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Das kleine Schreibstübchen - #2

  1. #281 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Hinterhalt
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  2. #282 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Neuanfang
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  3. #283 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Reise ohne Wiederkehr
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  4. #284 Zitieren
    Mies drauf  Avatar von Mr Sulak
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    Reise ohne Wiederkehr

    Die Schwärze drang ein, umhüllte ihn ganz;
    Verdeckte ihm Augen, Nase, Mund und Ohr.
    Ließ ihn nicht mehr los, bat ihn gleich zum Tanz;
    Und peitschte ihn vorwärts, bis er sich verlor.
    Peitschte ihn nach vorne, peitschte ihn zurück;
    Ließ wirbeln ihn wild und an einem Stück,
    Ließ fallen ihn dann und riss ihn wieder hoch.
    Ließ kein Platz zum Atmen, ließ auch kein Licht zu,
    Spielte wilde Musik und gab plötzlich Ruh;
    Ließ wirbeln ihn weiter und weiter dafür,
    Auf dass er finde zurück niemals mehr.

    Und froh ließ geschehen, was ihm angetan.
    Und wenn man ging an ihm vorbei,
    Dann sah man dem Alten seinen Wahnsinn an,
    Der Alte voll Jux und Tollerei.
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  5. #285 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Lied: Probleme, die ich früher noch nicht hatte - Bodo Wartke
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  6. #286 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Miras
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    Probleme, die ich früher noch nicht hatte

    Als ich aufwache, fällt mein Blick als Erstes wieder auf die drei Schriftzeichen an der Wand. Alles ist noch wie in lila Watte gepackt, aber diese drei Schriftzeichen meißeln sich aus der sanften Ödnis wie ein Leuchtfeuer aus der Dunkelheit.
    Gestern fand ich die Symbole noch originell. Sicherlich, nach drei Flaschen Chardonnay finde ich vieles originell. Karohemden, zum Beispiel. Oder Lavalampen.
    Heute Morgen schäme ich mich jedoch ein bisschen für die Zeichen. Sie sollen offensichtlich japanischen Ursprungs sein. Sie sehen zumindest so aus, wie sich ein Mitteleuropäer Japanisch vorstellt. Was ihnen aber den Rest gibt, ist die mit unsicherer Handschrift aufgetragene deutsche Übersetzung darunter. „Sex“, steht unter Einem. „Sehnsucht“, unter dem Anderen. Die dritte Übersetzung kann ich vom Bett aus nicht lesen und empfinde aufrichtige Dankbarkeit dafür.

    Die Geräusche, die von links kommen, zerren mich von fernöstlicher Semantik zurück in die Gegenwart. Ich wehre mich standhaft dagegen, doch es nützt nichts. Neben mir dreht sich unter leisem Seufzen die Frau um, deren Name mir gestern irgendwann entfallen sein muss. Krampfhaft versuche ich wenigstens das Alter zu rekonstruieren, scheue dabei, den Blick auf sie zu richten und nehme wieder die Schriftzeichen als Ausgangspunkt. Immer diese Schriftzeichen. Zu Esoterisch für Anfang 20. Aber auch zu stillos für Jenseits der 30. Das beruhigt mich irgendwie.

    Ich höre leise Schnarchgeräusche. Auch das beruhigt mich. Bloß keine Unterhaltung, jetzt. Ich blicke mich weiter in der Wohnung um, der Chardonnay-Schleier verwischt alles. Draußen tanzt das Zwielicht und drinnen lila Wölkchen. Studentin? Wahrscheinlich. Vielleicht aus dieser ranzigen Eckkneipe, in der Dienstag abends immer die Erstsemester Deutsch/Englisch auf Lehramt zusammensitzen, Friedemann Schulz von Thun falsch zitieren und dabei so Wörter wie „Konnotation“ sagen. Ja, dass klingt plausibel.

    Da sich mein Bild langsam zusammensetzt, fasse ich neuen Mut und schaue hinüber. Ich erblicke einen nackten Frauenrücken, der Rest ist von der Decke verhüllt. Zugegeben, dass hilft mir nicht viel weiter, macht aber wenigstens auch nichts kaputt.
    Weil ich die Uhrzeit wissen will, beuge ich mich leicht zu dem Frauenrücken hin, um einen Blick auf den Wecker zu erhaschen. Er zeigt eine Uhrzeit an. Ich nicke weise und vergesse sie wieder. Können das vielleicht auch chinesische Zeichen sein? Wo ist da eigentlich der Unterschied?

