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Die dunklen Gassen von Nadoret
Forgrimm lief sofort zum regungslosen Ardo. Dielbrack berichtete, dass sich ein Fremder an Ardo angeschlichen habe, und als er einen Dolch zog habe er noch eine Warnung zu Ardo herüber gerufen, aber es war bereits zu spät. Der Dolch muss Ardo nur geritzt haben, aber er war vergiftet.
Auf Dielbracks Warnruf hin hatte Ardo sein Schwert gezogen, und den Meuchelmörder mit einem Streich niedergestreckt. Die überraschten Zöllner fielen ebenfalls seiner Klinge zum Opfer, aber danach brach er einfach zusammen, und fiel in diesen todesähnlichen Schlaf, indem wir ihn nun vorfanden.
Das war natürlich eine Katastrophe, und entsprechend betroffen standen wir alle herum, bis Dielbrack anordnete, dass wir ihn erst einmal an Bord bringen sollten. Wir trugen ihn an Deck der Thalaria und bereiteten ihm ein angenehmes Lager auf dem Achterdeck. Was tun sprach Praios... guter Rat war teuer. Forgrimm bestand darauf ihn sofort zu einem Heiler zu bringen, doch wohin? Die Heiler in Nadoret waren nicht einen Heller wert, und ob wir es mit Ardo bis nach Ferdok hinauf schaffen würden war äusserst fraglich. Schliesslich merkte Jakoon an, dass wir es mit Bruder Emmeran versuchen könnten. Immerhin schien er ein Geode zu sein. Forgrimm und ich starrten Jakoon zuerst mit offenem Mund an, aber wir mussten uns eingestehen, dass wir auch keine bessere Idee hatten. Währand Jallik, Salm und Hummel die Vorbereitungen trafen, um die Thalaria reisefertig zu machen, brachte ich noch Luzia ihren Ring zurück, den Jakoon von dem Skelett abgezogen hatte. Die völlig verzweifelte Luzia wusste nicht ein noch aus, und so empfahl ich ihr sich in Nadoret bei Gerling zu melden. Wenn schon die Zöllner korrupt waren und mit Piraten paktierten, war es bestimmt nicht ratsam mit der Stadtverwaltung zu reden. Wer weiss mit welchen dunklen Mächten diese Brüder nun im Bunde waren. Sarastro Castellani, der Händler aus Kuslik hatte unserem Gespräch gelauscht und bot an Luzia auf seinem Schiff nach Nadoret zu bringen.
Um noch ein wenig flüssige Verpflegung für die Fahrt nach Nadoret zu organisieren, ging ich zur Schenke hinüber. Unter den Dingen, die Forgrimm aus dem Krakenmolch geborgen hatte, war unter anderem ein Holzbein. Als die Wirtin das Bein sah, wurden ihre Knie ganz weich. Es war das Holzbein ihres Mannes, und es war der Schlüssel zu der Truhe, die sie bisher erfolglos versucht hatte zu öffnen. Wenn ich ihr es gäbe, könne ich mir etwas aus der Truhe aussuchen versprach sie mir, also überliess ich ihr das Ding. Für mich war es ansonsten wertlos. Die Truhe enthielt ein paar anscheinend persönliche Gegenstände, und um ihr nicht die Erinnerungsstücke an ihren verblichenen Gatten zu nehmen, gab ich mich mit den Dukaten in einem kleinen Beutel zufrieden. Es waren immerhin 10 Dukaten. Kein schlechter Tausch für ein Holzbein. Mit ein paar Krügen hellem Ferdoker unter dem Arm eilte ich zurück zur Thalaria, die gerade bereit war abzulegen. Ich wusste, Forgrimm und ich würden heute Abend genügend damit zu tun haben unsere Sorgen zu ertränken, und so verstaute ich meine Ausrüstung, ging hinüber zu Forgrimm, der an der Reling stand und auf den Fluss hinaus starrte.
