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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Vier Tische waren in der großen Halle zusammengestellt worden, um so etwas wie eine Tafel zu bilden. Es erinnerte Medin an die Empfangsgepflogenheiten in den Hallen eines niederen Lords, obgleich das prächtigste auf dem Tisch wohl der dünne Wein neben dem Brot, dem Pökelfleisch und dem Haferschleim war. Doch alle anscheinend wichtigen Personen waren anwesend. Einige Gardisten Medins, ein Sergeant Pandrons, drei Soldaten Reginalds sowie zwei Vorarbeiter von den einzelnen Minen. Medin hatte neben dem Amtsmann am Kopf der Tafel Platz gefunden und blickte auf eine Karte, die dieser neben seiner Schüssel ausgebreitet hatte. Das alte Lederstück sah so aus, als sei es schon öfters bei Tisch betrachtet worden.
    „Wir betreiben insgesamt fünf Minen“, erklärte Reginald, während der Großteil der anderen Gäste eigenen Gesprächen nachging. „Eine liegt direkt hinter dem Fort den Berg hinauf. In einer viertel Kerzenstunde ist man dort. Drei andere liegen in der näheren Umgebung hier, hier und hier. Mit einem Maultier ist die weiteste zwei Kerzenstunden entfernt. Die fünfte liegt weiter hinten im Tal, das ihr herauf geritten seid. Reitet man hier bei Sonnenaufgang los, bleibt nicht mehr viel Zeit bis zum Zenit, wenn man sie erreicht hat.“
    „Sind alle Minen mit Wagen erreichbar?“
    „Nein, Sir, nur mit Maultieren“, antwortete einer der Vorarbeiter. Es war ein alter Mann mit einem vom Bergwetter gegerbten Gesicht, dem beinahe sämtliche Zähne fehlten. Die Leute hier nannten ihn alle nur Krumm und der stark gebeugte Rücken verriet den Grund dafür. „Bis auf diese beiden hier. Dort ist das letzte Stück zu den Stollen nur zu Fuß zu machen. Ist eine Heidenarbeit von dort das Erz bis zu den Maultieren zu schleppen.“
    „Wie viele Männer arbeiten in den einzelnen Minen?“
    „Das kommt drauf an. In der Kleinsten nur sieben, in der Größten haben wir gut zwanzig Stollengänger.“
    „Und wo gibt es Probleme?“
    „Zeig es ihm, Krumm“, meinte Reginald. Der Angesprochene schaute kurz auf und deutete dann auf die Karte.
    „In meiner hier kriegen wir seit Monaten kaum noch Erz aus dem Fels. Meine Männer schuften wie die Ochsen im Frühjahr auf dem Feld, aber der Berg ist zu widerspenstig.“
    „Das ist die größte Mine“, erklärte Reginald. „Daher gibt es weniger Yrumaerz, das nach Quasar fährt.“
    „Ich verstehe“, nickte Medin und blickte weiter auf die Karte. Eine blasse Markierung hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. „Was ist das hier?“ Der Punkt lag in der Nähe des Weges zur am weitesten entfernten Mine.
    „Das war auch einmal eine Mine“, antwortete Krumm und nahm einen großen Schluck Wein. „War recht ergiebig, aber von den Bergen verflucht.“
    „Von den Bergen verflucht?“
    „Ein Aberglaube“, schritt Reginald scharf ein. „Hüte deine Zunge, Krumm! Du sprichst mit einem Ritter des Lords von Quasar. Es gibt keine Berggötzen.“
    „Warum denkst du, dass die Mine verflucht ist?“, fragte Medin den alten Mann und sah ihn dabei direkt an, den Blick von Reginald wegziehend.
    „Aberglaube oder nicht, dort drinnen haben wir mehr Männer verloren als in den anderen Minen zusammen“, antwortete Krumm dann zögerlich.
    „Es gab eine Reihe von Unglückfällen“, ergänzte Reginald. „Zweimal sind wir auf Minecrawler gestoßen, dann gab es Felsstürze und schließlich einen Wassereinbruch vor einem Jahr. Danach haben wir die Stollen aufgegeben.“
    „Was der Berg nicht geben will, gibt er nicht“, meinte Krumm. „Ist bei meiner Mine genauso.“
    „Du sorg dafür, dass sich deine Männer anstrengen“, wies ihn der Amtsmann zurecht. „Der Hauptmann wird sich die Minen ansehen wollen.“
    „Gleich morgen brechen wir auf“, bestätigte Medin und leerte seinen Weinkrug.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Ein Maultier zu reiten war ungewohnt, doch auf den Pfaden, den sie nun folgten, definitiv klüger. Sie hatten sich aufgeteilt. Jeweils zwei Gardisten waren am Morgen zusammen mit einigen ortskundigen Arbeitern und zwei Wachen Reginalds zu den fünf Minen aufgebrochen. Medin nahm zusammen mit Garlen die am weitesten entfernte Erzmine in Angriff und war froh, auf dem unebenen und steinige Pfad, der über teilweise scharfkantigen Kalkstein führte, auf die Trittsicherheit der geübten Maultiere vertrauen zu können. Für Parceval wäre dieses Gelände zu gefährlich.
    Neben Krumm, der sie als Vorarbeiter der Mine begleitete, ritt er den Pfad weiter das Tal hinauf – tiefer in die Yrumaberge hinein. Der alte Mann sah auf dem Rücken seines Maultiers eher wie eine kleine Stoffkugel aus, so dick hatte er sich in Mäntel gehüllt. Aber der Hauptmann konnte es ihm nicht verdenken, denn ein eisiger Wind blies ihnen entgegen, der ihn bis auf die Knochen frieren ließ. Sein Reittier ertrug es scheinbar mit routinierter Gelassenheit.
    „So ein Wetter haben wir hier öfter, Sir“, rief ihm Krumm zu, der die Blicke des ehemaligen Generals richtig gedeutet hatte. „Um diese Jahreszeit schicken uns die Berge heftige Talwinde. Seid auf der Hut, das Gelände wird bei solcher Witterung trügerisch.“
    „Lawinen?“, fragte Medin.
    „Auch, wenn genug Schnee daliegt. Aber auch Felssturz oder vereiste Steine, auf denen ihr abrutscht. In den letzten Monaten haben wir auf diesem Weg hier zwei Wachen und einen Bergmann verloren. Abgestürzt.“
    Medin blickte nach links in Richtung Abgrund. Der Weg war hier meistens noch breit genug, um zu zweit nebeneinander zu reiten.
    „Hier?“
    „Hier in der Nähe, einer auch ein Stückchen weiter vorne. Waren alle bei sehr schlechtem Wetter unterwegs. Manchmal reitet man um eine Biegung und wird plötzlich von einem Wind erfasst, der einen fast aus dem Sattel hebt. Aber wenn ihr aufmerksam seid und eurem Maultier vertraut, ist es relativ sicher.“
    Gerade ritten sie um eine Biegung und Medin griff die Zügel ein wenig fester, doch der Wind hielt keine Überraschung bereit. Stattdessen kamen sie an so etwas wie eine Weggabelung. Nach rechts, den Hang hinauf, zweigte ein steiler, unsicher wirkende Pfad ab.
    „Wir reiten links weiter, Sir“, informierte ihn Krumm.
    „Geht es rechts zu der verlassenen Mine, von der wir gestern gesprochen haben?“, erinnerte sich Medin an die Karte, die er sich eingeprägt hatte. Krumm nickte nur finster und vergrub sein Gesicht in den Kragen seiner zwei Mäntel.