    Dann stehe ich leise auf und ringe mit meinem Gleichgewicht. Ich gewinne den Kampf und suche meine Kleidung in der Dunkelheit. Die Holzdielen knarren dabei und ich stolpere leicht über eine Teppichkante, der Frauenrücken nimmt jedoch keine Notiz davon.
    Als ich angezogen bin, sehe ich die Silhouette eine Weile lang an. Ich stelle mir vor, wie ich neben ihr liege und es langsam hell wird. Sie wacht auf und wir frühstücken zusammen. Ich sage ihr all die Dinge, die man so sagt, durch den lila Schleier und nach drei Flaschen Wein. Dann unternehmen wir etwas, lernen uns kennen und teilen echte, gemeinsame Erinnerungen.

    Der Gedanke amüsiert mich und ich muss leise lachen auf dem Weg zur Haustür. Ich öffne die Tür. Im Türrahmen stehend, blicke ich noch einmal zurück. Den Rücken sehe ich nicht mehr, dafür dass dritte Schriftzeichen. „Leidenschaft“, steht da, wieder in dieser unsicheren Handschrift. Darüber schüttle ich den Kopf und trete langsam hinaus in die Dämmerung.
    Miras ist offline Geändert von Miras (01.09.2014 um 04:13 Uhr)

  7. #287 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    »Denn unser sind viele.«
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  8. #288 Zitieren
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    Sie glaubten, er mache es für das Geld. Er hatte Schulden, ja, er hatte sein teures Haus verkauft, aber es war nicht schlimm. Viele wussten nicht, dass er eine anständige Rente bekam und hin und wieder einen Auftritt in einer japanischen Fernsehsendung oder einer japanischen Fernsehwerbung hatte. Irgendwie schien Japan an den Ikonen der Vergangenheit zu hängen. Jedes Mal wenn er da war, in diesem merkwürdigen Land, wurde er behandelt, als wäre er ein Star, ein President, eine Berühmtheit. Es war ihm unangenehm, irgendwie, aber er mochte es.

    Vielleicht dachten darum viele andere, dass er es für den Ruhm tat. Um alten Tagen nachzutrauern. Um alte Geschichten neu zu erzählen, Geschichten, in denen er die Hauptperson, unbezwingbar, unbesiegbar, ungeschlagen, unzerstörbar, war. Ja, er selber hatte eine Weile lang geglaubt, dass er darum an seinem Comeback gearbeitet hatte. Er hatte dieses Gefühl in ihm, diesen Zwang, diesen Drang, wieder in den Ring zu steigen, lange für Ruhmsucht, Geltungssucht gehalten. Erst später hatte er gemerkt, dass dieses Gefühl aus einer anderen Ecke gekommen war.

    Er schloss seine Augen und fühlte die kalte Pritsche unter seinem Hintern. Es war kalt hier drinnen. Das war gut. Das hielt in wach. Das bereitete seine Muskeln auf den Schmerz vor. Er hörte in sich hinein und er hörte das Summen der Neonröhre über seinem Kopf und er öffnete seine Augen und bemerkte das merkwürdige Licht, dass den kleinen Raum erhellte, in dem er sass und wartete.

    Die Türe öffnete und ein hagerer Mann, Klaus, sah hinein.

    „Alles okay?“ fragte der hagere Mann. Der Boxer nickte ruhig. Es war alles okay. Er war bereit. „Gut. Ich denke, dass wir in zwanzig Minuten anfangen. Die haben ein wenig Probleme am Eingang, es sind mehr Leute gekommen, als erwartet. Viel mehr.“

    Der Boxer nickte ruhig.

    „Das ist gut. Das ist sogar sehr gut. Die Leute mögen dich. Sie wollen dich gewinnen sehen. Sie wollen dich boxen sehen. Vielleicht holen wir da...“

    „Klaus?“ unterbrach der Boxer den hageren Mann.

    „Ja?“

    „Halts Maul, ja? Ich muss mich vorbereiten.“

    „Klar. Ich mein ja nur... ich lass dich. Du machst das schon.“ Die Türe schloss sich wieder und der hagere Mann war weg. Der Boxer war allein. Wieder schloss er seine Augen und versuchte die Gedanken zu finden, die er gedacht hatte, bevor er von Klaus unterbrochen worden war. Nein, es ging nicht um den Ruhm. Natürlich war es ein gutes Gefühl. Natürlich war es ein gutes Gefühl, zu wissen, dass tausende von Menschen gekommen waren, um ihn boxen zu sehen. Vielleicht sogar, um ihn gewinnen zu sehen. Es war eine schöne Geschichte, eine wunderbare Geschichte. Ein Boxer, dessen Sternstunde um mehr als zehn Jahre zurück lag, kam wieder, um der Welt zu zeigen, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehörte. Er hatte dafür trainiert, fast fünf Jahre lang. Er war in ein Schlachthaus eingebrochen, um sich mit toten Schweinehälften zu prügeln, fast so, als wäre er die Hauptperson in einem Film, und er hatte sich wieder wie ein Sieger gefühlt, kurz bevor die Polizei in verhaftet hatte und die Zeitungsüberschriften seine geistige Gesundheit in Frage stellten.