Mit 3 Krügen Ferdoker unter dem Arm schlug ich ihm auf die Schulter. „Garoschem, Groscho. Das war ein Tiefschlag. Wir könnten Ardo und seinen Rat jetzt gut gebrauchen, oder, Forgrimm?“ „Allerdings, und ich war nicht da, um ihn zu beschützen. Wenn er stirbt werde ich mir einen Schandbart schneiden.“ „ Bloss nicht, Forgrimm, kein Hettenhemd wäre gross genug um DIESE Blösse zu verdecken.“ „Du hast gut Lachen... ach was solls, reich mir einen Krug Ferdoker, ich muss auf andere Gedanken kommen.“
Er war wirklich depressiv, selbst für einen Angroschim. Die Thalaria steuerte langsam aus dem Hafen und nahm Kurs auf Bruder Emmerans Insel. Es dauerte zwei Tage, bevor wir ankamen, aber Ardos Zustand veränderte sich nicht. Er verschlechterte sich aber auch anscheinend nicht, er lag nur völlig reglos und flach atmend an Deck. Jakoon hatte den Mengbilar und das Gift eingehend untersucht, aber es war ihm unbekannt, welche Kräfte hier am Werk gewesen waren. So setzten wir alle Hoffnung auf diesen irren Zwerg. Er hatte anscheinend Recht behalten mit seiner Prophezeiung. Vielleicht konnte er tatsächlich etwas tun, schliesslich sollen Geoden die Kräfte Sumus beherrschen.
Als wir endlich den kleinen Hafen auf der Insel des Vergessens anliefen, warteten schon alle voller Ungeduld auf Deck. Schon von weitem konnten wir sehen, dass Bruder Emmeran uns bereits erwartete. „Den Flussvater zum Grusse, Thalaria!“ schallte es uns entgegen. Als wir die Landungbrücke herab liessen stürmten wir quasi auf die Insel und bedrängten Bruder Emmeran. Dielbrack, Cuano, Jakoon, Jallik und Salm redeten alle durcheinander. Schliesslich packten Forgrimm und ich den armen Emmeran in stillem Einverständnis unter den Armen, und trugen ihn an Deck, während die schnatternde und gestikulierende Meute hinter uns her rannte. Wir zeigten auf Ardo, und Bruder Broschüre begriff. „Der Dolch....“ „...aus dem Hinterhalt...“ „...und ist in diesem Zustand...“ „...haben ihn so gefunden...“ „...und wer denkt an unsere Penunsen?“ „Meine Herren, ich muss doch bitten.“ „...wollte sich sogar einen Schandbart schneiden...“ „....hab garnix gemacht...“ „Oh Flussvater gib mir Kraft. RUHE, VERDAMMT NOCH MAL! Und wenn ihr nichts dagegen habt werde ich mir jetzt Herrn Ardo mal ansehen. Hier habt ihr alle ein paar getrocknete Einbeeren, nehmt zwei davon und kommt in einer Stunde wieder.“ Und so liess er uns wie bedröppelte Hunde stehen, und widmete sich Ardo. Uns hatte es die Sprache verschlagen, aber wir trollten uns schliesslich und suchten uns etwas womit wir uns beschäftigen konnten.
Forgrimm nahm mich beiseite. „Wir können im Augenblick nichts machen. Ich wollte schon länger mit dir über deine 'Fechtkünste' sprechen. Ich denke, du solltest nicht weiter versuchen mit einem Schwert herumzustochern. Die einzige Technik, die du damit beherrscht ist so hart wie möglich zuzuschlagen. Du gefährdest dich selber, und deine Freunde neben dir, damit mehr als deine Feinde. Was du brauchst ist eine schwere Waffe. Du brauchst einen möglichst schweren Hammer, am besten einen zweihändigen.“ „Ich hätte schon längst so einen, aber der einzige Hammer, den ich in Nadoret gefunden habe war ein alter Vorschlaghammer bei Olbin... und meinen Schmiedehammer natürlich.“ „ Wir werden als Erstes, wenn Ardo bei einem Heiler war, Bakur aufsuchen. Ich habe da einen Hammer für dich gesehen.“ „Ja, haha, guter Witz, den habe ich auch gesehen, den Drakkamalmar, den der habgierige Schuft für unverschämte 490 Dukaten angeboten hat. Soviel habe ich nicht.“ „Ich werde mit ihm reden, ich bin mir sicher, er hat auch ein etwas günstigeres Exemplar. Wir werden hier etwas üben, ein paar Stöcke werden reichen, damit du nicht nur blind drauf haust. Deine Rückhand werden wir trainieren, und dann den Aufwärts Schlag. Die Wenigsten erwarten einen Schlag von links oder unten. Gegen gössere Gegner ist ein Aufwärts Schlag mit einer zweihändigen Waffe unbezahlbar . Wenn du dann soweit bist, müssen wir an deiner Beinarbeit feilen. Mit einem Zweihänder kann man nur eingeschränkt parieren. Das Ausweichen muss dir ins Blut übergehen.“ Wir diskutierten noch etwas die verschiedenen Schlagansätze, dann besorgten wir uns an Land ein paar passende Stöcke. Als wir gerade zurück kamen, hatte Bruder Emmeran seine Visite abgeschlossen.
