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  1. Beiträge anzeigen #361
    Deus Avatar von Rodeon
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    Es wurde still im Heiligtum. Das Getuschel das man eben noch deutlich vernommen hatte, war mit einem Mal verstummt, als Ravenne wieder aufgestanden war.
    Jetzt zum nächsten Teil, dachte Rod sich, als er Ravenne näher kommen sah. Er nahm erneut den Feuerkelch in die Hand und hielt ihn hoch empor.
    „Dies ist die Flamme unseres Gottes“, sprach er ehrfürchtig erst zur Menge, bevor er sich umdrehte und den Kelch in Richtung der Innosstatue hielt. „Innos, wir haben uns heute hier eingefunden um ein neues Mitglied in deinen heiligen Orden aufzunehmen. Gib ihr die Kraft Gutes zu tun und deinen Willen geschehen zu lassen. Von jetzt an bis in alle Ewigkeit, bis sie einkehrt in Beliars Reich.“
    Er hob den Feuerkelch noch einmal etwas höher, bevor er ihn sachte wieder auf den Altar stellte.

    Der Feuermagier Altus näherte sich dem Altar. Rod machte ihm Platz, damit er seine Predigt halten konnte.
    Irgendwie konnte er gar nicht verstehen, was der ehrwürdige Feuermagier so alles sagte. Sein Blick war stets auf den Feuerkelch gerichtet, seine Gedanken kreisten um „seinen“ Kelch. Er hatte sein Leben verändert. Innos war seit jenem Tag mit ihm, das wusste er.
    Irgendwann war Altus fertig, ohne dass er ein Wort verstanden hatte. Es war aber nicht viel gewesen, so viel wusste er. Aber die wichtigen Teile waren sowieso ihm als Paladin vorenthalten. Als Altus wieder abtrat, nahm Rod seinen Platz wieder ein.
    „Lasst uns knien und beten“, fuhr er fort.
    Ein Innos Unser hallte durch den ganzen Raum. Einzig Ravenne blieb stumm. Hätte Rod nicht gewusst dass sie stumm war, hätte er die Zeremonie an dieser Stelle wohl augenblicklich beendet.
    Nach dem Gebet blieben alle mit ihren Knien auf dem Boden, alle bis auf ihn. Er wandte sich der Karaffe, die mit geweihtem Wasser gefüllt war, und dem Holzkelch, zu. Beide Sachen waren ebenfalls extra für die Zeremonie auf dem Altar deponiert worden.
    Er nahm die Karaffe in die Hand und befüllte damit sowohl den Feuerkelch als auch das hölzerne Gefäß.
    Ein weiteres Mal reckte er den Feuerkelch empor.
    „Ravenne, eines Tages wirst du, wenn dich dein Gott für würdig befindet, die Flamme aus dem Feuerkelch erhalten. Aber um für würdig befunden zu werden ist es ein langer Weg. Ein langer, steiniger Weg. Beliar und seine Schergen werden versuchen dich vom diesem Weg abzubringen. Also, sei fest im Glauben, kämpfe für das Gute und hüte dich vor dem Bösen.“
    Ein letztes Mal stellte er den Feuerkelch auf den Altar zurück. Das Wasser, das er eben noch in ihn gefüllt hatte, war verschwunden.
    Geheimnis des Glaubens, dachte er sich in diesem Moment, bevor er den hölzernden, immer noch mit Wasser gefüllten Kelch an sich nahm und sich Ravenne näherte.
    „Trinke, Kind. Trinke und erhebe dich, als Schwester unseres Ordens.“

  2. Beiträge anzeigen #362
    Rat des Orden Innos'  Avatar von Ravenne
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    Ravenne ist offline
    Gespannt beobachtete sie, was geschah, lauschte den Worten, die über und an Innos gesprochen wurden und unterdrückte spontanen Zweifel. Bis Beliar sie zu sich holte, konnte eine lange Zeit werden ... aber wie wäre Adanos' Sphäre, wenn es keine Leute gäbe, die diesen Weg einschlugen? Sogar ein Feuermagier hielt zu diesem Anlass eine Rede, und Ravenne vertrieb die letzten Zweifel, als sie niederkniete und im Geiste das Innos Unser mitbetete.
    Anschließend blieb sie auf den Knien, da keiner ihr ein Zeichen gegeben hatte, aufzustehen. Rod sprach noch einige Worte, riet ihr, fest im Glauben zu sein und sich nicht vom Weg Innos' abbringen zu lassen. Dann kam er mit dem Holzkelch auf sie zu und bot ihr an, daraus zu trinken. Es war Wasser, wofür sie ziemlich dankbar war, immerhin war sie dem Alkohol nicht gerade sehr zugeneigt (mit einem Schluck Wein hätte sie sich dennoch abgefunden, da es zur Zeremonie gehörte).
    Sie trank einen Schluck des Wassers aus dem Holzkelch und erhob sich schließlich, konnte kaum glauben, dass sie tatsächlich soeben zum Mitglied des Ordens der Paladine erklärt worden war. Irgendwo in Gedanken stellte sie für sich fest, dass es nun wohl angebracht war, die Gewohnheit des Nachtgebetes wieder aufzunehmen, die sie einst frustriert unterbrochen hatte. Mit Stimme war eben alles einfacher ...

  3. Beiträge anzeigen #363
    Deus Avatar von Rodeon
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    Rodeon ist offline
    Normalerweise hätte er ihr jetzt Platz gemacht, sodass sie einige Worte sagen konnte. Welche auch immer das sein mögen. Zum Glück erinnerte er sich rechtzeitig daran, dass man eine Tafel schlecht herumreichen konnte, das würde irgendwie die Stimmung kaputtmachen. Diesen Teil übersprang er einfach, Ravenne würde es ihm wohl verzeihen.
    Er stellte den Kelch wieder beiseite.
    „Willkommen, Schwester“, sprach er und umarmte sie, immerhin war sie nun Teil der gleichen Gemeinschaft, der auch er angehörte. „Trage das Wappen auf deiner Brust mit Stolz, wie auch alle die vor dir diesen Weg beschritten haben es mit Stolz trugen. Und nun geh mit Innos, Schwester. Geh mit Innos und lass dich in unserem Orden willkommen heißen. Danach, sobald sich der Raum wieder geleert hat, wirst du hier verbleiben und die Nacht im Heiligtum im Gebet verbringen. Und morgen bei Sonnenaufgang wird dein neues Leben beginnen.“
    Das restliche Wasser, das sich im Holzkelch befand, füllte er in das andere, heiligere Gefäß, das noch auf dem Altar stand. Innos nahm auch diesen an sich.
    In seinen Gedanken richtete er noch ein paar Worte an seinen Gott. Vor allem bat er darum, dass Ravenne eine Stimme gegeben wurde, aber irgendwie wusste er schon, dass dieser Wunsch unerfüllt blieb. Vorerst jedenfalls.

