Psycho-Pass: The Movie
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Format: Animefilm
Umfang: 113 Minuten
Erscheinungsraum: 2015
Regisseure: Katsuhiro Motohiro und Naoyoshi Shiotani
Studio: Production I.G
Genre: Sci-Fi, Action
Inhaltsangabe
Im Jahr 2116 ist Japan dank des Sybil-Systems endlich ein sicherer Ort geworden. Permanent misst es den psychischen Zustand aller Bürger und Bürgerinnen und sobald bestimmte Stresslevel überschritten werden, hetzt Sybil seine Vollstrecker präventiv auf entsprechende Personen, noch bevor diese überhaupt Verbrechen ausüben können.
Doch weh, oh weh, das bedeutet nicht direkt Friede, Freude Eierkuchen im Land, wie Inspektor Akane Tsunemori (mal wieder) feststellen muss, als sie nur um Haaresbreite einen Terroranschlag vereitelt.
Die Terroristen, so stellt es sich heraus, kamen allerdings nicht aus dem Inneren, sondern aus dem Ausland. Genauer gesagt aus der kriegsgeplagten South East Asian Union, die aktuell ihrerseits versucht, das Sybil-System einzuführen. Und ihr Auftraggeber scheint kein geringerer zu sein, als Akanes ehemaliger Kollege Shinya.
Um der ganzen Chose auf den Grund zu gehen, reist Akane also nach Südostasien.
Kritik
Als die erste Staffel Psycho-Pass 2012 in Japan erschien, war der Jubel groß. Endlich wieder ein kluger SciFi-Flick, mit schmucker Animation, gutem Soundtrack, charismatischem Bösewicht und kniffligen Sinnfragen. Eben so ein Werk im Sinne von Ghost in the Shell oder Ergo Proxy, wie es die Animelandschaft nur alle paar Jahre hervorbringt.
Mit dem Erscheinen der zweiten Staffel 2014 ebbte die Freude jedoch schlagartig ab. Denn all das, was die erste Staffel toll gemacht hatte, war nun plakativer Austauschbarkeit gewichen mit blasseren Charakteren und hanebüchener, lahmer Geschichte, sodass bloß Musik und Bebilderung überhaupt noch erahnen ließen, dass es hier um das selbe Epos ging, das in Staffel 1 so überschwänglich gelobt worden war.
Schaut man nun also den dieses Jahr erschienenen ersten Spielfilm zu Psycho-Pass, so drängt sich unweigerlich die Frage auf, was es denn nun geworden ist: Staffel-1-Hurra oder Staffel-2-Meh? Mit der Frage im Hinterkopf haben Happy und ich uns tapfer in einen Kinosaal der Nippon Connection gewagt.
Zu welchem Urteil wir letztendlich gelangten, will ich im Folgenden darlegen.
Optisch und Musikalisch fügt sich der Film nahtlos in das Gesamtbild der beiden Staffeln ein. Intro und Outro sind der Serie direkt entnommen und auch sonst merkt man dem Soundtrack an jeder Stelle an, dass derselbe Komponist, Yugo Kanno (Birdy the Mighty, JoJo's Bizarre Adventure: Stardust Crusaders), am Werk war. Zwar wird den ruhigeren Tracks nicht wirklich viel Zeit zum Glänzen eingeräumt, dafür leihen aber die schnelleren elektronischen und metallischen Themes den zahlreichen Action-Szenen Dynamik. Auch bei der Bebilderung ist auf Anhieb erkennbar, dass wieder Production I.G am Werk waren. Mehr noch als in der Serie scheint dabei deren immenser Faible für CGI durch...und das nicht immer mit dem besten Ergebnis. Denn während die ein oder andere computergenerierte Kamerafahrt oder das Effektgewitter, wenn der Dominator gezückt wird noch ganz chic wirken, geben sich die klobigen, kantigen Fahrzeuge, die unnatürlich durch die gezeichneten Hintergründe stapfen und gleiten eher unfreiwilliger Komik hin.
Störend ist außerdem der hektische Schnitt, der in Action-Szenen den Überblick erschwert. Öfters kommt es vor, dass man nicht im Bilde ist, wer gerade wo mit wem wie rangelt, wer hinzustößt oder gar wie die Figuren überhaupt zueinander verortet sind. Letzteres liegt zum Großteil wohl aber auch daran, dass praktisch nie ein Schauplatz ausreichend durchleuchtet wird, sodass man stets nur eine ungefähre Idee hat, wo dieser oder jener Ort „groooooob“ liegen könnte.
All diesen Mängeln zum Trotz ist die Animation aber trotzdem ausreichend, um zu unterhalten. Wenn es krachen soll, kracht es nämlich. Schöne handgezeichnete Explosionen, kraftvolle Soundkulisse, unspektakuläre aber standesgemäße Partikeleffekte und fließende Bewegungsanimationen der Figuren leihen dem Film genügend Stärken, um als Actioner abzuliefern.
Weniger positiv bleibt jedoch die Handlung des Streifens in Erinnerung. Schon die ersten Szenen lassen es erahnen: Statt kluger Sinnfragen mit gelegentlicher Action geht es hier viel mehr um ein Stakkato an Action-Szenen, die ab und zu mit pseudo-tiefsinnigem Dialog begleitet werden.
