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Massenunterkunft - Risiken und Nebenwirkungen
Etwas überrascht hatte Maris die unerwartete Neuigkeit aufgenommen, dass Rekhyt sich ebenfalls auf die Kunst der Heilung verstand, und auch wenn er sich lieber in die Hände seines Freundes begeben hatte, dessen Fähigkeiten er recht gut kannte und denen er vollends vertraute, nahm er die Hilfe gerne an - schließlich war Tinquilius nach all der Zeit immer noch nicht aufgetaucht und er konnte jede Unterstützung gebrauchen. Konnte es denn schlimmer werden?
Als die Magie des über ihn gebeugten Helfers ihn berührte, war der erste Impuls ein unangenehmes Gefühl des Widerstands. Der Nomade brauchte nicht allzu viele Gedanken zu verschwenden, um zu wissen, dass der Löwe sich gegen den fremden Einfluss wehrte, doch die Abwehr war weit schwächer als bei seinen Begegnungen mit den Dämonen des Kastells - ob es an der Art der Magie lag, mit der er konfrontiert wurde? In jedem Fall brach der Widerstand bald ein und die wohlig sanfte Magie Rekhyts durchfloss seinen Körper. Maris kannte dieses Gefühl bereits zum Teil, sodass er sich problemlos darauf einlassen und die fremde Kraft ihn durchströmen lassen konnte.
Sein Atem beruhigte sich zunächst etwas, und auch der Puls seines Herzens, der wirkte, als ob es panisch schlagend nach irgendetwas suchte, schien wieder auf ein erträgliches Maß abzusinken, als er sich entspannte und Rekhyt gewähren ließ. Ein warmes Gefühl begann ihn bald zu erfüllen und Maris konnte sogar spüren, wie seine blasse Haut an Farbe zurückgewann. Die Kraft schien in seine Glieder zurückzukehren und der düstere Schleier vor seinem inneren Auge schien sich zu lichten. Doch mit der Rückkehr des Lebens in seinen Körper begann sein Herz ebenfalls mit neuer Intensität und Schnelligkeit zu schlagen. Der Atem des Nomaden ging schneller und schneller, der Schweiß trat ihm schlagartig auf die Stirn und eine unerträgliche Wärme ließ ihn wünschen, in einem Trog voll zerstoßenem Eis zu liegen.
"Hör auf...", brachte er flach und schnell atmend hervor und wand sich in der Bettstatt hin und her. Das Übel schien sich ob des wohlgemeinten Eingriffs ins Gegenteil verkehrt zu haben.
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Jeden Abend saß sie jetzt da unter der Esche und schickte ihren Jungs Sternengrüße. Und immer, wenn sie nach oben starrte, starrten diese hässlichen Raben von oben runter.
„Habt ihr nichts besseres zu tun als mich hier mit euren Blicken zu terrorisieren? Fliegt einfach weg. Irgendwo wird euer Don sich ja rumtreiben. Ich habs gesehen, dass ihr ihm was ins Ohr geflüstert habt. Flüstert ihm mal zu, dass hier eine alte Bekannte auf ihn wartet, dass er sie erlöst aus diesem Zuchthaus. Die Skelette lassen mich nicht raus, der Küchendämon weigert sich, mich gehen zu lassen, für diese widerlichen kleinen Dämonen bin ich Luft aber wenn ich mich dem Ausgang nähere, dann verdichten sie auf irgendeine fiese Weise die Luft, so dass ich nur noch wie eine Puppe in Modderpampe hilflos mit Armen und Beinen zappeln kann. Don-Esteban würde wissen, wie ich weg kann.“
Und was taten die Raben? Natürlich nichts! Sie steckten die Köpfe zusammen und mit ein bisschen Phantasie konnte man sie sogar kichern hören.
Hummelchen sammelte ein paar Steine auf und warf sie nach den schwarzen Gesellen, die aber nur ein bisschen zur Seite hüpften und sich offenbar einen Spaß daraus machten, Hummelchens Geschossen immer genau haarscharf auszuweichen. Frustriert warf sie die letzten Steinchen in den Brunnen und erhob sich. Gerade als sie gehen wollte, hörte sie aber seltsame Geräusche. Die kamen aus dem Brunnen!
Es rauschte und schäumte und irgendwas schien aus der Tiefe herauf zu kommen.
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„Das kann doch nicht wahr sein! Reicht es nicht, dass hier Asseln und Spinnen Untermieter sind? Jetzt kommen schon Steine! Wo bleibt da der Respekt!“
Die weiblich anmutende Version eines Dämons zog sich an den Armen aus der Tiefe auf den Brunnenrand. Finster klopfte sie mit ihren Tentakeln an die Brunnenwand.
„He Du, Dicke, hat dir keiner beigebracht, wie du dich benehmen sollst? Da seh ich ja schwarz für deine Magierkarriere, wenn es gleich so los geht.“
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Hummelchen taumelte entsetzt einige Schritte zurück. Sie hatte ja schon schreckliche Geschöpfe hier im Kastell gesehen, aber das toppte dann ja wohl alles. Da guckte eine gar nicht so üble Person über den Brunnenrand und neben ihr wimmelten schwarze schreckliche Schlangen aus der Tiefe.
Hummelchen war ja eine ziemlich resolute Person und war nicht so leicht zu erschrecken, aber Schlangen waren eben etwas ganz spezielles. Und dann auch noch so viele und so große! Sie spürte, wie sie weiche Beine bekam, die sie irgendwie nicht mehr so recht in der Gewalt hatte und anstatt zu flüchten, sank sie auf dem Weg zusammen.
„Geh weg und nimm deine Tiere mit. Geh weg!“
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„Welche Tiere? Wo? Doch hoffentlich keine Vögel!“
Vögel mochte der Brunnendämon nämlich gar nicht. Die schissen völlig respektlos in den Brunnen und amüsierten sich dabei auch noch. Und da waren die Raben genauso respektlos wie die kleinen blauen Meisen. Und am schlimmsten waren Spatzen. Die warfen sogar den Kot ihrer Babys zielgenau in den Brunnen.
Aber es schienen keine Vögel da zu sein.
