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Der Kerkermeister lächelte breit und glücklich. So nah war er einer Frau nicht mehr seit dem Festland gewesen. Er genoss ihre Aufmerksamkeit sehr, auch wenn sie beide wussten, dass sie es nicht ernst meinte. Von ihren schönen Händen glitt sein blick musternd über ihren Körper und dann zu Janos. Der machte immer noch nicht den Anschein, dass er weiter an ihrer lustigen Runde teilhaben wollte. Doch auch Thomas war deutlich anzusehen, dass es ihm jetzt zu viel wurde. Das Verhalten des Weibels war in den Augen des Jungen nicht mehr tragbar. Er hätte wohl alles dafür gegeben, wenn er seinem Vorgesetzten nicht weiter beim Herumschekern zugucken musste. Dabei wurde Redlef gerade warm.
Leider wusste der Weibel auch, dass auch die Dame sich wohl nicht mehr lange halten würde, sobald ihr Schwarzmagierfreund verschwunden war. Zu schade…
„Das waren dann aber sehr ehrenhafte Piraten. Alle anderen hätten wohl lieber ihren Spaß mit Euch gehabt und die Reste über Bord geworfen. So ist wieder einmal bewiesen, dass auch auf hoher See noch sowas wie Freundlichkeit zu finden ist. Und obwohl ihr von so lieben, netten und ehrenhaften Piraten unterrichtet wurden bedroht ihr mich jetzt mit Eurem Messerchen?“ Die Ironie war in seiner Stimmer nicht mehr zu überhören.
„Aber!“, er hob den Finger und lallte nun wieder ein bisschen, „ich habe Euch nie nur für eine einfache Diebin gehalten! Vielmehr halte ich Euch auch für eine besonders schöne Frau! Und dass trifft sich ja selten in Kombination.“ Er war näher an sie herangerückt. Den Blick ließ er keinen Moment von ihren bezaubernden Augen. So wie sie es auch nicht tat. „Ihr seid also auch Bardin, na auf der Flöte dürft ihr mir gerne ein paar Takte spielen…“
Sie war so fixiert auf ihn und darauf ihn einzulullen, dass es ein leichtes für ihn war, ihre Handgelenke zu schnappen und sie auf seinen Schoß zu ziehen. „Für Euch nehme ich mir alle Zeit der Welt…“
Aufgrund dieser plötzlichen, ruckartigen Bewegung schreckte Thomas hoch. Die Stimmung unter dem Vordach war gekippt. Auch der unerfahrene Junge spürte, dass es nun brenzlich werden konnte. Jedoch handelte er etwas übermotiviert, als er an Janos Verkonnen vorbei sprang, ihm den Weg versperrte. Mit einer leicht zitternden Hand zog er sein Gardeschwert und versuchte Madlen und Janos gleichzeitig unter Kontrolle zu halten. „Das… das reicht jetzt… Vielleicht haben nun alle genug getrunken… Vielleicht sollten jetzt alle auch wieder ihrer Wege gehen?“ Hilfesuchend sah er seinen Weibel an.
Untermalt wurde seine Sorge von Poltern und Rufen am Tor.
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Langsam eskalierte die Situation. Redlef war volltrunken scheinbar beim Flirten zu weit gegangen, Madlen hatte bereits ihre Waffe im Anschlag. Eine versteckte Klinge im Ärmel hatte sie sogar präsentiert.
Redlef wurde mittlerweile handgreiflich gegenüber Hirni, hatte ihm mit Schwung den Ellenbogen in den Magen gerammt. Nach Luft japsend krümmte er sich.
Als es dem Dachdecker zu viel wurde, war er an dem Blondschopf vorbei gesprungen und hatte sein Schwert gezogen. Er bedrohte die beiden "Gäste" und sprach davon, das sie alle ihrer Wege gehen sollte. Hirni hätte das sofort getan, wenn ihm denn nicht dieser lange Zahnstocher im Gesicht gehalten werden würde.
Er bereute in diesem Moment, sein Schwert an Olivia abgegeben zu haben.
Der ehemalige Hohepriester schaute sich um. Mittlerweile standen sie alle, waren von ihren Eimern aufgesprungen. Der starke Brandwein sorgte dafür, dass sich die Umgebung drehte. Hirni wurde schwummrig. Dennoch versuchte er sich zu konzentrieren. Es gab hier keine Waffen, mit denen er sich wehren konnte. Stattdessen nur den Krug mit dem Brandwein. Hirni kam eine Idee...
Blitzschnell griff er nach dem Krug, rief dabei "Thomas, IHR habt noch gar nichts getrunken!" und schleuderte ihm diesen mit Wucht ins Gesicht. Redlef konnte gar nicht so schnell reagieren, in seinem angetrunkenen Zustand, als der Krug Thomas an den Kopf traf. Mit einemmal schrie Redlef vor Schmerzen auf und ließ Madlen frei. Sie und Hirni erkannten die Chance und stürmten Richtung Ausgang der Hütte. Dabei stiess Hirni Redlef mit der Schulter an, so das dieser sein Gleichgewicht verlor...
Geändert von Hirni (02.04.2015 um 19:36 Uhr)
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Und plötzlich fand sich Madlen auf dem Schoß des Büttels wieder. Der hatte einfach ihr Handgelenk gepackt und sie an sich gezerrt. Ein Moment der Unaufmerksamkeit, auch wenn er noch so klein war, und sie konnte sich nicht mehr befreien. Für kurze Zeit schien die Lage aussichtslos, da Hirni unbewaffnet war.
Die junge Frau zerrte und wandte sich im festen Griff des Innosler. Bei allem Stolz, das ging ihr langsam etwas zu weit. Sie konnte auf den Tod eins nicht ausstehen: Hilflosigkeit. Sie versuchte ständig mit einem starken Schütteln die zweite, versteckte Klinge an ihrem linken Handgelenk zum Vorschein zu bringen. Aus irgendeinem Grund gelang es ihr aber nicht und das Teil kam kaum einen fingerbreit zum Vorschein.
Was genau sonst noch passierte, konnte Madlen nicht sagen, aber anscheinend war der andere Wächter aufgesprungen und versuchte Hirni an der Flucht zu hindern. Mit einem Mal klirrte es, als würde ein Tongefäß zerspringen. Dieser Moment lenkte den Büttel, der sie festhielt, so sehr ab, dass sich die junge Frau ein Stück befreien konnte. Sie rammte ihren Ellenbogen gerade nach oben und traf den Kiefer ihres Widersachers. Da dies nicht vollständig ausreichte, war auch noch der Schritt des Mannes dran. Ein gezielter Schlag dahin, würde ihn in Zukunft davon abhalten gar zu forsch zu Frauen zu sein. Als sich Madlen schließlich gänzlich befreit hatte, sprang sie auf und sah, was Hirni veranstaltet hatte.
Ein Tonkrug war gegen den Kopf des anderen Büttels geflogen, der nun kampfunfähig am Boden lag. Und wieder ein kurzer Moment der Unachtsamkeit hätte ihr fast die Möglichkeit der Flucht genommen. Die junge Frau spürte, wie sie jemand am Arm packte, doch mit einem Mal war sie wieder frei. Hirni hatte auch den zweiten Wächter erwischt und mit einem Stoß versucht umzuschubsen.
