Mich wundert jetzt ein bisschen, dass man sich hier um Themen wie "zufällig" oder "nicht zufällig" balgt, aber dieen Post so stehen lässt.
Ich bin eigentlich nur aus Versehen hier, auf der Suche nach Infomaterial für ein Projekt des Storyforums, aber wenn ich sehe, dass Oblomow (
) in einem Thread postet, kann ich nicht anders, als da reinsehen.
Ich räume gleich zu Beginn ein, dass ich keine zuverlässigen Informationen darüber habe, wieviel Sprit so ein Schlauchboot an Bord hat, wie viele Seemeilen von wo aus man fährt oder welche Politiker jetzt genau welche Legenden verbreiten.
Aber was ich nicht so akzeptieren kann, ist, wie sich Harvald hier über Mitleid äußert.
Im Grunde ist der Vergleich zwischen einem Investmentbanker, der alles auf eine Aktie setzt, und einem Flüchtling, der übers Mittelmeer nach Europa will, nicht haltbar, weil beide aus unterschiedlichen Motiven, ähm - nennen wir es eben mal "pokern". Ob der Banker nun aus Gewinnsucht, Verblendung, Dummheit, Sucht oder was auch immer gehandelt hat, kann man nur im Einzelfall unterscheiden. Die Flüchtlinge werden im Großen und Ganzen eine solche Reise nicht aus diesen Gründen auf sich genommen haben (auch wenn es unter Flüchtlingen, wie unter allen anderen Mensche af der Welt, Dumme, Verblendete, Gewinnsüchtige gib). Es sind Hoffnung und Angst und Verzweiflung. Das verdient immer Mitleid. Und ja, ich habe mit einem Investmentbanker, der aus Dummheit so gehandelt hat, und dann
hinterher Verzweiflung empfindet, ebensolches Mitleid, auch wenn er sich selbst in diese Lage gebracht hat. Was ist das denn für ein Denken, dass ein Mensch, der (wenn auch unter Umständen aus eigenem Verschulden) verzweifelt ist, kein Mitleid verdient? Und wenn in diesem und anderen Themen so oft die christlichen Werte bemüht werden, dann sollte klar sein, dass Mitleid nicht nur ein zentraler christlicher, sondern universeller abendländischer Wert ist.
Den zweiten Teil von Harvalds Post, nämlich die Frage, warum die jungen Männer ihre Familien im Kriegsgebiet allein lassen, kann ich nachvollziehen, denn genau diese Frage hat mich auch umgetrieben.
Deshalb habe ich eine ganze Reihe Flüchtlinge einfach danach gefragt (das ist übrigens nicht die schlechteste Methode, etwas herauszufinden: die Betroffenen selbst zu fragen). Die meisten wollten ihren Frauen und Kindern diese Gefahr und diese Strapazen nicht zumuten, die meisten dachten (oder eher: hofften und wünschten), dass die Regierungstruppen Frauen und Kinder verschonen würden, die meisten dachten (oder eher: hofften und wünschten), es wäre weniger kompliziert, die Familien nachzuholen, weil dies offenbar in Syrien die weitverbreitete Meinung war. Viele haben sich deswegen selbst Vorwürfe gemacht, aber konnten sich auch im Nachhinein nicht vorstellen, ihre kleinen Kinder, alten Großeltern oder schwangeren Frauen auf diese entsetzliche Flucht mitzunehmen. Und meistens hat die gesamte Sippe die 5800 Dollar zusammengekratzt, um den (sorry
Fittesten loszuschicken, weil sie sich der Gefahr natürlich bewusst sind. Insofern ist es tatsächlich ein Pokern: Die Familei setzt auf den, der es am ehsten schaffen kann, lebendig durchzukommen. Ich wüsste aber nicht, was daran nicht mitleiderregend wäre - im Gegenteil.