„Welche Tiere meinst du dumme Person denn? Ich seh gar keine!“
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„Dreh dich doch um!“ kreischte Hummelchen, weil die Schlangen jetzt in die Höhe schnellten. Und jetzt begriff dieser Wasserdämon was los ist. Als sie sich nämlich umdrehte, verschwanden die Schlangen wieder in der Tiefe.
„die hätten dir was angetan!“ Hummelchen fand langsam ihre Fassung wieder. Das einzige, was sie irgendwie störte, war das fiese Grinsen dieser Person.
„He, ich hab dir grad das Leben gerettet. Wenn du öfter in diesem Brunnen baden gehst, solltest du den mal von ein paar eurer Dienstboten reinigen lassen. Ich würde nicht mit Schlangen in einem Brunnen baden wollen. Und überhaupt – ich bin nicht dick sondern stabil gebaut. Das ist auch wichtig, wenn man sich in einer Männerwelt behauten will. Du bist ganz schön frech.
Ich bin übrigens nicht hier, weil ich Magier bin oder werden will, ich bin Gast des Küchendämons und bringe ihm echtes Kochen bei. Ist ja wohl auf Dauer nicht genießbar immer dieses Hexhex und schon steht das Wunschgericht auf dem Tisch.“
Hummelchen hatte sich jetzt so weit beruhigt, dass sie4 sich dem Brunnen nähern konnte. War ja immerhin ganz interessant, mal eine weibliche Person zu sehen, auch wenn sie ein bisschen zu lange im Wasser war. Hummelchen war ja schon eine Weile auf dem Hof und sie hatte diesen Dämon nicht reinspringen sehen.
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Der Brunnendämon hatte jetzt begriffen, was diese dumme Person meinte. Sie hatte ihre wunderschönen und einmaligen Gliedmaßen für Schlangen gehalten. Das war schon ziemlich lustig und war sicher auch noch ausbaufähig. Vielleicht konnte man ja endlich ein bisschen Spaß haben. Wurde ja auch mal wieder Zeit.
„Komm nur näher Mädel, ich beiße nicht. Ich wohne hier im Brunnen und bin der Herrscher aller Gewässer der Erde.“ Das war zwar schamlos gelogen, aber was wusste diese naive Frau schon von Magie und Dämonen. Offenbar war sie völlig arglos und das würde sie jetzt weidlich ausnutzen.
„Komm nur, wir plaudern ein bisschen und ich erzähle dir, was meine Magie ist. Wenn du schon mal hier zu Gast bist, dann sollst du auch etwas lernen, auch wenn du kein Magier bist. Außerdem freue ich mich, wenn ich mal eine Frau treffe, die mit mir reden will. Da verzeihe ich dir sogar die Steine, die du mir auf den Kopf geworfen hast.“
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Dummerweise hörte sie genau in diesem Moment das Brüllen des Küchendämons. Es hieß also: an die Arbeit.
„Können wir uns morgen wieder sehen? Ich muss an die Arbeit. Ich erkläre dir dann auch, was ich hier machen muss.“
Der Brunnendämon guckte ein wenig gekränkt aber stimmte dann zu.
„Ich bin also morgen Abend wieder da. Und pass auf die Schlangen auf. Die sind sicher bissig und giftig“ und damit huschte sie ins Kastell zurück.
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Hirni schwang seinen kampfstab. Mit kräftigen links rechts schlägen prügelte er auf eine der holzpuppen ein, ein dumpfes tok-tok-tok erklang. Er hatte durch einige bücher gemerkt, das er mit einem sicheren griff beider hände in der mitte des stabes den schwung besser nutzen und in kurzer zeit den kontrahenten mit beiden stabseiten abwechselnd traktieren konnte.
Mit diversen kombinationen konnte er sich sogar langsam aus der drehung heraus darauf verlassen, den stab nicht aus der hand fallen zu lassen und dadurch mit schwung und nur einer hand am stab zuzuschlagen. Anfangs stolperte hirni dabei. Oder verlor den stab aus der hand. Vorgestern schlug er sich sogar selbst mit seinem kampfgerät. Ein blauer fleck auf der stirn war ergebnis der aktion. Doch hirni wurde besser und besser.
Der schwarzmagier hielt inne als die puppe auf dem boden lag. "Ich glaube ich kann morgen mal wieder gegen echte gegner antreten. Ein paar skelette oder sowas wäre fein. Meine rippe ist ja langsam auch wieder in ordnung." Dachte er sich und wischte den schweiß von der stirn. Es zwickte nicht mehr bei diversen bewegungen. Die kurzatmigkeit war noch vorhanden, aber sonst ging es ihm wieder gut. Anders wohl olivia... er hatte sie seit tagen nicht mehr gesehen. War eine prüfung denn sinnvoll bei ihr? Die techniken und grundlagen hatte sie soweit gelernt. Der feinschliff würde von alleine kommen. Mehr konnte er der rabenweil auch nicht beibringen. Auf dem weg ins refektorium, um sich zu stärken, dachte er über sinn und unsinn einer prüfung nach...
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Gemächer
Heiser wachte Noxus auf. Mit dem Öffnen seiner Augen kehrte auch eine Welle von Übelkeit zurück, doch war er Imstande sie im Zaun zu halten. Es war dunkel, der Priester war sich jedoch sicher in seinen Gemächern zu liegen. Eine entfernte Kerze spendete als einzige Lichtquelle genug Helligkeit um zu verraten, dass die Vorhänge vor dem Fenster keinesfalls geschlossen waren - es war frühe Nacht. Wie aus dem Nichts legte sich eine schreckliche Anspannung auf ihn, als hätte er sein Schicksal für einen Moment vergessen können. Die Hand fuhr seinen Kopf hoch und obwohl er seine Augenbrauen schon nicht spüren konnte, war doch etwas Hoffnung geblieben, dass sein Haupthaar, welches er so trug seit er sich erinnern konnte, weiterhin dort verweilte.
Ein Zähne-knirschen war hörbar, als er statt der vermeintlichen Mähne nur eine Glatze spüren konnte. "Verdammte Scheiße."
"Verdamm ... Nein! NEIN!"
Nur ein Keuchen verließ seine Lippen, als er fluchen wollte. Der Schlag ins Gesicht ließ ihn einige Minuten auf dem Bett verharren. Etliche Szenarien in welchen er seine Stimme brauchte wurden ihm vor Augen geführt und seine nun aufkommende Unfähigkeit.