Dann hieß es einfach weg von dem Ort. So schnell wie es geht. Gerade an der Tür angelangt, griff Madlen an eines ihrer Wurfmesser, drehte sich im Türrahmen noch einmal um und zielte nur grob in Richtung des Innosler. „Damit Ihr Euch an mich erinnert!“ Wohin genau das Teil flog, wusste sie nicht zu sagen, aber es schlug auf jeden Fall in Holz ein, da man das dafür typische „Tock“ hörte.
Derweil hatten sich die junge Frau und Hirni schon einige Meter vom Haus entfernt. „Und was jetzt?“
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…sich aber sofort wieder fing, und sein halbsteifes Bein dazu bringen konnte den kräftigen Stoß von diesem Hirni abzufangen. Wahrscheinlich rette ihn das auch vor dem Wurfmesser, welches haarscharf an ihm vorbei zischte.
Er hatte es mit seinem Schauspiel übertrieben und den Preis musste nun der arme Thomas dafür zahlen. Das tat ihm leid und dass hatte er auch nicht gewollt. Unter Schmerzen halb zusammengekrümmt eilte zu Thomas herüber und sah nach seinem Kopf, den sich der Junge jammernd hielt. Dieses Biest hatte einen kräftigen tritt drauf, doch auch wenn er versuchte mit japsenden Atemstößen den Schmerz zu verdrängen, so musste er sich zusammen reißen. Denn Blut quoll unter Thomas‘ dreckiger Hand hervor.
„Thomas? Alles in Ordnung?“ der Dachdecker stöhnte auf.
Natürlich hatte Redlef getrunken, doch es waren zusammengerechnet nie mehr als zwei Becher gewesen. Und als Schlachtfeldveteran vertrug er bei weitem mehr. Um die Beiden Fremden in ein sicheres Gefühl zu wiegen hatte er in seine Becher immer nur einen Winzigen Schluck getan und dann solange Gekippt, wie er für einen ganzen Becher gebraucht hätte.
Damals hatten ein paar andere Reiter und er immer die Betrunkenen gemimt, um den Rest der Kompanie glauben zu lassen, dass sie geheime Weinvorräte hatten. Das war so lange lustig bis der Rittmeister das auch fest geglaubt hatte und sie die entsprechende Strafe ertragen mussten.
Madlen und Janos ließ er ziehen. Thomas schien sich tatsächlich ernsthaft etwas getan zu haben. „Thomas zeig mal.“ Vorsichtig zog er die Hand von der Stirn. Eine große Platzwunde prangte da. „Das blutet stark, Junge. Wir müssen das Nähen!“
Thomas streifte seine Hände ab. „In Eurem scheiß betrunkenen Zustand? Neimals!“ Entsetzt sah er ihn an.
Redlef versuchte Thomas Ärger mit einer beruhigenden Geste zu zerstreuen. „Alles gut, ich bin nicht betrunken, ich habe doch nur so getan…“ Doch weiter kam er mit seiner Ausführung nicht.
„Nur so getan?“, schrie Thomas ihn an. „Aber warum? Wofür? Dafür?“ Wütend zeigte er auf seine Stirn.
„Es tut mir Leid, Thomas! Ich wollte nicht, dass es soweit kommt. Normalerweise werden die Leute entspannter, wenn sie glauben, dass der Gegenüber betrunkener ist, als sie selbst.“ Red plagten wirklich die Schuldgefühle.
„So ein Scheiß! Ihr seid ja bekloppt. Ich verzichte besser auf Eure Hilfe, wer weiß, was ihr Euch da wieder dummes ausdenkt. Da gehe ich lieber zu der Heilerin!“
Mit diesen Worten strauchelte der Junge, sich immer noch die Stirn haltend, davon.
Red folgte ihm noch vor die Hütte, blieb dann aber allein davor zurück. Dominique guckte wieder neugierig über den Zaun. „na Meister?“, sprach er das Pferd leise an. „Da habe ich wohl ordentlichen Mist gebaut. Besser ich meide das Lagerfeuer jetzt erstmal.
So humpelte Red zum Tor herüber. Dort hatte es vorhin ja einen kleinen Aufruhr gegeben.
Sobald er dort ankam erkannte er auch wieso. Ein Reiter war aus Thorniara gekommen. Er fragte sich geradezu Redlef vor. Als dieser sich meldete überreichte er ihm ein Schreiben und wartete. Red kam das Ganze etwas merkwürdig vor, doch nachdem er die Nachricht gelesen hatte wurde alles klarer.
Pons hatte es tatsächlich geschafft einen gesuchten Schwerverbrecher zu fangen! Hinzu kann, dass dennoch Chaos in der Stadt zu herrschen schien.
„Ich mache mich sofort fertig. Gebt mir einen Moment, dann habe ich das Pferd gesattelt und wir können los.
Red eilte zu seiner Hütte zurück. Er sammelte seinen Kram zusammen, rüstete sich in Windeseile und sprach kurz mit Lina. Er erklärte ihr, dass er weg müsste, Thomas aber bleiben würde, um sich um sie zu kümmern. Er versprach ihr auch so schnell wie möglich zurück zu kehren.
Dann bürstete er das Pferd kurz über warf den Sattel auf und ritt zusammen mit dem Boten in die Nacht.
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Erleichtert, endlich aus der Bude raus zu sein, grinste Hirni Madlen an. "Hui... Das war knapp... Ging aber doch irgendwie auch recht leicht. Der Thomas hat Morgen bestimmt nen Saftigen Kater. Wenn man keinen Alkohol verträgt, soll man auch keinen nehmen. In welcher Form auch immer..." lachte er.
Sie blieben hinter einer der vielen windschiefen Hütten stehen, und lugten um die Ecke. Nach kurzer Zeit verschwand Redlef, ritt mit seinem Pferd davon.
"Hm, entweder gibt er jetzt sofort Kommando an seine Obersten, und wir sind auch Gesuchte wegen Trunkenheit und Rauferei mit Innos-Fanatikern, oder es gab eine andere, dringlichere Sache. Dann wären wir wohl auch ohne das Theater gerade davon gekommen." Nach kurzer Überlegung fügte Hirni hinzu: "Das wäre aber nicht so Spaßig gewesen."
Trotz des Handgemenges mit den Ordenskriegern konnten Hirni und Madlen sich frei im Fort bewegen. Es schien also keiner irgendwelche Probleme machen zu wollen. Das war schon eine Menge Wert. In Thornaria würden sie wahrscheinlich jetzt schon festgenommen und eingekerkert werden. Und was Redlef, als Kerkermeister, dann mit ihnen machen würden, wollte er gar nicht wissen. Natürlich alles Gerechte Dinge im Namen des einzig wahren Herrn. Hirni spuckte aus ob dieses Gedankens. Er schaute sich um.