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    Als sie die Mine schließlich erreicht hatten, fielen wieder Schneeflocken vom grauen Himmel. Es waren nicht viele und sie waren leicht genug, um ziellos in den Winden der Hänge und Schluchten umher zu tanzen. Medin hoffte, dass es so blieb, denn war ihm der Hinweg schon gefährlich erschienen, wollte er ihn auf keinen Fall bei starkem Schneefall in die andere Richtung antreten.
    Sie hatten die Maultiere in einen mit Stroh ausgelegten Bretterverschlag geführt und nun die letzten fünf Minuten Aufstieg zum eigentlichen Mineneingang bewältigt. Der Schachteingang erwies sich als sowohl in Breite als auch Höhe großzügig aus dem Fels geschlagen und war mit einer Bretterwand komplett verschlossen. Als sie durch eine breite Tür eintraten, sah der Hauptmann auch, warum. Der Eingangsbereich diente den Bergarbeitern gleichzeitig sowohl als Lager für Vorräte und Erz als auch als Schlaf- und Wohnbereich. Kleinere Bretterverschläge unterteilten die Seiten in mehrere Räume.
    „Sind alle Minen so angelegt?“, fragte Medin Krumm.
    „Nein, nur die hier. Es gibt draußen keinen Platz, der vor Steinschlag und Lawinen sicher ist. Der Bereich ist recht einfach warm zu kriegen und die Decke hier fällt uns nicht so schnell auf den Kopf.“
    Das glaubte der Hauptmann den mächtigen Stützbalken, die zur Decke reichten. Es war sicher ein großer Aufwand gewesen, diese mächtigen Hölzer den weiten Weg bis hier rauf zu bringen. Krumm entzündete derweil einige Torffackeln und verteilte sie an Medin, Garlen und einen der Soldaten. Zu viert würden sie hinabsteigen.
    „Wollt ihr wirklich hinunter?“, fragte der Alte noch einmal.
    „Ich will sehen, wie die Männer arbeiten“, bejahte der Paladin. Krumm zuckte mit den Schultern und führte sie zu einer niedrigen Tür an der Rückseite des Eingangsbereichs, die wohl die Kälte aus dem Berg fernhalten sollte. Dahinter war es bis auf den Schein einer Öllampe nahezu finster und ein eigentümlicher, staubiger Geruch schlug ihnen entgegen.
    „Wird jetzt ein bisschen eng, Sir“, meinte Krumm und Medin war überzeugt, dass er gleich so gebeugt wie der alte Vorarbeiter gehen würde. Die Fackel voran folgte er dem Buckeligen hinein in das Innere des Berges.

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    Der Abend war hereingebrochen und ein niedriges Feuer brannte im Eingangsbereich der Mine. Medin hatte entschieden, dass sie erst morgen zum Fort zurückkehren würden, um nicht zu riskieren, das letzte Stück des Weges in der Dunkelheit zurücklegen zu müssen. Dafür waren sie hier drinnen nun mehr oder weniger zum Nichtstun verdammt, das der Hauptmann nutzte, über die Situation nachzudenken. Was er unten in den Stollen gesehen hatte, war beunruhigend gewesen. Er war einmal in der Söldnermine auf Onars Hof gewesen und auch im Minental hatte er Stollen von innen gesehen, aber diese Menschen hier arbeiteten unter ungleich härteren Bedingungen. Oft waren die Schächte kaum hoch genug, um selbst gebeugten Hauptes darin stehen zu können und so tief in den Berg gehauen, dass es steile Passagen gab, an denen man sich zu Tode stürzen konnte. Hier wurde also das Erz für Quasar gefördert. Von armen Bergarbeitern, die vermutlich schon Jahre hier oben in den Yrumabergen lebten und kaum etwas anderes kannten.
    „Ihr meintet im Fort, dass eure Leute weniger Erz schürfen“, sprach Medin zu Krumm, der mit ein paar Bergarbeitern ebenfalls am Feuer saß und sich mit ihnen über diverse Dinge unterhielt.
    „Mehr stumpfer Stein, weniger Erz, Sir“, erwiderte er.
    „Über was für Größenordnungen sprechen wir?“
    „Wohl ein paar dutzend Säcke im Monat. So genau weiß ich das nicht.“
    „Habt ihr keine Aufzeichnungen?“
    „Aufzeichnungen?“
    „Listen, Register, Bestandsaufnahmen“, antwortete Garlen, der auch am Feuer saß, für Medin. Der Gardist war früher einmal der Knappe eines Ritters gewesen und sicher auch mit so mancher Handelskarawane mitgereist.
    „Verzeihung, Sir, aber ich kann nicht schreiben. Hier kann keiner schreiben.“
    Der Ritter schaute kurz zu Garlen und dann wieder zu Krumm.
    „Und woher wisst ihr, dass ihr weniger fördert?“
    „Der Herr Reginald führt genaustens Buch über jede Kiste und jeden Sack mit Erz, den wir im Lager abliefern. Er sagt, dass wir weniger gefördert haben und das kommt schon hin. Der Berg war hart die letzten Monate. Nehmt’s den Männer nicht übel, Sir.“
    „So viel weniger haben wir gar nicht gefördert“, meinte plötzlich ein junger Mann neben Krumm.
    „Still, Chett“, schalt ihn der Vorarbeiter sofort.
    „Aber es waren wirklich nur drei oder vier Säcke weniger“, beharrte der Junge, der höchstens siebzehn sein konnte.
    „Du sprichst mit dem Herrn Ritter, also zeig etwas mehr Respekt und red keinen Unsinn. Ihr müsst verzeihen, Herr“, wandte sich Krumm an Medin. „Chett ist erst seit einem Jahr hier.“
    „Woher willst du wissen, wie viel ihr gefördert habt“, fragte der Paladin den Jungen direkt.
    „Ich … Verzeihung, Herr, ich meine, Sir. Ich zähle die Jutesäcke ab, in denen das Erz auf die Maultiere gepackt wird und wir haben diesen Monat genauso viele übrig wie letzten und den davor nur drei mehr, Sir.“
    „Bist du dir sicher, Junge?“, hakte Garlen nach, während Krumm dieses Mal seinen Mund hielt.
    „Ziemlich, Sir. Ich schlage oft auch Kerben in die Balken hinten im Lager, denn manchmal gehen ein paar Säcke kaputt und wenn die Wachen kommen, muss ich ihnen sagen, wie viele Säcke sie beim nächsten Mal wieder mitbringen sollen, damit wir genug haben.“
    „Zeig mir diese Kerben“, entgegnete Medin und erhob sich vom Lager. Chett, Krumm und Garlen taten es ihm gleich, während die anderen Männer allesamt verstummt waren und die vier beobachteten. Anscheinend war der Abend interessant geworden.

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    Der nächste Tag hatte ohne Schnee begonnen und so waren Medin und seine Begleiter auf direkte Wege zum Fort zurück geritten. Am zeitigen Nachmittag hatten sie ihr Ziel erreicht und der Hauptmann hatte damit begonnen, die Berichte von den anderen Gardisten einzuholen. Das erwies sich als schwierig, da er mit den Männern nicht in der Anwesenheit Reginalds reden wollte, der aber darum bemüht war sich als guter Gastgeber permanent um die Angelegenheiten der Gruppe zu sorgen. Schließlich – die Dunkelheit war inzwischen über den Talkessel hereingebrochen – traf er mit Waymar den letzten, mit dem er reden wollte, auf dem Platz vor der großen Halle.
    „Wird wohl eine kalte Nacht, Sir“, meinte der Rekrut. Beide Männer waren in ihre dicken Mäntel gehüllt.
    „Gefällt mir hier auf alle Fälle besser als die letzte in der Mine“, entgegnete er. „Wie sah es bei euch beiden aus?“
    „Eine elende Schinderei, wie die Männer da das Erz aus dem Fels brechen. Da würde ich lieber in Quasar als Tagelöhner herumkommen, als in diese Löcher zu kriechen. Irgendwann erdrückt einen der Berg hier.“
    „Wie viel Fördereinbußen hatte deine Mine?“
    „Konnte mir dort keiner so genau sagen. Sie zählen nicht selbst ab, das läuft alles über Reginald. Der Vorarbeiter meinte aber, dass es wohl ein halbes dutzend Säcke in den letzten Monaten waren.“
    „Dann muss ich morgen wohl einen Blick in seine Bücher werfen. Mir kommt das seltsam vor.“
    „Nicht nur euch, Sir. Da ist noch etwas.“ Waymar ließ unauffällig den Blick schweifen, ob jemand in Hörweite war. Auch etwas, das er gelernt hatte. „Ich habe mit einer der Wachen etwas geplaudert. Dem Torwächter, der uns rein gelassen hatte. Der scheint nicht gut auf Reginald zu sprechen zu sein. Hat über zwei Krügen Dünnbier behauptet, dass der Amtsmann vor kurzem zwei seiner Kameraden in den Tod geschickt hat.“
    „Inwiefern?“
    „Habe ich auch nachgefragt und da ist er auf einmal ganz ruhig geworden, als ob er so viel gar nicht sagen wollte. Meinte dann, dass es auf einem Transport zu der Mine weiter hinten das Tal rauf passiert ist.“
    Medin nickte.
    „Krumm meinte, dass sich da vor einigen Wochen zwei Wachen zu Tode gestürzt hätten. Bei schlechtem Wetter.“
    Waymar sah ihn fragend an. In seinem Kopf schien es genauso zu arbeiten.
    „Für schlechtes Wetter kann Reginalds wohl nichts, oder?“
    „Nein, dafür wohl nicht. Es sei denn, die Wachen hatten andere Befehle, als wir wissen.“
    „Habt ihr eine Ahnung, Sir?“
    „Hm“, brummte er, denn das hatte er tatsächlich. Doch eines nach dem anderen. „Versuch dich weiter umzuhören, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Ich hoffe, Reginalds Bücher werden mir morgen mehr verraten.“
    „Aye“, blies Waymar weißen Nebel in die Schwärze der Nacht, bevor sie sich umwandten und wieder die große Halle betraten.