    „Das ist gut,“ hatte Klaus gesagt, „jeder Zeitungsartikel über dich ist ein guter Zeitungsartikel. Jeder Artikel bringt dich deinem Comeback näher, glaub mir,“ hatte Klaus ihm gesagt, als er ihn vom Polizeiposten abgeholt hatte. Zum Glück war die Grossfirma, in dessen Schlachthaus er eingebrochen war, nicht nachtragend. Im Gegenteil: Nicht nur wurde keine Anklage erhoben, sondern die Firma machte sich beim Sportverband für sein Comeback stark und war jetzt sogar sein offizieller Sponsor. Wäre der Boxer nicht in das Schlachthaus eingebrochen, vielleicht hätte er gar nie ein Comeback bekommen. Der Einbruch wurde zum Zeugnis seines Willens, dass er zu allem bereit war, um wieder in den Ring zu steigen. Sogar tote Schweinehälften zu prügeln. Er war bereit.

    Er konnte sich an seinen letzten Kampf vor fast genau zehn Jahren erinnern. Es war kein guter Kampf gewesen. Seine Fäuste waren bereits müde geworden und seine besten Kämpfe waren bereits vorüber. Seine Gedanken waren anderswo gewesen, nicht im Ring, als die Fäuste seines Gegners ihn immer wieder trafen und ihn schlussendlich mit einem gebrochenen Schlüsselbein auf die Bretter schickten. Nein, es ging ihm nicht um den Ruhm. Es ging darum, dass er der Welt etwas schuldete.

    Er war aufgewacht, eines Morgens, fünf Jahre nachdem seine Karriere vorerst vorüber gewesen war, neben einer Frau, mit der er seit einiger Zeit ausging. Er stank, als wäre er ein Klischee, nach Alkohol und nach Bedauern und nach einer Vergangenheit, die er nicht loslassen konnte. Die Frau neben ihm stand auf, verliess das Bett und seufzte. Sie sah ihn an und er wusste, was dieser Blick bedeutete. Er konnte sich nicht erinnern, wie er letzte Nacht heimgekommen war, in welcher Bar er gewesen war und er fragte sich, warum sein linkes Schienbein schmerzte.

    „Sieh dich an,“ hatte die Frau ihm gesagt, „sieh dich an. Du solltest dich mal ansehen. Du solltest dich schämen. Was für ein Mann bist du? Du hast allen Respekt verloren. Nicht einmal du selber respektierst dich.“

    „Mein Schienbein tut weh,“ dass war alles, was ihm in den Sinn kam. Er wollte nicht hier sein. Nicht in diesem Bett. Nicht in diesem Leben.

    Ging es darum, dass er der Frau etwas beweisen wollte? Hoffte er, dass sie im Publikum sass, zuerst ruhig und skeptisch, doch dann, wenn seine Fäuste sein Ziel trafen und er der Welt beweisen würde, dass er noch lebte, dann würde sie aufstehen und ihm zujubeln und flüstern, dass sie ihn wieder lieben würde, war es das, war er sich erhoffte?

    Vielleicht ein bisschen. Es wäre schön, sicherlich, dachte er leise, während die Neonröhre über seinem Kopf lauter zu summen schien. Aber darum ging es nicht. Es ging nicht um Geld oder Ruhm oder Liebe. Es ging darum, dass er der Welt etwas schuldete. Er schuldete der Welt einen guten Kampf. Einen letzten guten Kampf, um seine Karriere zu Ende zu schreiben, das schuldete er der Welt.

    Die Türe öffnete sich wieder und der hagere Mann trat hinein.

    „Zwei Minuten.“ Der Boxer nickte, ohne seine Augen zu öffnen. „Bist du bereit? Alles okay?“ Der Boxer nickte. Er dachte an die vielen Menschen, die sich im Stadion versammelt hatten. Die auf ihn warteten. Auf den Kampf. Er versucht sich jeden vorzustellen, was sie taten, was sie sagten, wie sie lebten. Wie viele waren es, dreitausend? Vier-, fünftausend? Er versuchte, sich ihre Rufe, ihr Jubeln, vorzustellen, wenn er in die Arena kommen würde. Er versuchte, sich vorzustellen, wie ihre Blicke auf ihm ruhten würden, ruhig, zufrieden, voller Erwartung.

    „Es ist Zeit.“

    Der Boxer öffnete seine Augen und sah alles. Die kalte Neonröhre über seinem Kopf, dann der lange Gang und dann hörte er die Rufe des Publikums und die Kameras und die Lichter und der Kampf, der vor ihm lag. Und er wusste, als sein Lied ertönte und er aus dem Schatten trat, er wusste, dass die Welt ihn sah. Nicht die Witzfigur, die er vor zehn Jahren geworden war, nicht das unaushaltbare Arschloch, das ihn für viele Jahre danach ersetzt hatte. Nein, die Welt sah den Boxer, der er sein konnte.

