ihm die Hand. „Kommt, lasst uns zusammen einen trinken.“

Wehmütig starrte sie in ihren fastvollen Krug.
„Was ist? Keinen Durst?“
Erschrocken blickte sie auf.„Entschuldigung. Ich musste nur gerade daran denken, wie Argis bei unserem letzten Training mit unserem Sohn auf seinem Schoß hier saß und uns zuschaute. …Er…Er fehlt mir so sehr.“ Immer leiser wurde ihre Stimme.
„Er war der Beste.“ Kodlak legte seine Hände auf ihre Schultern. „Kommt bitte nachher unten in meine Kammer, wenn Ihr Euch wieder besser fühlt. Ich möchte etwas mit euch besprechen.“
„Ich weiß nicht, ob ich mich jemals wieder gut fühlen werde, Kodlak. Also kann ich Euch auch gleich begleiten.“
Sie folgte dem weißhaarigen Alten in die unteren Gewölbe, die sie noch nie betreten hatte. Die Flure waren mit roten Teppichen ausgelegt. Man konnte die Versuche sehen, den kleinen fensterlosen Kammern ein wenig Gemütlichkeit einzuhauchen. Den muffigen Geruch vertreiben konnte man allerdings damit nicht. Torkelnd stolperte Torvar an ihr vorbei und hinterließ eine Duftspur aus Met, Bier, altem Schweiß und etwas, was sie lieber gar nicht wissen wollte. Sie kräuselte die Nase. Einige der Bewohner hatten, so schien es, dringend ein Bad nötig.
Tilma, die sie nur flüchtig ein paar Mal gesehen hatte, wollte anscheinend eine Unterhaltung beginnen und kam mit ausgestreckten Händen und den Worten „Ich bin Tilma. Ich kümmere mich um die Krieger von Jorrvaskr solange ich denken kann“ auf sie zu. Angewidert von den diversen Gerüchen, war sie nicht auf ein längeres Gespräch versessen und deutete nach hinten auf Torvar, der sich in seinem sturzbetrunkenen Zustand gerade in einer Ecke erleichtern wollte, „Dann fangt mal schnell mit dem laufenden Metfass da hinten an.“ Erschrocken stürzte die Alte davon, um sich des Delinquenten anzunehmen und sie konnte ungestört Kodlak folgen.
Seine Kammern waren nicht groß, aber sauber. Er deutete ihr an, sich zu setzen und machte eine bedeutungsvolle Sprechpause. Sie schätzte den Alten sehr, der immer so ruhig und gelassen wirkte, obwohl er oft schwerwiegende Entscheidungen für den zusammengewürfelten, ungehobelten Haufen da oben treffen musste. Das Alter und die langen Jahre hatten ihm die Weisheit verliehen, die Gefährten durch alle Widrigkeiten zu leiten und zu erhalten. Er war in ganz Himmelsrand ein geachteter Mann, dessen Stimme sich selten erhob, aber wenn, dann hatte sie Gewicht.

„Freya“, begann er nach einer längeren Pause, in der er nur in ihre Augen geblickt hatte, als suche er etwas darin. „Ich weiß, dass Ihr Euren Ehemann rächen wollt, und ich fühle, dass nichts Euch aufhalten kann. Wir haben ihn hier schätzen gelernt wie keinen Zweiten. Deshalb würde ich Euch gerne ein Geschenk mit auf den Weg geben. Ein Geschenk der Macht, das Euch helfen könnte, Eure Widersacher schneller zu besiegen.“
Sie schwieg und ließ ihn weiterreden.
„Es gibt eine Axt, Wuuthrad. Sie gehörte einst Ysgramor, der wie Ihr wisst, der erste der Gefährten war. Leider wurden ihre Fragmente in alle Winde verstreut.“
„Eine Axt, Kodlak? Ich besitze Mephalas Klinge, wie Ihr bestimmt schon bemerkt habt. Und sie ist eine Waffe, der keine Zweite das Wasser reichen kann. Ich bin es nicht gewohnt mit einer tonnenschweren Axt zu kämpfen, auch wenn sie Ysgramor selbst gehörte.“
„Das ist Mephalas Klinge? Bei den Göttern, nein, das wusste ich nicht.“ Erschüttert blickte er auf die Waffe, die sie an die Wand gelehnt hatte. „Sie ist ein urböses daedrisches Artefakt. Ihr habt Euch mit den Daedra eingelassen? Ist sie… ist sie bereits vollgesaugt mit dem Blut von Leuten, die Euch vertrauten?“
„Ja, Kodlak, das ist sie.“ Eiskalt und ohne Regung klang ihre Stimme durch den kleinen Raum. „Man kann nicht immer im Licht wandeln, wenn man seine Ziele erreichen will.“

Durch ihren Kopf huschten die erschrockenen und verwunderten Gesichter der Kameraden, die sie geopfert hatte, um der Klinge ihre Macht zu verleihen. Nicht einmal Argis hatte davon gewusst, wenn sie sich irgendwo nachts davongeschlichen hatte, um Mephala ein weiteres Opfer zu bringen, bis endlich die Stimme der Fürstin erklang, um ihr mitzuteilen, dass sie zufrieden war.

„Ihr seid hart geworden.“ Ein wenig brüchig hörte er sich an.
„Guter Freund, ich wurde mit einem Mann vermählt, den ich nicht wollte. Er entpuppte sich als der beste Mensch, dem ich je begegnete. Ich habe ihn geliebt. Jeder Tag mit ihm war nicht mit Gold aufzuwiegen. Und als wir uns endlich hätten zusammen niederlassen können, um gemeinsam die Ruhe nach dem Kampf miteinander zu teilen, wird er samt unseres zweiten, noch ungeborenen Kindes gewaltsam von meiner Seite gerissen.“ Sie machte eine Pause, um ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen.
„Um auf die Waffe zurückzukommen, es gibt die Daedra nun einmal, auch wenn sie gerne verschwiegen werden. Selbst Eorlund beherrscht ihre Schmiedekunst perfekt. Man muss ihn nur danach fragen.“
„Nun ja, lassen wir das Thema mit der Waffe. Es ging auch nicht um Wuuthrad, als ich von einem Geschenk der Macht sprach. Sprecht Farkas an. Er wird Euch an einen Ort führen, wo Ihr zwar ein Fragment dieser Axt bergen sollt, aber erst dort werdet Ihr wahrscheinlich sehen, von welcher Macht ich spreche.“



Warm hatte sie unter Argis wachendem Geist die Nacht verbracht und betrat ausgeruht die Methalle, wo sich die Gefährten mit dem Frühstück beschäftigten. Sogar Torvar war schon wieder oder vielleicht auch noch dabei, aber alle hörten auf zu essen, als man ihrer ansichtig wurde.

„Hmm, was ist das? Eine Rüstung? Ich kann das was Ihr da am Leib tragt nicht zuordnen.“
Sie lachte „Farkas nehmt endlich die Augen von meinem Hintern und schaut mir ins Gesicht.“
„Schwierig. Weiter oben ist es auch nicht besser.“
Aela drohte vor Lachen vom Stuhl zu rutschen. Vilkas schüttelte den Kopf. Nur Skjor schien schon einmal von dieser einzigartigen Rüstung gehört zu haben. Er betrachtete sie ebenfalls eingehend, aber mit einer deutlich anderen Absicht. „Farkas, Ihr Eishirn. Das IST eine Rüstung, und zwar eine nach der sich die Jäger von ganz Himmelsrand die Finger lecken würden.“
„Nennt mich nicht immer Eishirn“ brummte der Gescholtene, rückte seinen schweren Zweihänder zurecht und wandte sich beleidigt Richtung Tür. Skjor ging nicht weiter auf ihn ein, während Aela bei dem Wort ‚Jäger’ unvermittelt im lachen innehielt und glänzende Augen bekam. Ihr Blick wanderte zu ihrem Gefährten, der mitterweile einmal um Freya herumgegangen war, um die Bekleidung, die an Offenheit nicht viel zu wünschen übrig ließ, genauer in Augenschein zu nehmen.
Das Bärenfell, an dem sich noch die Krallen befanden, war geschickt zugeschnitten, um der Trägerin die größtmögliche Bewegungsfreiheit zu sichern. Zusammengehalten wurde es von einem kunstvoll gearbeiteten Stahlkorsett, das fein ziseliert, das Gesicht eines Wolfes mit blutroten Augen darstellte. Ein ebenfalls kunstvoll ineinander verwobenes Geflecht aus Kettenringen sorgte ab der Hüfte abwärts dafür, dass die zwei Fellstreifen vorne und hinten nicht bei jedem Luftzug hochwehten.
„Hircine…“
„Was? Hircine? Eine Rüstung, DIE Rüstung von Hircine?“ Aela sprang wie von einer Frostbissspinne gebissen auf, um sich aus nächster Nähe davon zu überzeugen, dass Skjor mit seiner Vermutung nicht daneben lag. „Ist dem tatsächlich so? Und warum tragt Ihr schwere daedrische Stiefel und Handschuhe dazu.“
„Ja, es ist Hircines Rüstung, und Daedra passt nun mal gut zu Daedra.“ Niemand musste um die Verzauberungen ihrer Handschuhe und Stiefel wissen. Begehrlichkeiten waren schwer einzuschätzen, auch wenn von den Gefährten keine Gefahr in dieser Hinsicht ausging, so war doch nicht sicher, ob solches Wissen tatsächlich innerhalb der Holzwände von Jorrvaskr bleiben würde.
Sie folgte Farkas, der die Halle bereits verlassen hatte und sein Gesicht gen Himmel hielt.
„Mit dieser Kriegsbemalung um Eure Augen werdet Ihr von den Sonnenstrahlen nicht viel mitbekommen“, ärgerte sie ihn, um dann ernster fortzufahren. „Wohin gehen wir?“
„Das werdet Ihr noch früh genug erfahren. Folgt mir einfach.“ Seine Laune schien nicht die Beste zu sein und so trottete sie hinter ihm her, gespannt darauf, was dieser Mann ihr wohl für eine Macht präsentieren konnte.

EMS
12.08.2012, 23:37
Sonne und ein paar xxx Kurven in unvernünftigem Tempo..., dann funktioniert auch das Hirn wieder. ;)
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"Mein Liebstes! Ihr wollt unsere Verbindung aufgeben? Euer Versprechen…“. Seine Stimme erstickte langsam. Leise fuhr er fort „Euer Versprechen, Euch in Sovngarde wieder mit mir zu vereinen…Es tut weh, so weh.“
Nur noch ein leiser Hauch waren seine letzten Worte. Mit einem kleinen Knacken zersprang die Kette ihres Amulettes. Leise klirrend schlug es auf den Boden in der Tiefenschmiede auf. Sie spürte, wie er ihr entglitt und erschrak zu Tode.
„Nein, niemals mein Gemahl. NIEMALS! Bitte bleibt. Argis, mein Geliebter, helft mir. Ich will Euch nicht schon wieder verlieren.“ Verzweifelt sank sie auf die Knie, presste das Amulett zwischen ihre Hände und schrie nach ihm, ohne dass sich ihre Lippen bewegten.
„Dann trinkt nicht.“

Es dauerte nur kurz, dann richtete sie sich entschlossen auf und blickte Skjor und dem Werwolf in die Augen. Der nächste Blick wanderte auf ihre rechte Hand, von der in dunkelrot leuchtenden Tropfen das Blut Aelas auf den Boden tropfte. Verführerisch war diese Macht, die man ihr anbot. Das Wesen einer Bestie in sich aufzunehmen mit all ihrer Stärke und ihrem Blutdurst. Sich in einen Werwolf zu verwandeln und denjenigen den Tod zu bringen, die ihr die Liebe ihres Lebens genommen und alles von Wert zerstört hatten, indem sie ihren Ehemann ermordeten.
„Nein.“
Verständnislosigkeit zeichnete das Gesicht von Skjor, während Aelas mächtiger Werwolfbrust ein wütendes Knurren entsprang. Unbeeindruckt fuhr sie fort, „Nein, ich weiß Euer großzügiges Geschenk zu schätzen, aber ich werde das Bestienblut nicht annehmen. Euer Geheimnis werde ich wohl behüten. Seid dessen versichert.“
Sie drehte sich herum, zog an der Kette und verließ die Tiefenschmiede hinaus in die frische Luft der klaren Nacht. Sie konnte ihr Zittern nicht bändigen und so ließ sie sich an der Felswand herunterrutschen. Ihre linke Hand war leer. Das Amulett! Wo war es?
Sie konnte es nur in der Tiefenschmiede verloren haben, aber daran hätte sie sich doch erinnern müssen. Ihr Kopf schmerzte als wäre sie gerade aus einer Ohnmacht aufgewacht, als sie eine Stimme vernahm. So gut es ging, sprang sie auf.
„Dreht Euch herum, mein Herz.“
Sie hörte das gleiche leise Klacken wie damals, als ihr geliebter Mann ihr das erste Mal dieses Amulett anlegte und spürte die Wärme des jetzt glühenden Schmuckstücks ihrem Hals.
„Liebster, Ihr seid wieder da? Bleibt Ihr jetzt?“
„Ja, ich bin da und ich bleibe. Solange Ihr mich wollt.“
„Ich will Euch. Für immer und ewig.“
Sie spürte seine Hand, die ihr ganz sanft Tränen aus dem Gesicht wischte.
„Warum, Argis. Warum das alles? Warum kann ich Euch nie wieder umarmen? Warum kann ich Euch nie wieder küssen?“
„Eines Tages werden wir all das wieder können, mein kleiner Drache. Und ich verspreche Euch, wir werden uns lieben, bis Eure Lippen wund sind und Ihr kaum noch laufen könnt.“
Leise fing sie an zu lachen.
„Ganz mein geliebter Schatz. Das sieht Euch mal wieder ähnlich, mein Gemahl. Hoffentlich bin ich dann nicht zu alt für Euch und diese Wonnen. Für unser gemeinsames Leben, nach dem wir uns beide so sehnten und das uns hier verwehrt wurde.“
„Ihr werdet nie älter sein als zu dem Zeitpunkt, an dem ich Euch das letzte Mal lebend in die Augen blickte. Und jetzt geht zu Kodlak. Er sollte von Eurer Entscheidung erfahren, mein Herz.“

Eine ganze Weile blieb sie erst einmal auf den Stufen des Weges zur Himmelsschmiede sitzen und starrte versonnen in den glasklaren Nachthimmel. Die Monde schienen zum Greifen nah und waren doch so fern. Wie ihr geliebter Ehemann.
Sie wartete noch ab, bis sie wieder vollkommen klare Gedanken fassen konnte und stieß erst dann mit einem heftigen Stoß eine der Türen zur Methalle auf. Wie die Mitglieder einer Gerichtsversammlung stand der Zirkel der Gefährten aufgereiht vor einem der langen Tische und erwartete sie. Bis auf Kodlak wohnte in ihren Blicken nur Feindseligkeit. Aela hatte wieder ihre menschliche Gestalt angenommen und musste von Skjor mit Macht zurückgehalten werden, um sie nicht anzugehen.
„Aela, beruhigt Euch.“ Kodlaks Stimme durchdrang leise aber bestimmt den Raum. „Wir werden erst hören, was sie zu sagen hat.“
„Kodlak, das möchte ich mit Euch unter vier Augen besprechen. Ihr habt mir, so scheint es, nicht alles über diese Gabe erzählt und das wisst Ihr.“
Ein hörbarer Seufzer des Alten verriet, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. „Kommt mit. Habt Ihr etwas gegen die Anwesenheit der zwei Brüder bei diesem Gespräch einzuwenden?“
„Ich sagte zwar etwas von ‚unter vier Augen’ und angreifen werde ich Euch ganz sicher nicht. Aber wenn Euch soviel daran liegt, dann werde ich im Namen unserer Freundschaft nicht dagegensprechen.“
„Bei Hircine, jetzt geht es schon wieder um diese blödsinnige Heilungsgeschichte“ hörte sie im Vorbeigehen aus Aelas Mund, während diese sich angewidert von ihr abwandte und mit Skjor die Halle verließ. Ob sie wohl zusammen die Monde anheulten?

Wieder torkelte Torvar betrunken an ihnen vorbei, als sie durch die unteren Gänge des Wohnbereichs schritten. Sie blieb stehen und blickte verwundert dem leicht verwahrlost Wirkenden mit den vom vielen Saufen schon blutunterlaufenen Augen hinterher.
„Sagt mal Kodlak, was wollt Ihr eigentlich mit diesem Metvernichter? Der Mann scheint ja mehr zu trinken, als eine Brauerei in einem Monat herstellen kann.“
„Wenn er nüchtern ist, ist er ein sehr guter Kämpfer.“
„Und wie oft ist das der Fall?“
„Hmm, leider nicht sehr oft.“

„Das geht Euch nichts an, Schildschwester. Er ist ein Gefährte wie Ihr und ich.“ Vilkas’ Stimme klang unangenehm scharf. Auch die Feindseligkeit war noch nicht aus seinem Blick gewichen, während sein Bruder schon wieder mehr oder weniger dumpf vor sich starrte.
Schildschwester…, was für ein Wort. Sie dachte kurz an das Aufnahmeritual der Gefährten, nachdem sie mit Farkas vom Staubmannsgrab zurückgekehrt war, wo sie das Fragment der Axt geborgen hatten und sie mit ungläubigen Augen dem Verwandlungsprozess eines Menschen zum Werwolf beigewohnt hatte.
Nun brach sich wieder der, ihr scheinbar angeborene, Stolz die Bahn.
„Werter Freund, wenn ich mit jemandem in den Kampf ziehe, möchte und muss ich mich auf ihn verlassen können, genau wie er auf mich. Und zwar in jeder Situation. Und wenn wir schon einmal dabei sind. Euer Bruder könnte durchaus noch Unterweisung in Feinheiten des Kampfes gebrauchen.“
Während der Erwähnte sie nur wort-und eigentlich auch eher teilnahmslos ansah, stieg sein Bruder für ihn auf die Barrikaden.
„Ihr wagt es…“
„Vilkas…, Farkas ist ein guter Kämpfer. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Aber sich ohne Sinn und Verstand immer in mitten in das dickste Getümmel zu stürzen und blind um sich zu schlagen, bringt sicherlich nicht immer einen Sieg mit sich. Manches Mal mag weniger direkte Konfrontation, denn geschicktes und leiseres Vorgehen, mehr Vorteile mit sich bringen.“ Sie stockte und fuhr dann leiser fort. „Vielleicht ist es aber auch nur die Tatsache, dass Argis und ich uns in jeder Hinsicht ergänzten als wären wir eins gewesen. An ihm muss sich jeder bei mir messen lassen. Kommt, lasst uns Kodlak folgen und dieses Gespräch jetzt nicht zwischen uns stehen.“

Sie saß auf dem Stuhl Kodlak gegenüber, der jetzt immens nervös wirkte. Etwas, das sie an dem weisen Mann noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Vilkas zog sich einen Stuhl aus dem Gang hinzu und Farkas lehnte an der Wand, während er auf einem Stück Pökelfleisch herumkaute. Für paar Sekunden überlegte sie, ob er tatsächlich so unbeleckt von sämtlichen Geschehnissen war oder nur so tat. Die Antwort darauf würde sie wohl nie erfahren, aber es war auch nicht wirklich wichtig.
Sie hob gerade an zu sprechen, als Kodlak ihr zuvorkam.
„Ja, es ist wahr, meine Liebe. Ich habe einen Aspekt der Macht des Bestienblutes verschwiegen.“
Sie schwieg und ließ ihn weiterreden. Es war seine Suppe, die er nun auch selber auslöffeln durfte.
„Um es kurz zu machen. Das Bestienblut verhindert eine Aufnahme in Sovngarde nach dem Tode. Stattdessen geht man in Hircines Reich ein und darf dort als ewiger Jäger leben.“
Sie musste tief Luft holen. Eine unsichtbare Macht schien sie vom Stuhl ziehen zu wollen. Sie krallte ihre Hände um die Stuhllehnen bis sie schmerzten, damit sie nicht nach dem Dai Katana griffen, das sie ohne weiteres bereit war, in diesem Augenblick gegen ihren Gesprächspartner zu richten.
„Kodlak“, es war mehr ein Keuchen als verständliche Worte, die sie hervorbringen konnte. „Ihr hättet mich beinahe um die Wiedervereinigung mit meinem Mann gebracht. Ihr… Ihr... hättet uns um unsere letzte Gemeinsamkeit gebracht. Kein Wunder, dass er sich in endloser Enttäuschung von mir entfernen wollte.“
Die fragenden Blicke der Anwesenden überging sie. „Es ist nicht der Zeitpunkt für Erklärungen meinerseits. Warum habt Ihr mir diesen, für jeden echten Nord wirklich existentiellen Punkt seines Daseins verschwiegen?“
„Wir hofften auf Eure Hilfe. Wir, die wir hier uns jetzt in diesem Raum befinden, möchten uns von diesem Makel befreien, und Hilfe kann wohl nur von jemandem kommen, der ebenfalls das Bestienblut in sich trägt. Es ist genau dieser Punkt, den Ihr gerade erwähntet. Wir sind Nord und möchten irgendwann eine ehrenvolle Aufnahme bei unseren Vorvätern finden.“
„Wie kommt Ihr darauf, dass dies jemand sein muss, der ebenfalls Werwolf ist.“
„Alles was ich darüber finden konnte, besagt, dass derjenige, der uns wieder ins Licht führen kann, vorher sich selbst geheilt haben muss.“
Verständnislos schüttelte sie den Kopf. „Warum helft Ihr euch dann nicht gegenseitig? Jeder von Euch bringt die nötigen Voraussetzungen mit. So leid es mir tut, mein lieber Freund, wenn es nur unter diesen Umständen möglich ist, Euch vom Werwolfdasein zu befreien, kann und werde ich Euch nicht helfen.“
Sie stand auf und legte eine Hand auf die Schulter des Mannes, der in dieser winzigen Zeitspanne um Jahre gealtert zu sein schien. „Solltet Ihr jemals einen anderen Weg der Befreiung finden, bei dem ich Euch helfen kann, so bin ich von Herzen dazu bereit. Das verspreche ich Euch.“
Sie nickte den Brüdern noch kurz zu und verließ den Raum. Verwirrt schlich sie durch den Gang nach oben, als müsse sie sich von einem Alptraum befreien. Jetzt brauchte sie dringend ein paar ganz normale Menschen um sich herum und so beschloss sie die Beflaggte Mähre aufzusuchen.



Es war höchste Zeit Weißlauf zu verlassen und sich nach Markarth zu wenden. Muiri, diese Schlampe. Sie sollte ihr erster Angriffspunkt sein. Um ehrlich zu sein, sie war der einzige Anhaltspunkt auf der Suche nach den Mördern ihres Mannes.
Verwundert blieb sie vor einer Box stehen. Ralofs Pferd. Es stand immer noch da. Liebevoll kraulte sie seine Nüstern, während es leise schnaubte und an ihren Haaren schnuffelte.
„Hmm, mit Deinem Besitzer werde ich auch wieder eins werden müssen.“
Sie warf ihm die Trense und den Sattel über und verstaute ihre Reiseutensilien. Bevor sie endgültig der Stadt den Rücken kehrte, suchte sie noch kurz den Pferdeknecht auf. „Sagt dem Besitzer dieses Tieres: Wenn er sein Pferd sucht, muss er nur mich finden, so er denn möchte.“

In der Ferne gewahrte sie Odavhiing, der seelenruhig seine Kreise zog. Es schien ihr als würde er auf sie warten. „Ich komme alter Freund. Es wird genug für uns beide zu tun geben.“ Wie von einer schweren Last befreit, galoppierte sie mit wehenden Haaren und einem Lächeln auf den Lippen in seine Richtung.

EMS
21.08.2012, 01:05
Huch, meine Zellen schienen doch noch nicht ALLE ausgetrocknet zu sein. Viel Spaß. §wink
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Mit einem leisen, metallischen Klacken brach der Dietrich in dem Schloss der großen Dwemermetalltür. Sie konnte sich ein lautes Fluchen gerade noch verkneifen. Stattdessen zog sie den nächsten Dietrich aus einem kleinen Täschchen und sah sich verstohlen um. Noch war keine Wache in Sicht. Angestrengt stocherte sie mit dem kleinen diffizilen Ding in dem uralten, schwergängigen Schloss herum. Schließlich machte es „klack“. Erleichtert atmete sie auf.
Kurz musste sie amüsiert daran denken, wie ihr Ehemann ihre Weiterbildungsversuche in dieser Disziplin meist mit zwei Schwertstreichen kurzerhand vereitelt hatte. „Mein Herz, ich möchte die Nacht mit Euch verbringen, aber nicht in diesem Grab.“ Sprachs, küsste sie schelmisch und schlug ein-zweimal auf die Truhenschlösser ein, von denen so gut wie keines seinen kraftvollen Hieben hatte standhalten können.

Vorsichtig drückte sie die Türe auf, um ein verräterisches Knarren zu vermeiden und schlüpfte lautlos hinein. Lautlos trotz daedrischer Stiefel. Diese Verzauberung war ein Geschenk der Götter, auch wenn sie sich nie daran gewöhnen konnte, ihre eigenen oder die Schritte ihres Mannes nicht zu hören. Sich in einem Versteck oder an Gegner anzuschleichen, und nichts hören außer dem eigenen angespannten Atem und den Geräuschen der Widersacher.
Es war nicht ganz dunkel in dem großen Raum. Ein paar Kerzen beleuchteten den Arbeitsbereich, der um diese Zeit allerdings völlig verlassen war. Mehrunes Klinge in der Hand schlich sie die paar Stufen hinunter, an den Regalen vorbei, um rechts wieder über ein paar Stufen nach oben zu gelangen. Sie hatte Glück. Die Bewohner schliefen tief und fest.
Sie presste ihre Hand fest auf den Mund, die Spitze des Daedradolches stach fühlbar in den Kehlkopf. Muiri riss die Augen auf, aber angesichts der Klinge an ihrem Hals blieb sie ganz ruhig liegen.



Smaragdgrüne Augen blitzten auseiner dunklen Kapuze hervor. Mehr konnte sie im Fastdunkel des Zimmers von dem Gesicht nicht ausmachen. Aber diese hasserfüllten Augen würde sie so schnell nicht wieder vergessen.

Die Frau in dem schwarzen Umhang deutete ihr an sich zu erheben und schob die wehrlose Gestalt vor sich her. Ungeachtet dessen, dass Muiri kaum bekleidet war, ging es nach draußen. Bothela hatte von all dem nichts mitbekommen und sollte sie jetzt aufwachen, würde sie denken, dass Muiri wieder zu einem ihrer Männerbesuche unterwegs war.
Die Nacht war so finster wie schon lange nicht mehr, was die Hoffnung auf eventuell rettende Begegnungen auf ein Minimum reduzierte.
„Keinen Ton, oder Ihr seid so tot wie mein Ehegatte.“

Ein paar Minuten später stolperte und fiel sie, von der dunklen Gestalt unsanft gestoßen, die Treppenstufen des verwüsteten Talos-Tempels hinunter. Steinbrocken verursachten massive Prellungen und blaue Flecken in der ungeschützten Haut. Ihr Kopf schlug auf den Boden, aber nicht fest genug, um sie um ihr Bewusstsein zu bringen. Flink huschte die Gestalt hinter ihr her und sprang mit einem Satz auf sie. Ihre Knie pressten Muiris Arme schmerzhaft auf den Boden. Gekonnt hatte sich die Frau die Ellenbeugen ausgesucht. Noch benommen von den Schmerzen, fühlte sie bereits wieder den Dolch an ihrer Kehle.
Die Hände der Frau steckten in unbekannten, ebenerzartigen und bis ins Feinste ausgearbeiteten Panzerhandschuhen, deren Vertiefungen unheimlich rot aufleuchteten. Die Fingerspitzen dieser Handschuhe waren mit scharfen, widerhakenbesetzten Ebenerzkrallen versehen. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand vollführte sie zwei kurze scharfe Schnitte in Muiris rechte Wange. Sie verursachten ein höllisches Brennen. Das hervorquellende Fleisch roch undefinierbar. Definitiv waren diese Krallen zuvor vergiftet worden.
„Wer seid Ihr? Was wollt Ihr von mir.“ Ihre angstvoll flüsternde Stimme klang fremd in ihren eigenen Ohren.
Das böse Grinsen entblößte schneeweiße ebenmäßige Zähne, als die Kapuze zurückgeschlagen wurde. Langes weißblondes Haar fiel auf ihr blutverschmiertes Gesicht herab und ein fast makellos schönes Gesicht kam zumVorschein.
„Freya…“
„Damit wäre Eure erste Frage bereits beantwortet. Und was ich von Euch will? Nun, ich frage Euch Muiri. Was wolltet Ihr von Argis, meinem Ehegatten?“
„N… N… Nichts. Nur ein wenig Spaß.“
„Ah, nur ein wenig Spaß, Muiri?“ Die Ohrfeige mit den krallenbewehrten Handschuhen hinterließ weitere blutige Spuren in ihrem Gesicht, während der Dolch unverrückbar an ihrer Kehle festzusitzen schien. „Ein wenig Spaß, der meine Ermordung, die Fälschung eines Briefes und die Verführung meines Mannes in meiner Gestalt beinhaltete? Ihr werdet die Erinnerung an diesen Spaß auf ewig auf Eurer Wange tragen, ...so ich Euch am Leben lassen sollte.“
Der Zeigefinger vollführte gewaltsam einen weiteren, diesmal langen Strich von oben nach unten über die komplette Wange. Sie wollte schreien, traute sich aber nicht und sackte nun vollkommen in sich zusammen.
„Und jetzt meine Liebe, verratet Ihr mir den Drahtzieher hinter dem Mord an meinem Mann, oder Ihr erlebt die nächste Sonne nicht mehr.“
„Argis ist tot?“
„Ja, mein Ehegatte ist tot. In einen Hinterhalt gelockt und ermordet. Und Ihr werdet mir jetzt sagen, wen Ihr damit beauftragt habt.“
„Hahaha.“ Ihre Stimme glitt ins Hysterische. „Dann hat sich ein Teil meines Fluches ja erfüllt. Jetzt bin ich sicher, dass auch Ihr Eurem Mann bald folgen werdet.“
Die Stimme ihrer Widersacherin blieb erstaunlich ruhig. „Das, meine Liebe, war die falsche Antwort.“
Ein kurzer Ruck an ihrem Unterkiefer. Die Kralle des Daumens bohrte sich durch ihre Zunge und riss sie ein ganzes Stück hinaus. Die nächste Bewegung erkannte sie nicht mehr, fühlte nur noch einen kurzen scharfen Schmerz und spuckte Unmengen von Blut. Am der Kralle hing ihre Zungenspitze. Bevor sie in die Ohnmacht abdriften konnte, traf sie ein erneuter Schlag.
„Noch könnt Ihr reden, Muiri. Noch… Mit jedem Stück Zunge, das ich euch heraustrenne, wird diese Gabe weiter schwinden. Bis zu Eurem langsamen Tod durch Verbluten. Und jetzt will ich den Namen.“
Eine Mischung aus Blut und Speichel besudelte alles rundherum, als sie verzweifelt Worte zu formen versuchte.
„…schwöre… Tod … Argis… keine … Schuld.“
„Ihr wollt sagen, dass Ihr mit dem Tod meines Gatten nichts zu tun hattet. Und das schwört Ihr?“
Eifrig nickte Muiri, während sie weiter hustete und spuckte.
„Und Ihr habt nicht die leiseste Ahnung, wer dahintersteckt?“
Kopfschütteln.
„Gnaden Euch die Götter, sollte ich jemals etwas anderes herausfinden.“ Freya hielt die Klinge in eine nahe Flamme, öffnete unsanft den Mund und verschloß die Wunde mit dem glühenden Ebenerz. Es stank und schmurgelte. Die Schmerzen wurden schier unerträglich, aber die verstümmelte Zunge hörte auf zu bluten.
Muiri glaubte einen leichten Seufzer zu hören, als Freya von ihr abließ und aufstand. Sie schlug die Kapuze wieder über und drehte sich noch einmal herum.
„Nun denn. Bei Eurer Lehrmeisterin seid Ihr ja in den besten Händen. Bothela kennt das Gift, das ich für die Rune auf Eurer Wange benutzte. Bei der Verführung von Männern anderer Frauen werdet Ihr in der Zukunft allerdings wohl keinen großen Erfolg mehr verbuchen können. Ich denke, das ist mir schon Befriedigung genug. Und noch etwas. Nur falls Ihr auf merkwürdige Gedanken kommen solltet. IHR seid eine kleine Tavernenhure, meine Gute.“

Tage später, als Bothela sie aus wieder aus dem Bett ließ, hatte Muiri erstmals die Gelegenheit, im Wasserspiegel einer Schale ihr Gesicht zu betrachten. Eine große fleischige und immer noch entzündete Rune der Altvorderen war jetzt die Zierde ihres Gesichtes. Sie wunderte sich, dass Bothela die ganze Zeit nicht einmal nach der Herkunft der schrecklichen Wunde und dem Teilverlust ihrer Zunge fragte. Sie schien es zu wissen, ohne das man es ihr erzählt hatte und es als eine gerechte Strafe anzusehen. Als sie ihre Lehrmeisterin via Zettel zur Bedeutung dieser Rune befragte, antwortete diese nur „Es ist ein A.“



Sie lief zum Fluss, der durch Markarth rauschte, wusch das Gift von den Handschuhen und das Blut der verhassten Frau aus dem Umhang. „Blut und Silber fließen durch Markarth“ hatte ihr Vater immer gesagt. Nun stimmte es.
Leichtfüßig lief sie danach die Stufen zu Vlindrel Hall hinauf, schloss die Türe hinter sich ab und machte es sich in einem leichten Leinenhemd auf dem, nur einmal gemeinsam benutzten, breiten Bett bequem. An Schlaf war nicht zu denken. Was Muiri betraf, war ihr Rachedurst befriedigt.Was die Mörder ihres geliebten Mannes betraf, war sie keinen Schritt weitergekommen.

In Gedanken versunken drehte sie ihren Ehering hin und her. Bilder tauchten auf. Bilder ihres Mannes mit seinen noch frischen Gesichtswunden und dem gerade verlorenen Auge. Gemeinsam saßen sie an der Weißlaufer Stadtmauer unter einem windgeschützten Überhang im stacheligen Tundragras und genossen die Sonne. Elche und Hirsche liefen vorbei. Ein paar bunte Schmetterlinge umschwirrten die roten Tundragräser. Seine Kräfte hatten ihn auf diesem Streifzug nach der monatelangen Liegezeit verlassen und bis zur Drachenfeste war es noch ein ganzes Stück zu laufen.
Rücklings und mit geschlossenen Augen lag er auf dem noch sommerlich warmen Boden. Sein Kopf ruhte bequem auf seinem Umhang, den er zusammengerollt hatte, während sie mit angezogenen Knien zwischen seinen Beinen saß und die Umgebung in sich aufnahm.
„Liebster?“
„Hmm…“
„Ich möchte Eure Frau sein.“
„Ihr seid meine Frau.“
„Ihr wisst was ich meine.“
„Nein…“
„Ihr lügt.“
„Ja.“
Sie musste lachen, drehte sich herum und blickte in sein geliebtes, breit grinsendes Gesicht.
„Wenn Ihr es nicht auf den umschriebenen Wegen verstehen wollt, mein treusorgender Ehemann, so…“
„…So möchtet Ihr mich auf direktem Wege an die ehelichen Pflichten erinnern? Dann sage ich Euch. Wir müssen bis Markarth warten.“
„Das ist doch jetzt nicht Euer Ernst, oder?“
„Warum nicht?“ Seine Mundwinkel schienen sich von einem Ohr zum anderen ausdehnen zu wollen, was wegen der relativ frischen Narben immer noch ziemlich schief aussah. Erwartungsvoll blinzelte er sie gegen die Sonne an.
„Weil…“ Ihre Finger öffneten vor seinen Augen langsam die Brustverschnürung ihres Leinenkleides, „wir seit einigen Mondumläufen das Lager teilen und…“ sie beugte sich zu ihm herunter „ich jeden verdammten Moment unser gegenseitiges Verlangen spüre.“
„Woher wollt Ihr wissen, dass ich nach Euch verlange?“
Er gedachte tatsächlich das Spielchen bis zum Ende durchzuziehen.
Sanft küsste sie ihn, während ihre Hände nach dem Kleidersaum griffen.
„Wisst Ihr, mein geliebter Gatte… man kann es sehen… und spüren. Sehr oft sogar.“
Eine geschickte schnelle Bewegung und sie kniete, nun völlig entkleidet, frontal vor ihm. Ein Blick in Richtung Süden seines Bauchnabels verriet, dass er zu allem bereit war, aber jetzt war es an ihr, das Spiel fortzusetzen. Sie sprang auf und stellte sich herausfordernd mitten in die Sonnenstrahlen.

„Wenn Ihr jetzt immer noch sagen könnt, dass Euch nicht nach mir verlangt, dann laufe ich nackt durch Weißlauf und vereinige mich mit jedem Mann, dem ich gefalle.“
Lachend machte sie einen großen Satz von ihm weg, rechnete aber nicht mit einer derartig schnellen Reaktion. Im nächsten Moment lag sie auf der Erde, ihr Körper halb bedeckt und an den Boden gepresst von seinem.
„Das, mein Herz…, wären mir dann doch einige zuviel.“
Seine Hände glitten über ihre festen Rundungen, seine Lippen schienen überall gleichzeitig zu sein. Als er sich seiner Kleidung entledigt hatte, spürte sie endlich ihren Mann, so wie es sein sollte.
„Wollt Ihr mich jetzt, mein Liebster? So wie ich Euch will.“ Ihre Stimme war zu einem heiseren Keuchen verkommen.
„Ich wollte Euch schon, da wusstet Ihr nicht einmal um meine Existenz um Euch herum.“ Seine tiefe raue Stimme klang nicht weniger heiser. „Aua…verdammt…“ Mit einem Schrei ließ er sich neben sie fallen, das Gesicht schmerzverzerrt. Sein gerade verheiltes Bein zitterte und krampfte. Wie sie es von der Orkschamanin gelernt hatte, massierte sie den Oberschenkel mit festen ruhigen Händen bis die sichtbaren Krämpfe nachließen.
„Besser jetzt?“
Er nickte nur und zog sie zu sich herunter. „Unsere erste Vereinigung hätte ich Euch lieber anders gestaltet.“
„Psst…,“ Rittlings saß sie auf ihm. Ihre Lippen fuhren leicht über sein Gesicht, sie suchte seine Zunge und spielte mit ihr. Ihre Hände fuhren durch seine Haare und über seinen mächtigen Brustkorb. Es dauerte nicht lange und er zog sie sich zurecht.
Ein kaum spürbarer Widerstand, ein angenehmer kurzer Schmerz und sie war endlich in jeglicher Hinsicht seine Frau. Die Gefühle, die er ihn ihrem Körper auslöste und die sie bisher nur hatte erahnen können, beraubten sie fast aller ihrer Sinne bis auf einen, der durch die sanften, gleitenden Bewegungen immer weiter geschürt wurde, bis die Natur ihren Durchbruch forderte. Später ging sie davon aus, dass man ihren Schrei durchaus bis nach Weißlauf hinein gehört haben mochte. Seine Beherrschung schwand in diesem Moment dahin und er ergab sich vollkommen der erlösenden Befreiung, als ihr biegsamer Körper sich noch einmal über ihm aufbäumte, um dann zitternd endgültig auf ihm niederzukommen.
„Nochmal..., mein Geliebter, bitte nochmal.“ Ihre eigentlich grünen Augen glitzerten fast schwarz direkt über seinem Gesicht. Ihre Hände wanderten, immer noch leicht fahrig, rastlos über seinen durch die Erregung noch immer bebenden Brustkorb.
„Was? Jetzt? Sofort? Ich gab Euch gerade alles was ich jemals besessen habe.“ Lachend zog er sie zu sich herunter und ganz fest an sich heran. Sie war alles, was er sich jemals erträumt hatte, und sie war noch viel, viel mehr.


Er war ein wunderbarer Liebhaber gewesen, etwas das in diesen Zeiten voller Agressionen und Kampf nicht selbstverständlich war, und ihr körperliches Begehren stand dem seelischen so wenig nach, dass sie ihm so oft wie möglich nachgaben. Und es gab noch jemand, der diese Leidenschaft in ihr zum Ausbruch gebracht hatte. Sie verkniff sich weitere Gedanken an Ralof, trank den letzten Rest Wein, holte sich aus dem Huscarlzimmer Argis’ Kopfrolle, die immer noch seinen Geruch beherbergte und legte sich mit einem zufriedenen warmen Gefühl schlafen. Es reichte, wenn sie sich morgen weitere Gedanken darüber machte, wo sie nun weiter ansetzen sollte

EMS
29.08.2012, 15:55
Zum ersten mal im letzten Kapitel was nachträglich geändert, aber es war doch ein wenig spröde. ;)
Und nun gehts weiter (wenn auch diesmal unspektakulär, trotzdem isses für die Story wichtig...;)).
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„Liegt Ihr bequem?“
Igmund schreckte aus seinem Schlaf hoch, blinzelte Richtung Wasserfall und gewahrte eine Gestalt, in einen schwarzen Umhang gehüllt. Die Kapuze hatte sie tief ins Gesicht gezogen, so dass ihre Züge nicht zu erkennen war. Weiblich war die Stimme. Soviel konnte er sagen.
„W…Wer seid Ihr? … Was wollt Ihr von mir? Und wie seid Ihr hier hinein gekommen?“
Der ängstliche Tonfall in seiner Stimme war nicht zu überhören, aber letztendlich machte sie keine Anstalten, ihn anzugreifen, ja nicht einmal sich ihm zu nähern. Stattdessen setzte sie sich auf einen Stuhl im Halbdunkel und schlug die langen Beine übereinander. Unter dem Umhang blitzte edler, mit Goldstickereien verzierter, schwarzer Stoff hervor. Einen seltsamen Kontrast zu der eindeutig feinen Bekleidung bildeten ihre Füße, die in, mit wehrhaften Spitzen versehenen, ebenerzartigen Panzerstiefeln steckten.
„Igmund, das sind schon drei Fragen Eurerseits und Ihr habt mir meine noch nicht beantwortet. Also noch einmal, liegt Ihr bequem?“
Der Angesprochene richtete sich auf und stellte die nackten Füße auf den Boden. Sie sah einen hageren, faltigen, glatzköpfigen Mann in hellen Leinengewändern, der sie angestrengt musterte. Sie konnte förmlich spüren, wie es in ihm arbeitete, um sie zuzuordnen.
„Ich werde Eurem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, Igmund.“
Schlanke Finger schlugen den dunklen Stoff zurück. Saphire und Smaragde, eingefasst in einen fein gearbeiteten goldenen Stirnreif blitzten auf und eine Flut von weißblonden Haaren ergoss sich über die Stuhllehne.
„Erkennt Ihr mich jetzt? Erkennt Ihr die Person, die statt Eurer in diesem Bett schlafen sollte?“
An seinem Blick erkannte sie, dass er sie immer noch nicht einordnen konnte.
„Igmund, dieses Bett ist mein Bett. Euer Thron ist mein Thron. Ich bin die Jarl von Markarth. Oder ist Euer Gedächtnis so schlecht, dass Ihr bereits vergessen habt, dass der rechtmäßige Jarl eine Tochter hatte?“
„Wenn Ihr nicht sofort geht, werde ich die Wachen rufen.“
Lächelnd blieb sie sitzen und lehnte sich zurück, während ihre Finger gelangweilt den Stoff des Kleides zurechtzupften. „Macht das ruhig. Ein Wort von mir und Ihr seid die längste Zeit Jarl gewesen. Ich habe bereits genügend bekannte Gesichter entdeckt, die Euch auf einen Wink meiner Hand ohne weiter zu fragen, töten würden. Und was Eure spitzohrigen Vormünder angeht. Sie sind bereits Geschichte.“
„Ihr… Ihr habt die Thalmor…“
Weiße Zähne leuchteten ihn an. Eine Antwort erhielt er nicht.
Es half nichts, er musste sich in sein Schicksal ergeben. „Woher sollten wir wissen, dass Ihr noch lebtet? Markarth war ohne Führung.“
„Eure Thronbesteigung ist nicht das Problem, Igmund. Sie ist aufgrund der Umstände sogar nachvollziehbar. Aber Ihr habt die Stadt meines Vaters, meine Stadt, dem Kaiserreich und damit den verdammten Thalmor auf einem Silbertablett serviert. Eine Stadt, wohlhabend, voll mit Ressourcen, die uneinnehmbar für das Kaiserreich war. Nach der es sich ohne Aussicht auf Erfolg die Finger leckte. Alleine dafür hättet Ihr den Tod verdient.“
Wie von einer schweren Last erdrückt, stand der Mann in den Nachtkleidern auf und wies theatralisch auf seine Bettstatt und den umgebenden Raum. „Dann nehmt, was Euch zusteht.“
„Schlaft aus, alter Mann. Ich komme morgen wieder. Und sorgt dafür, dass mir Raerek zur Verfügung steht.“



„Euer Bruder heiratet?“ Ihre Stimme glitt, wenn auch unbeabsichtigt, eine fast hysterische Klangfarbe hinein. Agnar warf einen verschreckten Blick auf seine Mutter, rutschte von ihrem Schoß herunter und suchte hinter Stump Deckung.
Gerdur runzelte die Stirn, ihre Hände schienen einen unsichtbaren Teig kneten zu wollen.
„Ich verstehe es auch noch nicht. Es ist noch nicht lange her, dass er abends in der Tür stand und uns den Hochzeitstermin mitteilte. Ohne weitere Worte. Wir kennen nicht einmal seine Braut. Er kam mir eher verzweifelt denn glücklich vor.“

Geistesabwesend betrachtete Freya ihren Sohn. Groß war er geworden und, auch wenn es in diesem Moment nicht den Anschein machte, ein wilder Rabauke, der mit nichts lieber spielte als mit seinem Holzschwert. Faendal hatte ihm bereits einen kleinen Bogen gebaut, mit dem er inbrünstig bei seinem großen Lehrmeister die ersten Übungsstunden nahm. Sie lächelte. Argis hatte sich in ihm verewigt, sowohl im Äußeren als auch im Wesen.
„Möchtet Ihr Agnar mit auf die Reise nehmen? Ich meine…, er liebt niemanden so sehr wie Ralof.“
„Ralof würde sich sicher darüber freuen, und mich braucht Ihr erst gar nicht zu fragen…“

„Worüber würde ich mich freuen?“
Keine der beiden Frauen hatte bemerkt, dass sich die Tür öffnete und der Angesprochene unvermittelt im Raum stand.
„Ralof, Bruderherz. Setz Dich zu uns. Wir reden gerade über Deine Hochzeit.“
„Na Freya, liebste Freundin, wollt Ihr mir nicht gratulieren?“ Spott und Aggression bestimmten seinen Tonfall. Die sonst so tiefblauen Augen wurden fast vollständig von seinen Pupillen beherrscht. Seine Nasenflügel bebten und seine Kieferknochen spannten sich sichtbar unter der Haut. Verwirrt wanderte Gerdurs Blick zwischen ihrem Bruder und ihrer besten Freundin hin und her.
Mit ausgestreckten Händen ging Freya auf den einst geliebten Mann zu „Ralof, ich möchte…“
„Es interessiert mich nicht.“ Der blonde Hüne drehte sich auf dem Absatz herum und verließ das Haus Richtung Taverne. Verstohlen wischte er über sein rechtes Auge. Bei Ysmir, dieses Sandkorn war aber auch lästig.