„Ich habe eine gute, eine weniger gute, und eine schlechte Nachricht für euch.“ „Fang mit der schlechten Nachricht an, dann kanns nicht schlimmer werden.“ „Nun gut, mein Honorar beträgt nach guter, alter Koscher Sitte 100 Dukaten.“ „Du spinnst wohl, Alterchen.“ „Die weniger gute Nachricht ist, ich kann nichts für Ardo tun. Der Dolch war magisch vergiftet, das ist etwas, was sich nicht mit normalen Kräutern kurieren lässt. Ihr braucht einen wirklich mächtigen Heilkundigen.“ „...um nochmal auf dein Honorar zu sprechen zu kommen, hat dir die Sonne dein Hirn weggebrannt? Und wo sollen wir so einen Heilkundigen herbekommen? Sollen wir das Schiff auf die Schultern nehmen und nach Donnerbach schleppen?“ „Die gute Nachricht ist, ich kann mir von eurem Geld endlich wieder in Nadoret ein paar anständige Vorräte leisten, und Herr Ardo wird nicht sterben. Er wacht nur nicht auf, ist aber stabil. Solange er euch nicht ins Wasser fällt und ertrinkt, müsst ihr nur darauf achten ihm ein wenig Wasser und Suppe einzuflössen, damit er nicht verhungert, oder gar verdurstet.“ Cuano tippte Emmeran von hinten auf die Schulter. „Werter Bruder Emmeran, wir danken euch für eure eingehende, und wie ich persönlich anmerken muss, fesselnde, ja ich möchte sogar sagen, faszienierende Diagnose.“ Mit seinem gewinnendsten Lächeln fuhr er fort. „Doch seht uns an, wir sind quasi mittellos. Wir haben unser letztes Hemd dafür gegeben, um diese wackeren Flussschiffer und ihr formidables Schiff zu mieten. Wie könnt ihr nur so herzlos sein und diese Summe von uns fordern? Wir müssen doch alle an unsere armen Familien denken. Alleine ich habe drei Kinder zu Hause, die fast am Hungertuch nagen. Wenn meine Frau diesen Monat die Miete nicht zahlen kann, weil ich ihr die 5 Dukaten nicht zukommen lassen kann, muss ich sie aus dem Schuldenturm auslösen. Ich appelliere an euer Mitgefühl und eure Grosszügigkeit.“ „Schaut mich genau an, sehe ich aus wie die Garether Wohlfahrtsbehörde? Und jetzt gebt mir meinen Geldbeutel zurück, den ihr da in den Ärmel geschoben habt. Ansonsten erhöht sich der Preis augenblicklich auf 150 Dukaten.“ „Huch.... ich weiss garnicht wie der dort hingekommen ist. Ihr solltet ihn wirklich ein wenig fester an euren Gürtel binden. Ansonsten könnte man noch falsche Schlüsse ziehen, wenn er einem unschuldigen und kaisertreuen Bürger in den Ärmel fällt. Eine empörende Unsitte sein Geld so unachtsam herumzutragen.“ „Ihr könnt es ja meinetwegen im Elfendorf versuchen, vielleicht helfen die euch umsonst.“ Ich wurde hellhörig. „Elfendorf? Blumfoldt sprach von einem Piratenüberfall auf eine Elfendorf, bevor er das Zeitliche segnete.“ „Ich verrate euch wo sich ihr Dorf befindet, wenn ihr dann hier verschwindet. Ich sage euch was, ich erlasse euch 5 Dukaten, wenn ihr dann gleich ablegt.“ Cuano mischte sich wieder ein. „5 Dukaten? Wir haben hier einen Mann, der verzweifelt mit dem Tode ringt, und meine vier Kinder werden sich bei der Summe immer noch als Teppichknüpfer verdingen müssen. Meine Frau hatte schon blutige Hände vom vielen Wäschewaschen, als ich abgefahren bin, um wenigstens ein wenig Geld zu verdienen. Ihr solltet mindestens 50 Dukaten im Preis nachlassen.