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Es war fast Abendessenszeit und beinahe dunkel draußen. Da Olivia sich langweilte hatte sie überlegt sich mit Hirni zu treffen. Sie wanderte durch die Gänge, die Finger an der goldenen Linie an der Wand und trottete über die schwarz-weißen Fliesen, dem Impuls folgend, der sie zu ihrem Freund bringen sollte.
Sie bog um eine Ecke und sah gerade noch zwei Roben um die nächste verschwinden. Gerade wollte sie los eilen und die Magier einholen, da erklang ein Kreischen hinter einer Tür. Für einen kurzen Moment blieb sie stehen und blickte fragend zur Seite. Sie fragte sich noch, was so einen Lärm verursachen konnte, da sprang die Tür auf, riss Olivia von den Beinen und stieß sie zu Boden. Der Aufprall presste ihr die Luft aus den Lungen. Gerade erkannte sie noch einen Schatten, da hockte ihr plötzlich ein kleines Koboldskelett auf ihrer Brust. Für einen Moment starrten sie sich überrascht direkt in die Augen, dann fiel dem Kobold wieder sein Chaosauftrag wieder ein. Gackernd fing das Vieh an ihr an den Haaren zu ziehen. Wild schlug Olivia um sich, doch abschütteln konnte sie die Kreatur nicht. Wütend kreischend und mit den Händen nach dem schwer zu fassenden Knochen. Doch die kletterten ihr während des Aufstehens auf den Kopf und riss weiter an den Haaren der Magierin.
Sie stieß mit dem Rücken an die Wand. Dem Skelett brach ein Bein ab, doch kaum hatte sie die Hoffnung eine Chance gegen den Angriff hatte, da tauchte ein weiteres Skelett auf. Es war viel größer, schwebte und besaß keine Beine. Ein abgerissener Umhang wehte um seine knochigen Schultern. Erschrocken schrie Olivia auf und schleuderte dem Knochenmann eine Schattenflamme entgegen, als er mit ausgestreckten Händen auf sie zugeflogen kam. Der Magieball verfehlte sein Ziel nur knapp. Knochige Hände griffen nach ihrem Kopf. Der Schreck lähmte sie, ihr Herz raste und die Gedanken überschlugen sich. Sie konnte zwar Skelette beschwören, doch sie verschwinden lassen, war nicht ihr Ding.
Sie musste kämpfen, sie hatte keine andere Wahl.
Schnell duckte sie sich unter den zu Krallen verkrümmten Knochenhänden hinweg und griff an ihre Hüfte, doch da hing kein Schwert. Sie musste es anders schaffen. Doch die Schattenflamme richtete nur punktuellen Schaden an, nicht das Richtige um ein Skelettwesen schnell und effektiv zu beseitigen. Doch in der Not…
Erneut beschwor sie einen Schattenflammenkugel in ihrer Hand und warf sie ihn Richtung des größeren Skeletts. Ihr Gegner jedoch war Schneller. Auch das Skelett warf eine Schattenflamme, weitaus mächtiger als ihre und zielte damit auf ihren Kopf. Sie spürte den Zauber über sich einschlagen, er traf zum Glück nicht sie, sondern das Koboldskelett, doch er war verheerend. Die Knochen des Kobolds zerfielen sofort zu staub, nicht auszudenken, was mit ihr passiert wäre, wenn es sie getroffen hätte.
Warum half ihr denn keiner?
»Hilfe! Kastelldämonen, Hilfe!« Warum kamen denn diese guten Geister des Kastells nicht um ihr zu helfen. Noxus hatte sie einst nur mit einem ehr ungefährlichen Zauber belegt, da waren sie sofort aufgekreuzt. Doch nun bangte sie unter dem Kreuzfeuer um ihr Leben und niemand erschien!
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 nomina nuda tenemus
Während Esteban und Janos durch die Gänge schritten, um zum Garten des Kastells zu gelangen, war Zweiterer bisher recht schweigsam dabei geblieben.
»Was ist mit Euch?«, fragte der Hohepriester seinen Kollegen. Ob er sich wegen der außer Kontrolle geratenen Beschwörung grämte? Esteban wußte nicht so recht, wie er Janos einschätzen sollte. Er hatte auf ihn den Eindruck eines etwas zu neugierigen Magiers gemacht, wissbegierig und Experimente startend, ohne an die möglichen Folgen denkend. Ein wenig erinnerte ihn dieser Janos an Zeiten, die viele Jahre zurück lagen. Zeiten, in denen das Kastell von so einigen merkwürdigen Gestalten bewohnt worden war. Nun, nicht jeder konnte so edel in Gestalt und Gedanken wie er selbst sein, so weise und wissend und gleichzeitig so geheimnisvoll wie er selbst ... Moment. Jetzt ging er aber ein wenig zu weit bei dem Lob seiner selbst. Gut, wenn es kein anderer machte, mußte er dies hin und wieder selbst übernehmen, aber ein wenig mußte dabei auch die Form gewahrt bleiben und das Ganze nicht ins Uferlose ausarten. Esteban schob es auf die lange Zeit, seit der es ihm unmöglich war, ein wenig Rotwein zu genießen. Wein war wahrlich ein Treibmittel für kluge Gedanken.
Der Magier versuchte, sich wieder auf seinen ersten Gedanken zu konzentrieren. Janos ... er machte nicht den Eindruck, besonders vergeistigt oder zurückhaltend zu sein. Eher ein Mann der Tat, der ausführte, was ihm in den Sinn kam. Weshalb also nun so still?
»Ihr müßt Euch nicht länger selbst geißeln, nur weil ein Zauber fehlgeschlagen ist«, versuchte Esteban, ihn trotzdem zu ermuntern. »Besser versucht und gescheitert, als nie gewagt.«
Plötzlich spürte er, wie die Magie wieder in seinen Körper zurückkehrte. Ein tiefer Atemzug und ein kurzes Ankämpfen gegen den Schwindel.
»Ah ... mein Stellvertreter hat seine Aufgabe erfüllt und ist nun wieder ins Reich Beliars zurückgekehrt«, setzte er seinen Begleiter in Kenntnis.
Wie zur Bestätigung beschwor er mit der dazugehörigen Handbewegung und einem undeutlichen Murmeln eine winzige Flamme in seiner Hand und blies sie gleich wieder aus.
»Also«, wandte er sich dann wieder an Janos, »wie steht es mit Euch und der Beschwörung?«
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Hirni überlegte lange. Sollte er Esteban, nun wo sie einen kurzen Augenblick nur für sich hatten, nun nach der Vergangenheit fragen? Aber war dies höflich? Es war wohl eher besser, ihm erst seine Frage zu beantworten. Schließlich befand er sich gerade mitten in der Magielehre bei Ihm und da wollte er es sich nicht direkt mit ihm verscherzen. Wenn er dies nicht bereits getan hatte, sowohl mit seinem Experiment als auch mit seinem Schweigen. Denn langsam wurde sein Meister ungeduldig. Und so konzentrierte er sich erstmal auf die gestellte Frage, denn auf die Fragen die ihm auf der Zunge brannten.
"Die Skelettbeschwörung..." begann er. "Nun, es ist für uns möglich aus längst vergangenen Zeiten, magischen Strömen und Gesteinen Skelette zu beschwören. Dabei ist es egal ob Maus, Mann, Vogel, Fledermaus oder auch Gremlins." Er kicherte ob des Vorfalls in seinem Labor. "Ich habe dabei festgestellt gerade, das man die Magische Verbindung nur für seine Beschwörung kappen kann. Sollte sich aus diesem Magischen Wesen weitere Wesen hervortreten, aus welchen Gründen auch immer, ist dies wohl so ohne weiteres nicht mehr möglich. Zumindest wenn man die Magie gerade erst erforscht, oder wie in meinem Falle sie gerade erst wieder erlernen muss. Für euch war es scheinbar ein leichtes, sich der ein oder anderen Kreatur zu bemächtigen? Das war ja doch sehr eindrucksvoll.
Jeder Magier hat da scheinbar seine eigene Herangehensweise. Olivias neulich wirkte mir doch sehr kompliziert. Warum alle Körperpartien vorher berechnen? Woher soll ich die Anatomie einer kleinen Feldmaus direkt vorher erlernen. Das würde doch viel zu lange dauern, meine ich!" Er gestikulierte mit seinen Händen, während er sprach. Als ob er damit seine Worte weiter unterstreichen wollte. Das geschah bei ihm öfters, wenn er etwas erklärte. Eine Veranschaulichung war damit nicht gegeben, doch er fühlte sich dabei... sicherer? Klüger? Er wusste es selber nicht. Es war einfach ein Tick von ihm. So wie das nachdenkliche-über-den-Bart-streichen oder ständige rumblödeln.
"Ich für meinen Teil versuche die magischen Ströme vergangener Wesen zu ertasten, verknüpfe sie mit meinen Gedanken und lasse langsam die Magie entfalten. Das hat damals mit den Runen natürlich um einiges leichter geklappt. Das Verfahren, welches wir mit dem Verlust der Runen Khorinis erlernt haben, ist da doch etwas komplizierter."
Er ließ seinen Redeschwal von einer kurzen Pause unterbrechen, nutzte diese zum Luft holen. Er horchte kurz in die Dunkelheit. Hatte da gerade jemand um Hilfe gerufen? Oder war dies nur eine der "Streiche" des Kastells? Er schüttelte die Gedanken bei Seite und setzte erneut an. "Aber dafür sind wir nun mit unserer Beschwörung etwas flexibler. Nicht mehr nur einfache menschliche oder goblinsche Skelette. Wie gesagt, jegliches Wesen kann nun von uns erschaffen werden. Und wenn es ein untotes Nashorn ist." kichernd dachte er an jenes zurück welches er beschworen hatten, um James Bond damit Schach-Matt zu setzen.
"Ist die Kraft des Beschwörers erschöpft, oder kappt er die Verbindung, findet sich das beschworene Wesen schnell wieder in den toten Sphären zurück. Mehr als etwas Staub bleibt da nicht über. Oder ist es Ektoplasma? Ein überstrapazieren seiner eigenen Kräfte sollte dabei natürlich nicht statt finden. Das kann zu Kontrollverlust oder noch schlimmeren Geschehen. Verwirrtheit, Verrücktheit... oder sogar der eigenen Tod des Magiers."