Im Haus saß jemand mit hängenden Schultern und Sandkörnern in jedem Auge.
„Gerdur…, macht den Mund zu.“ lächelte sie unter Tränen.
„So, liebste Freundin, jetzt setzt Ihr Euch und Ihr geht erst, wenn Ihr mir erzählt habt, was zwischen Euch vorgefallen ist.“
„Welche Version möchtet Ihr? Die Kurze oder die Ausführliche.“
„Ich hege da keine besondere Vorliebe. Erzählt einfach.“
„Gerdur…, ich… ich habe ihm genau das angetan, wofür ich meinen eigenen Gatten vor langer Zeit mit einem Dolch angegriffen habe. Ich wäre damals sogar bereit gewesen ihn deswegen zu töten.“
Die Hände in den Schoß gefaltet schwieg Gerdur vor sich hin. Agnar stand interessiert vor seiner Mutter. Da lief etwas aus ihren Augen, das hatte er zwar schon öfters, aber bei ihr noch nie, gesehen.

Sie schniefte kurz, um dann doch relativ gefasst, fortzufahren.
„Nachdem Euer Bruder mich vor Hillgrunds Grab gefunden und gerettet hatte, waren wir an unserer Badestelle. Ich bat ihn hinterher um seinen Umhang, weil ich nicht wieder in die dreckige Rüstung steigen wollte. Ihr… Ihr habt sie ja gesehen. Und dann…“
Jetzt liefen die Tränen erneut. Geräuschvoll zog sie die Nase hoch.
„ Ich… habe die Geste von Ralof falsch verstanden. Völlig Falsch. Er wollte mir doch nur seinen Umhang um die Schultern legen und ich…“
„Bei den Göttern, kommt zum Punkt, meine Freundin. Dann ist es raus.“
„Ich habe ihn ins Gesicht geschlagen, ihn wie einen dummen Jungen stehen lassen und bin mit seinem Pferd weggeritten.“
„Das Pferd wird er verschmerzt haben. Den Rest. … Niemals. Hier trinkt erst mal was.“
Sie reichte einen vollen Krug Met über den Tisch und genehmigte sich selbst einen kräftigen Schluck. „Was werdet Ihr jetzt machen, liebste Freundin?“
„So wie es aussieht, habe ich in Markarth wichtige Informationen über die wahrscheinlichen Mörder an Argis erhalten. Ich werde ihnen jetzt erst einmal nachgehen. Dafür müsste ich zwar in so ziemlich die gleiche Richtung, aber aufgrund der Umstände, werde ich warten bis Ihr die Reise lange genug vor mir angetreten habt. Außerdem möchte ich ein paar Tage in meinem neuen Haus hier in Flußwald verbringen. Gerdur, ich kann Euch gar nicht genug danken. Es ist perfekt geworden.“
„Wollt Ihr wirklich nicht mit uns zusammen reisen. Hod und ich würden uns über Eure Begleitung sehr freuen, von Eurem Sohn ganz zu schweigen.“
„Aber Euer Bruder nicht. Und er ist der Grund, warum Ihr diese Reise überhaupt auf Euch nehmt. Außerdem…“
„Außerdem?“

„Die Tatsache, dass er eine andere Frau heiratet. … Obwohl ich keinerlei Recht dazu habe. Ich fühle mich… verletzt.“
Gerdurs Blick wurde ernst, sehr ernst. „Liebt Ihr meinen Bruder noch?“
„Liebe? Verletzter Stolz? Reue? Was macht das jetzt noch für einen Unterschied.“ Unter einem Seufzer stand sie auf, drückte Agnar fest an sich, dessen Augen sie ebenso anleuchteten, wie ehedem die von Argis. Sie konnte schon wieder lächeln. „Ich gehe besser jetzt, sonst muss er noch die ganze Nacht in der Taverne verbringen. Und hat kein Geld mehr für seine Hochzeit.“
„Das war keine Antwort auf meine Frage.“
„Gerdur, ich kann Euch keine Antwort darauf geben. Ich sagte ihm einmal, dass ein Teil von mir ihn immer lieben würde. Aber es ist nicht mehr von Belang. Ich habe seine Liebe zu mir zerstört und Ihr selbst habt mir gesagt, dass er mir nie wird verzeihen können. Schlaft gut, meine liebste Freundin. Ich wünsche Euch eine friedliche Reise.“

Der laue Nachtwind wehte durch ihre dumpfen Gedanken. Fackelwürmchen und leuchtende Mondfalter tanzten geheimnisvolle Figuren auf der Lichtung an der Mühle. Im Gras sangen die Grillen ihre Nachtmelodien. Lang legte sie sich rücklings auf den riesigen Baumstumpf, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und suchte in Masser und Secunda nach Antworten

EMS
03.09.2012, 13:11
Unruhe machte sich in ihr breit. Sie musste weg hier. Möglichst weit und möglichst schnell. Agnar befand sich wegen der bevorstehenden Reise nach Rifton immer noch bei Gerdur. Mit einem Satz verließ sie das Bett. Es war weit nach Mitternacht. Egal. Tagsüber wäre diese Art einer völlig überstürzten Abreise sowieso nicht zu bewerkstelligen gewesen. Mit ein paar routinierten Handgriffen legte sie Hircines Rüstung und ihre daedrischen Artefakte an, überprüfte ihre Waffen, steckte sich noch einen Beutel mit Edelsteinen ein und verließ das Haus. Irgendwann würde sie sich dort mit ihrem Sohn wohlfühlen. Aber nicht jetzt.
Suchend glitt ihr Blick über die Umgebung. Es missfiel ihr zwar, aber der einzige Platz für ihr Vorhaben befand sich direkt neben der Sägemühle. Viel zu nah am Ort, aber sonst gab es keine Möglichkeit. Alle anderen Alternativen waren bereits in Sichtweite von Weißlauf. Abgesehen davon, wer würde um diese Zeit überhaupt noch die Straße in Flusswald bevölkern. Sie warf einen Blick auf die tief und fest schlafende Wache am Ortseingang. Am liebsten hätte sie ihn erschreckt, stattdessen belegte sie den Mann vorsichtshalber mit einem Starrezauber. Der verursachte keinen körperlichen Schaden und konnte später schnell wieder behoben. werden. Im Schatten der Häuserüberhänge schlich sie sich an die zweite Wache und vollführte das gleiche Ritual. Sie musste fast lachen als der Mann mit einem unbeschreiblich erschrockenen Gesicht wie ein Sack zu Boden fiel.
Ein Blick in die Umgebung. Es war niemand zu sehen. Sie richtete ihren Blick in den sternklaren Himmel und rief Odavhiing herbei. Noch nie hatte sie ihrem Drachenfreund eine solche Bitte vorgetragen. Sie wusste nicht einmal wie er reagieren würde. Es dauerte eine ganze Weile bis sich seine majestätische Silhouette gegen die zwei Monde abhob. Unschlüssig kreiste er ein paar Mal über dem Ort, schließlich waren keinerlei Feinde in Sicht und landete ein paar Flügelschläge später im Gras neben der Sägemühle.
„Dova,… was begehrt Ihr?“
„Freund, wärt Ihr bereit mich noch ein einziges Mal mitzunehmen?“
Verwundert legte er den mächtigen Schädel ein wenig schief, wies aber dann mit einer einladenden Geste in Richtung seines Rückens. Im nächsten Moment wurde sie durch seinen Atem wegkatapultiert. Noch bevor sie aufschlug, hörte sie den Pfeil an sich vorbeischwirren.
„Nein, nicht schießen!!! Aufhören!!!“ Schrill tönte ihre Stimme über den Platz.
Blitzschnell rappelte sie sich wieder hoch und rannte wütend in Richtung des Angreifers und damit genau in den nächsten Pfeil, der gerade von der Bogensehne schnellte. Das Geschoss durchschlug sie oberhalb ihrer Rüstung, drang bis in die Lunge und blieb stecken.
„Dova...koommt.“
Schon jetzt spuckte und hustete sie Blut. An einen, wie auch immer gearteten, Thu’um war nicht einmal zu denken. So stolperte sie wieder in Richtung des Drachen, während die Pfeile an ihr vorbeisausten.
„Odavhiing flieh!“
Die schnellen Schritte des Angreifers dröhnten merkwürdig in ihren Ohren, nur noch übertroffen von dem Geräusch ihres Herzschlages, der das Blut durch ihre Adern jagte. Kaum dass sie ihre Waffe gezogen hatte, verletzte ein weiterer verirrter Pfeil ihren Schwertarm. Dieses Geschoss kam definitiv aus einer anderen Richtung. Anscheinend beteiligte sich jetzt noch jemand andem Kampf. Odavhiing sandte noch einen Feuerstrahl in die Richtung, entfaltete seine riesigen Flügel und schickte sich an den Boden zu verlassen. Mit einem durch den Blutverlust längst vernebelten Blick stürzte sie sich mit erhobener Waffe auf den ersten Angreifer. Nur schemenhaft war er im aufgewirbelten Staub auszumachen, wie er auf den Drachen zurannte. Mit allem Schwung zu dessen sie noch fähig war, sauste ihr Dai Katana hinab und traf auf einen großen, massiv gearbeiteten Kriegshammer. Ihr Gegner wirbelte herum, während sie bereits zum nächsten Streich ansetzen wollte. Sein mit großer Kraft, ursprünglich gegen den Drachen gerichteter Schlag, wurde abgefälscht und traf sie mit voller Wucht in der Seite. Das Stahlkorsett ihrer Rüstung bohrte sich splitternd in ihr Fleisch, Rippen knackten, ein neuerlicher Blutschwall drang aus ihrer Nase und dem Mund. Sie wusste nicht wie lange sie regungslos noch gestanden und in die völlig entsetzten Augen von Ralof geblickt hatte. Kurz hob sie noch ihren immer müder werdenden Blick in den Himmel wo sie den weit ausholenden Flügelschlägen von Odavhiing folgte. Er hatte es geschafft.
„Bei den Göttern, nein, das darf nicht sein.“ Ralof fing sie auf, als sie in ein bodenloses schwarzes Loch fiel. Sie schien immer weiter zu fallen. Es nahm kein Ende. So war es also zu sterben. In den letzten Zügen tat es nicht einmal mehr weh.
Es war ein Fehler gewesen, ein Riesenfehler. Sie hatte es gewusst und trotzdem ihrer Unvernunft nachgegeben. Immerhin, als Belohnung winkte Sovngarde und die endgültige Wiedervereinigung mit ihrem geliebten Ehegatten. Glücklich lächelnd überließ sie sich dem einsetzenden friedlichen Gefühl.




„Beim Reich des Vergessens, wo bin ich?“ Es war mehr ein Flüstern als gesprochene Worte.
Sovngarde war es eindeutig nicht. Der Geruch im Raum kam ihr seltsam vertraut vor. Ihre Augenlider fühlten sich bleischwer an. Das Atmen schmerzte unsagbar und trieb ihr Tränen in die Augen. Das letzte Bild in ihrem Gedächtnis spielte ihr die immer gleiche Szene vor. Ein Paar leuchtend blaue Augen, die sie voller Entsetzen anstarrten. Nur langsam wurden die Konturen um sie herum klarer und sie erkannte, warum ihre Nase sie nicht betrogen hatte.
Unter Schweißausbrüchen und Zittern versuchte sie sich aufzurichten. Ein vollkommen sinnloses Unterfangen, wie sie schnell feststellte. Die Anstrengung bescherte ihr nichts als einen blutig durchsetzten Hustenanfall. Ihr Amulett glühte bei jeder Bewegung auf. Für soviel Tribut hatte sie entschieden zuwenig Leben übrig. Ergeben legte sie sich zurück und starrte an die Decke des kleinen Zimmers im Weißlaufer Kynareth-Tempel.
„Wasser. Kann ich etwas Wasser haben, bitte.“
Danica erhob sich von ihrem Stuhl und verschwand im Tempelraum, um das gewünschte Getränk zu besorgen. Doch sie schien nicht allein im Raum gewesen zu sein. Ein leises Geräusch offenbarte ihr noch eine andere Person, die, ihre Arme über der Brust verschränkt, am Türrahmen lehnte und jetzt langsam auf sie zukam. Seine Kleidung war blutverschmiert, offensichtlich ihr Blut, denn er schien nicht verletzt. Wortlos zog Ralof den Stuhl näher an ihr Bett und setzte sich. Er ergriff ihre Hand, die sie aber sofort wieder weg zog.„Warum?“
„Woher sollte ich wissen, dass er …“
„…zu mir gehört. Ich hatte Euch gebeten… gebeten aufzuhören.“ Nur stoßweise kamen die Worte. Sie besaß kaum genug Platz zum Atmen in ihrem Brustraum.
In diesem Moment erschien Danica, einen Krug Wasser in der einen und einen Becher in der anderen Hand. Undefinierbar funkelten die Augen unter der Kapuze den Besucher an, der wieder aufstand, um Krug und Becher entgegenzunehmen. Beides enthielt sie ihm vor. „Habt Ihr nicht genug angerichtet?“
„Jetzt macht Euch nicht lächerlich, Danica. Ich möchte ihr nur das Wasser geben, nach dem sie verlangt hat.“
„Ihr habt ihr offensichtlich bereits mehr gegeben als sie verlangte.“
„Ruhe. Aufhören.“ Ihre Worte wurden von einem neuerlichen Husten und Blutschwall begleitet, der sich unschön auf ihrem dünnen hellen Leinenhemd abzeichnete. Mit dem Ärmel wischte sie sich das Blut aus den Mundwinkeln. „Kann ich jetzt ein bisschen Wasser haben? Danica, es ist in Ordnung. Gebt ihm die Sachen.“
„Ihr meldet Euch wenn Ihr mich braucht?“ Mit einem ungnädigen Brummen verließ Danica den Raum.
Er setzte sich auf die Bettkante und seine rechte Hand griff sanft unter ihren Kopf, während er ihr das Wasser einflößen wollte. Schnell griff sie nach dem Becher, den er aber sofort zurückzog.
„Könnt Ihr nicht einmal Euren verdammten Stolz vergessen?“
Zu schwach um sich zu wehren, schüttelte sie nur den Kopf und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. Ihre Berührung ließ ihn offensichtlich erschaudern, aber er entzog sich nicht und zum ersten Mal erschien ein ganz leises Lächeln auf seinem Gesicht.
„Stolz, zur Not auch bis in den Tod. Ihr werdet Euch nie ändern, was?“
„Kann ich endlich mein Wasser haben?“
In winzigen Zügen leerte sie den Becher, den er an ihre Lippen hielt. Es tat höllisch weh. Jeder Schluck schmerzte mehr als der vorhergehende und hinterließ ein Gefühl als würde das Wasser sprudelnd aus ihren Wunden wieder austreten. Er feuchtete ein Leintuch an, mit dem er ihr Gesicht komplett vom Blut reinigte. Dann nahm er ihre Hand zwischen die seinen und streichelte sie leicht, während sie sich gegenseitig schweigend in die nachdenklichen Gesichter starrten. Zwei Augenpaare schienen jeweils die Gedanken des anderen erforschen zu wollen. Warum wollte Argis sie noch nicht bei sich haben? Sie kam nicht mehr gegen die erneut aufkommende Schwäche an. Ihre Augen schlossen sich wieder.
„Habt Ihr mich wenigstens diesmal von meinen Stiefeln befreit?“


Sie erwachte von einem unsäglichen Schmerzgefühl in ihrer Brust und blickte direkt in die Gesichter von Danica und der Orkschamanin, die über sie gebeugt standen. Triumphierend hielt Danica die blutige widerhakenbesetzte Pfeilspitze in der Hand und verschwand damit in den großen Tempelraum, während die Schamanin ihre klaffende Wunde versorgte.
Wie lange mochte sie geschlafen haben. Sie wusste es nicht. Die Behandlung der Schamanin versetzte sie fast in eine erneute Ohnmacht. Nun konnte sie am eigenen Körper nachvollziehen, wie Argis sich nach seiner lebensbedrohlichenVerwundung gefühlt haben musste.
Aus dem Nebenraum drangen die Stimmen von Danica und Ralof an ihre Ohren. Erst undeutlich und gedämpft, dann immer klarer und lauter. Sie stritten sich. Ralof, er war also immer noch da.
„Diese Pfeilspitze… Es ist doch Eure, oder?“
„Natürlich ist sie das. Ich habe Euch den Hergang berichtet. Es war ein Unfall.“
„Ein Unfall?“ Danicas Stimme bekam die Schärfe einer geschliffenen Dolchschneide. „Ein Unfall? Ihr schießt auf eine Freundin und behauptet es wäre ein Unfall gewesen? Ihr zerschmettert sie fast mit Eurem Mordinstrument und es ist immer noch ein Unfall?“
„Sie geriet in die Schusslinie. Der Pfeil war für den Drachen bestimmt. Glaubt Ihr wirklich, dass ich die einzige Frau, die mir etwas bedeutet, die Frau, die ich liebe, absichtlich umbringen würde?“
„Ihr liebt Sie?“ Verwunderung schwang in Danicas Worten mit. „Na, dann. Hier, nehmt diesen blutigen Beweis Eurer Liebe. Vielleicht erinnert er Euch daran, das nächste Mal Euren Liebesgefühlen anders Ausdruck zu verleihen. Und nun geht. Wir werden sie jetzt erst einmal in einen langen Heilschlaf versetzen.“
Sie öffnete den Mund, wollte ‚Nein, lasst ihn nicht gehen’ rufen, aber die Schmerzen beraubten sie auch noch ihrer Stimme. Die Tempeltür öffnete und schloss sich wieder, ohne dass sie einen Ton hatte hervorbringen können. Hilflos schaute sie den Handhabungen der Orkschamanin zu, die das bestens bekannte knöcherne Messer gezückt hatte und sich nun daran machte, die Wunden an ihren Rippen zu behandeln. Argis, Ralof… Ihre wirren Gedanken wetteiferten mit ihren unerträglichen Schmerzen um die Oberhand über ihren Körper. Warum konnte sie nicht einfach wieder ohnmächtig werden?

EMS
09.09.2012, 12:24
So langsam gerät meine Kleene ins Trudeln. Ich hoffe Ihr habt ein bisschen Spaß daran. :)
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Mit angezogenen Beinen saß sie auf dem Bett. Um sich herum verteilt Papier, einen Holzkohlestift und Reste eines mageren Essens. Sie legte das Kinn auf die Knie und sah ihren wippenden Zehen zu. Viel stand nicht auf dem weißen Blatt. Zuwenig um sich einen Reim auf das Geschehen rund um den Tod ihres Mannes machen. Daran hatten auch die Informationen von Igmund und Raerek nicht sehr viel ändern können.
Sie nahm den Holzkohlestift und begann selbstvergessen zu malen. Das Ergebnis präsentierte ihr das Abbild eines Mundes mit den unübersehbar fein geschwungenen Linien der Oberlippe. Wütend warf sie den Holzkohlestift in die Ecke und ließ sich zurückfallen.
Er hatte sie gebeten, … sie angefleht. Und sie? Jetzt malte sie seinen Mund auf ein Stück Papier. Jetzt, wo er sich auf immer und ewig einer anderen Frau versprochen hatte.



Von Danica wusste sie, dass er jeden Tag den Weg von Flusswald zum Tempel in Weißlauf auf sich genommen hatte, obwohl sie sich noch in ihrem Heilschlaf befand. Hatte sich neben sie gesetzt, sie schweigend in den Armen gehalten oder war der Orkschamanin bei ihren Behandlungen zur Hand gegangen. Eines Tages wachte sie auf und fühlte sich in die Kutsche auf dem Weg nach Helgen zurückversetzt. Ihr Blick traf auf die gleichen leuchtend blauen Augen wie damals. Ein Zipfelchen ihrer alten Liebe zueinander geriet wieder an die Oberfläche. Sie versuchten es aus dem Schmutz der schlechten Erinnerungen zu retten. Aber das ganze Gewand bekamen sie nie zu fassen. Es war nicht Argis, der dies verhinderte. Sie war es selbst, ihre verdammte Eitelkeit. Ihr ewiger Stolz.

Zusammen saßen sie auf der Bank unter dem Güldengrünbaum. Endlich wieder aufstehen und die frische Luft des Abends genießen. Der Wind rauschte durch die rosafarbenen Blüten, nahm ein paar mit sich. Einige davon verfingen sich in ihren Haaren. Lachend wollte er sie entfernen, aber sie bog sich zur Seite und fuhr sich selber mit den Fingern durch ihre Mähne. Sie entzog sich ihm, wie auch in den vergangenen Wochen schon, aber nie weit genug, um ihn endgültig zu verprellen. Anfangs genoss sie das Spielchen, obwohl es an Schäbigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Irgendwann war sie nicht mehr in der Lage damit aufzuhören, obwohl ihr mitunter einfach danach zumute war, sich in seine Arme zu begeben und sich ihm zu überlassen. Er hatte seine Hochzeit verschoben, um bei ihr zu sein, aber anscheinend reichte ihr das nicht. Viel gab es zu erzählen, Trauriges, Fröhliches. Ausgelassen scherzten sie miteinander, aber jedes Mal, wenn er die Annäherung suchte, ließ ihr verletzter Stolz sie zurückweichen. Der verdaute einfach nicht, dass er sich einer anderen Frau zugewandt hatte. Was für ein Wahnsinn. Was erwartete sie noch von ihm. Schließlich war sie die einst Verheiratete. Sie diejenige, die ihn in ihrem Hochmut geschlagen hatte. Es war wohl kaum zu erwarten, dass er unter diesen Umständen auch noch ein Leben in Askese verbringen würde. Jetzt stand er vor ihr und zog sie von der Bank hoch. Flehentlich klang seine Stimme, während er sie an den Armen festhielt.
„Bitte, sagt mir, dass Ihr mich irgendwann wollt und diese Hochzeit wird nie stattfinden. Bitte…. Verdammt, Ihr wisst, dass ich Euch noch immer liebe.“
Es wäre so einfach gewesen. Ihn jetzt in die Arme zu nehmen, zu küssen und ihm mitzuteilen, dass dies alles war, was sie hatte hören wollen. Schließlich waren ihre Gefühle für ihn nie erloschen. Der Teil, den er schon immer von ihr besaß, ohne dass dadurch die Liebe zu ihrem Mann beeinträchtigt wurde.
„Ralof, Ihr habt einer anderen Frau die Ehe angeboten. Geht und löst Euer Versprechen ein.“
Noch vor ihrem Heilschlaf wollte sie ihn nicht gehen lassen. Damals hatte sie keine Stimme, um ihn zu rufen. Jetzt hatte sie ihre Stimme zurück und schickte ihn weg. Und er ging.
Wenige Tage später kehrte sie nach Flusswald zurück. Als sie das Dorf fast ausgestorben vorfand, war ihr klar, dass alle nach Rifton unterwegs waren, um Ralof in sein neues Leben zu begleiten.



Sie stand auf, räumte das Essen vom Bett und fischte den Holzkohlestift aus der Ecke. Angestrengt versuchte sie sich auf die Zusammenhänge um Vlindrel Hall zu konzentrieren, als es klopfte. Verwundert hob sie den Kopf. Zu vertraut klang dieses Klopfgeräusch.
„Gerdur Liebste, kommt herein. Was macht Ihr hier? Solltet Ihr nicht noch in Rifton sein?“
Agnar kam auf sie zugeschossen, krabbelte erst aufs Bett und dann in ihre Arme. Dahinter trat die Angesprochene ein und setzte sich dazu. Mit einem Blick erkannte sie das „Gemälde“, nahm den Holzkohlestift und malte einen Bart dazu. Die dunkelblauen Augen von Gerdur hoben sich von dem Papier. Unergründlich war der Blick.
„Freya, was für ein schlechtes Spiel treibt Ihr mit meinem Bruder?“
In einem ersten Impuls war sie kurz davor ihren augenblicklichen Emotionen wieder einmal freien Lauf zu lassen und in Empörung auszubrechen. Nein, diesmal nicht. Gerdur hatte recht. Ihre Kiefermuskeln spannten sich unter der Haut als sie mit Hängen und Würgen alles hinunterschluckte, was ihr auf der Zunge gelegen hatte. Sie zuckte mit den Schultern.
„Dass Ihr gehen würdet weil Ihr mit Argis verheiratet wart,…nun das war nie ein Thema. Eure Liebe zueinander war sprichwörtlich. Aber alles danach. Ein ums andere Mal habt Ihr Ralof verletzt, nicht nur körperlich; halbherzig von Reue gesprochen und erneut zugeschlagen. Kommt endlich runter von Eurem hohen Ross. Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie mein Bruder an Euch zerbricht.“
„Aber…“
„Was aber?“
„Er hat doch jetzt eine Frau.“
„Nichts hat er. Er konnte es nicht.“
„Wie…“
„Ganz einfach. Er konnte es nicht. Eine Frau heiraten, die er nicht liebte. Die er nur deshalb an sich herangelassen hatte, weil sie ihn mit ihren weißblonden Haaren an Euch erinnerte.“
„Er hat nicht geheiratet?“
„Nein. Er hat die Hochzeitszeremonie mit einem ‚Nein, ich will nicht. Ich kann das einfach nicht’ kurzerhand zum Platzen gebracht. Dann drückte er ihr die Mitgift in die Hände und verschwand aus dem Tempel. Das Mädchen tat mir leid. Diesen Tag wird sie wohl ihr Leben lang mit sich herumtragen.“
„Bei den Göttern…“ Ihre Stimme erstarb zu einem Flüstern. „Wo ist er jetzt?“
„Im Haus. Er wird sich gleich wohl auf den Weg nach Windhelm machen… Hey, wo wollt Ihr hin? Ihr habt ja nicht mal Schuhe an.“
Sie war schon fast an der Türe. „Gerdur, das ist egal. Ich möchte ihm nur einmal das sagen, was ich schon längst hätte sagen sollen.“
„Wollt Ihr ihm schon wieder weh tun?“
„Niemals. Niemals wieder.“

Auf bloßen Füßen sprintete sie die Wiese zum Dorf hinunter. Die harten Grashalme stachen in ihreSohlen. In der Dunkelheit erkannte sie seine Silhouette, die gerade aus dem Ort herausritt.
„Raaalof.“ Es war ihr vollkommen egal, dass alle durch diesen Schrei wachgeworden sein mussten. Kurz hielt er sein Pferd an und drehte sich herum.
„Bitte wartet!“ Sogar in der Dunkelheit konnte sie seinen traurigen Blick erkennen, als er den Kopf schüttelte. Seine Hacken bohrten sich in die Flanke des Pferdes und er galoppierte davon.
Mit tränennassen Augen betrat sie erneut ihr Häuschen. Gerdur blickte auf. „Und?“
„Er ist weg.“
„Könnt Ihr es ihm wirklich verübeln.“
Leise schüttelte sie den Kopf, während sie Agnar fest an sich heranzog.
„Wollt Ihr, dass Agnar heute nacht bei Euch bleibt?“
Sie nickte nur.
„Dann geh ich jetzt mal. Ich wünsche euch ein gute Nacht, liebste Freundin.“

Sie legte sich zu ihrem Sohn, der bereits tief und fest schlief, legte die Hände an ihr Amulett und rief nach ihrem toten Mann. Nicht lange und sie verspürte die vertraute Wärme um sich herum. Seine Hände, die ihre Tränen wegwischten. Die stumme Zwiesprache mit ihm tat ihr immer gut.
„Liebster, was mache ich hier? Sagt es mir.“
„Ihr beginnt gerade Euer neues Leben, mein Herz.“
„Ein Leben ohne Euch. Niemals.“
„Ihr werdet niemals ohne mich sein.“
„Und warum dann Ralof? Ich wollte Euch nie wieder untreu werden.“
„Ihr lebt mein Herz, mit allem was dazugehört. Ich bin tot und erwarte Euch erst in Sovngarde wieder. Bis dahin werdet Ihr mit allen Höhen und Tiefen durch Euer eigenes Leben gehen, meine Liebste.“
„Holt…Bitte, holt mich… jetzt.“
„Schaut an Eure Seite.“
Sie seufzte. „Ihr habt ja recht mein Gemahl. Wie immer.“ Sie grinste bereits wieder. „Müsst Ihr immer ALLES besser wissen?“
Es dauerte einen Augenblick, in dem sie sich einfach seinen geisterhaften, zärtlichen Händen hingab.
„Und… Und was ist mit Ralof? Warum lasst Ihr zu, dass ich mich an ihn verliere?“
„Gerade weil ich Euch liebe, mein Herz.“
„Und nun?“
„Tut einfach das Richtige.“
„Und das wäre???“
„Ihr werdet es selbst herausfinden, geliebter Schatz.“ Sein leichter Kuss versenkte sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf, aus dem sie am nächsten Morgen durch das fröhliche Herumtollen ihres Sohnes erwachte.
Nach einem ausgiebigen gemeinsamen Frühstück brachte sie ihn zu Gerdur und Hod, die sie verwundert beäugten, als sie in voller Rüstung mit geschultertem Dai Katana vor ihnen stand. „Was habt Ihr vor, meine Liebe? Sowie Ihr hier steht, sieht es aus als würdet Ihr Drachen jagen wollen.“
Verschmitzt zwinkerte sie Gerdur zu, „So ähnlich. Ich werde hinter Eurem Bruder herjagen. Ich danke Euch, dass Ihr mir, wenn auch schmerzlich, die Augen geöffnet habt. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.“

Untrainiert, wie sie nach der langen Liegezeit nun einmal war, ließ sie sich jetzt auch noch in die Wirren des Bürgerkrieges hineinziehen. Und das nur wegen eines Mannes. Sie schalt sich selbst eine dumme Kuh, stieg auf ihr Pferd und wandte sich Richtung Windhelm.

EMS
13.09.2012, 18:51
„Ich kenne Euch… Irgendwoher.“
Prüfend ließ der breitschultrige Mann in dem pelzverbrämten Kettenmantel seinen Blick über ihre abgenutzte und teilweise verbeulte Stahlplattenrüstung streifen, die unter ihrem schwarzen Bärenfellüberwurf hervorlugte und einen krassen Kontrast zu ihren daedrischen Panzerhandschuhen und –stiefeln bildete.
Kalt war es hier in dieser Halle, saukalt und ungemütlich. Sie überlegte kurz, wie man sich hier wohlfühlen konnte und kam zu dem Ergebnis, dieses Bauwerk war nicht zum Wohlfühlen gedacht. Es diente seit Menschengedenken zu Repräsentationszwecken und Machtdemonstration. Und dieser Mann passte in dieses Bauwerk. Sie hatte ihm eine Weile zuhören und ihn beobachten können, während sie darauf wartete, dass die Lagebesprechung im Nebenraum zu Ende ging. Jede seiner Bewegungen, jedes Wort, war wohlgesetzt. Sogar sie konnte sich seiner Machtaura nicht entziehen, besaß aber genügend Selbstbeherrschung, ihm dies nicht offenbar werden zu lassen.
Ein leises Lächeln umspielte ihren Mund, als sie die Kapuze endgültig nach hinten fallen ließ. „Helgen…“
„Ach, das kleine Mädchen auf der Kutsche.“
Leise zog sie die Luft durch die Zähne und zählte bis zehn.
„Das kleine Mädchen, wie Ihr mich zu betiteln pflegt, ist immer noch die Tochter eines Jarl.“
„Eine interessante Waffe, die Ihr mit Euch herumtragt. Könnt Ihr auch damit umgehen?“
Spöttisch fiel sein Blick auf den Griff ihres Dai Katana, der aus dem schweren Umhang hervorschaute. Dieser Mann war an Unverschämtheit kaum noch zu überbieten, aber da sie sich ihrer selber sehr bewusst war, prallten seine Provokationen an ihr ab.
„Sagen wir es so. Sie hat mir schon gute Dienste geleistet.“
„Dann habt Ihr doch sicher nichts gegen eine kleineTrainingsrunde einzuwerfen. Ich würde zu gerne sehen, wie Ihr mit diesem Ding da umgeht und außerdem roste ich hier ein wie altes Eisen. Galmar Steinfaust traut sich ja nie, mir einen wirklich guten Kampf zu liefern.“
Der Angesprochene erschien in der Türöffnung. Ein grobschlächtiger Mann mit vorgeschobenem Unterkiefer und einer Bärenfellmütze auf dem massigen Schädel, an der die Reißzähne und die Augen belassen waren. Helle Augen musterten sie abschätzig.

Sie seufzte unhörbar. Auf dem Weg nach Windhelm war ihre Waffe so oft in Blut getaucht worden, dass ihr der Sinn nun wirklich nicht nach einem Kampf stand. Viele, um nicht zu sagen, die meisten geflügelten Untertanen Alduins erkannten ihren Thu’um nicht an und kämpften weiterhin gegen alles was nicht von ihrer eigenen Art war. Die Begegnung mit einem Drachen stellte sie jedes Mal vor eine Herausforderung, seitdem Argis ihr nicht mehr zur Seite stehen konnte. Diese Geschöpfe waren intelligent und lernten schnell aus den Fehlern ihrer Artgenossen. Hätte man ihr jetzt nicht einfach einen Krug Met und ein Stück Fleisch anbieten können?

„Ihr wollt Eure Kräfte an einem kleinen Mädchen messen? Wer sagt, dass ausgerechnet ein solches Euch einen besseren Kampf liefern könnte?“
Er lachte. „Wenn Eure Waffe so scharf ist wie Eure Worte, dann sollte ein Trainingskampf doch kein Problem darstellen. Oder tragt Ihr sie nur zur Dekorationszwecken mit Euch.“
Sie würde nicht drum herumkommen. Ein echter Nord ließ keine Möglichkeit zum Gefecht aus. Und sie war eine echte Nord.
„Gut, dann wollen wir mal…“ Sie öffnete die silberne Schnalle ihres Umhangs und warf selbigen unerwartet Galmar Steinfaust zu, der aber mehr Reaktion zeigte, als sie dem schwerfällig wirkenden Mann zugetraut hatte und ihn lässig mit einer Hand und einem breiten Grinsen auffing.
‚Oooh, wartet Ihr nur’. Ihr Kampfgeist war geweckt. Leise schnappte die Waffenhalterung, während sie sich eine gute Ausgangsposition suchte. Aus sämtlichen Türöffnungen quollen nun Leute, vorwiegend Sturmmantelsoldaten, aber auch Bedienstete. Die Kunde des zu erwartenden Schauspiels schien sich herumzusprechen wie ein Lauffeuer. Damit war ihr Vorhaben von diesem Kampf abhängig. Hier und jetzt würde sich entscheiden, ob sie bei Jarl Ulfric und Galmar Steinfaust ihr Anliegen würde vortragen können oder gleich einem geprügelten Hund, gedemütigt und geschmäht, von dannen ziehen durfte.
Die bläuliche und rötliche Verfärbung seiner Waffen verriet ihr die Verzauberung. Frost- und Feuerschaden. Er war also ein Kämpfer mit zwei Waffen. Das war gut. Man konnte ihre Deckung schnell umgehen, denn sie besaßen kaum welche. Im Gegenzug musste man sich auf die schnelle Hiebfolge zweier Waffen konzentrieren.
Auge in Auge gegenüberstehend, konnte sie ihm eine gewisse Anziehungskraft nicht absprechen. Noch bevor sie weiter über die Ursprünge seines Charismas sinnieren konnte, schlug er ihr fast das Dai Katana aus den Händen. Abfälliges Murmeln, das sie im Nu in die Realität zurück warf, füllte den Raum. Mittlerweile strömten sogar Stadtbewohner in die Halle.
Sie überlegte, was an einem Kampf von Jarl Ulfric mit einem kleinen Mädchen wohl so Interessantes sein mochte, dann wirbelte sie mit einem Kampfschrei herum und öffnete gezielt mit ihrer Waffe die Schnalle von Ulfrics Mantel auf seiner Brust.
„Wir wollen doch nicht, das Ihr zu sehr ins Schwitzen geratet, oder?“
Er ließ sich nicht lange davon beeindrucken und setzte zu den nächsten schnellen Hieben an. Gezwungenermaßen untrainiert, konnte sie ihm an Kraft nicht viel entgegensetzen. Diesen Umstand musste sie durch Wendigkeit wettmachen.
Sie schenkten sich nichts und bewegten sich durch die ganze Halle. Laut klirrten die aufeinanderprallenden Waffen in dem hohen, riesigen und kaum durch Teppiche gedämpften Raum. Seine lederne Brustbekleidung wies diverse Einschnittstellen auf, aus denen teilweise ein wenig Blut tropfte, während er ihrer Rüstung einige zusätzliche Beulen verpasste. Unter einer brannte ihre Haut wie Feuer. Ganz offensichtlich war die feuerverzauberte Waffe durchgedrungen und hatte eine, wenn auch nur kleine, hässlich schmerzende Wunde verursacht.

Mit einem Sprung auf die gedeckte Tafel rettete sie sich vor seiner nächsten Attacke. Laut konnte sie den Koch im Hintergrund stöhnen hören und musste fast lachen. Dann spürte sie es.
„Nein, Ulfric…. Tut es nicht.“ hörte sie sich rufen, während sie bereits innerlich ihre Kräfte sammelte. Er würde es tun. Dessen war sie sicher.
Zwei bis zur Höchststufe ausgebildete Thu’um prallten aufeinander. Die altehrwürdigen Mauern erzitterten, feiner Staub rieselte von der Decke herab. Einer der riesigen Kerzenleuchter löste sich und traf mit einem ohrenbetäubenden Knall auf den steinernen Boden. Menschen, Geschirr und Essen wirbelten durch die Gegend und schlugen wieder auf. Panikartiges Geschrei übertönte die ganze schon gespenstisch anmutende Szenerie. Sie erkannte noch ihren Widersacher, der ebenfalls gerade Bekanntschaft mit dem Boden machte, dann flog ein großer, glänzender Gegenstand auf sie zu, dem sie nicht mehr entrinnen konnte.

„Besiegt von einer silbernen Fleischplatte“ knurrte sie wütend und warf die schwere metallene Platte irgendwo hin, nur möglichst weit weg. Ulfric lachte, ein herzliches offenes Lachen.
„Herzlich willkommen, Dovakhiin.“ Er zog seinen Handschuh aus und reichte ihr die Hand um ihr aufzuhelfen. Sie tat es ihm gleich und ließ sich diesmal gerne helfen. Seufzend rieb sie sich die schmerzende Stelle an der Stirn, wo sie von der Platte niedergestreckt worden war und fühlte eine dicke Beule.
„Schön, jetzt wächst mir auch noch ein Horn. Sieht es nach jeder Eurer Begrüßungen hier so aus, Jarl Ulfric?“
Ein Blick durch die große Halle zeigte pures Chaos um sie herum. Nichts stand mehr an seinem Platz, Menschen rappelten sich fluchend auf, Geschirr, Essen, Möbelstücke bedeckten wahllos den Boden. Zum Glück schien niemand ernsthaft zu Schaden gekommen zu sein. Prellungen und blaue Flecken würden demnächst die Körper einiger Neugieriger zieren und sie noch eine Weile an diesen Tag erinnern.
„Nein, normalerweise fallen meine Begrüßungen weniger herzlich aus“, schmunzelte er. Unschlüssig ließ er seinen Blick durch den Saal schweifen. „Ich glaube, wir sollten besser in meine Gemächer wechseln. Hier ist es mir ein wenig zu unaufgeräumt. Galmar sagt dem Koch Bescheid, dass er bei mir servieren möge und dann kommt nach.“
„Ich würde mich gerne erst ein wenig frisch machen. Ich sehe ja aus, als könnte man mich ohne Umschweife auf einer dieser Platten servieren.“ Belustigt wischte sie sich Tomaten- und Fleischreste von der Rüstung.
„Ich glaube, darauf würdet Ihr Euch gut machen.“
„Pffft…“
„Habt Ihr Gepäck?“
„Es befindet noch bei meinem Pferd draußen bei den Ställen.“
„Ich lasse es holen. Jorleif?... Jorleif!“
Ein Mann in einer ockerfarbenen Tunika und hellen Leinenhosen humpelte auf sie zu.
„Na Jorleif, auch was abbekommen?“ Jovial schlug er dem Mann auf die Schulter. „Darf ich vorstellen, Jorleif, mein Vogt. Guter Mann, würdet Ihr dafür sorgen, dass das Gepäck der Dame angeliefert wird?“


Sie folgte Jarl Ulfric. „So, damit wäre ich also in kürzester Zeit vom kleinen Mädchen zur Dame gereift. War Euch langweilig Jarl Ulfric?“
Grüne Augen starrten in grüne Augen.
„Nein, durchaus nicht. Ich langweile mich selten. Dafür lässt der Kampf um Himmelsrand mir keinen Freiraum. Ich… ich spürte nur, dass mehr hinter Eurer Verkleidung mit dieser Uraltrüstung steckte.“ Seine Hand wischte weitere Essensreste von ihrem Arm. „Und ich wollte herausfinden, was es ist. Ich gebe zu, damit hatte ich nicht gerechnet.“
„Tja, manchmal ist auch der große Jarl von Windhelm nicht vor bösen Überraschungen gefeit.“
„Eure Zunge besitzt bereits die Schärfe einer alten Jungfer.“
„Ulfric…“, die Empörung schwang hörbar mit. „Nur weil sich jemand gegen Euch zur Wehr setzt?“
Ein jungenhaftes Grinsen erhellte sein Gesicht und ließ ihn jünger aussehen, als er tatsächlich sein mochte. Sie schätzte ihn in die Mitte seiner Vierziger, also schon über den Zenith eines Mannes hinaus.
„Jemand? Ihr seid eine Frau.“
„Davon kämpfen viele für Euch in Eurem Namen genauso hart wie Männer.“
„Da habt Ihr recht. Kommt, ich zeige Euch Eure Gemächer.“
Er führte sie in einen großen Raum. In einem riesigen Kamin prasselte ein großes Feuer vor sich hin und verlieh dem Gemach eine wohligeWärme. Der Boden war vollständig mit weichen Fellen ausgelegt. Auf einer Empore stand ein großes Bett. Bücher und Karten bedeckten einen großen Schreibtisch. Es handelte sich definitiv um sein eigenes Schlafgemach. Sie war verwundert über diese warme Gemütlichkeit in dem uralten kalten Gemäuer.
„Jarl Ulfric, Ihr braucht mir doch nicht Euer…“
„Nehmt es einfach als mein Gastgeschenk an und fühlt Euch wohl. Wenn Ihr bereit seid, findet Ihr uns zwei Türen weiter.“
„Ich danke Euch.“
Mit einigen wenigen Handgriffen entledigte sie sich ihrer Rüstung und ließ sich lang aufs Bett fallen. Es klopfte und eine Bedienstete im mittleren Alter brachte ihr Gepäck und achtete darauf, dass das Badewasser hergerichtet wurde. Fröhlich summend ließ sie sich in dem warmen, nach Blütenessenzen duftenden Nass nieder.
„Autsch…“ Er hatte sie tatsächlich erwischt und die kleineWunde brannte nun im Wasser wie Feuer. Die Orkpaste würde sie nicht verwenden können. Der Geruch war für ein geselliges Abendessen einfach zu unangenehm.


Auf ihr Klopfen öffnete Galmar Steinfaust die Tür und blieb mit offenem Mund wie angewurzelt stehen. Ihre einfache, aber wirkungsvolle Eleganz erschlug sogar diesen ungehobelten Kerl.
„Galmar macht den Mund und die Tür zu.“ Ulfric kam auf sie zu und führte sie an den mit allerlei Köstlichkeiten gedeckten Tisch. „Darf ich sagen, dass Ihr wunderschön ausseht.“
„Warum nicht. Auch ein kleines Mädchen in einem einfachen Kleid hört so was gerne.“
Sie langten kräftig zu und sie stellte fest, dass Ulfric, im Gegensatz zu seinem Truppenführer nicht nur gesittete Tischmanieren besaß, sondern auch perfekt Konversation betreiben konnte. Belustigt beobachtete er wie Galmar auf seinem Stuhl unruhig hin und her rutschte.
„Möchtet Ihr mir verraten weshalb Ihr hier seid, bevor der Herr neben mir den Stuhl durchgewetzt hat?“
„Ich suche nach Ralof. Ralof von Flusswald, dem Kommandanten Eurer Leibwache und hoffte ihn hier zu finden.“
„Weshalb sucht Ihr ihn?“ fiel Galmar ein.
„Nichts, was Euren Plänen zuwider laufen würde. Trotzdem ist es nur für seine Ohren bestimmt.“
Der forschende Blick Ulfrics traf sie bis ins Innerste und ließ sie ungewollt erröten. Dann lächelte er. „Ralof ist leider nicht hier. Er holte sich nur neue Instruktionen ab und ist bereits wieder ins Feld gezogen. …Galmar, sorgt dafür, dass heute noch Kuriere an unsere Lager herausgehen und er zurückbeordert wird. Möchtet Ihr solange mein Gast sein?“
„Ich danke Euch.“
Man spürte förmlich, dass Galmar froh war, den Raum verlassen zu können. Diese Welt war nicht die seine. Und die Blicke, die sein Jarl mit dieser Drachenblutfrau tauschte. Die kannte er auch nicht.