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    Drei Kerzen brannten auf dem Tisch in der Dienststube Reginalds und tauchten die Pergamentseiten in ein flackerndes, unstetes Licht. Medins Augen schmerzten bereits, zumal die recht kleine Schrift schwierig zu lesen war. Ob der Amtsmann erwartet hatte, dass ein Paladin des fehlerfreien Lesens mächtig war? Einige waren es, wenn sie aus gutem Hause kamen, die meisten aber nicht oder nur kaum. Medin kam nicht aus gutem Hause und doch war er jetzt in der Lage, das Register zu überprüfen.
    „Führt ihr die Listen lückenlos?“, fragte er Reginald.
    „Selbstverständlich, Sir. Das ist Teil meines Amtes. Um liefern zu können, muss ich wissen, was ich bekomme.“
    „Lord Jun wird freuen, von eurer Gewissenhaftigkeit zu hören, die dieser Tage leider alles andere als selbstverständlich ist.“
    „Glaubt ihr denn, dass auf dem Weg von hier nach Quasar etwas von den Lieferungen abgezweigt wird?“
    „Möglich“, entgegnete Medin, während er umblätterte. In Wirklichkeit hielt er das aber für unwahrscheinlich. Es waren oft unterschiedliche Wachen dabei gewesen und selbst wenn dem so wäre, blieben die Diskrepanzen zwischen den geschätzten Angaben der Minenarbeiter und den hier festgehaltenen Mengen. Aber das verschwieg er vorläufig, denn abgesehen von einem Balken in einer der Minen, in den Kerben geschlagen worden waren, hatte er keinen Beweis für derlei Anschuldigungen und jemand vorzeitig zu verschrecken war das letzte, was er wollte. Das würde das Auffinden des fehlenden Erzes nur umso schwieriger machen.
    „Seid ihr der einzige, der hier des Lesens und Schreibens mächtig ist?“, fragte er nach einer Weile den Amtsmann.
    „Soweit ich weiß, Sir. Der Wirt drüben in der Taverne schafft auch ein bisschen, wenn er nüchtern ist und sich anstrengt.“
    „Daher führen die Vorarbeiter bei den Minen also keine eigenen Bücher.“
    „Warum sollten sie? Auf dem Weg von den Minen hierher gibt es nichts als nackten Fels und ein paar Tannen. Wie sollte da jemand etwas auf die Seite bringen?“
    „Verspäten sich die Lieferungen manchmal?“
    „Selten. Bei allem Respekt, Sir, da ist alles in Ordnung. Wir haben Förderprobleme, wie euch meine Arbeiter auch schon versichert haben werden.“
    „Und ich werde es Lord Jun versichern, wenn ich wieder in Quasar bin, aber dazu muss ich alles überprüfen“, erwiderte der Hauptmann kühl. Das brachte Reginald zum Schweigen.

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    Im Stall war es dunkel, ebenso wie draußen. Die fünf Männer hatten darauf verzichtet ein Licht zu entzünden.
    „Ruhig“, redete Medin dem Maultier zu, das die Anspannung der Gardisten zu wittern schien, und tätschelte seinen Hals.
    „Reginald wird sowieso erfahren, dass wir weg sind“, meinte Waymar. „Ich weiß, wer gerade am Tor Dienst hat. Der wird es sofort melden, sobald wir weg sind.“
    „Soll er“, entgegnete Medin. „Wir haben einen Vorsprung und sind Reginald keine Rechenschaft schuldig. Seine Reaktion wird aufschlussreich sein. Da wird Qhorin ein Auge drauf haben.“
    „Sind er und die anderen nicht in Gefahr, wenn Reginald Panik bekommt und gegen sie vorgehen will?“, warf Garlen ein.
    „Ich glaube nicht, dass er so unvorsichtig ist. Er kann nicht ungestraft gegen Männer unter dem Banner Lord Juns vorgehen und ich vertraue Qhorins Instinkten.“
    „Hoffentlich hat Innos trotzdem ein Auge auf ihn.“
    „Und auf uns“, nickte Medin. „Los!“
    Inzwischen waren sie aufgesessen und ritten die Maultiere aus dem Stall über den Platz direkt zum Tor. Der Mond stand am Himmel und gemeinsam mit dem Schnee an den Hängen war die Nacht hell genug, dass Medin sich und seinen Männern diesen Ausflug zutraute. Es war eine einmalige Gelegenheit, wenn auch gefährlich. Hoffentlich fanden die Mulis den Weg auch im Dunkeln.
    Am Tor erwartete sie nur ein Wachposten, der an der Palisade lehnte und zu dösen schien. Schließlich wurde er aber durch das Geräusch der Hufe aufgeschreckt.
    „S…Sir, wollt ihr etwa raus?“, kam die stotternde Frage, als er erkannt hatte, wer da vor ihm stand.
    „Sieht so aus. Öffne das Tor!“
    „Hat Reginald das befohlen?“
    „Ich befehle es, Soldat“, ließ Medin keinen Zweifel an der Befehlskette. Einen Augenblick schien der arme Kerl unschlüssig, tat dann aber doch das, was gesund war. Als sie durch das Tor hinaus ritten, war auch Medin sich sicher: In ein paar Minuten würde Reginald unsanft geweckt werden.

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    Die Maultiere fanden ihren sicheren Tritt und darüber waren Medin und seine vier Begleiter heilfroh. Drei gefühlte Stunden waren sie nun schon neben diesem gähnend schwarzen Abgrund den Weg entlang geritten. In der Nacht wirkte das Tal wie ein nahezu bodenloses Loch, das kurz davor war, die winzigen Menschen zu verschlingen. Doch die Gardisten erreichten schließlich ihr Ziel: Die aufgegebene Mine. Von dem Abzweig am Hauptweg war es noch einmal eine viertel Stunde Aufstieg gewesen, bevor sie einen großzügigen Felsvorsprung erreicht hatten, in dessen Felswand ein mit Brettern vernagelter Minenschacht zu erkennen war.
    „Bereitet die Fackeln vor“, sagte Medin, saß von seinem Reittier ab und nährte sich dem Stollen. Zwischen den Brettern war kaum ein Spalt gelassen, durch den man hätte hindurch spähen können. Der Paladin versuchte es dennoch und bemerkte einen leichten Luftzug. Dann griff er das Holz und rüttelte daran. Fest.
    „Sieht gar nicht so alt aus, Sir“, meinte Garlen, der mit einer nun entzündeten Fackel herantrat.
    „Gut beobachtet. Waymar, die Axt.“ Die dreieinhalb Ellen lange Bartaxt hatten sie in weiser Voraussicht mitgebracht und nun kam sie zum Einsatz. Der Rekrut musste sie einige Minuten lang schwingen, bis sie die Bretter soweit dezimiert hatten, dass ein Mann durch die Lücke hindurch passte.
    „Ihr beide bleibt hier am Eingang“, wandte er sich an Garlen und einen anderen Rekruten. „Bewacht die Tiere und haltet nach Verfolgern Ausschau. Die anderen kommen mit mir.“
    Der Paladin lockerte seinen Einhänder in der Scheide – bereit, ihn schnell ziehen zu können – bevor er von Waymar eine Fackel entgegen nahm und als Erster in die muffige Kälte des Bergwerkes eintauchte.