Die Strafe Beliars - Noxus Exitus war nun stumm.
Der gackernde Wahnsinnige würde nie wieder sich an seinem vom Echo wiederholten Lachen erfreuen können. Er wusste nicht recht, wie er fühlen sollte. Die linke Hand fuhr über den Hals, übte Druck auf den Kehlkopf aus, als gäbe es eine Chance das Organ daran zu erinnern wie es zu funktionieren hatte.
Seine Schritte waren schwach und langsam, doch erreichte er nackt die Kerze und begann einige weitere anzuzünden. Wie ein Heilungsprozess, statt simpel einen Dämonen zu rufen. Doch da war noch etwas anderes. Mit genug Helligkeit im Raum um sich selbst im Spiegel zu sehen fiel er vor jenem auf die Knie. Er würde heulen wenn er könnte, stattdessen verkrampfte sich Magen wie Visage wulstartig. Er war entstellt. Es sah aus wie ein Kleinkind im Körper eines Mannes, der dem Tod näher war als der Geburt.
Füße, Beine, Brust ... alles haarlos. Die einzige Stelle die hier profitierte war sein Genitalbereich, das wirkte alles viel größer ohne den Urwald. Mit den Fingern fuhr er über die etlichen Narben, Verbrennungen ... die kränkliche Farbe seiner linken Hand, noch immer von einem Fluch leidend, den er sich vor Jahren eingefangen hatte. Sein Rücken sah am schlimmsten aus, Redlef hatte sich mehr als nur Mühe mit der Peitsche gegeben, das konnte man schon als Leidenschaft bezeichnen. Leiden ... schaft.
Wie lange er wohl fort war? Die Dämonen mussten ihn gesäubert haben, Schweiß, Blut und Erbrochenes waren nicht aufzufinden, vielleicht auch nur ein Schnippen von Kore selbst. Und das Kastell wäre nicht das Kastell wenn sich nicht frische Klamotten in der breiten, beschlagenen Holztruhe befinden würden. Mitten im Raum am Bettende. Statt der üblichen Robe hingegen, waren dort auch noch etliche Stoffstreifen chronologisch vorbereitet worden. Mit einem kurzen Nicken, begann er zunächst seine Füße einzuwickeln. Deutlich einfacher gesagt als getan, verrieten beide kein bisschen Hautkontakt bis zum Knie. Als nächsten nahm er sich sein Gesicht vor. Am Nacken beginnend hüllte er seine entstellte Visage in den wohlriechenden schwarzen Stoff ein. Nur die Augen waren sichtbar, sowie ein kleines Stück für die Nase. Jetzt folgten normale Unterwäsche und die Robe selbst. Wie sonst auch, schwarz mit lila Ornamenten darauf. Also die Robe.
Die Kapuze tief ins Gesicht hängend, endete er die Prozedur mit dem Abwickeln seiner Hände. Hier hatte er ja bereits einige Übung. Vielleicht würden sich auch Handschuhe in Zukunft eher eignen. Vor dem Körper-großen Spiegel überprüfte ob man auf irgendeine Art und Weise ihn identifizieren konnte. Mit dem Ergebnis zufrieden schritt er aus der Tür und schritt die Treppen runter Richtung Refektorium. Er hatte das Gefühl seit Monaten nichts gegessen zu haben.
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Dennik saß am Boden und schaute nach oben. Die Statue Beliars Blickte auf ihn hinab. Verhöhnte sie ihn? Bemitleidete sie ihn? War Dennik der steinernen Figur eines Gottes egal? Gelangweilt? Verächtlich? Wie schaute die Statue eigentlich? Düster und kalt wirkte sie auf Dennik, vielleicht abweisend, doch ihr Blickt verriet nicht viel über sie und jedes Mal, wenn der Meisterdieb sie anschaute, wirkte sie anders auf ihn.
Er wusste ja selber, dass es merkwürdig war, dass er so viel Zeit hier unten verbrachte. Alle anderen durchsuchten die Bibliothek, Rekhyt kümmerte sich um einen angeschlagenen Maris und Dennik kümmerte alles so wenig, dass er seine Zeit damit verbrachte hier unten in der Kälte und Dunkelheit zu sitzen und irrsinnigen Gedanken hinterher zu laufen, sie zu jagen und sie doch immer wieder zu verlieren. Er dachte viel nach. Er wusste ja selber, dass es ein merkwürdiges Verhalten war, das er an den Tag legte, doch innerlich fühlte er sich nirgendwo so ausgeglichen, so perfekt in Balance, wie hier unten und es wurde von mal zu mal noch stärker. Keine Zweifel plagten ihn hier unten am Schrein, keine Sorgen machten sich breit, nein, er hatte einfach Zeit über alles nachzudenken und niemand störte ihn. Er verspürte keinen Zwang und sich nicht unter Druck gesetzt, hier unten war es, als wäre er der König der Welt und die Welt wartete nur darauf seinen nächsten großartigen Einfall zu hören.
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Nahe des Kastells
Adson lehnte sich gegen einen Felsen und keuchte. Er war gelaufen und gelaufen, einfach immer weiter. Über Felsen und Geröll, bis er schließlich wieder einen staubigen Pfad gefunden hatte, dem er einfach gefolgt war. Seine linke Schulter und seine Brust schmerzten zunehmend, doch Adson hatte sich bis zu diesem Moment keine Pause erlaubt. Zwar glaubte er, dass er die Orks endlich hinter sich gelassen hatte, doch das hatte er schon einmal gedacht und war kurz darauf fast zu Kleinholz zerlegt worden. Also war er gelaufen und gelaufen, doch nun verlangte die schmerzende Schulter nach einer Pause und die keuchende Kehle nach Flüssigkeit. Adson kramte den ledernen Wasserschlauch hervor und trank bedächtig; er wollte nichts verschwenden.
