Mein erster Beitrag in diesem Thread.
Als es 20 Uhr schlägt, hetzen kleine, trippelnde Schritte über das Pflaster der Stadt. Weil es Winter ist, ist es draußen bereits dunkel und sogar noch kälter. Agnes läuft schnell und zielstrebig, ohne sich umzusehen, obwohl sie sich eigentlich unsicher ist. Sie biegt um die Ecke der Häuserzeile und eine große Gruppe Menschen, glücklicher Menschen, taucht vor einem Restaurant auf. Agnes überlegt, ob sie die Lücken nutzen und hindurch schlüpfen soll, aber sie wechselt auf die andere Straßenseite. Ihre Füße schmerzen in den billigen Schuhen. Zur gleichen Zeit fährt Louise im silbernen Cabrio, dessen Verdeck sie nun geschlossen hat, die Hauptstraße hinunter. Bunte, grelle Lichter von außerhalb fallen ihr ins Auge, während sie ihr Gefängnis geschickt an den parkenden Autos vorbei manövriert. Ihren Mann hat sie zu Hause gelassen, wie ein Accessoire, das einem lästig wird. Der Pelz juckt fürchterlich und mit diesen Schuhen ist Autofahren beinahe unmöglich. Pete beginnt gefährlich zu werden, sie hätte sich nicht mit ihm einlassen sollen, nicht dürfen. Doch es ist jetzt egal, sie trifft sich gleich mit Agnes. Sie kennen sich noch von früher. Als Agnes das Restaurant erreicht, wartet sie davor. Louise hat es gut, findet sie. Louise hat einen Mann, sie nur ihre Katze. Agnes hat es gut, denkt Louise, als sie gerade einen Parkplatz sucht. Sie hat viel weniger Probleme mit den Männern und ganz generell. Weil Agnes ungeduldig wird, geht sie in das Restaurant hinein und bekommt den reservierten Tisch zugewiesen. Sie setzt sich und schaut aus dem Fenster, als sie Louise draußen laufen sieht. Die hat wenigstens Geld. Agnes hat nicht zu viel. Louise betritt das Restaurant und wirft ihre Haare zurück. Sie sieht wenigstens gut aus. Agnes muss sich immer nur ganz wenig schminken. Als sich beide gegenüber stehen und die Hand reichen, denken beide nur: Die hats viel besser, blöde Kuh. Mir gehts schlecht. Es schlägt halb neun.