“ „Ich bin nicht Chefmedicus der Dunkelforst Klinik, 6 Dukaten.“ „6 Dukaten, Meister Zwerg, ihr solltet vor Scham im Boden versinken. Der Herr Zagor hier muss seine Verlobte freikaufen, die von den elenden Sklavenhändlern des Beys von al Ybi geraubt wurde, und jetzt im Harem schmachtet.“ „7.“ „7 Dukaten, bei Praios dem Gerechten, wenn mich meine Mutter, Boron sei ihr gnädig, so sehen könnte, sie würde sich im GRABE umdrehen. 47 Dukaten ist das absolute Minimum.“ „8, aber nur weil mir die Geschichte mit euren Kindern so gut gefallen hat.“ „Nein, nein, das könnt ihr uns nicht antun... 45 Dukaten. Der Vater von Grimmasch wurde bei einem Stolleneinsturz schwer verletzt, und hütet nun mit einem Trümmerbruch des gesamten linken Beins das Bett. Kein Medicus konnte ihm helfen.“ „Das ist sein Problem, 9.“ „NEUN Dukaten, wisst ihr überhaupt, dass Kapitän Dielbrack beim letzten Besuch in Nadoret seinem Angestellten Hummel die Zunge herausschneiden musste, um sie als salzige Koschammerzungen zu verkaufen? Nur um die Heuer und die Hafengebühren zu bezahlen? Seitdem ist er stumm. 43 Dukaten mindestens, habt ein Herz.“ „Der war gut, 10 Dukaten, aber nur weil ihr es seid.“
„40“ „11“ „Herjehmineh! 37!“ „12“ „35“ So ging es noch eine Weile hin und her, und wir erfuhren erstaunliche Dinge über Cuanos siebzehn Kinder und ihre Arbeit in der Teppichweberei, von den dortigen Aufsehern mit den Ochsenziemern, und so weiter. „Also gut 75 Dukaten, aber das ist mein Allerletztes Wort!“ „Abgemacht. Da wir uns jetzt über den Preis geeinigt haben, könnten wir jetzt die Werbekostenpauschale und die gesetzliche Zuzahlung sprechen? Soweit ich weiss ist Herr Ardo privat versichert.“
Wir liessen die beiden weiter feilschen. Forgrimm holte den Steinblock hervor, den er aus dem Krakenmolch geborgen hatte, und wollte ihn im Fluss säubern. Emmeran hielt mitten im Feilschen inne, bedeutete Cuano zu schweigen und schnüffelte. „Was riecht hier auf einmal so fürchterlich? Es gibt nur wenige Dinge, die so sehr wie ein toter krakenmolch stinken. Was habt ihr da?“ Forgrimm verbarg den Stein hinter dem Rücken. „Nichts, nichts, Bruder.“ „Zeigt mir was ihr da hinter dem Rücken habt.“ Ich nahm Forgrimm den Stein ab und zeigte ihn Emmeran. „Wir haben diesen Stein gefunden. Auf der einen Seite ist ein Delphin eingraviert, und er stinkt nach totem Krakenmolch, weil das Vieh ihn nicht freiwillig her gegeben hat.“ „Ihr habt einen KRAKENMOLCH getötet?“ „Ja, mit Efferd hab ichs nicht so, und das Ding wollte aus uns leckeren Zwerg am Spiess machen.“ „Das ist in der Tat eine Kreatur aus Efferds Reich. Und sie bewachte diesen Stein?“ Forgrimm brummelte: „Nun ja, bewachen ist relativ. Ich bewache nicht gerade meinen Darm, aber ich werde ärgerlich, wenn jemand versuchen würde ihn aufzuschneiden.