Als er ein wenig zur Ruhe gekommen war, befühlte er Brust und Schulter und seufzte leise ob der Schmerzen. In Gedanken verwünschte er die Orks, die nur zum Unheil auf der Welt zu sein schienen. Dann ordnete er sein Gepäck und setzte seinen Weg langsameren Schrittes fort. Weit konnte es nicht mehr sein, so dachte Adson und als er um den nächsten Felsbrocken gewandert war sah er sein Ziel in der Ferne. Dunkel und bedrohlich thronte das Kastell auf steilen Felsen. Skurrile Figuren, die Adson aus der Ferne noch nicht genau erkennen konnte, schmückten die abweisenden Mauern und mahnten jeden Wanderer, sich nicht unbedacht zu nähern. Adsons Kehle wurde wieder trocken und seine Hand ging automatisch zur Manteltasche und holte ein kleines Päckchen heraus. Es war in ein grobes Tuch eingeschlagen, welches Adson sorgsam entfernt. Zum Vorschein kam eine Kette aus Zähnen und Krallen eines Snappers, verziert mit einigen glänzenden Steinen. Man hatte ihm gesagt, dass jeder Besucher ein Geschenk mitbringen musste und dies war sein Geschenk. Das Geschenk eines Jägers. Langsam setzte er seinen Weg fort und näherte sich dem dunklen Gebäude, welches ihn feindlich zu beobachten schien.
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Planlos und unmotiviert saß Luke im Speisesaal des Kastells und stocherte in seinem Essen rum. In den letzten Tagen war es öfters passierst, dass er einen Haufen Bilder sah und Gefühle spürte, die nicht seine waren, wenn er irgendeinen Gegenstand berührte. Auch seine Träume wurden häufiger und intensiver und der junge Druidenlehrling wusste immer noch nicht wirklich, was es damit auf sich hatte. Da er sich wegen dieser ganzen Dinge nicht so recht konzentrieren konnte und er eh der Meinung war, dass sie nicht mehr Informationen über den Drachen bekommen konnten als sie schon hatten, hatte Luke beschlossen das Kastell bald zu verlassen.
Da ihn die ganze Sache mit den Träumen einwenig daran erinnerte wie es war, als die Natur ihm die Gabe der Magie schenkte, wollte der Dieb erstmal nach Tooshoo reisen. Vielleicht würde er dort Antworten auf seine Fragen finden oder zumindest Meister Ornlu, der ihm bestimmt auch weiterhelfen konnte. Bevor Luke jedoch aufbrechen wollte, wollte er sich zuerst von seinen Freunden verabschieden, die er alle schon sehr lange nicht mehr gesehen hatte. Seufzend stand der Dieb auf und verließ den Speisesaal. Wenigstens Dennik wollte er bescheid geben und deswegen machte sich Luke nun auf die Suche nach seinem alten Lehrmeister und Freund.
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Die Nahrungsaufnahme hatte sich als deutlich schwerer herausgestellt als zunächst erwartet. So musste er das Ende der langen Binde welche für sein Gesicht gedacht war, aus einer Schicht am Hals herausziehen und die Mundpartie befreien, um Essen zu können. Auch wenn er sich am liebsten direkt an einem ganzen Rind hätte vollfressen können, wurde er bereits oft genug des besseren belehrt und genoss nur eine kleine, warme Schüssel Suppe. Sein Magen musste sich erst an regelmäßige Nahrungsaufnahme gewöhnen nach all der Zeit in Kerkern und Schiffen mit lausigen Essensrationen oder gar verfaultem.
Die Hände zitterten als er den Holzlöffel zu seinem Mund führte, auch rutschen sie etwas des Stoffes auf seinen Händen wegen, dennoch beherrschte er sich soweit, den Prozess möglichst in die Länge zu ziehen, sein Körper würde es ihm später danken auch wenn er jetzt nach mehr gierte.
Inzwischen befand er sich an seinem damaligen Lieblingsort - der Bibliothek. Er hatte einige Zeit gebraucht, bis er sich an die Größe der Buchstaben gewöhnte hatte. Zudem stellte er zu großer Verwunderung fest, nach Verbranntem zu riechen. Sicherlich, der Stoff, welcher kurzzeitig in die Kerze gehalten wurde, weil er sich so tief ins Licht bücken musste um lesen zu können, hatte als Initiator eine gewisse Rolle, doch war der Impuls jenes Sinnempfindens an anderer Quelle geboren. Scheinbar ein weiteres Geschenk von Kore, welches hoffentlich bald nachlassen würde. Er stank förmlich nach von Benzin überschüttetem, brennendem Holz. Vielleicht waren es auch das Öl jener Binden die er am Leibe trug, ein Ausschlussverfahren war gegenwärtig reine Zeitverschwendung. Bisher war er niemandem über den Weg gelaufen, wofür er zu einem Dankbar, zum anderen auch selbst verantwortlich war, schließlich schlich er förmlich durch die Flure. Statt wie sonst voller Inbrunst mit jedem Schritt seine unheilige Anwesenheit anzupreisen verschmolz er mit dem Schatten, wie eine Kreatur die ihre Wunden leckte.
Nun, an jenem Ort des Wissens las er eine Lektüre, die ihn nicht wirklich interessierte. Eine Anleitung für großartige Depressionen oder Liebesroman, er war sich nicht ganz sicher, was es dort zu differenzieren gab. Gelernt hatte er, das falsche Erwartung der größte Feind der Wertschätzung war, wobei das nun auch keine neue Erkenntnis sein konnte, wenn man seinen Lebenslauf betrachtete. Denn das Problem war seine fehlende Stimme, er konnte Buchtitel nicht mehr aussprechen, in die unendlichen Hallen echoen. Da es ihm zunächst um bloße Annäherung alter Kunst ging, war seine Wahl auf einen dunklen Umschlag gefallen, welcher sich nahe, genauer, im zweiten Regal befand, gefallen. Zu seiner Enttäuschung waren keine Tipps darin enthalten, Stummheit soeben zu heilen.
"Dämon!", kaum gedacht, erschien bereits eine der majestätisch hässlichen Gestalten und antwortete auf seinen Ruf mit schmerzlich vielen Worten. Etwas von Rückkehr, ein Maß an Vorsicht aber auch eine unhöfliches Willkommen heißen. Zielorientiert ignorierte Noxus das gedacht gesagte oder gesagt gedachte und befahl seine eigenen Werke auf den Tisch. Den Dämon musste nichts laut aussprechen, um das eine, schlanke Tagebuch herbeifliegen zu lassen. Auch folgten dicke Wälzer wie »Die Macht der Stimme« und »Die dunklen Künste, Magie für Sterbliche« fanden sich mit einer Wolke aus Staub auf dem Tischlein vor ihm wieder.