Vertieft in ihre Unterhaltung über seine Zeit bei den Graubärten und ihren Werdegang als Drachenblut bis zum Ende von Alduin, spürte niemand von beiden wie die Zeit verrann. Es musste bereits früher Morgen sein als er sie zu ihrem Zimmer geleitete.
Im Halbdunkel des Gangs standen sich zwei Machtmenschen, gesegnet oder gestraft, je nachdem welche Sichtweise man bevorzugen mochte, mit der gleichen Gabe, unbeweglich gegenüber. Schließlich drehte er sich herum „Ich wünsche Euch eine geruhsame Nacht.“
„Ulfric…?“ Ihre Hände lösten langsam die Verschnürungen ihres Kleides. Langsam, viel zu langsam. Es schien Ewigkeiten zu dauern bis das Kleid endlich über ihre Schultern rutschte. Er hob sie auf seine Arme, trat dieTür mit dem Fuß hinter sich zu und legte sie aufs Bett.
„Widerspricht das nicht allem, was ich mir zu Eurem Anliegen an meinen Kommandanten so denke?“
Sie räkelte sich bereits wohlig unter den Berührungen seiner Hände.
„Ulfric, Ihr wisst so gut wie ich, dass dies hier nichts mit Liebe zu tun hat. Es ist nur der letzte logische Akt zur Vollendung unseres Machtspielchens. Täuscht keine Skrupel vor, wo Ihr nicht wirklich welche habt. Und nun kommt.“ Ihre Hände lösten die Schnallen seines Ledergewandes. „Ich möchte erfahren, ob Ihr in dem letzten Bereich, der mir bisher verborgen blieb, eine ebensolche Macht besitzt.“

EMS
26.09.2012, 12:27
Puuh, irgendwie war dieses Kapitel anstrengend und hat viel Zeit gekostet, bis es mir gefiel. Ich hoffe, es findet trotzdem Euer Wohlgefallen. §wink
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Verzweifelt versuchte sie die aufkommende Panik zu unterdrücken. Schwärze, nichts als Schwärze um sie herum.
Die Hände auf dem Rücken gefesselt, ihr Mund fest verschlossen von einem Knebel, der ihr fast den Atem nahm. Völlig desorientiert versuchte sie sich aufzurichten und prallte sofort gegen eine hölzerne Wand. Mit den gefesselten Händen tastete sie ein wenig den Boden ab, auf dem sie lag. Er bestand ebenfalls aus rauem unbearbeitetem Holz, dessen Splitter in ihre Finger drangen. Die Beine konnte sie frei bewegen, wobei frei sehr relativ zu sein schien. Sofort stieß sie an allen Seiten an hölzerne Begrenzungen.
Dies ließ nur einen Schluss zu; sie lag in einer Kiste und die Dunkelheit konnte nur bedeuten, dass man sie lebendig begraben hatte. Schreien konnte sie nicht, bewegen konnte sie sich kaum. Sie würde jämmerlich verrecken. Nun ließ sie ihrer Panik freien Lauf, warf sich in ihrem Sarg hin und her und tobte, als könne sie damit etwas ändern.
Ein knirschendes Geräusch ertönte, als etwas Scharfes durch das Holz stieß und im nächsten Augenblick bohrte sich ein Dolch in ihre Bauchdecke. Nicht tief, aber doch genug, dass ein schmales Blutrinnsal warm an ihrem Körper herablief. „Ruhe da, oder ich steche Dich endgültig ab.“
Der kleine Schmerz bewirkte, dass sie ihre Umgebung wieder bewusster wahrnahm. Jetzt erst bemerkte sie, dass die Kiste holperte und sich bewegte. Sie schien auf einer Kutsche mitzureisen. Menschen waren da, auch wenn sie ihr nichts Gutes wollten. Die undurchdringliche Dunkelheit wurde durch eine Kapuze verursacht, die man ihr über den Kopf gestülpt und dann zugebunden hatte. Ihr Hals schmerzte. Anscheinend hatten ihre Überwältiger versucht an das Amulett zugelangen.
Was machte sie nur so müde? Froh, nicht lebendig begraben worden zu sein, lauschte sie weiter dem ungleichmäßigen Holpern und schlief wieder ein.

Brutale Hände packten zu und zerrten sie hoch. Leises Knirschen, wie von aufeinander reibenden Steinen ertönte. Die Hände ließen sie los, stießen ihr in den Rücken und sie landete unsanft ein ganzes Stück tiefer auf hartem felsigem Boden. Völlig wehrlos blieb sie liegen. Die sie umhüllende Dunkelheit machte jegliche Gegenwehr unmöglich. Schwere Stiefel stiegen eine Leiter hinab und packten sie erneut, nur um sie hinter sich herzuschleifen. Sie spürte feuchte, glitschige Pflastersteine unter ihren bloßen Füßen. Irgendwo, vll. auch direkt hinter ihr, fiel eine hölzerne Tür ins Schloss. Stimmen hallten wie in einem größeren Hohlraum. Jemand schoss Pfeile ab und etwas weiter surrten Dolche auf ein unbekanntes Ziel. Eine größere Wassermenge schien es zu geben. Sie konnte das leise Dahinplätschern vernehmen.
Ein letzter Stoß beförderte sie auf einen feuchten, schimmelig riechenden Strohhaufen. Eine metallene Gittertür schloss sich und dann war Ruhe.


Zitternd blieb sie liegen, um erst einmal ihre Gedanken zu sortieren. Ulfric? Sollte er an dieser Misere schuld sein? Nein,ausgeschlossen. Es gab keinen Grund für ihn sie aus dem Weg zu schaffen. Das Gegenteil war der Fall gewesen. Liebend gerne hätte er sie als Zugpferd in seinem Kampf um Himmelsrand vor seinen Karren gespannt. Sie empfanden eine sehr, sehr starke Sympathie füreinander, die nichts mit Liebe zu tun hatte, sondern dem Bewusstsein entsprang, von der gleichen Art und Stellung zu sein. Er befand sich noch in einer Besprechung mit Wuunferth, seinem Magier, als der Sturmmantelsoldat ins Zimmer getreten war und ihr leise andeutete ihm zu folgen; Kommandant Ralof wäre soeben eingetroffen. Ahnungslos und vollerVorfreude war sie dem Mann gefolgt, nur um einige Momente später lautlos überwältigt zu werden. Sie wusste jetzt noch nicht wie es passiert war.

Ulfric und sie hatten die vorherigen Nächte, sehr zum Missfallen von Galmar Steinfaust, in leidenschaftlicher Zweisamkeit genossen. Galmar vielleicht? Aber warum? Weil sie mit seinem ‚Gott’ für ein paar Nächte das Bett teilte? Warum sollte er das Risiko eingehen, dass sie womöglich lebend entkommen und ihn dann vor Ulfric zur Rechenschaft ziehen könnte.
Mühselig stand sie auf und ging in die Richtung aus der das Geräusch der sich schließenden Tür gekommen zu sein schien. Entkommen? Was für eine wahnsinnige Vorstellung. Von wo? Aus was? Sie befand sich im Nirgendwo in völliger Dunkelheit, nur bekleidet mit einem fast durchsichtigen Leinenhemd, gefesselt, geknebelt und mit einer stinkenden Kapuze über dem Kopf. Die besten Voraussetzungen, um an eine Flucht zu denken.

Erst einmal hinsetzen und in Ruhe überlegen. Aber wo war der Strohhaufen? Vorsichtig tapste sie über den feuchten glitschigen Boden und stieß an etwas Klapperndes. Ihr Fuß fühlte den Gegenstand ab und sie kam zu dem Schluss, dass man bereits schon einmal jemanden hier ‚vergessen’ hatte. Nach und nach hatte sie mit vielen Remplern die Ausmaße ihres Gefängnisses einigermaßen im Kopf gespeichert. Rechts hinten in der Ecke befand sich der Strohhaufen, links ein größerer Topf für die Notdurft. Sie verdrängte ganz schnell Bilder, die sich vor ihrem geistigen Auge über seinen vermutlichen Zustand bildeten. Irgendwann hatte hier mal jemand ein Feuer angezündet. Die schmierige Asche dürfte ihre Füße vollkommen eingeschwärzt haben. Der größte Wahnwitz, der sie fast laut auflachen ließ, war allerdings das Buch, über das sie gerade stolperte. Wütend kickte sie es irgendwohin. Mit dieser Kapuze über dem Kopf waren jegliche Lesevergnügen nun mal stark eingeschränkt.

Sie tastete sich bis zum Strohhaufen, setzte sich und legte den Kopf auf die angezogenen Knie. Heulen, warum nicht einfach mal wieder heulen, bis man keine Tränen mehr hatte. Das letzte Mal hatte sie wirklich geweint, als ihr geliebter Mann in ihren Armen gestorben war. Argis. Warum hatte man ihn einfach aus seinem blühenden Leben gerissen.
Hier sah und hörte sie niemand und so ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Sie schien sich in den Schlaf geheult zu haben, denn als sie Stimmen vernahm, lag sie auf diesem Dreckshaufen und kam nur langsam zu sich. Unbeweglich blieb sie liegen.
„Hmm, das Vögelchen scheint zu schlafen. Was machen wir überhaupt hier mit ihr?“
„Weiß nicht. Musste den Boss fragen. Der hat den Auftrag angenommen.“
„Ich hätt jetzt Lust auf sie. Die hat doch eh kaum was an. Da brauchste auch nicht viel runterreißen.“
„Lass es. Wenn der Boss davon Wind bekommt. Die iss gefährlich. Das hat er gesagt.“
„Ach wat, guck doch mal. Gefesselt, geknebelt. Kapuze druff. Nur die Beine, die hamse extra für uns frei gelassen. Nu komm, Du stehst Schmiere. Und wenn ich feddich bin, pass ich für Dich auf.“
„Weiß nich, iss ja ganz nett anzuschauen, wat da unterhalb der Kapuze rausguckt, aber…“
„Wat aber?“
„Hast Du nen Schlüssel für die Zellentür?“
„Nö. Du vielleicht?“
„Nee.“
„Hmm, dann müssen wohl erst mal gucken, wie ma da drankommen.“

Irgendwo hinten ertönte ein leises Quietschen von verrosteten Angeln einer Tür. Weitere Schritte näherten sich.
„Was macht Ihr hier?“
„Ach, Chef, wir wollten doch nur ma gucken.“
„Ich weiß, was Ihr Gauner denkt.“ Die Stimme gab ein unangenehmes Lachen frei. „Aber das kommt nicht in Frage. Sie ist zu gefährlich.“
„So, das ist sie also.“ Hier handelte es sich um eine weibliche Stimme. Ihrer Aussprache nach der gehobenen Schicht zugehörig.
„Ja, fertig geschnürt und verpackt, wie Ihr es wünschtet.“
„Dann brauchen wir jetzt nur noch ihren Sohn.“

Sie erschrak bis ins Innerste. Ihre gefesselten Hände ballten sich verzweifelt zu Fäusten und sie richtete sich auf. Wütend sprang sie vor die Gitterstäbe, wie ein wildes Tier, das man in einem Käfig gefangen hielt. Den Anwesenden entlockte es nichts als Lacher. „Na schau mal an, da haben wir doch den Nerv des ehrenwerten Drachenblutes getroffen.“ Die Frau schien sich herumzudrehen und sprach jetzt mit einem der Männer. „Kommt, wir haben noch einiges zu besprechen.“
„Sagt, wie sollen wir ihr Essen geben, wenn man den Knebel nicht entfernen kann.“
„Wer sagt, dass sie welches bekommen soll?“
„Wir morden nicht, und das wisst Ihr.“
„Wer redet hier von Mord, mein Lieber. Vergesst sie einfach, wie den vorigen Kerl, der dort noch mit in der Zelle liegt.“
„Der war vorher schon da. Der ist nicht von uns.“ brummte die männliche Stimme, während sich die Personen langsam entfernten.
„Und noch was… Gönnt Euren Männern doch ein wenig Spaß. Seht nur zu, dass sie fest genug gefesselt ist.“
„Ihr seid grausam.“
„Mit Händchen streicheln kommt man nicht weit. Das solltet Ihr Euch gut merken. Dann sähe es hier auch wieder besser aus.“
Ihr Verzweiflungsschrei wurde von dem Knebel vollständig geschluckt. Sie konnte nichts ausrichten, außer dem Schicksal seinen Lauf lassen. Die Tür quietschte und sie war wieder alleine. Zusammengekrümmt lag sie auf dem feuchten Strohhaufen und zitterte unkontrollierbar vor sich hin.



Die stete Dunkelheit brachte sie um jegliches Gefühl für Zeit und Raum. Immer wieder kamen sie zwischendurch, um sich an ihr gütlich zu tun. Anfangs wehrte sie sich nach Kräften, aber diese ließen langsam nach. Es brachte auch nichts. Je mehr Widerstand sie ihnen bot, desto mehr entfachte sie den Willen dieser, nach allem was die Welt verboten hatte, stinkenden Typen, sie zu brechen. Hin und wieder wurde sie mit einem Eimer eiskalten Wassers übergossen. Es sollte wohl eine Art Wäsche darstellen. Der Strohhaufen entwickelte sich zu einer schmierigen Pampe, die selbst durch ihre Kapuze einen widerlichen Gestank verbreitete. Nicht mehr lange, und Fieber würde sich in ihrem Körper breit machen. Sie spürte es jetzt schon dumpf, während sie in mittlerweile stoischer Bewegungslosigkeit sämtliche Prozeduren über sich ergehen ließ. Was hielt diese Männer denn nur dazu an, sich weiter an ihr zu vergehen, obwohl sie zwischenzeitlich wahrscheinlich eher einem Monster, denn einem Menschen glich?
Sie kauerte sich in die letzte noch trockene Ecke. Argis, tot. Agnar, der gemeinsame kleine Sohn und das letzte, was ihr von Argis geblieben war, entweder in den Händen ihrer Entführer oder auch schon tot. Sterben, warum konnte sie nicht endlich auch sterben.


„Mein Herz, wacht auf.“
Mühsam schlug sie die Augen auf, aber es änderte nichts an der sie weiter umgebenden Dunkelheit. „Was wollt Ihr mein Gemahl. Es ist zu Ende.“
„Nichts ist zu Ende. Unser Sohn braucht Euch jetzt mehr denn je. Merkt Ihr denn nicht, dass sie nachlässig werden?“
„Liebster, ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr.“
„Ihr könnt und Ihr wollt. Meine über alles geliebte Gemahlin hat sich nie aufgegeben und das wird sie auch jetzt nicht tun.“
Kurz spürte sie seine warmen, zärtlichen Hände, dann verfiel sie wieder in ihre Regungslosigkeit. Nur in ihrem Kopf kreisten die wirren Gedanken wie wilde Wolfsrudel umher. Dieses Mal fühlte sie sich von ihrem Mann allein gelassen. In einem Anfall von aufkommendem Jähzorn trat sie gegen den Kessel, der mit einem lauten Scheppern zerbrach. Ihr Fuß schmerzte von dieser völlig sinnlosen Aktion und sie ließ sich zwischen den Trümmern nieder. Eine scharfkantige Scherbe schnitt in ihren Handballen als sie sich aufstützte. Langsam verfolgte sie in Gedanken das warme Gefühl, das die kleine Blutspur verursachte.
Gedankenlos griff sie mit ihrer verletzten Hand nach der Scherbe und begann völlig mechanisch damit an den Fesseln herumzusäbeln. Das inzwischen so bekannte Türquietschen ertönte. Erschrocken hielt sie in ihremTun inne, aber diesmal war es nur der Eimer eiskalten Wassers, den man ihr durch die Gitterstäbe zuteil werden ließ. Dann verschwand die Person. Sie schüttelte sich. Genau das schien sie jetzt gebraucht zu haben. Ihre Hand säbelte und säbelte, bis sie davon fast ins Schwitzen geriet. Ihr körperlicherZustand musste horrend miserabel sein, wenn schon diese Aktion sie fast ihre ganze Kraft kostete.
Irgendwann hatte sie es geschafft. Ihr Freudenschrei wurde vom Knebel erstickt, als sie die Arme in die Luft warf. Fieberhaft riss sie die Verschnürung der Kapuze entzwei und entledigte sich des Mundtuches und Knebels. Frei, sie war frei. Nun ja, noch nicht wirklich, aber der Anfang war gemacht.„Argis, mein geliebter Gatte. Ihr hattet wie immer recht. Ich liebe Euch.“

Nur ganz langsam gewöhnten sich ihre Augen an die ohnehin nur minimale Helligkeit. Wie Blitze stach das Licht der zwei Wandfackeln in die Pupillen. Vorsichtig öffnete sie nach und nach die Lider immer mehr, bis es nicht mehr schmerzte. Ein Kellergewölbe? Überall um sie herum feuchte, verfallende Ziegelsteinwände. Eine einzelne Zelle, in der sie sich befand und zwei Gänge, die von dem Vorraum abzweigten. Ihre Behausung stellte sich als schmieriger, ehemals Kloakenraum dar, den man wohl kurzfristig für sie umfunktioniert hatte. Nein, sie durfte sich jetzt nicht übergeben. Das würde auffallen und so schluckte sie mühsam die aufkommende Übelkeit wieder hinunter. Sie hatte es jetzt, nun ja, sie wusste nicht wie lange, hier aushalten müssen. Jetzt würde es auch auf ein wenig weitere Zeit nicht mehr ankommen.
Ihr Leinenkleid war mittlerweile zu einem stinkenden Lumpen verkommen. Irgendjemand hatte sich irgendwann einfach die Mühe gespart, es hochzuziehen und stattdessen einfach von unten nach oben aufgerissen. Sie starrte auf ihren ausgemergelten, schmutzverkrusteten, schmierigen Körper. Die ursprünglich kleine Dolchwunde hatte sich durch den ganzen Dreck entzündet und nun zu einem graugrünen, eitrig belegten Krater entwickelt, der auch das Fieber zu verursachen schien. Was mochten diese Männer für Tiere sein, dass sie selbst ein dermaßen abstoßender Anblick nicht aufzuhalten vermochte.

Lange durfte sie allerdings nicht mehr bleiben. Ihre Kräfte schwanden dahin und das Fieber ergriff immer mehr Besitz von ihrem Körper. Sie musste hier raus solange sie sich noch einigermaßen auf den Beinen halten konnte. Sie griff sich eine extrem spitze Scherbe, nahm die Kapuze vom Boden auf, setzte sich auf den inzwischen schwarzbraunen Strohhaufen und wartete. Bisher waren diese Bestien ihrer nicht überdrüssig geworden. Also würde sich wohl in nächster Zukunft bestimmt wieder einer von ihnen blicken lassen.

EMS
04.10.2012, 02:00
Ich wollte Euch ja erst wieder an einer spannenden Stelle hängen lassen. Aber dann war das abgeschlossene Kapitel doch die, meiner Meinung nach, bessere Alternative. Have fun. §wink
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„Verdammt, wo ist sie?“ Ulfrics Stimme bellte durch das uralte Gemäuer. Zusammen mit Jorleif und Wuunferth durchkämmte er die zahlreichen Gemächer.
„Vielleicht ist sie einfach nur gegangen. Hatte keine Lust mehr auf ihren geliebten Ralof zu warten. Oder vielleicht wart Ihr auch einfach zu gut, mein Jarl, und sie hat sich umentschieden.“ ließ sich Galmar, der lustlos hinter dem aufgeregten Haufen hertrottete, vernehmen.
„Wer wollte nicht mehr auf mich warten.“ Verwirrt verfolgte Ralof eine Szene, die er sich in seinen kühnsten Träumen nicht einmal vorzustellen gewagt hätte. Die Faust von Ulfric Sturmmantel landete gerade mit einer solchen Wucht im Gesicht seines engsten Vertrauten, dass Galmar mit einem undeutlichen, schnorchelnden Geräusch an Ralof vorbei die Treppenstufen hinunter segelte.
„Ah, da seid Ihr ja, Kommandant Ralof.“ Im Nu hatte sein Kriegsherr sich wieder in der Gewalt, während er sich die schmerzende Faust rieb. „Leider fällt meine Nachricht für Euch nicht erfreulich aus. Seid so gut und begleitet mich in meine Gemächer…. Galmar, kommt Ihr oder wollt Ihr auf ewig dort unten liegen bleiben.“
Ulfrics Selbstbeherrschung schien grenzenlos. In einem Moment schlug er den Mann, den er am meisten brauchte, um im nächsten fortzufahren als wäre nie etwas geschehen. Unschlüssig fuhr sich Ralof mit der Hand durch die vom langen Ritt durch ständiges Schneegestöber feuchten Haare. Der schwere Pelzumhang lastete auf seinen Schultern und verströmte den Geruch nach nassem Fell. Liebend gerne hätte er sich erst umgezogen und normalerweise wäre das auch Ulfrics erstes Angebot gewesen. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit und er fühlte sich müde. Ohne ein weiteres Wort folgte er Ulfric in dessen Schlafgemach, während sich weiter unten Galmar erhob und erfolglos das Blut aus seinem Gesicht zu entfernen versuchte.

Mit einem Blick erfasste Ralof die Situation in Ulfrics persönlichem Zimmer. Ihr Dai Katana lehnte an der Wand neben dem Kamin, ihre alte Stahlplattenrüstung hatte sie samt ihres Gepäcks sorgfältig auf einem großen Stuhl in einer freien Ecke des Raums deponiert. Das schwere leinene Bettzeug war ordentlich zurückgeschlagen und wies keinerlei Spuren eines Kampfes auf.
„Wo ist sie?“ fragte er tonlos.
„Spurlos verschwunden ist sie, Eure kleine Hure.“ Galmars blutverschmiertes Gesicht tauchte im Türrahmen auf.
„Galmar! Haltet den Mund! Noch ein Wort und ich schicke Euch persönlich auf die Suche nach ihr.“
„Galmar, ich brauche diesbezüglich keine näheren Erläuterungen von Euch.“ Fast zärtlich strich Ralof mit der Hand über ihre Rüstung, bevor er sie samt des Gepäcks auf den Boden legte und sich resigniert in den Stuhl fallen ließ. Nie würde er diese Frau verstehen, ihre widersprüchlichen Handlungen, die ihn in einem Moment in den Himmel hoben, um ihn im nächsten Augenblick mit Wucht wieder auf die Erde zu befördern, und doch liebte er sie mit allen Sinnen, die ihm zur Verfügung standen.
„Sagt mir nur, weshalb sie hier war und was mit ihr geschehen ist. Niemals würde sie freiwillig die Stadt ohne diese Waffe verlassen.“
Seine Hand deutete auf das im Feuerschein rötlich glänzende Dai Katana, das just in diesem Augenblick wie von Geisterhand bewegt, umfiel und mit einem leisen Klirren auf dem Boden zu liegen kam. Der Schein der Flammen spiegelte sich in seiner polierten Oberfläche und ließ die fein eingearbeiteten Zeichen wie böse Omen aus dem Reich des Vergessens vor seinen Augen zucken. Eine unheimliche Waffe. Nirgendwo sonst hatte er eine solche nochmals zu Gesicht bekommen. Sie konnte nur dem sagenhaften Oblivion entstammen und er mochte nicht mal ansatzweise wissen, wie sie in ihre Hände gelangt war, aber sie verstand sie zu führen wie sonst niemand.
„Kommt Ralof“, Ulfrics Hände legten sich auf seine Schultern und er war nicht in der Lage ihnen auszuweichen. Eindeutig hatten nicht nur diese Hände ihren Körper berührt. „Wir werden sie finden. Das verspreche ich Euch.“




Ungeduldig rutschte sie auf dem ekelerregenden Strohhaufen hin und her. Immer wieder umklammerte sie die ausgewählte Scherbe und prüfte, ob sie gut in der Hand lag. Die schwarze Kapuze lag griffbereit daneben. Es würde nur eine einzige Chance geben und die durfte sie auf keinen Fall vermasseln. Warum nur kam ausgerechnet jetzt niemand? Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Die Müdigkeit würde sie bald überwältigen. Sie spürte es und begann am Erfolg ihres Plans zu zweifeln. Schließlich zog sie sich die Kapuze über den Kopf und legte die Arme, die Scherbe immer noch fest in der Hand, unter den Körper. Wenigstens sollte nichts auf die veränderte Situation hindeuten, wenn man sie schlafend vorfand.

So ermattet sie auch war, der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Immer wieder kreisten die Gedanken um das Warum ihrer Verschleppung und das Vorhaben der Entführer auch ihren Sohn in die Hände zu bekommen. Es konnte sich nur um die Inbesitznahme von Vlindrel Hall handeln. Von Raerek wusste sie um die Kaufanfrage eines Mittelsmannes für einen, wie er es nannte, einflussreichen und wohlhabenden Bürger aus dem südlichen Himmelsrand, der dort ein florierendes Geschäft besäße und in Markarth eins eröffnen wolle. Rothaarig sei dieser Mittelsmann gewesen, mit einem kurz gestutzten Bart, und in feiner blauer Gewandung erschienen. An den ihm genannten Namen konnte sich der alte Mann nicht mehr erinnern, aber daran, dass er ihm den derzeitigen Aufenthaltsort der kleinen Familie genannt hatte. Ab diesem Zeitpunkt mussten sie wohl im Visier des Interessenten gestanden haben. Er schien verdorben genug zu sein, seine Kaufabsichten in eine kostenlose Aneignung des Hauses umzuwandeln. Und er hatte sowohl die nötige Geduld als auch das nötige Geld, zu warten, bis Argis und sie, und wenn es nur für einen kurzen Zeitraum war,voneinander getrennt waren. Und dann erbarmungslos zuschlagen lassen. Es hatte ihn nicht einmal aus der Fassung gebracht, dass sie aus dem Gefecht mit seinen Söldnern als Siegerin hervorgegangen war. Er war des Wartens nicht müde geworden, sondern nahm den nächsten günstigen Zeitpunkt zum Anlass, sich ihrer zu entledigen. Überall schien es Augen und Ohren für ihn zu geben, auch wenn sie nicht verstand, warum er nicht schon in Flusswald zugegriffen hatte. Flusswald…, Agnar…, er wusste mit Sicherheit, wo sich der Kleine befand. Sie spürte dumpf erneute Panik in sich aufsteigen, die sie mit aller noch zur Verfügung stehenden Kraft bekämpfte.
Vollkommen ausgelaugt schlief sie dann doch mit den sich überschlagenden Gedanken ein. Muiri, das Miststück hatte nicht gelogen, als sie versicherte, nichts mit Argis’ Tod zu tun zu haben. All das hier war ein paar Nummern zu groß für eine kleine Tavernengöre.
Rifton…, Rifton war auch wichtig. Wenn sie hier jemals heraus kommen sollte, würde sie erst Agnar in Sicherheit bringen und dann nach Rifton gehen. Südliches Himmelsrand…Agnar… Ob er noch lebte?

Eine nur allzu bekannte Berührung ließ sie erwachen. Mechanisch spreizte sie die Beine, wie sie es in der letzten Zeit allzu oft hatte tun müssen. Nichts sollte den Kerl, der da auf ihr lag, misstrauisch werden lassen.
Sie wartete einige Augenblicke, lauschte dabei angewidert dem Stöhnen und Grunzen, bis sie ganz langsam die rechte Hand unter ihrem Körper hervorzog. Und wieder wartete sie. An seiner schneller werdenden Atmung hörte sie, dass die Zeit knapp wurde. Urplötzlich schoss ihr Linke hervor, riss sich die Kapuze vom Kopf und drückte den Kopf des vollkommen überraschten Mannes neben sich in das schmierige Stroh. Wenn er jetzt auch nur einen Laut von sich geben würde, wäre es mehr als fatal. Mit aller Kraft rammte sie dieScherbe das erste Mal in die Halsschlagader des Zappelnden. Ein zweites und auch noch ein drittes Mal. Das pulsweise herausschießende Blut besudelte ihren Körper, ihr Gesicht und spritzte bis an die Wände. Als seine Kräfte schnell spürbar nachließen, wand sie sich unter ihm hervor und kniete sich auf seinen Rücken. Ein gezielter Hieb mit der stumpfen Seite der Scherbe. Es knackte hörbar. Sie hatte ihm das Genick gebrochen und nur seine letzten Muskelreflexe ließen ihn noch ein wenig unter ihr zucken.

Vorsichtig lauschte sie nach verräterischen Geräuschen, aber niemand schien ihr Tun bemerkt zu haben. Mit den Füßen drehte sie den Kerl auf seinen Rücken. Ein schmächtiges Kerlchen, gekleidet in eine sonderbare Lederrüstung, bewaffnet nur mit zwei billigen Eisendolchen. Rüstung und Dolche konnte sie bestens gebrauchen. So flink es ihre von der Anstrengung und Aufregung flatternden Hände zuließen, bekleidete sie sich mit den Utensilien des Mannes und warf ihm den stinkenden Lumpen, der einmal ein edles Nachtgewand gewesen war, über. Ihre Augen glänzten längst fiebrig als sie in einem letzten Racheakt das Objekt ihrer Pein mit einem scharfen Schnitt von seinem Besitzer trennte.

Soweit sie es in der Zeit mitbekommen hatte, waren ihre ‚Besucher’ immer aus dem linken Gang erschienen. Sie schnappte sich eine Fackel aus der Wandhalterung und verschwand im Dunkel des rechten Gangs.
Endlos zog sich dieser Weg, kreuz und quer, über Eck und schien immer weiter nach unten, statt nach oben zu führen. Kichernde, glucksende Geräusche hallten wider und schienen sie zu verfolgen. Es konnte aber ebenso gut eine Sinnestäuschung ihrer angespannten Nerven sein. Die Skeever jedenfalls waren es nicht. Sie waren durchaus real und in Rudeln vertreten. Einige Feuerbälle verschafften ihr den nötigen Freiraum. Durch einen noch brennenden Skeever entzündete sich eine undefinierbare Kloakenflüssigkeit, die den Boden des Raums bedeckte, den sie gerade betreten hatte. Unaufhaltsam bahnte sich das Feuerrinnsal seinen Weg durch tiefer gelegene halbrunde Abflüsse. In den Tiefen, ja es schien tatsächlich noch weiter hinunter zugehen, hörte sie menschliche Schreie. Hier lebten Menschen? In dieser Kloake? Ihre Vorstellungskraft reichte dazu kaum aus. Allerdings hatte sie auch keine Zeit sich weiter damit zu befassen. Wer konnte schon wissen, wen und was das Feuer und die Schreie in diesen unwirtlichen Gängen anlocken würde, ganz zu schweigen von ihren Entführern, die sich hier mit Sicherheit bestens auskannten.
Der Widerschein der langsam ersterbenden Flammen zeigte ihr einen weiterführenden Gang genau gegenüber. Das Amulett glühte leise vor sich hin. Es wurde höchste Zeit, dass sie diesem Alptraum entkam und sich in heilende Hände begeben konnte. Ohne weiter nachzudenken, stürzte sie in die gegenüberliegende Öffnung und sah sich unvermittelt einem vollkommen zerlumpten Geschöpf mit einem wahnsinnigen Flackern in den tiefliegenden Augen gegenüber. Zu allem Überfluss trug dieses Wesen, war es Mann oder Frau, man konnte es nicht mehr unterscheiden, ein schweres Fleischerbeil mit sich herum. Ihr blieb nicht viel Zeit zu überlegen, wie eine solch ausgezehrte Person ein so schweres Gerät schleppen konnte, als sich selbige mit einem wahnwitzigen Schrei auf sie stürzen wollte.
„Yol Toor Krein“.
Übrig blieb nur ein Häuflein feine weiße Asche, gekrönt von dem Schneideblatt eines Fleischerbeils und brennendes Moos an den Wänden. Dem Ehrenkodex der Graubärte entsprechend, hatte sie es nach Möglichkeit immer vermieden die Drachensprache für profane Zwecke einzusetzen. Sie war ein Geschenk mit dem man keinen Missbrauch betrieb. Aber ebenso war diese Gabe dazu geeignet ihr Leben zu retten, also warum sollte sie sie nicht zumindest dazu benutzen.
Weiter führte der Gang, aber nichts bis auf ein paar Skeever kreuzte noch einmal ihren Weg. Bald würde die Fackel erlöschen. Entweder hatte sie bis dahin einen Ausgang gefunden oder sie würde sich mit Zaubern weiterhelfen müssen. Keine angenehme Aussicht in Anbetracht ihres angegriffenen Zustandes. Der Gang mündete in einen größeren Raum, an dessen gegenüberliegender Seite zwei verfallende hölzerne Türen in dunkle Verschläge zu führen schienen. Rechterhand befand sich endlich eine Treppe, die nach oben führte. Eine Etage höher entdeckte sie eine weitere, diesmal eisenbeschlagene Tür, die ihr bekannt vorkam.
„Bei den Göttern. Ich BIN in Rifton.“

Die sonderbare Tür führte zu dem Raum, in dem Esbern sich jahrelang versteckt hielt, bis sie seiner Mithilfe beim Kampf gegen Alduin bedurften. Vielleicht gab es ja noch brauchbare Tinkturen dort. Flink huschte sie die Stufen nach oben und betrat vorsichtig den Raum. Enttäuscht drehte sie wieder ab. Es gab nichts mehr. Irgendjemand hatte Esberns ehemalige Behausung in Beschlag genommen und zu einem widerlichen, von allerlei Verfaultem und Exkrementen verdreckten, Loch verkommen lassen.
Vage erinnerte sie sich an den damaligen Weg nach draußen. Aber dieser führte ausgerechnet durch das Hauptquartier der sogenannten Diebesgilde, einem relativ traurigen, an großen Coups wohl eher gescheiterten Haufen in einer ebenso traurigen Umgebung. Sie sah an sich herunter. Nun erkannte sie auch die merkwürdige Lederrüstung wieder. Deren Mitglieder trugen eine solche. Damals hatte sie kein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, weil es sie nicht interessierte.
Nun wusste sie zumindest mit wem sie es zu tun bekommen würde, aber es nutzte nichts, solange sie hier nicht herauskam. Sie vermied den Gang, der scheinbar direkt ins Zentrum führte und wandte sich einem Schmaleren zu, dem sie für einige Zeit völlig unbehelligt folgte. ‚Nicht aufgeben’, ‚nicht aufgeben’, immer wieder sprach sie mit sich selber, wenn ihre Schwäche den Tribut fordern wollte.


Mit jedem neuen Schritt stieg der Wasserspiegel um sie herum an. Es störte sie nicht weiter. Jede Art an ein bisschen Sauberkeit zu gelangen, war ihr angenehm. Sinnend stand sie in dem mittlerweile hüfthohen Nass. Irgendwoher musste das Wasser kommen. Es handelte sich nicht um eine völlig stillstehende Lake, sondern die Oberfläche wies kleine Wellenbewegungen auf, die sie eine Weile beobachtete. Dann löschte sie die Fackel und tauchte entschlossen in die Dunkelheit ab.

Der Luftmangel drohte bereits ihre Lungen zu zerreißen, als sie endlich wieder nach oben schwimmen konnte. Schwer nach Atem ringend, versuchte sie sich über Wasser zu halten und schätzte die Umgebung ab. Unmöglich. Ein dichter Nebel hüllte alles in ein undurchdringliches, dämpfendes Grau, das ihr nicht nur die Sicht auf die Stadt sondern auch die Lokalisierung der typischen Geräusche von Leben vollkommen verwehrte.
‚Laas Yah Nir’.
Noch einmal tauchte sie unter einem Kanaltor durch, und befand sich in der Stadt. Jetzt war besondere Vorsicht geboten. Sie trug eine Rüstung dieser Diebesgilde, aber jeder von denen würde wissen, dass sie nicht dazugehörte. Mehr noch, sie würden an ihren auffälligen Haaren erkennen, dass sie die entflohene Gefangene war. In dieser Stadt würde sie vorerst niemandem trauen können. Bis sie, auf welche Art auch immer, an andere Ausrüstung gelangen konnte, musste sie sich verborgen halten. Oder Rifton erst einmal verlassen. Aber dazu war sie eindeutig zu schwach, auch wenn das kalte Wasser ihr für ein paar Momente ein wenig Lebensenergie zurückgab.
Jetzt erst fiel ihr auf, dass der Lappen, der die ganze Zeit im Wasser hinter ihr herschwamm, eine Kapuze war. Sie dankte den Göttern für dieses kleine Geschenk an ihrer Rüstung, rollte ihre weißleuchtenden Haare zu einem dicken Knoten und schob sich die Kapuze über, bevor sie die Treppe ins Trockene hinaufschlich. Jetzt war der dichte Nebel ihr Verbündeter.
‚Laas Yah Nir’.
Sie umschlich die leuchtenden Punkte, die sich auf dem Marktplatz konzentrierten, hinter ein paar Häusern entlang und hockte sich vollkommen erschöpft zwischen zwei Fässer, die hinter dem letzten Haus an der Stadtmauer standen. Vielleicht war sie hier erst einmal sicher. Zumindest für ein paar Stunden, in denen sie sich ausruhen konnte.
Unaufhaltsam zitterte und fror sie sich in der vollkommen durchweichten Lederrüstung langsam in den Schlaf. Ein Feuer… Argis, Liebster, wisst Ihr, dass ich mein Leben jetzt für ein wärmendes Feuer hergeben würde?

EMS
14.10.2012, 14:05
Da Kiam meiner Story ja netterweise einen wunderschönen Platz auf seiner Seite eingeräumt hat, wo man alles im PDF-Format hintereinander findet, könnt Ihr weiterhin Eure Kommentare, so Ihr welche schreiben möchtet, mit in diesen Thread packen. :)

Und weiter geht es §wink. Auf Action muss diesmal leider verzichtet werden. :dnuhr:
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„Seid Ihr sicher?“
„Ja Aerin, das bin ich. Es stimmt zwar etwas nicht mit ihr. Aber ein Mitglied der Diebesgilde ist sie mit Sicherheit nicht.“
„Was gibt Euch diese Sicherheit?“ die Stimme des Mannes war von Zweifeln geprägt. Fast schon weibisch hörte er sich im Gegensatz zu der tatsächlich weiblichen Stimme an. Freya hielt ihre Augen halb geschlossen. Erst einmal hören, was die Beiden noch zu sagen hatten.
„Aerin, seid versichert. Ich hätte schon davon gehört, wenn ein Neuzugang angekommen wäre. Außerdem…, schaut sie Euch doch einmal genau an. Vollkommen abgemagert in einer zu großen Rüstung. Diebesgilde hin oder her. Sie gehört nicht dazu. Aber wo kommt sie tatsächlich her? Kommt, wir müssen uns um sie kümmern.“
„Wenn Ihr meint. Irgendwann werdet Ihr deswegen noch in Schwierigkeiten geraten.“
„Wenn Ihr Euch das damals auch so vor Augen gehalten hättet, läge ich heute skelettiert vor einer Dwemerruine.“

Unbekannte Hände gerieten in ihre Nähe. Sie sprang auf. Automatisch suchte ihr Arm nach dem Dai Katana. Wertvolle Zeit ging verloren bis sie registrierte, dass es noch in Windhelm in Ulfrics Zimmer lag. Es würde nichts nützen. Bis sie jetzt an die Dolche gelangt war, hätte man sie längst überwältigt. Sie ließ von ihren Angriffsabsichten ab und nahm die beiden Personen genauer in Augenschein.
Die Augen der weiblichen Person, deren linke Gesichtshälfte durch eine martialische blaue Kriegsbemalung völlig entstellt wirkte, musterten sie freundlich, während der Mann, der hinter ihr stand, eine eher abwehrende Haltung einnahm. Krasser konnte ein Kontrast nicht sein. Sie, eindeutig eine Kriegerin, er, ja was mochte er sein…, abgewetzte feinere Kleidung und ein wenig männliches Gesicht. Definitiv kein Händler, eher ein heruntergekommener Lebemann.
Sie wich einen weiteren Schritt zurück, aber die Fässer und die Hauswand setzten ihrem Rückwärtsdrang ein Ende und so blieb sie stehen.
„Wer seid Ihr und wieso tragt Ihr eine Rüstung der Diebesgilde?“
Sie konnte keinen Falsch in den Augen der Frau entdecken, aber trauen konnte sie ihnen auch nicht. Niemandem konnte sie hier trauen. Es würde schwer werden, hier in Rifton einen Fuß in die Tür zu bekommen. Und so schwieg sie.
„Aerin, wer hat heute Dienst am Tor?“
„Warum fragt Ihr? Valborg und Alfarin.“
„Dann hat es keinen Zweck. Die sind wie Wasserträger. Wir müssen bis zur Dunkelheit warten. Hier nehmt erst einmal. Mehr habe ich Moment leider nicht bei mir.“ Die Frau zog einen Apfel aus ihrer Gürteltasche und drückte ihn ihr in die Hand. „In eurem eigenen Interesse…, bitte bleibt hier. Ich komme Euch heute abend holen. Kommt Aerin, ich denke, wir müssen noch für eine dritte Person einkaufen.“

Wie angewurzelt stand sie da, mit einem Apfel in der Hand und überlegte angestrengt, was sie nun tun sollte. Frei bewegen konnte sie sich in der Stadt nicht, schon gar nicht in dieser Rüstung. Ebenso gut war es möglich, dass dieses Pärchen jetzt unterwegs war, um sie zu verraten und sie am Abend die ganze Diebesgilde am Hals hatte. Gleichermaßen bestand aber auch die Chance, dass sie vielleicht eine, oder sogar zwei Personen getroffen hatte, die mit dieser Diebesgilde nichts am Hut hatten. Den Wachen am Stadttor schien man ebenfalls nicht trauen zu können, abgesehen davon, dass einer langen und aufwendigen Flucht in ihrem geschwächten Zustand nur wenige Erfolgsaussichten beschieden waren. Sie zog sich die Kapuze noch ein Stück tiefer ins Gesicht, setzte sich wieder zwischen die Fässer auf den Boden, biss herzhaft in den Apfel und harrte der Dinge, die unweigerlich auf sie zukommen würden.





Ralof, hochrot im Gesicht und außer sich vor Wut, starrte den Thron an, auf dem Ulfric langsam aber sicher einzuschlafen schien. Wie lange versuchten sie jetzt schon herauszufinden, wie es hatte passieren können, dass eine Person mir nichts dir nichts aus dem Königspalast entführt werden konnte.
Bis auf Galmar, der ganz entspannt auf der Bank an der gedeckten Tafel saß und ein Stück Fleisch nach dem anderen zwischen seinen massigen Kiefern verschwinden ließ, waren alle am Ende ihrer Nerven.
„Galmar, könnt Ihr nichts anderes als fressen, fressen, fressen?“ Ralofs Stimme bekam diesen unangenehmen schnarrenden Tonfall, der sich nur dann bemerkbar machte, wenn er sich über etwas ärgerte und laut wurde.
„Hmm, doch könnte ich. Einen Krieg weiter vorbereiten. Einen Krieg, der Himmelsrand in die Unabhängigkeit führt. Aber hier dreht sich ja nur noch alles um Eure kleine Hure.“
Dieses Mal war es Ralofs Faust, die den Kopf Galmars auf den vollgefüllten Teller prallen ließ. Für einen Moment riss Ulfric die Augen auf und seufzte ob des Anblicks, der sich ihm darbot. Nicht schon wieder. Galmar, sein Heerführer, dem es einen Heidenspaß bereitete, Ralof, den ihm untergebenen Kommandanten, immer da zu packen, wo es am meisten zwickte. Und dann der junge, blonde, hünenhafte Nord, der immer wieder darauf ansprang wie eine Frostbissspinne auf ihren Gegner. Die Prügeleien der Beiden in der letzten Zeit schienen ungezählt, und sie trugen sichtbare Spuren ihrer Auseinandersetzungen. Hoffentlich würden sie wieder zu dem Gespann, das sie einmal waren. Zusammen fast unbesiegbar.
„Galmar, ganz Himmelsrand dürfte mittlerweile wissen, dass Ihr das Drachenblut verachtet. Aber das ist hier nicht von Belang. Und je eher wir es finden, desto eher können wir uns wieder den noch wichtigeren Dingen widmen.“
Mit müden Augen beobachtete Ulfric seine Mannen. Wuunferth, der in einer Ecke, vor seinen Runensteinen sitzend, eingeschlafen war. Jorleif, der auf einer der Bänke ebenfalls schlief. Galmar, der gerade sein Gesicht von Essensresten befreite, während er Unverständliches in seinen Bart murmelte und schließlich Ralof, der wie ein eingesperrter Wolf hin und herlief. Mühsam erhob er sich von seinem Thron und reckte die eingeschlafenen Glieder.
„Männer, lasst uns Schluss machen für heute. Jeder in dieser Runde kann Schlaf gebrauchen.“

Obwohl auch ihn die Müdigkeit übermannte, war ihm nicht nach Schlaf zumute. Ralof schickte einen kurzen Gruß in die Runde und verließ, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, den Königspalast Richtung Haus Kerzenschein. Tief atmete er die frische Luft ein. Der Wind blies nicht mehr und die weißen Flocken fielen langsam und sanft auf den Boden.
„Freya, meine Schöne, wo seid Ihr nur…“
Er blickte nach oben in den wolkenverhangenen Himmel, aber eine Antwort war von dort auch nicht zu erwarten. Sie war verschwunden, ohne auch nur den Hauch einer Spur hinterlassen zu können. Er stapfte die ausgetretenen Stufen vom Königspalast zur Taverne hinunter. Von der Wirtin ließ er sich einen großen Krug Met einschenken. Nach einer aufgezwungenen Unterhaltung war ihm nicht zumute und so verzog er sich mit seinem Getränk in einen Sessel in einer vollkommen dunklen Ecke der oberen Etage. Die Beine lang ausgestreckt, der Rest seines Körpers völlig im Dunkel, hing er seinen Gedanken nach und lauschte mit halben Ohr dem Gesang der Bardin, die eine, für eine Dunmer, ungewöhnlich klare Stimme besaß.
Es schien ihm fast als sei er irgendwann eingeschlafen, als neben ihm in der nächsten Nische eine Unterhaltung seine ganze Aufmerksamkeit weckte. Angespannt lauschte er den leisen Wortfetzen, die zu ihm herüber drangen.
„Was … Euch … gedacht? ... Aufruhr gesorgt.“
„ …Auftrag…“
„Sie durchkämmen die ganze Stadt nach ihr.“ Die weibliche Stimme wurde lauter und klang verärgert.
„Pst, nu seid doch leiser. Bald kann uns jeder hier hören.“
„Ja, ist doch wahr. Meine ganzen Geschäfte kommen zum Erliegen.“ Unbeeindruckt fuhr die weibliche Stimme in der gleichen Lautstärke fort. „Warum musstet Ihr sie denn ausgerechnet mitten aus dem Palast der Könige verschleppen. Gab es keinen anderen Ort?“

Er hatte genug gehört. Mit einem Satz sprang er aus der Ecke, zog seinen Dolch und packte den männlichen Gesprächspartner mit einem Würgegriff an den Hals. Völlig überrumpelt dachte dieser noch nicht einmal an Gegenwehr und sah ihn nur vollkommen erschreckt an, während sein Gesicht langsam eine ungesund aussehende bläuliche Verfärbung annahm. Warum nur war er nicht überrascht eine Wache des Königspalastes in seinem Griff zu haben.
„Los aufstehen. Und denkt nicht einmal an Flucht. Ihr kämt keine drei Schritte weit. Und Ihr, Niranye…“, Ralof wandte sich an die Altmer, „Euch rate ich Stillschweigen zu bewahren, solltet Ihr in Windhelm bleiben wollen.“
Ungeachtet der verwunderten Blicke stieß er die Wache Richtung Palast der Könige vor sich her.