Er beendete seinen kurzen Exkurs und schaute Esteban an. Sein Zirkelbruder nickte. Doch bevor er etwas zur Antwort ansetzen konnte, vernahm Hirni hinter sich schon wieder eine Stimme. Oder bildete er sich diese nur ein?
"Hat da vorhin jemand nach Hilfe gerufen?" Er schaute Richtung des Ganges der zu seinem Labor führte, welches sie gerade erst hinter sich gelassen hatten...
Geändert von Hirni (15.02.2016 um 15:32 Uhr)
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Als Olivia die ängstlich zusammengekniffenen Augen wieder öffnete, war da nichts. Das hieß nicht nichts, sondern sie sah die Wand und die Tür des Labors, doch alle Knochen, die sie eben noch so wütend angegriffen hatten waren verschwunden.
Verwirrt sah sie sich um. Was war denn hier los? Alles nur ein Scherz des Kastells?
Eigentlich wollte sie doch Hirni besuchen? Wo war er nur hin? Den Gang runter!
Olivia schüttelte noch einmal den Kopf, brachte damit ihre zerrupften Haare halbwegs in Ordnung und setzte ihren Weg den Gang fort.
Leise motzend hielt sie auf das Refektorium zu. Sie hatte Hunger und ihre Laune sank exponentiell zu dem Grad, den ihr Hunger wuchs. Also selbst, wenn sie Hirni nicht dort finden würde, war dies ihn nächstes Ziel.
Doch leider hatte sie kein Glück, als sie Refektorium betrat. Hirni und Esteban waren nicht dort. Frustriert ließ sie sich auf eine bank fallen und bestellte sich mürrisch: »Gebratenes Rind, gesotten in dunkler Soße, Hirse mit Gemüseschnitzeln, geeiste Milch mit Honiggesüßt und dazu ein Krug Wasser!« Sie wartete ungeduldig bis das Essen erschien und schlang es herunter. An dem heißen, gut gewürzten Fleisch, verbrannte sie sich die Zunge, doch das hielt sie nicht davon ab, auch noch den Rest zu vertilgen.
Gesättigt und etwas träge vom vollen Bauch machte sie sich nun weiter auf die Suche nach ihrem Freund. Wohin konnte er nur gegangen sein? Erneut befragte sie die goldene Linie. Sie führte sie in den Innenhof. Sobald sie aus der Tür trat hörte sie das beruhigende Rauschen der Esche. Dort fand sie dann auch Janos. Er war zusammen mit Esteban und die beiden magier unterheielten sich angeregt.
Was für eine Frechehit, sie schwebte drinnen in Lebensgefahr und die beiden Quatschten hier draußen...
Als sie sie erreichte wartete nicht höflich, bis eine Gesprächspause entstand, sondern wetterte gleich drauf los. »Warum muss so ein Scheiß immer dann passieren, wenn ich hungrig bin?« Wütend ballte sie die Fäuste. Dennoch bekam sie sich langsam wieder in den Griff. Das Wissen, dass es gleich etwas zu Essen geben würde, half.
»Entschuldigt… ich bin wohl gerade nur etwas… aufgebracht. Wisst Ihr, warum die Kastelldämonen seit neuestem Kämpfe innerhalb dieser Mauern zulassen? Ich wurde gerade angegriffen und Niemanden hat es geschert!!!«
Entsetzt sah sie die Beiden an, die immer noch kein Wort erwidert hatten.
»Ähm… Entschuldigt, ich habe Euch gerade unterbrochen. Ihr habt über die Zauber gesprochen? Magie? Ich habe übrigens fleißig geübt und wollte Euch deswegen noch sprechen Meister Esteban… aber nun…. Nun werde ich Euch besser weiter reden lassen…«
Geändert von Olivia Rabenweil (15.02.2016 um 22:53 Uhr)
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 nomina nuda tenemus
»Sich einer Kreatur zu bedienen – sie zuerst zu beschwören, um sich ihrer dann zu bedienen ist das Gleiche – ist in der Tat eine Sache der Übung«, erklärte der Hohepriester und nahm der Sache damit ein wenig den Zauber des Unerklärlichen. »Für Magier jedenfalls«, schränkte er dann ein. »Alle anderen erlangen auch mit viel Übung keinerlei Fähigkeiten darin und sind immer auf magische Spruchrollen angewiesen.
Aber kommen wir zu Eurer Frage bezüglich der vermeintlichen Kompliziertheit der Beschwörung, wie sie von einigen praktiziert wird. Ich habe in meinen Forschungen herausgefunden, daß es vor allem vier Hauptarten gibt, wie sich ein Wesen beschwören läßt.
Zum einen kann der Magier nach leblosen Überresten suchen, die hier auf der Welt, ergo in der Sphäre Adanos' zu finden sind. Jedes Wesen hinterläßt nach seinem Dahinscheiden seinen Körper. Wohin der Verstand, der Geist, für manche auch die Seele (diese drei Dinge sind mitnichten gleich und somit nicht zu verwechseln), gehen mögen, vermag kein Mensch zu sagen und wenn es einer behauptet, dann lügt er, solange er nicht zugibt, daß er lediglich eine Theorie vertritt, sondern von einer unumstößlichen Wahrheit aus geht. Hütet Euch vor derlei Propheten.
Zurück zur Magie. Eure Ausführungen dazu sind absolut korrekt und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Ihr durchaus einige theoretische Kenntnisse zur Beschwörung verinnerlicht habt, obwohl ich Euch eher als Praktiker einschätze. Ich will Euch ein wenig mehr über verschiedene Arten der Beschwörung erzählen, damit ihr vielleicht besser versteht, wie Olivia sie vollführt.
Wesen mehr oder weniger direkt aus ihren nachgelassenen Überresten zu beschwören, verlangt am wenigsten Eurer magischen Kraft. Denn das Wesen ist ja schon in dieser Sphäre hier und muß nicht die Grenzen zwischen den Reichen der Götter überwinden. Jedoch müßt Ihr in diesem Fall genau wissen, wie die beschworene Kreatur aussehen soll und sie vor Eurem geistigen Auge so sehen wie in natura. Denn selbst eine kleine Feldmaus wird, einmal beschworen, nicht so funktionieren, wie Ihr es erwartet, wenn Ihr ihr nicht die dafür notwendige Anatomie gebt. Zu kurze oder zu lange Beine lassen sie humpeln oder stolpern, unförmige Proportionen machen ihre Bewegungen nicht besser, sondern schlimmstenfalls unmöglich. Was Ihr also an magischer Kraft einspart, müßt Ihr mit Wissen kompensieren. Und Ihr müßt das beschworene Wesen dauerhaft kontrollieren.
Andererseits könnt Ihr auch ein Wesen mit Hilfe des Materials aus dieser Sphäre beschwören, jedoch einen Geist aus der Sphäre Beliars suchen, um ihn der beschworenen Kreatur einzupflanzen. Dies benötigt allerdings ebenfalls hohe anatomische Kenntnisse, dazu noch hohe magische Kräfte, um den Sphärenwechsel zu bewerkstelligen und die magischen Erschütterungen, die durch den Eingriff in die fremde Sphäre entstehen, zu zerstreuen. Jedoch ist die notwendige magische Kraft zur weiteren Führung des beschworenen Wesens geringer.
Die dritte ...«
Er kam nicht dazu, die weiteren Möglichkeiten zur Beschwörung auszuführen. Vermutlich war Janos dessen auch ganz froh, denn so wurde er von weiterem ermüdenden Geschwafel über theoretische Magie verschont. Denn sie wurden in ihrem Disput unterbrochen (in Wahrheit wurde nur Esteban in einem seiner Monologe, die zukünftige Studenten der Magie davon abhielten, ausgerechnet bei ihm mehr über Magie zu erfahren, unterbrochen).
»Olivia, es freut mich, euch zu sehen«, begrüßte der Schwarzmagier seine Kollegin, nachdem sie ihrem Unmut genug Luft gemacht hatte.
»Ihr wurdet angegriffen? Handelte es sich dabei um einen kleines goblinartiges Skelett, dass nichts als Schabernack trieb? Ich hatte einen Stellvertreter dort gelassen, wo es sich aufhielt, um es zu erledigen. Da ich meine Magie vor Kurzem wieder spürte, muß ihm dies gelungen sein. Vermutlich seid Ihr unglücklicherweise mitten in diesen Kampf gelangt. Aber wie ich sehe, seid Ihr noch in einem Stück, es ist also nichts Schlimmes passiert«, beschwichtigte er.
»Und wenn doch, dann verfüge ich über ein sehr gut ausgestattetes Labor«, erklärte Esteban zur Beruhigung. »Und wenn selbst das nichts hilft, bin ich immer noch ein erfahrener Beschwörer untoten Lebens, was für manche Zeitgenossen wirklich eine gute Alternative zum Tod darstellt. Ähm ... Habe ich gehört«, fügte er an, nachdem er die Blicke von Olivia und Janos bemerkte.
»Aber erzählt mir doch, was Ihr über die Magie gelernt habt«, ermutigte er Olivia dann.
