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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    [Battle-Turnier]Gruppe A - El Toro vs. Rhobar

    Und weiter geht es mit der Vorrunde

    Diesmal treffen in Gruppe A El Toro und Rhobar aufeinander.

    Für alle Battles gelten die gleichen Regeln: 4 Posts für jeden zu je 400-600 Wörtern. Diesmal darf El Toro beginnen.

    Wie immer gilt: Das Lead-In wurde von Stone zufällig zugewiesen. Der Verfasser wird erst am Ende bekannt gegeben.

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    Eisig umwehte ihn der Wind und biss ihn immer und immer wieder ins Gesicht. Die schneebedeckten Berge Nordmars ragten so hoch hinauf, dass die Sonne halb hinter ihnen verschwand.
    Albrecht fror, obwohl der Marsch anstrengend war. Blieb er kurz stehen, ließ sein Zittern seine Rüstung klappern. Innerlich ärgerte er sich darüber, nicht bessere Kleidung für diese Mission mitgenommen zu haben, denn ein dünnes Hemd darunter reichte nicht aus, um ihn warm zu halten.
    Doch ein Paladin gab nicht so einfach auf. Mit zusammengebissenen Zähnen und grimmigen Blick hatte er sich durch die Eislandschaft Nordmars gekämpft, und nun stand er seinem vorläufigen Ziel kurz bevor.
    Hinter einer Schneewehe erblickte er das kleine, beschauliche Dorf, das Dorf der Novizen.

    Hier lebten die Novizen, die zum Magier erwählt werden wollten, ein Jahr lang, um ihren Willen zu beweisen. Ein Jahr lang in völliger Abgeschiedenheit, unabhängig vom Kloster und anderen Clans, nur auf die eigene Kameradschaft gestellt. Viele brachen ab, kehrten zurück, da sie es nicht mehr aushielten und ihr Wunsch, Magier zu werden nicht stark genug brannte. Doch diejenigen, die ein ganzes Jahr lang ihr Dasein in dieser ungemütlichen Gegend fristeten, inmitten von Goblinnestern und noch schlimmeren Monstern, waren von Innos erwählt. Sie bekamen die Chance, Magier des Feuers zu werden.
    Albrecht kannte es von seiner Zeit als Paladin-Anwärter. Nur eine harte, unerbittliche Ausbildung konnte Körper und Geist genügend stählen, um den Anforderungen als Streiter Innos' gerecht zu werden. Askese und Disziplin waren die Schlüssel zur erforderlichen Stärke.

    Hastig, mit neuer Kraft in den Beinen schritt er den Hügel hinunter, doch je näher er kam, desto mehr ergriff ein ungutes Gefühl Besitz von ihm. Er schaute sich um, doch niemand war zu sehen. Die Umgebung war völlig ausgestorben, und als er am Tor der Holzpalisade angelangt war, entdeckte er keine Wachen. Ihm schwante Übles.
    „Hallo?“, rief er mit fester Stimme, als er durch das verlassene Tor in das Dorf schritt. Es tat gut, wieder einen Laut von sich zu geben, denn fast die gesamte Reise hatte er schweigend verbracht. Es hätte ihn nicht gewundert, wären seine Stimmbänder gar nicht mehr in der Lage dazu gewesen, auch nur ein Geräusch zu erzeugen.
    Albrecht bekam keine Antwort. Ein winziger Marktplatz, die Schmiede, eine Gerberei und kleine Wohnhütten. Alles war verlassen.
    „Ist hier jemand?“, rief Albrecht und klang dabei ungewollt verzweifelt. Er lief hin und her, schaute in jedes einzelne Wohnhaus, untersuchte die Kaminfeuer, doch sie waren schon lange erloschen. Im Dorf war es kalt und beinahe still, nur der bissige Wind, der durch die verlassenen Häuser wehte, ließ klagende Laute ertönten.

    Das Dorf der Novizen war menschenleer. Er war zu spät.