Statt sich selbst zu entmutigen, das jedes bestellte Buch nun mit Kopfschmerzen einhergehen würde, machte er sich direkt daran sein Buch zu überfliegen, nur um sicher zu gehen, dass alles noch war wo es sein sollte. Er würde sich dem später noch widmen. Eifrig machten sich die Betuchten Griffel an die unnötig langen Ausführungen und Definition der ihm nun entsagten Fähigkeit. Das Sprechorgan, allen voran, wurde mehrmals als bedeutend und essentiell beschrieben, durchaus motivierend für jemand wie das Weißauge. Nach der ermüdenden Einleitung blätterte er zurück zum Inhaltsverzeichnis und suchte nach einem Kapitel das ihn betraf, allerdings ohne Erfolg. Lustlos klappte er nun den Wälzer über Magie auf, Seite sechshundertsechsundsechzig wie der Zufall es wollte.
»Dämonenzunge
Die Dämonenzunge, eine Fähigkeit für den Sprecharmen Schwarzmagier, erlaubt telepathische Kommunikation mit dem Opfer, auch erfolgreiche Einschüchterung und Migräne ist gewährleistet, um die wertvollen Geduld-Ressourcen des Magie-wirkenden nicht zu überreizen.«
"Großartig, zu schade dass man dafür Magie wirken können musste." Trotzig blickte er auf den schwarzen Stoff der seine Hände vor ihm versteckte. Wie viele Strafen musste er noch erdulden? Seine Frage richtete sich an Beliar, doch war es nicht Wut sondern beinahe eine Art Wehleidigkeit die in ihm aufkam. Er wusste, er hatte sich sehr wohl verdient, was man ihm auf ertragen hatte, dennoch, wünschte er sich Erbarmen. Welch Grausamkeit, ihn am Leben zu lassen ohne ihm das größte Geschenk wiederzugeben, dass er besitzen könnte. Selbst Schuld, für geringe Wertschätzung und Missbrauch, dennoch ein Attribut, dass er sehr wohl von seinem strengen Herren gewohnt war und zu schätzen wusste, wenn auch nicht kampflos akzeptiert wenn auch musste.
Erschöpft, obwohl seine Recherche nicht sonderlich lange angehalten hatte, ließ er alles stehen und liegen um Richtung Refektorium zu schlürfen. Die kleine Portion von vorhin war inzwischen wortwörtlich aufgesaugt worden und der Hungertrieb verlangte nach Sättigung. Welch elende Sterblichkeit ihm doch oblag, diese schwache, Diesseits bedingte Tragödie, einer Routine nachzugehen wie es selbst der letzte Köter zu verantworten hatte. Dramatischen Gedanken ergeben, setzte er sich im abermals bisher leeren Essraum nieder. Schwarzes Porzellan-artiges Material in Form einer Schüssel tauchte vor ihm auf, gefüllt mit dampfendem Eintopf. Dazu Besteck, doch statt Ton oder Holz, war es Silber, verziert mit kleinen Knochen. Natürlich, selbst jetzt wurde er vom Kastell verhöhnt. Zuerst das mit der Dämonenzunge, nun eine Reminiszenz an glorreiche Vergangenheit. Als er seine Hand danach ausstreckte, rutsche der Löffel plötzlich dem anderen Tischende entgegen.
Irritiert blickte er zur Decke auf, dann zu allen umgebenden Wänden. "Bitte?", dachte er empört, doch der Löffel zuckte nur. Im Sitzen versuchte er sich danach zu recken, doch bevor seine Hand nah genug kommen konnte um zu Berühren, entfernte sich das nötige Besteck noch weiter. "Verdammte Scheiße noch eins, das kann doch nicht euer Ernst sein, muss ich mich jetzt von Dämonen füttern lassen, damit man -", den fluchenden Gedanken nicht zu Ende gedacht, streckte er sich weiter, nun bereits stehend. Er könnte auch ganz aufstehen um den Tisch zu umkreisen oder sich auf den Tisch selbst begeben, doch war es seltsame Engstirnigkeit und das Wissen, dass es ohnehin keinen Unterschied machen würde, ein obsoletes Vorgehen wie eh und je, die ihn in der gleichen, suboptimalen Position versuchen ließen.
Der schwarze Stoff, der seinen Finger behandschuhte, rutschte durch die Dehnung etwas und die Fingerkuppe tauchte auf. Trotz eine Elle Entfernung, ließ der Priester nicht davon ab, sein Glück zu versuchen. Allmählich vergaß er die eigentliche Absicht, den Löffel zu packen, Wille bäumte sich auf. Der Wille, dass sich jener gewünschte Objekt ihm zu beugen hatte, jene Materie seinen Wunsch zu gehorchen. Sein Blick fokussierte sich so sehr auf die kleinen knöchernen Verzierungen dass er drohte zu schielen. Da der Tisch seinem beugenden Gewicht nicht nachgab, war nur das Knirschen seiner Zähne zu vernehmen. Und dann, kurz bevor Frustration wie eine Welle über den Hügel des erwähnten Willens schwappen wollte, all Motivation mit sich reißend, kurz bevor er all Zweck von seinem Dasein zu lösen erlaubte, sich vor Nutzlosigkeit und Scham die Klippen des Kastell hinunterzustürzen erwünschte, geschah es, das Zeichen Beliars.
Kein Spott war es, dass ihm das Kastell versuchte mitzuteilen, keine gemeinen Tricks und schlechter Witz, wie die Skelette vor den Toren einem unerwünscht vermittelten. Nein, gar ein Weckruf an den blind gewordenen, für eine Kraft, die er fast zu vergessen gewagt hatte.
Kaum merklich, in einem Augenblick der Regsamkeit wahrscheinlich nicht einmal festzustellen:
Der silberne Löffel mit den kleinen Skelettknochen zuckte. Zuckte auf seinen Befehl.
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Ein skelett näherte sich von links, das andere von rechts. Hirni zögerte kurz und dachte nach. Schlug er nun auf das linke ein, würde seine rechte flanke offen sein und er dort angriffsfläche bieten. Würde er das rechte skelett angreifen, verhielt es sich genau gleich mit seiner linken seite. Die einzige lösung bestand darin, beiden nicht diese chance zu bieten.
