Lass mal über Liebe reden - Doktor Sommer im Anime
(oder auch: unpassende aber coole Titel)
Der Frühling steht vor der Tür, alle suchen sich neue Partner und leben die Schmetterlinge im Bauch. Und ich freue mich derweil über meine lieben fernöstlichen Romanzen. Ich lese und schaue nämlich anscheinend verdammt gerne Romanzen. Webtoons.com sagt mir, meine Lieblingscomics entsprechen einer typischen weiblichen Leserin meiner Altersgruppe. Also, yay to me! Ich mache mir immer wieder Gedanken was ich da eigentlich für Liebesgeschichten schaue und lese. Warum habe ich vom täglichen Konsum des Genres eigentlich noch nicht die absolute romantische Erleuchtung?
Einmal würde mich interessieren wie ihr denn so zu Romanzen steht. Schaut ihr gerne Romanzen?
Wenn ja, welche sind das? Habt ihr Lieblinge, was gefällt euch an denen besonders? Schaut ihr ausschließlich RomComs, oder darf es auch mal dramatischer sein? Ist euch eine erkennbare Entwicklung der Beziehung wichtig? Wie steht ihr zu Love Triangles oder Harem? Habt ihr Serien gesehen, in denen das Hauptpärchen eine längere Beziehung führt?
Und für alle die vor ein wenig Text nicht zurückschrecken ein bisschen mehr Material zum Thema:
Im Dokumentarfilm „The Pervert’s Guide to Ideology“ spricht Slavoj Žižek über die Liebesgeschichte von “Titanic“. Er meint, der Tod von Jack war notwendig für die Romanze. Ohne dieses Ereignis hätte das Filmpaar überhaupt nicht funktioniert. Beide wären in der Realität wohl eher nach einer Woche sexueller Lust in New York wieder einzelner Wege gegangen. So aber bleibt die Möglichkeit bzw. Fantasie der perfekten Liebe erhalten.
Beispiele dieser Art gibt es zu Hauf. Wahre oder reine Liebe soll nun mal über den Tod hinausgehen, und ist selbstlos. Der Held im Film „Drive“Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren), er würde sie sonst mit seiner Anwesenheit in Lebensgefahr bringen. Und wird wegen dieser Selbstlosigkeit vom Film zum „echten“ Helden erkürt.verlässt am Ende seine Geliebte
Wenn ich Literaturlaie auch nur kurz ein bisschen über Romanzen auf Wikipedia lese, steht da etwas von einem literarischen Massenmarkt. Und der Artikel legt das Genre ganz stumpf auf die Formel der wahren Liebe fest. Ein „emotionally satisfying and optimistic ending“ definiert anscheinend sogar eine romantische Novelle, ist also die Regel.
Der Artikel zu Romantischen Komödien sieht da ähnlich aus. „[…] films with light-hearted, humorous plotlines, centered on romantic ideals such as that true love is able to surmount most obstacles. […] a funny movie, play, or television program about a love story that ends happily. […] primary distinguishing feature is a love plot in which two sympathetic and well-matched lovers are united or reconciled.” In der Literatur- und Filmwelt ist es also anscheinend völlig normal die wahre Liebe zu finden und in Verliebtheit zu schwelgen. Werke, die über Schwierigkeiten in der Liebe berichten oder eine weniger romantische Sicht einer Beziehung zeigen, sind dagegen eher die Ausnahme. Oder einfach gar nicht mehr so richtig dem Genre zuzuordnen?
Jetzt komme ich endlich zu Anime. Zum einen war für mich die Monogatari-Serie sehr beeindruckend. Klar, der Großteil der Serie besteht aus Harem und Soft-Porn mit Jugendlichen. Aber in seltenen Momenten tauchen Dialogszenen zwischen Araragi und Senjougahara auf, die mich immer wieder auf ganz andere Art beeindrucken. Bakemonogatari hat da sicherlich mehr zu bieten, ich will mich aber jetzt mal nur auf Owarimonogatari beziehen. Die letzte Episode beginnt mit einem wundervollen Telefonat. Am besten die ersten drei Minuten der zwölften Episode gucken, Spoiler sind da keine enthalten. Aber als Alternative hier der Dialog als Text:
Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)Araragi: This may be our last call, so can I ask you something that might upset you? If someone with better qualifications were to confess his love to you, what would you do?
Senjougahara: In that case, I think I would switch to the new guy 100%.
A.: You are amazing. You are amazing because you can actually say that.
S.: I know there’s no bond that’s absolute. I learned that from watching my parents. An absolute bond, when you think about it is pretty scary. That’s why you need to work hard, so you don’t get dumped for someone else. Even if you can’t become a special person in general. You can be a special person for someone. I make endless efforts to become a special person for you and Kanbaru. Rest assured, Araragi, you’re already plenty special enough of a person. For myself, for Kanbaru – for Shinobu, too. We are all choosing you.
A.: You really understood what I meant. That’s amazing…
S.: I am your girlfriend after all. I was very happy that you called me. I love you.
A.: I love you. When I get back… we should have conversations like this more often.
Das finde ich sehr einleuchtend. Und macht auf mich sehr viel mehr den Eindruck einer funktionierenden, echten Liebesbeziehung. Mag sie auch sonst in der Staffel kaum behandelt worden sein. Was sagt ihr dazu? Ist der Kern der Aussage nicht andererseits ähnlich zu dem der wahren Liebe? Man findet jemanden und statt sich in diese Person unendlich zu verlieben, wählt man sie eben (jetzt ein bisschen übertrieben).
Andere Serien, die diese Ernsthaftigkeit aus meiner Sicht ebenfalls etwas besser hinkriegen, und auch mehr Handlung mitbringen als herkömmliche RomComs, wären Lovely Complex oder Silver Spoon. Silver Spoon ist teilweise zum Verkrampfen, weil noch viel erzwungener Zeigefinger mit dabei ist und das Paar sich nicht in eine Beziehung „traut“. Aber trotzdem sind Mikage und Hachiken ein Filmpärchen, das in meiner Vorstellung Zukunft hat. Auf Lovely Complex trifft das sowieso zu.
Eine ganz andere Variante von Romanzen birgt Makoto Shinkai. Der geht in die entgegengesetzte Richtung und erzählt nur über Beziehungen die niemals zustande kommen können. Und im Laufe der Geschichte eher sogar noch unmöglicher werden. Seine Liebeserzählungen bestehen nur aus den ständig nagenden Gedanken die hin und wieder im Kopf auftauchen, und in die man sich ganz schön hineinsteigern kann. Shinkai tut das, und erhebt diese Liebesfantasien zum Ideal. Da ist eine Beziehung, körperliche Nähe oder ähnliches völlig egal. Was zählt ist ein tiefer, unumstößlicher und absolut selbstloser Liebesgedanke. Mag der Liebesgedanke auch von Katze zu Frau gerichtet sein. Also eher eine Erweiterung des idealen Endes der klassischen Romanze. Die wahre Liebe ist nicht mehr nur auf Männlein und Weiblein beschränkt, sondern allumfassend. Ich kann damit persönlich nicht so viel anfangen. Auch wenn seine Geschichten auf eine schöne Art erzählt sind, sie hinterlassen bei mir auch ein Fragezeichen. Was ich denn jetzt aus so einer Geschichte mitnehmen kann. Wie seht ihr das?
Die Wikipedia-Artikel:
https://en.wikipedia.org/wiki/Romantic_comedy_film
https://en.wikipedia.org/wiki/Romance_novel