    Er war zurück, dachte er, als die erste Faust in seiner Magengrube landete, er war zurück. Wenigstens für einen letzten, guten Kampf.
    Ceyx ist offline

  9. #289 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    »Krieg bleibt immer gleich.«
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  10. #290 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Enttäuschung
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  11. #291 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Sterbenskrank
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  12. #292 Zitieren
    Mies drauf  Avatar von Mr Sulak
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    Ich bin krank.

    Ich bin dermaßen krank, dass ich mich frage, warum ich mich überhaupt noch wundere. Und ich bin nicht alleine; jeder hat diese Krankheit, die mich dahinsiechen lässt, die mich tagtäglich daran erinnert, dass mein Ende näher rückt. Dass es von einem Moment auf den anderen vorbei sein kann. Dass alles umsonst gewesen sein könnte. Ein Augenzwinkern, und das war's.

    Ein beschissenes Gefühl. Ein hässliches Gefühl. Ein überwältigendes Gefühl der Machtlosigkeit. Ein Berg, der abertausende Meter in die Höhe ragt und an dessen Fuß ich stehe. Ein Tunnel, der sich in Finsternis verliert und den ich gezwungen werde entlang zu schreiten, tief hinein in das dunkle Herz der Welt, meinem Verderben entgegen.

    Und es gibt Abkürzungen. Jede Krankheit hat sie: eine kleine Überdosis hier, ein gut platzierter Schnitt dort, und die Schmerzen sind verklungen, das hinausgezögerte Ende ist eingetreten, die Quälerei hat einen sanften Abschluss. Abkürzungen über Abkürzungen, und je länger man wartet, desto süßer erscheinen sie, desto leichter wird der Weg, den sie entlang führen, und desto versuchter bin ich, sie zu nehmen. Warum sich quälen, wenn es leichter geht? Warum die Krankheit dulden, wenn man sie abwerfen kann, in einem einzigen letzten Aufbäumen gegen alles, was heilig erscheint.

    Und doch ist die Krankheit süß. Sie bringt mir Gebrechen, endlose Scham, die schlechtesten Momente meines Daseins; und zugleich die besten, ewige Liebe, und das Gefühl, alles und nichts erreichen zu können. Ich hasse und liebe sie; ich bin ihr glücklich verpflichtet und fühle mich doch, als müsste ich aus ihr ausbrechen.

    Ich hasse und liebe das Leben.
    Mr Sulak ist offline

  13. #293 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von Spike Spiegel
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    Ein Leben wie jedes andere und doch anders. So wie jedes eben. Da hat es mal etwas mit dem einen, mal mit dem anderen gemein, doch identisch ist es nie. Bis auf eine klitze kleine Kleinigkeit: Mir wird das schon nicht passieren. Ihr, ihm, dir, denen da, ganz sicher meiner Oma, aber nicht mir. Ich weiß es zwar nicht, brauch ich aber auch nicht. Ich glaub es einfach, das reicht vollkommen. Und so bin ich guter Dinge. Mal gut, mal schlecht gelaunt. Mal erfolgreich, mal weniger. Ein Leben wie jedes andere eben, wenn doch ein wenig anders.
    Aber dann, eines Tages, kommt es plötzlich völlig unverhofft. Ein Husten wird zum Keuchen wird zum Röcheln wird zur Sorge. So schlimm kann es doch eigentlich gar nicht sein...oder? Ach wo.
    Blut im Speichel, Brennen im Hals, Ziehen in der Brust, ein schweigender Arzt. Der hat doch keine Ahnung! Auf zu einem, der sein Geld wert ist. Der Zehnte weiß dann schließlich auch wohin mit meinem Geld, damit ich mich dieser Lapalie endlich entledigen kann. In die USA mit meinem Ersparten, dann kann es weiter gehen.
    Krümmen vor Schmerz, Ringen nach Luft, Winseln...so oft, herzzerreissendes Winseln.
    Mensch werde Gott und mach mich wieder heil. Was mir auch passiert, am Ende ist wieder alles gut. Weil das ist MEIN Leben und MEIN Leben endet nicht SO. Das ist für andere gedacht. Für andere...nicht mich....
    Mitellos, Schmerzerfüllt, von betroffenen Gesichtern umringt. Es ist mir also doch passiert...ausgerechnet mir. Warum? Warum ich? Und nicht ihr, ihm, dir, denen da? Von allen musste es aussgerechnet mich erwischen! Versteht denn das Leben nicht, dass ich wichtig bin? Ich bin das Wichtigste für mich und das macht das Wichtigste mich!
    Das Leben ist so unfair, so gemein. Wenn es anderen passiert ist es Pech, Schicksal, deren eigene Schuld, egal. Aber bei mir ist es herzerreissend, schrecklich, unmenschlich und unfair! So unfair!
    Noch ehe es mit mir vorrüber geht, werde ich mit Leib und Seele nur das Allerschlechteste fühlen, sagen, denken. Doch wenn man mir gnädig, ja, wenn ich mir gnädig bin, dann halte ich ein ehe ich entschwinde.
    Ich ergebe mich, wissentlich.
    Verständnis, weder gut noch schlecht.
    Akzeptanz, Macht trotz Machtlosigkeit.
    Erleichterung, Zufriedenheit trotz Schrecken.
    Tränen. Ehrlich. Bitter. Erhaben. Frei.
    Tot.
    Spike Spiegel ist offline