Er nutzt also die länge seines kampfstabes, schlug damit dem linken skelett ins gesicht, während er dem rechten einen tritt verpasste. Kurzzeitig verlor er das gleichgewicht, was kein wunder war bei der verrenkung die er da an den tag legte. Bevor er auf den boden aufschlug, fing er sich mit dn händen ab, sah im augenwinkel die beiden knochenmänner nach hinten taumeln und rollte sich aus der gefahrenzone. Bei dem einen knochenmann war der kopf fast herunter geschlagen, der andere klapperte nur nach hinten.
Der schwarzmagier richtete sich auf, schlug mit einem gezielten schlag dem halb lädierten skelett einen scheitel und rannte dann auf dessen partner zu. Nun würde der sprung aber gelingen, da war er sich sicher. Im augenwinkel sah er den ersten kerl in sich zusammen fallen.
Der zweite würde nun aber überrascht gucken wenn hirni über ihn drüber flog. Er setzte den stab an, stiess sich vom boden ab und rauschte über das skelett hinweg. Im flug versuchte er das ding zu treten. Die berührung brachte ihn jedoch aus dem gleichgewicht, so das er der länge nach hinschlug und hart mit dem gesicht bremste.
Das skelett wiederum taumelte zu boden und lag direkt neben ihm. Schnell schlug hirni zu, woraufhin der untote sich nun wieder tot nennen konnte.
"Hm... unkonventionell... aber doch erfolgreich." Grinste der magier und war sich der tatsache bewusst, gegen einen echten gegner wohl ziemlichen selbstmord mit der aktion begangen zu haben. Er musste weiter daran arbeiten.
Auf dem weg ins refektorium überlegte er, wie er dies wohl anstellen könne, und rieb sich die stelle vom gesicht mit dem er gerade seinen flug gestoppt hatte...
Geändert von Hirni (28.10.2015 um 20:53 Uhr)
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Olivia schlug das Buch zu, in dem sie gelesen hatte und schob es von sich. Sich mit dem Drachenthema zu beschäftigen war anstrengender als gedacht. Sie hatte haufenweise Bücher über Echsenwesen, Drachen, ihre Lebensweisen und ihre Magie zusammen getragen. Doch gelesen hatte sie davon bisher sehr wenig. Die Materie war Dröge. Nun verstand Olivia warum die Waldläufer bisher so wenig herausgefunden hatten. Diese Bücher erzählten viel, doch sagten wenig. Zwar hatte sie erfahren, das die Echsenwesen in Drachen häufig etwas Göttliches sahen. Dass sie in Strukturen lebten, die kaum ein Mensch je wirklich verstanden hatte, da die Echsen Menschen in ihrer Mitte nicht akzeptierten und die Kontaktaufnahme mit diesen Kreaturen so gut wie unmöglich war.
Doch das alles erklärte noch nicht, woher diese Kreaturen kamen oder was sie ausgerechnet hier wollten. Dem Drachen ging es ja augenscheinlich um ein Revier oder Ähnliches. Das Vertreiben aller Bevölkerung aus dem südlichen und mittleren Teil der Insel ließ darauf schließen.
Also welcher Lösungsansatz sollte man wählen? Konnte man den Drachen überzeugen umzusiedeln? Oder musste man diesen unbezwingbaren Gegner töten? Wie aber? Oder gab es eine gänzlich andere Möglichkeit? Um diese zu erschließen, musste sie mehr über die Beweggründe der Kreatur herausfinden. Sie musste verstehen, wie so ein Drache dachte, was seine Ziele waren, seine Bedürfnisse. Wenn sie ihn besser verstanden, dann würde ihnen vielleicht auch noch eine bessere Lösung einfallen.
Sie griff nach dem nächsten Buch. Der Titel lautete „Das Wesen der Drachen, die Diener Beliars“. Das klang doch ganz vielversprechend. Sie schlug die erste Seite auf und blickte auf kleine enggeschriebene Buchstaben. Schon verging ihr die Lust am Weiterlesen. Sie quälte sich durch die ersten Zeilen und schob das Buch dann wieder von sich.
Vielleicht war es jetzt die beste Idee etwas essen zu gehen. Im Refektorium, bei einer leckeren Couscous-Pfanne konnte sie neue Kräfte sammeln.
Die Gänge waren wie so häufig menschenleer. Sicherlich schwebten irgendwo einige Dämonen durch die Schatten, doch wie immer zeigten sie sich nicht. Gedankenverloren folgte sie dem goldenen Strich an den Wänden. Diese zauberhafte Linie konnte einen im Kastell überall hinbringen. Olivia ließ sich von ihr ins Refektorium bringen.
Als sie sich an einen der langen Holztische setzte musste sie an Hirni denken. Seit einigen Tagen hatte sie ihn nun nicht mehr gesehen. Er wollte sich seinen eigenen Untersuchungen und Nachforschungen widmen. Ob er dabei wohl Erfolg hatte? Vielleicht hätte sie Ihm ihre Hilfe anbieten sollen? Vielleicht hätte sie ihm helfen können. Doch stattdessen hatte sie ihre Zeit in der Bibliothek mit Lesen oder im Nichtmagischen Raum mit Kampf- und Kraftübungen. Mit dem Schwert fühlte sie sich inzwischen ganz sicher. Nun konnte sie sich endlich mit Luke messen.
Ein übler Geruch verdarb ihr den Appetit. Verstimmt hob sie den Blick. Ein paar Tische entfernt im Schatten saß ein Kerl vor einer dampfenden Schüssel. Er starrte auf etwas, das auf dem Tisch lag. Sein ganzer Körper war, soweit Olivia das erkennen konnte in Binden eingehüllt. Viel konnte sie nicht erkennen. Einerseits war der Abstand zwischen ihnen zu groß andererseits saß der Fremde mit dem Rücken zu ihr. War er es, der diesen Gestank verbreitete? Musste er, da sonst Niemand war.