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    Der Stollen war niedrig, fiel aber nicht steil ab, sondern führte relativ gerade in die Tiefe des Berges. Medin, der voran ging, konnte im Schein der Fackel kaum mehr als drei Schritte voraus sehen. Es schien, als ob das Gestein selbst das Licht in sich aufsaugte und die Fackel zu nicht viel mehr als dem Blenden seiner Träger taugte. So tastete sich der Paladin mehr oder weniger blind eine ganze Weile lang vorwärts, an Abzweigen immer den breitesten wählend und versuchte so dem Luftzug, der die Flammen tänzeln ließ, zu folgen. Schließlich öffnete sich der Stollen zu einer Kammer, die dem Licht etwas mehr Platz ließ. Sie war etwas höher und der Boden fiel zur Mitte hin ab. Obwohl man die gegenüberliegende Wand nicht erkennen konnte, schien es sich um einen runden Hohlraum zu handeln.
    „Rieche nur ich das?“, fragte Waymar. „Irgendwie streng.“
    „Ist viel zu kalt“, entgegnete Medin. Hier unten herrschte Frost. „Aber mir kommt die Luft auch etwas seltsam vor.“
    Die drei Krieger wagten sich langsam weiter in die Kammer vor und mit ihnen kroch der diffuse Lichtkegel um sie herum voran, in dem kleine Steine lange Schatten werfen konnten und selbst kleinste Risse als unendlich tiefe Spalten erscheinen konnten. Der Südländer bemerkte, wie gespannt seine Sinne waren und versuchte gerade einem Verkrampfen vorzubeugen, als er an der gegenüberliegenden Höhlenwand die Umrisse erkannte, die sich langsam aus dem Dunkel schälten. Sirrend fuhr sein Schwert aus der Scheide, gefolgt von denen seiner Begleiter.
    „Wer da?“, fragte er nicht zu laut in Richtung der halb sitzend an der Wand lehnenden Gestalt. Kettenglieder reflektierten fad das Licht der Fackel, der Stoff der Bekleidung schien schmutzig zu sein und hob sich kaum vom Gestein ab.
    „Umgebung im Auge behalten“, warnte der Streiter die Rekruten davor, sich nur auf eine Sache zu fokussieren und nährte sich vorsichtig der Gestalt. Immer deutlicher wurden die Details und Konturen, bis er schließlich einige Schritte vor dem Mann stand. Ein Soldat von der Mine, zumindest war er das einmal gewesen. Bewegt hatte er sich wahrscheinlich schon lange nicht mehr. Die blasse, schmutzige Haut war eingefallen, sah steif gefroren aus. Er trug den üblichen Waffenrock, doch in seinem Bauch klaffte ein großes, schmutzig rot gefrorenes Loch.
    „Das hätte ich nicht einmal mit der Axt dort rein bekommen“, kommentierte Waymar den Anblick und untertrieb damit keineswegs. Diese Verletzung war sicher nicht auf einen Menschen zurückzuführen.

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    Die Antwort auf die Frage, was der Tote hier zu suchen hatte, fand sich einen Hohlraum weiter. Ein Stapel von mehreren dutzend Holzkisten, abgedeckt mit einem halben Segeltuch.
    „Sind das die Kisten, für die ich sie halte?“, fragte einer der Männer.
    „Finden wir es heraus“, entgegnete Waymar und stemmte seine Axt unter den Deckel einer Kiste. Das Holz ächzte laut, wehrte sich, bevor es schließlich aufsprang. Darunter lag das, was Medin bereits vermutet hatte: Eisenerz.
    „Jetzt wissen wir, wo Reginald das Erz versteckt hat. Nicht die Minen geben weniger her, sondern er.“
    „Aber etwas ist schief gelaufen“, warf Medin ein. „Der Tote dort …“
    Weiter kam er nicht, denn plötzlich donnerte ein feindselig grollendes Fauchen durch die dunkle Höhle, das ihm die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Er erstarrte, genau wie die anderen. Kein Atemzug war in der folgenden Stille zu hören.
    „Bei Innos …“, hauchte einer der Rekruten. Medin hörte Angst in der Stimme zittern und er konnte es ihm nicht verdenken. Hier unten lebte irgendetwas sehr gefährliches.
    „Wir gehen jetzt langsam zurück in Richtung Ausgang“, flüsterte er den anderen zu. „Bleibt dicht zusammen und macht möglichst wenig Lärm.“
    Von irgendwo in der Höhle ertönte ein langsames, schlurfendes Kratzen.
    „Los.“

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    Die fünf Krieger trieben ihre Maultiere zur Eile, sodass Medin an einigen Stellen die Befürchtung hatte, sie würden einen Tritt verfehlen und abstürzen. Doch das Risiko mussten sie eingehen. Die Kisten und der Tote in der Höhle sprachen dafür, dass Reginald Erz unterschlug und zu diesem Zweck zumindest ein paar der Männer im Fort auf seiner Seite hatte. Qhorin und die anderen waren also in Gefahr, falls der Amtsmann zu der Einsicht kam, dass Medin zu nah an die Wahrheit gelangt war und nun beseitigt werden musste. Auch wenn es absurd war, dass er damit durchkommen könnte, waren Männer in solchen Situationen unberechenbar.
    Das Morgengrauen hatte bereits seinen ersten Schimmer über die Gipfel der nahen Berge gelegt, als die Gruppe das Fort erreichte.
    „Könnte eine Falle sein“, meinte Garlen, als sie in Sichtweite des Tores kamen. Auf der Palisade stand eine Wache – zweifellos, um nach ihnen Ausschau zu halten.
    „Wir müssen auf alle Fälle hinein kommen, also werden wir es sehen.“
    Der Wachposten war ein anderer als der in der Nacht und öffnete ihnen anstandslos das Tor. Hinter der Palisade auf dem großen Platz erwartete sie auch kein bewaffnetes Empfangskomitee. Alles schien so zu sein wie immer.
    „Wonach sieht die Situation aus?“, fragte Medin den Rekruten Waymar, der nervös wirkte, als sie die Tiere in den Stall führten. „Womit müssen wir rechnen?“
    „Reginald kann nicht wissen, ob wir etwas entdeckt haben. Wahrscheinlich wird er sich unverdächtig verhalten, um sich nicht zu verraten.“
    „Gut gedacht, aber wenn er wirklich dahinter steckt, ist er ein Mann, der sehr weit voraus plant.“
    „Er wird Vorbereitungen getroffen haben“, warf Garlen ein.
    „Für den Fall der Fälle wird er das“, bestätigte Medin. „Er hat sicher seine Männer alarmiert … zumindest die Eingeweihten. Wir wissen nicht, wie viele das sind, aber wir können es uns auch nicht mehr leisten, noch weitere Erkundigungen einzuholen. Es ist an der Zeit zuzuschlagen.“
    Inzwischen hatten sie den Stall erreicht. Er war bis auf die Tiere leer.
    „Ihr beiden sucht sofort Qhorin und die anderen; nach Möglichkeit auch Pandrons Männer“, wies Medin Garlen und Waymar mit gedämpfter Stimme an. „Sie müssten noch in der Taverne sein. Kommt so schnell wie möglich bewaffnet zur großen Halle. Wir drei werden vorgehen. Lasst die Klingen in den Scheiden, solange euch niemand zum Kämpfen zwingt. Ich will kein Blutvergießen.“
    „Wir sollten zusammen gehen. Er könnte euch als Geiseln nehmen.“
    „Ich will so nah wie möglich an ihn heran kommen und dazu muss ich ihn überraschen. Das schaffe ich nicht mit zwei dutzend Männern“, entgegnete Medin. „Für solche Situationen habe ich euch ausgebildet. Gebt die nötigen Informationen Qhorin, er hat das Kommando. Und jetzt beeilt euch.“