  14. #294 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Miras
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    Sterbenskrank

    Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich für ein paar Wochen in einem Hospiz gearbeitet. Auch über Weihnachten, was übrigens keineswegs ein trauriges Weihnachtsfest war. Sterbende sind erfrischend ehrlich und ungehemmt, zumindest Manche, und ich denke gern an dieses Weihnachten zurück. Außerdem war das Essen lecker. Es gab Wild, und das esse ich nicht so oft. Von einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin zubereitet, diese Meisterköchin. Ihr Name will mir nicht mehr einfallen, aber ihre Kochkünste bleiben unvergessen. Wir haben sogar Weihnachtslieder gesungen, und obwohl ich das immer als schrecklich kitschig empfand und auch dort so getan habe, als wenn es mir unangenehm wäre, hat es mir heimlich doch gefallen. Kitschig, aber gesellig.
    Viel Bedeutungsschwangeres wird in den Medien über das Arbeiten in solchen Einrichtungen gesagt. Mir kommen da immer sofort übermotivierte Praktikanten oder Studenten in den Sinn, die vor die Kamera gezerrt werden und dann so Sätze sagen wie: "Seitdem ich hier arbeite, habe ich einen anderen Blick auf die kleinen Dinge bekommen". Oder auch: "Jeder, der das Leben nicht zu schätzen weiss, sollte mal ein paar Wochen mit Sterbenden arbeiten". Schwierig.

    Ich muss zugeben, dass ich die erste Zeit von der Atmosphäre im Hospiz auch ziemlich eingenommen war. Das Thema Endlichkeit ist nunmal wirklich allgegenwärtig. Das meine ich gar nicht mal im Negativen. Wenn ich nach den Schichten nach Hause gekommen bin, musste ich mich zwingen, nicht mit den Gedanken dort zu bleiben. Hochmotiviert habe ich mir vorgenommen, daraus zu lernen und alles anders zu machen. Eben die kleinen Dinge wertzuschätzen und Sinn zu stiften, wo es nur geht. Ich hab sogar Zugang zu Spiritualität gefunden.

    Dabei ist das Sterben gar nicht so eine geheimnisvolle Sache. Nach meiner Erfahrung sterben Menschen, wie sie gelebt haben. Manche verkriechen sich, versinken in Trauer und Selbstmitleid. Einige zeigen äußerlich bis zum Schluss keine Regung. Andere (wenige, zugegeben) feiern sich und das Leben bis zur letzten Minute. Es wird viel verdrängt. und so mancher Sündenbock geschlachtet.

    Dann sind Dezember und Januar verstrichen und ich habe meine Arbeit dort beendet. Jetzt, zwei Jahre später, ist mal wieder Weihnachten. Und fast automatisch schweifen die Gedanken dorthin zurück. Ich denke daran, was von den guten Vorsätzen übrig geblieben ist. Und mir fällt als erstes ein, dass das Weihnachtsessen lecker war. Es gab Wild, auch wenn mir der Name der Köchin nicht mehr einfällt. Und sonst? Nicht viel, ehrlich gesagt. Ich laufe nicht im Frühling barfuß über Wiesen und danke Gott für jedes Gänseblümchen. Ich lasse mir auch nicht jedes Stück Schokolade fünf Minuten auf der Zunge zergehen um den Moment voll auszukosten. Ich hab auch weiterhin Angst vor dem Sterben, sowohl vor dem Prozess als auch vor dem Danach. Aber ich glaube das ist normal. Oder sagen wir: Es ist menschlich. Man kann nicht im ewigen Bewusstsein seiner eigenen Endlichkeit durch den Alltag wandern, da nützen keine tausend Gespräche mit Sterbenden etwas. Mittlerweile denke ich, dass auch das totale Verdrängen ein legitimer Umgang ist. Obwohl ich vorher immer dachte, dass man sich dem Unausweichlichen irgendwann stellen muss. Muss man aber nicht. Manchmal tuts auch eine Glas Wein und etwas Wildschwein. Und danach vielleicht "Oh du Fröhliche" vor dem Weihnachtsbaum. Die Hauptsache, und das haben mir fast alle Sterbenden bestätigt, ist, dass man den letzten Weg nicht alleine gehen muss.
    Miras ist offline Geändert von Miras (26.12.2014 um 13:42 Uhr)