"Ich finde, wir sollten uns hier vom Acker machen. Ich werde noch kurz Elfaire aufsuchen, und dann verschwinden wir Richtung Silberseeburg. Willst du noch immer mitkommen?" fragte er seine Begleitung mit den silbernen Haaren...
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„Ob ich noch mitkommen will? Natürlich, sonst entgeht mir vielleicht etwas. Hier im Lager ist eh nichts mehr los!“
Sie waren im Grunde nur haarscharf entkommen und dennoch jagte sie dieser Innosler nicht, sondern verschwand einfach und ward nicht mehr gesehen. Der jungen Frau war das sehr gelegen gekommen, auch wenn sie ihr Wurfmesser nicht mehr würde holen können. Dafür aber war der Typ endlich weg und sie konnte sich wieder darauf konzentrieren, den edlen Metallen nachzujagen. Möglicherweise zeigte sich Hirni am Ende ja sogar noch erkenntlich.
„Vielleicht solltest du dir noch eine Waffe besorgen. Zur Not kann ich dir einiges anbieten, ein paar Messer hier, ein Kurzschwert hier und schon kann so etwas nicht mehr passieren. Aber die Sachen bräuchte ich danach wieder, sie sind…Erinnerungen!“ Madlen lachte auf. Es waren tatsächliche Gedanken an Vergangenes, aber…es waren nicht die ihren. Sie hatte sie nur demjenigen, denen sie gehört hatten, auf freundliche Weise abgenommen. Eigentlich waren nur Barika und Aynur ihre eigenen Schwerter, der Rest war…nun, gestohlen.
Sie wusste auch, dass sie meistens stark bewaffnet umherlief. Aber, man sah nur die beiden Zwillingswaffen, das eben genannte Kurzschwert und das halbe Dutzend Wurfmesser. Die beiden versteckten Klingen in den Vorrichtungen an ihren Handgelenken, dazu noch zwei Messer unter den Stulpen ihrer Schuhe versteckt waren für den einfachen Beobachter unsichtbar. Nicht gerade sehr damenhaft, ging es Madlen durch den Kopf, während sie auf Hirni wartete. Aber das ist das Leben unter Piraten. Wenn der Büttel nur wüsste, was sie ihr angetan haben, ehe sie den Kapitän getötet hatte. Noch heute war es ihr kaum möglich daran zu denken.
Um sich abzulenken, beobachtete sie ihre Umgebung. Kaum jemand nahm Anstoß an der gerade geschehenen Aktion. Es schien, als kümmere sich jeder um seine Sachen und der Innosler war wahrscheinlich zudem nicht gerade beliebt gewesen. Der jungen Frau sollte das nur Recht sein. So konnte sie in Ruhe ihren Dingen nachgehen. Der Jagd nach Gold.
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"Ein normaler einhänder reicht kir schon, danke... der reicht für meine kenntnisse mit der klinge vollkommen aus."
Mit diesen worten liess er madlen kurz alleine und suchte elfaire auf.
Er fand sie am lagerfeuer. Einen apfel in der hand haltend schaute sie verwirrt wie eh und je zu hirni.
"Wo bei beliar warst du?" Fragte sie ihn.
"Ich hab bekanntschaften gemacht und freundschaften mit 2 innos fanatikern gemacht. Echt dufte typen waren das. Hör zu... wir müssen hier langsam aufbrechen, wenn wir zum kastell wollen!"
"Ok. Mir gefällts hier eh nicht. Aber du erzählst mir bitte, was du mit freundschaft geschlossen meinst!"
Hirni erzählte seiner reisegefährtin von dem kennenlernen von madlen und dem gespräch mit redlef.
"Verdammt. Das kommt davon wenn du dich hier öffentlich zu beliar bekennst, hirni" sie boxte ihn.
"Ja. Kann ja nicht wissen das der einzige waffenrock hier direkt alles mitkriegt..."
Kopfschüttelnd murmelte elfi etwas, was hirni nicht verstand. Er zuckte mit den schultern.
"Wenigstens reisen wir nun nicht mehr allein und ungeschützt. Madlen begleitet uns. Sie ist bis an die zähne bewaffnet und will auch zur silberseeburg. Unserem nächsten zwischenziel..."
Elfaire nickte zustimmend.
Als die beiden bei madlen angekommen waren, stellte hirni sie kurz einander vor. Madlen hatte in der zwischenzeit etwas proviant besorgt. Sie waren nun bereit zur abreise.
"So denn... lasst uns aufbrechen. Weg von hier. Nicht das uns noch irgendwer an den kerkermeister verrät..."
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Lehrling
„Rück mal ein Stück, bitte“. Die Mädchen hatten etwas Milch ergattern können und daraus eine Brotsuppe zubereitet. Ringel hielt das letzte Brotstückchen, das sie auf einen Ast gespießt hatte, zum Rösten über das Feuer, „‘husch, husch‘“ wie schon oft in den letzten Tagen äffte sie die Worte des Innoslers von letzter Woche nach.
Cath war inzwischen ein bisschen angenervt. „Ja, ja. Ich hab´s begriffen. Hat mir auch nicht gefallen, aber lass jetzt mal gut sein damit, bitte. Die Lehrmeister, die der Typ da erwähnt hatte, scheinen auch schon ausgestorben zu sein – weit und breit nichts von denen zu sehen, keiner hat was gehört oder kann uns Namen nennen. Zum Mäusemelken, so was…“
Ringel nickte. „Und unsere Vorräte sind auch so gut wie aufgebraucht. Wir werden wohl ohne vorherige Ausbildung auf die Jagd gehen müssen. Komm. Für Fleischwanzenkompott reicht dein Können ja auf alle Fälle, wie du neulich bewiesen hast.“
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Manchmal geht aber auch alles schief, was schiefgehen kann. Es schien ein Tag gewesen zu sein, den sich die Gebrüder Pech und Unglück im Kalender rot markiert hatten. Das begann schon beim Frühstück, als Scorchal versuchte, die Glut vom Vorabend erneut anzufeuern. Die beiden zuständigen Elemente in dieser Angelegenheit - Feuer und Luft - schienen sich gegen den ehemaligen Novizen verschworen zu haben, denn als das Holz nach elendig langen Versuchen endlich brannte, kam ein ordentlicher Windstoß auf, der die Flammen einmal hochschießen ließ und so den Ärmel des Vasari in Brand setzte. Lem quittierte das mit einem herzhaften Lachen. Als eine zweite Brise aufkam und das Feuer abermals fauchen ließ, fing sein Hosenbein an zu brennen. Für Scorchal war das ausgleichende Gerechtigkeit, für Lem jedoch ein Grund, lästerlich zu fluchen. Die nachfolgenden Stunden stellten für den Schüler ein wahres Martyrium dar. Die schlechte Laune, die die angekokelte Hose erzeugt hatte, schlug sich in der Ausbildung nieder, die Lem gnadenlos weitertrieb. Obwohl er der Überzeugung war, dass Scorchals Stand fest und sicher war, ließ er sich in den nachfolgenden Unterrichtseinheiten immer wieder überaus gehässig darüber aus. Er stünde wie ein Mädchen, ein altes Weib könne sogar sicherer stehen und so wie er den Stab hielte, könne man ihn glatt für eine ausgesprochen hässliche Statue in einer Ausstellung abstrakter - und sehr miserabler - Kunst halten. Unterstrichen wurde das Ganze immer wieder mit gezielten Hieben, die Scorchal blocken sollte. Tags zuvor hatte Lem ihm noch erklärt, dass sie mit einfachen Angriffen anfangen würden, die spielerisch zu parieren wären. Nachdem sich aber nun an diesem Tage herausgestellt hatte, dass der Hüne zwar über einen offensiven, auf andere gerichteten Humor besaß, in der Defensive aber absolut witzlos und nachtragend war. So brachte er Schläge hervor, die zu wuchtig waren, um sie zu blocken, ohne sich dabei die Knochen zu brechen. Mehrmals war es dann an Scorchal, zurück zu springen oder gar einfach die Waffe los zu lassen, um ja keinen Schmerz in den Handgelenken zu riskieren. Das bestrafte Lem jedoch mit Schlägen gegen die Beine, die zwar ohne Kraft ausgeführt waren, angesichts des Übungsstabes, den er benutzte, schmerzhaft waren und Striemen hinterließen, als hätte der ehemalige Novize Schläge mit dem Rohrstock kassiert.