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    Zu spät.
    Das Feuer ließ unheimliche Schatten an der nackten Wand des Hauses tanzen. Das Angesicht Innos’ in den Flammen, das ihm Trost und Wärme spenden sollte, tauchte die kalte Wirklichkeit um ihn herum in geisterhaftes Flackern, verzerrte sie, ließ sie dünn und zerbrechlich werden. Es schien sogar die Dunkelheit zwischen den winzigen Lichtinseln noch tiefer, schwärzer und bedrohlicher zu machen. Doch alles war besser als allein in völliger Finsternis zu sitzen, in diesem von Innos und den Menschen verlassenen Dorf.
    Dorf? Friedhof, dachte Albrecht, es ist ein Friedhof. Eine Geisterstadt.
    Albrecht zog seinen Umhang enger um die Schultern, doch es nütze nichts. Er fror.
    Zu spät.

    „...dann dürfte es bald zu spät sein!“
    Pyrokars Stimme hallte in der Kathedrale wieder, füllte sie aus und verebbte in den Winkeln der gewaltigen steinernen Vierung. Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, und Albrecht fragte sich, wie es möglich war, dass der Hochmagier, der trotz seines Alters eben noch eine ehrfurchtgebietende, hochaufragende Gestalt im feierlichen Halbdunkel der Kirche gewesen war, nun kraftlos und zusammengesunken erschien wie ein schwacher Greis, dem das dünne Haar wie Spinnweben in die glanzlosen Augen fiel.
    Lord Andre brach das Schweigen als Erster.
    „Das werden wir nicht zulassen. Die Novizen stehen unter dem Schutz der Heiligen Kirche und unter unserem Schutz. Die Streiter Innos’ werden niemals...“
    Serpentes lachte höhnisch auf.
    „Die Streiter Innos’? Wo seid ihr denn, ihr hehren Streiter Innos’? Hier, in Khorinis oder in Vengard, wo ihr dem König den...“
    „Schweig!“
    Albrecht hielt den Atem an. Lord Andre hatte es gewagt, einem Hochmagier den Mund zu verbieten. Andres und Serpentes’ Blicke kreuzten sich wie Klingen. Das wirst du büßen...später..., sagten die Augen des Magiers, aber dann wandte er den Blick ab.
    Albrecht beeilte sich, das unheilvolle Schweigen in der Kathedrale zu beenden. Seine Stimme klang merkwürdig dünn in dem mächtigen Gewölbe.
    „Wir haben drei gute Männer im Nordmarer Kloster stationiert. Wir warten noch auf Nachricht von ihnen. Der Großteil unserer Streiter verteidigt die Heilige Herrschaft Innos’ über Myrtana. Diese Aufgabe ist zu wichtig, als dass wir...“
    „Zu wichtig?“ Pyrokar keuchte. „Zu wichtig? Hast du, Paladin, überhaupt eine Ahnung davon, was es bedeuten würde, wenn mein Verdacht tatsächlich Gewissheit wird? Das Dorf der Novizen mag klein, ja, lächerlich erscheinen, wenn man Vengard vor Augen hat. Aber du hast keine Vorstellung davon, was geschieht, wenn...“ Pyrokar brach ab und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, so als stiege eine grässliche Vision vor seinem inneren Auge auf. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder – im Licht der unzähligen Kerzen, die den Innenraum in Dämmerlicht tauchten, sah Albrecht die tiefen Furchen im Gesicht des Feuermagiers – und fuhr fast unhörbar fort:
    „...wenn sie alle diesem unseligen Wahn verfallen?“



    Zu spät.
    Nachdem sie noch mehrere Tage vergeblich auf Nachricht von den Novizen und den Magiern und Paladinen aus dem Kloster von Nordmar gewartet hatten, hatte Lord Andre entschieden, eine Mission zur Aufklärung der unheimlichen Gerüchte zu entsenden, die sich um das Dorf der Novizen rankten. Die Innoskrieger, die sich in Myrtana aufhielten, konnten keinen einzigen Mann entbehren. Albrecht vermutete, dass der Einfluss der Kirche in Vengard nicht so stark war, wie die Hochmagier sich dies erhofften. Galt es, zwischen den Belangen des Königs und denen der Kirche eine Entscheidung zu treffen, fiel diese stets zugunsten Rhobars aus. Und Albrecht war überzeugt davon, dass es Innos besser gefiel, seine Heilige Herrschaft gegen die Horden der Orks zu verteidigen als den abenteuerlichen Ahnungen eines alten Magiers nachzugehen.
    Nichtsdestotrotz hatte Lord Andre ausgerechnet ihn, Albrecht, mit der beschwerlichen Reise nach Nordmar betraut, um mit den Paladinen des nördlichen Innosklosters in Kontakt zu treten und im Dorf der Novizen nach dem Rechten zu sehen.
    Und nun, da Albrecht in die Flammen sah und der Grabesstille lauschte, die zwischen den Mauerritzen hindurchkroch und ihn wie ein undurchdringlicher Umhang umhüllte, wusste er, dass er zu spät gekommen war. Nun ging es nur noch darum, den Schaden zu begrenzen.
    Zu spät.