Sie schob ihre Pfanne beiseite. Sie Bank knarzte laut, als sie aufstand. Sicherlich half es, wenn sie dem Fremden einmal die Baderäume zeigte. Gerade wanderte sie zu ihm herüber, da betrat ein weiterer Gast den Saal. Instinktiv drehte sie den Kopf in die Richtung aus der sie die Schritte hörte. Ein dünnes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Hirni! Gerade habe ich an dich gedacht!“, begrüßte sie ihren Lehrmeister, den sie inzwischen auch Freund nennen wollte.
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Hirni lächelte, als er Olivia auf sich zukommen sah. Sie war also wieder komplett auf den Beinen. Nach dem Ausflug der beiden, als sie von Banditen und Echsenmenschen gleichzeitig überfallen worden waren, und sie sich mit mehreren Verletzungen ins Kastell geschleppt hatten, waren die beiden sich nicht mehr begegnet.
"Olivia!" Begrüßte er sie freudig. "Unkraut vergeht nicht, was?"
Aus den Augenwinkeln heraus erkannte das Zirkelmitglied einen Vermummten Kerl. Wer auch immer das war, Hirni erlaubte sich darüber kein Urteil zu bilden. Wer eintreten durfte und wer nicht, das entschied das Kastell. Und wenn sich ein Eindringling daneben benimmt, würden die Dämonen das schon regeln.
"Wie geht es dir? Sind die Wunden soweit wieder verheilt? Ich für meinen Teil habe wieder einen gesunden Brustkorb. Bin schon wieder fleißig am trainieren mit meinem Kampfstab... Mittlerweile kämpfe ich gegen Skelette. Die sind wendiger als Dämonen. Und klappern schön mit den Zähnen, wenn man ihnen eine Breitseite gibt." lachte er auf.
"Sag mal... Hast du nicht die Tage mal Lust mit in die Katakomben zu gehen? Ich hab da noch was zu erledigen..."
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Refektorium
Völlig perplex starrte der Priester weiterhin auf den silbernen Löffel, dann, langsam, widmete sich sein intensiver Blick seinen Händen, genauer, der frei gewordenen, nackten Fingerspitze. Instinktiv wollte er "Beliar" flüstern, doch nur ein Röcheln verließ seinen Hals, kaum wahrnehmbar. Sie war zurück, seine Magie war zurückgekehrt, nach Monaten voller Verzweiflung, voller Demut und gebrochenem Willen.
Endlich war sie zurückgekehrt und in diesem so ersehnten Moment, wusste er nicht besser zu handeln als hier paralysiert einem imaginären Basilisken in die toten Augen zu starren. Sein Herz raste, schnell bildete sich ein dünner Schweißfilm, einige Narben juckten, vor allem jene auf dem Rücken, die durch die schlechte Abheilung Keloide gebildet hatten. Langsam schob der linke Arm die Schüssel beiseite, ein symbolischer Akt, ignorierte die pulsierende Hitze des Objekts. Als er sich erhob, zitterte seine Bewegung, sein Schritt war unsicher, wie ein Betrunkener tastete er sich an der Wand entlang. Erschrocken hielt er inne.
Zwei Gäste hatten sich ins Refektorium gesellt, sie unterhielten sich dem Anschein nach. Noxus hatte für diesen ewigen Moment vergessen wie er zu funktionieren hatte, zu sehr saß ihm der Schock in den Knochen, seine Gedanken rasten, gleichzeitig schien sich alles viel zu langsam zu bewegen, geradezu unnatürlich.
Mit Müh' und Not löste er sich von den Klammern jenes Unwohlseins, fand seinen Halt wieder. Er brauchte sich wohl keine Sorgen um die Anwesenheit der offensichtlichen Schwarzmagier zu machen, wahrscheinlich hatten sie ihn nicht mal wahrgenommen. Wie ein Geist, schlich er an ihnen vorbei, erst als er sie passiert hatte, bemerkte er Olivia Rabenweils Gesicht, welches in Stirnfalten ihm gewidmet war. Abermals erstarrte er, spürte förmlich ihren Blick auf seinem Rücken. Sollte er sie umarmen und in Freudentränen die Dämonen zum tanzen bringen oder einfach weiterlaufen? Was würde es bringen ihr mitzuteilen, dass er noch lebte? Hatte sie ihn überhaupt vermisst? Gesucht? Sich nach seinem Verbleib gefragt? Oder die Fluchtmöglichkeit ausgenutzt und die Erinnerung seiner Existenz im Winde verwehen lassen, wie ein benutztes Blatt Pergament?
Zweifel kämpfte in ihm, irritiert und überfordert mit Emotionen, kam nun auch noch Furcht hinzu. Er wollte nicht abermals kontrolliert werden von Gefühlen, bald schon von Magie, wieder die selben Fehler begehen. Nein, das durfte nicht schon wieder geschehen, er hatte nicht all das erlebt ... überlebt um am selben Fehler zu scheitern. Bevor er sein Vorgehen weiter erörtern konnte, hörte er die feminine Stimme, die ihn mehr schmerzte als der härteste Peitschenhieb und mehr heilte, als die feinste Salbe.
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„In die Katakomben?“ Unbewusst rieb sich Olivia den Arm, mit der langen, kaum noch zu erkennenden Narbe, die sich wie eine Spirale um ihren Oberarm wandt. „Wenn wir große, dunkle Seen in schier endlosen Kavernen meiden, komme ich gern mit. Was genau suchst du denn da unten? Hat es was mit dem Training zu tun? Ich habe die letzten Tage auch das eine ums andere Mal das Schwert geschwungen. Anfänglich musste ich wegen der Bauchwunde noch vorsichtig sein – deine Rüstung hat mir wirklich das Leben gerettet! – doch die letzten Tage konnte ich schon wieder ganz gut zuhauen. Jedoch habe ich bloß meine Kraft trainiert, ohne das zu zusieht wollte ich es nicht wagen, gegen etwas zu schlagen, das sich wehren könnte. Ich habe wenig Lust mich ein weiteres Mal von einem der Dämonen zusammenflicken zu lassen.“ Sie schenkte Hirni ein schwaches Lächeln, um deutlich zu machen, dass es mit ihrer Angst vor dem Gegner nicht ganz so schlimm bestellt war, wie er jetzt vielleicht denken mochte. Dennoch war es ihr lieber, wenn Hirni sie noch ein wenig beobachtete und ihr Hilfestellungen gab.