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»Ja genau! Ich wurde angegriffen, erst von dieser koboldartigen Scheußlichkeit – als Schabernack möchte ich nichts bezeichnen, was das Ding tat…« Sie fuhr sich über die zerkratzte Stirn und die zerwühlten Haare. »Darauf folgte dann ein Angriff von diesem schwebenden Skelett-Ding… Und ihr seid sicher, dass es sich um Euren Stellvertreter gehandelt hat? Dieses Skelett sah schon sehr schauerlich aus. Überhaupt nicht nach Jemandem den Ihr für Euch arbeiten lassen würdet… viel zu - tot…«
Als ihr gewahr wurde, was Esteban noch alles gesagt hatte, nahm sie schnell die Hand herunter und lächelte entwaffnend. »Aber sorgt Euch nicht! Mir geht es gut. Vielen Dank, aber ich werde keine Hilfe benötigen. Nichts was sich nicht selbst regelt. Dafür gibt es ja Bürsten, nicht?« Ihre Stimme war am Ende des Satzes ein wenig zu hoch geworden. Doch der Gedanke an ein untotes Dasein oder daran, was in einem magischen Labor so alles vor sich gehen konnte und dass sie mitten drin stecken könnte, beunruhigte sie. Zu gut erinnerte sie sich an oliries ärztliche Hilfe oder auch daran, was sie mit Maris gemacht hatten…
»Die Magie… Ja… Wie Ihr Euch sicherlich erinnert, haben wir zusammen im Sumpf die Zombies studiert. Damals habe ich noch die eine oder andere Übung zu der Zombiebeschwörung angestellt und es sogar geschafft, kurzzeitig meinen Willen einem Leichnam aufzuzwingen. Das ist aber schon lange her, ich habe es seitdem nicht mehr praktiziert. Ich weiß aber noch, dass das binden eines Willens an einen solchen untoten Körper etwas anders ist, als bei der Skelettbeschwörung. Dadurch, dass der Körper nie Adanos‘ Sphäre verlassen hat, hängt noch viel irdisches an ihm und damit muss man sich als Zaubernder zurecht finden. Die Steuerung ist einfach, da der Körper noch recht gut über seine Funktionen Bescheid weiß, jedoch ist es nicht möglich einen eigenen Geist, oder gar den Geist, der einst in den Körper gehörte, in die Hülle zu binden. Zu mindestens war es mir nicht möglich…«
Für einen Moment schweiften ihre Gedanken ab. Wenn es möglich wäre, dann könnte man vielleicht sogar die Menschen zurückholen, die man verloren hatte. Sie wiederbeleben?! Doch einen bestimmten Geit in Beliars Sphären zu finden war nicht leicht und sie kannte sich kaum damit aus… Dinge aus dem Reich Ihres Herren zurück zu holen und zu nutzen, war für Olivia kein Problem, doch selbst dort einzudringen und sich dort zu bewegen, zu suchen, etwas zu finden, dass sie nicht finden wollte… das machte ihr große Angst.
»Dann habe ich mich zuletzt mit der Weiterentwicklung der Skelettbeschwörung befasst. Vor ein paar Tagen habe ich ein Skelett beschworen, dessen Rückenhöhe bis zu meiner Hüfte reichte. Solch großen Skelette zu beschwören und zu halten ist wirklich anstrengen. Aus diesem Grund habe ich es bisher auch noch nicht wieder getan, sondern habe meinem Astralkörper die Möglichkeit geben wollen, siech in Ruhe zu regenerieren. Doch vor ein paar Tagen, da hab ich mit diesem beschworenen Skalett im Übungsraum sogar einen kleinen Kampf austragen können. Wie Ihr es mir gesagt hattet, habe ich versucht, nicht so stark an der Kontrolle über das Wesen festzuhalten. Nachdem es mir einige Male dadurch zerfallen war, habe ich schließlich die richtige Mischung aus Festhalten und Loslassen gefunden. Das Skelett reagierte viel schneller und ich habe nicht einmal jede Bewegung geplant und bestimmt. Doch dann ist auch etwas Eigenartiges und Merkwürdiges passiert. Ich hatte einen Angriff befohlen und während ich noch überlegte, wie ich diesem am besten ausführen lasse, da schlug die kleine Kreatur schon zu. Ich weiß, dass es so gehandelt hat, wie ein lebendiges Tier gehandelt hätte. Es war fast so, als ob ein Teil des ursprünglichen Wesens gehandelt hätte. Das ist mir vorher noch nie passiert! Ist das normal, soll das so sein?« Fragend blickte sie Esteban an. Doch bevor dieser antworten konnte, fiel ihr ein, dass er sicherlich alles über die Zauber wissen wollte, die sie damals vor so langer Zeit besprochen hatten. Also ergänzte sie noch schnell: »Hmm, von der Geisterbeschwörung bin ich inzwischen weg. Das ist mir zu dröge. Da bevorzuge ich lieber den kreativen Herrn der Knochen-Zauber! Mit dem habe ich mich bisher aber nur theoretisch beschäftigt und kann zu diesem Zeitpunkt nur sagen, dass mir die potentiellen Möglichkeiten gut gefallen und sie auch scheinbar unerschöpflich sind.« In ihrem Kopf sprudelten die Ideen, was man alles mit formbaren Knochen anstellen konnte, doch sie musste sich beherrschen. Mangelnde Selbstdisziplin hatte ihr schon oft de Wege verbaut. Es galt: Eines nach dem Anderen!
»Also, wie ist das nun mit der Skelettbeschwörung?«, wollte Olivia wissen.
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 nomina nuda tenemus
Esteban wunderte sich. Was wußte Olivia denn davon, wen er für sich arbeiten ließ? Praktisch wie er veranlagt war, würde er so gut wie jeden für sich arbeiten lassen, sofern die Chance, daß es zu wünschenswerten Ergebnissen kam, ausreichend hoch war. Das Äußere desjenigen hatte dabei in seinen Überlegungen bisher noch nie eine rolle gespielt. Hatte er da vielleicht ein wichtiges, allgemein anerkanntes Kriterium bei der Fremdvergabe von Arbeit übersehen? Ob die Bibliothek Wissen über derlei Aspekte der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete? Moment mal! Ein beschworener untoter Magier sah nun einmal so aus wie er aussah und nicht anders.
Aber die Magierin sprach schon wieder weiter und Esteban wollte nicht unaufmerksam sein und beendete darum die Grübelei.
Interessiert und zunehmend erfreut folgte er ihren Ausführungen dazu, wie es ihr zunehmend einfacher fiel, die Beschwörung auszuführen.
Langsam lief Esteban, flankiert von Janos auf der einen Seite und Olivia auf der anderen, über die Kieswege des Kastellgartens.
»Ihr werdet es wohl mit dem Loslassen ein klein wenig übertrieben haben«, vermutete er, als sie erzählte, wie sich eine Kreatur sozusagen ihrem eigenen Willen hingegeben hatte, anstatt den seiner Meisterin zu erfüllen. »Das ist nicht weiter besorgniserregend und nur eine Nebenwirkung des Prozesses, die Magie richtig dosieren zu lernen.«
Aber Olivia sprach schon weiter.
»Der Herr der Knochen, soso ...«, seufzte Esteban mehr als er es sagte. Diesen Zauber wollten bislang auch schon außergewöhnlich viele seiner Studenten erlernen. Aus irgendeinem Grund war er äußerst beliebt unter den Nachwuchsschwarzmagiern.
»Was ist nur an diesem Zauber so Besonderes?«, fragte er sich. »Er kann nichts, was nicht auch ein guter Tischler zustande bringen würde. Ob ein Tisch oder ein Stuhl oder eine Leiter nun aus Knochenmaterial oder aus Holz erschaffen wurde, ändert nicht dessen Verwendbarkeit nach dem Zweck, den ihm seine Form vorgibt«, wunderte er sich. »Vermutlich könnte die meisten Wünsche diesbezüglich sogar einer der Bauern erfüllen, die in der Winterszeit, die an Feldarbeit arm ist, sowieso vieles an ihrem Hausrat selbst ausbessern oder herstellen.« Und die weitaus meisten – wenn nicht gar alle – Magier waren seiner Meinung nach sowieso weder begnadete Kunsttischler und konnten somit auch nicht für besonders geschmackvolle Möblierung sorgen noch ausgebildete Ingenieure, wodurch auch ein ausgeklügelter mechanischer Zweck irgendwelcher beweglichen Machwerke aus Knochen ausschied. Es war wohl einfach die Lust an der Erschaffung von irgendetwas und sei es noch so großer Tand, der hier der Vater des Gedankens war. Schwarzmagier waren vermutlich auch nur Menschen (was jedoch noch zu beweisen war, am liebsten experimentell) und unterlagen somit auch solchen Emotionen wie Eitelkeit. Außer ihm selbst natürlich, dem Musterbeispiel an völliger Uneitelkeit.
Laut antwortete er: »Herr der Knochen also. Wenn es Euer Wunsch ist, dann soll es so sein. Ich könnte euch nun natürlich wieder in die Bibliothek aussenden, auf daß Ihr mir wissen über die Konsistenz, die verschiedenen Arten, Zwecke und Nutzbarkeit verschiedener Knochenmaterialien lernt und mir dann darüber berichtet, damit ich ein Urteil über den Stand Eures Wissens fällen kann. Andererseits kann ich aber auch zuerst unseren geschätzten Kollegen Janos danach fragen, nach welchem Zauber ihm der Sinn steht, nachdem er mit der Beschwörung von Skelettwesen seine ganz eigenen Erfahrungen machte.«
Er Drehte den Kopf kurz Janos zu und sprach dann weiter.
»Ich erkenne ihm die Beherrschung dieses Zaubers an, ebenso wie Euch, Olivia. Auch wenn sein Experiment ein wenig aus den gedachten Bahnen lief, so muß ich doch seine Experimentierfreude und den Wissensdurst, den er an den Tag legte, loben. Euer Wissensdurst, Olivia, scheint mir ebenfalls schier unerschöpflich. Jede Erfahrung wirft bei euch wiederum viele neue Fragen auf. Dies zeichnet einen wahren Schwarzmagier aus: Immer den Dingen auf den Grund gehen wollen und die Kräfte, die hinter den oberflächlich zu sehenden Ergebnissen wirken, zu erforschen.«
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Bei Meister Estebans Lob, blicke Olivia betreten zu Boden. Jedoch schwoll ihr insgeheim vor Stolz die Brust. Endlich war sie auf dem richtigen Weg. Doch was ihr nicht aus dem Kopf wollte, war seine leise Kritik an der Wahl ihres dritten Zaubers. Glücklich schien er damit nicht zu sein, auch wenn sie nicht verstand warum, da er doch so ungemein vielseitig sein konnte. »Nun«, fühlte sie sich gezwungen zu erklären, »in der Regel ist es nun aber leider häufig so, dass man nicht immer einen Tischler oder auch nur Bauern zur Hand hat, wenn man einen braucht. Und ich bin nicht besonders geschickt mit meinen Händen, doch in meinem Kopf steckt viel Kreativität. Ich will Dinge schaffen. Das kann ich zwar in einem gewissen Maße auch mit der Beschwörung, doch da muss ich mich an vorgegebene Muster halten. Von diesem Zauber erhoffe ich mir einfach viel mehr kreative Möglichkeiten.« Sie dachte an Noxus‘ Knochenskulptur im Tooshoo-Wald. Diese eigenartige Säule hatte zwar nicht unbedingt ihren Geschmack getroffen, doch das bildende Potenzial war deutlich geworden. Olivia war gespannt darauf, was sie alles mit weiblicher Feinfühligkeit und dem angeborenen Sinn für Schönes (Voraussetzungen für Kunst, die Männern zweifelsfrei fehlte) alles erschaffen konnte. Immerhin war sie nicht gezwungen, Stücke auf die richtige Größe und Form zurecht zu sägen, oder zu schnitzen, sondern konnte sie einfach werden lassen. Das war so ungemein praktisch.