  15. #295 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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    Mit guten Vorsätzen...
    Salieri ist offline

  16. #296 Zitieren
    Kämpferin Avatar von Madli
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    Der einsame schöne Grabstein im Wald...
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    Liebes Tagebuch,

    Im neuen Jahr nehme ich mir vor:

    - Meinen Nachbarn nicht zu erwürgen. Obwohl das, was er Musik nennt, bestenfalls eine Beleidigung der Hörsinns darstellt.
    - seinen häßlichen Hund ebenfalls NICHT zu erwürgen, obschon das laute Vieh dies mehr als verdient hätte.
    - meinem hundebesitzenden Vermieter nicht mehr mitzuteilen, daß ich Hunde besonders mag. Vor allem in Grünpfeffersauce.
    - meiner als junge Mutter immer schlafloser wirkenden Arbeitskollegin NICHT zu sagen, daß Babies mit Valium-Tropfen ruhiggestellt werden können.
    - meinem Vorgesetzten nicht zu verraten, daß ab einer gewissen Menge Alkohol im Blut kein Aftershave dieser Welt den Geruch übertönchen kann.

    Darüber hinaus verspreche ich, Abstand davon zu nehmen, meinem Banker gegenüber zu behaupten, eine rektale Verwendung seiner Rücklastschriftgebühren sei angebracht..

    Ausserdem schwöre ich hiermit feierlich:

    - weniger als fünf Bücher wöchentlich zu lesen. Reine Zeitverschwendung! Wer liest schon Bücher, wenn es das Internet gibt. Mit all den wunderbaren Ratschlägen für jede Lebenslage. Baby schreit? Valium-Tropfen. Vermieter meckert? VALIUM-TROPFEN !!
    Weltuntergang, Hungersnot, Tod aller Freiheiten, ökologischer Super-Gau? Irrelevant, denn die wichtigste Frage der Menschheit wurde längst beantwortet. Nicht etwa wer bin ich? Woher komme ich? Auch nicht "Cogito ergo sum", oder so ein Quatsch!
    Nein, die wesentliche Frage lautet natürlich: Wo gibt's diese kleinen Bildchen, damit ich mich gut selbst darstellen kann?
    DAS ist die Frage...
    Madli ist offline

  17. #297 Zitieren
    Ritter
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    „Ich mag Monsieur Mosmeauds Neujahresfeiern sehr,“ hörte ich mich selber sagen, als sie mich vom Ballsaal aus in einen kleineren Nebengang zog. Die Türe fiel hinter mir zu, als ich durch den Durchgang geschritten war, und die Musik wurde mit einem Mal leiser. Es fühlte sich an, als würde ich aus dem Wasser auftauchen oder umgekehrt. Ich konnte mein Atmen hören und ich hörte, wie ihre nackten Füsse den Marmorboden berührten.

    „Ich weiss,“ antwortete sie, „du bist jedes Jahr hier.“
    „Du auch?“
    „Nein, nicht jedes Jahr. Aber so oft ich kann. Manchmal nur eine Stunde oder so. Du bist aber immer da. Jedes Jahr.“
    „Woher weisst du das?“
    „Was meinst du?“
    „Wenn du nicht immer da bist, woher weisst du, dass ich immer da bin? Jedes Jahr?“
    „Du denkst zu viel,“ sagte sie lachend. Sie drehte sich schnell zu mir um und lächelte. Dann zog sie mich weiter, ihre warme Hand auf meinem Arm und ich versuchte meinen Arm etwas zurück zu ziehen, damit sich unsere Hände berühren würden, doch wollte ich keine allzu offensichtliche Bewegung machen und gab schliesslich meine Bestrebungen auf. Der Gang um uns herum war von unzähligen Kerzen erhellt, dennoch schien er viel heller, als er hätte sein sollen. Ich sah sie vor mir, besah mir ihren Hinterkopf, wie sich ihre Haare bewegten, wenn sie ging. Ich versuchte mich an ihr Gesicht, an ihr Lächeln von vorhin, zu erinnern, doch musste ich feststellen, dass mir dies nicht geling.