  4. Beiträge anzeigen #364
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    Kialar ist offline
    Eiseskälte und Schnee.
    Der gebürtige Varanter war, seitdem sie die kalten Ebenen und Hügeln Nordmars am Vortag erreicht hatten, in einen Zustand der Stille verfallen. Die großen Reden über Innos, das Aufmuntern des rüstigen Zuges, das Erleuchten der Ordensgemeinschaft während des Pilgerns, all dies hatte er nicht fertig gebracht. Kialar war einzig im Kampf gegen das unbarmherzige Wetter gewesen, seit sie nach einem kurzen Aufenthalt in Vengard über das gemäßigte Myrtana in den Norden gezogen waren.
    Er zollte diesen Landstrichen großen Respekt, kam auch nicht umhin, das ewige Weiß zu bewundern, das einzigartige Gefühl der Eiskristalle, die vom Himmel auf die Hand fielen, die lang gezogenen Gletscher, die hohen Gipfel, die scharfen Einschnitte in der Landschaft und die allgegenwärtige dunkeltrübe Helligkeit, die in den grauen von Nebel umzogenen Nordmar herrschten. Doch es war ein trister Respekt, voll von Sehnsüchten, den wohl ewig währenden Winter aus weiter Entfernung betrachten zu können.
    Der Feuermagier bewunderte die Ordensbrüder und Gerüsteten, die sich von kaltem Stahl beschwert, ohne zu Klagen durch die Landschaft gezogen waren, bis sie endlich das Kloster erreicht hatten.
    Erst dort, nach dem herzlichen Willkommensgruß, nach gewärmten Wein und den überall aufgestellten Kerzen und Lichtern, konnte sich der Wüstensohn wieder Innos’ besinnen, den er vergeblich angerufen hatte, als sie marschiert waren.
    Noch etwas hatte ihm die Wärme zurückgegeben, die Zeremonie zur Erhebung in die Ordensgemeinschaft von einer gewissen Ravenne, deren Eifer beim Schwur trotz ihrer Stummheit von ihrem Gesicht abzulesen war. Rodeon war ihr als Ordensbruder zur Seite gestanden, bis die von Innos neu erwählte Ordensschwester letztlich alleine zurückgeblieben war, um sich im Heiligtum vor dem Altar niederzulassen.
    Während der Zeremonie hatte es natürlich auch eine Rede des Magiers namens Altus gegeben, der Kialar ebenfalls mit Neugier und Freude gelauscht hatte und obwohl sie streng in seinem Geiste nachklang, spendete sie ihm doch Trost. Nach diesem anstrengenden Tag war er in einem geräumigen Zimmer, das man ihm netterweise angeboten hatte, und einem warmen Bett in einen tiefen Schlaf gefallen.

    „Innos zum Gruße, Feuermagier.“, sprach ein ältlicher Meister, als Kialar die Bibliothek betrat. Anfangs noch Distanz wahrend, hatte er sich heute entschlossen, seine Aufwartung bei den Ansässigen des Feuermagierordens zu machen. Nach einem kleinen Besuch bei Altus, der ihn schon gestern ehrerbietig gegrüßt hatte, war er bei einem Alchemisten gewesen und hatte sich nun in die ungewöhnlich riesige Bibliothek, die durch eine Wendeltreppe über mehrere Stockwerke hinweg Massen von Büchern in Regalen darbot, begeben.
    „Seid gegrüßt.“, gab der Wüstensohn den Gruß zurück und lächelte seinem Ordensbruder zu.
    „Das sind…viele Bücher.“, sagte er und konnte sein Staunen nicht verbergen.
    „Ja, nicht wahr?“, erwiderte sein Gegenüber und lachte über das ganze Gesicht. Obwohl der Bibliothekar schon viele Jahre gesehen hatte, lag eine große Kraft in seinem Blick und Kialar vermutete, dass es mit Weisheit auch nicht weit her war.
    „Wenige kommen letzter Tage zu uns.“, begann der Meister des Buches mit einer zuerst nasalen, klagenden, danach aber feierlichen Stimme. „Es sind nur mehr Pilger und Paladine, die sich in den kalten Norden aufmachen. Es freut mich, dass sich auch einmal ein Feuermagier zu uns verirrt.“ Dann reichte er ihm die Hand und drückte Seine wie ein Vater den lieben Sohn. Kialar, gerührt von der Geste, wusste nicht so recht was, er darauf erwidern sollte und antwortete nur „Mich auch.“
    Dann erzählte er ein wenig über Innos’ einzigartige Wege, das entbehrungsreiche Leben in diesem Kloster und sein täglich Werk in der Bibliothek, wonach der Wüstensohn etwas über sich erzählte.
    Es war ein Gefühl des Zusammenhalts, den er schon lange nicht mehr gespürt hatte, als er danach noch das restliche Kloster besichtigte, mit den anderen Magiern sprach und seine Redefreudigkeit, die er bei der Reise kurzzeitig verloren hatte, wieder zurück gewann. Sie hatten viel zu erzählen, aber die meisten schienen zufrieden mit ihrem Leben in diesem verschneiten Nordmar, wenn sie auch gerne Geschichten von der Hitze des Wüstenlandes hörten.
    Bis Dunkelheit einkehrte, zog er im Kloster umher, dann setzte er sich mit einem Tee in den Schankraum – oder besser gesagt Gemeinschaftsraum – des Kloster und genoss die Wärme, die in seine Glieder fuhr.