»Außerdem sind die Alternativen, die mir sonst noch zur Verfügung stehen, alles andere als überzeugen…«, fuhr sie ein wenig geringschätzig fort, während sie an den Zauber dachte, der gemeinhin als Ekel bezeichnet wurde. Er machte seinem Namen alle Ehre, denn allein schon der Gedanke sich damit umgeben zu müssen ekelte sie schon. Beliar war der Gott der Dunkelheit, der Nacht, auch es Chaos‘ vielleicht, doch widerlich stinkende Gerüche passten da überhaupt nicht dazu. Wer kam nur auf die Idee so etwas Scheußliches zu kreieren? Und Wozu?
»Wozu sollte ich denn etwas so scheußliches wie den Ekelzauber überhaupt anwenden? Da kommt am Ende nur irgendwer auf die Idee, dass wir ehrenwerten Studioso der arkanen Künste uns lediglich deswegen Magier nennen, weil wir machen können, dass sie Luft stinkt… Nein Danke…« Entschlossen schüttelte sie den Kopf, um deutlich zu machen, das dieses Thema für sie durch war.
»Ich habe mich durchaus mit allen Zaubern dieses Kreises beschäftigt und meine Wahl nach langer Abwägung getroffen. Dabei ist auch dann das Grabgeflüster herausgefallen. Wobei ich durchaus lange überlegt habe, ob mich dieser Zauber reizen könnte. Denn immerhin sind die Möglichkeiten mannigfaltig. Aber ich…« Ihr brach das Wort ab.
Olivia hatte große Angst davor in Beliars Reich einzutreten. Es war nicht vorhersehbar, was sie dort erwarten würde. Viel zu häufig hatte sie in den Büchern gelesen, das die Geister der Toten besonders Rachsüchtig sein konnten. Was nun, wenn sie dem falschen begegnete? Wenn sie Peer begegnen würde oder Vielor… oder gar ihrer Mutter?
Olivias Kehle schnürte sich zu und sie musste ein paar Mal schlucken, bis sie ihre Furch bekämpft hatte und weitersprechen konnte.
»Ich denke, das das Eindringen in Beliars Reich, sehr riskant sein kann und traue mir dieses noch nicht zu. Vielmehr ist es mein Wunsch, mich weiter mit den vielseitigen Aspekten unseres Herren vertraut zu machen, bevor ich diesen ehrerbietenden Schritt wagen möchte…«
Sie sah ihren Lehrmeister fest an. In der Hoffnung, dass er ihre Ausrede als solche nicht erkannte oder nicht weiter darauf einging, wenn er sie doch entlarven sollte.
Da kam Janos ihr gerade Recht. »Ja! Wie hast du dich entschieden? Doch endlich die Schattenflamme oder bleibst du dem Verzicht dieses unglaublich tollen Zauber treu?«
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Hirni war nur halb mit den gedanken bei olivias und estebans unterhaltung. Die raben im baum faszinierten ihn viel mehr. Es schien, als wollten sie ihm etwas mitteilen. Oder bildete er sich dies nur ein? Ihr krächzen und schreien wirkte zumindest wie eine art dialog, unentwegt schauten sie dabei zu dem trio.
Erst als olivia sich ein zweites mal direkt an ihn gerichtet hatte, war er wieder mit beiden ohren bei seinen zirkelkollegen.
"Was? Schattenflamme?" Er dachte an die totale finsternis in der unterwelt zurück. Lediglich visionen und riesige blutige schriftzeichen hatten etwas licht geschenkt.
"Licht!" Sprach er seine gedanken nun laut aus und auf olivias gesicht schien sich enttäuschung breit zu machen. "Nachdem ich an einem ort gewesen war, in dem ich mir mehr als nur einmal eine fackel oder wenigstens etwas licht gewünscht habe..." er hielt kurz inne. Dachte an diese immense dunkelheit zurück die alles verschluckte. Sogar umrisse waren nicht zu erkennen gewesen. Die augen hatten sich nicht an die dunkelheit gewöhnen wollen. Das musste ein zeichen beliars gewesen sein. Zwar war er nie sehr gläubig gewesen, doch zeichen vermochte er zu deuten.
"Beliar kann nicht nur gott der dunkelheit und zerstörung sein. Er unterstützt nicht nur das chaos, sondern auch eine gewisse ordnung. Weshalb sonst würden hier die dämonen für selbige sorgen?
Nein. Das beliar uns die möglichkeit des lichtzaubers gibt, muss einen sinn haben..." sprach er mehr zu sich selbst denn zu esteban und olivia. "So habe ich es zumindest gedeutet. In der absoluten finsternis."
Erst jetzt wurde ihm bewusst das esteban ihn ja vorhin gelobt hatte. Für seine experementierfreudigkeit und dem erschaffen der gremlins. Doch war dies eine wirkliche überraschung gewesen? Schließlich hatte er bereits mehrere jahre praxis in der erschaffung magischer wesen. Das dies alles auf anhieb klappte überraschte ihn wenig. Dennoch... das lob machte ihn stolz. Esteban war schon damals eine ikone gewesen im zirkel. Zu zeiten, als das kastell noch vollen lebens war.
"Was ist hier nur geschehen?" Flüsterte er leise. Wollten ihn die raben vielleicht darüber bericht erstatten? Fragend schaute er esteban an. So als ob dieser seine gedanken lesen konnte.
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 nomina nuda tenemus
Der Hohepriester fixierte Janos mit einem durchdringenden Blick unter den buschigen, weißen Augenbrauen.
Was hatte er nur? Schien ständig die Raben zu beobachten und kaum darauf zu achten, was um ihn herum vor sich ging.
Die Raben.
Seit langer Zeit hatte Esteban sie nicht mehr besucht. Obwohl er oft im Garten spazieren ging, war es der Zweck seiner Spaziergänge seit vielen Jahren nicht mehr gewesen, die beiden schwarzen Krächzer zu besuchen. Vielmehr suchte er die Ruhe der künstlich geordneten Natur, um auch seine eigenen Gedanken zu ordnen. An die Raben hatte er kaum noch gedacht. Seit jeher waren sie allerdings auch unstete Gefährten gewesen, undurchschaubar und erratisch, es war ihm nie klar geworden, ob sie ihm etwas mitteilen wollten, wenn sie sich in seine nähe begaben, wie sie es früher hin und wieder taten, während er auf einer Bank unter der großen Esche saß. Oder ob sie sich einfach nur die Zeit vertrieben. Aber es hatte Zeiten gegeben, da waren sie ihm auch auf seinen Wanderungen gefolgt, damals in der Kolonie. Ihm schien es jetzt, als ob die welt jung gewesen sei vor all diesen Jahren. Obwohl ... die Welt war Äonen alt, Länder und Meere hatten sich gehoben und gesenkt, Gebirge waren entstanden auf Götter befehl und wieder abgetragen worden und ihre zermahlenen Reste füllten die Wüsten auf den Kontinenten. Reiche waren entstanden, breiteten sich aus, säten Tod und Verderben über ihre Nachbarn, wuchsen, prosperierten und zerfielen dann wieder, selbst den Tod anziehend. Menschen waren geboren, Völker erwachsen und untergegangen, niemand kannte ihre Namen noch. Nicht einmal die Bibliothek. Was waren schon die paar Jahre, die er erlebt hatte dagegen. ein Wimpernschlag, ja, nicht einmal das, die winzige Zeitspanne, in der der Muskel beschließt, angeregt durch einen Impuls im Nerv, das Lid zu bewegen. Das war die Zeit, die er erlebt hatte. Wie winzig klein war doch ein Menschenleben.
Er riß sich los von seinen Gedanken.
War es das, was die Raben taten? Die Gedanken ihrer Zuhörer schweifen lassen, neue Sichtweisen eröffnend?
»Was hier geschehen ist?«, antwortete der Schwarzmagier seinem Zirkelbruder. »Wer weiß das schon, in jedem Herzschlag geschieht überall auf der Welt unendlich viel. Hört den Raben zu und vielleicht Ihr werdet Euch über viele Dinge klar.«
Einer der Raben ließ ein Krächzen hören. Dann flatterte er höher in den Baum. Sein Zwilling folgte ihm.
»Die Magie ... richtig«, erinnerte sich Esteban nun wieder.
»Mir scheint, ich habe es mit zwei äußerst praktisch veranlagten Magiern zu tun. Wenn ich es an den Zaubern, die Ihr zu lernen wünscht, messe. Das Licht ist oft essentiell für uns, die wir im Dunkeln wandeln, mehr als andere. Beliar hat, unserer Natur entsprechend, dafür gesorgt, daß wir in der Dunkelheit nicht verloren gehen und uns den Lichtzauber geschenkt. Fast schon ist der Lichtzauber ein meditativer Zauber, Magie, die aus dem Inneren kommt, sich aus Wünschen formt. Den Satz Es werde Licht, kennt jeder. Ihm wohnt ein Urwunsch inne. Der Wunsch nach dem Sehen, dem Begreifen, nach Erkenntnis. Das innere Licht des Verstehens. Und doch kann er auch ganz profan als die Suche nach Helligkeit interpretiert werden. Bei der Erschaffung von magischem Licht kommt es meiner Erfahrung nach darauf an, diesen Wunsch nach innerer Erleuchtung auch ins Äußere zu leiten. Also die immaterielle Erleuchtung auch als stoffliche Erleuchtung zu begreifen. Denkt darüber nach, Janos.«
Esteban wandte sich Olivia zu.
»Auch ihr scheint ganz von praktischen Erwägungen durchdrungen zu sein, wenn Ihr den Zauber, den Ihr wähltet, wirklich lernen wollt. Sagt mir, an welche Einsatzzwecke habt Ihr dabei gedacht. Denn von eurer Antwort hängt ab, welches Wissen genau Ihr dafür benötigt.«
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»Einsatzzwecke…«, überlegte Olivia. Derer gab es so viele. Doch welche genau wollte er denn nun hören. Da Esteban die Frage so unschuldig stellte und sie damit begründete dass ihr durch ihre Antwort nur ein bestimmtes Wissen zuteilwerden sollte, vermutete sie eine Fangfrage und maß ihrer Antwort viel Bedeutung zu, vielleicht mehr als angebracht war.