Der Höhepunkt des Pechs war jedoch der abschließende Angriff des Meisters. Nachdem Scorchal unter Flüchen wieder einmal zurück gesprungen war und um ein Haar den Stab losgelassen hatte, bewirkte die falsche Haltung der Waffe, dass der Holzstab von Lem abgelenkt wurde, dies jedoch in einem Winkel, der mehr oder weniger Scorchals Kopf zum Ziel hatte. Zum Glück traf das Holz nicht die Schläfe, sonst hätte er schon einmal die förmliche Verbeugung vor dem Schnitter üben können, während er auf dem Weg ins Jenseits wäre. Nein, der Götter Willen war es, dass das Holz ihn kraftvoll seitlich am Schädel erwischte. Seine Gesichtszüge erschlafften, als hätten sich die Muskeln einen Tag frei genommen und der Blick wurde so unstet, als hätten die Augen sich den Muskeln angeschlossen, jedoch ohne ihren Arbeitsplatz vorher noch ordentlich zu hinterlassen und die Lider zu schließen. Das Letzte, was Scorchal mitbekam, war, dass der Waldboden - irgendwo zwischen hart und weich - von einer unerwarteten Seite auf ihn zugeschossen kam und Lem sich um neunzig Grad drehte, quasi also an einer nicht sichtbaren Wand stand, als wäre es der Boden. Diese Eindrücke sowie der vom Schlag verursachte Schock, der Scorchals Hirn dazu brachte, in den Generalstreik zu treten, ließen den Vasari ohnmächtig werden. Zum Glück, denn so sah er nicht mehr das dumme Gesicht Lems, der sich dann jedoch einen Moment umschaute - verstohlen fast - und nickte, als wäre ihm endlich Gerechtigkeit wiederfahren.
"Jetzt sind wir quitt, Bursche.", schloss der Hüne, ehe er sich daran machte, seinen Schüler zu versorgen.
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Ein eiliger Marsch hatte in nach Süden gebracht. Weg von der Hafenstadt im Norden, weg von jenen, die ihn so lange festgehalten hatten. Sein Ziel vorerst die Jägersiedlung im Bluttal, vielleicht auch die Burg am Silbersee. Schließlich musste er erstmal Informationen einholen, wie es um das Waldvolk und das Dorf im Sumpf stand. Bisher hatte er nur Gerüchte aufgeschnappt und die verhießen nichts Gutes. Außerdem musste er seinen Proviant auffüllen und den Bogen nochmals sorgfältig überprüfen. Es waren viele Wochen vergangen, in denen der Jäger nicht einen Pfeil abgeschossen hatte und so würde er auch einige Übungseinheiten nötig haben, bevor er wieder mit anderen Schützen auf die Jagd gehen konnte.
Als Kjarl die Ansiedlung von Weitem gesehen hatte, waren ihm direkt Veränderungen aufgefallen. Sie wirkte irgendwie größer, stabiler. Nicht mehr nur ein kleiner Sammelplatz, wo sich Jäger, Holzfäller und Wanderer trafen. Scheinbar hatte sich doch einiges getan. Nun galt es herauszufinden, was wirklich alles geschehen war.
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"Eine klare, konkrete Idee habe ich nicht. Wären meine alten Meister hier, würden wir einen Weg finden. Hätten wir bisher Erfolge darin gehabt die alten Steinkreise zu finden, wüsste ich ebenso einen Weg. Doch jene die ich vor vielen Monden aussandte, fanden keine weiteren. Wir bräuchten noch Zwei weitere für einen Ritus...und Leute die mächtig genug sind die Kräfte zu lenken. Ich selbst könnte ihn mit einer List am Boden fesseln, aber nicht ewig. Nein - von unserer Seite aus fehlen im Moment die Möglichkeiten. Ich weiß auch nicht, was die ganzen Magier auf der Insel im Sinn haben und weiß auch nicht ob sie überhaupt was haben, was mot dem Drachen zu tun hat. Sie sind so viele, aber widmen sich scheinbar anderen Dingen oder sehen nur den Tod des Drachen als Lösung. Ich wüsste zu gerne was Tinquilius denkt. Er war vor geraumer Zeit ein Gast in Tooshoo und wir sprachen. Und noch mehr wüsste ich gerne was einst auf Khorinis wirklich war. Diese Barriere die da geschaffen wurde. Das wäre eine Idee, die mir ein paar Leute von dort die hier sind ins Ohr setzten. Sie waren einst Gefangene der Strafkolonie. Aber ich bin zu jung, um darüber mehr zu wissen und weiß auch nicht wie das Ding geschaffen wurde.", erklärte Ornlu und fühlte sich gerade so, als hätte er mittlerweile einen meterlangen Bart.
Kurz sah er sich um und dachte, dass da eben doch noch andere Leute am großen Feuer saßen. Sei es drum. Sie saßen im Hintergrund und was sie redeten, hörte eh kaum jemand wirklich. Er wäre ja auch schön blöd bei den ganzen fremden Gesichtern mit dem was er wirklich war zu hausieren.