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Der nächste Tag begann so kalt, wie der vorige endete. Die tiefstehende Sonne warf lange Schatten zwischen die einfachen Hütten des Dorfes, in denen Albrecht nach Hinweisen auf den Verbleib der Novizen suchte. Was ihm am meisten verunsicherte war, dass praktisch jede Hütte einen anderen Eindruck erweckte. Viele waren komplett leer, als hätten ihre Bewohner in aller Ruhe ihre Habseligkeiten zusammengepackt bevor sie verschwanden. Andere wirkten, als seien ihre Bewohner gerade erst gegangen, und in wieder anderen herrschte das totale Chaos, als hätten ihre Bewohner das Dorf nicht freiwillig verlassen.
    Immer wieder hörte er im Geiste die Stimme des ehrwürdigen Magiers Pyrokar, wie er diesen schrecklichen Verdacht äußerte. Noch hatte Albrecht keinen Hinweis gefunden, der ihn erhärtete, jedoch vermochte er auch keine andere Erklärung für das Verschwinden der Novizen zu entdecken.
    Er untersuchte gerade eine der Hütten, deren Bewohner alles zurückgelassen hatten, als ihm etwas auffiel. Da, am Boden direkt neben dem Bett, waren undeutlich Schleifspuren zu erkennen, fast so, als ob das Bett verschoben worden ist, immer und immer wieder, von der Wand weg und wieder zurück. Vorsichtig zog er das Bett ein Stück von der Wand weg um zu sehen, was dahinter war. Doch es war nichts, nur die kahle, hölzerne Wand der Hütte. Ein wenig enttäuscht begab er sich wieder nach draußen, noch immer Zitternd vor Kälte. Was die Novizen auch alles zurückgelassen hatten, warme Kleidung war leider nicht dabei. Er hatte nun das gesamte Dorf auf den Kopf gestellt ohne auch nur den geringste Hinweis zu finden. Wenn die Hütten doch nur einheitlich aussehen würden, alle verlassen oder nicht, dann hätte er eine Theorie aufstellen können, was passiert ist. Aber was war Grund genug, das Dorf aufzugeben, ließ aber einigen Zeit ihre Sachen zu packen und anderen nicht?
    Bei Innos, natürlich! Mit einem Mal fiel ihm etwas ein. Er erinnerte sich, dass viele Rekruten damals bei der Miliz in Vengard in der Kaserne.... nunja, Dinge besessen hatten, die sie eigentlich nicht haben durften. Das reichte von unsittlichen Zeichnungen bis hin zu kleinen Sumpfkrautvorräten. Und oftmals versteckten sie sie hinter losen Dielen im Fußboden. Oder in einer Wand. Albrecht lief zurück in die Hütte, die er soeben verlassen hatte, und untersuchte sorgfältig die Wand hinter dem Bett. Und tatsächlich eines der Bretter war lose. Mit klammen Fingern tastete er nach einem Spalt um das Brett zu entfernen. Das Brett ließ sich problemlos aus der Wand nehmen und gab ein geheimes Fach frei, was dahinter verborgen war. Doch was er da sah schockierte ihn mehr, als er je für möglich gehalten hätte.
    Nein, das darf nicht sein! Pyrokar hatte also recht. Zögernd griff er in das Fach und holte die kleine Figur heraus, die er mit einer Mischung aus Abscheu und Entsetzen betrachtete. Kein Zweifel, die Runen, die Symbole...
    Es war eine Beliarskulptur.