»Nun… «, begann sie langsam, »Ich habe schon die ein oder andere Reise unternommen und habe mein Gepäck in der Regel immer selbst tragen müssen. Da wäre es doch praktisch, wenn man sich mal ein Höckerchen zum Sitzen herbeizaubern könnte, oder Besteck oder auch einfach nur eine Zeltstange, wenn die eigentliche Stange gebrochen ist. All das könnte das Marschgepäck erleichtern. Neben dieses ehr profanen Anwendungsmöglichkeiten hätte ich aber tatsächlich auch Lust auf dem Gebiet der Kunst ein wenig herum zu experimentieren. Ich könnte mir eine Deckenverzierung gut vorstellen, Ähnlich wie die Sternrippen im großen Saal, mit farbigen Flächen dazwischen oder… oder sogar einem Mosaik dazwischen.« Sie legte die Hand ans Kinn und versuchte sich das ganze genauer vorzustellen. »Vielleicht sogar farbiges Glas und Edelsteine gefasst in Knochenteile, sodass diese in das Mosaik mit aufgenommen werden können. Aber auch Skulpturen kann ich mir vorstellen. Ich habe einmal gesehen, wie Noxus mit diesem Zauber eine Gebaut hat. Das hat mich schon ein bisschen beeindruckt. Auch wenn seine Kunst nicht ganz meinen Geschmack traf, so ist es doch sicherlich möglich damit einiges zu erschaffen. Figuren*, die nur aus Knochen zusammengesetzt sind. Aber das sind bisher nur Ideen und ich weiß nicht, ob und wie das funktionieren könnte.«
Sie schlenderten weiter durch den Garten des Innenhofes und Olivia malte sich in Gedanken aus, was man wohl noch alles mit diesem Zauber anstellen konnte. Nicht alles gefiel ihr gut. »Prunkmöbel aus Knochen wären aber wohl nicht so mein Ding. Auf einen schweren Sessel mit Totenköpfen als Armlehnen und Bekrönung kann ich gut verzichten. Da mag ich es lieber varantisch.«
Sie schnippte mit den Fingern. »Eine Sache fällt mir dann aber doch noch ein. Ich möchte untersuchen, ob es möglich ist in wie weit sich der Herr der Knochen-Zauber mit der Skelettbeschwörung vereinen lässt. In beiden Fällen kann ich Knochen aus dem Nichts beschwören, wenn ich es möchte, kann ich also bei meiner Beschwörung gleich einen Hund beschwören, dem ich dann noch einen zweiten Kopf gebe oder vielleicht das Gebiss eines Hais? Ist es möglich die Rippen eines Kuhskeletts verwachsen zu lassen und des danach mit der Skelettbeschwörung aufstehen zu lassen und die verwachsenen Rippen als Stauraum für Gepäck zu benutzen? Das wäre doch praktisch, wenn ich wieder einmal durch die Wüste ziehe und Wasser mitführen muss. Verendete Kühe gibt es da häufiger, doch Wassertransportmöglichkeiten sind rar, wenn man nicht gerade ein Kamel besitzt.« Sie sah ihren Lehrmeister neugierig an. »ich weiß, dass es uns Magier nicht möglich ist, zwei Zauber auf einmal aufrechtzuerhalten, doch habt ihr Erfahrung damit, ob es möglich ist, zwei Zauber auf diese Art und Weise hintereinander miteinander zu kombinieren?«
* Im Beispiel handelt es sich um Treibholz, doch Knochen hätten sicherlich einen ähnlichen optischen Effekt.
Geändert von Olivia Rabenweil (29.02.2016 um 19:30 Uhr)
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„Hm… Im Wandel der Zeit. Ja… Ich wundere mich nur schon seit meiner Rückkehr in den Zirkel, wenn ich denn je wirklich weg war, wo das Leben in diesen Hallen geblieben ist? Vor einer Dekade noch waren hier im Kastell mindestens 30 erleuchtete Schwarzmagier. Alle auf der Suche nach dem Wissen Beliars und der Welt. Jeden Tag neue Experimente und Entwicklungen hinter jeder Ecke. Und nun? Nun scheint es mir, als wenn nur wir drei übrig sind. Es stimmt mich traurig, den Zirkel so zu sehen.“
Betreten schaute er den Raben hinter her, die bis an die Baumkrone flogen und sich dort krächzend nieder ließen. Beide schauten sie auf das Trio hinunter und musterten es. Sie flatterten mit den Flügeln und schienen etwas sagen zu wollen.
„Nur was?“ dachte Hirni nach.
Auf die andere Ausführung Estebans wusste er auf die Schnelle nichts zu antworten. Wollte sein Lehrmeister ihm sagen, dass je dümmer der Mensch, umso heller die Lichtkugel? Frei nach dem Motto: Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln?
Oder eher das Gegenteil. Schließlich musste doch die Stärke der Lichtkugel proportional zu dem Wissen und der Macht des Beschwörers steigen. Oder wollte er genau das damit sagen? Zumeist benötigte man die Lichtkugel, um in dunklen Gefilden die man nach dem Unbekannten erforschte, die Orientierung zu behalten.
„Ich werde sicherlich darüber nachdenken, Esteban…“ gab er erst einmal vorsichtig von sich. „Generell bin ich schon immer der Meinung gewesen, dass man seine magischen Fähigkeiten Praktisch nutzen sollte. Wir sollten die Magie gebrauchen, nicht missbrauchen. Und da sind Zaubersprüche, die uns helfen doch nützlicher, als Zaubersprüche mit denen man nur Zerstörung und Leid hervor bringt.“
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 nomina nuda tenemus
»Ihr scheint mir nachdenklicher und melancholischer zu sein, als ich es zuerst annahm«, gab der Hohepriester zu, als Janos seine ernsthaften Worte sprach.
»Vielleicht habe ich mich in der Beurteilung eures Wesens geirrt«, fuhr er fort. »Fühlt Ihr euch einsam? Ihr habt mehr Leben in den Mauern des Kastells erwartet? Ja, es gab Zeiten, da gab es hier viele Magier, alle mit eigenen Zielen, eigenen Ideen, eigenem Willen. Unterschiedlich wie die Münzen im Geldbeutel eines Weitgereisten Kaufmanns. Sie alle einte der Glauben daran, daß mit Hilfe Beliars etwas bewirkt werden kann in dieser Welt. Doch diese Gemeinschaft war nicht von Dauer. Es gibt gute Zeiten und es gibt weniger gute Zeiten. Doch das Rad dreht sich immer weiter. So wie alles auf der Welt endlich ist und nicht ewig währt, bleibt auch der einstige Zustand des Kastells nicht auf immer erhalten. Das Einzige, was immer bleibt, solange die Welt bestehen wird, ist die Veränderung. Innos und Beliar sind nur zwei Kräfte, die das Rad immer in Bewegung halten. Nur Adanos bestimmt, wie schnell es sich dreht, aber anhalten kann auch er es nicht.«
Er hielt kurz inne, ehe er weiter sprach.
»Letztendlich sind wir alle einsam; In unseren Ideen, unseren Vorstellungen, Wünschen, Erfahrungen um unseren eigenen Kosmos kreisend. Wir kennen niemals andere Menschen völlig, die meisten verstehen nicht einmal sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, sich selbst zu erkennen. Nosce te ipsum, wie die Alten sagen. Dazu gehört, zu akzeptieren, daß wir in unserem Inneren immer allein sein werden, auch wenn uns ein Stück unseres Weges andere begleiten. Zeiten ändern sich, Gefährten ändern sich. Erst recht, da wir Schwarzmagier oft andere Wege beschreiten, als gewöhnliche Menschen. Wege, auf denen diese uns nicht folgen können.
Aber trotzdem: Abgesehen von der allgemeinen Situation besteht kein Grund für übertrieben große Sorgen, denn wir sind nicht nur zu dritt in diesem großen Bau. Es gibt noch einige andere Magier hier. Die meisten jedoch leben sehr zurückgezogen. Ich vermute, sie forschen an geheimen Dingen, die sie erst herzeigen wollen, wenn sie brauchbare Ergebnisse erreicht haben. Wenn überhaupt.«
Esteban kannte die Gedanken nicht, die Janos hegte, als der Schwarzmagier die Dunkelheit erwähnt hatte, die die Anhänger Beliars durchschreiten würden. Doch nun erläuterte er seine nebulösen Worte von eben ein wenig.
»Wir sehen Wunder, die in anderen Abscheu hervorrufen. Wir lernen Dinge zu verstehen, die für gewöhnlich Furcht und Schrecken verbreiten. Wir beschäftigen uns mit den Aspekten des Lebens, die für gewöhnlich gerne verdrängt werden. Uns interessiert der Tod, der allgemein mit dem Ende in Verbindung gebracht wird. Ein Zustand, über den zu sprechen, gerne vermieden wird. Wir gebieten über Kräfte, die unverstanden sind und daher bei anderen Ablehnung und Angst hervorrufen. Wir huldigen einem Gott, der für viele für das Böse steht. So wie die Dunkelheit etwas ist, daß nach Meinung vieler bekämpft werden muß. Jeder will gerne in der vermeintlich guten Waagschale stehen, auf der Seite des Lichts, der Liebe und des Lebens.
Auf dieser Seite der Waage zu stehen ist einfach«, sprach er. »Doch um das Gleichgewicht herzustellen, die Balance, damit die Welt nicht aus den Fugen gerät, muß auch die andere Seite beschwert werden. Die Welt besteht nicht nur aus Weiß, nicht nur aus Licht, nicht nur aus Leben und Liebe. Alles hat zwei Seiten, so wie die Münze. Alles was lebt, muß sterben, alles, was wacht, muß auch ruhen, alles was hell leuchtet, wirft auch Schatten. Und alles, was liebt, kann auch hassen. Irgendwer muß sich auch um das Sterben, das Ruhen, den Schatten und den Hass kümmern. Auch dies verlangt Aufmerksamkeit. Es heißt, die Götter werden zornig, wenn sie keine Beachtung finden. Ich weiß nicht, ob Götter nach irdischen Maßstäben bewertet werden können. Kennen sie Gefühle? Empfinden sie Freude und Zorn, Trauer und Gleichmut? Sind sie uns wirklich so ähnlich?