  5. Beiträge anzeigen #365
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    Lodrick ist offline
    Das Festland. Lodrick war wieder zurück in seiner wahren Heimat.
    Doch großartig Zeit sich umzusehen oder in Erinnerungen zu schwelgen hatte der junge Mann nicht gehabt.
    Stattdessen dachte er nach. War es tatsächlich richtig, das er hier war?
    War er tatsächlich schon bereit?
    Am Vortag, als Ravenne ihre Weihe erhielt hatte er eine Antwort auf diese Frage gefunden.

    So saß er nun in einer Art Gemeinschaftsraum des Klosters und wollte Rodeon, welcher gerade eintrat seine Antwort geben.

    "Für Innos." begrüßte er den Paladin und erhob sich kurz.

    "Ich wollte mich mit euch treffen da... Nunja. Ich habe meine Entscheidung noch einmal überdacht. Ich glaube, dass es noch nicht an der Zeit ist. Ich bin einfach noch nicht soweit. Zu einem Ordensmitglied gehört so vieles. Und ich finde es falsch, mich einzugliedern, obwohl ich noch nicht dafür bereit bin."

  6. Beiträge anzeigen #366
    Deus Avatar von Rodeon
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    Einen Moment lang war er überrascht. Aber das legte sich schnell wieder.
    „Es ist vielleicht auch meine Schuld“, gab Rod zu. „Ich habe dich da ziemlich ins kalte Wasser geworfen und nur meinem Bauchgefühl vertraut. Das mir übrigens immer noch sagt, dass aus dir mal was werden kann.“
    Er musste überlegen. Vielleicht hatte er Lodrick zu viel zugemutet. Oder der Milizsoldat bekam Lampenfieber, er wäre nicht der erste, dem es so erging.
    „Ich möchte, dass du dir wirklich sicher bist“, fuhr der Paladin fort. „Natürlich gehört zu einem Ordensmitglied vieles, aber der Weg der vor dir liegt ist noch lang und du wirst noch dazu in der Lage sein vieles zu leisten. Unsere Gemeinschaft, und ich besonders, würde dich nicht allein lassen, sondern dich dabei unterstützen wo es nur geht.
    Aber, und das sage ich mit aller Deutlichkeit, es ist deine Entscheidung. Dieser Weg kann nicht mit Zweifel angetreten werden, ansonsten wird es ein kurzer. Schlafe noch eine Nacht darüber. Oder zwei. Es gibt wohl keinen besseren Ort auf dieser Welt als das Kloster, um sein eigenes Ich zu erforschen und solche wichtigen Entscheidungen zu treffen. Ein Feuermagier namens Kialar ist mit uns gereist. Rede mit ihm, falls du immer noch unsicher bist. Er sollte der richtige sein, um dich zu unterstützen. Und wenn du dir sicher bist, komme zu mir zurück.“
    Er wollte schon wieder Lodrick das Feld überlassen, aber ihm fiel spontan doch noch ein Punkt ein.
    „Und es ist immer noch du“, musste er noch mit einem Grinsen anmerken. „Sogar, wenn du dich noch nicht für bereit hältst.“

  7. Beiträge anzeigen #367
    Ritter Avatar von Lodrick
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    Lodrick ist offline
    Lodrick lauschte Rodeons Worten.
    "Ich danke euch... also dir" Der Schmied musste grinsen, hatte er sich doch auch zuerst nicht daran gewöhnt Rethus zu duzen.
    "dafür das du mir nicht gleich den Kopf abreißt oder gar schlimmer. Und auch dafür, das du an mich glaubst. Ich denke, wenn ich tatsächlich das Zeug dazu habe, wird mich mein Weg auf jeden Fall zum Orden führen. Dann werden wir sehen wieweit du deinem Bauchgefühl vertrauen kannst. Zu deiner Unterstützung werde ich natürlich auch nicht Nein sagen."
    Der Milizsoldat war froh, dieses Gespräch zu führen. Und noch erfreuter war er darüber, dass Rodeon seine Entscheidung akzeptierte, ja gar nachvollzog.

    "Ich werde wohl auch ein Gespräch mit Kialar führen. Vielleicht wird sich ja etwas ändern."
    Geändert von Lodrick (28.10.2011 um 16:45 Uhr)

  8. Beiträge anzeigen #368
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    Hiroga ist offline

    Nordmar

    Langsam ritten die beiden Männer los. Sie schlugen locker die Stiefel in die Flanken der Tiere, so wie der Ritter es seinem Knappen gezeigt hatte. Solange der junge Mann seine Angst in den Griff bekam, war alles kein Problem. Und nach einigen Schwierigkeiten hielt sich Avik auch auf dem Pferderücken. Es ging voran, nicht all zu schnell, aber schneller als zu Fuß allemal. Ein unbeschwerter, leichter Ritt zum Pass. Die myrtanischen Wälder erstreckten sich den breiten Weg, ja, die inzwischen als solche zu beschreibende Straße entlang. Das Königreich erfuhr zweifelsohne einen Aufschwung, seit Handel und Leben nicht mehr durch widerliche, verfluchte Kreaturen mit grünem Fell bedroht und eingeschränkt wurden. Die wieder aufgebauten Städte oder solche, die man zumindest versuchte wieder aufzubauen, ließen das Königreich sicher bald in neuem Glanze erblühen. Mehr als jetzt. Zumindest blühte es mehr als Thorniara.
    Die beiden Männer ritten beide Seite an Seite vorsichtig durch die Landschaft. Es waren wohl die ersten Erfahrungen die Avik auf dem Rücken eines Pferdes sammelte und nicht alle diese Erfahrungen waren positiv. Zumindest wirkte der stets angespannte, etwas nervös oder vielleicht sogar ängstlich dreinblickende Knappe so. "Fall nicht herunter und jag dem Tier keinen Schrecken ein, sonst lernst du den Dreck auf dem Boden persönlich kennen", hatte er ihm gesagt. Und Avik schien wahrlich besorgt diese Bekanntschaft zu machen. Was würde er sagen, wenn es erst einmal bergauf ging und das nicht im Sinne seiner Reitkünste sondern im wahrsten Sinne des Wortes? Je mehr sie gen Norden kamen, desto schwieriger würde das Gelände werden. Es war gut, dass sie Zeit hatten. Ihr erster Tag in Myrtana sollte nicht von einem ausbüchsenden Pferd oder einem Avik mit gebrochenen Knochen überschattet werden.