    „Bist du wieder am Nachdenken?,“ fragte sie mich. Die Musik war mittlerweile ganz verschwunden und der Klang ihrer nackten Füsse auf dem Boden erschien umso lauter.
    „Ist der Boden nicht kalt?“
    „Nein. Im Gegenteil. Du solltest deine Schuhe auch ausziehen. Der Boden ist sehr angenehm.“
    „Wohin gehen wir?“
    „Das ist noch ein Geheimnis.“
    „Sind wir bald da?“
    „Ja.“

    Und sie stiess eine Türe auf, die vor uns aufgetaucht war. Sie führte mich in einen grossen Raum, eine Bibliothek. Die Wände waren mit Regalen gesäumt, Buch reihte sich an Buch. Ich betrat den Raum hinter ihr und eine Treppe zu meiner Rechten führte auf eine Galerie, die sich links und rechts über den ganzen Raum zog.

    „Ich habe diesen Raum während der Feier vor zwei Jahren gefunden, als ich durch das Haus geschlichen bin. Magst du Bücher?“
    „Ich mag Geschichten,“ gab ich zur Antwort und nahm einen Schritt an ihr vorbei. Ich drehte mich um meine eigene Achse. „Wieviele Bücher sind das?“
    „Ich habe keine Ahnung. Spielt das eine Rolle?“
    „Ich denke nicht.“

    Ich riss meinen Blick von den Büchern und sah mir meine mysteriöse Begleiterin wieder an. Sie stand da, ein beinahe verstecktes Lächeln in ihrem Gesicht. Ich nahm einen Schritt auf sie zu und legte meine Hand auf ihre Wange. „Sag, bist du Monsieur M. einmal begegnet?,“ fragte sie mich mit einem Mal. Ich verneinte.

    „Soweit ich weiss,“ sagte ich, „hat ihn kaum je jemand zu Gesicht bekommen.“
    „Wenn du ihn nicht kennst, warum kommst du dann jedes Jahr her?“
    „Ich bin der ersten Einladung aus reiner Neugierde gefolgt,“ antwortete ich ohne meine Hand von ihrer Wange zu nehmen. „Dann bin ich wieder gekommen, weil mir die Feier gefallen hat. Und irgendwann wurde es zu einer Art Tradition.“ Ich schloss den leeren Raum zwischen uns, indem ich ganz langsam und sachte meine linke Hand auf ihre linke Hüfte legte. Meine rechte Hand fuhr ihrer Wange entlang und berührte schliesslich ihren Nacken. Ich konnte das warme Blut spüren, dass in den Adern unter ihrer Haut floss, ihren Herzschlag, und ich sah, wie sich die Haut in ihrem Gesicht langsam errötete.

    „Kennst du ihn? Monsieur Mosmeaud?“ frage ich. Ich erhöhte den Druck in meinen Fingern in der rechten Hand nur ganz leicht und spürte wie sich ein Muskel, der durch ihren Nacken ging, langsam zusammenzog. Es schien mir, als könnte ich hören, wie ein Schaudern durch ihren Körper lief. Ich küsste ihre Wange ganz sacht.

    „Nein,“ antworte sie und seufzte gleichzeitig. Sie schloss ihre Augen und legte ihre rechte Hand an meinen Hinterkopf. Ich spürte, wie ihre Finger durch meine Haare fuhren, „oder ich bin mir nicht sicher,“ flüsterte sie, „vielleicht.“ Sie legte ihre Hände auf meine Wangen und schob meinen Kopf etwas zurück, damit sie mir in die Augen sehen konnte.

    „Darum komme ich immer wieder an M.s Feiern,“ erklärte sie, „ich will ihn finden. Ich will wissen wer er ist.“
    „Eine Obszession.“
    „Ich mag Geheimnisse, die geheim sind, nicht.“
    „Und, irgendwelche Anhaltspunkte?“
    „Vielleicht. Ich habe viele Geschichten gehört.“
    „Ich mag Geschichten.“ Ich zog sie wieder näher zu mir. Ich strich ihre eine Strähne aus dem Gesicht. Meine Hände nahmen ihre Hände in die Hand und unsere Fingerspitzen berührten sich. Sie schloss wieder die Augen.

    „Man erzählt sich, er wäre ein Geist,“ sagte sie. Unsere Gesichter so nahe, dass ich ihren warmen Atmen spüren konnte. „Andere sagen, dass es ihn gar nicht gibt. Ein Phantom. Manche behaupten, er wäre ein Vampir, der diese Feiern schon seit tausenden von Jahren veranstaltet.“
    „Seit tausenden von Jahren?“ Ich musste lachen.

    Sie machte einen Schritt zurück. Ihre Hände lagen immer noch in meinen und sie sah mir wieder in die Augen. Ich konnte das Leben sehen, dass in ihrem Gesicht pulsierte. Die Freude, die Hoffnung, die aus ihren Augen sprühten. Ich sah vor mir, wie ihr Körper starb, in jedem Moment, nur um dann, in jedem Moment, von Augenblick zu Augenblick, erneuert, wiedergeboren zu werden. Ich verstand, wie das Leben ein endloser Kreislauf war, der nie wirklich endete und nie wirklich began.