“ Alle Umstehenden traten einen Schritt von mir zurück, da ich den Stein in die Höhe hielt. „Darm? Ähem, wie wäre es, wenn ihr das gute Stück kurz dort reinigt, bevor ihr es mir gebt?“ „Wir haben noch nicht den Solidaritätszuschlag besprochen... wenn ihr den Stein gereinigt haben wollt, müsst ihr uns schon etwas entgegenkommen....“ „Also gut, also gut, ihr bekommt die ganze Behandlung umsonst, wenn ich den Stein dort bekomme, gereinigt versteht sich.“ „ABGEMACHT! Grimmasch, da vorne habe ich eine seichte Stelle vorhin gesehen, mit perlklarem Wasser. Ihr werdet sehen, Bruder Emmeran, unser Grimmasch hier kennt sich HERVORRAGEND mit Steinen aus, er ist sozusagen ein Experte im Steinereinigen.... was machst du hier noch, Grimmasch, HUSCH! Der ehrenwerte Bruder Emmeran wartet sehnsüchtig auf dieses Juwel handwerklicher Künste!“
Bei diesem Preis beeilte ich mich wirklich damit den Stein sauber zu machen. Ich polierte ihn sogar ein bisschen. Keine Ahnung was Emmeran daran so gefiel, aber einem geschenkten Grubenpony schaut man nicht ins Maul. Ich lief sofort wieder zurück. „So, mein lieber Grimmasch, der hochgeschätzte Bruder Emmeran, seines Zeichens Magus und oberster Erzbischof des Flussvaters, hat sich bereit erklärt im Tausch gegen dieses, von uns erbeutete Artefakt hochelfischer Handwerkskunst, uns den vollen Preis für die Behandlung zu erlassen, und zusätzlich schenkt er dieses wirklich wundervolle, geodische Amulett, dass dir ein volle 5 Götterläufe längeres Leben garantiert.“ Ich gab ihrer höchsten und obersten Heiligkeit der Kirche des Flussvaters den Stein. „Ah, darauf habe ich schon lange gewartet. Wer hätte es gedacht, das Efferd ihn im Magen eines Krakenmolchs versteckt hat. Grimmasch, mein Junge, komm mit. Ihr anderen, trollt euch aufs Schiff, wir haben etwas Privates zu besprechen.“ Mit diesen Worten zerrte er mich zu der alten Ruine. "Dies ist ein alter Tempel zu Ehren Efferds. Man sagt, er wurde von ihm selber verschlossen. Dieser Stein hier wird uns den Eingang öffnen.“ Nach ein wenig Hokupokus schwebte der Stein wirklich zur Tür, und passte dort exakt in eine Vertiefung. Knackend, und als ob ein ganzes Felsmassiv über die Treppenstufen geschleift würde, öffneten sich die Türen und gaben den Eingang frei. „So, hier unten, am Grund des Tempels ist etwas, was ich unbedingt haben möchte.“ „Wieviel?“ „Es ist kein Geld wert, es bedeutet viel mehr für mich. Wenn du es aus der Tiefe bergen kannst, wird dich der Flussvater sicher reich belohnen.“ „Diesmal keine Tentakel?“ „Nein, versprochen, aber was in den Gängen auf dich wartet kann niemand sagen. Komm zu mir zurück, wenn du bereit bist.“ „Na gut, aber zuerst müsen wir uns um Ardo kümmern.“ „Das verstehe ich.“ Ich verabschiedete mich und nahm mir vor, wenn ich Zeit finden würde, würde ich dort unten mal nach dem Rechten sehen. Einige dieser Schieferablagerungen sahen vielversprechend aus. Und ich hatte dieses Ziehen im Knie, was ich sonst nur bekam, wenn ich auf eine Erzader bei der Arbeit stiess. Wer weiss, vielleicht sogar Gold?