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    Die Figur bestand aus grauem Stein, der narbig und vom Alter zerfressen war. Sie zeigte Beliar in der Gestalt eines Warges. Der Kopf des Tieres war in einem seltsamen, irgendwie hungrigen Winkel angelegt, und seine Augäpfel starrten in äußerster Wut aus den Höhlen. Die Schnauze stand offen, so dass man eine Reihe nadelspitzer Zähne erkennen konnte. Auf die Brust des Warges waren mit ungelenker Hand Runen eingeritzt worden, die Albrecht nicht verstand, die ihn aber mit unaussprechlichem Grauen erfüllten – und mit etwas anderem. Die kleine Skulptur übte eine so starke Faszination auf ihn aus, dass er für einen Augenblick vergaß, wo er sich befand. Draußen war Wind aufgekommen, der heulend um die Hütte strich.
    Er wollte die Statue von sich schleudern, aber seine Hand gehorchte ihm nicht. Er sah, wie sein Finger über den rauen Steinrücken des Warges glitt, und obwohl er dabei vor Abscheu erschauerte, flüsterte etwas, das sich irgendwo im Dunkeln seines Verstandes versteckt hielt, mit sanfter, versonnener Stimme, dass er es zulassen solle, seine Hand machen lassen solle, was sie wolle, berühren lassen solle, was sie wolle…
    Draußen fiel etwas im Wind um.
    Albrecht ließ die Skulptur unter Aufwendung aller seiner Kräfte los. Sie fiel auf den Fußboden der Hütte und es schien ihm, als würde sie in einem unsichtbaren, quälend langsamen Rhythmus pulsieren. Albrecht nahm nur am Rande seines Bewusstseins wahr, dass er sich die Hand voller Ekel an seiner Hose abwischte. Obwohl er die Statue losgelassen hatte, war sie immer noch da, sie war wie ein Finger, der über seinen Geist strich und hie und da seinen Nagel hineinbohrte. Oder wie ein winziger Glassplitter im Auge. Albrecht wünschte sich, er hätte die Figur niemals angesehen. Mehr noch wünschte er sich, er hätte sie nie angefasst.
    Der Wind strich heulend um das Gebäude, und das Ding, das umgefallen war, rutschte polternd über den Boden.
    Albrecht zog sein Schwert und trat aus der Hütte. Der Wind umhüllte ihn wie ein eisiger Mantel und fuhr unter seine Kleidung. Ein leeres Fass, in dem sich einst Wein befunden haben mochte, rollte ziellos über die gefrorene Erde. Eine Windböe trieb es gegen eine fensterlose Wand einer der Hütten, wo es liegen blieb und von Zeit zu Zeit leise gegen den grob verputzten Stein schlug.
    Albrecht wollte sein Schwert gerade wieder einstecken, als aus einer der Behausungen eine Gestalt heraussprang, von der der Paladin im ersten Augenblick nur einen dunklen Umriss wahrnahm. Er wirbelte herum und richtete sein Schwert auf sie. Als er erkannte, worum es sich handelte, hätte er seine Waffe beinahe auf die harte, steinige Erde fallen lassen. Vor seinem inneren Auge sah er, wie das Schwert zwischen den dürren, toten Grasbüscheln auf dem staubigen Boden der Gasse lag und in der tief stehenden Sonne funkelte, er hörte das dumpfe, von der Kälte erstickte Klirren, mit dem es dort aufkam… Aber er ließ es nicht fallen. Er richtete es mit sicherer Hand auf die Frau, die auf ihn zu taumelte. Sie schien die Waffe gar nicht wahrzunehmen, denn sie kam näher und näher, bis die Spitze des Schwertes ihre Brust berührte. Die Frau packte Albrecht mit erstaunlicher Kraft an den Schultern, ihr Gesicht ganz nah an seinem.
    Sie wird fragen, ob ich zu Beeeliar gefunden habe. Wenn sie einen so packen, dann sagen sie niemals Beliar, immer nur Beeeliar, dachte Albrecht zusammenhangslos.
    Aber natürlich sagte sie etwas anderes.
    „Wir müssen hier raus.“ Ihre Stimme klang heiser und leise. „Sofort.“ Sie warf einen Blick über die Schulter und wandte ihr Gesicht wieder Albrecht zu. Sie hatte dichtes, dunkles Haar und sehr weiße Haut. Ihr Kleid, das viel zu dünn war, flatterte im Wind.
    Albrecht ließ das Schwert sinken – aber nur ein kleines Stück. Seine Stimme klang dünn im Heulen des Windes, als er fragte:
    „Was ist hier geschehen?“