Wieder hatte der Nebel Rifton fest im Griff und tauchte alles um sie herum in eine undurchdringliche Masse aus Grautönen. Nur gedämpft hallten die Schritte der Einwohner, die über die Holzstege schritten.Wortfetzen waberten durch die allgegenwärtigen Nebelschleier. Aber nichts davon schien näher zu kommen.
Sie setzte alle ihre Sinne ein. Sollten die Zwei sie verraten haben, würden sie ihr blaues Wunder erleben. Sie mochten wissen, dass sie das Drachenblut und entsprechend mächtig war, aber das wahre Ausmaß kannten sie mit Sicherheit nicht.
‚Beim Reich des Vergessens, wird man denn in dieser Stadt nie trocken?’ dachte sie, als sie die Rüstung an einigen Stellen lupfte, wo sie unangenehm an ihrem Körper klebte und widmete ihre Gedanken dem letzten Aufenthalt in dieser Stadt. Es war ihr Hochzeitstag und sie wurde mit einem ursprünglich ungeliebten Mann vermählt. Einem Mann, wie es keinen zweiten seiner Art wieder geben würde. Und jetzt schon war er tot. Sie wusste, dass sie in Himmelsrand nicht alleine damit stand. Zu hart und zu gefährlich war das Leben, um auf lange währende Ehen bauen zu können. Viele davon mochten ihre Partner mit der gleichen Intensität geliebt haben, wie sie Argis. Er würde immer ein Teil von ihr bleiben. Trotzdem musste sie in die Zukunft blicken. Da war Agnar, dessen Leben in Gefahr war und der sie jetzt dringender brauchte denn je. Und…

Leise Schritte näherten sich. Sie versuchte die Anzahl der zugehörigen Personen auszumachen. Es schienen tatsächlich nicht mehr als zwei zu sein, was sie nicht daran hinderte, die beiden Dolche fest zu packen und sich kampfbereit aufzupflanzen.
Die blonde Frau und dieser Aerin bogen um die Ecke und blieben erst einmal stehen, als sie ihre Kampfhaltung bemerkten.
„Steckt Eure Waffen weg. Ihr habt von uns nichts zu befürchten. Ich bin Mjoll und den Namen meines Begleiters kennt Ihr ja bereits.“ Mit ausgestreckter Hand kam Mjoll auf sie zu. Sie überlegte einen Augenblick, dann platzierte sie die Dolche wieder in den Haltern und gab der Frau ebenfalls die Hand.
„Freya ist mein Name.“ Mehr mussten sie im Moment noch nicht wissen.
„Dann kommt. Bringen wir Euch erst einmal ins Trockene, und Hunger habt Ihr mit Sicherheit auch, wenn ich Euch so recht betrachte.“
„Wohl wahr.“ Sie grinste. „Wundert Euch nicht, wenn ich beim gehen klappere.“

Mjoll lugte um die Hausecke und zeigte an, dass sie folgen konnte. Mit wenigen Schritten hatten sie den Eingang erreicht und verschwanden flink in dem großen Haus. ‚Kein Wunder, dass sie mich entdeckt haben. Ich bin ja direkt in ihren Garten gestolpert’, überlegte sie, als sie sich in dem Gebäude umsah. So repräsentativ es von außen wirkte, so ärmlich wirkte innen die Einrichtung. Geld war hier eindeutig Mangelware.
„Ich habe Euch oben ein Zimmer hergerichtet, in dem Ihr auch trockene Kleidung findet. Und einen großen Wascheimer mit heißem Wasser, wenn Ihr Euch reinigen wollt.“
Mjolls Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
„Danke. Sehr gerne sogar.“

Im Zimmer betrachtete sie ihre Bauchwunde. Das Wasser hatte zwar einen großen Teil des Eiters weggespült, aber gut sah dieser Krater dennoch nicht aus. Sie brauchte die orkische Paste. Dafür brauchte sie Kräuter. Kräuter gab es aber nur gegen Geld. Und davon hatte sie so gut wie nichts. Die paar Septime, die sie in der Diebesrüstung gefunden hatte, reichten bei weitem nicht aus.
„Mjoll? Könntet Ihr vielleicht einmal hochkommen. Ich bräuchte Eure Hilfe.“
Sie hörte die Schritte auf der Stiege und die Gerufene betrat den Raum. Entsetzt fuhr sie in den Türrahmen zurück. „Bei den Göttern, was hat man mit Euch angestellt?“
„Das WOLLT Ihr gar nicht alles wissen. Sagt, habt Ihr Kräuter hier?“ Sie zählte ein paar Zutaten auf.
„Das meiste davon habe ich hier. Nur die giftigen Zutaten nicht. Aber ich hole sie Euch gerne aus Elgrims Elixiere.“
„Ich bin aber zur Zeit, bis auf dieses bisschen hier, völlig mittellos.“
„Lasst das mal meine Sorge sein. Nur heute werde ich nichts mehr bekommen. Dafür ist es zu spät.“
Sauber, die Wunde mit einem trockenen Lappen abgedeckt, lief sie in dem Kleid, das ihre Gestalt umschlotterte wie vorher die Diebesrüstung, die Treppe hinunter.
„Seid Ihr sicher, dass Ihr an Essen aufbringen könnt, was ich an Hunger mit mir herumtrage?“


In den nächsten Tagen lernte sie langsam aber sicher, Mjoll und Aerin zu vertrauen, ohne viel von sich preisgeben zu müssen. Die Beiden fragten nicht, sondern ließen sie erzählen, wenn ihr danach war. Sie hatte tatsächlich das unwahrscheinliche Glück besessen, auf zwei Personen zu stoßen, die mit dieser Diebesgilde nichts zu tun hatten, auch wenn sie sich permanent fragte, was diese patente Frau mit diesem weder-Fisch-noch-Fleisch-Kerl verband.

Mit Interesse beobachtete Mjoll, wie sie die orkische Paste und noch einen ebenso übelriechenden Trank in einem kleinen Kessel über dem Feuer herstellte.
„Pfui, das stinkt ja hundserbärmlich. Wozu soll das alles gut sein? Wollt Ihr Euch unbedingt vergiften?“
„Diese Paste ist das beste Mittel zur Wundheilung, das jemals das Licht dieser Welt erblickte. Sie hat meinem Ehemann das Leben gerettet, als es schon fast vorbei schien. Ich verrate Euch das Rezept gerne, wenn Ihr möchtet.“
„Eurem Gatten?“ Mjoll druckste ein wenig herum, wie ihr schien. „Und dieser scheußliche Trank?“
„Er ruft Blutungen hervor. Das allerletzte, was ich möchte, ist womöglich ein Balg von einem meiner Vergewaltiger mit mir herumzuschleppen.“
„Euer Gatte… wo ist er? Und wie sieht er aus?“
„Er lebt nicht mehr. Warum fragt Ihr?“
„Nun ja, da ist so ein großer Kerl…, ein Nord. Und er scheint nach jemandem zu suchen, auch wenn er es nicht offensichtlich macht. Aber wenn Euer Mann bereits tot ist...“
„Wie sieht er aus?“ Sie ließ sich von Mjoll die Beschreibung geben und holte tief Luft. „Bringt ihn hierher, sobald Ihr die Gelegenheit dazu habt.“


„Freya? Kommt Ihr mal bitte.“ Mjolls Stimme schallte laut durch das fast unmöblierte Haus.
Sie verließ ihr Zimmer, stutzte einen winzigen Augenblick und sprang mit einem Satz von ganz oben in die mächtigen Arme des Mannes.
„Ralof!!!“
Er konnte nicht anders. Er hielt den schmalen Körper so fest er nur konnte und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. „Liebste, Ihr seht scheußlich aus und Ihr stinkt fürchterlich.“
„Na, DAS nenne ich doch mal eine liebevolle Begrüßung.“ Sie lachte und legte die Arme um seinen Hals. „Trotzdem bin ich froh Euch zu sehen.“
„Nur das? Ich hoffte…“
Seine Worte erstickten unter ihren weichen Lippen, die ihn endgültig einer diesbezüglichen weiteren Fragestellung enthoben.
„Noch weitere Fragen, mein Herr?“
„Viele. Aber nur, wenn Ihr mir nicht vorher mit Eurer Umarmung das Genick brecht.“

EMS
19.10.2012, 11:09
Ein bisschen Fluff, aber imho wirklich nur ein kleines bisschen... auch das darf mal sein. ;) Trotzdem wünsche ich Euch viel Spaß beim lesen. §wink
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Sie beobachtete Ralof, der sich gerade entkleidete und entdeckte die große, noch relativ frische Verletzung. „Was ist das für eine Wunde an Eurer rechten Seite?“
„Ich wurde von einem Pfeil getroffen.“
„Das sieht nicht gut aus. Lasst mich bitte einmal schauen.“ Vorsichtig glitten ihre Finger über die stark dunkel verfärbte Stelle und spürten prompt die Pfeilspitze auf, die noch verblieben war. „Ihr müsst unbedingt zu Danica, wenn wir wieder in Flusswald sind. Sie muss die Pfeilspitze entfernen.“
„Dafür werde ich wohl keine Zeit haben.“
„Wenn sie sich entzündet, könntet Ihr daran sterben und dann habt Ihr mehr Zeit als Euch lieb ist.“
„Ja, Zeit, die ich mir in Sovngarde mit Eurem verstorbenen Gatten vertreiben kann. Wir müssen dann nur noch warten bis Jarl Ulfric und vielleicht noch ein paar andere Männer auftauchen, mit denen Ihr zwischenzeitlich das Lager teiltet. Es könnte eine interessante Runde werden.“
Ein bitterer Moment, aber er musste irgendwann eintreten. Sie hatte es bereits in den letzten Stunden gespürt, als seine anfänglich überschwängliche Freude einer zunehmenden Zurückhaltung wich. Nur aufgrund der Anwesenheit von Mjoll und Aerin verlor er seine Beherrschung nicht. Jetzt, wo sie alleine waren, brach es unausweichlich aus ihm heraus. Er besaß eindeutig nicht die in sich selbst ruhende Sicherheit von Argis, die ihren damaligen Fehltritt hinnahm, weil er sie einfach so annehmen konnte wie sie war und trotz allem an ihrer Liebe zu ihm nicht zweifelte. Diese Eigenschaft schien Ralof nicht gegeben. Zudem hatte sie ihm oft übel mitgespielt.
Leise seufzend wandte sie sich ab und legte sich mit dem Gesicht zur Wand in ihr Bett.
„Ich möchte Rifton morgen erst einmal verlassen. Ich muss Agnar in Sicherheit bringen, falls sie ihn nicht ohnehin schon in ihren Fängen haben, bevor ich hier weitermachen kann. Werdet Ihr mich begleiten?“
„Ja.“ Er legte seine Reisefelle aus und rollte sich, mit dem Rücken zu ihr, darin ein.

Je mehr sie versuchte zu schlafen, desto wacher wurde sie. Schließlich legte sie sich auf den Bauch und schielte über die Bettkante zu ihm herunter. Mittlerweile lag er auf dem Rücken. Eine Strähne des störrischen blonden Haares hatte sich in sein Gesicht verirrt und wurde von den regelmäßigen Atemzügen immer wieder leicht angehoben. Sanft strich sie sie weg und fuhr mit ihren Fingern die Konturen seiner Lippen nach, bis er im Schlaf leise murmelte. „Was tut Ihr da?“
Sie beugte sich vollends über die Bettkante, als das aufgeschichtete Stroh nachgab und sie haltlos auf ihm zu liegen kam.
„Hey, was wird das?“
„Hm…, eigentlich wollte ich Euch nur küssen.“
Einen Moment stutzte er, fing dann aber doch zu lachen. „Meint Ihr, dass Ihr im Schlaf von mir bekommt, was ich Euch in wachem Zustand verwehre?“
Ihre Miene wurde ernst. Sie stemmte sich von seiner Brust weg, stand auf und begann den Strohhaufen neu zu richten. „Ich werde mir nichts nehmen, was Ihr mir nicht freiwillig gebt.“
Sie legte die Hände an ihr Amulett und wartete auf die Wärme von Argis, die sie daraufhin auch bald spürte. Dieses Mal sprach er nicht mit ihr. Was sollte er auch sagen. Seine geisterhaften Hände strichen nur zärtlich über ihr Gesicht bis sie einschlief.

Dieser Morgen erinnerte sie an einen, der wie es schien, endlos lange her war. Sie wachte auf und blickte direkt in die leuchtend blauen Augen eines Mannes, der sie, auf seinen Arm gestützt, unverwandt ansah. Lächelnd zog sie ihn an seinem Haarzopf ein Stück herunter, „Sinneswandel?“
„Ich weiß nicht. Aber ohne Euch ist mein Leben auch nicht einfacher.“
„Neuanfang?“
„Ich weiß nicht. Dafür funktioniert mein Erinnerungsvermögen zu gut.“
„Bei Ysmir, was wisst Ihr denn?“ Sie schnaubte.
„Dass ich Euch liebe und dieses Gefühl anscheinend jegliches Erinnerungsvermögen zu trüben vermag.“
Es dauerte bis sie begriff. Vorsichtig zog sie ihn zu sich herunter. Ihre Hände streichelten seine Haare und seinen Rücken bis sie spürte, dass er seine Abwehrhaltung vollkommen aufgab. Erst dann suchten ihre Lippen die seinen und erhielten eine innige Antwort.
„Ooh, nein. Bitte nicht.“ Er versuchte sich von ihr zu lösen. Zuckungen durchliefen seinen Körper und er stöhnte wie unter Schmerzen stehend auf.
„Was…?“ Weiter brauchte sie nicht zu fragen. Sie fühlte seine warme Feuchtigkeit langsam an ihrem Bein herunterlaufen.
„Verdammt…“
„Hattet Ihr eine solche Sehnsucht?“
„Scheint so. Könnt Ihr es mir verdenken?“ Sein entschuldigendes Grinsen ließ sie laut auflachen.
„Ihr werdet mir doch nicht erzählen wollen, dass Ihr all die Zeit enthaltsam wart.“
„Nein, keineswegs. Erst seit dem Tag als Ihr mit Eurem Drachen davonfliegen wolltet.“ Es entstand eine kurze Pause, bis er leise weitersprach, „Nach Helgen wollte ich eigentlich immer nur Euch, so gering die Chancen auch waren.“
„Dann lasst es uns miteinander versuchen. Noch einmal möchte ich nicht von Gerdur hören müssen, dass Ihr Euch anderweitig vermählen wollt.“
Blaue Augen blitzten sie spitzbübisch an. „Ich denke, diese Gefahr ist weitaus geringer, als die, Euch in fremden Betten suchen zu müssen.“
„Schuft…“, sie nahm die Kopfrolle und schlug damit auf seinen Hintern. Es entstand eine kurze Rangelei, bei der sie feststellen durfte, dass er Argis an Kraft und Gewandtheit in nichts nachstand. Mit einem letzten Kuss stand er auf. „Kommt meine Schöne. Wir haben noch einiges zu erledigen.“
„Ihr sollt mich nicht immer…“
„Ja, ja, ich weiß… meine Schöne nennen. Gewöhnt Euch einfach daran.“
„Muss ich?“
Er drehte sich herum, während er in seine Hose stieg. Ihre Grimmasse war einfach unbeschreiblich.
„So wie Ihr jetzt dreinschaut, ähnelt Ihr allerdings tatsächlich eher einem Hexenraben.“
Die Kopfrolle flog in seine Richtung und er landete auf seinem Hosenboden. Mit einem äußerst zufriedenen Gesichtsausdruck erhob sie sich, legte ihre Rüstung und ihr Dai Katana an, die Ralof in weiser Voraussicht samt ihrem anderen Gepäck aus Windhelm mitgebracht hatte.


„Wollt Ihr wirklich ohne Verkleidung auf den Markt?“ Mjoll schüttelte den Kopf. „Wäre es nicht besser, alle glauben, dass Ihr tot seid. Dann könntet Ihr später viel besser aus dem Hintergrund handeln.“
„Nein Mjoll. Ihr werdet es vielleicht nicht verstehen, aber mich zu verstecken, liegt mir nicht. Sollen sie sehen, dass ich noch lebe, falls sie es nicht sowieso schon mitbekommen haben. Vielleicht versuchen sie erst einmal meiner Person wieder habhaft zu werden, bevor sie sich an Agnar vergreifen.“
„Falls sie den Kleinen nicht schon haben.“ Ralof, der hinter ihr stand, legte seine Arme um sie. „Meiner Meinung nach solltet Ihr Euch nicht so offensichtlich zeigen. Mjoll hat recht. Wir wissen noch nicht, was mit Agnar und womöglich mit meiner Schwester und ihrer Familie passiert ist. Wenn sie jetzt schon wissen, dass Ihr noch lebt, wird es unsere Sache nicht vereinfachen.“
„Unsere?“
„Ja, meine Liebste, unsere. Ich möchte euch nicht schon wieder bewusstlos oder vollkommen abgemagert irgendwo auflesen müssen. Das hatte ich zur Genüge.“
„Schön, dass Ihr so über meine Kampfkraft denkt.“
„Damit hat es wohl kaum etwas zu tun. Aber wir haben nur einen einzigen Anhaltspunkt und wissen nicht mit wem wir es noch zu tun bekommen könnten.“
„Die Beiden haben recht“, ließ sich nun auch Aerin vernehmen. „Hier nehmt diese Priesterkutte. Ihr könnt sie auch über Eure Rüstung anlegen.“
Gegen so soviel geballten Widerstand schien sie machtlos. Missmutig wickelte sie sich in die sandfarbene Robe und zog die Kapuze tief über das Gesicht. „Besser, Ihr Besserwisser? Und wohin nun mit meiner Waffe?“
„Lasst sie hier. Eure auffälligen Panzerhandschuhe am besten auch. Für einen kurzen Proviantkauf werdet Ihr beides nicht benötigen.“

„Maul lungert schon wieder an seinem Lieblingsplatz herum.“ Aerin kam von der Haustüre zurück, wo er die Lage sondiert hatte.
„Wer ist Maul?“
„Einer ihrer Späher. Er steht jeden Tag dort und teilt seine Beobachtungen dann später im Rattenweg mit. Wenn wir darauf warten wollen, dass er seinen Stammplatz verlässt, sitzen wir bis heute nacht hier fest.“
„Dann muss es anders gehen. Kann man von hier aus unbeobachtet zum Marktplatz gelangen?“
„Nur wenn Ihr oben durch das Fenster klettert und dann hinter den Gärten am steinernen Sarg vorbei geht.“
„Dann mal los.“

Ungesehen erreichten sie den Weg zum Marktplatz. Ralof hielt sich ein Stück hinter ihr. Sie waren übereingekommen, sich nicht zusammen blicken zu lassen. So konnte er im Notfall schnell und unerwartet helfen.
Mit einigen Blicken erfasste sie, wer was verkaufte. Ihr einziges Ziel würde die Dunmer sein, die direkt am Anfang des Marktplatzes stand und Lebensmittel feil bot. Zielstrebig steuerte sie darauf zu, als eine Stimme ihre Aufmerksamkeit erregte.
„Falmerblutelixier. Leute kauft Falmerblut und Ihr werdet hunderte von Jahren alt. Falmerblutelixier. Kauft es und erlangt das Wissen von Generationen.“
Vollkommen gebannt lauschte sie den Worten, um sich kurz darauf wie hypnotisiert in seine Richtung zu bewegen. Ihre Sinne überschlugen sich.
Ralof riss die Augen auf. Was machte sie denn da? Vollkommen bewegungslos stand sie vor einem Kerl und schien nicht aufzuhören ihn anzustarren.
„Werte Dame. Möchtet Ihr dieses Elixier kaufen? Sicher wird es Euch auch helfen eine innigere Verbindung zu den Göttern zu erhalten.“
Sie reagierte immer noch nicht. Er musste eingreifen. So schnell, wie es die Unauffälligkeit zuließ, schlenderte er über den Platz und packte fest sie um die Taille. „Liebling, möchtet Ihr unser Geld wieder für unnütze Dinge ausgeben? Kommt mein Schatz. Das brauchen wir nun wirklich nicht.“
Es schien ihm eine Ewigkeit bis er sie soweit vom Marktplatz weggeführt hatte, dass sie sich nicht mehr im Sichtfeld der Leute befanden. Wie eine Puppe hing sie ihn seinem Arm.
“Was ist nur los mit Euch?“
Sie reagierte immer noch nicht. Schließlich schüttelte er sie. Die Kapuze rutschte herunter und er blickte in ein entsetzensstarresGesicht.
„Er… Er war es…“ flüsterte sie, ohne ihn tatsächlich wahrzunehmen.
„Bei den Göttern. Wer war was?“
Die Starre wich aus ihrem Blick und ihre Gesichtsfarbe besserte sich allmählich zur Normalität. „Der Anführer dieser… dieser… Er war es auch, der mir den Dolch an den Bauch hielt. Seine Stimme… sie ist es unverkennbar. Und wisst Ihr was? Habt Ihr gesehen wie er aussieht?“
Ratlos zuckte er mit den Schultern.
„Rote Haare, kurzer Bart und ein blaues Gewand. Er ist dieser Mittelsmann.“
„Damit kann ich jetzt nichts anfangen. Das müsst Ihr mir später erklären. Zumindest scheint er Euch nicht erkannt zu haben.“ Zärtlich küsste er sie auf die Stirn. „Meint Ihr, dass Ihr es schafft, uns doch noch etwas Essbares zu besorgen?“
„Knurrt Euch jetzt schon der Magen? Wir sind doch noch gar nicht unterwegs.“ In einer kessen Geste schlug sie die Kapuze wieder über und marschierte Richtung Dunmer. Vollgepackt kehrte sie zu ihm zurück.
„Was habt Ihr denn vor?“ Staunend nahm er den schweren Sack, den sie ihm reichte. „Überleben in der Wildnis mit fünferlei Sorten Fleisch zum Abend? Wie soll ich denn damit durchs Fenster kommen.“
„Wir brauchen nicht durchs Fenster steigen. Dieser Späher, Maul?, scheint seinen Posten verlassen zu haben. Kommt schnell.“
Das Glück war ihnen hold. Die Wachen am Tor beschäftigten sich mit einem Neuankömmling und so schlüpften sie unbemerkt ins Haus.
„Bringt Ihr das Essen in die Küche? Es ist unser letzter Abend bei diesen gastfreundlichen Leuten. Ich möchte uns allen was Feines kochen, aber dazu muss ich mich erst von der Rüstung befreien.“
„Wenn Eure Kochkünste so explosiv sind wie Euer Gemüt, solltet Ihr sie vielleicht besser anbehalten.“
„Ralof, Ihr könnt genauso schrecklich sein wie Argis.“
„Aha, Euer Gatte war also schrecklich.“
„Ja, und Ihr steht ihm in nichts nach.“ Lachend zog sie an seinem Zopf, gab ihm einen leichten Kuss auf die Nasenspitze und lief geschwind die Treppe hinauf, bevor er noch einmal etwas erwidern konnte.


Bei einem frugalen Mahl am Abend erklärte sie den Dreien die letzten noch fehlenden Zusammenhänge um Vlindrel Hall und den Tod ihres Mannes. „Wer ist dieser Mensch überhaupt?“
„Sein Name ist Brynjolf und er scheint eines der höhergestellten Mitglieder dieser sogenannten Gilde zu sein.“
„Es muss aber noch eine Auftraggeberin existieren. Sie handelten nicht aus eigenem Antrieb, sondern wurden dafür entlohnt mich zu verschleppen. Sagt mal Ralof, wie konnten sie unbemerkt in Jarl Ulfrics Palast eindringen?“
„Eine unserer Wachen war Mitglied bei Ihnen. Er versorgte sie mit der passenden Bekleidung und allen notwendigen Informationen, um Euch in einem passenden Augenblick zu ergreifen.“
„Meint Ihr, er lebt noch?“
„Ich weiß es nicht. Ulfric war außer sich vor Wut. Am liebsten hätte er sämtliche Palastwachen hingerichtet. Zeigte es ihm doch mehr als deutlich, dass man nicht einmal seinen eigenen Leuten vertrauen konnte. Ich bezweifel aber auch, dass er uns mehr bieten könnte. Diese Leute sind kleine Handlanger, die von dem großen Ganzen meist nichts wissen und nur die für ihre Aufgabe notwendigen Informationen erhalten.“


Es war bereits spät, als sie gesättigt und gut gelaunt dasSchlafzimmer aufsuchten und sich in dem schmalen Bett zusammenkuschelten.
„Hmm, mehr Platz braucht es nicht, was?“ Seine Erregung war deutlich zu spüren.
„Nein Ralof, bitte nicht.“
In einer Mischung aus Verwunderung und einem Anflug von Verärgerung ließ er von ihr ab.
„Sie haben mich zu oft genommen, manchmal mehrere hintereinander. Es schmerzt immer noch. Außerdem möchte ich nicht, dass Ihr Euch mit dem Dreck vermischt, den sie in mich verbracht haben. Lasst mich erst meine Blutungen bekommen. Könnt Ihr solange warten?“
„Natürlich meine Schöne. Ich wusste nur nicht um die Umstände. Könnt Ihr mir verzeihen?“
„Da gibt es nichts zu verzeihen. Wie solltet Ihr das auch wissen. Und nennt mich nicht…“
„…immer meine Schöne.“


Sie nahm Mjoll in die Arme und drückte sie herzlich. „Seid versichert. Ich kehre…“
„Wir kehren…“
„Wir kehren zurück, sobald ich mehr um meinen Sohn weiß und dann werden wir die Ratten in ihrem Nest ausräuchern.“
Rifton hüllte sich an ihrem Abreisetag erneut in den dichtesten Nebel, den sich ein Mensch vorzustellen vermochte. Das Wasser tropfte von den Häusern und Bäumen. Es tropfte einfach von allem. Die durchdringende kalte Feuchtigkeit ließ sie erschaudern. Was für eine dunkle Stadt mit einem ebenso dunklen Untergrund.

„Meint Ihr Jarl Ulfric würde Euch wirklich solange aus Euren Diensten entlassen? Ihr seid einer seiner besten Männer.“
Sie bepackten die Pferde. Ihres musste sie sich noch schnell kaufen und entschied sich kurzerhand für einen wunderschönen Falbenhengst mit kräftigen Muskeln und starken Gelenken. Er war nicht billig und der Stallbesitzer schien sich nur schwer von ihm trennen zu wollen, aber ihr Geldbeutel brachte dann doch die Meinungsänderung zustande.
„Ich werde ihm einen Kurier schicken, sobald wir irgendwo einen auftreiben sollten.“
In Gedanken versunken, trotteten sie nebeneinander die Straße Richtung Ivarstatt entlang. Nichts regte sich. Die Welt und ihre Kreaturen schienen vom grau dahinwabernden Nebel verschlungen worden zu sein. Einzig eine Frostbissspinne kreuzte kurz ihren Weg und bezahlte diesen Umstand mit ihrem Leben. Irgendwo in den Büschen brummte ein Bär, aber selbst ihm schien nicht nach jagen zumute. Sie bekamen ihn nicht zu Gesicht.

Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Ralof, der vor sich hindöste.
„Ich liebe Euch.“ Die Spitzen ihrer Stiefel pickten kurz in die Flanken des Pferdes und sie galoppierte davon.
„Was?... Was habt Ihr gesagt? Hey, nun wartet doch.“

EMS
29.10.2012, 00:23
So, Fluff muss wieder der harten Realität weichen... Ich wünsche Euch ein paar angenehme Minuten. §wink


Gerdurs Schreie gellten durch das gesamte Dorf und übertönten sogar die Geräusche der Sägemühle und der Schmiede. Alles was zwei Beine besaß, rannte in Richtung Haus und blieb verblüfft stehen. Schreiend und heulend saß sie im Schneidersitz auf dem Fußboden, während ihr Oberkörper sich wie in Trance vor- und zurückbewegte. Stump sprang laut bellend um sie herum, während Frodnar völlig verängstigt unter seinem Bett hervorlugte. Erst als er Hod im Türrahmen stehen sah, kroch er hervor und lief schnurstracks auf ihn zu, um sich krampfhaft an seinen Hosenbeinen festzuhalten.
„Vater, Vater, sie haben Agnar mitgenommen. Und sie hatten Pferde. Und Orks waren es, ganz bemalte Orks.“

Mit einem gebieterischen Wink verscheuchte Hod die Schaulustigen und schloss die Haustüre hinter sich. Frodnar setzte er auf die Bank und strich dem zitternden Jungen über die Haare. Dann wandte er sich seiner Frau zu und hob sie vom Erdboden auf.
„Gerdur, gute Frau, was ist passiert?“
Es dauerte bis sie sich beruhigte. Heftiges Schniefen begleitete ihre Atemzüge, die im Moment klangen, als würde sie den Tag nicht überleben. Abwechselnd schüttelte er sie, um sie im nächsten Moment fest an sich zu drücken. Schließlich gelang es ihm, sie in einen annehmbaren Zustand zu versetzen. Völlig erschöpft setzte sie sich zu Frodnar auf die Bank. Mechanisch griff ihre Hand nach dem dort stehenden Krug und leerte ihn in einem Zug.
„Hod, sie haben Agnar geraubt. Hier aus dem Haus. Und ich konnte nichts tun. Es waren zu viele.“ Ein neuerlicher Tränenschwall aus den dunkelblauen Augen begleitete ihre letzten Worte.
„Was ist das für eine wilde Geschichte mit Pferden und Orks, die unser Sohn da von sich gibt?“
„Es waren keine Orks, Hod. Es waren Männer. Sie waren nur bemalt, schwarz-rot, wie Orsimer im Krieg. Sie stürmten unser Haus, schnappten sich Agnar und ritten wieder davon. Es ging alles so schnell.“
„In welche Richtung sind sie geritten?“
„Ich weiß es nicht.“
„Durchs Dorf können sie nicht gekommen sein. Das wäre allen aufgefallen. Bleibt nur der Weg, der zum Jagdunterstand Eures Bruders führt.“
„Ohne Pferde haben wir keine Chance. Und wir haben keine Pferde.“

Hod setzte sich zu seiner Frau auf die Bank. Immer und immer wieder zupfte er an seinem Bart, bis die zaghafte Stimme seines Sohnes in seine Gedanken drang.
„Vater, warum haben sie Agnar mitgenommen?“
„Ich weiß es nicht mein Sohn. Anscheinend gibt es Leute, die seiner Mutter und ihm nach dem Leben trachten.“
„Ich will aber nicht, dass Agnar stirbt.“ Frodnar sprang von der Bank und krallte sich im Fell von Stump fest, der überrascht aufwinselte. Hod stand auf und nahm seinen Sohn, der eigentlich schon viel zu groß dafür war, auf die Arme. Unter anderen Umständen wäre ihm herber Protest entgegen geschlagen, aber im Moment schien es seinem Jungen gut zu tun.
„Niemand möchte, dass Agnar stirbt.“
„Werden sie auch Onkel Ralof töten?“
„Warum sollten sie ihn töten wollen?“
„Weil er Agnars Mama liebt und die wollen sie ja auch töten. Und Argis ist deswegen schon tot.“

Gerdur und Hod blickten sich wortlos an. Ihr Sohn hatte viel mehr mitbekommen, als jemals Kommentare zu den laufenden Ereignissen seinem sonst doch recht vorlauten Mundwerk entfleucht waren.
„Frodnar, Du weißt doch wie stark Ralof ist. Meinst Du nicht, er könnte Freya und sich selbst gut beschützen?“
„Bestimmt… Du kannst mich jetzt wieder runterlassen, Vater.“
„Natürlich, mein Sohn.“ Er strubbelte dem Jungen noch kurz über den Kopf, was dieser mit einem verärgerten Gesichtsausdruck quittierte und sich die Haare schnell wieder glatt strich.
„Geh mit Stump zu Dorthe. Sie wartet bestimmt schon auf Dich.“
„Och nee, die ist immer so neugierig. Und Stump darf nie eine Frostbissspinne bei ihr sein.“ Trotzdem klappte die Haustür hinter ihm und dem Hund zu und er verschwand Richtung Schlafender Riese zu seiner Spielkameradin.

„Was machen wir jetzt?“ Gerdur erhob sich und schickte sich an mit der Zubereitung des Abendessens zu beginnen.
„Ich werde Faendal zu Jarl Balgruuf schicken und einen Kurier nach Windhelm. Jarl Ulfric wird wissen, wo Ralof und Freya sich aufhalten. Und Balgruuf sollte Bescheid wissen, falls Freya dort ankommen sollte. Mehr können wir im Moment nicht tun.“





Den Rücken an die Felswand gelehnt, starrte sie in die kleine Flamme des Lagerfeuers und lauschte den knisternden Geräuschen der zerspringenden Äste. Der Wind blies eisig und trieb die nachtschwarzen Wolkengebilde unbarmherzig vor sich her. Hin und wieder konnte man dahinter kurze Blicke auf die zwei Monde erhaschen, die diese Nacht aber nicht zu erhellen imstande waren. Nicht mehr sehr lange und der Winter würde das Land wieder fest im Griff haben.

Sie hatten sich einen einigermaßen gut geschützten Rastpunkt ausgesucht. Trotzdem ließen sie die zahlreichen Geräusche der Nacht nicht ruhen. Warum? Sie wusste es selber nicht, waren sie ihr doch so vertraut und eigentlich keiner größeren Aufmerksamkeit wert. Ralofs Kopf ruhte in ihrem Schoß. Eingewickelt in eine dicke Decke, war er sofort eingeschlafen, als sie ihm anbot, die erste Wache zu übernehmen. Hin und wieder brummelte er etwas Unverständliches vor sich hin, wenn er sich bewegte, aber seine Augen blieben geschlossen. Liebevoll streichelte sie sein Gesicht mit den kurz gehaltenen, störrischen Barthaaren und entlockte ihm damit ein Lächeln. Es fühlte sich so anders an, anders als bei Argis, dessen geschorener Bart seinen Mund immer seidenweich umspielt hatte.

Plötzlich horchte sie auf. Da war ein Geräusch, das nicht zur Nacht gehörte. Es klang wie das Wimmern eines Kindes. Sie versuchte die Richtung zu orten, aber schon war es wieder verschwunden. Mit einem Rütteln weckte sie Ralof, der seine Augen nur langsam öffnete.
„Was ist los Liebling. Bin ich schon dran?“ murmelte er schlaftrunken.
„Habt Ihr das auch gehört?“
„Was? Nein, ich höre nichts.“
„Da hat ein Kind geschrien.“
Ralof richtete sich auf und lauschte, aber das Geräusch tauchte nicht mehr auf. Er legte seine Arme um sie und zog sie fest an sich.„Es wird die Angst um Agnar sein, die Euren Sinnen derartige Streiche spielt.“
„Wahrscheinlich.“ Sie lächelte. „Schlaft weiter, mein Schatz. Ihr seht müde aus und es reicht, wenn ich Euch zu Eurer Wache wieder wecke.“
„Ich bin müde.“



Das Knacken des unter einer Last brechenden Astes und der darauf folgende kurze Fluch entsprangen keiner Sinnestäuschung. In Windeseile schälte sich Ralof aus seiner Decke und sprang auf. Seine halbgeschlossenen Augen suchten den Kriegshammer, der an der Felswand lehnte. Ihn ergreifen und sich dem ungebetenen Besucher entgegenstellen, waren eins. Sie stand neben ihm, das Dai Katana in Angriffshaltung vor sich gestreckt. Ein vollkommen schwarz-rot bemaltes Gesicht tauchte aus der Dunkelheit im schwachen Schein des Feuers auf und stürzte sich, ohne anzuhalten, auf Ralof. Und noch eins und noch eins. Insgesamt erschienen jetzt sieben Gestalten aus den Büschen und teilten sich auf sie beide auf. Orsimer? Nein, ihnen fehlten die typischen Eckzähne. Es waren Menschen.

Ralof zog sich bis fast an die Felswand zurück, um Angriffen in seinen Rücken zu entgehen und sie tat es ihm gleich. Mit einem lauten knackenden Geräusch brach das Genick des ersten Angreifers, den Ralof zwischen dem Stiel des Kriegshammers und seinem Knie eingeklemmt hatte. Dann glitt der Körper leblos auf den Boden. Ralof konnte sich gerade noch herumdrehen, um den Streich eines weiteren Gegners zu parieren, als er von dem Dritten in die Seite getroffen wurde. Mit einem Schrei knickte er erst einmal zusammen.
Sie bekam keine Gelegenheit weiter zu verfolgen, was mit ihm passierte, aber die schrecklichen Erinnerungen an Argis Tod kamen unweigerlich hoch und lähmten sie fast. Während sie einem ihrer Angreifer den Kopf abschlug, versuchte sie die Bilder aus ihrem Kopf zu bannen.
Ein Schwerthieb durchdrang ihre Rüstung und nahm ihr die Luft. Sie taumelte und spürte das warme Blutrinnsal innen herunterlaufen. Es waren einfach zu viele. Sekundenbruchteile verfolgte sie, wie Ralof neben ihr auf dem Boden liegend, sich verzweifelt seiner Angreifer zu erwehren versuchte. Wut und vor allem Schmerzen beherrschten seinen Gesichtsausdruck.
Das durfte nicht sein. Nicht schon wieder wollte sie einen geliebten Mann an irgendwelche Mörder verlieren.

Für einen Moment erhellte ihr Feueratem die ganze Umgebung. Sie erschrak. Diese Männer schrien und wanden sich, aber sie starben nicht. Sie mussten darauf vorbereitet gewesen sein. Ralof stutzte. So hatte er sie noch nie gesehen, aber ihm blieb nicht viel Zeit für weitere Überlegungen. Schon kamen sie wie lodernde Fackeln wieder auf sie beide zu. Von Schmerzen gepeinigt, rutschte er an die Felswand. Sein Vorrat an Energie und Leben schien aufgebraucht und es waren immer noch fünf, wenn auch teilweise ebenso angeschlagen.
In gekrümmter Haltung stand sie da. Ihr Amulett glühte, als sie die Stimme ihres verstorbenen Gatten vernahm. Sanft, aber eindringlich klang seine tiefe ruhige Stimme in ihrem Körper nach. „Mein Liebstes, erinnert Euch daran, wer Ihr seid. Erinnert Euch daran, was Ihr könnt.“

Zum Entsetzen von Ralof ließ sie einfach ihre Waffe fallen. In ihrer linken Hand bildete sich ein kleiner violettfarbener Ball, während sie mit ihrer Rechten einen Feuerball nach dem anderen auf die Reise schickte. Jetzt waren es nur noch vier. Ralofs Gegner ließen von ihm ab. Er stellte keine Gefahr mehr dar und so wandten sich nun alle ihr zu. Der kleine violette Ball traf auf den Boden. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete er, wie im nächsten Moment eine ihm vollkommen fremde Kreatur, die die gleiche Rüstung trug, wie seine Liebste, als er sie vor Hillgrunds Grab fand, die Szene beherrschte. Mit einem riesigen Zweihänder, der ihn arg an eine stark vergrößerte Ausgabe von Argis’ Schwert, das er nur einmal kurz gesehen hatte, erinnerte, drosch dieses unbekannte gehörnte Wesen unter markigen Sprüchen um sich und mähte zwei der Männer mit einem einzigen Seitwärtshieb. Die anderen zwei suchten augenblicklich ihr Heil in einer kopflosen Flucht, aber das Wesen folgte ihnen und so verschwanden sie alle in der Dunkelheit.