    Gähnend schloss er mit den Erinnerungen an den vergangen Tag ab. Es war alles geblieben wie erwartet oder eher gesagt erhofft. Avik war noch ganz, sein Pferd ebenso.
    "Wenn du es dir zutraust, versuch ein wenig schneller zu werden. Du weißt ja wie das geht. Drück ein wenig mehr in die Flanken. Schlag die Stiefel ruhig locker hinein. Dein Gaul soll keine Schmerzen haben, aber den Drang und Befehl spüren. Aber pass auf, dass du dein Gleichgewicht nicht verlierst. Lehn dich ruhig ein wenig nach vorn und umklammere mit den Beinen soweit es geht den Bauch des Pferdes. Immer schön festhalten, denk dran!", erklärte er seinem Knappen wie es mit dem Reiten weiter gehen sollte. Eine Verbindung zwischen Reiter und Pferd aufzubauen, dafür hatten sie Zeit wenn sie im Kloster waren. Nun galt es die letzten Meilen zurückzulegen. Nordmar zeigte sich wie gewohnt zu dieser Jahreszeit von seiner bekanntesten Seite und präsentierte ihnen wahrlich die kalte Schulter. Doch der Herbst war hier im Norden eigentlich sogar erträglich, erst der Winter würde die bittere, gefährliche Kälte mit sich bringen.
    Täuschte er sich oder war es wärmer geworden seit das ganze Land wieder unter Innos' Herrschaft stand? Es kam ihm alles hier in Myrtana so viel wärmer vor als früher... vielleicht einfach weil er selbst diese entlegenen Ecken seiner Heimat vermisst hatte...

  9. Beiträge anzeigen #369
    Schwertmeister Avatar von Avik
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    Avik ist offline

    Hand

    Auch heute ritten die beiden weiter Richtung Nordmar. Sie hatten die große Stadt Vengard hinter sich gelassen und bisher gab es um sie herum nichts anderes, als Felder, Wiesen und vor allem Wald. Eigentlich eine sehr schöne Gegend, bemerkte der junge Knappe. Hier gewesen war er zuvor noch nie. Ardea und Kap Dun, seine Heimat, lag weit hinter ihnen, beinahe in der entgegengesetzten Richtung, doch die Wälder Mittelmyrtana`s hatten für wahr etwas für sich, das zwar das schöne Meer nicht in den Schatten stellte, aber trotzdem einfach einen jeden wohlig stimmte... Die Bäume verloren langsam ihre Blätter und der Boden färbte sich braun orange. Überall bereiteten sich die Tiere auf den Winter vor, es wurde emsig gezwitschert und im Laub geraschelt, dies und der kühle sachte Wind vom Meer her, seiner Heimat, brachten eine wirkliche herbstliche gemütliche Stimmung mit sich, die sie und ihre Pferde laufend begleitete und sie lauschen ließ.

    Avik hatte es endlich wirklich geschafft das Pferd zum Laufen zu überreden. Anfangs hatte es etwas gedauert, doch langsam bekam er es hin, sein Pferd bei normalen langsamen Tempo gerade aus zu halten und ein wenig das Gleichgewicht zu behalten. Hiroga hatte ihm noch einmal alles erklären müssen, das was er eh schon auf dem Schiff getan hatte, doch es hatte geholfen. Nun sollte er also das Pferd dazu motivieren etwas schneller zu werden, damit sie ein wenig schneller vorankamen. Er drückte, wie sein Ritter es ihm empfohlen hatte, dem Tier in die Flanken, nicht stark, versuchte aber auch nicht zu zögernd zu wirken, musste er ja Authorität zeigen, doch sein Pferd bewegte nur die Ohren, behielt sein Tempo neben Hiroga`s Tier bei. Er biss sich auf die Lippe, konzentriert und drückte noch einmal, diesmal stärker, sein Pferd wiehrte leise und begann wirklich zu traben, schneller als zuvor, überholte das Tier von Hiroga und wurde immer schneller, er zog hektisch am Zügel um es wieder zu bremsen, vor lauter Eifer hatte er weiter zugedrückt und so vermutlich das Tier angestachelt, also drückte er noch einmal und lockerte seine Beine dann wieder und erzielte die erwünschte Wirkung. Nun musste er nur noch im Sattel bleiben, das hieß, Hiroga`s Anweisung folgen und sich weiter nach vorne legen, außerdem versuchte er sich den Bewegungen des Pferdes anzupassen, was aber nur wirklich klappte, wenn er sich völlig darauf konzentrierte.

    Als er dann mit sich zu frieden war, schaute er zu Hiroga hinüber, der sein Tempo ebenfalls gesteigert hatte und wieder neben ihm ritt.
    "Noch schneller?", fragte er erst und wollte dann noch wissen: "Kennst du dich hier eigentlich aus? Wo genau sind wir?"

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    Hiroga ist offline

    Nordmar

    "Das Tempo kannst du halten... also wenn du es kannst...lehn dich aber nicht zu weit nach vorn! Nur ein wenig, wenn nötig. Geh mit dem Rhythmus mit, es ist ein wenig wie tanzen. Oder damit du es besser verstehst kämpfen. Eine Bewegungsfolge hat immer einen Rhythmus.", erklärte er und hoffe Avik würde es verstehen. Vermutlich tat er das nicht.
    Sein Blick wanderte umher. Es konnte wahrlich nicht mehr allzu weit sein. Die grün-braunen Wälder hatten sie hinter sich gelassen, Nordmar zeigte seine kühle Präsenz. Tannenwälder überwogen das Landschaftsbild und bestimmten es maßgebend, neben Hügelketten und steinigen Pfaden.
    "Hm... naja wir sind in Nordmar. Das Kloster kann nicht mehr allzu weit sein. Wenn wir nicht mehr rasten können wir bis Mitternacht da sein. Wenn du dieses Tempo beibehälst. Aber das wird schwierig bei den Sichtverhältnissen. Vielleicht sollten wir bald Rast machen, den Tieren ein wenig Ruhe gönnen und erst morgen den letzten Teil des Weges zurücklegen. Sollten wir eine geeignete Gelegenheit finden, können wir uns entscheiden. Das Kloster ist sicher und warm, ich würde das vorziehen.", sprach er und hoffte, sich mit der Strecke nicht verschätzt zu haben. Wenn sie weiter ritten und ihr Ziel nicht erreichten stand ihnen eine harte Nacht bevor.

