Xardas hatte genug für heute gelesen. Irgendwann wird das ständige Studieren auch langweilig. Ich kann doch nicht den lieben langen Tag lesen. Ich muss doch auch mal was anderes machen. Etwas entspannendes, etwas was mir wirklich Spaß macht. Ich gehe sowieso zu Wenig raus, das letzte Mal, als ich draußen war, hab ich meinen Turm beschworen und bin herein gegangen. Ich brauch auch mal ein Bisschen Bewegung, schließlich bewege ich mich nur von Buch zu Buch und mein Bett ist immer noch unbenutzt und staubt langsam ein. Wozu hab ich das Ding überhaupt, wenn ich sowieso nie schlafe? Und wie lange trage ich jetzt schon diese Robe? Ich sollte mir mal ein Bisschen Freizeitkleidung besorgen, ich fühle mich, als sei ich der einzige Mensch der den ganzen Tag in seiner Arbeitskleidung rumläuft, allerdings hab ich ja seit ich diese Robe anlegte sowieso nur gearbeitet. Aber jetzt ist Schluss. Beliar kann ruhig auch mal ein paar Tage ohne mich auskommen, dachte sich Xardas und setzte sich ersteinmal auf seinen Sessel. Dort saß er dann stundenlang nd machte nichts, bis seine Gedanken wieder zu seinen Studen wanderten. Er wollte schon aufstehen, da schreckte auf. Bloß nicht an Arbeit denken! Bloß nicht an Arbeit denken.
Unschlüssig was er tun sollte, stand er nun, da den "Blick" nach innen gewannt und dachte Wirres Zeug, bis ihm schließlich ein Geistesblitz kam: Ich koch mir was! Seit ich damals die Prüfung des Feuers ablegte, habe ich ni wieder etwas gekocht, obwohl es doch zu meinen Lieblingsaufgaben als Novize gehört hat. Naja, es ist auch immer etwas dazwischen gekommen... Ich hatte schließliach auch viel zu tun... Da konnt ich mir natürlich nicht die Zeit zum Kochen nehmen... Aber jetzt hab ich ja Frei! Ich hab auch irgendwo noch ein Kochbuch. Wo war das nochmal? Ähm, ich glaube... Ach ich schau einfach mal im Register nach. Ich habe meine Bibliothek ja nicht grundlos ordentlich gehalten und jedes einzelne Buch feinsäuberlich dort eingetragen.
Er zog ein Notizbuch aus den endlosen Weiten seiner Robe und blätterte es durch. Es muss unter den frühen Einträgen sein.
Tatsächlich war es gar nicht im Register verzeichnet. Xardas besah sich gründlich jeden einzigen Eintrag im Buch und schlug, als er nichts fand, die erste Seite auf. Er wollte erneut anfangen, die Bücher alle durchzusehen, da bemerkte er eine, hastig an den unteren Seitenrand gekritzelte Bemerkung: Falls Buch nicht eingetragen, gucke in großer Truhe im Keller nach.
Einen Freudenschrei ausstoßend, stürtzte Xardas die Treppe herunter ins Erdgeschoss des Turms. Als er an der Tür zum Keller ankam, bemerkte er, dass er den Kellerschlüssel gar nicht bei sich hatte. Er ließ das Register, das er immer noch in der Hand hielt, fallen und durchsuchte das ganze Haus nach dem Kellerschlüssel, bis ihm einfiel, dass die Tür gar keinen Schlüssel hatte, sondern sich nur mit einer ganz besonderen Zauberformel öffnen ließ. Er kramte ein weiteres Notizbuch hervor und entnahm ihm den Spruch: Simsalabim, ich bin so munter. Hokus Pokus, ich will runter.
Hab ich das wirklich gesschrieben? Ich muss ziemlich betrunken gewesen sein, als ich mir das ausgedacht habe.
Xardas sagte den Spruch auf und wider aller Erwartungen öffnete sich die Tür und feierliche Musik erschallte. "Ahrgh!", schrie Xardas, wich zurück und stolperte dabei unglücklicherweise über seine eigenen Füße und fiel auf den Rücken. Er versuchte sich aufzurichten, doch ein glühend heißer Schürhaken bohrte sich jedes mal in seinen Rücken, wenn er dies versuchte. Xardas fluchte noch einmal, dann legte er sich in einer möglichst schmerzfreien Position auf den Rücken. Die Musik hatte inzwischen aufgehört. Ich galube, ich war wirklich außerordentlich betrunken.
Nach zehn Minuten verebbte der Schmerz und Xardas focht einen heftigen Kampf mit seinem Gewand, in dem er sich dummerweise verheddert hatte, aus, um aufstehen zu können. Als er es schließlich geschafft hatte und einen Blick in den Keller warf, wäre er fast vor Entsetzen erneut umgefallen: Im Keller regnete es Konfetti und ein paar Eisgolems tanzten miteinander, ohne dass irgendwo Musik zu hören war.
Vor Scham jedes Gedanken beraubt ging er unsicher die Treppe hinunter und als er unten ankam, stand er erst nur da und dachte dumpf: Ob ich das Zeug je wieder aus der Robe bürsten kann?
Schließlich erinnerte er sich dann doch seines Daseinszweckes und durchsuchte die unzähligen Truhen im Keller. Er fand dort massenweise Partyhüte, Schafsdärme, Trinkhörner, Löffel, die er anscheinend irgendwelchen Edelleuten entwendet hatte, und obszöne Zeichnungen, aber keine Bücher. Erst in der letzten Kiste wurde er fündig: Jede Menge Bücher. Gut. Endlich.
Doch als er ein paar der Titel las, gefror Xardas das Blut in den Adern. In seiner Sammlung waren Bücher wie: Die Bibel des Sex and Drugs and Rock'n'Roll written by Xardas himself, Lustige Dinge, die man machen kann, wenn die Kinder außer Haus sind und One night in Beliar - So besorge ich's dem dunklen Gott.
Xardas nahm sich das Sex-and-Drugs-and-Rock'n'Roll Buch und las die Einleitung: Hallo Xardas, du wirst wahrscheinlich entsetzt sein, wenn du dieses Buch wiederfinden wirst. Es ist eine Art Tagebuch deiner Jugend, in der du es wirklich ziemlich wild getrieben hast, und handelt von all deinen kleineren und größeren Sünden.
Viel Spaß bei der Erkundung deines früheren Lebens, an das du dich warscheinlich nicht mehr erinnern kannst (Alkohol verursacht Blackouts).
Dein früheres Ich

Erschrocken schmiss Xardas das Buch wieder in die Kiste hinein (ganz tief in die Kiste hinein) und bemerkte jetzt auch das Kochbuch, das er die ganze Zeit gesucht hatte. Hastig schnappte er es sich und verließ fluchtartig den Keller.