„Hier bedeckt Euch! Vollständig und jetzt!“ Sie warf ihm eine große schwere Decke zu. „Diese Schweine werden mir nicht entkommen.“
Ralof wäre nicht Ralof gewesen, wenn er sich nicht eine kleine Blicklücke unter seinem unfreiwilligen Überwurf gelassen hätte. Sie richtete sich kerzengerade auf, auch wenn ihr dies Schmerzen zu bereiten schien.
„Strun Bah Qo.“
Er konnte mit diesen Worten nichts anfangen, aber die letzte Silbe dröhnte in den Ohren und strapazierte seine Trommelfelle fast bis zum Zerreißen. Der Himmel verdunkelte sich noch weiter, Unmengen von Regen prasselten laut auf den Boden und zahllose Blitze zuckten durch die nun vollkommene Schwärze. Sie sackte zusammen und blieb schwer atmend liegen. Den Versuch zu ihr zu gelangen, winkte sie vehement ab. „Bitte mein Herz. Bleibt wo Ihr seid. Mir passiert nichts.“

Es dauerte eine ganze Weile bis das Unwetter endlich abebbte und langsam der voranschreitenden Morgendämmerung ihren Platz einräumte. Mühsam erhob sie sich und torkelte zu Ralof unter die Decke. Zitternd verbarg sie ihren Kopf an seinem Hals und suchte Wärme an seinem geschwächten Körper.
„Was… Was war das alles? Diese Kreatur… Das Unwetter…“ Unsicher und fast mit Abscheu betrachtete er sie wie ein fremdes Wesen. „Ihr…Ihr seid mir unheimlich.“
„Daran ist nichts Unheimliches.“ Mit einem Lächeln versuchte sie sein Vertrauen zurückzugewinnen. „Die Kreatur war nur ein beschworener Dremora-Fürst. Sicher, er ist ein Wesen aus dem Reich des Vergessens, aber vergänglich und er hätte Euch niemals angegriffen. Und meine Worte waren Worte der Drachensprache. Ihr kennt sie nicht, aber fragt mal Ulfric. Er ist einiger Worte ebenfalls mächtig.“
„Ulfric?“
„Ja, Ulfric. Darum heißt es allenthalben, er hätte den Großkönig totgeschrien.“

„Warum habt Ihr mir die Decke übergeworfen?“ Kaum zu verhehlende Wut in seiner Stimme, trotz seines besorgniserregenden Zustandes. „Für was haltet Ihr mich? Für einen Schwächling, den man vor ein paar Blitzen schützen muss? Hättet Ihr das Gleiche mit Argis und Ulfric getan???“
Fest bohrte sich ihr Blick in den seinen. „Ja, denn ohne diesen Schutz wäret Ihr jetzt tot. Diese Macht unterscheidet nicht zwischen Freund und Feind. Sie vernichtet jegliches ungeschützte Leben, auf das sie herabfährt. Argis wäre ihr damals beinahe zum Opfer gefallen, weil ich so dumm war und es nicht wusste.“
Mit einem Seufzer schloss er seine Arme um ihren immer noch bebenden Körper. „Ich weiß nicht, ob mir das alles gefällt.“

„Ich habe es mir nicht ausgesucht und es war mit mehr Schmerzen und Entbehrungen verbunden als Ihr Euch vielleicht vorzustellen vermögt. Denkt Ihr wirklich, eine Mutter gibt ihr Kind so ohne weiteres über Jahreszyklen hinweg in Obhut und zieht mit ihrem Gatten durch ganz Himmelsrand als wäre es das Selbstverständlichste der Welt? Das Drachenblut, zu dem man mich gemacht hat, was ich einmal war oder vielleicht auch noch bin, trägt nicht nur äußerliche Narben mit sich herum.“
„Wieso einmal wart? Wie ich gerade erleben durfte, seid Ihr all dessen, was immer es auch sonst noch sein mag, wohl weiterhin mächtig.“
„Sieht so aus. Ich möchte es schon lange vergessen. All diese Kräfte nicht mehr benutzen müssen und nur noch, jetzt an Eurer Seite, eine normale Frau sein. Das wollte ich schon mit meinem verstorbenen Gatten. Es scheint mir schon wieder nicht vergönnt und ich habe Angst, dass mein Leben Euch genauso umbringen könnte, wie es Argis das Seinige kostete.“
„Argis wurde doch durch Banditen getötet, für eine Sache, die mit den Drachen und Euch als Drachenblut nun so gar nichts zu tun hat, sondern der unbändigen Habgier einer Person entspringt.“
„Indirekt schon. Argis lebte an meiner Seite, half mir mit jedem seiner Atemzüge zu dem zu werden, was ich sein musste, um Alduin zu besiegen, und war dann dazu verdammt zu sterben, als ich meine Aufgabe erfüllt hatte. Und jetzt geht es mit Euch, mit dem Mann, den ich genauso liebe wie ihn, weiter.“
„Wenn die Götter es so vorsehen…“
„Nein.“ Sie hieb mit ihrer Faust auf seine Brust, dass sich sein ohnehin schon bleich gewordenes Gesicht vor Schmerzen verzerrte. „Noch einmal halte ich das nicht durch. Niemals, Liebster, werde ich zulassen, dass Ihr…“
Mitten im Satz brach sie ab, sah an sich herunter und verfiel in ein leicht hysterisches Gelächter. „Bei Ysmir, es reicht nicht, dass ich aus irgendwelchen Wunden mein Blut verliere…, nein, jetzt quillt es auch noch zwischen meinen Beinen heraus.“

EMS
09.11.2012, 18:45
Hand hoch, wer es geahnt hat. :D Diejenigen können sich mit einer 1+ im Leseheft wieder setzen. :) Viel Spaß! §wink

„Jorleif!!!“
Der Gerufene zuckte unwillkürlich zusammen. Obwohl er keiner der Bediensteten im Palast war, sondern einer der wenigen Freunde des Jarl von Windhelm, so ließ man Ulfric besser nicht warten, wenn seine Stimme derartig die hohe Halle des Königspalastes ausfüllte.
Jorleif unterbrach seine Unterhaltung mit Wuunferth und eilte den dunklen Gang hinunter, wo er den Rufenden wie einen Tiger im Käfig, auf- und abschreitend vorfand. In der Hand hielt er einen Brief, den er Jorleif nun reichte. „Hier lest. … Galmar!!!“
„Ich bin nicht taub, mein Herr.“ Aus dem Besprechungsraum tauchte die Kriegergestalt auf. „Geht es vielleicht schon wieder um Kommandant Ralofs kleine …“
Der Blick, den Jarl Ulfric ihm zukommen ließ, brachte ihn kurzerhand zum Schweigen.
„Es geht nicht mehr ‚nur’ um das Drachenblut. Es geht ebenso um einen unserer besten Leute. Und wenn Ihr bald wieder seine Kampfkraft in unseren Reihen haben möchtet, solltet Ihr mir jetzt gut zuhören.“
Galmar Steinfaust senkte den Kopf, aber dass Ulfric ihn nicht überzeugen konnte, was die ‚kleine Hure’, wie er sie nannte, betraf, war ihm deutlich anzumerken. „Ich höre.“
„Bringt mir Niranye vom Marktplatz. Hierher, und zwar sofort. Sollte sie sich weigern, könnt Ihr dieser Mer gerne ausrichten, dass dies ihr letzter Tag in Windhelm sein wird.“


„Eine gute Idee, mein Jarl. Ich hätte nicht gedacht, dass Niranye uns noch einmal von Nutzen sein würde, nachdem wir entschieden hatten, sie nach dem Vorfall hier im Palast in Ruhe zu lassen.“ Jorleif faltete den gelesenen Brief zusammen und gab ihn Ulfric zurück.
„Ich auch nicht.“ brummte dieser und legte den Brief auf denTisch.
„Das Kind des Drachenblutes zu entführen und damit den wundesten Punkt von Freya von Markarth zu treffen. Wenn ich nicht auf der anderen Seite stehen würde, würde ich es einen grandiosen Einfall nennen. Wer sind Gerdur und Hod?“
„Gerdur ist Kommandant Ralofs Schwester und Hod ihr Mann.“ Eine kleine Pause entstand. „Ja, mit Sicherheit ist der Kleine einer der wunden Punkte des Drachenblutes, aber bestimmt nicht ihr einziger, nachdem sie schon ihren Mann und damit den Vater des Jungen an diese Bande oder was auch immer sie sind, verloren hat.“
„Ach. Ralof ist gar nicht der Vater? Das hätte mir zumindest einen einleuchtenden Grund dafür gegeben, warum sie hier auftauchte und ihn so händeringend suchte.“
Ulfric lachte und klopfte seinem Freund auf die Schultern.„Nein, mein Guter. So trivial ist die Angelegenheit leider nicht. Ihr erster Mann und der Vater des Kindes hieß mit Namen Argis. Er muss ein fantastischer Krieger gewesen sein. Einer, wie ich ihn gerne in meiner Armee willkommen geheißen hätte.“
„Hmm, dann wird er wohl der geheimnisvolle Mann gewesen sein, der immer an ihrer Seite zu sehen gewesen sein soll, wie man sich allenthalben erzählte. Aber so fantastisch? Wenn er einigen obskuren Dieben zum Opfer fiel?“
„Schweigt, Jorleif! Was wisst Ihr schon über den Kampf.“ Ulfric donnerte mit der Faust auf die große Tafel, dass sich das Geschirr anhob und klirrend wieder niederkam. „Ab einer gewissen Überzahl ist jeder noch so gute Krieger dem Tod geweiht.“ Sein Ton normalisierte sich und er fuhr fort. „Sie fand ihn sterbend unter zahllosen Leichen und konnte ihn nur noch in den Tod begleiten und ihm ein würdiges Begräbnis ermöglichen. Kommandant Ralof ist wohl ihr jetziger Lebenspartner. Außerdem ist er für den Jungen anscheinend so etwas wie die Vaterfigur, da dieser seinen eigentlichen Erzeuger niemals richtig kennenlernen konnte.“
„Darf ich Euch etwas fragen mein Jarl?“
„Warum so förmlich. Ihr dürft mich alles fragen, mein Freund. Ob Euch die Antworten dann gefallen, kann ich Euch allerdings nicht versprechen.“
„Welcher Natur war dann Euer Verhältnis mit ihr? Wohl kaum das von Liebenden.“
„Nein Jorleif, das von Liebenden wahrlich mit Sicherheit nicht. Sie ist eine Schönheit und bestens bewandert in den Gepflogenheiten körperlicher Bedürfnisse. In dieser Hinsicht beneide ich Kommandant Ralof zutiefst, aber als Frau an meiner Seite wäre sie mir zu stark und eigenwillig. Den Ursprung unserer Gemeinsamkeiten werde ich Euch nicht vermitteln können. Ihr würdet es nicht verstehen.“

Wohl oder übel musste sich Jorleif damit zufrieden geben, obwohl sein Wissensdurst noch lange nicht befriedigt war. „Und warum lasst Ihr Euch jetzt so tief darein verstricken? Dieser Brief besagt doch nur, dass der Kleine entführt wurde und wir Ralof als auch sie darüber in Kenntnis setzen sollen, wenn beide oder einer von ihnen hier auftaucht.“
„Denkt Ihr hin und wieder auch einmal ein Stück weiter als über den Rand Eures Metkruges hinaus? Ihr seid mein Vogt. Da erwarte ich ein wenig mehr.“ Ulfrics Stirn legte sich in Falten. Sinnend sah er seinen Freund an, der diese Stimmungsumschwünge allerdings nur zu gut kannte und jetzt einfach nichts entgegnete.
„Erstens, Ralof wird seine Geliebte mit Sicherheit so lange begleiten, bis sie ihren Sohn gefunden haben. Ich möchte ihn aber alsbald wieder an meiner Front wissen. Zweitens, wenn es mir gelänge, den Kleinen vor ihnen ausfindig zu machen und am besten noch zu retten, habe ich ein Pfand, mit dem ich sie doch noch dazu bringen könnte, sich unserer Sache anzuschließen. Jorleif, stellt Euch vor. Das Drachenblut auf unserer Seite.“
„Damit wäret Ihr nicht besser als dieser Mörderhaufen. Einer Entführung gleich die nächste folgen zu lassen. Und wer sagt Euch, dass sie ihren Entführern entkommen kann.“
„Rifton ist nicht so weit und manchmal zwitschern die Vögelchen bis nach Windhelm. Sie hat bereits mit Ralof zusammen die Stadt verlassen. Und IHR seid ein Trottel. Ich meine damit keine regelrechte Entführung, sondern schlichtweg eine moralische Schuld oder von mir aus auch einen Appell an ihre Dankbarkeit. Versteht Ihr mich jetzt?“



Der Flügel der riesigen Hallentür öffnete sich. Herein spazierte Galmar, dessen Finger geradezu am Arm der groß gewachsenen Altmer zu kleben schienen. Sie schimpfte vor sich hin und beschimpfte Galmar, der sie schweigend und unbarmherzig neben sich herzog. Unsanft drückte er sie auf die große Bank. „Setzt Euch und haltet endlich Euer Schandmaul. Mir klingen ja schon die Ohren.“
„Was wollt Ihr von mir? Ich bin eine einfache Händlerin.“ Empört setzte Niranye eine Schmollschnute auf, obwohl die Hoffnung damit jemanden zu beeindrucken, denkbar gering war. Und sie hatte recht.
„Sicher seid Ihr das, Niranye.“ Jarl Ulfrics Stimme troff so sanft und honigsüß in ihre Ohren, dass es fast schon schmerzte. „Eine einfache Händlerin, hoch stehend im Gefüge und der Gunst dieser sogenannten Diebesgilde, der wir die Entführung von Freya von Markarth aus meinem Schlafgemach zu verdanken haben.“
„Wie kommt Ihr darauf?“ So einfach würde sie nicht aufgeben.
„Niranye, ich hätte Euch für klüger gehalten. Behauptet Ihr Hochelfen das nicht immer von Euch? Klüger zu sein als wir einfachen dummen Menschen?“ Ulfrics Hand verewigte sich schmerzhaft auf ihrer Schulter. „Und jetzt redet, oder glaubt Ihr wirklich, Kommandant Ralof hätte uns verschwiegen, dass er Euch in einem äußerst vertrauten Gespräch mit einem der Entführer angetroffen hat. Er konnte uns sogar noch den genauen Wortlaut Eurer Begegnung berichten.“
„Ich weiß nichts über ihren Sohn.“
Mist, jetzt hatte sie sich selber verraten. Und natürlich war es auch Ulfric nicht entgangen. Seine Hand klatschte in ihr Gesicht. Die Wucht der Ohrfeige ließ sie von der Bank auf den Boden rutschen, von wo sie gleich unsanft wieder hochgerissen wurde.
„Wollt Ihr das Ende dieses Tages noch in Windhelm erleben? Wollt Ihr je wieder Tageslicht sehen?“ Bedrohlich nahe erschien Ulfrics Gesicht vor dem ihren, als sie die Augen wieder öffnen konnte. Sie erkannte jede Pore, jede noch so winzige Narbe. Die dunkelgrünen Augen erdolchten sie fast. Sie konnte ihm nichts vormachen, aber vielleicht noch einen kleinen Handel herausschlagen.
„Wenn ich Euch erzähle was ich weiß, kann ich dann weiter meinen Marktstand betreiben?“

Galmars Hand wanderte zu seinem Dolch, während er auf sie zusprang. „Verdammtes Elfengeschmeiß…“, aber Ulfrics Handbewegung hielt ihn gerade noch zurück.
„Es kommt ganz darauf an, was Eure Informationen wert sind. Wenn wir mit ihnen nicht unser Ziel erreichen sollten, werdet Ihr auf immer und ewig in den Genuss unserer unteren Behausungen kommen. Das verspreche ich Euch. Und jetzt erzählt Ihr mir fein und schön haarklein, was es mit den Entführungen des Drachenblutes und ihres Sohnes auf sich hat. Wohin hat man ihn gebracht? Und sagt mir nicht, dass dies nicht auch ein Werk Eurer sogenannten Gilde ist.“
„Nein, ist es nicht.“ Die erhobene Hand von Ulfric deutete die nächste Gesichtsschlappe an und sie beeilte sich fortzufahren. „Wir sind raus aus der Sache, nachdem uns diese Freya durch die Lappen gegangen ist. Jetzt sind es die Söldner unseres Auftraggebers, die den Jungen verschleppt haben. Sie traute uns das Gelingen dieser Angelegenheit nicht mehr zu und beschäftigt uns seitdem nur noch mit kleineren Aufträgen.“
„Sie? Wer ist sie? Was bezweckt sie damit? Und wer hat den Ehegatten von Freya ermordet? Euer verkommener Haufen?“
„Wir morden nicht. Und es sind viele Fragen, die Ihr stellt, Jarl Ulfric.“
„Beantwortet sie einfach der Reihe nach und zwar schön ausführlich.“
Niranye seufzte. Ihr Leben war so oder so verwirkt. Entweder würde sie in den Verliesen des Palastes ihrem Ende entgegengammeln oder die Auftraggeberin würde einen Assassinen der Dunklen Bruderschaft auf sie ansetzen, sobald sie von ihrem Verrat Wind bekam. Eine winzige Hoffnung bestand nur in der Rückkehr zu den Summerset-Inseln. Und die wiederum konnte sie nur wahrnehmen, wenn sie jetzt alles und jeden verriet. „Sie. Sie ist die Protektorin der Diebesgilde, eine der einflussreichsten Personen in Rifton und unsere größte Auftraggeberin.“
„Dabei dürfte es sich wohl kaum um Jarl Laila Rechtsprecher handeln. Die ist ja nicht mal in der Lage ihren eigenen Haushalt zu führen.“

„Nein. Es ist Maven Schwarzdorn.“
„Maven Schwarzdorn von der Schwarzdorn-Brauerei?“ Ulfric schluckte. Niranye hatte recht, eine der einflussreichsten Personen, nicht nur in Rifton sondern in ganz Himmelsrand. „Aber warum? Was wollte sie von Freya von Markarth und ihrer Familie?“
„Sie möchte den Markt von Markarth erschließen und braucht dort dringend eine repräsentative Niederlassung. Brynjolf, unser Koordinator war in ihrem Auftrag in Markarth, um nach entsprechenden Gebäuden Ausschau zu halten und Verkaufsgespräche zu führen. Vlindrel Hall war das einzige Gebäude, welches sich dazu anbot, konnte aber von dem Jarl nicht veräußert werden, weil es ihm nicht gehörte.“
„Maven Schwarzdorn könnte mit ihrem Gold ganz Himmelsrand zuscheißen, wenn ihr danach wäre. Warum ist sie nicht in Verkaufsverhandlungen mit Freya getreten? Stattdessen versucht sie die ganze Familie auszulöschen.“
Niranye zuckte mit den Schultern. „Sie hat ihre eigene Art ihre Gewinne zu maximieren.“
„Gut. Und wer hat Freyas Gatten ermordet?“
„Das waren ihre Söldner. Die gleiche Truppe, die jetzt den Jungen entführt hat.“
„Und wo wird er hingebracht?“
„Das kann ich nur vermuten. Entweder ins Waisenhaus von Rifton, auf ihr Gut, Gut Schwarzdorn, etwas außerhalb der Stadt oder zu uns in die Diebesgilde. Zumindest wird er wohl vorerst noch nicht getötet werden. Sie braucht ihn noch als Lockvogel für seine Mutter.“
„Ich danke Euch. Ihr wart sehr hilfreich.“ Ulfrics Hand löste sich von ihrem Arm und sie rieb sich die stark schmerzende Stelle.
„Kann ich jetzt gehen?“
„Aber natürlich, meine Beste.“ Ulfric grinste sie hämisch an. „Wachen!!! Würdet Ihr bitte diese Dame in die besonderen Gemächer im unteren Stock bringen?“
„Aber Ihr habt mir doch versprochen…“ schrie sie entsetzt.
„Das werde ich auch halten. Jarl Ulfric bricht niemals ein Versprechen. Das solltet Ihr Euch merken. Im Moment kann ich Euch allerdings noch nicht aus meinem Gewahrsam entlassen. Ihr werdet doch verstehen, dass ich sicher sein muss, dass Euer Kontakt zu Euren Freunden erst einmal unterbrochen ist. Ihr dürft dieses Gebäude sofort verlassen, sobald sich der Junge wohlbehalten hier in diesen Räumen befindet. Bis dahin seid mein ganz spezieller Gast. Es wird Euch an nichts fehlen.“

Lächelnd wandte er sich Jorleif zu, dessen Gesicht von Zweifeln geprägt war. „Ihr wisst mit wem Ihr Euch anlegt, mein Jarl?“
„Ja mein Freund, dessen bin ich mir sogar sehr bewusst.“
„Und wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Maven Schwarzdorn ist eine der größten Förderinnen des Kaiserreiches. Wenn wir sie ausschalten könnten, würde das Kaiserreich um einiges geschwächt.“
Erstaunt drehte sich Ulfric um. „Galmar, manchmal habt Ihr wirklich mehr Hirn, als es Euer Gesichtsausdruck unter diesem Bärenschädel da vermuten lässt. Sorgt jetzt dafür, dass eine gut geschulte und verschwiegene Truppe zusammengestellt wird. Ich sehe Licht am Horizont von Himmelsrand. Und außerdem hab ich Hunger.“




Sie erwachte weil ein heftiges Zittern ihren Körper durchschüttelte und musste sich erst einmal orientieren. Das heftige Unwetter, das sie mit ihrem Sturmruf verursachte, hatte die Flammen des Lagerfeuers gelöscht und nur einen nassen Aschenhaufen zurückgelassen. Sie blickte auf ein kleines Schlachtfeld. Verbrannte Äste, dunkel verbrannter Boden durchtränkt mit noch dunkleren Flecken des Blutes, das in der Nacht hier vergossen worden war. Fünf, zum Teil verstümmelte Leichen mit Brandblasen an den Körpern und in den schmerzverzerrten Zügen und leeren Augen. Ein abgetrennter Kopf lag direkt zu ihren Füßen und schien sie anzustarren. Mit einem heftigen Tritt kickte sie ihn weit fort aus ihrem Sichtbereich. Die Sonne schien bleich durch hohe schleierartige Wolken, so bleich wie das Gesicht ihres zusammengesunkenen Liebsten.
Das Zittern gehörte zu Ralof, der an ihrem Körper heruntergerutscht war und mit geschlossenen Augen leise Schmerzlaute ausstieß. Bei den Göttern, sollte er so schwer verwundet worden sein, und sie hatte es nicht einmal bemerkt?

So vorsichtig es nur irgend ging, schob sie sich unter ihm hervor, um keine weiteren Schmerzen auszulösen. Seinen Kopf legte sie sanft auf eine Fellrolle, um ihn dann weiter auf Wunden zu untersuchen. Ihre Haare fielen auf sein Gesicht und riefen eine, wenn auch nur schwache, Reaktion hervor. Kurz öffnete er die Augen und lächelte sie matt an.
„Liebster, hört Ihr mich?“ Ihre Hände klopften leicht an seine Wangen bis er mühsam erneut seine Lider hob. „Erkennt Ihr mich?“
Ein leises Nicken war die Antwort, dann glitt er wieder in seine eigene Welt.
Ihre eigenen Wunden schmerzten und das schmierige Gefühl zwischen ihren Beinen trug ebenfalls nicht zu einem Wohlbefinden bei, aber sie schien bei weitem nicht so angeschlagen zu sein wie der Mann an ihrer Seite. Mit vor Kälte zitternden Händen löste sie die Verschnürungen und Lederriemen seiner Rüstung und hielt dann inne. Besser erst mal ein neues Feuer entfachen, das sie beide ein wenig wärmte, bevor sie ihn seiner Kleidung entledigen würde. Steif gesessen und steif gefroren erhob sie sich und deckte Ralof mit der wärmenden Felldecke zu. Seinen mächtigen Körper jetzt vom blanken Boden auf ein Fell zu legen, dazu fehlte ihr die Kraft und außerdem wusste sie ja noch nicht wo sich seine Wunden nun befanden.
Sie suchte und fand ein paar trockene Äste und etwas Tundragras. Mit einem Feuerstoß setzte sie den kleinen Holzhaufen direkt neben Ralof schon einmal in Brand, bevor sie sich der Suche nach weiteren trockenen Holzstücken widmete. Als ein genügend hohes Feuer loderte, um sie beide zu wärmen, machte sie sich daran ihn nach Wunden abzusuchen. Auch wenn er nicht ganz so massig wie Argis war, wog sein Oberkörper ohne eine Hilfe seinerseits eine ganze Menge. So schob sie sein Rüstungsoberteil in Richtung seines Halses, nur um festzustellen, dass außer den alten Vernarbungen und ein paar frischen kleineren Schnitt-, Stich- und Hiebwunden nichts zu finden war, was seinen erbärmlichen Zustand erklärte. Diese Kleinigkeiten hauten einen Krieger wie ihn mit Sicherheit nicht aus den Stiefeln. Ein Blick auf seine durchnässte Hose verriet ihr, dass er sogar zwischenzeitlich bewusstlos gewesen sein musste.
„Fein, mein Herz. Jetzt haben wir beide die Hosen voll.“
Sie küsste die geschlossenen Lippen, bevor sie weiter Ursachenforschung betrieb. Es half nichts, sie musste ihn umdrehen, egal was für Schmerzen sie ihm damit bereiten würde.

Dann hörte sie es wieder. Das Wimmern und Schreien. Nein, es war keine Einbildung gewesen. Da jammerte ein Kind vor sich hin. Mutterinstinkte und die Gefühle für den Mann, der da so hilflos vor ihr lag, stritten sich dermaßen miteinander, dass sie sich erst einmal in die Büsche übergab. Schließlich gewann der angeborene Instinkt die Überhand. Ralof konnte sie schützen, das Kleine da draußen war der Natur vollkommen ausgeliefert. Vorsichtig zog sie sein Rüstungsoberteil wieder herunter und deckte ihn zu.
„Ich bin gleich wieder da mein Liebster. Versprochen.“
Sie schulterte ihre Waffe und legte mit einigen flinken Handbewegungen Feuerrunen rund um die Liegestatt von Ralof. So konnte niemand unbeschadet an ihn gelangen. Weder ein Tier noch ein Mensch. Sie wartete eine Weile bis die jämmerlichen Töne wieder erklangen und marschierte zielstrebig in diese Richtung. An den toten Pferden kam sie vorbei, auch Ralofs war darunter, nur ihr eigenes Tier nicht. Sie vermochte sich diesen Umstand nicht zu erklären. Ein Stück weiter stellte sie zufrieden fest, dass es auch die letzten des feigen Überfalls erwischt hatte. Und wieder wartete sie. Die dünne Stimme kam aus dem nächsten Umfeld. Es konnte nicht mehr weit sein. Heftig pochte ihr Herz bis in die Schläfen. Agnar vielleicht? Sollten sie ihn wirklich auf dieser Route transportiert haben? Passen würde es. Auf der anderen Seite klang Agnars Stimme schon wesentlich kräftiger als diese hier. Aber in so einer Notsituation? Fieberhaft suchte sie die Umgebung ab, konnte aber nichts entdecken, bis sie an einigen Büschen vorbeistrich.
Da war sie, die Stimme, genau vor ihr. Sie zückte die Waffe und brach ohne weitere Vorsicht durch das Gestrüpp.

EMS
09.12.2012, 11:02
Puuh, diesmal hats was gedauert bis zum nächsten Kapitel. Ich hoffe ich habe jetzt nicht alle Leser verloren. :D Wer noch dabei ist, dem wünsche ich jetzt ein paar unterhaltsame Minuten. §wink

„Was wollt Ihr mit ihm?“ Stirnrunzelnd betrachtete Ralof, immer noch vollkommen bleich im Gesicht, das winzige, blutig eingehüllte, Bündel, das sie ihm in die Arme drückte.
„Ich konnte ihn nicht töten.“ Mit einigen Handbewegungen entfernte sie auch noch die restlichen Feuerrunen, die sie zu Ralofs Schutz gelegt hatte. „Ich bin froh, dass es Euch wieder besser geht.“
„Besser ja, aber von gut weit entfernt. Und nun? Was machen wir mit ihm?“
„Wir nehmen ihn mit. Faendal als Waldelf wird sicher seine helle Freude an ihm haben. Und er wird ihm eines Tages bei der Jagd behilflich sein können.“
„Ein Wolf in Flusswald? Ihr seid verrückt.“
„Was regt Ihr Euch so auf, mein Herz. Ihr seid der Liebhaber eines Drachen.“ Sie nahm ihm das kleine Wolfsjunge wieder ab und legte es vorsichtig neben sich.


Es hatte im Gegensatz zu seiner Mutter sogar ihren Sturmruf noch überlebt. Bei soviel geballtem Lebenswillen ... Wer war sie, dass sie ihm das Recht verweigerte, weiter zu leben. Das Muttertier war wohl schon verletzt gewesen. Es ließ sich aber nicht mehr erkennen, was sie so zugerichtet hatte. Freya zog ihr das Fell ab und wickelte das Kleine darin ein, damit es durch den vertrauten Geruch beruhigt wurde und stapfte zurück Richtung Lager. Erfreut stellte sie fest, dass Ralof wieder bei Sinnen war und sich sogar aufgerichtet hatte.


„Arme hoch.“
„Was?“
„Ich sagte Arme hoch“, lachte sie.
„Das habe ich durchaus verstanden. Aber warum?“
„Damit ich Euch die Rüstung ausziehen und Eure Wunden genauer untersuchen kann. Von irgendwas muss Euer miserabler Zustand ja herrühren.“
Leuchtend blaue Augen betrachteten ihre Silhouette, die sich gegen das Feuer abzeichnete. „Erst einen Kuss.“
„Für jemanden, der vor kurzem noch dem Tode geweiht schien und weißer aussieht als frisch gefallener Schnee, seid Ihr ganz schön frech.“ Zärtlich wischte ihre Hand die dicken Schweißperlen von seiner Stirn, die seinen wahren Zustand verrieten.
„Hmm, wollt Ihr dann einem dem Tod Geweihten seinen letztenWunsch versagen?“
„Ralof, Ihr seid ein Scheusal“, schmunzelte sie und fuhr wesentlich ernster fort, „Bitte sagt so etwas nie wieder. Es hätte zu Ende sein können, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Aber Euren Kuss bekommt Ihr. Mögen die Götter verhindern, dass es der letzte sein wird.“

Noch während sie seine fast kalten Lippen fühlte, spürte sie, dass er wieder ohnmächtig zu werden drohte. Schnell ließ sie von seinem Mund ab und zog in Windeseile das schwere Rüstungsoberteil über seinen Kopf, bevor er zusammensackte. Jetzt konnte sie den Grund deutlich sehen. Die große Wunde, die ihr bereits in Rifton Sorgen bereitet hatte, war regelrecht aufgerissen. Ein zähes, tief dunkelrotes Gemisch aus geronnenem Blut und etwas Undefinierbarem quoll unaufhaltsam daraus hervor. Es stank bestialisch. Der Hieb einer stumpfen Waffe schien die dünne Haut zum Platzen gebracht zu haben. Jetzt konnte sie sich auch seinen völligen Zusammenbruch während des Kampfes erklären.
„Bei den Göttern.“ stammelte sie. Hier waren andere Heilkünste gefragt, als die Geringen, die sie selber aufweisen konnte.
„Was ist?“ ächzte er leise. Er war also noch bei Sinnen undwollte sich ihr zuwenden.
„Bleibt liegen. Es ist Eure Pfeilwunde. Sie ist aufgeplatzt und ich vermute, dass der Pfeil vergiftet war. Ich kann die Spitze entfernen und die Wunde auswaschen. Aber Ihr braucht so schnell als möglich einen Heiler.“
„Natürlich. Die laufen hier in der Wildnis ja zuhauf umher“, knurrte er, während sie ihm half sich so zu drehen, dass sie besser an die Wunde herankam.
Er hatte recht. In seinem Zustand und ohne ihre Pferde würde er nicht einmal das nächste Dorf lebend erreichen. Sanft küsste sie seine nackte Schulter und stand auf. „Ich werde mal bei den toten Pferden schauen, ob ich was Brauchbares finde.“

Sie nahm die angegebene Richtung. Waren ihr die Götter so gram, dass sie ihr gleich den nächsten Mann entreißen wollten? Mit Tränen in den Augen suchte sie die toten Tiere ab und nahm an sich, was sie brauchen konnte. Die Arme voller Leinentücher, Wasserschläuche und Heiltränke und bereits wieder zum Lager unterwegs, vernahm sie Hufgetrappel. In Sekundenschnelle war sie von dampfenden Pferdeleibern umzingelt, die ihr jede Möglichkeit zur Flucht abschnitten. Sie blickte kurz auf die Heilmittel in ihren Armen und überlegte, ob es sich lohnte, sie alle durch einen Kampf zu verlieren, als sich der Pferdekokon um sie herum auflöste und eine Gasse bildete.
„Wo ist Kommandant Ralof, Drachenblut?“ donnerte die Bärenkopfmütze, unter der ein paar eisig blaue Augen und ein weit vorgeschobener Unterkiefer hervorlugten.
Erst jetzt erkannte sie durch die nass verschleierten Augen, dass es sich um Sturmmäntel handelte. „Galmar Steinfaust, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal sagen würde, ich bin froh Euch zu sehen.“

Prüfend blickte sich der Genannte um, die toten Pferde, zwei Leichen. Der Boden nass durchtränkt wie nach einem Unwetter. „Was ist hier geschehen?“
„Das erkläre ich Euch später. Wir müssen uns zuerst um Ralof kümmern. Sagt, habt Ihr einen Heilkundigen dabei?“
„Ja, ich denke ich kann Euch helfen.“ Eine Stimme von einem der hinteren Pferde. „Ich bin des Heilens mächtig.“
„Den Göttern sei Dank. Folgt mir bitte.“ Einschließlich Galmar zählte sie sechs Leute, die jetzt von den Pferden stiegen und hinter ihr hergingen. Was wollten sie hier? Rift und Ostmarsch waren Sturmmantelgebiet. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Galmar Steinfaust und bemerkte, dass er das Gleiche bei ihr tat. Sie war keine Freundin des Versteckspielens, also warf sie den Kopf zurück und blickte Galmar fest an. „Was tut Ihr hier? Solltet Ihr nicht an der Front oder an Ulfrics Seite sein?“
„Kümmern wir uns erst einmal um Kommandant Ralof. Und dann schauen wir weiter.“ Er machte aus seiner Abneigung keinen Hehl. Sie wusste zwar immer noch nicht, weshalb er sie mit einer derartigen Vehemenz ablehnte, aber jetzt war kaum der richtige Zeitpunkt, nachzuhaken, und so schritten sie schweigend nebeneinander her.
„Bei Ysmir“, entsetzt blickte Galmar um sich als er der verstümmelten und verbrannten Leichen gewahr wurde, die sie nur notdürftig am Rand des Lagers aufgestapelt hatte. Es verwunderte sie, hatte doch gerade dieser Mann mit Sicherheit schon wesentlich größere Schlachtfelder erblicken müssen.

„Kommt Ihr? Ralof braucht dringend Hilfe.“ Sie wandte sich an die Heilerin, die die Zügel ihres Pferdes einem Kameraden überreichte und den Helm abnahm, während sie ihr folgte. Fast weißblondes Haar kam zum Vorschein, nicht ganz so lang und dicht wie ihres, aber sehr ähnlich. Für einen Moment starrte sie die junge Frau an, die schnell und wissend ihre Hand auf Freyas Arm legte. „Keine Sorge. Auch wenn es schmerzte. Ich habe es überwunden. Er hat immer nur Euch geliebt und welche Frau ist schon gerne ein, dazu wohl noch schlechter, Ersatz.“
Sie konnte in diesem Moment nicht anders. Sie legte die gesammelten Sachen ab, nahm die Soldatin in die Arme und drückte sie von ganzem Herzen, was diese mit einem Lächeln quittierte. „Es hatte etwas sogar etwas Gutes. Seht Ihr den dunkelhaarigen Kerl dahinten, dem ich mein Pferd gab. Das ist mein Gatte und er liebt mich, und nicht jemanden, den er in mir zu sehen glaubt.“
Svala, so hieß die junge Frau, folgte ihr um das Feuer und gewahrte das kleine wimmernde Fellbündel. „Was macht Ihr mit einem Wolf?“
„Er ist für jemanden bestimmt.“
„Doch hoffentlich nicht für Jarl Ulfric“, ertönte hinter ihnen Galmars Stimme. „Als ob wir nicht schon ohne ein solches Vieh genug Ärger im Palast hätten.“
„Nein Galmar, er ist nicht für Ulfric, denn ich denke ein bissiger Bär in seinen Mauern reicht vollkommen aus.“


Svala lüftete die Decke und wurde kreidebleich als sie dieWunde erblickte. „Wie ist das denn passiert?“
„Ich weiß es nicht. Er hatte sie bereits, als er mich in Rifton abholte, aber da war sie noch von Haut überzogen. Sie stammt aus einem Gefecht.“
Sie knieten neben dem schweißgebadeten Körper nieder. Svalas kundige Finger griffen in die große Wunde. Mit einem einzigen Ruck zog sie unbarmherzig die schwarze Pfeilspitze heraus, was Ralof zu einem unterdrückten Schrei und anschließendem gut hörbaren Zähneklappern veranlasste. Sein ganzer Körper begann zu zittern.
Svala roch an der Pfeilspitze und warf sie dann weg. „Sie ist bereits zu lange in seinem Körper. Ich kann nicht mehr riechen, was für ein Gift es hätte sein können.“ Dann blickte sie hoch zu Galmar. „Ich brauche gleich noch zwei Mann, die ihn festhalten.“
„Das werde ich selber erledigen. Das bin ich seiner Kriegerehre schuldig.“
„Und ich bin der zweite, auch wenn ich kein Mann bin.“
„Das wird aber kein schöner Anblick und er wird sich nach Kräften winden.“
„Svala, unschöne Anblicke sind das letzte, was mich hiervon abhalten könnte. In den letzten Jahren durfte ich mich an viele von ihnen gewöhnen.“
„Entschuldigung. Ihr seid das Drachenblut, von dem er immerzu sprach. Ich vergaß.“

Svala stand auf, klaubte die Heilutensilien zusammen und begann mit den Vorbereitungen zum Ausschneiden der Wunde, während Galmar und sie Ralofs Körper so bequem wie möglich betteten. Sie öffnete ihren Dolchgürtel und schob ihn Ralof zwischen die klappernden Zähne.
Die junge Heilerin kehrte zurück und kniete sich so, dass das Feuer das künftige Operationsgebiet gut ausleuchtete. Sie seufzte leise und sah Freya in die Augen. „Entweder er lebt danach noch oder… Ich wünschte nur mein Dolch wäre schärfer, so großzügig wie ich die Wunde ausschneiden muss.“
„Hier nehmt meinen. Ihm kommt an Schärfe nicht viel gleich.“Aus dem anderen Ende des Dolchgürtels zwischen Ralofs Zähnen entnahm sie die Waffe und reichte sie Svala, die ungläubig auf das Oblivionzeichen auf dem Griff der Ebenerzwaffe starrte.
„Bei Ysmir, was ist das denn für eine Waffe?“
Sie zwinkerte ihr zu. „Fragt nicht. Benutzt sie einfach.“ Und Svala setzte an.

In diesem Moment fuhr Argis’ tiefe ruhige Stimme durch ihren ganzen Körper. „Halt mein Herz. Haltet ein. Nur für einen Augenblick.“
„Stoppt. Auf der Stelle.“ hörte sie sich sagen, während vier Augen völlig verständnislos auf sie blickten.
„Was ist? Kneift Ihr jetzt, wo es ernst wird.“
„Galmar. Haltet den Mund. SOFORT.“ Sie vernahm ein leises Klacken.
Mit weit geöffneten Augen verfolgten Galmar und Svala den Weg des Drachenamulettes mit den blutrot glühenden Rubinaugen, das von ihrem Hals in ihre rechte Hand rutschte.
„Und nun, mein über alles geliebter Schatz, legt es ihm um. Er wird die Prozedur sonst nicht überleben. Wenn er wieder genesen ist, wird er es Euch freiwillig zurückgeben.“ Noch bevor sie mit ihrem verstorbenen Gatten sprechen konnte, spürte sie nur seinen innigen Kuss und wie seine Wärme ihren Körper wieder verließ.
Sie legte Ralof das Amulett um den Hals und verschloss es sorgfältig. In diesem Moment begann es zu glühen, erst rötlich, dann bis zur vollständigen Weiße. Argis selbst schien es zu speisen.
„So wir können beginnen. Fangt an.“ Sie reichte Ralof ihre Arme und küsste ihn sanft. „Hier mein Liebster. Haltet Euch fest.“

Svala tauchte einen sauberen Lappen erst in Wasser und goss dann eine unbekannte gelbliche Flüssigkeit noch darüber. Vorsichtig reinigte sie erst einmal die Wunde, bis sie vollkommen von der übelriechenden Masse befreit war und die angewesten Fleischränder zum Vorschein kamen. Ralof zitterte zwar am ganzen Körper, aber seinem Bewegungsdrang wurde durch Galmar, der sich kurzerhand auf seine Beine gesetzt hatte, eine sehr enge Grenze gesteckt und so bohrten sich seine Finger in ihre Arme, während seine Augen ihr den ganzen Schmerz verrieten. Aber noch war er bei Bewusstsein und gab kaum einen Laut von sich.

„Jetzt wird es ihn übel schmerzen. Ich muss ausschneiden.“ Sorgfältig reinigte Svala die Klinge von den Eiterresten, betrachtete sie noch einmal genau und hielt sie dann ins Feuer. Im Hintergrund schleppten die restlichen Sturmmäntel die Leichen aus dem Lager, um sie ein Stück weiter außerhalb zu verbrennen. Freya schloss die Augen. Sie wusste was kommen würde. Helgen, Festung Amol…, der Geruch von verbranntem Fleisch. Warum nur musste sich alles wiederholen? Sie rückte näher an Ralof heran, legte seinen Kopf in ihren Schoß und packte ihn fest unter den Armen, als Svala mit der glühenden Klinge der Wunde zu Leibe rückte. Es zischte, es stank fürchterlich, aber nur so konnten sie verhindern, dass er verblutete.
Seine Augen weiteten sich panikartig, seine Hände umspannten ihre Unterarme wie eiserne Fesseln. Der mächtige Körper bäumte sich auf, dass Galmar fast nach hinten fiel. Die Unterkiefer krampften sich in den Dolchgürtel. Kein Schmerzensschrei, nur tiefes Stöhnen. Sie blickte Galmar an, der, sie konnte es kaum glauben, sie aufmunternd anlächelte.

„Pause. Ich muss die Klinge säubern und neu erhitzen.“ Svala fischte die abgeschnittenen Fleischreste aus der Wunde und warf sie ins Feuer.
Ralof sackte zusammen, aber die Schweißperlen auf seinem Körper und die Tränenspuren in seinem Gesicht verrieten die Pein. Ihre rechte Hand löste sich aus seinem eisernen Griff. Sie holte tief Luft und wirkte einen Heilzauber auf ihn. Solange bis sie spürte, dass ihr die Energie ausging. Aber er wirkte. Ralof entspannte sich und lächelte sie sogar für einen kurzen Moment an.
„Ihr könnt Heilzauber?“ Erstaunt blickte Svala von ihrem Tun hoch.
„Nur einen geringen. Nichts was seinem jetzigen Zustand gerecht würde. In den Schulen der Zerstörung und Beschwörung bin ich besser ausgebildet.“
„Beschwörung? Ist das nicht das, wo man Tote für seine Zwecke missbraucht?“
„Nicht nur. Das ist nur eine Spielart.“
„Hmm, Spielart? Ein ekliges Spiel.“
„Immerhin war es ein beschworenes Wesen, das Ralof und mir das Leben rettete.“
Svala blickte sie verständnislos an. Man konnte ihr am Gesicht ablesen, dass sie mit diesem Ausdruck nichts anfangen konnte. Aber es war auch jetzt nicht wichtig. Wichtig war allein der geliebte Mann, der halb besinnungslos in ihrem Schoß lag. Sie bat Svala um ein sauberes feuchtes Tuch und wischte den Dreck und Schweiß aus seinem Gesicht.

„Es kann weitergehen. Wir haben es bald geschafft.“ Schmurgelnd fraß sich die scharfe Klinge weiter und tiefer durch den mittlerweile handtellergroßen Krater.
Inzwischen machte ihr der Gestank des verbrannten Fleisches nichts mehr aus. Sie wünschte sich nur noch, dass die Tortur bald ein Ende für ihn haben würde. Er war ein Krieger, kein Zweifel, aber nun schien seine Leidensgrenze erreicht. Beim nächsten Schnitt, den Svala jetzt in die Tiefe vollführte, schrie er gequält auf und verlor das Bewusstsein.
„Soll ich ihn zurückholen?“
„Nein, lasst mal. Ich bin gleich fertig. Dann ist immer noch Zeit dazu.“ Svala inspizierte die Wunde noch einmal genau, kratzte hier und da noch schlechtes Fleisch weg und verschorfte schließlich die Stellen, aus denen noch Blut sickerte. Mit der gelben Flüssigkeit reinigte sie noch einmal die Wundränder und deckte sie schließlich mit sauberen Leintüchern ab, die sie mit Bienenwachs fixierte. „So, das müssen wir jetzt erst einmal trocken halten. Diese Klinge ist fantastisch. Ich mag gar nicht daran denken, wie oft ich mit meinem Dolch hätte ansetzen müssen.“
„Dann behaltet sie. Mehrunes Dagon wird sich selber verzehren, wenn er sieht, dass sie Leben erhält, statt es zu nehmen.“ Freya lächelte. „Und solltet Ihr Euch einmal damit verteidigen müssen, so werdet Ihr feststellen,dass sie auch dann eine besondere Wirkung hat.“
„Vielen Dank.“ Svala strahlte über das ganze Gesicht. „Mehrunes Dagon? Wer ist das?“
„Unerheblich. Sie soll Euch nur gut dienen.“ Sie stand auf, reckte sich und rieb die durch Ralofs krampfhafte Griffe schmerzenden Stellen. „Galmar, helft Ihr mir noch einmal? Ich möchte ihn nicht in seinem Dreck liegenlassen. Das hat er nicht verdient.“
Sie entledigten Ralof seiner Hose, bevor sie den immer noch Bewusstlosen warm zudeckte und über dem Feuer in einem großen Kessel Wasser erhitzte. Schließlich fütterte sie das winzige Wolfsjunge mit Milch aus einem Schlauch, den sie bei einem der toten Pferde gefunden hatte, bevor sie mit Ralofs Sachen Richtung Fluss verschwand. Sie wusste ihn in Sicherheit und auch sie hatte eine Reinigung dringend nötig.

Wenn auch vollkommen durchnässt, aber sauber und erholt, betrat sie wieder das Lager, wo die Soldaten unter der Anleitung von Galmar fleißig dabei waren, Fallen auszulegen und Barrieren zu schaffen. Eindeutig, der Mann verstand sein Handwerk.
Das Wasser im Kessel war nun warm genug. Die Leintücher würden noch gebraucht werden. So riss sie ein Kleid aus ihrem Gepäck entzwei und begann sorgfältig Ralofs Körper von Schweiß, Blut und seinen Hinterlassenschaften zu reinigen. Eine kleine Bewegung ließ sie innehalten. Er kam wieder zu Bewusstsein.
„Was ist passiert?“
Sie streichelte sein Gesicht und küsste die jetzt warmen Lippen. „Alles gut mein Liebster. Ich hole Euch was zu trinken.“
Sie blieb noch eine ganze Weile bei ihm bevor sie sich zu den anderen begab und Svala zulächelte, die sich in die Arme ihres Mannes gekuschelt hatte und ihm stolz den neuen Dolch präsentierte. Schließlich ließ sie sich neben Galmar fallen. „Ihr seid heute der Segen der Götter gewesen. Aber was führt Euch in diese Gegend?“

EMS
06.01.2013, 01:29
Nein, noch seid Ihr nicht von meinen geistigen Ergüssen befreit. Viel Spaß und ein paar unterhaltsame Minuten. §wink

Kyne tobte mit allem was sie zu bieten hatte. Der Sturm peitschte die Regentropfen unbarmherzig vor sich her. Wie Nadelspitzen trafen sie auf die blanke Haut. Die Kapuze ihres Umhangs konnte diesen Gewalten nicht standhalten und so schlug sie sie nach hinten, auch wenn es bedeutete, dass ihr Gesicht schutzlos dem eiskalten Regen ausgesetzt war. Neben ihr hielt Galmar den Kopf tief gesenkt. Es sah aus als würde ein Bär auf einem Pferd reiten.
„Wenn das so weitergeht, werden wir es heute nicht mehr schaffen.“ knurrte er.
„Wenn wir schneller reiten würden, könnten wir es schaffen.“entgegnete sie. „Den Pferden täte eine Aufwärmung auch gut.“
„Weib, ich reite doch nicht in mein Verderben. Man sieht ja kaum die Hand vor Augen.“
„Lok Vah Koor.“
Sie achtete nicht auf die entsetzten Gesichter, sondern setzte ihr Pferd in einen schnellen Galopp als sich der Himmel für einige Zeit aufklarte und zwang die Anderen somit, ihr zu folgen. Nur so schnell als möglich Agnar befreien und dann zurück zu Ralof, den sie mit Svala und deren Mann im Lager zurückgelassen hatten. So schnell als möglich die Enttäuschung in Ralofs Augen vergessen, als sie ihm mitteilte, dass sie ohne ihn mit Galmar aufbrechen würde. Es hatte gedauert und sie viele Worte gekostet, ihn davon zu überzeugen, dass er noch viel zu schwach war. Er konnte sich kaum aufrichten, aber um Agnars und ihretwillen, hätte er sich sogar in den Tod geritten.