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    „Wir haben keine Zeit, wir müssen von hier verschwinden!“
    Ohne ihm Zeit für eine Antwort zu lassen, rannte sie in Richtung des kargen Waldes westlich des Dorfes. Kurz vorm Waldrand drehte sie sich noch einmal um, warf Albrecht einen flehenden Blick zu und verschwand hinter einem der kahlen, knorrigen Bäume. Albrecht zögerte kurz, nahm aber schließlich die Verfolgung auf. Sie wusste etwas darüber, was hier vorgefallen war, er konnte nicht zulassen, dass sie weglief. Immer weiter verfolgte er sie durch den Wald, jedes Mal, wenn er sie fast eingeholt hatte, wechselte sie die Richtung, jedoch blieb sie immer wieder kurz stehen. Es ist, als versuchte ich ein Einhorn zu fangen, schoss es ihm durch den Kopf. Es kam ihm allmählich surreal vor und er begann sich zu fragen, ob die Frau tatsächlich existierte, oder ob er nur phantasierte und in Wahrheit dem Tode nah auf dem Boden im Dorf lag. Doch dann sah er sie an einer Felswand stehen, direkt neben dem Eingang zu einer kleinen Höhle. Kaum hatte er sie erreicht, kroch die Frau durch die Schmale Öffnung. Albrecht folgte ihr zunächst zögernd, als er jedoch das behagliche Feuer sah, was dort brannte, war jeder Zweifel verschwunden.
    „Hier sind wir sicher“, sagte die Frau, die sich zitternd neben das Feuer kauerte.
    Auch Albrecht setzte sich ans Feuer und wärmte die klammen Hände, während er sein Gegenüber genau ansah. „Wer bist du?“
    „Aenna. Ich stamme vom Feuerclan.“
    „Also gut, Aenna. Ich bin Albrecht, Paladin des Königs. Man hat mich geschickt um in Erfahrung zu bringen, was im Dorf der Novizen vorgefallen ist. Weißt du etwas darüber?“.
    „Nein!“, antwortete sie ein wenig zu schnell.
    „Warum sollte ich dann das Dorf verlassen? Bitte, ich muss wissen, was passiert ist.“
    Aenna schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Sie sah Albrecht nicht an, stattdessen sprach sie zu ihren Füßen: „Es ist nicht nur das Dorf. Unsere Clansiedlung sieht genauso aus.“
    Albrecht lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Er ahnte, was als nächstes kam. „Und... das Kloster? Ist im Kloster alles in Ordnung?“
    Aenna blickte kurz auf und schüttelte dann langsam den Kopf.
    „Bei Innos...“ Als Pyrokar über seine Befürchtungen gesprochen hatte, war Albrecht entsetzt gewesen ob der Vorstellung, dass so etwas geschehen konnte. Aber nun zu erfahren, dass halb Nordmar davon betroffen war, schlimmer noch, dass das hohe Kloster selbst nicht verschont geblieben sein soll, war zuviel für ihn. Eine Weile sah er nur mit weit aufgerissenen Augen zu Aenna, die wiederum schweigend ins Feuer starrte. Schließlich stellte Albrecht erneut die Frage, der Aenna bisher ausgewichen war. „Warum sollte ich von dort weg? Was weißt du?“
    „Es ist dort nicht sicher“, murmelte sie. „Ich hab ihn gesehen.“
    „Wen hast du gesehen?“, fragte Albrecht, der sich nicht sicher war, ob er die Antwort wirklich kennen wollte.
    Langsam sah Aenna auf und blickte Albrecht, zum ersten mal seit ihrer Begegnung im Dorf, in die Augen. „Ich hab ihn gesehen.“, wiederholte sie, und irgendetwas in ihrem Blick machte Albrecht entsetzliche Angst.