"Die Orks wissen etwas, aber es muss nicht etwas sein, was die ganze Sache löst. Ich bin bei den Orks willkommen. Ich trage etwas bei mir, was mich davor bewahrt erschlagen zu werden und für die Orks als heilig gilt. Nur der, der dieses Zeichen wahrhaft selbst erjagt hat wird damit akzeptiert. Danach kommt es darauf an, dass man sich anpasst und die richtigen Worte wählt. Ich war es der mit dem großen Anführer Brosh dar Urkma sprach, als die Orks sich auf dem Festland bekämpften. Hätten die Faringer gesiegt, hatte ich sein Wort, dass das Waldvolk kein Krieg mit den Orks haben würde und in seinen Wäldern leben dürfte. Leider kam es anders und die Königstreuen kamen mit einer Armee mit der niemand gerechnet hatte. Deswegen aber griffen wir damals Trelis an. Das war der Deal. - Bevor du dies verurteilst überlege selbst. Die ganzen Jahrzehnte des Krieges mit den Orks wagte man nie die Diplomatie. Es gab nur Gut und Böse. Ich wollte sehen, ob es andere Wege gibt und irgend ein Menschenvolk muss auch mal beginnen zu akzeptieren, dass diese Welt auch den Orks gehört. Nicht dass ich für sie die Hand ins Feuer legen würde, aber ich gebe etwas auf das Wort eines Anführers. Der Orkstamm auf Argaan erkannte jedenfalls ebenso das Zeichen. Das Ulu-Mulu wie sie es nennen. So habe ich im Laufe der Zeit hier auf Argaan mit den Orks einen Nicht-Angriffs-Pakt verhandelt. Sonst wäre es früher oder später zum Kampf gekommen und das hätte keiner Seite etwas gebracht. Ich führte bisher den Dialog weiter und deswegen konnten wir auch unbehelligt durch den Orkwald flüchten, als wir Tooshoo verließen. Die Zeit an den Feuern der Orks verbrachte ich meist mit ihrem Schamanen. Melog sein Name. Er erzählte mir auch über die Prophezeiung. Ob es alles ist, weiß ich nicht. Ich würde ihm auch nicht alles über waldvölkische Legenden und Visionen erzählen. was ich aber weiß klingt in etwa so: >Wenn das Feuer die Welt beherrscht und die Dunkelheit weicht. Wenn die Wasser fallen und die Berge erzittern. Wenn der große Stamm der Karrek gestorben ist, wird ein Stern vom Himmel fallen. - Drachenblut wird IHR Blut. IHR Blut wird Drachenblut. Das neue Blut, wird Orakblut und die Bestien werden über das Land fegen. Die Feuer werden weichen und die Wasser vertrocknen. Alte Mächte werden befreit und des Schöpfers neuer Leib wird herrschen über die Welt und mit ihm das Blut der Orak...<", sprach der Druide und ließ es erst einmal auf Maris wirken.
"Erschreckend, dass sich so vieles schon ereignet hat, wenn man es so deuten mag, nicht wahr? Das was die Orks hier auf Argaan anbeten...ist eine mächtige Dämonin. so habe ich es zumindest gedeutet und gespürt. Deswegen habe ich große Sorge, dass wenn der Drache stirbt...er wieder erwacht und umso mächtiger wird. Noch handelt er für sich. Da ist nicht Beliar am Werk. Aber war er es womöglich bei den Echsenmenschen? Dann schließt sich der Kreis mit meiner These über sie. Gib einen jungen Mann Macht über eine Armee und er wird sie nutzen. Er wird leichtsinnig, weil er sich für unbezwingbar hält. Er wird blind für das was im Hintergrund geschieht und endet damit, dass die wahren Mächte ihm einen Dolch in den Rücken jagen. - Natürlich sind dies nur meine Gedanken, aber sie müssen nicht falsch sein. Deswegen braucht es womöglich Zeit um mehr zu erfahren und um diese Prophezeiung zu verhindern. Zeit die wir nicht haben, wenn wir den Drachen möglichst bald vernichten oder warten, dass die Echsenmenschen es tun. Wir alle spazieren auf einem dünnen Seil und ein falscher Schritt und alle fallen. Bis dahin sollten wir die Zeit nutzen oder die Insel verlassen.", sinnierte Ornlu und widmete sich ein wenig Sumpfkraut.
Geändert von Ornlu (19.04.2015 um 13:41 Uhr)
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Fort des Waldvolks - Am Lagerfeuer
"Die Insel und damit den Baum verlassen", entgegnete Maris, "Das wird eher nicht deine Wahl sein, nehme ich an."
Der Nomade begann, ein anderes Bild von Ornlu zu erhalten, als er es zuvor stets gehabt hatte. Man hatte sich nicht wirklich gekannt - und selbst jetzt waren sie noch weit davon entfernt, sich wirklich zu kennen - doch Maris meinte zu erkennen, dass die Fassade des leichtlebigen Schwerenöters, der chaotisch, amoralisch und lüstern durch die Wälder zog und alles Weibliche besprang, das nicht bei Drei auf den Bäumen war, seine Art war, die Macht und Verantwortung zu verstecken, die ihm inne wohnte. Denn so viel hatte der Diener des Löwen mittlerweile mit Sicherheit erfahren: wer der Natur diente, musste vor allem Geheimnisse bewahren können. Dass dahinter aber ein vorausschauender, offener Geist steckte, der sich mit weitem Blick an die Bewältigung der Probleme seiner Zeit machte, war erst nun in diesem erstaunlich, fast schon erschreckend offenen Gespräch zu erkennen. Ein kurzes, klares Lachen erfüllte die Nachtluft und verschwand in der Dunkelheit.
"Brosh dar Urkmas Orks also? Dann haben wir etwas gemeinsam. Als sie den Königswaran in Varant erlegten, kämpfte ich mit ihnen." Er zog die Halskette mit dem Reißzahn der Bestie hervor, die er unter seiner Kleidung trug.
"Kriegsherr Moltok trägt das Gegenstück."
Wohin es Moltok wohl beim Angriff der Echsen auf Setarrif verschlagen hatte? Maris hätte es nicht gewundert, wenn er mit seinen verbliebenen Kriegern bis zum ehrenvollen Tod gekämpft hätten, doch wenn ein orkischer Anführer schlau genug war, sich von einem aussichtslosen Kampf zurückzuziehen, dann war es Moltok. Da fiel ihm die seltsame Begegnung vor über zwei Jahren wieder ein, als er am Strand von Westargaan den haarlosen Ork getroffen hatte. Schon damals hatte er sich gefragt, ob es derselbe sein konnte, der in Varant in der Truppe der Orks mitgekämpft hatte.
"Weißt du, ob beim Stamm im Orkwald auch Orks leben, die früher auf dem Festland dienten? Ich meine, vor einigen Jahren einen wiedererkannt zu haben, doch ich konnte ihn nicht fragen - er sprach nicht unsere Sprache."
Eine Weile dachte er über Ornlus Schilderungen nach. Eine orkische Prophezeiung, die erwartungsgemäß blutig und mit einem glorreichen Ende für die Orks versehen war. Bis zur Ankunft des Drachen hatte sie sich bereits erfüllt, doch ob die Passage, in der IHR Blut das des Drachen würde, tatsächlich auf den Tod des Drachen bezogen war, konnte er nicht sagen. Er verstand Ornlus Sorge jedoch und war auch der Meinung, dass Handlungsbedarf bestand.