    In Gedanken schweifte er ab. Was würde sie wohl im Kloster erwarten? Wie hatte es der andere Trupp überhaupt geschafft immer noch vor ihnen zu sein? Konnten sie fliegen? Waren Magier unter ihnen die einen Weg gefunden hatten nicht nur sich, sondern alle bekannten Regeln der Magie brechend auch andere zu teleportieren? Oder waren sie gar überfallen und verschleppt worden? Sie hatten diese Route genommen, das hatte man ihm berichtet. Wie konnten sie so schnell voran gekommen sein, zu Fuß? Sicherlich hatte dieser feige Paladin kehrt gemacht weil er sich zu sehr in die Hosen geschissen hatte und sie waren wieder auf dem Weg gen Thorniara.

  11. Beiträge anzeigen #371
    Schwertmeister Avatar von Avik
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    Avik ist offline
    In der Tat, die Wälder hatten sich langsam gewandelt, mehr und mehr Nadelbäume, je höher sie kamen. Der Weg ging immer steiler nach oben und es wurde finsterer. Nebel nahm ihnen die Sicht und der Wind wurde schneidender, es schien als hätte sich in den letzten paar Stunden der Herbst zum Winter gewandelt, als würde je weiter sie nach oben stiegen, auch das Wetter schlechterer und kälter. Er vergrub sich so gut wie möglich in seinen Klamotten. Nordmar schien also wirklich so kalt zu sein, wie es hieß und sie mussten nun hier rein, weiter hinein in dieses eisige Land. Langsam ritten sie weiter und weiter... doch mussten die Gefährten ihr Tempo wieder etwas drosseln, da Avik Schwierigkeiten hatte sein Pferd auf dem Weg zu behalten bei der schlechten Sicht und da das Steile nach oben, ihn noch zu schaffen machte...

    "Orks gibt es hier keine mehr oder? Wer wohnt hier?", wollte er nun wissen. Die Frage hatte sich ihm selbst erst gestellt, als ihn das Gefühl übermannt hatte, dass sie beobachtet worden, dass jemand von hinten näher kam. Er kämpfte dagegen an sich umzudrehen, doch schließlich schaute er doch schnell und flink nach hinten. Nichts. Er selbst erinnerte sich an seine Gefangenschaft. Näher an der Küste und vor allem nicht so weit rein in die Lande hier hatte er schürfen gelernt, Erz hacken hatte er gemusst für räudige Banditen, bis er schließlich fliehen konnte... ob hier auch solche räuberischen Banditen lebten? Er schluckte...

  12. Beiträge anzeigen #372
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    Hiroga ist offline
    "Nein, die Mistviecher haben wir ausgeräuchert!", brummte er zufrieden. "Zumindest hier. Sie strömten zwar einst aus diesen Gebirgen und überrannten das Land wie Küchenschaben, aber bis sie sich wieder her trauen, das wird hoffentlich dauern. Sie haben jede Stellung hier verloren, jede Befestigung.", fuhr er fort und feierte innerlich wieder einmal den Sieg über die verfluchte Brut Beliars.
    "Und wer hier lebt... nun die Nordleute... für gewöhnlich... aber die Clans sind nicht das was sie einmal waren... ich weiß selbst nicht genau was in der Zwischenzeit geschehen ist.", erklärte er und zuckte mit den Schultern. Zugern wäre er auf dem Festland geblieben, hätte geholfen Ketzer zu jagen und rebellierende Verbrechergruppen niederzuschlagen, aber der Feind hatte sich auf Argaan niedergelassen und so musste das Königreich und der wahre Glaube auf der schäbigen Insel verteidigt werden. Es war seine Pflicht und wenn Innos diesen Weg für ihn bestimmt hatte, dann war er gewillt zu gehen. Und wo er gerade an einen bestimmten Weg dachte...
    "Ich hoffe wir sind noch auf dem richtigen Pfad. Das kann hier oben ganz schön verwirrend werden. Aber das Kloster sollte bald erreicht sein. Nur nicht schlapp machen. Die Kälte wird uns nicht kleinkriegen und die Dunkelheit ebenso wenig. Und fürchte dich nicht vor wilden Tieren und Wegelagerern, wir sind Pilgerer auf dem Weg zum Heiligtum, Innos bewacht diese Wege mehr als jede andere, so heißt es. Weißt du etwas über das Heiligtum? Du solltest wissen warum dieser Ort so besonders ist und warum dieses Kloster dort zu finden ist, bevor wir es erreichen. Ich will dich nicht an einen Ort führen, dessen Bedeutung du nicht verstehst, weil sie die niemand erläutert hat.", sprach er und blickte in die Ferne an den Punkt, wo ungefähr das Kloster sein müsste. Nur noch ein paar Hügel...

    "Innos, so heißt es, stieg einst aus seinem Reich hinab in unsere Sphäre und sprach zu den Menschen. An diesem Ort, so sagt man, habe man das Kloster errichtet, um das Heiligtum und eine Statur unseres Gottes herum. Als er kam brachte er das heilige Feuer als Geschenk mit sich. Es gibt den Paladinen ihre Kraft. Wer vom heiligen Feuer trinkt wird fähig sein die Macht Innos durch seine Hände leiten zu können. Als Innos den Menschen, die er als seinen Avatar erwählt hatte, ihre göttliche Macht nahm, aus Rücksicht auf Adanos und um seinem Gleichgewicht eine Chance zu geben, ließ er ihnen dieses Geschenk um ein Stück dieser Göttlichkeit erhalten zu können. Doch nur die mächtigsten, die Erwählten, sollten dieses Geschenk nutzen können. Die Paladine! Um das Feuer zu trinken bedarf es mächtiger Artefakte, der Feuerkelche. Es ist noch nicht lange her, da trugen wir sie alle zusammen und die Paladin erlangten ihre Magie zurück."