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    Albrecht starrte in die Flammen. Aennas Worte hallten in seinem Kopf wider wie Echo in einer gewaltigen Höhle. Es war völlig unmöglich. Es konnte nicht sein, weil es das Ende bedeuten würde. Nicht nur sein, Albrechts, Ende, nicht nur das Ende der Menschheit, nicht einmal nur das Ende der Welt. Es wäre das Ende von allem, das Ende der Herrschaft Innos’.
    „Du weißt nicht, was du sagst, du dummes Weib“ stieß er grob hervor. „Wenn du ihn gesehen hättest, wärst du jetzt tot, oder du hättest den Verstand verloren. Niemand kann ihn ansehen, kein menschliches Wesen.“
    Aenna starrte in das Feuer, das tanzende Schatten an die Wand malte.
    „Er trägt eine Maske…einen Körper, der ihm nicht gehört…aber ich habe gespürt, dass er es sein muss.“ Sie stockte, und Albrecht glaubte, dass sie anfangen würde zu weinen oder zu schreien, aber sie fuhr mit fester Stimme fort: „Ich war auf der Jagd. Als ich ins Dorf kam, war es bereits zu spät. Es war…keine Menschenseele zu sehen. Nur der Wind heulte. Gespenstisch. Aber ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, denn jemand rief um Hilfe. Im aufkommenden Wind war die Stimme kaum zu hören, so schwach war sie.
    ‚Ist da jemand? Bitte helft mir!’
    Es war eine vertraute Stimme, und ich war sicher, dass sie aus einer der Gassen hinter der großen Schmiede kam.
    ‚Bitte!’, stöhnte die Stimme, und nun erkannte ich sie. Sie gehörte Lisk, einem der Jäger des Hammerclans.
    Ich rief seinen Namen gegen den heulenden Wind, und ich wünschte mir im selben Moment, ich hätte es nicht getan. Oder ich hätte meine Stimme verstellt.“ Aenna sah ihn an, und nun bemerkte Albrecht, dass sie doch weinte.
    „Und Lisk antwortete. Seine Stimme war schon viel näher. ‚Aenna, bist du das?’ Ich machte den Mund auf, um zu antworten, aber…ich…ich sagte keinen Ton. Ich wusste, dass es Lisk war, aber… Doch jetzt war es zu spät, um noch etwas zu ändern. Ich ging um die Schmiede herum und sah ihn. Er sah nicht gut aus. Er beugte sich über seinen linken Arm, mit dem er den rechten an die Brust drückte, und was von seinem Gesicht zu erkennen war, war kalkweiß. Blut rann ihm von der Unterlippe und aus der Nase. Er sah mich mit Augen an, die so dunkel und verzweifelt wirkten wie…wie die eines Tieres.
    Ich fragte ihn, was mit ihm geschehen sei.
    ‚Mein Arm ist gebrochen’, stöhnte er und beugte sich weiter nach vorne. Die Haltung hatte etwas Abstoßendes, wie…wie ein Schrat, der sich über einen Beutel voll gestohlenem Gold beugt. ‚Hilf mir, bitte!’ Er hob den unversehrten Arm und streckte ihn mir entgegen. Ich hätte am liebsten aufgeschrieen, aber dann sah ich das Blut auf seinem Arm...den Dreck…das erschöpfte Zittern. Ich ergriff seine Hand, um ihn zu stützen, und er sah mir ins Gesicht. Sein Lächeln…“ Aenna schauderte und verstummte.
    „Was ist dann passiert?“ drängte Albrecht, aber Aenna sagte nichts mehr. Sie starrte in die Flammen und wiegte ihren Körper leicht im Takt einer stummen Melodie. Sie tat Albrecht Leid, aber er konnte keine Rücksicht darauf nehmen. Nicht, wenn alles auf dem Spiel stand. Wenn es sein musste, würde er sie mit allen Mitteln zum Reden bringen. Er legte ihr eine Hand unter das Kinn, hob ihren Kopf an und dreht ihn gleichzeitig ein Stück, so dass sie ihm ins Gesicht sehen musste.
    „Was ist dann passiert?“ wiederholte er, und seine Stimme dröhnte laut von den Wänden der kleinen Höhle wieder.
    Aenna sah ihn ausdruckslos an. Aus ihrem linken Augenwinkel rann ein kleiner Tropfen Blut.

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