Der Gedanke, jetzt endgültig ihre Rache an diesem Gesindel, das ihr Argis und nun auch noch Agnar genommen hatte, nehmen zu können, ließ sie lächeln.
„Was grinst Ihr so, Drachenblut?“ Galmar hatte aufgeholt und galoppierte nun wieder neben ihr her.
Unvermittelt hielt sie ihr Pferd an. Das Tier hinter ihr prallte ungebremst auf, während sein Reiter in hohem Bogen durch die Luft segelte und auf dem, vom unablässigen Regen, völlig durchweichten Boden landete. Eine unansehnliche braune Masse erhob sich aus dem Modder und stieg unter einigen unschönen Flüchen wieder auf.

„Was wollt Ihr, Galmar? Seitdem ich das erste Mal im Königspalast aufgetaucht bin, begegnet Ihr mir wie einem widerwärtigen Insekt.“
„Ja, Ihr taucht auf und nehmt Euch was und wie es Euch beliebt, durchkreuzt eine ganze Kriegsstrategie. Erst Kommandant Ralof, dann Jarl Ulfric, dann wieder Ralof. Jetzt sind wir auf der Suche nach eurem Balg anstatt unsere Waffen gegen das Kaiserreich zu richten. Wer und was kommt als Nächstes dran? Hä?“
Sie kniff die Augen zusammen und beobachtete eine Weile wie es in seinem Gesicht zuckte, während hinter ihnen die Mitreiter den Atem anhielten, gespannt darauf, was nun kommen würde. Schließlich huschte ein verächtliches Lächeln über ihre Lippen.
„Ihr mit Sicherheit nicht, Galmar Steinfaust. Und Eure, mit größter Wahrscheinlichkeit von Jarl Ulfric verordnete Suche nach meinem Sohn wird ihren Preis bereits haben. Ich bin sicher, ich werde ihn erfahren, sobald wir wieder in Windhelm sind.“


Ungehindert erreichten sie Rifton und schlugen ein kleines Lager weit außerhalb der Sichtweite der Stadt auf. Galmar bestimmte erst einmal nur einen seiner Männer, sich unauffällig in der Stadt umzuhören. Er war ein guter Stratege, erkannte sie neidlos an.
Sie griff sich die verschwitzte Pferdedecke, wickelte sich darin ein und setzte sich neben ihn ans Feuer. Alles war besser als diese durchdringende, feuchte Kälte zu ertragen, die die näher rückende Nacht mit sich brachte.
Die letzten Stunden waren sie schweigend nebeneinander hergeritten, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.
„Habt Ihr Papier und ein Stückchen Kohle?“
„Wozu?“
„Ich kann Eurem Mann die Informationssuche erleichtern.“ Sie schrieb ein paar Sätze auf das dargereichte Pergament und hielt es dem Soldaten hin. „Hier gebt dies einer Frau, deren linke Gesichtshälfte blau bemalt ist. Ihr Name ist Mjoll. Gebt es ihr nur, wenn Ihr unbeobachtet seid und bei den Göttern, lasst Euch damit nicht erwischen. Und wenn Ihr schon einmal in der Stadt seid,“ sie kramte einen Batzen Goldstücke aus ihrer Gürteltasche, die die Augen des Soldaten leuchten ließen, „dann ersteht bei Balimund, dem Schmied der Stadt, bitte einen Dolch für mich. Er hat gute Ware. Sucht daraus das Beste aus.“
„Wer ist Mjoll?“ knurrte Galmar, dem ihre Einmischung zuwider schien.
„Die einzige Person, der wir in dieser Stadt vertrauen können. Sie wird uns den Zugang erleichtern.“

Sie wickelte sich enger in die stinkende Pferdedecke und legte sich zurück um zu schlafen. Unablässig kreisten die Gedanken um das bevorstehende Ereignis. Es war soweit. Alles was sie so lange mit sich herumgetragen hatte, die Trauer um Argis, der unauslöschliche Durst nachVergeltung, all das würde in den nächsten Tagen seine Erfüllung finden und wenn sie mit ihnen fertig war, würde es jemals wieder weder eine Maven Schwarzdorn noch eine sogenannte Diebesgilde geben. Hoffentlich lebte ihr Sohn noch, aber irgendetwas in ihr sagte, dass dem so war.

Bekannte, warme Hände, die über ihr feuchtkaltes Gesicht strichen, ließen sie hochschrecken.
„Argis, Liebster, wie kommt Ihr hierher? Ich trage das Amulett doch gar nicht.“
„Ihr tragt mich in Eurem Herzen. Da bedarf es keines Amuletts.“
„Ihr werdet immer Euren Platz dort haben.“
„Ich weiß mein Schatz“, sie fühlte seine weichen Lippen, „aber hiernach wird mein Geist ebenfalls ganz in Sovngarde einziehen und dann werde ich dort auf Euch warten.“
„NICHT SCHON WIEDER!“, war ihre bisherige Zwiesprache stumm geführt worden, so schrie sie jetzt auf. Um sie herum regten sich die anderen und sahen sie aus schlaftrunkenen Augen verwundert an. Sie sprang auf, schnappte sich ihre Decke und rannte tränenblind in die schützende Dunkelheit. Außerhalb des Feuerscheins ließ sie sich nieder und wartete auf sein erneutes Erscheinen.
„Warum? Argis, warum verliere ich Euch noch ein weiteres Mal?“
„Ihr werdet mich nie verlieren, mein über alles geliebtes Herz. Ich werde immer bei Euch sein. Nur anders als jetzt. Als eine schöne Erinnerung bis wir uns wiedersehen. Ralof liebt Euch, wie ich Euch geliebt habe und jetzt ist seine Zeit gekommen. Er ist ein guter Mann und auch Ihr seid ihm zutiefst zugeneigt.“
Er blieb eine ganze Weile, in der er sie küsste und streichelte, bis sie sich in die Zeit zurückversetzt fühlte, als sie noch beide lebten und die glücklichsten Menschen der Welt zu sein schienen. Mit einem letzten Kuss und einem leisen Lächeln verschwand er, um nun endgültig in Sovngarde den ihm gebührenden Platz einzunehmen.
Mit einer tiefen inneren Zufriedenheit wickelte sie sich erneut in die Decke und schlief ein. Sie konnte sich nicht erklären, wo diese Zufriedenheit herkam, aber es fühlte sich gut an.


Mit Würfelspielen und Scheingefechten vertrieben sie sich die Zeit bis zur Rückkehr des ausgesandten Soldaten. Missmutig hämmerte sie mit dem Griff ihres Dai Katanas auf einigen Stellen der Rüstung herum, um diese wenigstens notdürftig zu reparieren. Ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Das gute Stück war so alt und abgewetzt, dass es ihr kaum gelang, die zahlreichen Risse und Waffenspuren auch nur einigermaßen zusammen zu klopfen. Insgeheim wünschte sie sich in ihre daedrische Rüstung, so auffällig diese auch sein mochte. Aber hier mit diesem Teil war wirklich kein Staat mehr zu machen.
Hin und wieder beobachtete sie aus den Augenwinkeln Galmar Steinfaust, der ihr Treiben mit leicht hochgezogenen Mundwinkeln verfolgte. Irgendwann stand er auf, kramte umständlich in einem Gepäckstück herum und eine merkwürdige Rüstung landete auf ihrem Schoß.
„Hier, nehmt das, Drachenblut. Ich ertrage Euer sinnloses Gehämmere nicht mehr.“
Sie rollte das Bündel auseinander. Es schien sich um die gleiche Rüstung zu handeln, wie er sie trug, einschließlich der markanten Bärenfellkopfbedeckung.
„Ein bisschen zu weit? Hmm?“
„Das können wir ändern. Zieht sie erst einmal an und dann schauen wir.“
Das Leder war weich und angenehm, bot aber trotzdem genügend Schutz vor Hieben. Eingearbeitete Stahlringe verliehen zusätzliche Festigkeit. Sie fühlte sich auf Anhieb wohl darin. Galmar stand hinter ihr und faltete das überschüssige Leder sorgfältig zusammen, um es wenig später mit einigen gekonnten Stichen zu befestigen. Den stahlverzierten Gürtel trennte sie durch und verknotete ihn.
„So fertig. Jetzt habt Ihr hinten sogar doppelten Schutz“, griente er. „Zieht einmal den Helm bitte auf. Ich will sehen, was wir daran noch ändern müssen.“
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, auch wenn sie sich jetzt wie ein Bär auf zwei Beinen vorkam.
„Gut seht Ihr aus.“
„Ich will nicht gut aussehen, sondern gut geschützt sein“, maulte sie ungehalten, um kurz darauf in Gelächter zu verfallen. „Ich danke Euch trotzdem Galmar. Und wenn ich tatsächlich in dieser Aufmachung eine Wohltat für Eure Augen darstelle, soll es mich nicht weiter stören. Ich denke, Ihr habt wenig genug angenehme Anblicke in diesem Krieg.“
Es war das erste Mal, dass sie sich nicht gegenseitig angifteten.


Kurze Zeit später tauchte der Bote mit Mjoll am Lagerfeuer auf.
„Mjoll, meine Gute, ich freue mich.“ Sie umarmte die Frau, die ihre Umarmung herzlich erwiderte und sich dann suchend unter den Anwesenden umblickte.
„Wo ist denn Ralof?“
„Eine ältere Verletzung ist aufgebrochen und hat ihn fast das Leben gekostet. Wir mussten ihn zurücklassen. Konntet Ihr in der Zwischenzeit etwas in Erfahrung bringen?“
Mjoll setzte sich im Schneidersitz an das Feuer und griff gedankenverloren nach einem kleinen Ast, mit dem sie Muster in die lockere Erde malte.
„Wir nehmen an, dass Euer Sohn in Haus Schwarzdorn festgehalten wird. Es ist das am stärksten bewachte Gehöft der Schwarzdorns und aufgrund der Anzahl an Söldnern, die dort hausen, nur schwer einzunehmen. In die Stadt wurde niemand gebracht. Da bin ich mir ziemlich sicher. Maven und ihre verdorbene Brut halten sich in der Stadt auf. Seit Ihr ihr durch die Lappen gegangen seid, ist sie unbarmherziger und herrischer als jemals zuvor. Selbst Brynjolf und seine Spießgesellen trauen sich kaum noch aus dem Rattenweg hervor und sind damit für ihre Zwecke fast nutzlos geworden. Wie wollt Ihr denn jetzt vorgehen?“
Freya überlegte einen Augenblick, in dem sie versonnen Galmar anblickte, der dem Bericht äußerst interessiert gefolgt war.
„Auf jeden Fall müssen wir erst Agnar befreien und in Sicherheit bringen. Ihnen jede Möglichkeit nehmen, ihn weiter als Pfand zu benutzen oder gar zu ermorden. Ich frage mich nur, ob ich die spätere Aktion alleine oder mit Kampfgefährten durchführen soll. Da bin ich mir noch nicht sicher. Aber das hat noch Zeit.“
„Ich würde Euch sehr gerne helfen, wenn Ihr das möchtet.“
„In Rifton werde ich Euer Hilfeangebot wohl annehmen. Haus Schwarzdorn werden wir mit diesen Männern hier alleine schaffen. Für Euch ist es besser, wenn Ihr dort nicht beteiligt seid. So könnt Ihr Euch weiterhin ungehindert in der Stadt bewegen.“
Sie wandte sich an den Soldaten. „Habt Ihr mir einen Dolch besorgen können?“
„Oh ja natürlich. Und ich denke, seine Qualität wird Euch gefallen.“
Er reichte ihr ein sorgfältig in Leinen gewickeltes Päckchen. Als sie es aufschlug, kam eine kunstvoll gearbeitete und bestickte Lederscheide zum Vorschein, aus der ein fein ziselierter Dolchgriff herausschaute, den sie jetzt herauszog. Vorsichtig fuhr sie mit der Klinge über ihren Handrücken. Kaum berührt, quollen bereits die ersten Tropfen Blut hervor.
„Perfekt“, nuschelte sie, während ihre Zunge das Blut ableckte.
Galmar schüttelte den Kopf. „Hättet Ihr das nicht ebenso gut an einem Stück Leder ausprobieren können?“
„Nein, ich muss selber spüren wie scharf er ist, um ihn richtig einsetzen zu können.“
„Dann kehre ich jetzt erst einmal in die Stadt zurück und warte dort auf Nachricht von Euch. Viel Glück. Möget Ihr Euren Sohn bald wohlbehalten in die Arme schließen können.“
Mjoll stand auf, reckte sich und winkte noch einmal kurz, bevor sie in den Büschen verschwand.

Galmar blickte in den Himmel, der sich langsam wieder mit dem unweigerlichen Nebel zuzog.
„Lasst uns aufbrechen. Dann sind wir mit Beginn der Dämmerung an Haus Schwarzdorn und haben noch genügend Zeit, uns dort ein wenig kundig zu machen.“
Sie brachen das Lager ab und ritten in einem weiten Bogen um Rifton herum. Der Nebel verdichtete sich. Dumpfes Johlen und Gröhlen drang auf einmal an die Ohren. Sie hatten ihr Ziel erreicht, waren ihm wahrscheinlich sogar schon viel zu nahe gekommen.
„Zurück“, zischte Galmar. „Noch haben sie uns nicht entdeckt.“
Sie wendeten die Pferde und suchten Deckung hinter einem großen Felsen.
„Kommt Galmar, lasst uns mal sehen wie gut wir im Schleichen sind.“

Sie fühlte ihr Blut durch die Adern rauschen, spürte seinen Geschmack fast auf ihrer Zunge. Endlich, der so lang ersehnte Zeitpunkt. Ihre latente innere Wut schlug in ein erwartungsvolles Zittern um. Wann ging es endlich los? Ungeduldig beobachtete sie Galmar, der seinen Männern letzte Anweisungen erteilte, bevor er sich zu ihr gesellte. Augenscheinlich deutete er ihren offensichtlichen Erregungszustand richtig, denn er mahnte sie eindringlich.
„Beherrscht Euch Drachenblut. Gerade jetzt ist es wichtig einen klaren Kopf zu bewahren.“
Im Schutz des Nebels tasteten sie sich langsam aber sicher an die Lichtflecken heran, die ihnen verrieten wo das Gehöft stand. Die Stimmen der Söldner hallten unwirklich durch die teilweise weit offenen Fenster.
„Verdammt, wo seid Ihr?“
„Direkt hinter Euch Galmar, direkt dahinter.“
„Und wieso höre ich euch nicht?“
Ihr Grinsen konnte er ebenso wenig sehen. „Vielleicht kann ich besser schleichen als Ihr?“
„Redet keinen Unsinn. Ihr …“
„Aua, musstet Ihr unbedingt Euren Kriegshammer mitnehmen?“ Sie rieb sich die Stelle, an der der Stiel des Hammers ihren Kopf getroffen hatte, während er sich ihr zuwandte.
„Seid still, Weib. Musstet Ihr denn unbedingt Euren Kopf genau dahin halten?“
Eisblaue starrten in smaragdgrüne Augen. Dann prusteten sie beide leise los. Kameradschaftlich zupfte sie ihn am Ärmel, „Los kommt. Mit Lachen allein werden wir keinen Söldner niederstrecken.“
Meter um Meter arbeiteten sie sich vor. Kaum atmend hockten sie hinter einem großen Busch, als sie eine helle Bewegung im Stall gegenüber wahrnahm.
„Sieh mal einer an. Mein Pferd ist schon hier. Dann haben Ralof und ich den Überfall auch diesem Geschmeiß zu verdanken.“

Schritte näherten sich. Die dazugehörige Person blieb kurz stehen und ging dann weiter. Es war ein Söldner, der aber an ihrem Versteck vorbei schlenderte. Sie zückte ihren Dolch, sah Galmar an und deutete auf ihre Stiefel. Er verstand und nickte nur. Flink huschte sie dem Schatten hinterher, blieb immer ein Stück seitwärts hinter ihm. Er wanderte ein ganzes Stück den Weg hinunter, war schon längst außer Sichtweite des ohnehin im Nebel versunkenen Hauses als er wieder umdrehte.
Wie ein Säbelzahntiger schnellte sie aus ihrer Deckung, riss mit der linken Hand seinen Kiefer hoch und setzte mit der rechten einen Schnitt in seine Kehle, als ihr auch schon sein Kopf aus der anderen Hand rollte. Nicht einmal Zeit, um auch nur ein Geräusch von sich zu geben, war ihm geblieben. Nur der kopflose Körper schlug mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
„Bei Ysmir, was hat Balimund denn da geschliffen?“ Im Dunkeln betrachtete sie verwundert einen Dolch, der es schaffte, mit nur einem Ansatz gleich den ganzen Kopf abzutrennen. Dann kehrte sie zu Galmar zurück.
„Nummer eins. Es kann weitergehen.“

Sie befanden sich bereits fast am Haus, als ein weiterer Schatten um die Ecke kam. Er schien ebenfalls eine Bewegung wahrgenommen zu haben. „Harek, bist Du das?“
Sie knuffte Galmar in die Seite, der jetzt laut und vernehmlich knurrte. Der Schatten verschwand wieder um die Hausecke und sie folgten ihm. Zwei, drei lautlose Sätze von ihr, sie riss seinen Kopf an den Haaren nach hinten und wieder trennte sie mit nur einem Schnitt den Kopf des Mannes von seinem Körper und warf ihn weit fort, so weit wie möglich.
Galmars Augen weiteten sich vor Erstaunen. Sie deutete auf den Dolch und zuckte nur mit den Schultern. Leise umrundeten sie das Gehöft, aber es befanden sich keine weiteren Leute draußen. Der Lärm von innen ließ allerdings auf eine entweder zahlreiche oder ziemlich betrunkene Gesellschaft schließen. Auf jeden Fall erleichterte er das Eindringen.
„Ich bin nicht gut im Schlossknacken. Wie stehts damit bei Euch, Galmar?“
„Ich schon.“
Noch bevor sie den Mund zu einem Protest öffnen konnte, jagte sein Kriegshammer mit der ganzen Wucht, die Galmar aufbieten konnte in die Türspalte und sprengte sie auf.
“Soviel dann zur Beherrschung und einem klaren Kopf“, stöhnte sie auf. Dieser Knall konnte selbst dem Betrunkensten nicht entgangen sein, aber es waren weniger als sie erwartet hatte.
„Los, sucht Euren Sohn Drachenblut. Das bisschen hier schaffe ich schon.“

Zu seinem Entsetzen ließ sie ihm noch einen Dremora zur Unterstützung da und rannte den verwinkelten Flur hinunter. Sie wechselte nun zu ihrem Dai Katana und mit dem Überraschungsmoment auf ihrer Seite, sowie durch die Trunkenheit ihrer Gegner, arbeitete sie sich schnell und fast lautlos durch die Gänge. Trotzdem war die Zeit ihr Gegner. Sie musste Agnar finden, bevor einer der Söldner… Sie wagte gar nicht daran zu denken. Warum musste hier auch alles so verwinkelt sein?
Sie stieß Türen auf, überraschte Söldner in ihren Betten und schlug ihnen gnadenlos die Köpfe ab, noch bevor sie sich erhoben hatten. Auf der Treppe nach oben stellten sich ihr gleich drei entgegen. Aber sie befand sich wie einem Blutrausch, überließ zwei davon ihrem nächsten Dremora, stach dem Dritten von unten in den Unterleib bis die Klingenspitze an seinem Rücken wieder ins Freie fand. Seinem ohrenbetäubenden Schmerzensschrei wurde durch den Dremora ein jähes Ende gesetzt. Dann herrschte Stille. Absolute Stille. Beängstigende Stille.
„Nein, bitte nicht“, flüsterte sie und begann mit klopfendem Herzen und zitternden Händen eine Tür nach der anderen zu öffnen. Die Zimmer waren leer. Nirgendwo konnte sie ihren Sohn finden. Sie spürte die Tränen in sich aufsteigen. Sollte alles vergebens gewesen sein und Agnar war doch schon längst tot?

EMS
29.01.2013, 19:06
So, Schreibblockade besiegt. Vorsicht! :D In diesem Kapitel gehts ganz ruhig zu. ;)

Durch die kleinen Öffnungen im Mauerwerk drangen Tageslichtstrahlen.Viel Helligkeit brachten sie nicht in den ansonsten recht dunklen Raum. Nicht einmal genug, um die Tageszeit abzuschätzen. Es war warm und roch nach frisch aufgelegtem Feuerholz.
Eine Weile beobachtete sie die im Licht tanzenden Staubkörner, dann wandte sie sich dem Mann zu, dessen linker Arm sie selbst im Schlaf fest umschlungen hielt. Völlig entspannte Gesichtszüge und ein sich regelmäßig hebender und senkender Brustkorb verrieten ihr, dass er der diesseitigenWelt noch vollkommen entrückt war. Ein kleiner Speichelfaden lief aus seinem rechtem Mundwinkel. Lächelnd wischte sie ihn weg und küsste die feingeschwungenen Lippen. Es dauerte eine ganze Weile bis sich das Leben in seinem Körper regte. Er schien ihre Küsse, mit denen sie sein Gesicht bedeckte, für einen Traum zu halten. Schließlich erwiderte er ihre Zärtlichkeiten mit noch immer geschlossenen Augen.

„Liebster, ich bin hier. Wollt Ihr mich nicht einmal ansehen?“
Ruckartig öffneten sich Ralofs Lider unter denen nun endlich die leuchtend blauen Augen zum Vorschein kamen. „Bei Ysmir, seid… Seid Ihr es tatsächlich? Das kann nicht sein. … Aua.“
„Glaubt Ihr mir jetzt?“
Er lachte leise. „Ja, schon gut. Musstet Ihr mir dafür unbedingt in die Nase beißen?“
„Anscheinend. Habt Ihr denn nicht gemerkt, dass ich mich heute Nacht zu Euch legte? Immerhin“, sie zeigte auf einen großen blauen Fleck an ihrer Seite, „habt Ihr mich eindeutig ziemlich festgehalten.“
„Ich hielt es für einen Traum und den wollte ich nicht wieder loslassen.“
„Dann hat es sich jetzt ausgeträumt.“
„Habt Ihr denn jetzt vor in meiner Wirklichkeit zu bleiben?“
„Wenn Ihr wollt, mein Herz.“
Er schlang beide Arme um sie und seufzte. „Ich glaube, das will ich.“
Sie kreuzte ihre Arme auf seiner Brust und legte ihr Kinn darauf. „So, so, Ihr glaubt. Was ist mit wissen?“
„Hmm, ich glaube, dass es sogar sein kann, dass ich es weiß.“
„Und ich weiß sogar, dass ich glaube, dass es jetzt reicht.“ Ihre Hand legte sich auf seinen Mund bevor er zum Sprechen ansetzen konnte. „Ihr habt die Wahl, mein Liebster. Küsst mich oder küsst mich.“
„Meine Schöne... , Ihr lasst mir eine Wahl?“
„Ja.“
„Dann wähle ich ‚küsst mich’. Aber darf ich vorher noch fragen, wo sich Agnar befindet? Ist er in Sicherheit? Geht es ihm gut?“

Eindringlicher hätte sich der echte Vater auch nicht um seinen Sohn bemühen können, dachte sie. Die Besorgnis in seiner Stimme rührte sie.
„Agnar geht es blendend. Wir waren rechtzeitig da, bevor sie ihm etwas antaten und er hat die Entführung als großes Abenteuer erlebt. Er ist ebenfalls hier im Palast, aber ich denke nicht, dass wir ihn die nächsten Stunden zu Gesicht bekommen werden.“ Sie lachte. „Er hat sich in Galmar und seine Bärenkopfmütze verguckt. Als der ihm dann noch den Tisch mit den Standorten der Festungen zeigte, war es ganz um ihn geschehen. Ich hoffe, dass Eure Strategen noch wissen, wo sich die Markierungen ursprünglich befanden. Er bestand auch darauf mit in Galmars Zimmer zu schlafen. Was meint Ihr mein Herz, wenn er Euch erst einmal zu Gesicht bekommt. Auf den Augenblick freue ich mich jetzt schon.“
„Ich mich auch. Habt Ihr ihm noch nichts gesagt?“
„Nein, er war schon aufgedreht genug.“
„Und Jarl Ulfric?“
„Bereits in seine Gemächer entschwunden. Nur der Koch war noch wach und brachte etwas zu essen, bevor wir uns zur Ruhe begaben.“
Er richtete sich auf. „Dann müssen wir unbedingt zu Jarl Ulfric.“
„Liebster“, sanft drückte sie seinen Oberkörper zurück aufs Bett. „Liebster, nichts dergleichen werden wir jetzt tun. Er wird es sowieso von allen Seiten erfahren, sobald er die Augen geöffnet hat. Es sei denn, Euch ist eine Märchenstunde mit Ulfric lieber als eine Vereinigung mit mir.“
„Ihr wollt mich endlich?“
„Schon immer, alter Dickschädel. Ein Teil von mir wollte Euch schon und für immer.“
„Davon, meine Schöne, habe ich nicht viel bemerkt.“
„Dann“, sie lächelte frech, „habt Ihr mir nie geglaubt. Dabei sagte ich es Euch schon damals bei meinem Abschied.“
„Ich glaube, nein, ich weiß jetzt, dass ich einen schrecklichen Drachen liebe“, murmelte er, während er sie fest packte und auf den Rücken drehte. Sanft aber bestimmt drängte er sich zwischen ihre Beine. Die Leidenschaft mit der sie ihn in Empfang nahm, brachte ihn fast um den Verstand und beinahe zum Heulen. Wie lange war es jetzt her, dass er sie hatte so spüren können. Jahre, es waren Jahre gewesen.


In diesem Moment schlug der Türflügel auf und eine helle Stimme gellte durch den halbdunklen Raum. „Maamaa! Raalof! Wisst ihr was Galmar...“ Abrupt blieb der Knirps stehen. „Was macht ihr da?“ Direkt dahinter schob sich eine massive Gestalt unter einer Bärenkopfmütze durch den Türrahmen und erfasste die Situation mit einem Blick. „Komm mein Junge. Ralof und Deine Mutter sorgen gerade für eine Schwester oder einen Bruder für Dich. Ich zeige Dir draußen solange, wie ein richtiger Krieger kämpft.“
Mit in die Hüften gestemmten Armen postierte sich Agnar vor dem Bett und sah sie beide prüfend an. „Ah, wie bei Gerdur und Hod. Ich geh dann mal. Galmar, kommt Ihr?“ Der Angesprochene zuckte hilflos mit den Schultern und wandte sich ab. Kurz drehte er sich noch einmal herum, bevor sich die Tür hinter ihm wieder schloss. „Ihr seid eine schöne Frau, Drachenblut.“
Für ein paar Minuten herrschte Ruhe, in denen sie verzweifelt lautes Lachen zu unterdrückten versuchten, auch wenn eher nichts durch die meterdicken Wände der uralten Festung zu dringen vermochte.
Schließlich fuhren seine Lippen ihren Hals entlang. „Hmm, meine Schöne, möchtet Ihr denn ein Geschwisterkind für Euren Sohn?“
Sie nahm seinen Kopf zwischen ihre Hände und sah ihn festan. „Nichts lieber als das, mein Herz. Und n…“.
„…nennt mich nicht immer meine Schöne.“
„Nein, diesmal nicht.“
„Was dann?“
Ihre Mundwinkel verbreiterten sich zu einem hämischen Grinsen. „Und nun fangt endlich mit dem Kindermachen an.“
Sie vergaßen die Zeit und vergaßen die Welt um sich herum, als wollten sie all die Jahre an diesem einen Tag wieder aufholen. Immer noch benommen von ihrem gemeinsamen körperlichen Rausch, lag ihr Kopf auf seiner Brust. Sinnend beobachtete sie, wie er vor sich hindöste; die zerzausten Haare, das völlig verschwitzte Gesicht mit den kurzen störrischen Bartstoppeln, die sich nach der Nacht zeigten und überlegte, woher dieses tiefe Gefühl des Glücks kam.

Ihr Blick schweifte ziellos durch den hohen Raum, der zweifelsohne seiner war. Ein ansehnliche Waffen- und Schildsammlung, sowie die gut gesäuberten hellen Felle von Schneebären und Schneesäbelzahntigern an denWänden, die dunkleren Pendants auf dem durch die Zeitalter fast schwarzen Dielenboden.Das große Bett stand mitten im Raum. Wenn sie sich aufrichtete, blickte sie auf die riesige Feuerstelle, die im Gegensatz zu den meisten anderen nicht in den Boden eingelassen, sondern erst in Hüfthöhe begann und mit einem dekorativen Mauerwerk versehen worden war. Das neu aufgelegte Holz hatte nun Feuer gefangen. Hell loderten die Flammen und gaben ihre gemütliche Wärme an den Raum ab. Als sie die zwei Rüstungspuppen erblickte, die jeweils rechts und links davon aufgestellt waren, musste sie schmunzeln. Eine Figur war mit einer vollständigen Sturmmantelrüstung bekleidet, deren Oberteil mehrmals mit ihrem Dai Katana Bekanntschaft gemacht hatte. Die Ausstattung der anderen Figur bestand aus ihrer daedrischen Rüstung, er musste den Torso irgendwann mal bei Gerdur mitgenommen haben, und langen weißen Haaren aus einem zurecht geschnittenen und sorgfältig durchgekämmten Schneefuchspelz.

Die Lichtstrahlen fielen mittlerweile von hoch oben in den Raum und beleuchteten den großen Badezuber. Wie schon Argis, schätzte auch Ralof Sauberkeit, sofern immer sie möglich war. Nicht einmal die kältesten Bachläufe konnten sie davon abhalten, diesem Bedürfnis nachzugeben. Hmm, jetzt ein warmes Bad. Sie versuchte nun doch die Tageszeit nach den einfallenden Strahlen zu messen und kam zu dem Ergebnis, dass es bereits nach Mittag sein musste. Eigentlich sollten sie längst aufgestanden sein, aber die Wärme des neben ihr liegenden Körpers war einfach zu verführerisch. Sie kuschelte sich wieder an ihn und fuhr mit dem Zeigefinger über das Amulett mit den glänzenden Rubinaugen an seinem Hals. Es leuchtete immer noch leicht. Sein Gesundheitszustand demnach immer noch nicht wiederhergestellt.
„Wollt Ihr es wiederhaben?“ Er räkelte sich in ihre Richtung und schlang erneut die Arme um sie.
„Nein. Es wird seinen Weg zu mir alleine finden, wenn die Zeit dafür gekommen ist.“
„Liebste?“
„Hmm…“
„Könntet Ihr euch vorstellen mit mir verheiratet zu sein?“
Sie hob den Kopf, „Ja, das kann ich.“
„Würdet Ihr mich heiraten?“
„Bei Ysmir. Ja. Und wie ich Euch heiraten möchte. Sofern Mara mir in der Gestalt von Maramal die Gnade einer zweiten Ehe gewährt. Das und Kinder mit Euch zu haben. Mehr möchte ich nicht.“
„Unsere Hochzeit wäre demnach abhängig von Maramal?“
„Seid unbesorgt, mein zukünftiger Gemahl. Wir werden heiraten. Mara gibt uns ihren Segen, denn der ist weniger von Eingebungen Maramals bestimmt, als von dem was in seinem Spendenbeutel landet. Wisst Ihr übrigens, dass ich gerade die glücklichste Frau der Welt bin?“

Ein vernehmliches Räuspern unterbrach den innigen Kuss. „Wären denn die glücklichste Frau der Welt sowie ihr wahrscheinlich ebenso glücklicher zukünftiger Gemahl bereit, so langsam ihre Aufwartung bei Jarl Ulfric zu machen? Ich denke ‚Ungeduld’ ist noch die harmloseste Umschreibung seines derzeitigen Gemütszustandes.“ Egal wie sehr er es auch zu verbergen suchte, Galmar konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. „Und Euer Sohn, Drachenblut, hat mitterweile bereits den gesamten Palast auf den Kopf gestellt und ist gerade dabei die Wachen im Hof zur Inspektion stramm stehen zu lassen.“
Sie mussten lachen bei dieser Vorstellung, aber Galmar hatte recht. „Sagt Ulfric, dass wir in wenigen Augenblicken erscheinen werden, aber er möge uns zumindest die Zeit geben, uns etwas überzuziehen.“
Nur widerwillig lösten sie sich voneinander. Sie saß auf der Bettkante und beobachtete Ralof wie er sich anzog. Schmaler war er geworden. Die Verletzung hatte einige seiner Reserven aufgebraucht. Es würde dauern bis er seine alte Form wieder erreichte. Inständig hoffte sie, dass Ulfric ihn auch tatsächlich so lange von seinen Pflichten befreite. Schließlich raffte sie sich auf, zog ein Kleid über, schlüpfte in ihre Stiefel und band die reichlich verworrenen Haare schnell zu einem Zopf. Hand in Hand liefen sie durch den halbdunklen Gang, nicht ohne sich doch noch schnell zwischendurch ihrer gegenseitigen Zuneigung durch ein paar Küsse zu versichern. Galmar sah es mit Gelassenheit. Ulfrics Temperament würde sich so oder so entladen.

„Das wurde aber auch Zeit.“ Jarl Ulfrics tiefe, normalerweise wohlgesetzte, Stimme dröhnte durch die Halle. Trotzdem ging ihr erster Blick zur Decke. Eine Armada aus Steinmetzen und Hilfskräften hatte den riesigen Leuchter wieder an seinem ursprünglichen Platz befestigt. Aber egal wie viele Leuchter man noch aufhängen würde, die Atmosphäre in diesen uralten Mauern blieb kalt und jagte ihr Schauder über den Rücken.
Der zweite Blick in Richtung des Jarls von Windhelm ließ sie lächeln. Es passte zu ihm, was sie sah. Faendal würde seinen Jagdgehilfen wohl nie erhalten, denn hinter Ulfric trottete ein kleines schwarzgraues Fellbündel mit wachen gelben Augen, immer bemüht mit den großen Schritten seines Herrn mitzuhalten.
Ansonsten erschien ihr das Leben in diesen Mauern wesentlich lebhafter als sie es aus den wenigen Tagen ihres letzten Aufenthaltes in Erinnerung hatte. Yrsarald fluchte laut im Besprechungsraum vor sich hin,Wuunferth rannte wie ein angeschossenes Kaninchen durch die Halle und lugte in jede Ecke und Mauerritze. Aus der Küche im unteren Bereich drangen die aufgeregten Stimmen von Jorleif und Sifnar, dem Koch. Selbst Ralof schien überrascht. „Was ist denn hier los?“
Nur Galmar, der unerschütterliche Haudegen, nahm in aller Seelenruhe auf einer der Bänke Platz, zog einen Teller mit kleinen Köstlichkeiten zu sich heran und begann wie üblich zu futtern. Ihn wird der Tod eines Tages beim essen ereilen, dachte sie bei sich, wurde aber in diesem Moment durch Ulfrics scharfe Stimmlage aus ihrem Gedankengang herausgerissen.
„Was hier los ist? Das fragt Ihr? Ihr wagt es tatsächlich zu fragen, was hier gerade los ist?“

In Ralofs Gesicht zuckte es verräterisch. Seine Lippen pressten sich zu einem schmalen Strich. Missbilligend hob sich die rechte Augenbraue und vom Hals herauf zog langsam aber sicher eine tiefe Röte über die Wangen. Da brach sich ein Ralof die Bahn, wie sie ihn noch nicht kannte. Sie vermied es einzugreifen. Er war Manns genug sich gegen Ulfric zur Wehr zusetzen.
Unbeirrt polterte Ulfric weiter, während er den herzzerreißend winselnden kleinen Wolf aufnahm und ihn zu kraulen begann. „Dieser kleine Bengel. Bringt ihn zur Räson oder ich werde das erledigen. Nur eine Nacht und einen halben Tag, und nichts ist mehr da wo es hingehört. Fangt ihn ein, bevor er noch die Grundmauern des Palastes verschleppt.“
Jetzt war sie es, die nicht mehr an sich halten konnte. Ihr dunkles Lachen schallte fast unwirklich in den unverkleideten altehrwürdigen Mauern, zwischen denen mit Sicherheit sonst nicht viel gelacht wurde.
„Ulfric, so beruhigt Euch doch. Wo ist mein Sohn und was hat er angestellt?“
„Was er angestellt hat??? Die Runensteine meines Hofmagiers irgendwo in diesen Palastmauern versteckt, die Wochenration an gebratenem Fleisch an meine Palastwachen verteilt, die Markierungen vom Kartentisch entfernt. Möge Talos wissen, wo sie sich jetzt befinden. Oder vielleicht Euer Sohn. Und wo der ist? Wahrscheinlich bereits auf dem Weg zum nächsten Unsinn.“
„Ralof! Ralof! Hier bin ich.“ Die fröhliche Kinderstimme drang aus dem Kartenraum. „Guckt mal was ich hier habe. Ist die nicht schön?“

Der Stimme folgte ein Agnar mit einem vor Anstrengung hochroten Gesichtchen, mühsam eine feinst gearbeitete und verzierte Kriegsaxt hinter sich herziehend. Eindeutig handelte es sich um Ulfrics Standessymbol. Nur die Götter wussten, wie er daran gelangen konnte. An Beschäftigungsideen schien es ihm jedenfalls nicht zu mangeln. Er war ein kleiner Junge, der zum ersten Mal einen großen Palast für sich entdeckte.
Sie schlug die Hand vor den Mund, um ihr Lachen zu unterdrücken und Ulfric nicht weiter zu erzürnen. Schließlich ließ Agnar die Axt fallen und bettelte um Aufnahme auf Ralofs Armen, die dieser ihm auch mit einem breiten Lächeln gewährte. Eng drückte sich der Junge an die breite Brust und legte den Kopf auf die Schultern des geliebten Freundes.
„Hmm, mein Kleiner. Hast Du hier alles in Unordnung gebracht? Komm, wir bringen jetzt erst einmal die Axt weg. Sie gehört Ulfric und normalerweise darf niemand sie anfassen. Unterdessen erzählst Du mir, wo die Runensteine und die Markierungen sind, ja?“

Als er, immer noch mit Agnar auf den Armen, zurückkehrte, war dieser fest eingeschlafen. Vorsichtig, um den Jungen nicht zu wecken, setzte er sich mit ihm auf eine der Bänke und blickte Ulfric erwartungsvoll an.
„Nehmt Platz mein Jarl. Ich weiß wo die Sachen sind. Wir können sie auch später noch holen. Ich denke, dass Euch die Berichte von Galmar und von meiner zukünftigen Frau um die Ereignisse in Rifton mehr interessieren werden als ein paar alte Steine und einige Fähnchen.“

EMS
14.05.2013, 08:36
Leider mit einem bösen, bösen Cut. :D Aber sonst würde das Kapitel einfach zu lang.


Knirschend fraß sich die scharfe Klinge in das Holz des Stützbalkens und hinterließ eine beachtliche Kerbe. Ein zweiter, ein dritter und noch ein vierter Schlag folgten.
„Wenn Ihr so weiter macht, habt Ihr das Haus zum Einsturz gebracht, bevor wir es verlassen können. Außerdem stumpft Ihr unnötig Eure Klinge ab.“ Die Stimme gehörte zu Galmar Steinfaust, der neben ihr stand und mit dem Unterarm seine Augen vor den umherfliegenden Splittern zu schützen versuchte.
Sie senkte die Waffe und setzte sich auf eine der Treppenstufen.
„Wo ist er? Was haben sie mit ihm gemacht? Er ist doch noch ein kleiner Junge, der niemandem etwas angetan hat.“ Erneut hob sie das Dai Katana. „Büßen werden sie dafür. Verdammt. Niemand aus dieser Brut wird überleben.“ Zischend sauste das Schwert durch die Luft und trennte einem der toten Söldner den Kopf ab, der daraufhin leise polternd den unebenen Holzboden hinab rollte.
„Reißt Euch zusammen. Wir werden ihn finden. Wahrscheinlich haben sie ihn doch in die Stadt gebracht und diese Frau hat es nur nicht bemerkt.“
„Wahrscheinlich.“ Sie seufzte und erhob sich. „Vereinfachen wird es die Sache nicht.“
„Lasst uns von hier verschwinden. Wir müssen Euren Sohn finden bevor man in der Stadt Wind...“ Galmar Steinfaust brach mitten im Satz ab und horchte in eine unbestimmte Richtung.
„Was ist?“
Mit einem Wink brachte er sie zum Schweigen, horchte noch einmal und dann hörte sie es auch. Schwere Schritte, gefolgt von dem kurzen Schrei eines Kindes.
„Bei den Göttern.“ stieß sie hervor. „Es gibt noch einen Keller. Agnar!“ Sie schrie seinen Namen in der Hoffnung, dass er ihr antworten konnte. Ein dumpfer Schlag ertönte, als ob eine Holztür zufiel und durch ihre Augenwinkel huschte ein Schatten Richtung Ausgang.
Auch Galmar schien ihn bemerkt zu haben und sprintete mit einer Behendigkeit, die sie dem schweren Körper nie zugetraut hätte, Richtung Eingangstür. Zu spät. Der Söldner, mit einem sich heftig sträubenden Agnar im Arm, stand bereits hämisch grinsend im zerschmetterten Türrahmen.
„Na, was wollt Ihr jetzt tun? Euren eigenen Sohn in Gefahr bringen?“ Gelbe schiefe Zähne zeigten sich in dem blutrot und schwarz bemalten Gesicht. Ergeben senkte sie ihre Waffe.
„Mama!“ Agnar zappelte unaufhörlich in der festen Umklammerung vor sich hin, was ihm eine saftige Ohrfeige des Mannes eintrug. Blut rann aus der kleinen Nase.
Galmar schaffte es gerade noch, sie an ihrem Zopf packen, bevor sie sich wie eine Furie auf den Mann stürzen konnte, der den Jungen nun wie in einer Schraubzwinge festhielt und ihm seinen Dolch an die Kehle hielt. Noch ein lauter Lacher und die zerschmetterte Eingangstür klappte hinter ihm zu.
„Jetzt. Wenn er mit dem Jungen die Stadt erreicht, ist alles vorbei.“ Galmar löste seine Hand aus ihrem Haar, schnappte sich einen herumliegenden Bogen samt Köcher und lief nach draußen. Sie tat es ihm gleich und sah den hellen Schatten ihres Pferdes aus dem Stall herauskommen. Einen Moment zögerte sie. Was würde passieren, wenn Agnar unglücklich fiel oder sie nicht richtig trafen.
Galmar ließ ihr keine Zeit für weitere Überlegungen. Er spannte den Bogen, zielte kurz und der Pfeil schnellte von der Sehne. Sie war keine gute Bogenschützin, war es nie gewesen und würde es nie sein. „Argis, steht mir bei. Es ist unser Kind.“ murmelte sie leise vor sich hin, während die Pfeilspitze auf den Rücken des Mannes zielte und sich nun ebenfalls mit einem leisen Zischen auf den Weg machte.
Ein Schrei ertönte, dann noch ein weiterer heller. Die Pfeile hatten ihr Ziel nicht verfehlt, aber waren sie auch tödlich? Oder hatte diese Bestie womöglich noch Zeit gefunden ihrem Jungen etwas anzutun.
Der Bogen entfiel ihrer Hand und sie rannte los. Den ausgetretenen Pfad, hinein ins Dunkel der Nacht, wo das Licht aus den Fenstern keine Macht mehr besaß, dicht gefolgt von Galmar. Sie waren noch nicht weit gekommen als sie in ihrer Hast über einen leblosen Körper stolperte. Sie vermochte noch so gerade ihren Schreckensschrei zu unterdrücken. Es handelte sich um den Söldner, tödlich getroffen von zwei Pfeilen.
„Agnar? Wo bist Du?“
Fieberhaft begann sie das nähere Umfeld abzusuchen, aber von ihrem Sohn weit und breit keine Spur.

„Nein, Du blödes Pferd. Bleib stehen. Wir müssen wieder zurück.“ Für einen Moment herrschte Ruhe. „Los. Nein. Hierhin. … Ja, so ist es gut.“
Leises Hufgetrappel und schließlich löste sich die Silhouette ihres Pferdes aus dem Dunkel. Weniger von Agnar als von einem natürlichen Stalltrieb gelenkt, kamen Pferd und Reiter auf sie zu. Brav blieb der Hengst vor ihr stehen und schüttelte nur ob der ungewohnten Zügelrupferei unwillig den mächtigen Schädel. Ein kleiner Junge mit einer eingetrockneten Blutspur unter seiner Nase saß irgendwo zwischen Hals und einer wohl eilig übergeworfenen Satteldecke auf dem Widerrist und sah stolz auf sie herab. „Mama. Schaut. Ich kann reiten.“ Neugierig beäugte ihr Sohn den unbekannten Mann an ihrer Seite und kam nach wenigen Momenten zu einem für ihn unerschütterlichen Ergebnis. „Mama, der Mann ist hässlich. Nehmt lieber Ralof. Der ist viel schöner.“
„Agnar!“ Ihre Freudentränen blieben auf halbem Wege stecken. Vorsichtig warf sie einen Blick in Richtung Galmar Steinfaust, dessen eisblaue Augen aber vor Vergnügen strahlten. Ein breites Grinsen erschien unter dem Bärenkopfhelm. „Drachenblut, ich muss sagen, Euer Sohn gefällt mir.“
„Na, ich weiß nicht.“
„Besser, wir verschwinden so schnell wie möglich. Oder braucht Ihr unbedingt noch Euren Sattel?“
„Nein, ich bin gewohnt auch ohne zu reiten.“
Galmar wandte sich dem Jungen zu, ergriff ihn und rückte ihn auf dem Pferderücken an die richtige Position. „So, junger Mann. So reitet ein Krieger. Nicht auf dem Hals. Und hiermit wird gelenkt. Aber schön vorsichtig. Meinst Du, das schaffst Du?“ Schließlich drückte er dem Jungen, der eifrig nickte, die straff gezogenen Zügel in die kleinen Fäuste und gab dem Tier einen leichten Klaps, damit es sich in Bewegung setzte. „Und schön hinter Deiner Mutter und mir bleiben.“
„Habt Ihr Kinder, Galmar?“
„Ich hatte. Zwei Söhne. Sie sind tot, genau wie ihre Mutter. Verdammtes Kaiserreich mit seinen Elfenherren.“ Seine Miene verfinsterte sich. Schweigend legten sie den Weg zum Lager zurück.