  13. Beiträge anzeigen #373
    Schwertmeister Avatar von Jaryvil
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    Jaryvil ist offline
    "Da ist sie! Die Wüste! Varant." Jaryvil, der nun schon den ganzen Tag den Horizont im Auge behielt, war der erste, der mit einem lauten Ruf alle auf das Festland aufmerksam machte. Während er die ersten Worte noch laut rief, wandelten sich die letzten langsam zu einem freudigen Flüstern, welches, gemischt mit der salzigen Luft und dem Geräusch der Wellen viele Erinnerungen hervorbrachten.

    Die Ankunft in Al Shedim.. Die Aufnahme ins Wüstenvolk. Andy. Die Bilder zeigten sich deutlich vor seinem inneren Auge. Der junge Mann, der ihm damals den Umgang mit dem Bogen beibringen wollte, während er selbst eher darauf bedacht war, besser zu sein als Vainguard. Die beiden.. Wo sie wohl im Moment sind? In Al Shedim? Auf Argaan? Jary machte sich keine großen Hoffnungen, die beiden wieder zu sehen und doch behielt er den Gedanken an sie im Hinterkopf. Meine Aufnahme in die Gemeinschaft als Novize.. "Jahre ist es her... Ich bin gegangen als einfacher Schüler und komme zurück als Magier des Adanos'."

    Und während er in Gedanken schwelgte, war das Festland immer näher gekommen, deutlich konnte man den Tempel sehen, der über die Dächer der Bauten und über die Zelte hinausragte. Von weitem sah die Stadt, die aus den Ruinen erwachsen war, noch immer so aus wie früher. Ob es auch noch so ist wie früher?

    Kurze Zeit später waren sie da, ihr Kapitän hatte sie sicher ans Ziel gebracht. "Das war eine gute Fahrt, Betty! Danke." Und mit diesen Worten ging er zu Ptah, mit dem er dann gemeinsam das Schiff verließ und sich bei Jary die ersten Glücksgefühle erhoben, als er den noch heißen Wüstensand unter seinen Füßen hatte. "Wir sind da... " So wirklich konnte er es noch nicht glauben, als ihn seine Füße schon langsam Richtung Tempel trieben.

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    Schwertmeister Avatar von Avik
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    Avik lauschte fasziniert. Wieder einmal wurde ihm klar, dass er viel zu wenig über Innos, über den Gott wusste, den er glaubte zu verstehen. Wieder einmal wurde ihm klar, dass er noch ein Schüler war, ein Lehrling, ein Lehrling im Glauben, ebenso wie in allen anderen Dingen und wieder einmal wurde ihm bewusst, dass er auch einen Lehrer hatte, einen stattlichen Ritter, der auf ihn aufpasste, ihn lehren wollte. Er strahlte innerlich vor Freude und Stolz, er hatte ganz schön Glück sich Hiroga`s Edelknecht nennen zu dürfen, das sollte er nicht vergessen.

    "Am Kloster sprach Innos zu den Menschen?", fragte er verblüfft nach und machte große Augen, was sein Ritter freilich nicht mitbekam, denn die schlechte Sicht war zu einer wirklich grauen Schneewolke geworden, die so undurchsichtig war wie verdrecktes Wasser. Ja, es schneite, es schneite und schien gleichzeitig auch zu regnen, seine Sachen jedenfalls waren durchnässt und er fror, ebenso wie sein Pferd, so schien es. Auch der Pfad war noch schmaler geworden, er tat sich verdammt schwer neben Hiroga zu bleiben und sein Pferd gerade aus zu dirigieren und hin und wieder musste er stark korrigieren um einen Fehler auszubessern.

    Hatten sie sich verirrt? Würden sie erfrieren, würde sie Innos wirklich beschützen?, er schluckte.

    "Hiroga...", murmelte er dann, "Willst du mir vielleicht den Spruch der Ritter, also den Eid aufsagen und wenn du ihn kannst, den der Paladine? Ich würde gerne wissen, was die Eide bedeuten, was in ihnen vorkommt. Rodeon hat gemeint es wäre sinnvoll", er sprach laut, laut genug um das Schneegestöber zu übertönen, auch wenn sich wirklich eng nebeneinander ritten, doch den letzten Satz, so hoffe er, würde sein Ritter überhören, vielleicht würde der Wind den unüberlegten Satz wegtragen... ihn würde es erleichtern, wusste er doch, dass Rodeon und den Augen seines Ritters ein Verbrecher war.

    Im nächsten Moment vergaß er all diese Gedanken wieder, dann vor ihnen ragte ein Gebäude, da war er sich sicher, oder war es nur eine Felswand? Er zweifelte nun doch wieder. Einen kurzen Augenblick lang hatte er wirklich gedacht, dort vorne gingen Treppen empor und ein Hausdach hatte er auch gesehen, doch nun schien es, als hätte er sich das nur eingebildet, da der Sturm ihnen wieder die Sicht genommen hatte... er zögerte und spähte weiter nach vorne.

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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Wie ein Tropfen auf den heißen Stein war die Ankunft eines Schiffes an einem Ort, der lange schon als verlassen gelten sollte, mindestens seit dem Zeitpunkt, da der König unter Innos sich das Recht erdreistet hatte, ihn für sich zu beanspruchen. Ruinen in der Wüste, dem Verfall der Zeit ausgesetzt, verloren und verlassen von den Menschen, nicht fähig, die Ewigkeit zu überdauern, wohl aber eine lange Zeit, dass sie als Rätsel den nachfolgenden Generationen dienten.