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    General Avatar von Yared
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    Stadtgefängnis, Maradras am Lederon, Südliches Gorthar

    Yared erwachte schweißgebadet. Seine Augen brannten und hinter seinen Lidern pochte es unaufhörlich. Die Kleidung des Kapitäns war klitschnass und stank, seine Glieder steif und seine Stirn heiß, als hätte er Fieber. Er fror, zitterte am ganzen Körper und musste die Zähne fest aufeinander pressen, damit sie nicht klapperten. Bei jedem Einatmen wurde es ihm Kalt, beim Ausatmen heiß. Er spürte weder Füße, Zehen noch Nase. Auch seine Zunge war taub und leicht geschwollen, ja sein ganzer Mund- und Rachenraum waren trocken, wie das überalterte Brot, das man hier den Gefangenen zu kredenzen pflegte.
    Er lebte ... noch.

    Ob das gut oder weniger vorteilhaft war, vermochte er nicht zu sagen, zumal er scheinbar zu schwach zum Sprechen war. Sein Zunge wollte sich nicht lösen. Wie lange war er wohl bewusstlos gewesen?
    Unter großer Kraftanstrengung hob er die Lider und wagte einen Blick in ... laues Dunkel. Von irgendwo dort draußen vernahm der Sippenführer leises Wimmern. Woher genau, konnte er nicht feststellen. Es war augenscheinlich Nacht. Yared ließ die schweren Lider wieder in ihre vorherige Position sacken.
    Schwach donnerte der Puls durch seine zerschlagenen Glieder. Er ließ den Kopf hängen, sein Bewusstsein wurde träge. Müde fiel es ein schwarzes Loch hinab.
    Irgendwo dort in der schwärze des Nichts erglomm abermals der Funken, dem er seit Anbeginn seines Aufenthalts hier in dieser Zwischenwelt nachfolgte.
    Immer weiter und weiter fiel sein Geist und langsam wurde der Funken größer. Er hatte sich geirrt, sein Geist sich täuschen lassen. Dieses Licht war nicht grün, es war eher von einem dunklen Türkis.
    Was für ein Schwachsinn, dachte sich Yared, was für ein bemerkenswerter Schwachsinn - ein dunkles Licht.
    Das war das Letzte, was er dachte, dann schlug sein Geist durch die Mauer aus wogendem, dunklem Licht.
    Alles entglitt ihm, alle Gedanken seinem Geist, sein Bewusstsein seinem Zugriff.

    Es war das letzte Mal, dass Yared im Gefängnis von Maradras zu Bewusstsein kam.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Mit großen, weit ausholenden Schritten nährte sich Medin dem Langhaus. Drei Wachen waren an der Pforte postiert - das waren zwei mehr als sonst um diese Zeit. Die Sonne warf gerade ihre ersten Strahlen über ein paar ferne Bergspitzen, doch das Fort war noch vollkommen in nächtliche Schatten gehüllt. Der Talkessel behielt diese Schatten für sich und würde auch alles andere, was nun hier geschehen würde, vorerst für sich behalten. Er oder ich, dachte Medin und verlangsamte seine Schritte nicht, als ihm eine der Wachen in den Weg trat. Erst direkt vor ihr kam er zum Stehen.
    „Geht mir aus dem Weg. Ich muss Reginald sprechen.“
    „Tut mir Leid, Sir“, entgegnete die Wache. Ein junger Mann von vielleicht zwanzig Jahren. Wahrscheinlich war Medin einer der ersten Ritter, mit denen der Soldat in seinem Leben zu tun hatte und genoss so einen Achtungsvorschuss, den er einzusetzen gedachte. „Herr Reginald möchte nicht gestört werden. Sicher liegt er noch zu Bett.“
    „Das wird er gleich nicht mehr. Die Sache ist von größter Dringlichkeit.“ Medin machte einen Schritt nach vorne, der Wachposten einen zurück. „Wollt ihr mich wirklich aufhalten?“
    Der Jüngling überlegte ein paar Augenblicke.
    „Nein, Sir. Ich gehe ihn wecken …“
    „Danke, nicht nötig.“ Mit diesen Worten schob sich der Paladin an ihm vorbei, seine beiden Gardisten dicht auf den Fersen, und stieß die Tür zur Halle auf. Hinter sich registrierte er Bewegungen. Einer der Wachposten eilte davon.
    „Behaltet den Eingang im Auge“, wies er seine beiden Begleiter an, als sich die Tür geschlossen hatte. „Gebt euch gegenseitig Deckung, wenn sie kommen, und haltet mir den Rücken frei. Das wird nicht lange dauern.“
    Wieder fand er seine weiten Schritte und durchmaß die Halle. Doch auf halbem Weg verlangsamte er seinen Gang plötzlich. Von seinen Wohnräumen aus kam ihm Reginald entgegen. Der Amtsmann war in Leder gekleidet und trug ein Schwert am Gürtel. Zur linken Hand begleitete ihn der Hauptmann der Wachen des Forts. Also steckte zumindest der auch mit drinnen.
    „Einen guten Morgen wünsche ich, Sir Medin“, begrüßte ihn der Amtsmann. „Womit habe ich Ehre eines so frühen Besuchs verdient?“
    „Mir sind in der Nacht ein paar Fragen gekommen, zu deren Beantwortung ihr mich wohl nach Quasar begleiten müsst.“ Der Südländer hatte nur begrenzt Geduld, eine Scharade mitzuspielen. Er blieb nicht stehen, sondern nährte sich weiter den beiden. Der Soldat zu Reginalds Linken machte einen Schritt vor seinen Vorgesetzten, während dieser selbst verharrte.
    „Das ist sehr schade“, meinte der Vorsteher dieser Minenkolonie. „Ich fürchte, ich bin verhindert.“
    „Das war keine Frage.“
    „Stehen bleiben!“, schaltete sich der Soldat ein und zog sein Schwert. Medin lief weiter.
    „Zur Seite. Reginald ist im Namen Lord Jun Quel-Dromâs verhaftet und wird umgehend nach Quasar verbracht, um sich dort vor seiner Lordschaft zu verantworten.“
    „Ich sagte, stehen bleiben!“, schrie der Soldat.
    Medin war bis auf wenige Schritte herangekommen und blieb nun wirklich stehen. Er konnte die Sorgenfalten auf der Stirn seines Gegenübers sehen.
    „Wollt ihr euch wirklich dem Recht des roten Drachens entgegen stellen und die Klinge gegen einen Paladin erheben?“, richtete er die drohenden Worte an die Wache. Es war die ruhige drohende Stimme, die er sich in seiner Zeit als General erworben hatte und mehr Eindruck machte als so manches Befehlebrüllen. „Im Namen Innos: zur Seite! Das ist eure letzte Warnung.“
    „Gebt es auf, Medin“, entgegnete Reginald an Stelle seines unschlüssig wirkenden Untergebenen. „Und das ist meine letzte Warnung.“
    Der Hauptmann hörte, wie hinter ihm ein weiteres Mal die beiden Türflügel der Halle aufgingen. Dämmerlicht warf einen breiten Kegel in den Raum, in dem die langen Schatten vieler Männer zu sehen waren. Medin blickte über die Schulter und sah sie. Die Wachen des Forts, voll gerüstet, ihre Waffen in den Händen. Doch sie stürmten nicht herein und auf Medin und seine Begleiter zu, sondern kamen langsam und … rückwärts. Vorsichtig, unschlüssig, was zu tun war, wichen sie vor etwas zurück. Dann sah der Paladin Qhorin mit dem Rest seiner Männer die Wachen langsam vor sich her treibend, ebenfalls ihre Waffen in Händen.
    „Was zum … ihr solltet sie doch festsetzen!“, keuchte Reginald den Hauptmann seiner Wache an. Dessen bleiches Gesicht war zu Stein erstarrt und in diesem Augenblick genoss Medin das Gefühl des Stolzes auf die Männer, die er ausgebildet hatte. Sie hatten sich nicht festsetzen lassen.
    „Männer im Dienste Quasars!“, erhob der ehemalige Oberbefehlshaber der Streitkräfte von Myrtana seine Stimme und alle verharrten. „Ihr alle seid auf Treue und Ergebenheit dem Lord von Quasar, Jun aus dem Hause Quel-Dromâ, verpflichtet. Als Paladin und sein direkter Vertreter verhafte ich im Namen seiner Lordschaft wie auch in Innos’ Namen den Amtsmann Reginald wegen Diebstahl und Verrats und enthebe ihn mit sofortiger Wirkung seines Amtes und aller ihm übertragenen Befugnisse. Jeder, der mir und meinen Männern dabei im Wege steht, macht sich des Hochverrats schuldig, also steckt eure Waffen weg.“ Einen Augenblick lang sagte niemand etwas und Medin wandte sich an den Hauptmann neben Reginald. „Ihr seht es doch. Lasst euer Schwert fallen, oder es gibt ein Blutvergießen.“
    „Hört nicht auf ihn! Ich …“ Reginalds panischer Befehl wurde vom Geräusch eines auf dicke Holzbretter fallenden Breitschwertes unterbrochen. Nach und nach taten es die anderen Männer ihrem Hauptmann gleich.
    „Reginald“, sprach Medin den Verräter direkt an und erkannte die Furcht in seinen Augen. Nur das erlaubte ihm seine schnelle Reaktion, als Reginald zu seinem Schwert griff. Anstatt es ihm gleichzutun, schnellte er nach vorne. Mit zwei Schritten war er bei ihm und ergriff mit der linken Hand den Knauf der noch nicht vollständig gezogenen Waffe, während er mit der anderen zur Faust geballt einen Schlag direkt in das Gesicht führte. Reginald stürzte jaulend zu Boden und verlor noch im Sturz das Schwert, das nun in Medins Hand ruhte. „Gebt auf.“
    Der Gestürzte fasste sich mit einem Wimmern an die blutende Nase und Medin wollte ihn gerade wieder auf die Beine ziehen, als von draußen ein Schrei ertönte.