„Und jetzt?“ Galmars Blick richtete sich missbilligend gen Himmel, als würde er damit die Wolken, die den nächsten Schauer bereits ankündigten, vertreiben können. „Wollt Ihr nicht erst Euren Sohn in Sicherheit bringen?“
Nachdenklich betrachtete sie Agnar, der gespannt das Hnefatafl-Spiel zweier Soldaten verfolgte, die ein ausgeschnittenes Lederstück mit einem sauber aufgemalten Spielfeld zwischen sich gelegt hatten und nun mit kleinen Steinen darauf spielten. Schließlich reckte sie sich, um die Restmüdigkeit der letzten sehr kurzen Nacht aus ihren Knochen zu vertreiben.
„Nein. Ich würde gerne, aber sie dürfen keine Chance für einen wie auch immer gearteten Gegenschlag erhalten. Ich werde diese Mörder und Diebe jetzt und ein für allemal vom Anlitz dieser Welt tilgen. Noch einmal werden sie meiner Familie kein Leid antun. Nie wieder.“ Die letzten Worte spie sie geradezu heraus.
Die Gesichter der Anwesenden drehten sich zu ihr, selbst Agnar schaute sie erschreckt an, aber in diesem Moment hatte sie sich wieder im Griff und senkte die Stimme. „Nein, es wird hier und jetzt passieren.“
„Habt Ihr einen Plan?“
Sie schüttelte den Kopf. „Noch keinen festen. Mir ist danach, meine Klinge in ihre Leiber stoßen, aber das ist unklug. Es muss noch eine andere Möglichkeit geben, die weniger aufsehenerregend ist.“






Niemand sprach ein Wort. Die Köpfe gesenkt, die Kapuzen über die Gesichter gezogen, ritten sie in Richtung des alten Lagerplatzes, um erst einmal Abstand zwischen sich und die Stadt zu bringen. Die saugenden Geräusche der Hufe auf dem durchweichten Boden mischten sich mit den Geräuschen der Tropfen auf den Blättern der Bäume. Ansonsten schien die Natur um sie herum in eine Starre verfallen zu sein. Die Welt war eine einzige breiige Mischung aus grau und braun. Daran konnten auch die herbstlich gefärbten Blätter der Birken nichts ändern. Bei Sonnenschein wird der Anblick wohl grandios sein, dachte sie. Aber wann scheint hier die Sonne?
Sie vermisste die dunkelgrünen Tannen und die vielen verschiedenen Grüntöne des abfallenden Hangs, wenn sie morgens aus ihrer Haustüre trat, um den Anblick der aufgehenden Sonne zu genießen. Blass leuchtete sie über die Strohdächer von Flusswald, wenn dort langsam das Leben erwachte.
Und sie vermisste Ralof. Seine warme Herzlichkeit und unabdingbare Liebe.
„Mama, mir ist kalt.“ Die Worte ihres Sohnes rissen sie unbarmherzig in die Wirklichkeit zurück. Die blonden Haare klebten in seinem nassen Gesicht. Obwohl sie ihn mit in ihren Umhang eingewickelt hatte, war der Regen bereits durchgedrungen.
„Wir sind gleich am Lagerplatz.“ Sie lächelte in die haselnussbraunen Augen, Argis' Augen. „Dann gibt es ein großes warmes Feuer, etwas Heißes zu essen und Ralof ist auch da.“
„Ralof? Wirklich?“ Agnar wurschtelte sich angestrengt aus ihrem nassen Umhang frei und hopste ungeduldig auf dem Widerrist herum. Widerwillig schüttelte sich der Hengst und verfiel in einen holprigen Trab.
„Schluss, mein Herz. Setz Dich wieder ordentlich hin. Wir sind ja gleich da.“ Der strenge Blick gelang ihr nicht. Innerlich freute sie sich genauso auf ihn wie ihr Sohn.

„Mama, wo ist denn Ralof? Hier ist ja niemand.“ Die Enttäuschung in seiner Stimme entsprach in etwa ihrem Grad an Panik, der sie innerlich befiel, als sie den Lagerplatz kalt und verlassen vorfanden. Keine Spur von Ralof, Svala oder deren Gatten. Das Feuer schon lange erloschen, die Asche bereits fast vollständig verweht. Krampfhaft hielt sie sich an der Mähne ihres Pferdes fest, um sich nicht ungewollt hinsetzen zu müssen.
Nicht lange und einer der Sturmmäntel kam mit einem Stück Papier auf sie zu, das sie mit einem kaum beherrschbaren Zittern ihrer Hände entgegen nahm. Das letzte Mal, als sie ein solches Schriftstück erhielt, hatte es Argis' Leben gekostet.
Vorsichtig entfaltete sie den Zettel und atmete hörbar auf. Es war Ralofs schwungvolle Handschrift und enthielt die Mitteilung, dass es ihm soweit gut gehe, dass Svala und ihr Mann beschlossen hatten, ihn schon nach Windhelm zu bringen, um die weitere Wundversorgung besser gewährleisten zu können. Der letzte Satz, in dem er sie in seine Arme wünschte, trieb ihr fast die Tränen in die Augen. Wäre sie alleine gewesen, wäre sie jetzt auf ihr Pferd gestiegen und bis Windhelm durchgeritten.
So blickte sie in die müden Augen der durchfrorenen und durchnässten Mitstreiter und die erwartungsvollen Augen ihres Sohnes. „Sie sind bereits nach Windhelm unterwegs. Machen wir für heute erst mal das Lager fertig.“

Sie schnupperte und schnitt sich eine große saftige Scheibe Fleisch ab, in die sie genussvoll hineinbiss. Agnar lag neben ihr, eingerollt in die schwere warme Satteldecke und schlief bereits. Auf ihrer anderen Seite kaute Galmar Steinfaust gemütlich auf einem Stück knusprig brauner Haut herum. Sie grinste ihn an. Noch vor kurzem erbitterte Gegner, hatten sie gelernt sich gegenseitig zu respektieren und verstanden sich nun fast ohne Worte.
„Alles?“
„Alles.“
Mit dem Handrücken wischte sie sich das Fett vom Kinn und begann zu erzählen.

EMS
29.05.2013, 06:49
Nach dem letzten, arg kurzen, Kapitel folgt nun ein dafür umso Längeres. Aber hier war beim besten Willen kein cut möglich. Da musste ich durch und Ihr, hoffentlich geneigten Leser, nun auch. Viel Spaß beim (längeren) Lesen. :)

Ihr Schädel schien bereits zu platzen, aber noch immer fand sie keine befriedigende Lösung für ihr Vorhaben. Sicher, es wäre wahrscheinlich das Einfachste, jedem aus dieser Brut den Dolch an die Kehle zu setzen und einen kurzen Streich zu vollführen. Aber ganz Rift würde dann bald wissen, dass sie ermordet wurden und die Spur würde unweigerlich irgendwann zu ihr führen. Es musste anders geschehen.
„Ich werde in die Stadt gehen. Ich muss mich mit Mjoll besprechen. Würdet Ihr Euch so lange um meinen Sohn kümmern?“
Sie sprang auf, nahm Agnar in die Arme und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Genauso schnell verschwand sie zwischen den Büschen, noch bevor Galmar zu einer Erwiderung anheben konnte.
Kurz vor den Stadttoren hielt sie inne. Auf irgendeine Weise in die Stadt schleichen oder eine offizelle Mission vortäuschen? Sie entschied sich für Zweiteres, trug sie doch die Rüstung eines Sturmmantelkommandanten und außerdem ersparte diese Variante ihr ein weiteres Bad im See. Sorgfältig verstaute sie ihre lange weiße Mähne unter der ohnehin zu großen Bärenkopfbedeckung bis nichts mehr davon zu sehen war. Zügig schritt sie dann auf das Stadttor zu als sich ihr, wie erwartet, die Torwache in den Weg stellte.
„Wohin des Weges?“
„Nachrichten vom Jarl von Windhelm für die Jarl von Rifton.“
Verunsichert und skeptisch blickte sich der Mann um. Dumm schien er nicht zu sein.
„Und wo ist Euer Pferd?“
„Fiel einem Bären zum Opfer.“
„Ach, den tragt Ihr jetzt wohl auf dem Kopf, was?“ Lachend öffnete er das Stadttor, um sie einzulassen.
Eine merkwürdige Unruhe lag über der Stadt. Die Leute flüsterten miteinander, sahen sich verstohlen um und huschten eher wie Schatten ihren Angelegenheiten nach. Kaum jemand nahm Notiz von ihr. Mjoll stand wie üblich am Rande des Marktplatzes und hielt das Treiben im Auge. Wie eine unvorsichtige Passantin rempelte sie die Frau an und zwinkerte ihr zu. Dann ging sie weiter, damit die Wachen am Tor keinen Verdacht schöpften. Schließlich bog sie links hinter die Gärten ab und wartete am Schrein des Talos auf Mjolls Ankunft. Diese erschien auch bald darauf, nickte ihr kurz zu und verschwand wieder in Richtung ihres Hauses.
Sie folgte dem zugewucherten Weg hinter den Gärten, der so gut wie nie von jemandem benutzt wurde und wartete geduldig. Schließlich öffnete sich das Fenster im 1. Stock, Mjolls Gesicht erschien im Rahmen, während sie ein dickes Tau herunter ließ.
Freya stöhnte und tippte sich mit dem Finger an die Stirn, aber Mjoll grinste nur und zuckte mit den Schultern.
„Wie wärs mit einer Tür in Euren Garten?“
„Wenn Ihr uns noch öfter beehrt, wäre es eine Überlegung wert.“ Mjoll lachte, um gleich darauf ernst fortzufahren. „Die Nachricht von Eurem Massaker an Maven Schwarzdorns Söldnern hat für jede Menge Unruhe gesorgt. Sogar ihre Herrlichkeit persönlich läuft ein wenig blass durch die Straßen.“
„Und die Vermutungen?“
„Schießen ins Kraut. Aber nichts, was auf Euch hindeutet. Das wird nur Maven Schwarzdorn wissen und sie wird sich hüten, es kund zu tun. Angst hat sie jetzt allemal und von dem kleinen Scheißerhaufen im Rattenweg sieht man garnichts mehr.“
„Die kommen später dran. Sie sind was Ihr sagt, ein kleiner unbedeutender Haufen von Taugenichtsen und Feiglingen. Die werden sich nicht rühren. Jetzt bin ich wegen Maven Schwarzdorn und ihrer Brut hier. Wenn ich nur wüsste, wie ...“
Mjoll wartete das Ende ihres Satzes nicht ab, sondern sprang auf und wühlte in einem kleinen Beistelltischchen in der Ecke des Raumes herum. „Aah, hier ist es.“
Sie stellte ein winziges Fläschchen mit einer fast durchsichtigen Flüssigkeit auf den Tisch vor Freya. „Ich habe mir schon länger Gedanken gemacht, wie Ihr den Schwarzdorns beikommen könntet. Das ist die Lösung.“
„Im wahrsten Sinne des Wortes. Wo habt Ihr das Zeugs her?“ ließ sich Aerin vernehmen, der den Inhalt kritisch beäugte und daran roch.
„Vorsicht, Aerin. Es ist hochgiftig. Ein paar Tropfen reichen um Euch zu töten. Ich erhielt es vor Jahren von einer Schamanin. Oder sollte ich sagen, Hexe.“
„Und jetzt?“ Unschlüssig drehte Freya das Fläschchen zwischen ihren Fingern hin und her.
„Werden wir ihnen das antun, was sie seit Jahren dieser Stadt angetan haben. Vergiften.“
„Ihr scheint schon einen ausgeklügelten Plan zu haben. Lasst hören.“
„Die Familie trinkt ihren ganz eigenen Met. Nichts von dem, was sie verkaufen und niemand sonst erhält auch nur einen Tropfen davon. Er wird speziell in der Brauerei nur für sie hergestellt und am Fredas angeliefert. An diesem Tag stellt nach Arbeitsschluss ein Arbeiter eines dieser Fässchen vor die Hintertür der Brauerei. Wenig später wird es vom Koch abgeholt. Ihr hättet nur sehr wenig Zeit, um den Inhalt ein wenig zu bereichern. Was haltet Ihr davon?“
„Perfekt. Es klingt einfach perfekt. Mjoll, Ihr seid mir eine wahre Hilfe. Ohne Euch stünde ich immer noch am Anfang.“ Sie überlegte noch eine Weile. Schließlich ging der nachdenkliche Ausdruck ihres Gesichts in ein breites hämisches Lächeln über. „Ich habe noch eine kleine zusätzliche Idee. Habt Ihr noch die vergammelte Diebesrüstung?“
„Ja, sie liegt noch oben im Zimmer.“
„Gut, die werde ich nämlich gleich zweimal brauchen.“


Ausnahmsweise war der Abend klar. Die untergehende Sonne räumte rot leuchtend ihren Platz den bleichen Mondkörpern. Alles zusammen spiegelte sich im See, dessen kleine Wellen leise an die Stege plätscherten. Vögel zwischerten ihr letztes Abendlied und weit weit in der Ferne hörte sie einen Drachen. Vom Marktplatz drangen die Geräusche der letzten Geschäftigen herüber. Balimund, der seine Werkzeuge zusammen räumte. Grelka, die eigenwillige Rüstungshändlerin, die sich lautstark mit Haelga, der Stadthure, über deren Praktiken der Dibellaverehrung stritt. Obwohl angespannt bis zum Äußersten, musste sie schmunzeln, als sie die Auseinandersetzung der beiden Frauen verfolgte.
Ungeduldig und doch zum Warten verdammt, hockte sie, gekleidet in die Rüstung dieser selbsternannten Diebesgilde, die Kapuze weit über ihr Gesicht geschoben, in einer Ecke nahe der Hintertür der Schwarzdorn-Brauerei und wartete. Mittlerweile hatten Masser und Secunda ihren Platz am Himmel erobert und beleuchteten nur diffus den schmalen Holzsteg. Gerade genug um Silhouetten zu erkennen. Endlich öffnete sich die Hintertür. Ein schmaler Lichtstrahl drang hinaus und sie erkannte einen Dunmer, der sich kurz umblickte und dann ein kleines Fässchen vor die Tür stellte. Der Lichtstrahl verschwand sofort wieder und sie vernahm das deutliche Geräusch als der Arbeiter die Tür hinter sich abschloss.
Mit einem Satz gelangte sie dorthin, nestelte mit schnellen Fingern am Korken des Verschlusses herum, bis sie ihn endlich öffnen konnte. Ohne weiter zu überlegen, kippte sie den kompletten Inhalt ihres Fläschchens hinein und verschloss das Metfässchen wieder. Keinen Moment zu früh. Auf dem Steg hallten hölzern die Schritte einer näher kommenden Person. Sie wartete noch einen Augenblick, so dass der Mann sie sehen konnte. Ihre Rechnung ging auf.
Mit den Worten „Hey, Ihr verdammtes Diebesgesindel. Finger weg.“ stürmte ein schmächtiger, aber wieselflinker Mann auf sie zu. Einen winzigen Moment verharrte sie noch, nur solange, dass er die Rüstung erkennen musste. Dann sprang sie, leise fluchend wegen des erneuten unfreiwilligen Bades, mit einem Satz über die Balustrade in den See.
Wie schon bei ihrer ersten Flucht tauchte sie unter den Kanaltoren durch, um wieder ungesehen in die Stadt zu gelangen.

Schlotternd und triefend schlich sie die modrigen, hölzernen Stufen in den oberen Teil der Stadt hinauf und überprüfte noch einmal schnell, ob womöglich ihr Dolch bei dem Sprung ins Wasser nicht abhanden gekommen war. Nein, alles perfekt. Sollte das Gift keine Wirkung zeigen, würde sie ihn doch benutzen müssen. Heute war der Tag. Der Tag, an dem sie derjenigen in die Augen schauen würde, die in ihrer Gier vor nichts halt gemacht hatte. Die keine Schandtat außen vor gelassen hatte, um an noch mehr Macht und Geld zu gelangen.
Der übermächtige Wunsch nach Vergeltung kroch wie Fieber durch ihren Körper und ließ sie die Kälte und Nässe vergessen, als sie dem Koch hinterher schlich, der über die Holzstege genauso lange gebraucht hatte, wie sie durch den Fluss.
Rifton war keine Stadt, in der man sich nachts draußen aufhielt. Rifton war keine Stadt, in der man sich überhaupt gerne aufhielt. Der Marktplatz um diese Zeit schon vollkommen verlassen. Nur aus der Taverne drangen die Stimmen der Einwohner, deren Zuhause wohl noch ungemütlicher war als die Stadt selber. So konnte sie unbemerkt und ohne allzu große Vorsicht walten lassen zu müssen, dem Mann in Richtung Schwarzdorn-Anwesen folgen, eine kleine Tropfenspur hinterlassend, die sich aber bald in der allgemeinen nächtlichen Feuchtigkeit verlieren würde.
Wie erwartet, bog der Mann in den Weg hinter die Gärten ein, um den Eingang für das Personal zu benutzen. Es war sich auch nur schwerlich auszumalen, dass eine Person wie Maven Schwarzdorn ihren Bediensteten erlauben würde, über die gleiche Schwelle zu treten wie sie selber. Sorgfältig verschloss der Mann das Gartentor hinter sich. Ihr würde nur wenig Zeit bleiben, sollte er das gleiche Spiel mit der Eingangstüre treiben.
An der wegseitigen Mauer lag ein Stapel Bretter, wohl irgendwann einmal dazu gedacht, Häuser auszubessern. Mittlerweile aber, wie so vieles in dieser Stadt, vergessen und vermodert. Sie musste aufpassen, dass sie nicht abrutschte, schielte vorsichtig über die Mauer und hüpfte dann mit einem Satz hinüber. Die hintere Eingangstür stand noch offen. Dämmriges Licht erhellte das Geschehen. Der Koch schleppte unter offensichtlichem Ächzen noch das Fässchen in die Küche und stellte es in den dafür vorgesehenen Halter. Eintopf- und Fleischgerüche mischten sich zu einem hungerverursachenden Duftstrom, der lockend aus der Tür quoll. Ihr Magen knurrte laut und vernehmlich und für einen Moment erschrak sie als der Mann sich umdrehte. Aber er sah nur zur Tür und überlegte wohl, ob er sie schließen sollte und entschied sich dann, es damit nicht eilig zu haben. Das mäßige Licht der Tranfunzeln in den Ziegenhörnern zeigte ein faltiges, wohl von einem Leben unter Maven Schwarzdorn gezeichnetes Gesicht.
Wie zur Bestätigung ihres kurzen Gedankengangs drang nun aus einem weiterem Raum die ungehaltene Stimme der Dame des Hauses, die in einer Art und Weise nach Speisen und Trank verlangte, dass eine weniger dienstbeflissene Person als dieser arme Koch, ihr wohl das Verlangte in den Hals gestopft hätte anstatt es zu servieren.
So hörte sie nur ein „Sofort, werte Herrin. Es ist alles zubereitet. Ich muss nur noch Euren Met in die Krüge füllen.“
Sie nutzte den Augenblick als der Mann sich mit einer schwer beladenen Fleischplatte abmühte, schlüpfte ungesehen ins Haus und versteckte sich hinter einigen Vorratsfässern, die im Flur unter einer Treppe standen. Jetzt konnten ihr nur noch die Götter helfen und die schienen ihr heute hold zu sein.
Durch einen Spalt zwischen zwei Fässern sah sie zu, wie der Koch mehrmals verschiedene Speisen in den nächsten großen, wohl offensichtlichen Essraum der Schwarzdorns trug. Schließlich setzte er den Hahn an das gerade geholte Fässchen und ließ drei große Krüge mit dem Inhalt volllaufen. Ihr Herz tat einen Freudensprung. Was wäre gewesen, wenn die Familie nicht an diesem Abend darauf hätte zurückgreifen müssen? Sie wagte es nicht, sich ein solches Fiasko weiter auszumalen.
„Ist alles zu Eurer Zufriedenheit?“ Die Stimme des Kochs klang müde.
„Ja. Und nun geht. Ach und noch was. Bringt morgen Euer Weib mit. Die Fußböden müssen geschrubbt werden.“
„Jawohl, meine Herrin.“ Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ der Mann das Haus und schloss die noch immer offenstehende Haustür nun hinter sich ab. Jetzt war sie allein mit ihren Feinden. Aus dem Essraum drangen Kaugeräusche, unverständliches Murmeln mit vollen Mündern, sowie das Knacken von Knochen, aus denen das Mark gesaugt wurde, an ihre Ohren.
„Sagt mal Mutter, kann es sein, dass der Met heute ein wenig anders schmeckt? Ingun, was meinst Du?“ Eine näselnde männliche Stimme, anscheinend Hemming, der Sohn Mavens.
„Ich weiß nicht. Er schmeckt wie immer, Vater.“ Eine gelangweilte Antwort, die Maven in Rage versetzte.
„Es wäre an der Zeit, meine Gute, Dich mehr um die Belange der Brauerei zu kümmern, anstatt immer in diesem Drecksloch bei Elgrim herumzuwurschteln und Braukünste in irgendwelche sinnlosen Elixiere und Tränke zu investieren. Wenn Du uns nicht bald Dein Können zur Verfügung stellst, werde ich dafür sorgen, dass es keinen Alchemieladen mehr gibt, in den Du Dich verkriechen kannst. Und nun Schluss. Der Met schmeckt heute nicht besser und schlechter als sonst, zwar ein wenig anders, aber das werde ich morgen mit Asgeir Schneeschuh abklären.“

Ihr Moment war gekommen. Leise und vorsichtig schälte sie sich hinter den Fässern hervor und streckte sich zu ihrer vollen Größe, schob die Kapuze, die bis dato das weißleuchtende Haar verborgen hatte, nach hinten über. Ein tiefer Atemzug. Es war soweit. Es fiel ihr schwer, noch einen Augenblick zu warten, um des schon fast fiebrigen Hochgefühls Herr zu werden, welches sie ergriff, bevor sie den Essraum betrat und in drei erschrockene Gesichter blickte.
„Was, bei den Acht, erlaubt Ihr Euch? Hinaus, bevor ...“ Maven Schwarzdorn fand als Erste ihre Sprache wieder, nur um sogleich zu verstummen, als sie die Person in der nassen, abgewetzten Rüstung erkannte, die sie mit zu Schlitzen zusammengezogenen smaragdfarbenen Augen fixierte.
„Bevor was, Maven Schwarzdorn. Bevor Ihr sterbt? Und das werdet Ihr. Hier und heute. Seid dessen sicher.“
„Mutter, soll ich?“ Hemming erhob sich, schon etwas schwerfällig, von seinem Platz, um seinen Dolch zu zücken, aber Maven winkte ab und fiel in ein verächtliches Lachen.
„Nein, mein Sohn. Lasst uns doch noch ein wenig hören, was das Drachenblut uns zu sagen hat. Und Ihr Drachenblut, wie kommt Ihr auf die absonderliche Idee, dass heute mein Todestag sein soll?“
„Ich weiß es.“
„Soll ich mich jetzt vielleicht vor Euren geheimnisvollen Kräften fürchten? Ihr verlangt zuviel.“ Mavens hämisch-heiseres Lachen zerrte nicht nur unangenehm an ihren Ohren, sondern vor allem an den Nerven und daraus resultierend, ihrer Selbstbeherrschung.
„Ich verlange nichts und trotzdem werdet Ihr bezahlen. Euer Leben für das Leben meines Gatten. Ein, wie ich meine, nur gerechter Preis, oder?“
„Macht Euch nicht lächerlich, Freya von Markarth. Mein Leben für einen gemeinen Huskarl, nur weil Euer Vater Euch unter Wert verkaufte?“
Ihr Herz drohte zu zerspringen. Das Blut rauschte durch die Adern, wie die Wasserfälle durch Markarth. Mühsam ballte sie die Hände zu Fäusten, um Tränen einer solchen Wut, wie sie sie noch nie in ihrem Leben verspürt hatte, zu vermeiden. Jetzt den Mund öffnen und ihm wäre der stärkste Thu'um entfahren, den sie jemals zustande gebracht hätte. So schwieg sie und schluckte und schluckte, bis sie sich annähernd in der Lage sah, den Ereignissen ohne weiteres eigenes Zutun ihren Lauf zu lassen.
Maven deutete ihr Schweigen richtig und auch falsch und fuhr mit unverminderter Häme fort. „Nun, was ist mit den großartigen Kräften, die man Euch nachsagt. Nichts als leeres Altweibergeschwätz. Meine Söldner werden...“.
„Eure Söldner, Maven?“ Sie fand die Sprache wieder, auch wenn immer noch ein dicker Kloß in ihrem Hals zu stecken schien. „Eure Söldner bevölkern alle das Reich von Arkay. Mein Sohn ist in Sicherheit und bald werden wir alle in Sicherheit vor Euch sein.“
Einen Wimpernschlag lang zog sich alles Blut aus Maven Schwarzdorns Gesichtszügen zurück, eine fahle gräuliche Blässe hinterlassend. Aber schon lief sie wieder zu alter Form auf.
„Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr den morgigen Tag noch erleben werdet, nachdem was Ihr hier heute aufgeführt habt? Hemming!“ Aber vom anderen Ende Tisches kam keine Antwort.
„Ich schon. Ihr nicht.“
In diesem Moment krampfte Ingun, die bisher das Geschehen still verfolgt hatte, kurz und erbrach sich quer über den Tisch mit den Essensplatten. Die dunklen Augen weiteten sich in einem schmerzverzerrten Gesicht. Das schabende Geräusch von Fingernägeln, die verzweifelt in der Holzplatte des Tisches nach Halt suchten, begleitete sie, als sie mit Schaum und Erbrochenem vor dem Mund vom Stuhl rutschte und noch ein paarmal zuckte, bevor sich der letzte Atemzug röchelnd aus ihrer Brust quälte.
Nun packte Maven doch die Panik. Entsetzt sprang sie von ihrem Sitz und schrie nach ihrem Sohn. „Hemming! Hemming! So tu doch was, Du Schlappschwanz! Sie hat Deine Tochter umgebracht!“
Aber von dem Angerufenen war keine Hilfe mehr zu erwarten. Mit hervorgequollenen Augen und Schaum vor dem Mund hing er bereits leblos und halb zusammengesunken in seinem Sitz.
„Ihr hättet Vlindrel Hall haben können, Maven Schwarzdorn,“ sie war selbst erstaunt über die Ruhe und Festigkeit ihrer Stimme, wo doch im Inneren alles tobte und schrie. „Wäret Ihr mit uns in Kontakt getreten. Mein, von Euch ermordeter, Gatte wollte nie dort leben. Es war sein Haus und ich weiß, dass er es Euch sogar vielleicht geschenkt hätte. Unser Leben gehörte nach Weißlauf. Euer Machthunger und Eure unendliche Gier haben eine Familie zerstört, wo ein paar Worte und ein einziges Schreiben gereicht hätten. Nun fällt der Preis so hoch aus, dass er nur noch mit Eurem Leben beglichen werden kann. Ich sehe bereits die Schwäche, wie sie langsam Eure Glieder erfasst.“
„Was habt Ihr getan?“ In Mavens Stimme mischte sich unüberhörbar das Röcheln der kommenden Atemnot.
„Euren hochgeschätzten Met um eine etwas andere Geschmackszutat bereichert.“
Sie setzte sich auf die Tischkante und schnappte sich von Maven Schwarzdorns Teller ein großes Stück des feinen bretonischen Käses, das sie genüsslich verspeiste, während sie unverwandt und reglos deren Todesqualen verfolgte. Aber alles hatte ein Ende, so auch das Leben von Maven und schließlich fiel der Leichnam zu Boden.
Es war vorbei. Nun hatte sie alle Untaten dieser Frau an Argis, Agnar und sich selber gerächt und konnte einem gemeinsamen friedlichen Leben mit Ralof ins Auge blicken, aber ein wirkliches Hochgefühl wollte und wollte sich nicht einstellen.
Sie legte den Käserest zurück auf den Teller, rutschte von der Tischkante und riss ein größeres Stück Leder samt Schnalle aus ihrer Rüstung, das sie der Toten zwischen die verkrampften Finger klemmte. Aus deren Dolchhalfter entfernte sie die Waffe und warf sie quer durch den Raum.
Vor der Hintertür stehend atmete sie tief die feuchte, aber frische Nachtluft ein, bevor sie sich wieder hinter den Gärten auf den Weg zu Mjolls und Aerins Haus machte, die sie mit den heiseren Lauten eines krächzenden Rabens auf ihre Rückkehr aufmerksam machte.
Mit den Worten „Es ist vollbracht.“ fiel sie in eine Ohnmacht, aus der Mjoll sie zurückholte, nur um darauf in einen unruhigen Schlaf mit wirren Träumen zu verfallen, in dem sich dauernd die Gesichter von Argis, Agnar und Ralof untereinander und immer wieder mit denen der Schwarzdorn-Familie mischten. Alle schienen mit ihr zu sprechen, ohne dass sie ein Wort davon hören konnte.


Sie wusste nicht wie lange sie gelegen hatte, als Mjoll sie mit heftigem Klopfen und lautem „Freya! Freya! Aufwachen. Das dürft Ihr nicht verpassen!“ aus dem Schlaf riss. Ihre Knochen schmerzten, wohl vom Liegen in der durchdringenden Nässe der Diebesrüstung, die nun an ihrem Körper getrocknet war und sich hart und steif anfühlte. Ihre Lippen waren von Schorf bedeckt und im Mund machte sich ein schlechter Geschmack breit. Mühsam rollte sie sich von der Strohmatratze, wusch sich und spülte ausgiebigst den Mund mit dem frisch aufgewärmten Wasser, das Aerin ihr in einem großen Eimer ins Zimmer stellte.
Danach fühlte sie sich besser. In der Küche roch es nach allem Guten, was die Götter verboten hatten. Sie setzte sich mit an den Tisch und futterte, wie sie nicht einmal in ihren Schwangerschaften gefuttert hatte.
„Wie lange habe ich geschlafen? Und was ist los?“ brachte sie zwischen zwei großen Bissen in das herrlich frische Brot so gerade noch zustande.
„Ein paar Tage“ erwiderte Mjoll und setzte, das Entsetzen in Freyas Augen bemerkend, schnell fort. „Sie wissen, dass Euch nichts zugestoßen ist. Mehr wissen sie allerdings nicht.“
„Das reicht. Mehr wäre zu gefährlich gewesen. Ich bin Euch zu unendlichem Dank verpflichtet.“
„Nein, wir sind Euch zu Dank verpflichtet. Ihr habt Rifton von der Schwarzdornplage befreit. Aber weshalb ich Euch geweckt habe... Jarl Laila Rechtsprecher hat einmal in ihrem Leben etwas zustande gebracht und es ist sogar gut für diese Stadt.“
Da sie die Backen immer noch proppenvoll hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als fragend die Augenbrauen hochzuziehen. Aber Mjoll verstand.
„Nachdem sie die Leichen gefunden hatten und der Koch Stein und Bein und bei allen Göttern schwor, dass er an dem Abend jemanden von der Diebesgilde an dem Metfass gesehen habe und man dann noch ein Stück Leder mit einer Schnalle bei Maven fand, ließ Jarl Laila die gesamten Stadttruppen in den Rattenweg schwärmen. Fast alle von diesem Diebesgesindel sind bei dem Einfall ums Leben gekommen und die letzten drei, darunter Brynjolf, ihr Anführer, werden heute wegen Mordes an den Schwarzdorns hingerichtet.“
„Das muss ich mir ansehen. Aerin habt Ihr die Kutte noch?“
Der Angesprochene stand auf und kehrte mit der sandfarbenen Robe zurück. „Das habt Ihr geschickt gesät.“
„Und heute ist der Tag der Ernte. Wann geht es los?“
„Wir sollten uns auf den Weg machen, wenn wir noch gute Plätze erheischen wollen.“
„Was besagen denn die Gerüchte, warum sich die Diebesgilde ausgerechnet an ihrer Patronin vergriffen haben soll?“
„Dass sie sich rächen wollten, weil Maven ihnen die schützende Hand sowie die Aufträge entzogen hat.“



Die Person kam ihm bekannt vor. Grübelnd beobachtete der rothaarige Delinquent die in eine Priesterinnenrobe gehüllte Frau in der ersten Reihe direkt vor dem Richtblock. Aus ihrer Kapuze quoll weißblondes langes Haar und auch sie fixierte ihn mit smaragdgrünen Augen und einem leichten Grinsen, das weiße ebenmäßige Zähne zeigte. Sie musste also einer gehobenen Schicht angehören. Der Gesellschaftsschicht, die sich alles leisten konnte und somit von den Unbilden und Folgen des Hungers und schlechter Nahrung verschont blieb. Er war sich so sicher, sie schon gesehen zu haben, aber sein Gedächtnis ließ in ihm Stich.
Freya nahm nun zum ersten Mal bewusst alles an dem Mann wahr, der sie in eine Kiste gesperrt und sie, nur die Götter wussten wie lange, den Exzessen seiner Männer überlassen hatte. Und sei es nur im Auftrag gewesen. Er war der Anführer. Auf den ersten Blick, und nur auf den ersten, wirkte sein Gesicht einnehmend. Dann sah sie die pockennarbige Haut seiner Wangen, den zwar kurzen, aber trotzdem ungepflegten und an den Wangenpartien nachlässig rasierten Bart sowie die spöttischen Züge um seine Mundwinkel. Einmal heraus aus seiner feinen Kleidung als Mittelsmann und Marktständler und hinein in eine der abgewetzten Diebesrüstungen, ließ ihn um keinen Jota besser erscheinen, als die zwei Gestalten, die neben ihm standen und deren Köpfe nun nacheinander der Einigkeit mit ihrem Körper enthoben wurden.

Als er seinen Kopf auf den Block legen musste, dem Publikum zugewandt, kam Bewegung in die Person. Sie schlug die Kapuze zurück. Das lange Haar fiel nun bis weit auf den Rücken. Als der Henker sein Werkzeug erhob, setzte sie ein breites Lächeln auf und öffnete kurz die Robe. Nur solange, dass er darunter die Diebesrüstung mit dem ausgerissenen Lederstück und der fehlenden Schnalle sehen konnte. Und nun erkannte er sie.
Sie sah es an seinem Gesichtsausdruck. Sein Mund öffnete sich zu einem Schrei, aber es war zu spät. Zischend sauste das schwere Henkersbeil seinem Ziel entgegen. Brynjolf, der Anführer, nahm sein Wissen ungeteilt mit ins Grab.
Der Korb mit den Köpfen kippte um und ausgerechnet Brynjolfs' rollte vom Podest vor ihre Füße und starrte sie mit leeren Augen an. Beherzt packte sie ihn bei seinem blutigen roten Schopf und hob ihn hoch. „Ihr hättet daran denken sollen. Man sieht sich immer zweimal.“
Lächelnd reichte sie die Überreste an eine der Wachen, drehte sich herum und verschwand in der versammelten Menschenmenge.

Kurze Zeit später durchschritt eine Sturmmantelkommandantin mit den Worten „Ist bei Euch immer soviel los?“ eins der Stadttore von Rifton. Die Wache zuckte nur mit den Schultern und schloss das Tor hinter der unbekannten Soldatin wieder.



„Und jetzt?“
Erschrocken stellte sie fest, dass Galmar Steinfaust aufgehört hatte zu essen. Die knusprig braun gebratene Haut, an der er herumgeknabbert hatte, hing nun kalt und schlaff seinen Handrücken hinunter.
„Jetzt? Jetzt möchte ich nur noch mit meinem Sohn zu Kommandant Ralof. Er fehlt mir.“
„Und dann?“
Für einen Moment zogen sich ihre Augenbrauen zusammen, aber dann erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht.
„Jedes Jahr für neuen Sturmmantelnachwuchs sorgen?“




Sie erreichten Windhelm zur Nacht, gaben nur die Pferde in Obhut und machten sich direkt auf den Weg in den Palast. In ihrem Bauch schienen Schmetterlinge zu tanzen, als sie an das Wiedersehen mit Ralof, dem geliebten Mann dachte. Im Palast rührte sich zu so später Stunde nichts mehr. Nur die obligatorischen Wachen standen müßig an den riesigen Eingangsflügeln oder hielten schon mal ein Schwätzchen miteinander. Es war, bei Nacht noch mehr als bei Tag, kalt, dunkel und ungemütlich. Aber Sifnar, der Koch und eine herzensgute, warme Seele in diesen Mauern, bewirtete sie auch noch um diese Zeit mit einem frugalen Nachtmahl.
Derweil nahm Galmar Agnar mit in den Besprechungsraum, um zu schauen, ob sich an den Fronten zwischenzeitlich etwas geändert hatte. Damit hatte er ihren Sohn nun vollends für sich gewonnen und der Kleine bestand darauf mit in den Gemächern des großen Kriegers zu schlafen. Als Galmar ihr sein Einverständnis gab, ließ sie die beiden ziehen und sich von Sifnar den Weg zu Ralofs Gemach beschreiben.
Leise öffnete sie die Tür. Angenehme Wärme schlug ihr entgegen. Im Schein der großen Feuerstelle tanzten helle Lichtreflexe auf den blonden Haaren des fest Schlafenden. Vorsichtig setzte sie sich auf die Bettkante und beobachtete eine Weile das männlich schöne Gesicht und die regelmäßigen Atemzüge. Es schien ihm gut zu gehen. Erleichtert über seine offensichtlichen Genesungsschritte, entkleidete sie sich und legte sich daneben. Einen Moment noch schautte sie ihn einfach nur an, bevor sie seine Lippen berührte und sich nahe an ihn schmiegte. „Ich bin wieder da, mein Geliebter. Und jetzt bleibe ich.“
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. Er grunzte etwas völlig Unverständliches vor sich hin und legte den Arm so fest um sie, dass es ihr fast die Luft zum Atmen nahm.
„Mit dieser Umarmung kann ich ja nicht mal mehr das Weite suchen.“ knurrte sie leise, um sich es sich dann mit seinem vertrauten und geliebten Geruch in der Nase richtig gemütlich zu machen und in einen tiefen Schlaf zu verfallen.

EMS
13.06.2013, 01:25
So, Wedding Day für Freya und Ralof, der ein "Ralof" bleiben darf und nicht zu einem "Ralle" umfunktioniert wird.
Nun haben sie sich auch offiziell... :).
http://abload.de/thumb/screenshot626h6liu.jpg (http://abload.de/image.php?img=screenshot626h6liu.jpg) http://abload.de/thumb/enb2012_12_20_19_4_26tqui8.jpg (http://abload.de/image.php?img=enb2012_12_20_19_4_26tqui8.jpg)

Ich denke mal, auch für männliche Wesen durchaus lesbar, da Kitsch und Schmalz weitestgehend außen vorgelassen wurden (nach Möglichkeit natürlich ;)). Viel Spaß. §wink
„Aufstehen, mein Herz. Wir heiraten heute.“
Ralof beugte sich über sie. Seine Haare kitzelten in ihrem Gesicht. Schlaftrunken zog sie erst die Nase kraus und ihn dann zu sich herunter.
„Hmm, kann Maramal uns nicht einfach hier am Bett trauen. Dann brauchen wir hinterher auch nicht so weit zu laufen.“
„Seid Ihr sicher, dass Ihr das Hinterher unbedingt in Gesellschaft unserer Hochzeitsgäste vollziehen wollt?“
Abrupt schlug sie die Augen auf und blickte einen Moment wortlos in sein breit grinsendes Gesicht. „Ein durchaus schlagendes Argument. Los, aufstehen.“ Leicht klatschte ihre Hand auf seinen blanken Hintern.
„Ein wenig Zeit bleibt uns noch.“
„Und warum habt Ihr mich dann schon geweckt?“
„Um die letzten Augenblicke mit Euch als Geliebte zu genießen? Wer weiß schon wie Ihr Euch als meine Gattin entwickeln werdet.“
„Mistkerl.“ Unnachgiebig drückte sie ihn auf den Rücken, um es sich auf seinen Lenden bequem zu machen. Fordernd glitten ihre Finger vom Brustkorb Richtung Bauchnabel. „Dann genießt noch mal. Wer weiß schon wie ich mich als Eure Gattin entwickle.“


„Ist das die Möglichkeit? Die Herrschaften ziehen wohl die voreheliche Vereinigung der eigentlichen Vermählung vor, was? Aufstehen. Für den Rest des Aktes ist heute nacht noch Zeit genug.“
Ein helles Gewand flog über ihren Kopf, so dass sie die Person zu der resoluten Stimme nicht sehen konnte. Definitiv duldete sie keinen Widerspruch. Einen Versuch war es trotzdem wert. Nur aus Prinzip natürlich. „Aber...“
„Nichts aber. Sifnar hat das Essen in den letzten Wochen oft genug hier oben serviert. Und nun kommt. Jarl Ulfrics Gemach ist fertig bereitet.“
„Ulfrics Gemach?“ ließ sich nun auch Ralof vernehmen, der ihr das Kleid vom Kopf zog, um damit seine hoch aufgerichtete Männlichkeit zu bedecken.
„Nicht was Ihr denkt, Kommandant Ralof. Jarl Ulfric hat seine Gemächer zur Vorbereitung der Braut zur Verfügung gestellt.“
„Ich hoffe, er hält sich derweil woanders auf.“ Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt Ralof dem vernichtenden Blick Hildas, der stramm gebauten Frau Jorleifs, stand. Wenig beeindruckt, zog diese ihm einfach das Kleid weg, um es einer völlig verdatterten Freya zu reichen.
„Hier, Ihr wollt doch nicht nackt über die Flure laufen. Und Ihr, Kommandant Ralof, solltet Euch ebenfalls in einen annehmbaren Zustand versetzen, anstatt krampfhaft nach einer Bedeckung zu suchen.“
Mit diesen Worten verließ Hilda, ohne sich umzudrehen, den Raum, in dem nun Totenstille herrschte.
„Liebster?“
„Was ist mein Herz?“
„Unser nächstes Schlafgemach hat ein Schloss in der Tür.“



Wohlige Wärme umgab sie. Das Wasser duftete nach Sommerblumen. Hilda stand hinter dem Badezuber und flocht einen kunstvollen Zopf in ihr Haar, indem sie immer wieder eine feine Strähne zum Hauptzopf dazu nahm, kleine Perlen dazwischen steckte und feinste silberne Fäden einarbeitete. Ansonsten herrschte Ruhe. Hilda war eine Frau der Taten, nicht der Worte.
„Fertig.“ Während sie ein großes leinenes Laken zum abtrocknen reichte, blieb ihr Blick am riesigen Drachenkampfrelikt des Oberschenkels und den verschiedensten größeren und kleineren Blessuren, die sich über den ganzen Körper verteilten, haften. „Bei den Neun, Ihr seid ja ebenso vernarbt wie Euer zukünftiger Gemahl.“
„Das bringen Kämpfe so mit sich.“
„Manchmal bin ich froh zu alt für jegliches Schlachtfeld außerhalb meines Hauses zu sein.“ Kopfschüttelnd schritt Hilda hinter ihr in das Schlafgemach.
„Wieviele Kinder habt Ihr?“
„Zehn.“
„Zehn?“ erstaunt drehte sie sich zu Hilda herum. „Wie bringt man so viele Kinder über die ersten Lebensjahre?“
„Wenn sie, wie unsere, hinter schützenden Stadtmauern geboren werden und keine Not leiden müssen, ist es garnicht so schwer. Trotzdem ist es eine Herausforderung jeden Tag zehn hungrige Mäuler stopfen zu müssen. Seht Ihr, das ist mein Schlachtfeld.“ Hilda lachte.
„Und wahrscheinlich nicht minder anstrengend. Sagt, wie hat Jarl Ulfric Maramal dazu überredet mir die zweite Ehe zu gewähren und zudem die Hochzeitszeremonie hier in Windhelm im Talostempel zu vollführen?“
„Über Jarl Laila Rechtsprecher. Mehr müsst Ihr nicht wissen. Besser Ihr zieht Euch jetzt fertig an.“
Wahrscheinlich hat sie recht, dachte sie, während sie in das schwere dunkelgrüne Kleid schlüpfte und Hilda die vorderen Verschnürungen derartig festzurrte, dass ihr die Atmung schwer fiel. Innerlich war sie heilfroh, sich nicht wieder in Rifton blicken lassen zu müssen, zumal der Maratempel für eine glanzvolle Hochzeit kaum ein angemessene Ausstattung bot. Und glanzvoll würde es werden. Ulfric hatte es sich nicht nehmen lassen, seine engsten Vertrauten mit der Ausrichtung zu beauftragen. Ganz Himmelsrand würde erfahren, dass das Drachenblut unter seinem Schutz im Talostempel zu Windhelm einem Sturmmantel die Treue schwor.
„Wollt Ihr mich noch vor meiner Trauung umbringen?“ ächzte sie, während sie verzweifelt versuchte, den Brustkorb aufzuplustern, um sich etwas Bewegungsfreiheit zu erhalten.
„Wollt Ihr Eurem Gatten gefallen?“
„Meine Brüste springen gleich oben wieder heraus.“
„Das würde Kommandant Ralof gefallen.“ grinste Hilda. „Warum habt Ihr Euch auch ein Kleid mit einem so riesenhaften Ausschnitt arbeiten lassen?“
„Um meinem Gatten zu gefallen? Nein, kein Geschmeide.“ winkte sie ab, als Hilda mit einer schweren silbernen, smaragdbesetzten Kette hinter ihr auftauchte. „Eure Frisur ist Schmuck genug. Nur den silbernen Gürtel und die beiden Ringe.“
„Aber da ist doch bereits ein Ehering dabei.“
„Ja, von meinem ersten Mann, den ich niemals vergessen werde. Und der andere Ring ist ein Geschenk von Ralof. Mehr Schmuck brauche ich nicht.“ Sie steckte beide Ringe an die linke Hand.
„Ihr werdet doch wohl nicht...“. Entsetzt blickte Hilda auf die daedrischen Stiefel, in sie gewohnheitsmäßig gerade stieg. „Hier. Diese wurden extra für Euch gearbeitet.“
Sie reichte ihr ein Paar weiche dunkelgrüne, aus feinstem Wildleder gearbeitete, überkniehohe Stiefel, die sich perfekt um ihre Beine schmiegten, als sie hineinschlüpfte.
„So. Nun endlich alles zu Eurer Zufriedenheit?“ Beschwingt drehte sie sich vor Hilda noch einmal um ihre eigene Achse.
„Zumindest kann ich jetzt verstehen, warum Kommandant Ralof all die Jahre und trotz aller gegenteiligen Bemühungen immer nur Euch verfallen war. Ihr seid die schönste Braut, die ich bisher erblicken durfte.“
Sie hielt in ihrer Drehung inne und für einen Moment wurde sie ernst. „Ich hoffe, dass es mir gelingt, ihn alles, was ich ihm angetan habe, vergessen zu lassen.“ Kurz darauf hatte die Unbekümmertheit dieses besonderen Tages sie wieder eingeholt. „Fangen wir damit an, den besten Mann, der auf Nirn wandelt, zu heiraten.“