„Ich esse gerade, willst du dich zu mir…“, Olivia brach mitten im Satz ab und erstarrte für einen Moment. Aus dem Augenwinkel hatte sie eine Bewegung wahrgenommen, die es eigentlich auf dieser Welt gar nicht mehr geben sollte. Der Fremde, der bisher unauffällig im Speisesaal gesessen hatte, schlich langsamen Schrittes an ihnen vorbei. Sein ganzes Verhalten war darauf ausgelegt, nicht bemerkt zu werden. Er schaffte es irgendwie fast vom Auge einfach übersehen zu werden. Normalerweise hätte Olivia ihn keines Blickes gewürdigt, doch da war etwas, etwas Unscheinbares, was ihre Aufmerksamkeit erregte.
So oft hatte sie diese Bewegung gesehen, wie sie neben ihr herging, dazu die leise fluchende Stimme mit dem herablassenden Unterton. Doch obwohl genau diese nun fehlte war der Schritt doch unverkennbar der gleiche.
„Bei Beliar!“, hauchte Olivia ehrfürchtig bevor sie sich zu dem Wanderer drehte und ihn nun genauer in Augenschein nahm. Sie musste sich irren. Das konnte nicht wahr sein. Doch diese Verbände, der üble Geruch, der von ihnen ausging… Die Schultern wirkten schmaler ohne das große Orkschwert.
„Hirni… das ist doch…“ Mit ein paar schnellen Schritten nährte sie sich der Gestalt, die gerade im Begriff war die Halle zu verlassen. „Noxus?“ Ungewollt war ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Noxus! Bist du es?“ Dieses Mal schwang mehr Kraft aber auch Unglauben in ihrer Stimme mit.
Als sie ihn eingeholt hatte, griff sie sanft nach seinem Arm. Er war dünner, als sie es in Erinnerung hatte. Immer noch zweifelnd, ob sie sich nicht vor einem völlig Fremden unglaublich blamierte umfassten ihre Finger sein Handgelenk und Olivia zog den Mann herum. Sie blickte in ein bandagiertes Gesicht. Die Verbände gaben nicht viel mehr preis als die Augen, doch das milchige Weiß verriet ihr alles was sie wissen musste.
Ihr Herz machte einen Sprung, dann zog sich alles in ihr zusammen. Ein Kloß, gefühlt so groß wie ein Ogerkopf, verschloss ihr den Hals und so schaffte sie es bloß ihren Freund anzustarren.
„Du lebst!“, flüsterte sie schließlich heiser. „Du lebst, wie kann das sein?“
Ihr Blick verschwamm und schnell wischte sie sich mit dem Ärmel über die Augen. Noxus mochte es überhaupt nicht, wenn jemand weinte und so wollte sie ihn auch nicht ihre feuchten Augen sehen lassen. Sie riss sich zusammen und lächelte bloß verwirrt.
„Ich hatte nicht geglaubt dich noch einmal sehen zu dürfen... Wie hast du...? Bei Beliar! Was...?
Hast du ihn getötet, oder wie bist du dem Kerkermeister entkommen? Und dem Drachen? Ich dachte alles was von dir übrig wäre, wäre Asche im Wind.“
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Als sein Name erwähnt wurde, hatte er gerade den Entschluss gefasst zu rennen. Nein, einfach irritiert den Kopf zu schütteln, zu leugnen, sich zu verstecken. Sonst würden bereits zwei Humanoiden von seiner Lebendigkeit wissen, ein Risiko, dass ihm Angst einjagte. Seltsam, wie oft Furcht nun sein Herz besuchte.
Doch als der zarte doch bewusste Zug an seinem Arm ihm zum drehen zwang, ließ er sich einfach Fallen.
Er hatte ihr so viel zu erzählen, so viele Emotionen zu teilen, doch konnte er das nicht hier tun. Nicht mitten im Kastell, vor einem Zuschauer. Dennoch, statt zu antworten, was ihm ohnehin versagt blieb, näherte er sich langsam für eine Umarmung. Er wusste selbst dass er nach Verbranntem stank, als wäre er gerade vom Scheiterhaufen geklettert, er wusste auch nicht, was es damit auf sich hatte, immerhin war er gesäubert in seinem Gemach aufgewacht. Rabenweil zögerte, wahrscheinlich mehr als irritiert, wenn man seine Persönlichkeit bedachte. Bevor weitere Wortfetzen ihren Mund verletzen konnten standen sie umschlungen im Flur, die wohl erste Umarmung, an welche er sich überhaupt erinnern konnte. Nur das Zittern seines Körpers verriet, dass er gerade weinte. Ihm war es egal, wie der weitere Schwarzmagier ihn dort wahrnahm. Und wenn er in diesem Moment in ein Lachen ausbrechen würde, bei Beliar, er erkannte ihn nicht einmal wieder.
Auch wenn er am liebsten den Griff nie wieder gelockert hätte, absolut überwältigt, voller Unwissenheit gleichwohl verstehend, atmete er tief ein und trat zurück. Seine Hände hoben sich, zunächst ein Finger auf die Lippen. Dann die flache Hand auf die Brust, während sein Arm Richtung Bibliothek zeigte.
Nun, auf der Ferse drehend schritt er eilig davon. Es fiel ihm schwer, doch konnte er jetzt nicht besser mit der Situation umgehen, als sich davon zu entfernen. Er brauchte einen Moment der Ruhe, er musste seine Gedanken sortieren. Vor allem musste er etwas finden, auf das er kritzeln konnte. Wenn Olivia ihr Gespräch hier beendet hatte, wäre er sicherlich bereit, ihr rational die Geschehnisse mitzuteilen. Oder? Sein Herz pochte, ein seltsames, erstickendes Gefühl in seinem Hals fand stand. War er krank?
Er wusste nur, dass wenn ihm das junge Mädchen jetzt hinterherlief, er sich mit Sicherheit nicht weiter zusammenreißen konnte. Er fühlte sich, als wäre er kurz vorm Platzen, so glücklich war er, wieso war ihm dann danach, wie ein Kleinkind zu heulen? Das Weißauge verstand die Welt nicht mehr und ließ sich auf dem Stuhl vor seinen Unterlagen nieder, die glücklicherweise von niemandem angefasst wurden.
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