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    Der Schrei war von unglaublicher, elementarer Angst erfüllt und drang bis tief ins Knochenmark des Südländers ein. Den Umstehenden musste es ähnlich ergehen, denn für einen Augenblick rührte sich keiner.
    „Das kam vom Tor“, hörte er Qhorin durch die Halle rufen.
    „Ihr beiden bleibt hier bei Reginald“, wies Medin zwei Gardisten an und drückte ihnen das Schwert des Verhafteten in die Hand. Dann zog er seinen eigenen Einhänder vom Rücken und eilte mit den anderen nach draußen. Dort sah er es.
    Die Kreatur, die sich auf dem Wehrgang der Palisade festgekrallt hatte und gerade einen Wachmann verspeiste, erinnerte an eine große, etwas zu lang geratene Eidechse. Ihr Körper war schlangenartig, doch mit dicken, verhörnten Schuppen bedeckt. Die klauenbewehrten Arme und Beine hatten brettergroße Splitter aus der Palisade gerissen und die tief orangen Echsenaugen, die an den Seiten des drachenartigen Kopfes lagen, glühten bedrohlich auf die furchtsam da stehenden Menschen hernieder, während sich die Schnauze immer wieder tief im Leib seines Opfers versenkte. Der Kettenpanzer des Wachmanns war aufgerissen wie ein Blatt Papier.
    „Bei Innos, was ist das?“, hörte Medin jemanden fragen.
    „Ein Drache … ein Lindwurm … ich dachte, die wären hier ausgestorben“, antwortete der Wachhauptmann Reginalds, der neben sie getreten war. „Dann war es also wirklich einer.“
    „In der verlassenen Mine, richtig?“, fragte Medin. Der Angesprochene nickte nur. Der Paladin und seine Männer konnten also von Glück sprechen, dass sie aus der alten Mine noch rechtzeitig herausgekommen waren, doch da das Untier ihrer Fährte wohl bis hierher gefolgt war, mussten sie ihr Glück noch etwas weiter strapazieren.
    „Holt mit euren Männern an Speeren und Lanzen zusammen, was ihr kriegen könnt.“
    „Ihr wollt gegen dieses … Ding kämpfen?“
    „Wollt ihr abwarten, bis es eure Familien und Kameraden verspeist? Los!“, brüllte ihn Medin an und wandte sich dann an Waymar. „Du geh die Glocke läuten und versuch so viele Leute wie möglich in das Langhaus zu bringen. Es ist am stabilsten. Wir versuchen das Vieh derweil von dort oben runterzukriegen. Männer, mir nach!“
    Es waren hauptsächlich Gardisten und einige von Pandrons Männern, die seinem Befehl folgten und über den Platz in Richtung des Tores. Sie hatten noch nicht die Hälfte des Weges geschafft, als sie der Blick der Echse fixierte und das Tier mit einer für seine Größe erschreckenden Eleganz einen Satz von der Palisade nach unten machte.
    „Mehr Abstand zueinander“, rief Medin den Befehl über den Platz. „Wir müssen es von der Halle weglocken.“

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    Krachend splitterte das Holz einer Bergarbeiterkate, als der Lindwurm mit einem lauten Fauchen hindurch brach und zwei Männer, die das Gebäude gerade umlaufen hatten, von den Beinen riss. Die beiden schrieen laut auf, als sie von den messerscharfen Klauen erwischt waren. Sofort stürmten einige andere vor, um die Echse von ihnen wegzutreiben. Speere schnellten nach vorne, doch verfehlten ihr Ziel. Die beiden Verletzten konnten sich aufrappeln.
    „Wir müssen es in die Enge treiben“, rief Medin den anderen zu und bemerkte gleichzeitig, dass die Glocke, die Waymar geläutet hatte, verstummt war. Ob das bedeutete, dass es alle in die große Halle geschafft hatten, wusste er nicht. Er hoffte, dass es keinen Unterschied würde machen müssen.
    „Hinter der Taverne an die Palisade“, rief ihm der Hauptmann der Fortwachen zu. „Dort ist sie am höchsten.“
    Der ehemalige General nickte und folgte den anderen Soldaten, die das Untier verfolgten, obwohl sie am liebsten vor ihm fliehen wollten. Instinktiv schien jeder zu ahnen: Wenn wir ihm dem Rücken zuwenden, sind wir tot.
    Die Palisade erwies sich in der Tat als hoch, doch nicht als hoch genug. Der Lindwurm zögerte nicht lange und sprang mit einem Satz auf die angespitzten Pfähle, ohne eine erkennbare Verletzung davonzutragen.
    „Er will fliehen!“, rief irgendjemand und die übrigen Soldaten schlossen auf.
    Nein, will er nicht, dachte Medin, aber für eine Warnung war es schon zu spät. Die Kreatur hatte nun einen Höhenvorteil und wandte den Kopf seinen Verfolgern zu. Dann sprang sie. So reißt er hier oben Schafe und Gämse, wusste Medin, als er sah, wie das drachenartige Geschöpf mit einem weiten Satz einen völlig überrumpelten Soldaten erreichte, während der Landung seine Klauen in ihm vergrub und ihn in einer roten Fontäne zu Boden riss. Kein Schrei ertönte, nur ein gurgelndes, schmatzendes Geräusch. Dann zeigte es, dass es den im Vergleich zum Körper relativ kurzen Schwanz - er maß sicher nur anderthalb Meter Länge - dennoch geschickt einzusetzen vermochte. Mit einem wuchtigen Schlag schickte es einen heranstürmenden Gardisten zu Boden und einige Meter rutschend gegen die nächste Bretterwand. Das war der Zeitpunkt, ab dem die Männer nicht mehr auf die Kreatur zustürmten, sondern zurückwichen. Ihr Kampfeswille drohte ebenso zu brechen wie das Rückgrat des dritten Opfers, das nicht schnell genug dem kräftigen Kiefer entkam.
    „Für Innos!“, schrie Medin, um ihnen Mut zu machen und nährte sich der Bestie. Als sich die orange umrandeten Pupillen des Reptils auf ihn fixierten, spürte er die Furcht durch seine Glieder gehen, aber damit wusste er umzugehen. Ob das auch auf den Angriff, der dann folgte, zutraf, wusste er nicht. Er sah diese Kreatur Beliars auf sich zuschnellen, sah den Schwanz schlagen und konnte nicht anders, als sich zu Boden zu werfen. Als er sich wieder aufrichtete, war der Lindwurm schon direkt vor ihm, mit den Krallen weiße Linien auf dem Muschelkalk der Yrumaberge zurücklassend. Doch nicht die waren es, die Tod bringen sollten. Das Fauchen klang wie von fern, durch viele Wände gehend, doch der aufgerissene Rachen war umso deutlicher zu sehen, als er auf den Paladin zuschnellte. Er nahm die zweite Hand zur Hilfe, um den Einhänder nach vorne zu reißen - die Klinge noch irgendwie in Position zu bringen. Eines der schartigen Hörner prallte direkt gegen seinen Kopf und die Welt wurde augenblicklich schwarz.