Da wir nun wussten, dass Ardos Zustand sich nicht verschlechterte, machten wir uns zuerst auf nach Nadoret. Die Überfahrt dauerte nur einen Tag, und Forgrimm und ich übten solange, bis uns der Schweiss den Rücken herunter lief. Als wir endlich am Nadoreter Kai fest machten, beluden wir uns mit den erbeuteten Sachen aus der Zollfeste, und wir schleppten alles hinüber zu Olbin. Der staunte nicht schlecht, und bekam ganz glänzende Augen. Cuano war sofort wieder in seinem Element. „Guter Mann, ich sehe das Entzücken in euren Augen.... seit ihr vertraut mit der gräflichen Regelung von 896 BF bezüglich der Werbekostenpauschle?“ Wir überliessen den armen Olbin Cuanos Verhandlungsgeschick, und machten uns auf, um Waffenhändler Bakur einen Besuch abzustatten. „Willkommen, willkommen... schaut euch ruhig um, ihr werdet keine schärferen Klingen in ganz Nadoret finden. Allererste Qualität. Schaut, dieses Schwert, schneidet durch Stahl wie durch Koschtaler Kohlsuppe.“ Forgrimm schaute ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Wir suchen etwas... hm.... Massiveres. Zwergisches, wenn ihr so wollt.“ „Ah, dann handelt es sich sicherlich um eine Axt? Nein? Dieser wunderbare Brabakbengel vielleicht.... Auch nicht? Hm, massiver? Ich hätte noch diesen zweihändigen Hammer, schon etwas abgenutzt, aber immer noch top in Schuss.“
Just in diesem Moment bog Cuano um die Ecke, der damit beschäftigt war die Münzen in seinem Beutel zu zählen. „Ahhh, hier seit ihr. Na Mädels, auf Shopping Tour? Mal die neuesten Kreationen von L'rak D'lefregal anschauen? Tja, die Mode aus Xorlosch ist immer so teuer, und ich muss auf die beiden hier etwas achten, sonst lassen sie überall anschreiben. Was zeigt ihr ihnen da gerade, guter Mann? Einen Zweihandhammer? Du meine Güte, der hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen. Grimmasch, willst du den wirklich haben?“ „Ich,.... also ich denke....ja...“ „Gutgut. Aber hast du auch darauf geachtet, dass der Stiel erst einmal ersetzt werden muss? Schau hier, schon ganz gesplittert. In Havena würde sich ein Händler SCHÄMEN, wenn er nur einen Gedanken daran verschwenden würde eine solche B-Ware an seinem Stand feilzubieten....“ Während er herumlamentierte, und Bakur schon ein hochrotes Gesicht bekam, stiess er bei der Vorführung, wie der Hammer bei einem Hieb auf Granit brechen würde, mit einer gut gekleideten Dame zusammen. „Oh, ha, oh entschuuuldigung meine Dame, wie konnte ich nur so UNACHTSAM sein, es tut mir unendlich leid. Haben wir uns schon einmal getroffen? Ich meine mich an eure entzückenden Augen zu erinnern, vielleicht auf dem Hofball von Fürst Bennain. Nein? Ein Jammer, eure Ausstrahlung hätte sicherlich wie eine Frühlingsbrise auf die langweilige Gesellschaft gewirkt.“ Gerade noch strahlend lächelnd drehte er sich plötzlich wieder todernst zu Bakur um. „Wie war doch noch dieser völlig überhöhte Preis für dieses betagte Kriegsgerät minderer Qualität? 3 Dukaten?“ „Ich muss doch sehr bitten! Meine Ware ist ausschliesslich von allerhöchster Güte!“ Wir kauften schliesslich den Zweihand Hammer, und Jakoon bekam als Preisnachlass noch einen besseren Langbogen.