Schmerzlich an die 2. Staffel erinnert außerdem die plumpe Exposition, die sich beispielsweise manifestiert, wenn Akanes Freundin ihr 2 Minuten lang explizit herunterbetet, was das Sybil-System (für das Akane gottverdammt noch mal seit Jahren arbeitet!!!) so leistet und wie uuuuuunfassbar dankbar sie dafür ist. Grundsätzlich werden Motivationen und Hintergründe nie subtil erschlossen, sondern immer in Extra-Szenen gebracht, die einzig und allein dem Zufüttern von Information dienen.
Die Unterschwelligkeit und Eleganz der ersten Staffel sind somit auch im Film verloren gegangen, weshalb man sich als Zuschauer(in) zwangsläufig ein wenig degradiert fühlt. Wo einst sparsam erklärt und viel angedeutet wurde, um uns zum eigenständigen Nachdenken anzuregen, stehen nun schließlich explizite Erklärbär-Einschübe.
Die Auflösung des Geschehens ist ein plumper Twist, der sich teilweise schon früh andeutet. Die interessanteren Fragen, die bis dahin touchiert wurden, bleiben unberührt und die sonst so klare Handschrift von Skriptschreiber Gen Urobuchi ist auf den denkbar einfachsten Nenner runtergebrochen, wenn Akane in 2-3 Sätzen wortwörtlich sagt, dass utilitaristisches Denken unmenschlicher Unfug ist.
Beizeiten fühlt sich der Streifen eher so an, als wäre er gerne Black Lagoon, müsste sich aber mit einem Franchise plagen, das mit „zu schweren“ Themen hantiert.
Dass die Charaktere der gleiche blasse Bullshit sind, der schon die zweite Staffel verdarb, überrascht kaum. Shimotsuki greift auf die in der zweiten Staffel gelegte Charakterisierung (d.h. 'keine') zurück, Shinya ist nur für smarte ironische One-Liner und Haue zu gebrauchen, während Akane zwischen zwei Emotionslagen (und zwei Gesichtsausdrücken) schlafwandelt. Ihre Motivation ist dabei vollkommen unklar. Will sie ursprünglich noch Shinya schnappen, wirft sie diese Idee sobald sie ihn trifft ohne Wimpernzucken über Bord, folgt ihm zu den Rebellen und übt kurz darauf selber den Widerstand...um dann doch wieder ihrem Inspektor-Kram nachzukommen. Huäh?? Die Chance, im Film eigenständige spannende Figuren zu etablieren, wird indes vollkommen versäumt. Ein Großteil des Casts tritt nach ein zwei Szenen direkt wieder ab und selbst die zwei, drei Antagonisten, die einen länger begleiten sind so austauschbar, dass man Minuten nach der Vorstellung schon damit hadern dürfte, ihnen Namen und Gesichter zuzuordnen. Da hilft auch der kurze Cameo eines alten Bekannten nicht.
TL;DR ? Dann hier die Kurzfassung
Animation 07/10 Die Action läuft rund wie sie es soll. Da flackern Lichter, explodieren Fahrzeuge und prügeln sich Figuren, dass es eine kleine Wonne ist. Leider wird das Gesamtbild von unschöner CGI sowie hektischen Cuts getrübt.
Charaktere 03/10 Meh, blasse Figuren, uninteressante Motive, unnachvollziehbare Wandlungen.
Plot 04/10 Keine von grundauf blöde Geschichte, aber auch nicht mehr als müder Regime vs. Rebellen blabla mit undurchsichtigen Wendungen.
Action 7/10 Es knallt und kracht häufig. Ab und zu wird ein bisschen zu viel Animation recyclet und der hektische Schnitt erschwert den Genuss
Sound 7/10 Mit dem tollen Serien Intro und Outro wird ein schöner Rahmen gesetzt. Aber auch dazwischen gibt es eine abwechslungsreiche Auswahl an Themes, die sich in das Geschehen gut einfügen. Abgesehen von sehr hölzernen Soundeffekten bei Faustschlägen fügt sich auch der restliche Sound samt Synchro in diesen positiven Eindruck ein.
Anspruch 05/10 All der halbwegs philosophische Kram, der der ersten Staffel Lob einbrachte, ist hier auf den kleinsten Nenner heruntergebrochen oder ganz weggelassen. Nur weil der Film ab und an eine kleine Rede mit bekannten Schlagworten der Serie bemüht, erreicht er damit noch lange nicht deren Impact.
Gesamteindruck Als Eintrag ins Psycho-Pass-Franchise, muss ich sagen, bin ich schwer enttäuscht von dem Film. Etwas wirklich gutes hatte ich aber ehrlich gesagt auch nicht mehr erwartet. Als eigenständiger Film kann Psycho-Pass: The Movie jedenfalls keineswegs gegen die erste Iteration der Serie anstinken. So mies wie die zweite ist der Film aber auch nicht.
Immerhin gibt es hier ein stabiles Grundgerüst. Das gehört zwar eigentlich zu einem reinen Actionfilm, aber so einer ist Psycho-Pass: The Movie eben auch geworden. Wer also davon ausgeht, hier eine Fortführung der tiefsinnigeren Töne zu finden, wird enttäuscht. Wer sich mit einem durchschnittlichen Actioner mit haufenweise Mängeln begnügen möchte, kann ruhig mal reinschauen.
05/10
imdb-Score 7,9/10