"Was die Feuermagier betrifft, kann ich nicht viel sagen, denn ihr Denken war mir schon immer völlig fremd. Die Wassermagier kenne ich aber gut genug, um mir ein Urteil zu erlauben: der Verlust Setarrifs hat sie schwer getroffen und ich vermute, dass sie zunächst all ihre Kräfte darauf verlegt haben, die Überlebenden zu unterstützen und zu stärken, bevor sie auch nur in Erwägung ziehen, Schritte gegen den Drachen zu unternehmen. Wenn die anderen es nicht tun, müssen wir eben den ersten Schritt machen und sie aufrütteln. Schwer vorstellbar, dass es gelingt, aber wir müssen einen Rat einberufen, in dem alle Gruppen der Menschen gemeinsam einen Plan ersinnen. Tinquilius ließe sich sicherlich davon überzeugen - insofern er Setarrif überstanden hat."
Dessen war er sich nicht sicher, doch er war willens, es herauszufinden, und sicherlich war auch Aniron daran interessiert, zu erfahren, ob ihr enger Familienfreund noch lebte.
"Was die Aufklärung angeht, bin ich jedoch etwas ratlos. Wie sollen wir mehr über die Echsen herausfinden und hinter das Geheimnis kommen? Wir werden uns wohl kaum als Echsenmenschen verkleiden und hinein spazieren können. Aber wenn du Ideen hast, will ich meinen Teil gern beitragen, auch wenn ich noch ein Versprechen Suzuran gegenüber zu erfüllen habe, die Katzen des Dschungels im Auge zu behalten. Auch wenn ich noch nicht weiß, wie ich mich von den Echsen unerkannt im Osten bewegen soll."
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Das leise Surren der Sehne ließ den bärtigen Mann lächeln. Fast liebevoll verfolgte sein Blick den Weg des Pfeils und erst als dieser nahe des Ziels einschlug, senkte Kjarl seinen Arm. Fast zärtlich strich seine Hand über das Bogenholz, bevor er es mit einer kräftigen Bewegung einbog und mit einem schnellen Griff die Sehne löste. Sorgsam verstaute er diese und trabte dann langsam in Richtung des Baumstumpfes, der ihm als Ziel gedient hatte. Ein leises Schmunzeln lag auf seinem Gesicht. Er hatte Stunde um Stunde geübt und mittlerweile hatte er große Teile seiner einstigen Treffsicherheit zurückgewonnen. Noch brachte er nicht die gleiche Spannung wie früher auf die Sehne, doch auch sein Arm würde sich bald an die vergangenen Tage erinnern. Geistesabwesend sammelte der bärtige Jäger die Pfeile auf, prüfte sie gewohnheitsmäßig und verwahrte sie. Er würde sich neue machen müssen, nur zur Sicherheit. Man konnte in diesen Tagen nicht gut genug ausgerüstet sein, so sagte man. Er kratzte sich am Kinn. So langsam war es sicherlich an der Zeit, auch mehr mit dem Schwert zu üben. Schließlich war der Bogen nicht in allen Situationen die beste Wahl.
Er behielt diesen Gedanken im Kopf und schlenderte zurück zum Fort. Die Abläufe dort waren ihm noch nicht vertraut, doch wie in Schwarzwasser sammelte man sich auch hier am Lagerfeuer und traf stets irgendein bekanntes Gesicht. Kjarl wollte sich umhören. Nach Jägern, nach Schwertkämpfern und nach mehr Informationen über den Verbleib des Dorfes.
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Sein Weg führte nach Thorniara, die Stadt des Orden Innos'. Einst eine freie Hafenstadt, war sie nun ein Lehen der Kirche des Feuergottes geworden, eine Brutstätte für Fanatiker und Verblendete, die nach dem Willen ihres Meisters handelten, um ihre so sehr geschätzte Ordnung in die Welt zu bringen. Eine Ordnung, die mit Feuern auf den Dächern vermeintlich Ungläubiger kam. Eine Ordnung, für die in dunklen Kerkern mit Folter und Angst gesorgt wurde. Eine Ordnung, in deren feurigem Glanz Gleichgewicht und Chaos vergehen sollten. Eine Ordnung, die, so Scorchals Ansicht, die Welt entflammen und nur noch kalte Asche hinterlassen würde. Als ehemaliger Novize des Gottes des Gleichgewichtes war es durchaus riskant, die Stadt zu betreten, aber er war weder ein sonderlich berühmtes Mitglied des Adanos-Ordens in Setarrif, noch ein besonders eifriger Verfechter seiner Werte gewesen. Ja, er betete zum großen Gleichmacher, zu der göttlichen Waage, die Licht und Dunkel in Einklang hielt, aber er war auch ein Stück Realist. Wahrer Frieden durch absolutes Gleichgewicht war in etwa so wahrscheinlich wie Frieden durch totale Ordnung oder Frieden durch zügelloses Chaos. Und seine Abneigung gegenüber Innos? Nun, jene Armeen vergangener Tage, die das Sultanat Vasar - Scorchals Heimat - zerstört und verkrüppelt hatten, waren Anhänger des Feuergottes gewesen. Nur in einer weitaus primitiveren Form.
"Seid doch bitte so gut", sprach der Vasari, während er am Feuer saß, die Augen geschlossen, die Ohren jedoch gespitzt, "und tretet in den Lichtschein."
Die Person, die der Bitte Folge leistete, war eine überraschte Frau von knapp dreißig Jahren. "Wie ..."
"Heute Nacht ist es außergewöhnlich still, gute Dame", erklärte Scorchal, öffnete die Augen und lächelte, "Und dadurch, dass ich die Augen geschlossen habe und mich auf mein Gehör konzentriert habe, war es relativ einfach, Euch zu hören." Das Lächeln wurde breiter. "Darüber hinaus, mit Verlaub, bewegt Ihr Euch durchs Unterholz wie ein Rammbock."
Die Frau spuckte aus. "Nicht nur ein einsamer Wanderer, auch noch ein unglaublich witziger! Darf man ... Euch um Hilfe bitten?"
Das Lächeln wurde schief. "In heutigen Zeiten ist es durchaus ... gefährlich, Fremde an Lagerfeuern mitten im Wald um Hilfe zu bitten. Gerade als Frau. Gerade hier ... in diesem Tal."
Nun war es an der nächtlichen Besucherin zu lächeln. Selbstsicher und auch ein bisschen widerwärtig. Nun erst bemerkte Scorchal, dass sie eine Hand hinterm Rücken hatte. Seine Züge wurden ernster. "Was ist es, hm? Wurfmesser? Armbrust? Vielleicht war ich naiv, Euch so nahe ans Feuer zu lassen ..."
Sie holte die Hand hervor. Eine kleine Armbrust, so gebaut, dass sie einhändig zu bedienen war. "Gut geraten."
"Einen Bogen würdet Ihr schlecht verstecken können, meine Gute." Sein Blick ging zu seinem Kampfstab. Er schätzte seine Chancen. Sie standen miserabel. "Also, ist das ein Überfall? Warten dort im Dunkeln Eure Kumpanen?"