Wie auch immer: Wenn wir den Weg der Dunkelheit beschreiten – und dies im metaphysischen Sinne zu tun, ist unsere Profession, denn was wären wir sonst für Beliarsjünger? – hilft manchmal auch ein ganz profanes Licht. Deswegen ist es, wie Ihr schon erkanntet, ein äußerst praktischer Zauber, der uns in vielen Situationen helfen kann. Es ist kein schwieriger Zauber und er hat auch keine staunenswerten Effekte und Auswirkungen. Außer das Licht, das er spendet. Er bezieht seine Energie aus uns selbst, aus unseren Wünschen. diese in magische Kraft umzuwandeln und diese zu einer Kugel aus reinem Licht umzuformen, bedarf nur ein wenig Übung. Zuerst ist das Erlernen einer gewissen Konzentration notwendig, einer inneren Ruhe, der Hinwendung zu sich selbst. Doch wenn dies einmal gelungen ist, fällt es schnell leichter, dies bei jeder Gelegenheit, in der der Zauber notwendig ist, hervorzurufen.«
Plötzlich bemerkte er, daß sie direkt vor der großen Esche, deren gewaltiges Blätterdach einen Teil des Gartens tagsüber in Schatten tauchte, standen. Sie waren wohl während ihres Gesprächs unwillentlich darauf zugelaufen. Oder hatten sie die unhörbaren Stimmen der beiden Raben hierher gelockt?
Esteban spürte einen Widerwillen, darüber nachzudenken, so als ob etwas seinen Geist behinderte, wie ein Keil in einer Tür, die sich nicht aufstemmen ließ und wandte sich daher von diesem Gedanken ab und Olivia zu.
»Ihr möchtet mit dem von Euch gewählten Zauber also sowohl Werkzeuge erschaffen als auch Dinge, die das Auge erfreuen? Nungut, in dem Fall wird das Studium dieses Zaubers eine kurze Zeitspanne mehr in Anspruch nehmen.
Was Eure Ideen zur Verbindung von Beschwörung und Herr der Knochen angeht, kann ich euch nicht viel Hoffnung machen. Die Zauber sind streng getrennt. Wie sie funktionieren und weshalb sie unterschiedlich sind, ist ganz allgemein Gegenstand magischer Forschung. Nicht nur unter Schwarzmagierin. Doch Kombinationen mehrerer Zauber bringen nur die allererfahrensten Magier zustande. Wahre Meister ihres Fachs, die von der Essenz magischen Wissens gekostet haben, um es einmal so auszudrücken. Ich gehöre nicht dazu. Und selbst diese können es nicht wirklich erklären, sonst würden wir Bücher dazu in der Bibliothek finden.
Zuerst«, und damit kam er wieder auf das Studium der Magie zurück, »sollten wir uns mit der Nutzung des Zaubers für die Erschaffung von Werkzeugen befassen. Ihr müßt Wissen über Struktur, Härte, Vorkommen, einzelner Knochenmaterialien erwerben. Welche Knochen sind besonders belastbar, welche besonders biegsam. Welche Unterschiede im Material finden wir zwischen diesen. Wie sind Zähne aufgebaut, welchen Kräften halten sie stand. Und es schadet nicht, einige Gesetze der Mechanik und der Statik zu kennen. Wie wirken Hebel, wie funktioniert ein Strebwerk, wie verteilen sich Kräfte? Dies alles läßt Euch effektivere Werkzeuge erschaffen. Ja man muß bei diesem Zauber schon von magischem konstruieren sprechen. Sicher hilft euch die Bibliothek dabei, Euer wissen diesbezüglich zu erweitern Wenn Ihr diesen eher rationalen Teil des Zaubers beherrscht, werden wir uns der mehr künstlerischen und kreativen Seite widmen.«
Er verstummte und gerade begannen die Raben irgendwo in der Esche wieder zu krächzen.
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Es war komisch. Ständig führten sie ihre Gespräche und ihre Gänge durch den Hof zu der Esche. So als wäre sie nicht nur der Mittelpunkt des Hofes, sondern auch der Mittelpunkt ihrer Gespräche und ihrer Rundgänge. Dennoch, sie kamen nie auf die Esche selbst zu sprechen. Oder gar auf die Raben, die immer wieder ihre heisere Stimme zum Besten gaben. Esteban war verstummt, und wieder begannen die Beiden schwarz gefiederten Vögel ihr monotones Geschrei. Das Trio lauschte den beiden. Hirni dachte über die Worte seines Lehrmeisters nach. Und merkte dabei, wohl im Unterbewusstsein, dass sich die Raben wiederholten? Oder bildete er sich das nur ein? Er lauschte ihrem "Gesang" noch einige Zeit, dann erhob Hirni das Wort um das Unausgesprochene endlich anzusprechen: "Die Raben sind heute aber besonders gesprächig..."
Das Dou verstummte, dann flatterte es kräftig mit den Flügeln. So als suchten sie die Aufmerksamkeit der drei Schwarzmagier mit aller Macht. Einzelne Federn lösten sich aus ihrem Federkleid und segelten langsam zu Boden.
Der hohe Schwarzmagier kratzte sich am Kinn, fuhr sich dann mit der Hand durch seinen Bart. Er hatte ihn schon 2 bis 3 Wochen nicht mehr gestutzt, und so wirkte sein Gesichtsschmuck sehr wild und ungezähmt.
"Melancholisch. Ja... das mag sein. Ab und an bin ich das wohl. Aber sind wir das nicht alle, die hier in den Mauern verweilen und uns fragen, wieso etwas ist, wie es ist? Eine gewisse Melancholie und Nachdenklichkeit sorgt doch erst dafür, dass wir uns hier in den Kastellwänden aufhalten, oder nicht?" Er lächelte. "Es mag sein, dass ich diesen alten Zeiten hinterher schaue. Vielleicht sogar mit wehmütigem Blick. Sinistro, Ethea, Elfaire.... Alles Namen der Vergangenheit. So wie sich die Zeiten ändern, so ändern wir uns auch, möchte ich behaupten. Der eine wird mit der Zeit ruhiger, der andere Wilder. Mancher wird verrückter, mancher normaler. Sinnt man durch das Erlebte mit Feinden eher auf Rache, oder entwickelt man eine gewisse Gleichgültigkeit? So wie sich die Umgebung und die Geschichte mit der Zeit ändern, so ändert sich auch jeder Mensch. Niemand bleibt von seiner Geburt an bis zu seinem letzten Lebenstag gleich. Der Umgang formt. Die Gefährten formen. Wir selbst formen uns durch Taten. Das macht das Leben doch aus... Und so ist es doch nicht verwunderlich, das man, wenn man hier 10 Jahre nicht mehr gewesen ist, sich doch erschrickt wie leer geblasen diese Hallen wirken, wo sie beim letzten Besuch doch noch vollen Lebens waren."
Eine kurze Pause sollten seine Worte unterstreichen. Dann fuhr Hirni fort:
"Ich werde versuchen, diese benötigte Ruhe aufzubringen. Meine Konzentration zu steigern, und dann diese Lichtkugel formen. Es kann ja nicht so schwer sein, Licht ins Dunkel zu bringen. Jedes Feuer kann dies. Warum also nicht auch meine magischen Kräfte? Zur Not bin ich ja als Typ auch heiß genug!" lachte er auf und schaute den Gefiederten Eschenbewohnern wieder ihrem Schauspiel zu. Sie ließen sich nun auf Äste nieder, die auf Augenhöhe des Trios wuchsen und starrten die drei an.
"Krah-Krah-Krah"
Es klang wie eine beginnende Unterhaltung. Eine Begrüßung des Gesprächspartners, der einem gegenüber stand. "Unheimlich..." dachte Hirni bei sich...
Geändert von Hirni (07.03.2016 um 13:05 Uhr)
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Was waren denn das für düstere Wolken, die sich da über Hirnies Haupt zusammen brauten…? Olivias Kopf zog sich immer weiter zwischen ihre Schultern. Da lag ein ernstes, wahrscheinlich düsteres Männergespräch in der Luft und es war für sie an der Zeit zu verschwinden. Schon als kleines Mädchen hatte Ihr Vater ihr, wenn sie die Neugier während des Besuchs seiner Geschäftspartner oder Verwandten auf seinen Schoß getrieben hatte, dann hatte er sie fortgeschickt mit den Worten, Das ist nicht für Damenohren bestimmt. Zwar war sie ganz angetan davon, dass ihr Vater sie auch schon in ihren jungen Jahren eine Dame nannte, doch ihre Neugier war damit nicht befriedigt worden. Häufig hatte sie ihren Vater nach solchen Gesprächen mit ernster Miene gesehen. Vielleicht hatte er sich mit ebensolchen Problemen herumschlagen müssen. Olivia verstand das alles nicht? Hirni war wirklich eigenartig. So hatte sie ihn gar nicht kennengelernt? Wo war der Janos hin, der mit ihr zusammen Maris auf den Seziertisch geschnallt hatte, um ihm weiß zu machen sie wollten ihnen aufschneiden. Doch nun?
Olivia fühlte sich zunehmend unwohl und beschloss, dass es nun an der Zeit war zu gehen.
»Gut ja, dann weiß ich nun Bescheid. Ich denke, dass ich mich jetzt in die Bibliothek zurückziehen sollte. Dort wartet eine Menge Arbeit auf mich…«
Sie fuhr sich über die Haare und machte ein paar Schritte zurück. »Ich danke für Eure Ausführungen, jetzt werde ich fleißig studieren und Euch wieder aufsuchen, wenn ich zu all den Dingen, die Ihr mir an die Hand gegeben habt etwas zu sagen oder sogar konkrete Antworten habe. Vielen Dank!«
Sie verbeugte sich kurz, auch in Hirnis Richtung und entfernte sich dann lächelnd in Richtung des Eingangs, der sie zurück in die wunderbaren Gänge des Kastells führte.
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Refektorium
Der Schwarzmagier schien in einer Art Zeitblase gefangen zu sein. Dort sitzend, nur das Knistern der Fackeln zu hören, genoss er den Schatten und die Ruhe. Nur ab und an, schob er sich ein kleines, mundgerechtes Stück Fleisch oder Brot in den Mund, meistens abwechselnd. Der Rhythmus wurde nur unterbrochen um die vom Brotlaib entstand Trockenheit im Hals zu bekämpfen oder des leicht salzigen Geschmack eines toten Tieres zwischen den Zähnen herunterzuspülen.