    Die Augen der Wassermagierin ruhten vom Deck der Dicken Kuh aus auf der kleinen Wüstenstadt, die einst Heimstatt der Nomaden und Wassermagier gewesen war und dich noch immer so viele Erinnerungen auch der Rothaarigen in sich trug. Erinnerungen, denen sie nicht gerecht geworden war, für die ihr Herz schlug und sie sie verleugnen wollte, abstreiten, wenn auch nur ein menschlicher Blick wieder auf sie fallen konnte. Erinnerungen, welche die Zeit bis zu ihrem – Melaines – Ende überdauern würde und für die Ewigkeit ihres Lebens ein Teil ihres Herzens blieben. Egal, wie groß der Wille war, sie zu verbannen, egal, wie tief der Schmerz ob ihres Verlustes mit dem Fortschreiten der Zeit in ihrem Inneren gesunken war, sie zu vergessen war ihr unmöglich. Vom Beginn ihrer Reise in der Wüste, als sie mit einem Schwert in der Hand nahe Al Shedim erwacht war, bis zu ihrem Ende im Kastells, als sie mit Jail im Nebel verschwunden war.

    Der Blick der Rothaarigen wandte sich von der kargen Fauna ab und ruhte einen kurzen Augenblick auf dem Kapitän. Betty Schotbruch nickte ihr vorsichtig zu, nachdem am Abend zuvor ein kleiner Goldbeutel den Besitzer gewechselt hatte, und Melaine hoffte, dass dieser groß genug war, sich die Treue der Frau zu erkaufen. Sie brauchte Wissen und wer, wenn nicht eine Seefahrerin, die, wie sie behauptete, schon überall gewesen war, würde sie ihr beschaffen können?

    Mit einem feinen Lächeln auf den Lippen erwiderte die Zauberin das Nicken Bettys und stieg dann die Planke zum Holzsteg herab, um an Land zu gehen. Der Nordmann, der Magier und der Adept weilten bereits in einiger Entfernung nahe der Wüstenstadt. Jaryvil schien sogar direkt in den Tempel marschieren zu wollen, während die Haltung des jungen Ptahs etwas Verlorenes hatte, obgleich sein Blick von fester Entschlossenheit gehalten wurde.

    Melaine näherte sich den Männern und das Lächeln auf ihren Lippen war beständig, selbst dann noch, als sie näher an Ptah herantrat. „Ihr wirkt ein wenig unsicher. So als fragtet ihr euch, wie es euch möglich ist, uns wieder loszuwerden. Stattdessen könntet ihr aber auch beginnen, zu akzeptieren, dass wir hier sind. Ganz gleich, ob es euer Wille war oder nicht. Wir sind nur hier, weil ihr hier seid. Es steht euch frei, dies zu nutzen. Doch ihr solltet euch in eurer Entscheidung beeilen.“, sprach die Magierin leise und wandte sich dann wieder von dem Adepten ab. Wenn er bereit war, eine Antwort zu geben, würde er den Mund schon öffnen. Wenn nicht, so wusste sich die Wassermagierin zu beschäftigen, ob nun mit den Problemen des jungen Adepten oder denen des Nordmannes. Es schien, als gebe es hier kein Gleichgewicht, ganz gleich, ob man einwarf, dass zwei gesunde Geister zwei mehr oder weniger kranken gegenüberstanden. Es gab nur eine Person, die dies ausgleichen konnte. Jaryvil schien mehr wie ein kleiner Junge, welcher mit kindlicher Freude in die Ferne starrte.

  16. Beiträge anzeigen #376
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    Hiroga ist offline

    Nordmar, Kloster

    Der wohlbekannte Bau überragte die Hügelkette. Sie hatten es endlich geschafft. Seine Berechnungen waren korrekt, sie wären rechtzeitig angekommen... wäre da nicht dieser verfluchte Sturm gewesen. So hatte sich ihre Reise um einen weiteren Tag in die Länge gezogen. Dennoch... sie waren angelangt, alles andere war unwichtig.

    "In den Eiden wirst du nichts finden, das dich auf deinem Weg weiterbringt.", verkündete er und schmetterte die Anfrage seines Knappen ab. "Sie sind schöne, bindende Worte, die deine Abhängigkeit besiegeln und dir vorschreiben was du zu tun hast. Sie beschreiben nichts als die Grundprinzipien denen sich jeder wahre Gläubige Innosdiener längst unterworfen hat. Der Rittereid dient zur Verpflichtung, der Paladineid dient der Festigung und wenn du wahrhaft an Innos glaubst wirst du keinen von ihnen verstehen müssen, denn dann hast du sie beide schon innerlich zu Innos gesprochen. Sich mit Worten an Innos zu binden ist überflüssig, denn was er hört ist die Stimme deines Herzen, die als einzige die Wahrheit sprechen kann. Die Eide wirst du früh genug kennen. Was wirklich wichtig ist, ist das Wort Innos', nicht das Wort, das irgendein Mensch geschrieben hat!", erläuterte er seine Ablehnung. Ja, durch die Eide würde Avik nichts lernen. Der Rittereid ließ den künftigen Ritter seine Treue zu Innos und Rhobar schwören, der Paladineid huldigte die Grundtugenden der Paladine. Beschütze die Schwachen, sei milde in der Strafe, diene Innos und handele nach seinem Willen. Unsinn! Überflüssiges Gerede. Jeder Paladin sollte sich so weit mit seinem Glauben befasst haben, dass er nicht auf solcherlei grundlegende, elementare Dinge zu schwören brauchte. Niemand hatte es verdient ohne diese Tugenden so weit zu kommen. Beschütze die Schwachen, denn Innos hat dir seine Kraft gegeben um sie zu schützen. Er hat dich dazu erwählt. Beschütze sie und wahre Ordnung und Gerechtigkeit. Bestrafe die Schuldigen in selber weise, nach Recht und Ordnung, und sei milde in der Vergebung. Innos' Wille wird dich leiten, sein Wort und seine Tugenden sind allgegenwärtig, sie bestimmen dein Leben und lassen dich die Welt auf die rechte Art und Weise erblicken.
    Das war was wichtig war. Und Avik würde genau das lernen... wenn die Zeit gekommen war.