Wo kamen alle diese Leute her? Die große Palasthalle schien angefüllt mit Menschen, die sie nicht kannte und die bei ihrem Anblick verstummten, sich teilweise sogar ehrfürchtig vor ihr verneigten. Diese Leute wussten noch etwas, das sie selbst schon lange und erfolgreich verdrängt hatte: Sie war die Tochter eines Jarl und wenn man es ganz genau nehmen wollte, sogar die eigentliche Jarl von Markarth.
„Nun heiratet Ihr diesen Sturmmanteldraufgänger also doch.“
Die leise Stimme ließ sie herumfahren und den Mann umarmen, dessen Lippen diese Worte eben entsprungen waren. „Balgruuf, mein Guter. Ich freue mich unendlich. Aber sagt, ist Euer Wunsch meiner Hochzeit beizuwohnen, soviel Lebensmüdigkeit wert?“
„Euch wieder vor Augen zu sehen, ist noch viel mehr wert. Aber seid unbesorgt. Jarl Ulfric hat mir freies Geleit zugesichert.“
„Würdet Ihr mir einen Gefallen erweisen?“
„Jeden, meine Gute. Das wisst Ihr.“
„Dann gebt mir bitte das Brautgeleit zu meiner linken Seite.“
„Das ist kein Gefallen. Das ist mir eine Ehre.“
„Hört auf mit diesem höfigen Gewäsch.“ Sie lachte und drückte ihm einen Kuss auf die schon leicht faltige Wange. „Ihr seid immer ein echter Freund gewesen.“
Mittlerweile konnte sie in dem Halbdunkel auch bekannte Gesichter ausmachen. Die gehobene Gesellschaft von Windhelm, die Jarl der mit Ulfric sympathisierenden Holds, samt ihrer Familien und ihres Gefolges. Ulfric hatte nichts und niemanden ausgelassen.
Wenn General Tullius, mit seinen spitzohrigen Thalmor im Hintergrund, nur einigermaßen der Stratege gewesen wäre, den man ihm nachsagte, so hätte er Himmelsrand an diesem einen Tag in seinen Händen halten können, dachte sie, während sie sich auf die Suche nach Galmar Steinfaust begab, der sie auf der rechten Seite begleiten sollte. Sie fand ihn in einer Ecke, in ein Gespräch mit Yrsarald vertieft.
„Das Festtagsmahl schon geplündert, mein guter Galmar?“
„Wie kommt Ihr denn darauf.“
„Die Bratensauce hat sich in Eurem Bart verewigt.“
„Euren Augen entgeht aber auch nichts.“ murrte er und wischte kurzerhand mit dem Ärmel die Überbleibsel aus den sonst gehegten und gepflegten Kinnhaaren, um ihr sofort den Arm zu reichen. „Darf ich Euch jetzt das Geleit geben?“
Grinsend blickte sie auf die noch feuchten Flecken im Stoff, während Galmar unter seinem durch Wind und Wetter gegerbten dunklen Teint rot anlief. Verlegen wischte er den Ärmel an der Hose ab, die nun ebenfalls Flecken aufwies. „Hmm, nun ja. ...“
„Kommt Galmar, sonst gibt das heute nichts mehr.“ Sie lachte und nahm seinen Arm. „Wo sind meine Freunde? Wo ist mein Sohn?“
„Keine Sorge, sie sind alle da und bei Kommandant Ralof.“

Mit Balgruuf und Galmar zu ihren Seiten durchschritt sie die großen Flügel des Palastes, gefolgt von den Gästen aus der Halle, hinaus in den Tag mit seinem leise fallenden Schnee. Der Wind hatte sich gelegt. Die Flocken rieselten leicht und bedeckten die ausgetretenen Stufen vom Palast zum Talostempel hinunter mit einer sauberen weißen Schneedecke. Ganz Windhelm stand versammelt und säumte den Weg.
Zwei Sturmmäntel öffneten die Türen des Tempels, den sie kaum wiedererkannte. Banner, ein Meer der wunderschönen gelben Blumen aus der naheliegenden Tundra, Kerzenhalter an den Wänden und große kunstvoll geschmiedete Kerzenständer entlang der Sitzbänke, die teilweise schon gut gefüllt waren. Und da waren sie, ihre Freunde, allen voran Hod, Gerdur und Frodnar, bei denen sie auch Agnar entdeckte. Alvor und seine Familie, Faendal, Sven mit Camilla und Lucan, Mjoll und Aerin, sogar Kodlak Weißmähne und Vilkas, die wohl zusammen mit Balgruuf gereist sein mochten.
Inständig bat sie ihrem Inneren Argis um Verzeihung, dass sie ihm damals den Hochzeitstag, den Tag, der sein Glücklichster hätte sein sollen, mit ihrem widerborstigen Gehabe so verdorben hatte. Wie dieser Tag hätte er sein sollen und nicht anders, auch wenn aus dem missratenen Anfang noch die innigste Verbindung entstand, die zwei Menschen erleben konnten. Ein leiser Lufthauch umwehte ihren Kopf und sie wusste, dass Argis in diesem Moment lächelte.
Das Ergebnis dieser Verbindung kam, nachdem es sich geschickt unter Gerdurs Griff hindurchgewunden hatte, auf sie zugerannt. „Mama. Ihr seht sooo schön aus. Darf ich mit Euch nach vorne gehen?“
„Ja, mein Sohn, das darfst Du.“ Sie nahm Agnar an die Hand und schritt nun langsam von drei 'Männern' begleitet auf Ralof zu, dessen Augen sie so liebevoll anleuchteten, dass sie am liebsten mit ihm und ihrem Sohn das Weite gesucht hätte, anstatt den Rest des Tages mit zeremoniellen Zwängen zu verbringen.
„Ich möchte die Hände reichen.“ Die Stimme ihres Sohnes hallte laut durch den Tempel und ließ erkennen, dass er keine andere Lösung akzeptierte.
Ulfric standen die Haare zu Berge, Gerdur zuckte hilflos mit den Schultern, während sich Galmar und Balgruuf, breit grinsend, dezent zurückzogen. Sie gab ihrem Sohn beide Hände, die er daraufhin mit einem äußerst feierlichen Gesichtsausdruck in Ralofs' legte, um sich dann zu Gerdur und Hod auf die Bank zurück zu begeben.
Maramal, aus dessen Gesichtszügen die Unfreiwilligkeit des Hierseins auf den ersten Blick herauszulesen war, begann mit der Zeremonie, gefolgt von Ulfric, der mit seiner tiefen angenehmen Stimme noch eine wunderbare Hochzeitsrede hielt, wie sie sie ihm niemals zugetraut hätte.
Am Ende tauschten sie unter Maras Segen die Ringe, schwere, feinst gravierte Silberringe mit eingelassenen Splittern aus Smaragden und Saphiren. Ein Wunsch von Ralof, der damit ihrer beider Augenfarben symbolisieren wollte. „So können wir uns immer in die Augen schauen, auch wenn einer nicht beim anderen ist.“ hatte er gesagt und sie wusste, dass er damit auf die Trennung anspielte, die der weitere Bürgerkrieg unweigerlich mit sich bringen würde. Im Moment aber, stand er ihr gegenüber und versprach ihr Treue und Fürsorge.
Unter den Hochrufen der Hochzeitsgäste schlang sie ihre Arme fest um seinen Hals und blickte ihn zärtlich an. „Ich liebe Euch, Ralof. Und so soll es bleiben, solange wir leben.“ flüsterte sie leise.
„Keine fremden Betten mehr?“ kam es genauso leise zurück.
„Schuft.“ Ihre Finger zwickten unter den Haaren in seinen Nacken. „Aber ich verspreche Euch, ... keine fremden Betten mehr.“
In den folgenden Momenten blendeten sie die Welt um sich herum aus, bis ein leises Räuspern von Maramal den innigen Kuss zwangsweise beendete und auch das Ende der Hochzeitszeremonie andeutete.
Hand in Hand verließen sie sie Wärme des Talostempels. Die immer noch rieselnden Flocken hatten die Schneedecke mittlerweile auf Knöchelhöhe anwachsen lassen. Jubelrufe der Schaulustigen, von denen die meisten Ralof kannten und auch schätzten, begleiteten sie, als er sie auf seine Arme hob und die Stufen zum Palast hinauf trug.


Die Tische brachen fast unter der Last der köstlichen Speisen und Metfässer und schnell entwickelte sich das Geschehen zu einem typisch nordischen Ess- und Trinkgelage. Bardengesänge, Gaukler, Gelächter, Schmatzen, Rülpsen und Furzen mischten sich zu einer Kulisse, von der die beiden Hauptpersonen nur wenig mitbekamen. Vorwiegend mit sich beschäftigt, fütterten sie sich gegenseitig, küssten und beschmusten sie sich, bis sie schließlich auf seinem Schoß landete. Schon ein wenig metbeseelt, löste eine seiner Hände die Verschnürung ihres Kleides, glitt unter den Stoff auf ihre nackte Brust und ließ etwas metallisch Kaltes fallen.
„Was ist das mein Herz?“
„Liebes, schaut selbst nach.“
„Zwei Hände haben in diesem Ausschnitt keinen Platz, werter Herr Gemahl.“
„Kein Problem, dann lösen wir die Verschnürung noch ein wenig.“
„Aber nicht hier.“
Zu spät. So gerade konnte sie noch die sich entfaltende Blöße mit einer Hand abdecken als der Stoff des Kleides vollends auseinander rutschte. Dabei fiel ihr ein Schlüssel in die andere Hand. Fragend blickte sie Ralof an, der sie glücklich anlächelte.
„Haus Hjerim. Ich habe es für uns gekauft, mein Schatz. Damit wir nicht so oft getrennt sind. Möchtet Ihr mit mir dort leben? Und mit Agnar.“
„Ja, Liebster. Ja, das will ich. Und wisst Ihr was? Wir werden es jetzt aufsuchen. Ich möchte gerne dort mit Euch alleine sein.“
Notdürftig zuppelte sie den Ausschnitt wieder zurecht und schickte sich an mit Ralof den Palast zu verlassen, in dem noch immer das Leben mit all seinen Facetten tobte, als hinter ihnen das vertraute „Mamaa. Ralof.“ erscholl. Keuchend und mit glänzenden Augen stand ihr kleiner blonder Wirbelwind dort und fragte, ob er mitkommen dürfe.
„Natürlich, mein kleiner Krieger.“ Ralof hob ihn hoch und mit dem Jungen auf dem einen und ihr in seinem anderen Arm verließen sie den Festsaal hinaus in die Stille der Nacht, wo alles nur noch als leises Murmeln durch die Flügeltüren drang.


Ihr Gemahl hatte Haus Hjerim mit viel Geschmack und Sinn für Gemütlichkeit einrichten lassen. Sie fühlte sich auf Anhieb zuhause und auch Agnar hatte seinen Spaß, als er sein Zimmer besichtigte und die vielen Möglichkeiten zum Zeitvertreib entdeckte.
„Es ist wunderschön, Liebster. Hier werde ich mich mit Euch wohl fühlen.“
„Kommt nach oben. Dort ist unser Schlafgemach.“
Flink wie ein Wiesel flitzte Agnar voraus, die Stufen der breiten Treppe hoch und tobte bereits auf dem großen Ehebett als sie das riesige gemütliche Zimmer erreichten.
Ralof lehnte sich in den Rahmen, verschränkte die Arme und grinste sie an. „Tür?“
„Mit Schloss.“ konstatierte sie.

„Darf ich heute nacht bei Euch schlafen?“ Agnar saß im Schneidersitz auf den feinen leinenen Laken und weichen Fellen und es war eindeutig. Nichts würde ihn dazu bewegen können, dieses Bett heute noch zu verlassen.
Sie sah Ralof an, der sich vor Lachen kaum noch halten konnte und zuckte mit den Schultern, bevor sie ihn an der Hand mit zum Bett zog. „Na, dann kommt, mein Gemahl. Meine Hochzeitsnächte haben es in sich. Ich habe erst garkeine.“
Einen Moment noch betrachtete sie 'ihre beiden Männer', die in unnachahmlicher Schnelle in seligen Träumen schwelgten, bevor sie sich enger dazu kuschelte und ebenfalls einschlief.

EMS
18.06.2013, 21:40
Und nun definitiv das letzte Kapitel. Schade, denn die Geschichte ist mir wirklich ans Herz gewachsen. :( Aber alles muss ein (vernünftiges) Ende haben. ;)
Ich danke allen, die über die lange Zeit mitgelesen :gratz und mich zum Weiterschreiben ermuntert haben. Have Fun! §wink

„War es das für heute?“
Leicht ächzend zog sie sich an der Zeltstange hoch und stemmte die Hände in den Rücken, wo sie blutige Abdrücke auf dem Kleid hinterließen. Schließlich wischte sie sie an dem ehemals blauen Überwurf ab, der ihre zunehmende Leibesfülle nun auch nicht mehr zu kaschieren imstande war.
„Solltet Ihr nicht langsam nach Windhelm zurückkehren? Eure Niederkunft vorbereiten?“
„Fangt Ihr jetzt auch schon an wie Ralof?“
„Euer Gatte hat recht. Schaut Euch doch um. Wollt Ihr wirklich Euer Kind hier zur Welt bringen?“ Svala richtete sich ebenfalls auf und deutete mit ausgebreiteten Armen, von denen noch das Blut tropfte, auf die Umgebung.
Im Halbdunkel des riesigen Zeltes waren die Menschen nur schwer auszumachen, aber man hörte und roch sie. Ihr fiel auf, dass sie den wabernden Dunst aus verwesendem Fleisch, Exkrementen, Schweiß und Blut schon lange nicht mehr bewusst wahrnahm. Selbst das allgegenwärtige und unablässige Stöhnen, die Schreie der Verwundeten und Todgeweihten bildeten nur noch eine kaum beachtete Geräuschkulisse in der sie ihre Arbeit verrichteten.
Sie zuckte mit den Schultern. „Noch ist es ja nicht soweit. Bis zur Geburt bleibt noch ein voller Mondumlauf.
„Wenn Ihr so weiter macht, wird es zu früh kommen. Und sterben.“

In diesem Moment packte sie eine eiserne Hand um einen Fußknöchel. Svala konnte einen, womöglich folgenschweren Sturz nur noch verhindern, indem sie ihrerseits dem Verwundeten in die Seite trat. Er schrie auf, aber ließ los. Das Schreien ging in ein Wimmern über. „Nicht den Schwertarm. Bitte nicht. Ich bin Soldat. Nein! Ihr nehmt mir meinen Schwertarm nicht.“
Mitleidsvoll blickten sie auf das Häufchen Elend auf seiner schmutzigen, vom Moorboden durchweichten Decke. Eine Axt hatte seine rechte Schulter gespalten. Der Arm hing nur mehr in losen Fetzen am Leibe. Die Wunde von Eiter und Wundbrand durchsetzt. Sollte er die heutige Nacht überleben, würde er seinen Arm morgen endgültig verlieren.
„Svala, manchmal kann ich wirklich nicht mehr, aber...“
„Aber?“
„Zu oft habe ich das Gefühl, dass Ralof doch noch etwas zustößt, wenn ich gehe.“
„Wenn die Götter es so vorsehen, wird es mit oder ohne Eure Anwesenheit passieren. Wir sind alle Soldaten und Krieger, die jeden Tag zu ihren Ahnen gerufen werden können. Wenn das jemand weiß, dann Ihr, Drachenblut.“
„Aber dann soll es in meinen Armen passieren.“
„Auch das ist nicht gewiss.“
Zwei Sturmmäntel trugen einen weiteren Verletzten in das nun schon von der abendlichen Dunkelheit eingehüllte Zelt.
„Noch'n Platz hier frei? Sonst legen wir ihn vors Zelt.“
„Legt ...“, Svala stieß einen fast unmenschlichen Schrei aus. „Pytur. Nein. Ihr Götter. Warum? Ablegen. Legt ihn sofort ab.“ Weinend sank sie neben ihrem Gatten zusammen, dem ein Schwert einen Teil seines Bauchraums geöffnet hatte. Nur noch eine feine bläulich schimmernde Hautschicht hielt seine Organe zusammen, die im Takt des hervorquellenden Blutes pulsierten.
Svala schien unfähig zu handeln. Zusammengesunken saß sie neben ihrem Mann und streichelte seine Hand.
„Holt sauberes Wasser und bringt genügend Licht mit.“ befahl Freya den Männern und wühlte bereits in einem kleinen Holzschrank nach den richtigen Instrumenten. Schließlich fand sie, was sie suchte. Kleine spitze Knochennadeln und ein sauberes Knäuel gefettete, feine Leinenfäden. Die Männer kehrten mit Wasser und Fackeln zurück, die sie in die feuchte Erde steckten und wollten das Zelt wieder verlassen.
„Bleibt. Ich brauche Euch.“
„Aber da draußen ...“.
„Ich sagte, Ihr bleibt. Sollte Euch Euer Kommandant zur Rechenschaft ziehen wollen, schickt ihn zu mir.“
„Ihr teilt Euch bereits das Zelt mit ihm. Es ist Euer Gatte.“
„Umso besser. Dann habt Ihr ja nichts zu befürchten.“ Ein flüchtiges Grinsen huschte über ihr müdes Gesicht. „Und jetzt flößt ihm diesen Skooma ein und haltet ihn dann fest. Svala, ich brauche jetzt Eure Hilfe. Wascht Eure Hände gut sauber.“
Vorsichtig schüttelte sie die junge, völlig teilnahmslose Frau, die ihr nur einen kurzen Blick aus leeren Augen schenkte.
„Svala, Ihr habt schon einmal Ralof das Leben gerettet, und jetzt ist es an uns, das Eures Mannes zu retten. Haltet die Wunde zusammen.“

Sie konnte nicht sagen, wieviel Nadeln und Garn sie gebraucht hatte, in wievielen Schichten genäht und die schier endlose Anzahl der Stiche, die kein Ende zu nehmen schienen. Sorgfältig verknotete sie das letzte Ende und schnitt den Faden ab. Mit einem sauberen Leintuch strich sie noch Talg über die Naht und deckte die Wunde dann ab.
„Fertig. Der Körper Eures Gatten besitzt nun mehr Nähte als mein Hochzeitskleid.“
Sie lächelte Svala an, die im Gegensatz zu ihrem Mann, der irgendwann in eine erlösende Ohnmacht glitt, die letzten Stunden vollkommen bei der Sache war.
„Holt ihn ins Leben zurück. Es ist nicht gut, wenn er solange ohne Bewusstsein ist.“

Die verkrampfte Haltung der letzten Stunden und der schwere Kindsbauch verhinderten, dass sie vom Erdboden hochkam. Hilfesuchend sah sie einen der Sturmmäntel an, der ihr daraufhin unter die Arme griff und sie mit einem Ruck auf die Füße stellte. Zwischen den Verwundeten hin und her wankend, klappte sie schließlich die Zeltöffnung auf und trat in eine bereits beginnende Morgendämmerung. Die gelblichen Dunstschwaden des Moores mischten sich mit denen der zahlreichen Feuer, die Tag und Nacht brannten, um die Myriaden von Mücken zu vertreiben. Sie riss sich das schwere leinene Tuch vom Kopf, schüttelte die Haare und atmete tief durch. Es waren die Gerüche eines riesigen Heerlagers, die in ihre Nase drangen. Ungewaschene Menschen mit all ihren Ausdünstungen, Hinterlassenschaften, Essensgerüche, vollgeschissene Rüstungen, gemischt mit dem dumpfen Erdgeruch des Moores. Heute morgen waren aber noch einige andere Nuancen enthalten. Frisch geschlagenes Holz und der Geruch von Pech, das für die Brandkugeln gebraucht wurde.
Ulfric schien des Hoffens auf eine Kapitulation von General Tullius, der sich mit den Resten seiner Truppen nach Einsamkeit zurückgezogen hatte, müde zu sein. Man baute Katapulte.
Das große Zelt für die Verwundeten stand ein wenig abseits auf einer leichten Anhöhe. Einige Zeit blieb sie einfach nur vor dem Zelt stehen und blickte auf die Stadt, nur einen Steinwurf entfernt und doch uneinnehmbar auf einen Felsen gebaut. Alle Zugänge, selbst die unscheinbarsten, wurden seit Wochen von Ulfrics Heer blockiert.


Überhaupt waren sie in den Monaten des Feldzuges auf bemerkenswert wenig Widerstand gestoßen. Einzig Weißlauf hatte ihnen eine geballte Truppenkraft entgegengeworfen, die die Stadt dann auch mit ihrer fast völligen Vernichtung bezahlte. Es war die Kapitulation Jarl Balgruufs, die den ersten und richtigen Streit in ihrer noch jungen Ehe auslöste, als sie sich, eingedenk des Versprechens, welches sie Balgruuf noch zu Argis' Lebzeiten gegeben hatte, standhaft weigerte, bei der Übergabe der Stadt dabei zu sein.
Wutentbrannt über die Forderung Ralofs, ihn trotz ihrer ehrenhaften Gründe zu begleiten, flüchtete sie nach Flusswald zu Gerdur, Hod und Agnar. Frodnar, mittlerweile alt genug, um die Grundzüge des Kriegshandwerks zu erlernen, befand sich bereits seit ihrer Hochzeit in Windhelm zur Ausbildung und so war Gerdur überglücklich, als sie Agnar, der ohnehin die meiste Zeit seines Lebens in Flusswald verbracht hatte, nach den Feierlichkeiten mitnehmen konnten.
Die Tage verstrichen, bis sie endlich nach einer gehörigen Kopfwäsche durch Gerdur wieder zueinander fanden. Seit diesem denkwürdigen Tag, an dem die Schwester Ralofs zu einer Hochform auflief, an die nicht mal er sich Zeit seines Lebens erinnern konnte, vermochte allerdings auch nichts und niemand mehr sie mehr zu trennen.


Ihr Blick schweifte von der Stadt über das riesige Heerlager. Das erste mal, dass alle Truppen Ulfrics versammelt waren und sie war sich nicht wirklich sicher, ob das nicht General Tullius' Absicht war. Ulfric und seine Sturmmäntel in einer einzigen großen Schlacht zu vernichten.
Langsam wanderte sie den morastigen Pfad hinunter. Jeder ihrer Schritte hinterließ saugende Geräusche. An den kleineren Feuern saßen die Soldaten und Soldatinnen, vertrieben sich die Zeit mit Würfel- und Brettspielen und veranstalteten Schaukämpfe, die dank der nun schon länger andauernden Untätigkeit oft genug in handfesten Gemengen endeten. An einigen Feuern boten die allgegenwärtig in einem Heertross mitreisenden Huren freizügig vor den Blicken aller ihre Dienste dar. Die hinterhältige Schläue der Dienerinnen Dibellas. Je mehr dabei zusehen konnten, desto mehr verlangte es bei diesen Anblicken auch Männer danach, die vielleicht bisher noch keinen Gedanken daran verschwendet hatten. Kurz beobachtete sie Narri, die grellgeschminkte Tavernenhure aus Falkenring, die gerade ihre üppigen Schenkel für einen noch üppigeren, schmutzstarrenden Soldaten mit einem ungepflegten ellenlangen Bart öffnete, und schüttelte sich. An einem der großen Feuer hielt sie an und schnitt sich eine saftige Scheibe aus dem Schenkel eines Rindes. Ulfric sorgte gut für seine Leute. Niemand musste Not leiden und so blieben sie alle bei Kräften, auch wenn es bedeutete, dass das Land hinter ihnen erst einmal langsam ausblutete. Ulfric zahlte gut für die Güter, die er den Bauern und Viehzüchtern abnahm, so dass eine schnelle Erholung der Ressourcen garantiert wurde. Zudem vergewisserte er sich damit ihrer Unterstützung, ganz im Gegensatz zu General Tullius Truppen, die sich nahmen, was ihnen unter die Finger kam und dabei auf heftigen Widerstand stießen, der sie noch einmal schwächte. Aber wie es schien, wollte er dem endlosen Warten nun ein Ende bereiten. Ralof hatte den Plan Ulfrics, Einsamkeit auszuhungern, vorher schon kritisiert. Einsamkeit war Sitz des Großkönigs, von jeher bewohnt mit wohlhabenden Einwohnern mit gut gefüllten Kellern. Nach der ersten hitzigen Diskussion und der inneren Einsicht, dass ihr Gatte recht hatte, ließ Ulfric Ralof zu sich holen und übertrug ihm die Würde und Bürde eines Heerführers neben Galmar Steinfaust.

Jetzt wollte sie erst einmal schlafen. Nichts anderes als die Augen schließen und den Gestank und Lärm um sich herum ausblenden. Genüsslich auf dem Fleisch kauend, mied sie das große Zelt mit den wehenden blauen Bannern vor dem Eingang und hoffte ungesehen zum Eigenen zu gelangen.
„Da seid Ihr ja. Ich war schon oben im Lazarett-Zelt. Jarl Ulfric möchte Euch sprechen.“
Sie rollte mit den Augen und warf den Rest des Fleischstücks einem der streunenden Hunde vor, die sich auf der Suche nach Abfällen und Essensresten zuhauf im Lager tummelten.
„Galmar, bitte seid mir ein Freund und sagt ihm, Ihr hättet mich nicht gefunden. Ich habe zwei volle Tage und Nächte an seinen Leuten herumgeflickt und -geschustert. Ich möchte mich nur einige Momente ausruhen. Danach werde ich bei Euch erscheinen. Was gibt es denn so Dringendes, das keinen Aufschub duldet?“
„Ich weiß es nicht. Er bat mich nur nach Euch zu suchen.“
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, legte eine Verschwörermiene an den Tag und flüsterte dem großen Mann ins Ohr. „Psst, und diese Aufgabe habt Ihr erfüllt. Ihr habt mich gesucht. Aber Ihr habt mich gerade nicht gefunden.“ Sie hauchte einen Kuss auf seine Wange und verschwand geistgleich zwischen den Zelten. Galmar blieb noch einen Moment wie angewurzelt stehen, starrte auf den Punkt, wo sie sich gerade noch befunden hatte und ging dann kopfschüttelnd, aber mit einem leisen Lächeln auf den Lippen, in Richtung Ulfrics Zelt, um ihm von der 'erfolglosen' Suche zu berichten.

Mit einem erleichterten Seufzer plumpste sie auf das grob gezimmerte Bett. Eine Weile lauschte sie den Bewegungen des Kindes, das in ihrem Inneren gerade irgendwelche Kraftakte absolvierte und glitt in einen erholsamen Schlaf.
Seine Stimme legte sich wie Balsam über ihren Traum, obwohl die Worte alles andere als schmeichelten. „Liebes, Ihr seht schrecklich aus.“
Ihr noch halb verschlafener Blick fiel auf eine vollkommen von angetrocknetem Morast überzogene Gestalt, aus der die leuchtend blauen Augen unnatürlich hervorstachen.
„Dann haben wir ja was gemeinsam. Kommt Liebster, legt Euch zu mir und genießt den Anblick Eures schrecklich aussehenden Weibs.“
„So?“
„Genau so wie Ihr jetzt seid.“ Sie schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn herunter. Vorsichtig kratzte sie mit einem Fingernagel den Dreck von seinen Lippen, um ihn dann zu küssen. „Was war los? Zwei Eurer Männer brachten Svalas Mann schwer verletzt. Ich weiß nicht, ob wir ihn retten können.“
„Tullius hat erneut Scheinausfälle gestartet, mit denen er unsere Außenposten immer wieder angreift. Dieses Mal waren die Kämpfe heftiger. Aber dann zogen sie sich wie auf ein unsichtbares Kommando wieder zurück hinter die Mauern. Mir gefällt das nicht. Ich bin sicher, er brütet etwas aus, mit dem Ulfric nicht rechnet. Diese kleinen Scharmützel sind Ablenkungsmanöver, die uns nur unnötig Leute kosten. Ich wünschte Ulfric würde uns endlich den letzten Schlag vollführen lassen.“
„Nun ja, das Stadttor ist keine Kleinigkeit. Immerhin werden dahinter die Großkönige Himmelsrands geschützt.“
„Der Rammbock ist längst fertig.“
Eine Weile streichelte er sie geistesabwesend, bevor er sie erneut und heftig küsste. Kleine Morastbröckel rieselten auf ihr Gesicht. „Liebes, ich habe eine Bitte.“
„Ich merke schon. Die Standpauke Eurer Schwester wirkt immer noch. Früher hättet Ihr mir befohlen.“
Verdutzt hob sich eine seiner Augenbrauen in die Höhe. „Na dafür scheint Ihr sie bereits aus Eurem Gedächtnis verbannt zu haben.“
„Nur teilweise, mein Liebster.“ Ihre Zähne knabberten leicht den Hals entlang bis zu seinem Ohrläppchen. Die probateste Methode ihn innerhalb einer winzigen Zeitspanne auf Gedanken zu bringen, die sich nur noch in eine Richtung bewegten.
„Aber doch nicht so...“ Ein schwacher Protest, während sich seine Hand schon längst unter ihrem Kleid mausig machte.
„Doch, hier und jetzt und dreckig wie wir sind.“
„Was wird unser Kind dazu sagen?“
„Das was es gleich sieht, ist ohnehin nur das Teil von Euch mit dem Ihr es gezeugt habt.“

„Ich weiß eine Stelle, wo das Wasser klar und tief genug ist, um vernünftig zu baden.“
„Dann werden wir sie jetzt aufsuchen. Wir haben es nötig.“
Mit einem letzten Kuss lösten sie sich voneinander und traten wenig später Hand in Hand vors Zelt. Ralof war ein geachteter Mann, dessen Rat in Kampftechniken oft nachgefragt wurde. Mit ihr dagegen tat man sich lange Zeit schwer. Ein Drachenblut, das Drachenblut und es nahm an keinem Gefecht teil? Woher sollten sie auch wissen, dass dies die Bedingung Ralofs war, ihn auf diesem Feldzug begleiten zu dürfen, nachdem beide sehr schnell feststellten, dass sie schwanger war. Um bei ihm sein zu können, fiel es ihr nicht schwer diese Bedingung zu akzeptieren, war sie des Kämpfens ohnehin müde. Unter Svala entwickelte sie sich schnell zu einer gefragten Heilkraft. Entsprechend lange dauerte es bis sie das Lager hinter sich lassen konnten. Hier ein Axtschwung, dort ein Rat gegen die allgegenwärtigen Filzläuse, die bei vielen der Männer schon längst nicht mehr nur in ihrer angestammten Region zu finden waren.
Das Wasser war eiskalt, aber völlig ohne Morast. Sie bekam eine Gänsehaut und ihre Brustwarzen sahen aus wie verschrumpelte Knospen, was Ralof zu einer hämischen Bemerkung veranlasste. Sie schwamm auf ihn zu und ihre Hand griff zwischen seine Schenkel. „Hmm, mein werter Gatte, mit dem was ich jetzt noch erfühle, hättet ihr mir kein Kind machen können.“ Im nächsten Moment schluckte sie einen ganzen Schwall Wasser und kam prustend wieder hoch, nur um Ralof lachend bereits am Ufer vorzufinden.
„Liebster, Ihr spracht von einer Bitte an mich.“
„Ja, ich möchte, dass Ihr nach Hjerim geht und dort unser Kind in Sicherheit zur Welt bringt.“
Sie küsste ihn auf die, nun schon von langen Barthaaren, bedeckte Wange. „Dem komme ich gerne nach, aber ich werde nach Flusswald reiten.“
„Wollt Ihr nicht mit mir in Hjerim leben?“ Enttäuschung zeichnete sich in seinen Gesichtszügen ab.
„Doch, nichts lieber als das. Aber erstens ist der Weg von Einsamkeit nach Flusswald nur halb so lang. Ihr seht mich also auf Eurem Rückweg viel eher wieder und wir können den Rest des Weges gemeinsam verbringen. Zweitens...“
„Das reicht. Ein weiteres Argument brauche ich nicht mehr, denn keins könnte mehr wiegen als dieses.“
„Ihr könntet Euch langsam mal rasieren. Meine Finger streben immer danach Euch am Kinn ein paar Zöpfchen zu flechten.“
„Wagt Euch!“


„Da seid Ihr ja endlich. Galmar behauptete steif und fest, er habe Euch nicht finden können.“
„Womit er recht hatte. Wir befanden uns außerhalb. Was möchtet Ihr, Jarl Ulfric?“
„Niemand außer Euch beherrscht die uralte Sprache und das bisschen, was ich lernte, ist ein Witz dagegen. Ich frage Euch, ob ihr imstande seid, mit einem Eurer Thu'ums das Stadttor von Einsamkeit zu öffnen.“
Hinter ihr lief Ralof bis zu seinen Haaransätzen dunkelrot an. „Jarl Ulfric, Ihr wollt doch wohl nicht meine hochschwangere Gattin in das letzte Gefecht um Einsamkeit jagen! Und wenn sie die ganze Stadt von ihrem Felsen blasen könnte, ich sage NEIN!“
Totenstille, die eine ganze Weile anhielt und dann von ihr unterbrochen wurde.
„Ulfric, es tut mir leid. Selbst wenn ich mich den Wünschen meines Gemahls widersetzen würde, was ich nicht tue, kein Thu'um ist stark genug, die Tore von Einsamkeit zu sprengen.“ Einen Moment pausierte sie und grinste ihn dann an. „Ich könnte Euch zwei Drachen da lassen.“
„Drachen?“ Galmar ließ sich auf einen Stuhl sinken. „Das fehlte uns auch noch.“
„Ihr habt noch Drachen unter Eurer Kontrolle?“
„Ja, zwei Stück. Allerdings solltet Ihr wissen, dass ihre Sprache nur schwer zwischen Freund und Feind unterscheiden kann.“
„Jarl Ulfric bedenkt, dass wahrscheinlich die Hälfte unseres Heeres vor diesen Kreaturen fliehen würde.“ Galmar Steinfaust brachte es es, wie meist, auf den Punkt und Ralof atmete, nur für sie hörbar, sichtlich auf.
In diesem Moment ertönte ein undefinierbares Zischen, gefolgt von menschlichen Schreien. Kurz darauf bebte der Boden. Sie stürmten allesamt nach draußen. General Tullius hatte Ulfric die Entscheidung abgenommen und ließ Pechfackeln auf das Lager regnen.

„Ich wusste, er würde nicht untätig sein.“ Ralof packte sie am Arm und zog sie unbarmherzig mit sich. „Los zu den Pferden. Ich möchte, dass Ihr sofort hier verschwindet.“
„Nicht ohne meine Waffe.“ Sie riss sich aus seinem Griff los und lief zwischen den überall entstandenen Brandherden zum Zelt. Notgedrungen rannte Ralof hinter ihr her. „Euer Eigensinn wird Euch noch umbringen.“ In Windeseile packte sie ein paar Kleider und Lebensmittel ein und warf sich den Bärenfellumhang über. Noch bevor sie ihre Waffe an sich nahm, wurde sie ganz ruhig und ging auf ihren Mann zu. Zärtlich strich sie über das geliebte Gesicht und zupfte, wie sie es oft tat, wenn sie ihn necken wollte, an seinem Zopf.
„Geht zu Euren Leuten, mein Herz. Sie brauchen Euch jetzt. Ich finde allein zu den Pferden.“
„Seid vorsichtig.“
„Ich liebe Euch.“ Sie gab ihm noch einen Kuss. „Die Götter seien mit Euch. Und kommt mir ja in einem Stück in Flusswald an.“
Ungehindert erreichte sie die Pferde und beobachtete von dort aus noch eine Weile, wie Ulfric, Galmar und Ralof trotz ständigen Beschusses schnell Ordnung in das entstandene Chaos brachten.



Wenn sie Rorikstatt noch vor der Dunkelheit erreichen wollte, musste sie sich beeilen. Wollte sie zuerst noch durch die Sümpfe gen Morthal reiten, so entschied sie sich dann doch für die besser ausgebaute Straße, die von allerlei Volk belebt war, wie sie es noch nie gesehen hatte. Hier war der Bürgerkrieg vorbei und die Leute gingen ihren Geschäften emsiger nach denn je. Es galt wieder aufzubauen, zu reparieren, zu handeln oder einfach neu anzufangen.
Sie setzte den Hengst in Galopp und preschte am Rande der Straße entlang. Niemand war da als es passierte. Mehrere Pfeile durchbohrten den Hals und Kopf ihres Pferdes. Das mächtige Tier bäumte sich auf, tat einen großen Satz nach vorne und brach dann zusammen. Durch die weit fortgeschrittene Schwangerschaft zur Unbeweglichkeit verdammt, konnte sie die Bewegungen des Pferdes nicht abfedern und landete hart auf der Straße. Noch benommen kroch sie auf allen vieren an den Straßenrand ins weiche Gras, eine blutige Spur hinterlassend. Schwer atmend rollte sie sich auf den Rücken. Geburtswehen schüttelten ihren Körper und zwischen den Beinen bildete sich eine große Blutlache.
Aus dem Gebüsch brachen drei Männer hervor, durchsuchten erst das tote Pferd und näherten sich schließlich ihr. „Bei den Göttern. Lasst uns verschwinden. Das Weib bekommt gerade Nachwuchs. Da können wir eh nichts mit anstellen.“
„Das war wohl der miserabelste Überfall überhaupt. Kein Gold, keine Waffen und nicht mal reiten kann man sie.“ Achselzuckend entfernten sich die Männer.
Keine Waffen? Wo war ihre Klinge hingeraten? Sie versuchte sich aufzurichten, aber die nächste Wehe warf sie wieder zurück. Mehrere Reiter und auch Menschen zu Fuß zogen vorüber und blickten verächtlich auf sie herunter. Es war nichts Ungewöhnliches, dass Bettlerinnen oder Frauen der untersten Stände ihre Kinder im Freien gebären mussten, unbeachtet vom Rest der Gesellschaft, die es als eine Schande empfand, einer Unfreien auch nur eine helfende Hand zu reichen.
So kam es, dass Freya von Markarth, Tochter eines Jarl und Gattin eines angesehenen Heerführers wie eine Bettlerin im Straßengraben ihr zweites Kind auf die Welt brachte.
Obwohl einen Mondumlauf zu früh geboren, war der Kleine kerngesund und putzmunter, ein wenig schmächtiger als normal, aber das würde sich bald geben. In Ermangelung eines Dolches, einer Waffe überhaupt, klemmte sie mit den Fingern die Nabelschnur ab, verknotete sie und biss sie kurzerhand durch. Es wurde bereits wieder hell als ihr auch die Nachgeburt entglitt. Jetzt wurde es Zeit zu verschwinden. Dieser Geruch würde unweigerlich Wölfe anlocken.
Notdürftig säuberte sie sich, während der Kleine zufrieden an ihrer Brust nuckelte. Da die Banditen nichts als wert genug empfunden hatten, um es mitzunehmen, konnte sie in ein sauberes Kleid schlüpfen und wickelte den Jungen fest und warm in das Fell der Satteldecke. Dabei fiel ihr die Klingenspitze ihrer Waffe ins Auge, die unter dem Pferd hervor lugte. Vorsichtig sah sie sich nach allen Seiten um, aber niemand befand sich in Sichtweite. „Fus Ro Dah.“
In Rorikstatt blickte Erik, ein junger Nord, verwundert in den Himmel. Nicht eine Wolke zu sehen, aber den Donner, den hatte er sich ganz bestimmt nicht eingebildet.
Wenig später kam eine junge Frau die Straße hinunter und fragte nach einer Kutsche.
„In diesem Ort besitzt nur mein Vater eine und die braucht er um Handel mit Weißlauf zu treiben.“
„Wann fährt Euer Vater wieder nach Weißlauf?“
„Ich fahre die Kutsche immer und ich fahre morgen.“
„Wäret Ihr bereit mich mitzunehmen?“
„Unter bestimmten Umständen...“
Die schöne Fremde schlug den schweren Umhang auf Seite. Auf dem anderen Arm hielt sie einen Säugling. „Mein Sohn ist gerade ein paar Stunden alt. Wollt Ihr Euch das wirklich antun?“



Oft verbreiteten sich Neuigkeiten schneller als die Kuriere sie überbrachten und so wusste sie bereits, dass sich nun auch Einsamkeit als letzte Bastion von General Tullius und den Kaiserlichen unter der Herrschaft von Jarl Ulfric befand. Die Sturmmäntel hatten, wenn auch unter enormen Verlusten, gesiegt. General Tullius war, als in den letzten Minuten seines Lebens ebenbürtiger Zweikampfgegner von Ulfric gestorben. Seine Armee vernichtet und sämtliche Thalmor längst hingerichtet.

Gerdur spielte mit dem Kleinen, indem sie ihn immer wieder an seinem winzigen Bäuchlein kitzelte, woraufhin er vergnügt quietschte. „Er ist gut gewachsen in der kurzen Zeitspanne.“
„Kein Wunder. Ich habe Milch für zwei und er säuft wie ein Loch.“ lachte sie, während sie den Brief entfaltete, der Ulfrics Handschrift enthielt.
Schließlich drehte sie sich wieder in Richtung des Kuriers. Aus ihrem Gesicht, in dem die grünen Augen jetzt unnatürlich groß wirkten, war jegliche Farbe gewichen. „Bitte richtet Jarl Ulfric aus, dass ich solange nicht erscheinen werde, bis ich anstatt zu Siegesfeierlichkeiten zu einem, meinem Gatten gebührenden Begräbnis geladen werde.“
Eine ganze Weile herrschte Stille. Tonlos drang ihre Stimme an die Ohren einer stocksteif sitzenden Gerdur.
„Gerdur, er ist gefallen und sie können ihn nicht unter den Trümmern finden. Ihr Götter, ich hasse Euch. Wisst Ihr eigentlich wie sehr ich Euch hasse?“






















Epilog
Noch immer schnürte es ihr den Atem ab, wenn sie an Ralof dachte. Sein kleiner Sohn entwickelte sich prächtig. Im Moment krabbelte er flink den Abhang Richtung Dorf hinunter, futterte ein paar Blumen, die das Pech hatten in seinem Weg zu stehen und versuchte zwischendurch eine Biene zu fangen, die ihn umschwirrte.
„Agnar, ich habe Dir doch gesagt, Du möchtest auf Deinen Bruder aufpassen.“
„Och Mama, der ist so langweilig. Reden kann ich nicht mit ihm und Bogenschießen kann er auch nicht.“
Innerlich musste sie lachen, als sie den Korb mit den Äpfeln abstellte und ihrem Jüngsten hinterher sprintete, den sie dann auch kurz vor dem Punkt erwischte, an dem er die gefangene Biene zur weiteren Verwendung in seinen Mund stopfen konnte.
„Mama, schaut. Da kommt Ralof.“
„Ralof ist tot, mein Sohn. Und nun komm rein.“ Wieder spürte sie diesen Schmerz, der ihre Gesichtszüge für einen Moment hart werden ließ.
„Nein Mama, da kommt er doch.“
Sie blickte gegen das gleißende Sonnenlicht, aus dem sich langsam eine Gestalt in einer schweren orkischen Rüstung herausschälte.
„Ralof würde niemals eine solche Rüstung tragen, mein Junge. Besser Du gehst in Haus.“
„Doch würde er.“ Diese Stimme ...
Im nächsten Moment umfing sie eine erlösende Dunkelheit, aus der sie auf ihrem Bett wieder erwachte. Mit zitternden Fingern strich sie vorsichtig über das Gesicht über dem ihren.
„Ralof, mein Liebster...“ Die Tränen liefen und liefen und wollten garnicht versiegen. „Was ist passiert? Wo wart Ihr all die Zeit?“
„Ich weiß nicht genau was passiert ist. Ich bekam eine Axt an den Kopf und wachte in einer Orkfestung wieder auf. Es muss wohl Ewigkeiten gedauert haben bis ich mich wieder an mich selbst erinnern konnte. Aber die Bewohner dieser Festung waren mehr als geduldig und nun bin ich hier bei Euch. Das ist alles was ich jemals wieder wollte.“
In diesem Moment löste sich das Amulett von seinem Hals und fiel auf ihre Brust. Lächelnd legte er es ihr um und verschloss es sorgfältig. „Sagtet Ihr nicht einmal, dass es seinen Weg von alleine zu Euch zurückfinden würde, wenn die Zeit reif ist. Seht Ihr, mein Herz, ich hätte diese Welt garnicht verlassen können.“