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    Medin ist offline
    Alles fühlte sich dumpf an, sein Kopf war in Watte eingepackt. Irgendetwas feuchtes lief hinten an der Watte herunter … aber nicht nur da. Auch bei seinem Gesicht und seinen Händen. Alles war auf eine klebrige Art und Weise nass.
    Langsam versuchte Medin die Augen zu öffnen. Am Rand seines Sichtfeldes sah er den Gletscherkopf, eine der umliegenden Bergspitzen, wie ihre weiße Schönheit im Licht der Morgensonne erstrahlte. Eine nette Begrüßung, fand er, aber Aufstehen wäre auch ganz schön. War es nicht, wie er sogleich feststellen sollte.
    „Langsam, Sir“ Es war irgendeiner der Gardisten, der sich zu ihm runter beugte und half.
    „Geht schon“, erwiderte Medin und taumelte ein paar Schritte, seinen Kopf viel höher haltend als dem lieb war. Er blickte in die Gesichter der umstehenden Soldaten, die ihn fassungslos anschauten. Warum, war leicht zu erraten. Sein Gesicht, seine Haare, sein Hals, seine Arme und ein großer Teil seines Oberkörpers waren mit dunklem, tief rotem Blut besudelt.
    „Na wenigstens kann das Blut nicht alles eures sein“, meinte einer der Soldaten mit einem grimmigen Grinsen und deutete auf den Boden hinter den Hauptmann. Der drehte sich um und sah da die Echse in voller Länge auf dem steinigen Boden liegen. Der Rachen war immer noch weit aufgerissen und Medins Einhänder hatte sich bis zum Schaft darin vergraben.
    „Ihr habt einen Drachen getötet, bei Innos.“
    „Lindwurm, kein Drache“, erwiderte er, „oder seht ihr Flügel?“
    „Was auch immer. Ich sehe, dass es in seinem eigenen Blut ersoffen ist. Geht es euch gut?“
    „Ja“, log Medin, der sich sicher war, beim Sturz zu hart mit dem Hinterkopf aufgeschlagen zu sein, und atmete tief durch. „Verluste?“
    „Drei Tote, drei Verletzte“, meinte Qhorin und trat an ihn heran.
    Medin nickte.
    „Gute Arbeit, Männer. Von allen.“ Dann zog er mit einem kräftigen Ruck sein Schwert aus dem Rachen des Lindwurms, der noch einen Schwall Blut von sich gab. „Zurück zur Halle. Ich will hoffen, dass Reginald immer noch dort ist, wo er hingehört.“
    Die letzte Warnung war an alle Wachsoldaten des Forts gerichtet, von denen sich keiner traute das Wort zu erheben. Auch ihre Waffen würden sie nicht mehr erheben, hoffte Medin. In dieser kritischen Situation zum Drachen… nein, Lindwurmtöter zu werden war auf eine skurrile Art und Weise das praktischste, was ihm hatte passieren können. Wenn man ihn vorher gefragt hätte, er hätte dennoch dankend abgelehnt.
    Ein Kind schrie laut auf, als er noch immer blutverschmiert an der Spitze der Männer die große Halle betrat. Ansonsten richteten sich alle Augen schweigend auf ihn. Den Moment nutzte er und ging auf die Knie, noch immer die besudelte Klinge in beiden Händen. Nach und nach tat es ihm jeder gleich.
    „Herr Innos“, begann er in das hallende Langhaus hineinzusprechen, den Kopf auf den Knauf seines Schwertes gesenkt. „Wir alle danken dir, dass du uns die Kraft gegeben hast, dieser Kreatur Beliars zu widerstehen und bitten dich um Gnade für die Seelen derer, die du heute zu dir genommen hast. Mögen sie auf ewig an deiner Tafel speisen und ihren Frieden finden. Innos, du gibst mir Kraft und Mut, um auf den dunkelsten Pfaden zu wandern. Dein Licht leuchte, dein Reich komme und dein Wille geschehe. Für Innos!“
    Die letzten Worte stieß der Paladin mit Inbrunst aus und fast jeder in dem Raum wiederholte sie in einem ebenso beseelten Chor. Er wusste, die Spaltung von eben war überwunden. Seine Autorität war nun gefestigt und keiner der Bergarbeiter oder Wachleute würde noch daran zweifeln, dass Reginald seiner Bestrafung in Quasar zugeführt werden musste. Aber was noch viel wichtiger war: Der ehemalige General würde diesen Ort nun endlich in geordneten Verhältnissen hinter sich lassen können.

  17. Beiträge anzeigen #277
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Medin ist offline
    Drei Karren voll mit Yrumaerz rollten über die Straße. Medin ritt auf Parceval neben dem Vordersten, auf dem Garlen die Zügel in der Hand hielt. Die Hälfte der Gardisten hatte auf den Karren Platz genommen, da sie Pandrons Männer allesamt beim Fort zurückgelassen hatten. Ihr Sergeant war als vorläufiger neuer Hauptmann mit umfassenden Vollmachten zur Verwaltung des Minenpostens ausgestattet worden und der alte Krumm sollte ihn dabei beraten, bis Lord Jun einen neuen Amtsmann einsetzen würde. Der alte Hauptmann der Wache und Reginald saßen auf dem vordersten Karren als Gefangene und auch die Familie des Diebes – seine Frau Martha und die beiden Söhne Theobald und Wieland – hatte sich entschlossen, zurück nach Quasar zu gehen. Was mit ihnen allen geschah, lag nun bald nicht mehr bei Medin, sondern in den Händen seines Lords.
    „Bin ich froh, dass wir Gegenwind haben“, meinte Qhorin. „Ich glaube, bei dem Gestank würden uns sonst die Pferde durchgehen.“
    „Sag das der Nachhut“, erwiderte Medin. Auf dem letzten Karren hatte der Kadaver des Lindwurms Platz gefunden, der nun, da sie die kälteren Berge verlassen hatten, langsam zu stinken begann. „Ich werde sie wohl ablösen.“
    „Spielt gleich sowieso keine Rolle mehr. Seht.“
    Am Horizont zeichneten sich die mächtigen Burgtürme Quasar ab.
    „Da werden die Leute aber was zu riechen haben.“

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    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Redsonja ist offline
    Es war keine Frage gewesen. Zum Glück nicht, also hatte Redsonja nur gelächelt und geschaut, wie Anne und die Piraten das Schiff an der Stadt Gorthar vorbei in einen Fluss lotsten.