Sie grinste entschuldigend. "Nein, niemand wartet dort. Abgesehen von einem Ochsen, der vor einen Karren gespannt ist, der fast einen halben Meter im Schlamm steckt. Ich bin an den Zügeln eingeschlafen, da ist mir das Gespann etwas von der Straße abgekommen ... in schlammigen Morast. Der Ochse, der blöde, steht nur da und knabbert an Unkraut und ich fluche wie ein alter Söldnerhauptmann." Sie seufzte. "Ich sah das Feuer hier ... und hoffte und hoffe auf Hilfe."
Aufmerksam musterte Scorchal die Frau, suchte nach Anzeichen für Lüge. Er fand sie nicht. Er deutete grob aufs Feuer. "Setzt Euch. Schlaft. Im Dunkeln einen Karren ausm Dreck zu ziehen, ist eine verfluchte Plackerei. Ich bin Scorchal ... aus der Baronie Silbersee."
Die Frau verneigte sich etwas linkisch. "Elva, fahrende Händlerin."
"Händlerin? Nun ... müssen wir doch den Karren holen? Nicht das Eure Waren morgen früh fort sind ..."
"Alles verkauft, hab ein unglaublich gutes Geschäft in Stewark gemacht. Jetzt wollt ich den Karren zum Besitzer in Thorniara zurück bringen."
"Ah, Thorniara", Scorchal lächelte, "Ich mache Euch einen Vorschlag, Elva: Ich helfe Euch den Karren ausm Dreck zu ziehen und im Gegenzug darf ich mitfahren bis in die Stadt."
Elva nickte langsam. "Nun gut. Dann macht Platz am Feuer ... habt Ihr etwas zu essen? Was, Trockenfleisch? Verflucht ... in der Not frisst Beliar bekanntlich Fliegen ..."
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Das abendliche Feuer schlug heute weniger hoch, als es sonst üblich war, sparte man doch mit dem Nachlegen, da der Regen die Vorräte befeuchtet hatte. Kjarl hatte des Regen des Tages genossen. Er liebte die Stunden danach, die Stunden in denen die Natur sich nach dem labenden Nass reckte und in voller Kraft erblühte, die Stunden, in denen Blumen und Gräser sich leuchten erhoben und in denen der würzige Duft der nassen Erde das pulsierende Leben in ihr erkennen ließ. In großen und kleinen Pfützen spiegelte sich dann die wiedergekehrte Sonne und in den Blättern der Bäume hingen noch glänzende Regentropfen. Der schlammige Boden zeichnete die Wege verschiedener Tiere nach und das Laub der Bäume strahlte im sattesten Grün, dass sich kein Maler dieser Welt ausdenken konnte.
Ein Schmunzeln huschte über das Gesicht des Jägers, als er an all dies erinnert wurde, während ein anderer Jäger eine mitreißende Jagdgeschichte hören ließ. Der Kampf gegen Snapper bei strömendem Regen im knietiefen Morrast. Das erbitterte Ringen Mensch gegen Bestie und schließlich die nahe Niederlage, als der Jäger stürzte und der letzte der Snapper auf ihn zu schnellte und zum finalen Biss ansetzte. Kjarl grinste. Genau an dieser Stelle machte der Erzähler eine unnötige Pause, wohl wissend, dass alle Zuhörer an seinen Lippen hingen. Dann endlich kam der große Höhepunkt der Geschichte. Innos selbst, der alte Halunke, zeigte sich gnädig und streckte den Snapper mit einem Blitzschlag nieder. 'Seit diesem Tag trag ich ne kleine Statuette bei mir.', schloss der Erzähler und ließ sich ein Bier schmecken, während die Zuhörer sich in Bemerkungen und Kommentare verstrickten. Irgendwann würde der Nächste eine Geschichte erzählen und diese sollte die Vorhergehende möglichst übertrumpfen. Kjarl lehnte sich zurück. Er war wieder angekommen. Die Zeit in Thorniara hatte er nicht vergessen, aber sie hielt seine Gedanken nicht mehr gefangen. Irgendwann würde er in die Stadt zurückkehren und nach den Verantwortlichen suchen, doch vorerst war er hier und jetzt genau an der richtigen Stelle.
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Sie ließen Thorniara hinter sich und marschierten zu zweit und schweigend Richtung Bluttal. Es war noch früh am Morgen und der Tau ließ die grüne Landschaft in der aufgehenden Sonne glitzern. Die Straße die durch den Wald führte war voller Matsch und Pfützen und es dauerte nicht lange, da waren die Soldatenstiefel des Mannes durchnässt und gaben ein sehr unangenehmes Gefühl bei jeden Schritt den er machte.
Die Tannen und Eichen des Waldes waren alt und die Luft war erfüllt von dem Parfüm des Waldes. Den einen Arm hatte er immer noch in der Schlinge, der andere Arm ruhte an seinem Schwertknauf am Gürtel. Wachsam, aber zufrieden stapfte er voran. Der Waffenrock wärmte ihn und ließ ihn mit stolzer Brust weitergehen. Er war ein Ordensbruder. Darauf konnte man doch stolz sein, auch wenn man mit dem Gedanken der Desertation spielte und sich gerade unendlich freute nicht mehr an der Front in einem der Zelte sitzen zu müssen.
Iowice neben ihm beobachte die Landschaft ganz genau und erspähte das Fort das den Weg vor ihnen blockierte sogar noch vor Avik.
Das hölzerne Tor kam immer nähere, bis sie schließlich vor eben jenem Bauwerk standen und angesträngt nach oben schauten. Die Palisade schien nicht besetzt zu sein, oder etwa doch?
"Hallo?", erhob der Braunhaarige vorsichtig seine Stimme.
"Ordensbruder Avik, Stellvertretend für Büttel Redlef, im Auftrag von Lord Hagen als Vertretung für Thorniara und den Orden der Paladine!".
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Nach seiner kurzen Bekanntschaft mit dem Soldat hatte Bartimäus das Lager der Innosler so schnell wie möglich wieder verlassen und war schlussendlich zum Fort im Bluttal zurück gekehrt. Dort war er nun, hatte den Wächtern am Tor eine Freude bereitet und sie heute frühzeitig in den Feierabend geschickt und alleine die Position am Tor übernommen. Er hatte nicht unbedingt das Bedürfnis sich mit Leuten zu umgeben und so viel würde auf dem Wachposten hier nicht passieren, zudem konnte Verstärkung immer noch gerufen werden, wenn sie wirklich benötigt werden würde.
Plötzlich geschah aber doch etwas. Der Jäger dachte zuerst er hätte lediglich die Geräusche des Ritters den er gerettet hatte so lebhaft in Erinnerung, bis er bemerkte, dass aus dem Wald tatsächlich Schritte mit schwerer Rüstung zu vernehmen waren. Es waren dann sogar zwei Männer, die sich dem Tor näherten und der Neugierige konnte nicht glauben, in welches Gesicht er da zu blicken hatte, als ihm hoch autoritäre und formale Floskeln entgegen geworfen wurden.
Bartimäus nahm daraufhin seinen Bogen zur Hand und zielte mit einem Pfeil direkt auf den Boden zwischen den Füßen des bekannten Fremden. Noch bevor er irgendein Wort von sich gegeben hatte, war der Pfeil abgeschossen und für eine Überraschung gesorgt.
