Elfen Lied hat für mich ein paar generelle Probleme, die mir übel aufstoßen. Und das gerade weil der Anime an und für sich nicht übel ist bzw. es hätte sein können. Und diese Probleme finden sich netterweise in fast allen Aspekten einer Kritik wieder. Also ans Werk:
Handlung
Das zugrundeliegende Problem hier, liegt für mich in der Vielzahl der Plots und Grundtöne, die gleich zu Beginn angeschnitten werden. 13 Episoden sind nicht außergewöhnlich viel, reichen aber in der Regel aus, um eine Hauptgeschichte mit einem Nebenplot gut aufzubauen. Elfen Lied versucht allerdings eine Science Fiction-Welt einzuführen, in der Diclonii(?) existieren und natürlich auch eine Organisation, die in bester Nazi-Manier an ihnen rumexperimentiert, führt dann völlig abseits davon die Slice-of-Life Charaktere Kota und Yuka ein, wirft nen Killer in der Mixer und später noch zwei Nebenfiguren, anhand derer man sich Vaterkomplex- und Missbrauchsthemen nähern will. Das ist insbesondere deswegen unsinnig, weil die Nebencharaktere wirklich perfektes Streichmaterial sind. Der Plot, sofern der sich überhaupt mal in den Vordergrund spielt, benötigt diese Charaktere ja gar nicht, um zu funktionieren.
Aber nein, Elfen Lied versucht geradezu zwanghaft, alle Figuren in Verbindung zu setzen und steckt sogar räumlich alles so aneinander, dass Lucy bequem trotz schwerer Verletzung zu Kota&Yuka angeschwemmt wird, verlegt den Showdown natürlich auch dorthin und verwebt die Figuren darüber hinaus auch noch in ein klischeehaft konstruiertes Beziehungsgeflecht.
Nuancieren und behutsam heranführen ist dabei aber nicht mehr drin. So ist der Anime Folge für Folge darauf angewiesen, jede Verstrickung Wort für Wort und Szene für Szene explizit auszubreiten und überlässt dem Zuschauer praktisch keinen eigenen Interpretationsspielraum.
Auch die Dramaturgie leidet dabei unter den
subtilen Anweisungen in Richtung "Achtung jetzt wird es: traurig/brutal/lustig".
Ein großer Widerspruch tut sich auf: Ein Anime will ein bisschen erwachsener sein mit Splatter und Seinen-Topoi, aber behandelt den Zuschauer, wie einen Doofen, der bei jedem bisschen Handlung gleichzeitig die explizite Interpretation haben muss.
Charaktere
Die gleichen Probleme. So viele Charaktere und so blasse Zeichnung. Kota ist hilfsbereit hat aber kein Rückgrat, Yuka hat einfach nur kein Rückgrat, Nyu ist ein Fanservice-Pokémon, das plottechnisch nur existiert, um "Lucy" anfangs in den harmonischen slice-of-life Kontext einzubetten. Lucy selbst ist...wütend? Sadistisch/Rachelüstern. Nana und Mayu treiben das dann nochmal auf eine andere Spitze, weil sie ebenfalls nur Fanservice, aber mit negativem Vorzeichen sind. Beide sind über die gesamte Handlung hinweg extrem unselbstständig und dahingehend eindimensional, dass auf sie eigentlich nur eine große Packung "abuse" angewandt wird und die restlichen Charaktere dann auf Basis dessen mit ihnen interagieren sollen. Facetten vermisst man da gänzlich.
"Der Gegensatz zwischen Unschuld und Mordgier ist schon mal sehr interessant", sagt Ö. Was macht den für sich gesehen interessant? Das ist meiner Meinung nach DIE allergrößte Verbildlichung des Problems, keine Charaktere ausarbeiten zu können; Alles "funktioniert" hier nur, wenn es
in Extremo überzeichnet wird. Das erinnert mich an die "moralische Komponente" in Bioshock, wo ich Kinder entweder befreien und fressen kann
Ich sage es oft in Reviews: Das hier sind bloße Typen - keine Charaktere im Sinne einer ausgearbeiteten Persönlichkeit. Und das brauch man prinzipiell auch nicht auf "nur 13 Episoden" schieben. Kurze Animes mit gut gezeichneten Charakteren gibt es genug. Spice&Wolf zB
Die ganze Darstellung hier ist unverhohlen manipulativ. Man hört förmlich den Script-Writer im Hintergrund sagen "So, und jetzt mache ich den Zuschauer mal betroffen/wütend/heiter". "Jetzt mache ich etwas und der Zuschauer darf für sich auswerten" gibt es hingegen gar nicht.
Das ist Brechstangen-Charakterisierung der hässlichsten Sorte.
Optik&Sound
Nicht viel zu ergänzen. Der Zeichenstil ist gutes Mittelmaß, der Farbgebung der Charaktere recht knallig geraten, Technische Hingucker, wie ufotable sie gerne auftischt, fehlen hier zwar, aber wären auch nicht zwingend nötig. Die Vektoren sind ganz nett in ihrer Transparenz dargestellt. Mimik der Charaktere ist wenig nuanciert. Da die Charaktere selbst aber auch nie nuanciert dargestellt werden, ist das bloß die logische Konsequenz.
Die Splatterelemente sind recht billig dargestellt mit überbordenden Blutfontänen und etwas statischen Einstellungen.
Der Soundtrack war für mich eins der wenigen Highlights, aber auch aus rein subjektiver Sicht. Ich mochte die Ambient-Soundtracks und das seichte, hintergründige Thema in den ruhigen Momenten. Das Intro und Outro finde ich mit Einsetzen des Chors sehr erhaben. Aber das sind nur subjektive Einschätzungen. Technisch ist der DTS-Sound einigermaßen klar abgemischt, aber nicht weiter erwähnenswert.
Fazit
Die offensichtlichen Schwächen dem Format zuzusprechen, finde ich unangebracht. Der Anime war schon zur Ausstrahlung ziemlich erfolgreich und hätte insofern fortgesetzt werden können. Die Entscheidung des Studios war es aber von vornherein, das Teil in 13 Folgen abzuschließen. Und da in diesen 13 Episoden bereits von der Mangavorlage ordentlich abgewichen wird, kann mir keiner erklären, dass man nicht auch den Wust an Überflüssigem hätte beseitigen können.
Elfen Lied ist für mich ein Anime, der wohl von Grund auf nicht so übel wäre, aber sich auf eine Weise präsentiert, die mich geradezu wütend macht.
Die Sorte von Anime, die sehr ernst und erhaben sein will und so gefühlte zehn Themen anschneidet, aber keines vernünftig ausarbeitet oder abschließt. Ein Anime, der sich als eine facettenreiche Geschichte verkaufen will, aber keinen der Plots souverän handlen kann.
In dem Sinne ist der Anime nicht mal für sich schlecht, sondern wird es erst dadurch, dass er sich unnötigerweise aufbläht, daran so kümmerlich scheitert und sich aber trotzdem so ernst nimmt. Prätentiös wäre wohl eine passende Bezeichnung.
Ein Seinen, der für ein Shounen-Publikum konzipiert ist
Einer der überbewertetsten Animes der letzten Jahre
5/10