Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : H. G. Wells: Die Zeitmaschine - welche Verfilmung?
Hallo,
weiß jemand welche Verfilmung des Klassikers "Die Zeitmaschine" von H. G. Wells sich am nächsten an das Buch hält?
Google spuckt mir immer den Streifen von George Pal aus den 60ern aus, jedoch soll dieser auch recht verändert sein.
Vielleicht kann mir ja hier jemand mit Erfahrung weiter helfen?
Der Roman legt z.B. unter anderem besonderen Wert auf sozialkritische bis latent marxistische Gedankengänge, die sich aber in keinem der Filme wiederspiegeln. Das dürfte auch schon der gewichtigste Unterschied sein.
Von daher ist der Film aus den 60ern - auch wenn er einige Dinge weglässt und ändert (so wird z.B. die zweite Reise des Zeitreisenden nicht aufgegriffen) - dem Buch tatsächlich noch am nächsten was seine nicht minder wichtige Evolutionsthematik von körperlicher und geistiger Weiterentwicklung (Morlocks) sowie Regression (Eloi) angeht.
Die neue Verfilmung von 2002 hat thematisch aber wirklich nichts mehr mit der Vorlage zu tun, außer dass es in der Zukunft spielt und zwei Völker namens Morlock und Eloi da rumhüpfen. Wenn ich also einen Vergleich ziehen wollte, würde ich tatsächlich nach dem älteren Film greifen, trotz der Unterschiede, da er wenigstens ein bis zwei der Romanthemen aufgreift.
Kennst du denn auch die Verfilmung von Henning Schellerup von 1978 bzw. kannst diese mit der 60er vergleichen?
Es gibt mehr als diese beiden Verfilmungen? Ha! Wieder was dazugelernt.^^
Ne, zu den anderen kann ich leider nichts sagen.
Da du eine Verfilmung suchst gehört das auch eher ins Kinoforum. Ich habs mal verschoben.
Ich kann dir auch nur zu der Verfilmung von 1960 raten, die zumindest die Eloi (dummes, willenloses Mastvieh, das genährt und geschlachtet wird) und Morlocks (ihre Konsumenten) passend dastellt, während dieser Aspekt in der Verfilmung von 2002 völlig weg fällt, da hier die Eloi in politisch korrekte, in Harmonie lebende, singende Naturvölker umfunktioniert werden.
Sprich, der sozialkritsche Aspekt der 1960er Verfilmung fällt in der 2002er völlig weg.
EDIT:
Es gibt eine sehr passende Kundenreziension bei Amazon, welche auch meine Meinung wiederspiegelt:
Das Buch selber, zurecht ein Klassiker heutzutage, beschreibt die Reise eines namenlosen Protagonisten in England in die ferne Zukunft der Menschheit und darüber hinaus. Wells verarbeitet hierbei soziale Anschauungen aus seiner Zeit und treibt sie zeitlich bis zur bitteren Konsequenz. Das macht die Erzählung teilweise sehr bedrückend. Jedoch verzichtet der Autor darauf, moralisch Stellung zu beziehen und die Eloi oder Morlocks hervorzuheben oder zu verdammen. Dies macht die Geschichte zeitlos und absolut lesenswert.
Die 1960er Version von Georg Pal übersetzt die Erzählung in eine filmgerechte Handlung, wobei natürlich hinsichtlich der Dramaturgie Kompromisse gemacht werden mussten. Der Held bekommt einen Namen und hat letztendlich die Aufgabe, die blumenkindartigen Eloi (alle Wasserstoffblond und unschuldig) vor den bösen Morlocks zu retten. Obwohl diese Handlung jetzt nicht wirklich inovativ ist/war punktet der Film mit unglaublich viel Atmosphäre: die Zeitmaschine hat ein viktorianisches Flair, die Visualisierung der Zeitreise wird durch gute Tricks und Vergleiche ansprechend gestaltet (1960!), die Zukunft sieht fremdartig aus mit einer Mischung aus Garten Eden und verfallener fremder Zivilisation und die Morlocks wirken bedrohlich und optisch markant. Der Film macht Spass und schafft es, trotz einer eher konvetionellen Haupthandlung - Mann rettet Frau gegen alle Gefahren - zu fesseln. Ebenfalls ein Klassiker; für die Effekte gab es verdient einen Oscar.
Das Remake versucht sich garnicht erst weiter an der zugrunde liegenden Erzählung. Vielmehr wird der alte Film an das neue Jahrtausend angepasst, heißt die Handlung wird noch weiter zusammen gefahren bzw zeitgemäß ergänzt und die Effekte sind vorwiegend Standartware. Bei soviel Investitionswut muss man dann antürlich auch sparen - geschehen an der Inovation.
Zeitgemäße Ergänzung heißt - der Reisende startet jetzt von Amerika aus (wo auch sonst? London etwa?) und er bekommt eine richtige Motivation zum Zeitreisen: nicht mehr Neugierde und Wissensdurst treiben ihn (Oh Gott wie altmodisch!), nein er versucht seine Freundin zu retten (das ist ja mal was unglaublich tolles!). Die Reise bekommt einen Zwischenstop in der nahen Zukunft um einen "witzigen Ersatz für die sprechenden Ringe im Original vorzustellen - ein Bibliothekshologramm (nach diesem pathetischen Orlando Jones sehnt man sich zurück an die informativen, unaufdringlichen sprechenden Ringe aus den 60ern) und weiter geht es. Nicht mehr kriegerische Auseinandersetzungen sind es nun, welche die Menschheit fast auslöschen und spalten, nein Pfusch beim Bau der Mondsiedlungen lassen dort den Putz abfallen, welcher in nicht gezeigten Szenen das Armageddon auslösen soll. Und schon sind wir 800000 Jahre in der Zukunft und das Eloi - Morlock Spiel geht los. Die Eloi, 1960 noch klar als Blumenkinder charakterisiert, sind nun die politisch korrekten braungebrannten Bacardie Ethnie, welche bei choralen Gesängen in bambusartigen Nestern an Festwänden wohnen oder Windmühlen betreiben. Die Morlock andererseits sind jetzts muskelbepackte Monster, die aus dem Boden springen und mit Giftpfeilen die Eloi abschleppen. Das ganze auch gerne bei tageslicht, weil Lichtscheuheit als markantes Zeichen von Unterweltbewohner ist ja sowas von 60er. Aus der ungreifbaren Bedrohung des Buches und den doch furcheinflössenden bizarren Unterweltmenschen der 60er werden kurzerhand ordinäre blutgeile Berserker.
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