  17. Beiträge anzeigen #377
    Ehrengarde Avatar von Ptah
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    Ptah ist offline

    Ankunft in Al Shedim

    "Und dieses Mal hat Euch Eure weibliche Intuition getäuscht, werte Melaine. Ich habe mich schon länger nicht mehr so sicher gefühlt wie gerade.", erwiderte Ptah und etwas, das entfernt an ein Schmunzeln erinnerte, schlich sich dabei auf sein Gesicht, "Es ist lange her, dass ich in Varant war und meine Rückkehr hierher, gibt mir ein Vertrauen, wie ich es schon lange nicht mehr verspürt habe. Ich werde finden, wonach ich suche. Dessen bin ich mir sicher."

    Sein Blick streifte den Tempel und die Ruinen, welche sich an ihn drängten, glitt über die Dünen in der Ferne und schien sich schließlich irgendwo im sternengespickten Nachthimmel über dem Sandmeer zu verlieren.

    "Nun denn.", sprach er irgendwann wieder zu den Beiden, "Bereit für eine spannende Zeit in der Bibliothek, denn dort werden wir mit der Suche beginnen."

  18. Beiträge anzeigen #378
    Schwertmeister Avatar von Avik
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    Avik ist offline
    Sie stiegen ab. Er hatte sich nicht getäuscht. Das vor ihnen war tatsächlich das heilige Kloster. Er schwieg, wusste nicht, was er auf Hiroga`s gut erklärte aber trotzdem kalt, wie das Wetter hier, wirkende Abweisung erwidern sollte.

    Hatte er ihn nur nicht sagen wollen, wie die Eide lauteten, weil Rodeon mit ihm darüber gesprochen hatte? -Nein, sicher nicht. Hiroga hatte ja auch bei den Feuermagiern seine ganz eigene Denkweise gezeigt, seine eigene Überzeugung, so schien es wohl auch hier zu sein, mit den Schwüren der Paladine und Ritter. Erwidern traute er sich trotzdem nichts und so fragte er nur zögerlich: "Gehen wir rein? Leben hier eigentlich noch Feuermagier und Novizen oder ist das ein eher antiker Bau der nur von Pilgerscharen besucht wird?", wollte er wissen. Er versuchte seine Schlotternden Zähne in den Griff zu bekommen. Er rieb sich mit den Armen über den Oberkörper um sich warm zu bekommen.

    Er hätte jedenfalls überhaupt nichts dagegen das Kloster zu betreten, wenn es doch nur schön warm war. Vielleicht gab es ja einen Ofen oder einen Kamin. Er wurde ganz hippelig bei den Vorstellungen...

  19. Beiträge anzeigen #379
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    Hiroga ist offline
    "Hier leben noch Novizen und Feuermagier. Die heiligen Hallen sind von ihnen behütet und die Bibliothek die es hier geben soll, birgt viele Geheimnisse. Ich...besuchte sie einst...", sagte er leise und erinnerte sich an einige seiner dunkelsten Stunden. Tagelang hatte er im Fackelschein nach der erlösenden Schrift gesucht. Beinahe hatte er all das verdrängt, doch so er wieder herkam, wurde die Erinnerung aufgefrischt. Es war wahrlich erstaunlich welche Wirkung dieser Ort auf ihn hatte. Einiges hatte er hier erlebt, das Kloster war der Knotenpunkt einiger seiner wichtigsten Erlebnisse gewesen. Seine Krankheit, seine Verbannung, vieles hatte hier begonnen oder geendet. Sicherlich würde dieses Mauerwerk auch für Avik einige einschneidende Erlebnisse bereit halten. Das war nun einmal Teil des Ortes, an dem Innos hinabgestiegen war. Hier geschah Schicksalhaftes.

    "Pass' auf was du anfasst und denke an deine Manieren... es ist ein heiliger Ort... er sollte dementsprechend gewürdigt werden. Die Feuermagier die sich hier aufhalten verdienen in jedem Fall unseren Respekt. Wer hier so lange ausharrt um dem Herrn auch körperlich soweit wie es möglich ist nahe zu sein, der mag ein wahrer Innosdiener sein. Wenn du an Innos denkst, atme tief ein und genieße den Augenblick in diesen Hallen... allein das wird dich wärmen.", sagte er und blickte zur Pforte. Neben all den düsteren Erinnerungen und Gedanken, die sein Herz nervös und rasch schlagen ließen, waren es doch auch schöne Bilder, die ihm ins Gedächtnis gerufen wurden. Gefühle viel mehr... diese allumfassende und durchdringende Wärme... überall präsent, schützend, wachsam... es war Innos' Blick, dessen war er sich sicher.

    "Aber du hast Recht, wir sollten hineingehen."
    Seine Faust schlug ruhig, doch bestimmt, gegen das dicke Holz.

  20. Beiträge anzeigen #380
    Schwertmeister Avatar von Jaryvil
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    Jaryvil ist offline
    Schnell hatte sich völlige Dunkelheit über die Wüste gelegt, doch der Mond, der hier in der Wüste nur selten verdeckt war, leuchtete ihnen zusammen mit den Fackeln, die in Al Shedim brannten, den Weg. Ihr Weg führte sie zum Tempel, genauer gesagt wollte Ptah die Bibliothek aufsuchen um dort mehr zu erfahren, anscheinend heute noch, daran ließ die Entschlossenheit in seiner Stimme keine Zweifel und so machte sich die kleine Gruppe auf und stand schonbald vor den Stufen, die sie in das Innere brachten. Niemand war ihnen auf dem Weg begegnet, nur ein, zwei Schatten waren an ihrem Blickfeld vorbeigehuscht. Nomaden?

    Jarys Blick ging nach oben, wiedereinmal hatten ihn die Erinnerungen eingeholt. In gedrosseltem Tempo stiegen sie nun die Stufen empor bis sie endlich da angekommen waren, was für sie irgendwann einmal Heimat bedeutet haben mochte. Es dauerte eine Weile, bis er sich der Tatsache entsinne, dass die Bibliothek ein Stockwerk tiefer lag. Es scheint alles so verlassen.. Auch im Tempel hatte er bisher niemanden gesehen. Ich hoffe, das liegt nur daran, dass es mitten in der Nacht ist..

    "Ptah, könntet ihr uns irgendwelche Anlaufpunkte geben, nach denen wir in den Büchern suchen können?"

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