"Eigenartig ... Wirklich, wirklich seltsam", unterbrach er die Stille mit imaginärer Stimme, schüttelte den Kopf leicht und stellte das Eigennähren ein. Es lag höchstwahrscheinlich an einer Mischung aus Dopamin und Serotonin, beide ausgeschüttet vom harten Training um ihn zu belohnen, doch fühlte er sich zum eigenen Verwundern gut. Sehr gut, sogar. Besonnen schon fast. Hier sitzend, in einem Kastell, errichtet aus magischer, vielleicht gar göttlicher Hand, das zarteste Fleisch genießend, war er einer der wenigen Auserwählten die sich diesen Luxus leisten durften. Wie viele andere, grausame, wahnsinnige Seelen gab es dort mit Potential, die es nicht in diese Gefilde schafften? Der Hilflose Junge, welchen er ohne zu zögern ermordet hatte, bei seiner Aufnahmeprüfung mit Ardescion war wahrscheinlich einer von ihnen gewesen? Wäre er ein Fischer geworden, dort in Nordmar? Oder ein schlechter Jäger, weil ihn das Augenlicht zu früh im Leben verließ? Er hatte sich Beliar tatsächlich nie dankbar oder verpflichtet gefühlt.
Sicher, hier und dort gab es Huldigungen, doch oft nur um sich Selbst und seiner Willen zu profilieren, der eigenen Begabung wegen. Er war bisher so von Rache und Hass zerfressen, vermischt mit Gewalttendenzen, Überheblichkeit und Narzissmus, da war ihm nicht einmal die Idee gekommen, sich für irgendetwas im Leben dankbar zu fühlen. Es nahm es seit er sich erinnern konnte zumeist wie eine Strafe an, wie ein Wettkampf. Das war es schon immer gewesen, ein Wettkampf. Nur der Stärkste gewinnt. Doch Stärke hat viele Formen, Formen für welche er oft Blind gewesen ist, zu gierig und kurzsichtig um den eigenen Horizont zu erweitern.
Nur saß er hier allein, frischt gebadet, absolut erledigt vom Training kurz davor zu Bett zu gehen, eventuell noch die ein oder andere Lektüre wälzen bis sich die Dämonen über seinen massiven Kerzenkonsum beschweren, in Sorge er würde das Kastell abfackeln. Also wirklich, wenn dann richtig und nicht mit Kerzen. Außerdem war es ohnehin magisch, als ob Feuer - Ach ...
Des eigenen Gedanken zu müde stellte sich abermals Verwunderung ein und ein angenehmes Gefühl. Als müsste er die Lasten dieser Welt nicht mehr tragen, als hätte er sich die komplette Weltherrschaft zu eigen Aufgabe auferlegt und keiner konnte in seinem wirren Gebrabbel Sinn vernehmen, er selbst eingeschlossen und nun - weg.
Für diesen Augenblick spürte er Erfüllung. Zufrieden mit dem was er hatte. Das musste definitiv am Training liegen, er wusste dass er beim Nasenbluten einen Schlussstrich ziehen sollte, doch sein Naturell feuerte ihn genau dann für noch härteres Üben an. Sein Körper hatte sich von den Wunden aus den Kerkern erholt, seine Haut hatte inzwischen größtenteils einen recht natürlichen Ton angenommen, selbst die Narbenverheilung hat mit häufigen Bädern sowie diversen Ölen gute Fortschritte gemacht. Es waren nur wenige so schlecht abgeheilt, dass zu viel Narbengewebe erzeugt wurde, beim Rest war nur die Wunde selbst sowie die angepasste, erhellte Haut zu vernehmen. Zudem hatte er einige Pfund zugenommen, sein Körper nahm Definition an. Nackt sah er langsam kaum noch aus wie ein waschechter Magier, mit dünnen Gliedern und einer kleiner Speckrolle am Bauch. Magisch gesehen waren seine Fortschritte hingegen eher verdrießlich. Selbst jetzt, nach Wochen des täglichen Übens wollte sich keine große Leistungssteigerung einstellen. Aber immerhin kehrte Präzession sowie die motorischen Fähigkeiten zurück.
Den Schädel in den Nacken legend, atmete er tief aus. Dann erhob er sich und schlich in seine Gemächer. Dort angekommen zündete er sich gleich vier Kerzen an - wohl wissend später Diskussion führen zu dürfen und zwar genau dann, wenn er gerade einschlief - um sich auf den Boden zu knien. Abermals meditierte er und versuchte die Dankbarkeit die er gerade Beliar entgegen verspürt hatte Ausdruck zu verleihen. Die Arme zusammen gefaltet betete er, mit all jenem Fokus an die entscheidenden Kehrpunkte seines Lebens, aber auch an große Fehler und deren Konsequenzen. Er befand sich in keiner Glaubenskrise, auch keine Epiphanie, die hatte er wohl schon hinter sich. Es handelte sich eher um einen Vorgang in Sich, eine Ruhe, die er gefunden hatte, in welche er sich zurückziehen konnte, die da vorher nicht zu sein schien. Er wusste dass er das Richtige tat, der Zweifel schwand allmählich, welcher in verfolgt hatte all die Tage im Kastell, eingeflößt von der Unterwelt.
Beim Ausziehen um zu Bett zu gehen, erhaschte er eine leicht gräuliche Farbe auf seinem Schädel, tat es zunächst als etwas Öl vom Baden ab. Sich dem Spiegel an der Wand nähernd stockte ihm fast der Atem als er Stoppel erkannte. Im sarkastischen Ton dachte er: "Dir ist schon bewusst, dass man das bei einer Erziehung als Bestrafung und somit negativen Einfluss sehen würde? Emotionale Erpressung, also wirklich!"
Die Haut hin und herziehend um auch sicher zu gehen, dass die Haare dort nicht gleich wieder ausfielen, strich er sich ein letztes Mal über den Kopf, eine blanke Lüge tatsächlich, er würde sich dort heute Nacht noch mehr streicheln als sonst wo, doch um zu einem finalen und dramatischen Schluss zu kommen - er strich sich also ein letztes Mal über den Kopf, näherte sich dem Spiegelbild als würde er es einschüchtern wollen und blitzte mit der Zunge über die Lippen, einer Schlange gleich. Das Leuchten in seinen milchigen Augen versprach süße wenngleich grausame Träume.
"Nicht mehr lange und ich kann mit wehender Mähne auf einem Felsenvorsprung stehen und etlichen, gesichtslosen Armeen entgegen rufen: Ich bin zurück. Bald, eben."
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 nomina nuda tenemus
Mit einem freundlichen Nicken verabschiedete Esteban Olivia. »Sie ist fleißig, neugierig und immer bereit, etwas Neues zu lernen. Nehmt euch ein Beispiel daran und blast weniger Trübsal, weil sich die Zeiten geändert haben.«
Der Magier hob beschwichtigend die Hände, ehe Janos etwas erwidern konnte.
»Ich weiß, ich weiß, Ihr seid all das auch. Und sicher, die Zeiten ändern sich. Sie ändern sich unentwegt. Leider ändern sich auch Dinge, bei denen wir es uns nicht wünschen. Doch dies zu verhindern, das ist Menschen nicht gegeben. Jedenfalls nicht auf einen Wink oder Befehl hin, keine Gedanken können – von irgendwelchen hilfreichen Geistern oder sonstigen überirdischen Kräften ausgeführt – einmal Geschehenes wieder umkehren. Menschen kommen und gehen auch wieder. Wir alle begleiten uns gegenseitig immer nur ein Stück, ehe sich unsere Wege wieder trennen. Unser Schicksal ist es nicht unbedingt, uns damit abzufinden, sondern daraus zu lernen und uns anzupassen, weiter zu entwickeln. Was nützt es denn, den Dingen hierher zu trauern, die vorbei sind. Sie sind weg. Erinnern wir uns ihrer im Guten und schauen der Zukunft entgegen. Wer sich immer nur ans Gestern klammert, wird auch im Gestern bleiben und morgen schon vergessen sein.«
Die Esche rauschte in einem plötzlichen Windstoß, irgendwo hoch oben in ihrer Krone, die die Dächer des Kastells sicher noch überragte.
»Und doch bleiben einige Dinge immer gleich. Zum Beispiel die Neugier. Habt Ihr Euch nicht auch gefragt, wie viele Labore längst verschollener Magier es geben muß? Wer weiß, ob in einigen davon nicht noch ein paar interessante Experimente ablaufen? Vielleicht ein Golem, der seit vielen Jahren den letzten Befehl immer und immer wieder ausführt? Oder ein Trank, der in langen Zeitspannen gereift und in seiner Wirkung potenziert wurde? Maschinen, die gerade erst erfunden, nie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen haben? Nun, da die Alten Magier alle längst verschollen sind, könnte man doch einmal, nachschauen, an was unsere Zirkelbrüder einst geforscht haben, welche Zauber und Magien sie entdeckt und zur Nutzung auserkoren hatten. Was meint Ihr?«
Esteban drehte sich um.
»Komm!«
Er schlug den Weg zurück zum Kastell ein. »Zuallererst verlangt jedoch mein Magen sein Recht. Auch er ist nicht allein mit den Erinnerungen an die gestrige Mahlzeit zufrieden, sondern will auch in Zukunft etwas Nahrhaftes. Und mein Geist«, er lächelte sanft bei dem Gedanken daran, »benötigt etwas Wein, um auf Touren zu kommen. So wie etwas Öl einen Mechanismus leichter zur Bewegung verhilft. Eben dachte ich schon, die Esche knarzt und will uns damit etwas sagen. Das muß eindeutig an einem zu niedrigen Weinkonsum liegen. Und dem will ich abhelfen.«
Zielstrebig ließen sie den Garten hinter sich.
»Wißt Ihr, manchmal glaube ich, ohne die Esche gäbe es das Kastell nicht. Vielleicht ist sie er Ursprung dieses ganzen unwahrscheinlichen Gebäudes mit allen Wundern, die es enthält. Sie steht im Zentrum, sie ist der Mittelpunkt. Vielleicht ist sie ein besonderer Knoten der Magie, eine Verwirbelung der Sphären, manifestiert in einer Form, die wir begreifen. Seltsamerweise gibt es dazu kaum etwas in der Bibliothek zu lesen. Oder ich habe einfach nach den falschen Stichworten gesucht. Oder aber dieses wissen ist in einer Abteilung verwahrt, die anderen Gesetzen gehorcht, die erst gefunden und dann angewandt werden müssen? Das Kastell hat noch so viele Geheimnisse. Ob mit zwanzig Magiern oder mit zwei Magiern, sie warten nur auf ihre Erforschung.«
Plötzlich blieb er stehen
»Und meditate ... Was ist mit Ihr? Sie brauchte unsere Hilfe. Ich muß gestehen, ich habe noch nichts unternommen, um diesem Rätsel auf die Spur zu kommen. Fast habe ich ein schlechtes Gewissen. Seid Ihr vielleicht schon weiter?«, fragte er dann und schaute seinen Magierkollegen von der Seite an.