Ich konnte mich nicht länger beherrschen. „Cuano, hast du der Frau da gerade ihre Geldbörse gestohlen? Das ist Diebstahl!“ „Nein!“ „Aber du hast ihre Börse in der Hand.“ „Es kam zu einer spontanen Verschiebung in der finanziellen Hemisphäre, das passiert mir andauernd, ich kann nichts dafür.... und schaut, ich habe auch ihr Taschentuch, einen Glücksbringer... und ich frage mich allen Ernstes, wie sie diesen Kerzenleuchter unter diesem doch sehr eng geschnittenem Kleid verborgen hat.“ „CUANO!“ „Du meine Güte, Grimmasch, was bist du nur für ein Moralapostel.“ „Du bist ein hundsgemeiner Dieb!“ Forgrimm tippte mir auf die Schulter, und versuchte mich lachend etwas zu beruhigen. „Cuano ist ein Phexgeweihter, du wirst dich daran gewöhnen müssen.“ „Oh ihr Götter, das kann ja heiter werden. Ich war bei der Stadtwache, wenn auch nur kurz. Wenn Hauptmann Nirulf das mitbekommt, enden wir alle im Kerker.“ „Aber, aber, ich wurde noch nie erwischt.... nagut, einmal, aber das war als Ardo und Forgrimm mich ertappt haben. Das zählt nicht. Lasst uns doch der Diebesgilde nachher einen Besuch abstatten.“ „DAS wird sicher interessant. Lasst uns zuerst unter dem Tempel vorbeischauen, ich will sehen, ob ich nach den Übungsstunden mit Forgrimm den Hammer mal ausprobieren kann.“
So marschierten wir hinauf zu Marktplatz. Cuano hatte einen Mehlsack irgendwo aufgetrieben, und auf dem Weg nach oben schien der Inhalt magisch anzuschwellen. „Oh, du meine Güte, ich Tölpel, kann ich euch aufhelfen, mein Herr? Ich bin so ungeschickt.“ „Ein Efferdgeweihter, was man nicht alles für interessante Leute hier in Nadoret antreffen kann. Wer ist euer Schneider? Diese Robe umschmeichelt ja geradezu euren Bizeps, und dieser Stoff, so weich wie Elfenbausch.“ *Leises Klimpern*
Schliesslich gelangten wir in die Katakomben. Wulfgrimm begrüsste mich freundlich, während sich Cuano ächzend entschuldigte. „Ich äh.... muss eben... Händler.... ihr wisst schon.“ Und damit wankte er auf Wurrwosch zu. „Nun, Meister Zwerg, wie siehts aus, wollt ihr nochmal in den Ring steigen? Der nächste Gegner wird euch liegen, er heisst Tragasch. Was sagt ihr?“ „Ich könnte eine Runde im Ring vertragen... lasst uns beginnen.“ Jakoon verlieh mir wieder seinen Attributio Potestas, und dann befand ich mich auch schon im Ring.
Mein Gegner war ein wirklich seltsamer Angroschim. Er war spindeldürr und mindestens ein Kopf kleiner als ich. Dafür war sein Zweihandhammer fast doppelt so gross wie er. Ich weiss nicht, was ich ihm sagte, aber er war tödlich beleidigt, und setzte sofort zu einem Hammerschlag an. Ich wich aus, wie es mir Forgrimm gezeigt hatte, und hieb dem armen Kerlchen meinen Hammer mit einer schnellen Bewegung an die Schulter. Das trieb ihn zur Weissglut, und er schlug nach mir mit einer wilden, kreisenden Bewgung, die man aber schon im Ansatz erkennen konnte. Ich parierte diesmal den Hieb, aber dabei hätte ich fast den Hammer aus den Händen verloren, da Tragasch wesentlich mehr Kraft besass, als man ihm es nach seinem Äusseren zutrauen sollte. Ich musste einen Schritt zurückweichen, und er setzte sofort nach, um erneut einen Hammerschlag auf mich herabsausen zu lassen. Ich wich wieder wohlweislich aus, setzte aber diesmal zu einem wuchtigen Schlag an, bevor er sich zu mir wieder umdrehen konnte. Das liess ihn fast in die Knie gehen, und er ächzte vor Schmerz. Bevor er sich fangen konnte, schickte ich ihn mit einem Hieb an seinen überdimensionalen, gehörnten Helm ins Reich der Träume. Draussen jubelte Forgrimm: „KANGROSCHA! Soooo macht man das!“