    „Ich glaube, ich habe ihn gefunden. Ich glaube, dass du...“
    „...Monsieur Mosmeaud bin?“
    „Ja.“

    Einen Moment lang war es still zwischen uns und ich kostete den Augenblick aus, die Frage, die in ihrem Gesicht lag, die Verwirrtheit, die zu mir sprach, die Gewissheit, die sie haben wollte.

    „Was wäre wenn,“ sagte ich zu ihr, als ich meine Lippen auf ihren Hals legte, „wenn ich dir sagen würde, dass du recht hast,“ ihre Haut schmeckte salzig, als ich sie küsste, „und dass alles stimmt, jedes einzelne Wort, das man sich über mich erzählt? Was wäre wenn ich dir das sagen würde?“

    „Ich...“

    Ich berührte wieder ihren Hals, ohne auf eine Antwort zu warten. Ich konnte die Musik aus dem Ballraum wieder hören, die ganz leise und sacht zu uns vordrang. Ich hörte die Gäste singen, es war ein französisches Lied über die Liebe. Ich konnte die Menschen hören, wie sie die Sekunden bis Mitternacht zählten und wie dann die Knorken knallten und wie ein neues Jahr angefangen hatte.

    Ich konnte die Welt spüren, um mich herum, überall, und ich wusste, dass diese Nacht nie enden würde.
    Ceyx ist offline

  18. #298 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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  19. #299 Zitieren
    Truhe  Avatar von Salieri
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  20. #300 Zitieren
    Kind des Zorns  Avatar von Dares
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    "Irgendwann, wenn nach all dem Lachen die Trauer zurückschleicht, dann denke ich an vergangene Tage und Menschen, denn die besten Tage liegen hinter uns. Aber es gibt Hoffnung. Und erst wenn wir sie aufgeben, habe Ich wahrhaft verloren und doch Recht behalten." meinte der alte Mann und erhob sich leicht schwankend vor Altersschwäche von seinem reich verzierten Stuhl. "Ich wähle die Hoffnung" fügte er dann stehend und mit stolzer Miene hinzu. "Eure Truppen mögen zahlreich sein, aber gegen unsere Krieger habt Ihr keine Aussicht auf Sieg, denn wir kämpfen entschlossener, verbitterter und mit den Geistern unserer Ahnen an der Seite." Der alte Fürst sog Luft durch die Zähne. "Und selbst wenn man mich dann in einigen Tagen an den Füssen durch die Straße zieht, so wird jeder Mann in unseren Freien Landen wissen, dass Faleron sie nicht verraten hat." Mit einem leisen Ächzen sank er wieder auf seinen Stuhl zurück und entließ den Gesandten des Imperiums.
    Dieser wandte sich zögernd um und ging in Richtung der Tür, die aus der Großen Halle von Faleron herausführte. Er wurde von drei Bewachern durch die engen Gassen der kleinen Hafenstadt geführt bis er vor zwei großen aus massiven Eichenstämmen gezimmerten Torflügeln stand. Auf einen Wink einer seiner Begleiter wurde das Tor geöffnet und der Gesandte verließ die Stadt. Zumindest schien es so. Dann war lautes Kriegsgeheul zu vernehmen, als er sich wieder schnell herumdreht und mit seinem eben noch versteckten Dolch einen seiner Begleiter ins Gesicht stach. Dieser brach in ein Jaulen aus und anstatt das Schwert zu ziehen, oder seinen Speer einzusetzen fasste er sich in sein blutendes Gesicht. Einer der anderen Wachmänner griff nun den Gesandten an und rammte ihm nach einer Finte sein Langschwert durch das dünne Wams in die Brust. Da waren aber auch schon weitere Kämpfer der Angreifer durch das Tor gestürmt und griffen die Bewacher mit brutaler Wucht an. Diese Kämpfer waren mit den schwarzen Standardrüstungen des Imperiums geschützt und trugen Langschwerter und mit Metall beschlagene Rundschilde.
    Endlich löste einer der Bewacher die Kette an dem großen Topf, der mit siedendem Öl gefüllt werden sollte und ergoss das kalte Öl über die Kämpfenden beider Seiten im Torbogen. Dann warf er eine Fackel herab und das Öl entzündete sich in Windeseile und die Schreie von brennenden Menschen erfüllte die Stadt, bevor nach einer gefühlten Ewigkeit endlich weitere Verteidiger zum Tor eilten und die beiden Tore schlossen, obwohl dabei einige Verbrennungen erlitten. Die Schlacht um Faleron hatte begonnen.
    Dares ist offline

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