"Bewahre!", gab er sich dann schließlich doch als friedfertiges Individuum zu erkennen, bevor die beiden noch vor lauter Panik das Weite suchen würden.
"Ich persönlich fände es zwar wesentlich freundlicher, wenn du aus Dankbarkeit gekommen wärst, als wegen irgendwelcher Befehle, aber bevor du dich in das nächste Echsenschwert stürzt, dürft ihr natürlich hinein. Wer ist denn deine Begleitung?"
Letzteres könnte ihm zwar eigentlich auch egal sein, denn was er so gehört hatte, hatte dieser Redlef auch immer einen Anhang dabei gehabt, also vielleicht war das in Thorniara einfach so üblich, aber irgendwo ging dann doch die Neugier mit ihm durch.
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Zrrrrrrrrr
Ein vor Spannung vibrierender Pfeil hatte sich in den Boden zwischen seinen Füßen gebohrt. Sofort riss ihn diese Provokation aus den Gedanken und wütend blickte er sich um.
Die Stimme erkannte Avik nicht, hatte sein Erretter doch kaum gesprochen und er natürlich auch wenig mit ihm, doch das Gesicht dort oben auf der Palisade erkannte er recht gut. Sein Mund klappte auf und dann wieder zu. Dieser Bogenschütze hatte ihn gerettet und war bei seiner vermeintlichen Flucht zur Hilfe geeilt, als ihn die Echsen überrascht hatten.
"Öhm..."
Jetzt fehlten dem Ordensbruder wahrlich die Worte. Er hatte mit einer gelangweilten, oder vielleicht spöttischen Begrüßung gerechnet, war dieses Volk aus Jägern und Fallenstellern doch für seine Abneigung gegenüber dem myrtanischen Reiches bekannt, doch mit seinem Retter hatte er nicht gerechnet.
"Ein wahrer Waldläufer also?", fragte Avik nach oben. Natürlich war die Erklärung sehr nahe gelegen, war sein Erretter doch ein irrwitzig guter Bogenschütze gewesen und hatte gleich mehrere Echsen in den Tod geschickt, doch irgendwie hatte Avik ihn dennoch nicht erwartet.
Das Tor wurde ihnen geöffnet und nun standen sie sich Auge in Auge gegenüber. Unsicher lächelnd überreichte er dem Waldvölkler seinen Pfeil.
"Das ist Iowice. Er ist neu auf der Insel und wollte nicht länger in Thorniara verschimmeln. Iowice, das ist ... ", das war jetzt natürlich peinlich. Er kannte nicht einmal mehr den Namen seines Retters.
"Ordensbruder Avik, Innos zum Gruße", unterbrach sich der etwas aus der Fassung geratener Mann nun selbst.
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Man konnte dem Soldat die Verlegenheit richtig anmerken. War es ihm unangenehm so weit weg von seinen gewohnten Hierarchien unter jemandem zu stehen und das vielleicht auch noch wenn sein Dienstbote anwesend war. Oder lag es wirklich daran, dass bisher noch kein dankbares Wort ausgetauscht worden war und er dies als unhöflich dem Waldläufer gegenüber gefunden hatte. Wie dem auch war, durch seinen gelungen Scherz freundlicher gestimmt als noch zuvor winkte der Neugierige die beiden herein.
"Ich bin Bartimäus!", stellte er sich außerdem vor und hoffte, dass Avik es auch noch schaffen würde seine Förmlichkeiten abzulegen.
"Wenn ich dir aber einen Rat geben darf, solltest du etwas lockerer werden, wenn du hier nicht so sehr auffallen möchtest. Mit deinem Rang werden wir nicht sonderlich viel anfangen können und im Großen und Ganzen wird der Name Innos wahrscheinlich auch mehr verspottet als anerkannt werden. Nimm es nicht persönlich und gewöhn dich daran, denn abgesehen davon, wird dir niemand wirklich was Böses wollen."
Der Jäger klopfte Avik auf die Schulter um die Situation ein wenig aufzulockern, schließlich war es nicht sein Ziel ihn weg zu ekeln oder ihm seinen Aufenthalt schlecht zu reden. Eigentlich wollte er ihn nur vorwarnen, was er zu erwarten hatte, denn darauf hatte er keinen Einfluss.
"Ich nehme an, ihr seid hungrig?", fuhr er dann fort und zeigte dann zu einem Feuer über dem ein großer Suppentopf hing.
"Dort könnt ihr euch zu essen nehmen. Es gibt oft Eintöpfe und dergleichen, uns steht leider nicht die Küche der Mama zu Verfügung, aber es reicht auf jeden Fall um satt zu werden."
Nachdem er die Neuankömmlinge vom Tor wegführte und beschloss noch bei ihnen zu bleiben, deutete er einem anderen Wächter, er solle sich doch wieder auf die Mauer begeben und das Tor überwachen. Dieser rollte zwar mit den Augen, befolgte dann aber die Anforderung.
"Aber jetzt sag mal in einer verständlichen Sprache, weswegen du hier bist oder was du vor hast? Und sind deine Wunden wieder gut verheilt?"
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Gemeinsam ließen sie sich an der Feuerstelle nieder. Die Ratschläge von Bartimäus würde sich Avik zu Herzen nehmen. Ehrlich gesagt hatte er auch gar nicht vorgehabt auf Titel, Rang und Stellung zu pochen und jeden Wissen zu lassen, dass er ein Ordensbruder war, doch in Situationen in welchen sich Avik nicht wohl fühlte, oder unsicher war, half solch ein Gefasel meist weiter, schon um sich Sicherheit zu schaffen.
Er löste sein Schwert vom Gürtel und legte es neben sich auf den Boden, ehe er die Füße ausstreckte und versuchte mit den kalten Schuhen so nahe wie möglich ans Feuer zu kommen.
Iowice besorgte Essen und die warme Suppe gab Avik schnell die gewünschte und ersehnte Wärme.
"Vielen Dank für die Suppe, Bartimäus", Avik schlürfte gierig und umklammerte das Gefäß mit beiden Händen. Es tat gut zu essen und sich niederzusetzten. "Nun wie du siehst, habe ich mir den Arm ganz schön verdreht... aber es wird schon wieder... danke der Nachfrage. Ich bin hier um den Büttel Redlef zu vertreten. Er hatte hier die Aufsicht, oder war als Verbindungsmann aus Thorniara hier, wenn du so willst, er wurde zurückgerufen und ich soll derweil seinen Posten übernehmen", erklärte der Braunhaarige erneut geduldig und schaute sich endlich richtig um.
Holzhütten, umringt von Palisade, viele Männer und Frauen in braun, schwarz und grünen Gewändern und einfachen Kleidungen. Die meisten von ihnen waren bewaffnet mit Bogen oder Speer, doch fanden sich auch andere Waffengattungen an den Gürteln und Händen der Jäger. Sie beäugten ihn interessiert, einige abfällig, andere ohne wirkliches Interesse.
Seltsame Leute...
"Und... wie ist die Lage hier im Westen?", fragte Avik seinen Retter.
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