Er lief wieder weiter, gar nicht darauf achtend, ob ihm Janos bei seinen abrupten Wechseln immer folgen würde.
»Es gibt viel zu tun. Denken wir darüber bei einer guten Mahlzeit nach.«
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Sie setzten sich an einen der Tische im Refektorium und ließen sich beide jeweils eine Mahlzeit servieren. Im Falle von Hirni war dies Schweinebraten in Soße, mit Kartoffeln und Rotkohl. Dazu ein starkes Bier. Wahrscheinlich würde dies nun mit einem Vortrags Esteban quittiert, wie gut doch ein erlesener Wein wäre und warum er stattdessen ein einfaches Pils auswählte. "Passt schon," dachte sich der Schwarzmagier und machte sich über die Mahlzeit her.
Dann dachte er über die Worte seines Zirkelsbruder nach. Meditate... ja, Meditate. Er hatte es fast vergessen bei all der Aufregung, endlich wieder Magie wirken zu können. Im Geiste schalt er sich selber dafür. Doch anstatt herum zu drucksen, sprach er seine Gedanken frei heraus:
"Nein, ich bin bisher auch völlig über die Sache hinweg gekommen. Seit unserem Abstecher in die Bibliothek um uns über die Sache zu erkundigen, genauer, seit ihr euch erkundigen wolltet, habe ich noch nicht weiter über das Thema nachgedacht. Dabei eilt das Ganze ja doch sehr, wenn ich ihre Aussagen richtig in Erinnerung habe. Vielleicht ist die Bibliothek nicht der richtige Ort für Anhaltspunkte."
Er dachte darüber nach und nahm einen weiteren Bissen von dem Braten. Was waren Estebans Worte vorhin? Sich die Labore vergangener Magier untersuchen?
"Vielleicht finden wir ja den ein oder anderen Anhaltspunkt während der Untersuchungen alter Labore?" sprach er seine Gedanken laut aus und spülte seine Mahlzeit mit einem kräftigen Schluck des Gerstensaftes herunter.
"So oder so bin ich der Meinung, das uns unser Kastell da sicher nicht im Stich lässt. Es wird uns vielleicht sogar mit dem Zaunpfahl winken... Zur Not mit deinem 10 Meter dicken Zaunpfahl, geschwungen von einem Oger der uns diesen auf den Hinterkopf donnert..."
Er lachte laut auf ob der Vorstellung, hier im Kastell einen Oger vorzufinden, der gerade seinen eigenen Garten mit Zaunpfählen befestigte.
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Olivia legte den Brief von Maris auf oliries Labortisch ab. Sie hatte ihn in der Bibliothek gefunden und schon mehrfach gelesen. Maris hatte also Wort gehalten. Er hatte sich mit seinem Freund dem Wassermagier unterhalten und war dabei dieses wichtige Treffen zu organisieren. Das alles sollte schon in einem Monat so weit sein. Bis dahin war noch viel zu erledigen. Sie musste noch mehr über den Drachen herausfinden. Wo kam er her, was waren seine Ziele und vor allem wie wurde die Insel ihn wieder los. Zwar waren sie im Kastell sicher, sogar für einen Drachen samt Echsenarmee war es uneinnehmbar. Doch seine Anwesenheit schränkte sogar das Leben der Kastellbewohner ein und das war lästig. Also mussten sie etwas unternehmen, auch wenn Olivia sich insgeheim wünschte, dass der Drache erst noch die Armee der Rotröcke in Flammen aufgehen ließ. Doch solange sie nicht herausfand, wie genau sie den Drachen manipulieren konnte, wurde daraus wohl nichts.
Seufzend stütze sie sich auf die Tischkante, warf einen letzten Blick auf die feine Handschrift Maris‘ und wandte sich dann ab. Einiges hatte sie schon über den Drachen und seine Echsen herausgefunden, doch weitere Nachforschungen mussten warten. Jetzt hatten ihre Untersuchungen zum nächsten Zauber Vorrang. Immerhin wollte sie Meister Esteban ihre Ergebnisse präsentieren, bevor sie nach Thorniara abreiste. Ob der schrullige Hohepriester sie wohl wirklich begleiten wollte. Lieber hätte sie ihn nicht dabei. Er war so alt und viel zu ruhig. Anstatt die engstirnigen Feueranbeter auf ihre Schlechtigkeit hinzuweisen, sie dafür an den Pranger zu stellen würde er wahrscheinlich versuchen ihnen zu helfen… wollte Lösungen finden. Was für ein Blödsinn. Diese verfluchten Feuerfanatiker hatten ihre Heimat und die halbe bekannte Welt in ihren angeblich läuternden Flammen aufgehen lassen, um dem ganzen einen runden Abschluss zu geben wäre es nur gerecht, wenn diese Verräter der Menschheit nun im Drachenfeuer aufgingen.
Sie schob die Gedanken bei Seite. Sie musste nun endlich auf ihre Arbeiten konzentrieren. Olivia ließ den Tisch hinter sich und drehte sich der Arbeitsfläche zu, die an der Wand stand. Hier hatte sie sich einen ganzen Haufen Knochen vom Kastell bringen lassen. Rippen, Oberschenkel, Knöchelchen, Schädel und sogar die Dicken Wirbelsäulenknochen, mit und ohne Knorpel. Ihre Probestücke waren von den aller verschiedensten Kreaturen. Kleine und große Tiere, Warm- und Kaltblüter, Fische und Vögel.
Grübelnd betrachtete sie den Haufen. Sie wusste das man Aus Knochen Seife oder Leim herstellen konnte, beides ehr weiche Stoffe, doch dazu mussten sie vorher gekocht werden. Das ließ darauf schließen, dass Hitze sie angriff. Auch konnten hohle Knochen zerspringen, wenn sie hohl waren und im Feuer lagen. Doch das verriet weniger über ihre Härte. Sie erinnerte sich an ihren Knochenbruch, des Schlüsselbeins. Ein großes Pferd hatte es zerschmettert. Ihre vielen Stürze jedoch hatte sie unbeschadet überstanden.
Olivia spannte die erste Rippe, sie gehörte einst einem Schwein, in den Apparat. Über der Festspannklemmen befand sich ein Aufbau mit Kurbel. Wenn man an dem Rad drehte, dann senkte sich ein Hammer herunter, der mit einer Skala verbunden war, die anzeigte, wie viel Druck ausgeübt wurde. Diese Einheitenlose Skala war nicht sehr genau, doch sie gab immerhin Anhaltspunkte.
Olivia drehte an der Kurbel, bis der Hammer lose auf dem Knochen auflag. Sie stellte die Skala ein, dann begann sie zu kurbeln. Die Rippe bog sich. Gegen ihre Krümmung, bis sie fast ganz gerade war. Olivia war überrascht, wie flexibel dieser Knochen war. Doch nach einer weiteren Drehung brach der Knochen. Sie notierte ihre Ergebnisse auf einem Stück Papier. Dann spannte sie den nächsten Knochen ein und wiederholte die Prozedur. Erstaunlicher Weise reagierte der Rinderoberschenkelknochen ganz anders als die Rippe. Sie notierte wieder fleißig und griff gleich nach dem nächsten Knochen.
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 nomina nuda tenemus
Sich von dem Farbenspiel des im Glase hin und her wogenden Weines losreißend, beobachtete er Janos, wie er seine Mahlzeit genoß. Er hingegen schien wirklich hungrig zu sein. Esteban hingegen hatte es in Wirklichkeit nur des Weines halber hierher gezogen. Und dazu nur eine Kleinigkeit, etwas Leichtes, damit der Wein nicht zu schnell zu Kopf stieg und seine Wirkung dafür länger an hielt. Nun, da er den köstlichen Saft wieder auf den Lippen gespürt hatte, seine Zunge den Geschmack aufgenommen hatte und sein Blut den Alkohol darin, wich diese Art von Trägheit von ihm, mit der er sich eine Weile geplagt hatte.
»Ich habe in letzter Zeit recht viel erzählt«, erinnerte er sich der vor kurzem geführten Gespräche. »Zu viele nur scheinbar tiefsinnige Dinge. Das passiert mir hin und wieder, wenn zuerst die Kehle austrocknet und danach das Hirn. So jedenfalls meine Theorie. Oder ist es die Esche? Ihr Rauschen? Ich fürchte, nicht alles, was ich sagte, ist wertvoll für Euch und das Erlernen der Magie gewesen.«
Er wischte mit der Hand in einer Geste die Luft beiseite, so als würde er damit auch Geschehenes ungetan machen können. Vielleicht tat er das auch.
»Aber sei's drum. Reden wir weniger, tun wir mehr! Sobald Ihr satt seid, brechen wir auf! Ihr bestimmt die Richtung und die Tür. Das erstbeste Labor, das wir erreichen, wird uns sicher weiter helfen. Magier sind merkwürdige Gesellen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe schon viele von ihnen gekannt. Es müßte ja mit Innos zugehen, wenn wir in ihren Laboren nichts von Wert für uns entdecken würden!«
Er trank sein Glas aus und wartete geduldig, daß auch Janos seinen Teller leerte.
»Wißt Ihr noch die Worte, die meditate sprach? Ich meine, habt Ihr sie noch ganz genau im Ohr? - Ah, Ihr seid fertig. Gut, keine Vorträge mehr, es zählen nur noch Taten! Die Magie, die erlernt Ihr nebenbei, keine Sorge. Die Anwendung ist es, die den Magier ausmacht. Alles andere ist nur eitle Gelehrtheit.«
Hirni sah nicht so aus, als würde er sich Sorgen machen. Aber man konnte ja nie wissen. Esteban hoffte für ihn, daß er unter der Esche vorhin nur einer magisch verursachten Anwandlung von Schwermut erlegen war. Vielleicht hatten ihn die Raben mit ihrem ewigen Gekrächze behext. Gut, daß er Janos von dort fortgeführt hatte.
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