    "Quasar hast du gesagt oder?"

    Erkundigte sich die Kapitänin.

    "Ja. Ich hoffe da sind wir richtig. Könnt ihr da auf uns warten? Natürlich sorge ich auch für Rum für die Mannschaft und bezahle den Rest."

    Anne nickte.

    "Das sollte einzurichten sein."

    Bestätigte sie, während Redsonja ihre Gedanken zu ordnen versuchte. Wo beginnen? Fragte sie sich und kramte ein Pergament hervor. Der Weg nach Quasar war darauf eingezeichnet und ein Hinweis auf eine Gruppierung, auf jene Gruppierung von der Viraya gesprochen hatte und plötzlich wünschte sich die rothaarige Kriegerin ihre Gefährtin herbei.
    Plötzlich stand Sergio hinter ihr und erschreckte sie beinahe.

    "Ich hätte noch eine Bitte. Wir werden uns hier auf einige Dinge einlassen und da ich Darjel nicht in alles hineinreissen möchte, könntest du vielleicht zwischenzeitlich auf ihn aufpassen?"

  19. Beiträge anzeigen #279
    Ehrengarde Avatar von Sergio
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    Sergio ist offline
    Plötzlich hatte Sergio ein Bild vor Augen: Er saß mit dicken Augenringen in irgendeinem Zimmer, ein schreiendes Kind auf dem Arm, verzweifelt versuchend, das seit Stunden pausenlos brüllende Gör zu beruhigen. Das Geschrei brachte seine Ohren zum Klingeln und obwohl er alles versuchte, ging der Lärm weiter, weiter, weiter, weiter, weiter und weiter und hörte nicht auf. Zwischendurch fiel er in Sekundenschlaf, wurde aber augenblicklich wieder geweckt. Zu allem Überfluss kämpfte er gegen den Impuls, das Kind aus dem Fenster zu werfen, was zunehmend schwieriger wurde. Und es war nicht abzusehen, wann die Mutter zurückkehren würde. Am Ende würde er unweigerlich sterben, das stand fest.
    Tod durch Kindergeschrei. Beliar würde sich totlachen. Oder so.
    Mühsam verdrängte Sergio die Horrorvision und zwang sich zu einer Antwort, denn Redsonja blickte ihn erwartungsvoll an: „Oh... äh... klar, ich passe gern auf ihn auf, keine Frage. Du musst dann zwar darauf verzichten, dass ich irgendwem die Rübe abhacke, aber immerhin hast du dann den Rücken frei. Also ja, ich kümmere mich um ihn. Sag einfach Bescheid.“
    Verdammter Heuchler. Aber was tat man nicht alles für die rothaarige Kriegerin?
    Mittlerweile war die Stadt Gorthar nur noch am Horizont zu sehen und das Schiff folgte irgendeinem Fluss. Vielleicht noch ein paar Stunden, dann würden sie Quasar erreichen. Sergio hatte von dieser Stadt noch nie etwas gehört, aber er konnte auch nicht wirklich behaupten, das Land Gorthar und die Welt jenseits der gorthanischen Grenzen zu kennen. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich überraschen zu lassen.
    Wenn da mal keine böse Überraschung bevorstand...

  20. Beiträge anzeigen #280
    es war einmal Avatar von Raad
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    Die Dunkelheit machte ihn krank. Dass er es schon vorher gewesen war, spielte dabei nur eine unwesentliche Rolle. Sie nahm ihm das Licht. Und die Wände der kleinen Kajüte nahmen ihm obendrein noch seine Freiheit. Und gerade dieser bedurfte er, um dem liederlichen Schmerz seines Körpers zu begegnen.

    Es war eine groteske Dummheit gewesen, die ihn auf dieses verdammte Schiff getrieben hatte. Der letzte Gedanke, den an diesem Tag in seinem Schädel Turnierspringen gesehen hatte, galt einzig und allein der Flucht aus Setarrif. Scheiß egal wohin. Scheiß egal wie weit. Scheiß egal wie. Bloß weg aus dieser Stadt, in der es nicht bloß beständig nach Scheiße roch, sondern die marmornen Wände eines jeden Hauses auch den Eindruck vermittelten, als seien sie mit Taubenkot gebleicht worden. Er hatte sie über. Die Wände. Den Taubenkot. Und das versiffte Bier in der Spelunke am nördlichen Rand des Händlerviertels. Nicht zuletzt die ganzen Wichser, die nachts wie Katzen durch die Straßen streunten und jeden Geldbeutel besamten, den sie anderen aus der Tasche zogen oder der ihnen unter die Nase gehalten wurde. Raffgiere, bestechliche Menschlein, die er einzig und allein dafür hasste, dass er ihnen mehr glich als einem geprügelten Hund, der Raad in diesem Moment noch am besten beschrieben hätte.

    Es hatte nicht viel bedurft, um den Kapitän dieses Schiffes einen Platz zum Übersetzen abzuluchsen. Ein wenig Gold, ein paar nette Worte und die ein oder andere Lüge, die seinen Namen und den Grund seiner Anwesenheit verbarg. Die Frau, der das Schiff gehörte, schien es gar nicht zu interessieren, was aus seinem Mund quoll. Einzig ihr Blick drückte ein ekelhaftes Mitleid aus. Geradezu so, als betrachte die Mutter die kranke, enttäuschende Frucht ihres Leibes, der sie so Vieles in Gedanken gewünscht hatte, doch niemals das, was nun vor ihr stand, und bedauerte dabei, des ehrlichen Hasses nicht fähig zu sein.

    Raad hatte es ignoriert. Genauso wie die angewiderten Blicke der Matrosen und die gerümpften Nasen ob des Gestankes, den der Leiter ausdünstete, schlimmer denn jeder in der prallen Sonne vergammelte Fisch. Er hatte sich in seine Kajüte verzogen. Und es bereits bereut, nachdem er die Tür hinter sich verschlossen hatte. Wellen, ein enger Raum, ein nervöser Magen und das Entgleiten des Schlüssels aus der eigenen, sicheren Hand vertrugen sich nicht. Außer man war ob der Ohnmacht froh, die einem so früher oder später ergreifen musste. Und der Leiter war es.

    So hätte man annehmen können, dass die Gestalt, die an dem Tag, da das Schiff in die Mündung des Flusses einfuhr, noch gebrochener war als jene, die das Schiff vor den anderen und dem beginnenden Sturm betreten hatte. Doch die Finsternis hatte einen eigenen Charme. Einen kalten, unwiderstehlichen Charme, der tief in den Geist des Akademieleiters eingesickert war.

    Die Augen Raads bargen einen müden Ausdruck. Sein Gesicht war gezeichnet. Nicht mit Wunden oder Tinte. Sondern mit einem tiefen Schatten, der all den Schmerz vereinnahmt hatte. Er fühlte sich vollkommen leer. Und aus dieser Leere gebar sich eine milde Ruhe. Er hatte keine Ahnung, was geschehen war. Vielleicht war er weit genug von allem entfernt, um noch zu empfinden, wie es in Setarrif der Fall gewesen war. Vielleicht aber hatte sein Körper auch schon längst aufgegeben und war in der Bereitschaft des Todes kurz vor seinem Eintritt ein letztes Mal von allen Widrigkeiten befreit. Oder es war etwas anderes. Etwas, dass es zu entdecken galt.

    Raad stützte sich an der Wand ab und kotzte auf den Boden, der aussah, als hätte dort jemand vor nicht allzu langer Zeit noch gewischt. Dann stopfte er sich eine Brotknute zwischen die Kauleisten und hoffte, dass er nicht gezwungen war, mit vollem Mund zu sprechen. Das war alles, was ihn interessierte. Und sowieso. Was gab es Wichtigeres auf der Welt?

    Die Anderen waren an Deck. Sahen ihn nicht, hörten ihn nicht, wusste nicht um ihn. Er war der Schatten, der ihnen gefolgt war. Der Stein in ihren Schuhen, der erst nach Stunden drückte und erst nach Tagen schmerzte. Dann aber für länger…

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