Ich grinste über beide Backen. Das mit dem Hammer funktionierte wunderbar. Als mir Wulfgrimm das Geld ausbezahlte, fragte er mich, ob ich gegen seinen Champion antreten wolle. Ich willigte ein, und stand Minuten später einem beeindruckendem Ork gegenüber. Der Schwarzpelz war mit Schild und Säbel bewaffnet. Das würde nicht einfach werden. Thurazz, so der Name des Orks, erwies sich als äusserst kampferprobt, und setzte mir mit ein paar schnellen Finten sehr zu. Als ich eine Öffnung in seiner Deckung sah, schlug ich mit einem wilden Hieb zu, den er aber nur lachend mit dem Schild abwehrte. „Ist das alles? Zeigt mir eure Kraft!“ Ich war arg in Bedrängnis, und als letzter Ausweg blieb mir nur das zu probieren, was Forgrimm mir mit dem Aufwärtshieb gezeigt hatte. Als Thurazz wieder mit einer Finte versuchte mich zu treffen, wich ich einen halben Schritt zurück, und nutzte die Bewegung um von unten gegen den Rand seines Schildes zu schlagen, da mein Hammer eine grössere Reichweite hatte. Das brachte ihn aus dem Konzept, und ich konnte einen schweren Treffer mitten auf seiner Brust landen. Deutlich vorsichtiger geworden, begann mich Thurazz mit einer ganzen Serie von Finten vor sich her zu treiben. Ich konnte den meisten Schlägen ausweichen, aber er erwischte mich ein ums andere Mal, und mir ging langsam die Puste aus. Da wurde er zu siegesgewiss. Er versuchte mich mit einem Schildstoss zu Boden zu werfen, allerdings hatte ich seine Attacke erahnen können. Mit einem Rückhandschlag traf ich ihn von links, als er durch seinen eigenen Schwung getragen an mir vorbei taumelte. Ich legte alle Kraft, die ich noch besass, in einen Wuchtschlag, direkt auf seine linke Flanke. Der Hammer traf ihn krachend auf sein Schulterblatt, und Thurazz sank stöhnend zu Boden. Ich hätte keine weitere Minute mehr durchgehalten. Cuano bemerkte von draussen „Glückwunsch, zu meinem Leidwesen habe ich auf den Gegner gesetzt.“ Schnaufend auf den Hammer gestützt liess ich mich von Wulfgrimm ausbezahlen. Dann schlug ich vor Erholungsphase nach oben in den Springenden Hirschen zu verlegen. Das fand allgemeine Zustimmung, und da Cuano in Geberlaune war, lud er uns alle ein.
Wir suchten uns einen netten Tisch, und bestellten reichlich Bier, und etwas Deftiges zu essen. Nachdem eine der hübschesten Angroschna, die ich jemals gesehen habe, unsere Bestellung gebracht hatte, verabschiedete sich Cuano kurz, da er mal für kleine Khômgeparde müsse. Das Geld liess er bereits auf dem Tisch liegen. Wir tafelten fürstlich, aber Cuano erschien nicht mehr. Er war eine Etage nach oben gestiegen auf der Suche nach dem stillen Örtchen. Als wir unser Mahl beendet hatten, und er immer noch nicht aufgetaucht war, beschlossen wir schon einmal auf den Marktplatz zu gehen. Er würde uns sicher finden. Gerade als wir die Tür nach draussen öffneten, erklang von oben ein wüster Tumult. Eine aufgeregte Männerstimme brüllte sich heiser, und dazwischen waren spitze Frauenschreie zu hören.
Jakoon erfasste die Situation als Erster. „Nicht gut, gar nicht gut, wenn Cuano nicht zu sehen ist.... lasst uns hier unauffällig verschwinden, seeehr unauffällig.“ Wir schlenderten so unauffälig wie möglich nach draussen. Der Tumult wurde immer lauter und näherte sich dem oberen Treppenende, als wir die Taverne verliessen. Draussen gingen wir sehr langsam und völlig unschuldig hinüber zur Treppe vor dem Praios Tempel. Kaum hatten wir die unterste Stufe erreicht, als Cuano wie angestochen aus der Taverne raste, während er noch versuchte sich seinen linken Schuh anzuziehen. Etwas unelegant, aber wirklich schnell war er, das muss man ihm lassen. Panisch schaute er sich um und erspähte uns dann. Gerade als er zu uns herüber rief „So tut doch etwas!!!“ Sprang ein Mann mit hochrotem Gesicht aus der Taverne. Hinter ihm, im Schlepptau, eine fast nur halb bekleidete Dame. Wir schüttelten nur äusserst unauffällig mit dem Kopf, während Jakoon anmerkte „Stur lächeln und winken, Männer. Lächeln und winken.“ Und so sprintete Cuano mit Höchstgeschwindigkeit an uns vorbei in Richtung Hafen, während wir etwas tumb, aber äusserst unauffällig freundlich lächelten, und ihm hinterher winkten.
Geändert von Aydan (16.11.2011 um 09:39 Uhr)
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