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    Kämpfer Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline
    "Die Bauernhöfe liefern immer seltener gute Ware, was?" fragte einer der Händler seinen Kollegen genervt. "Da habt Ihr allerdings recht. Scheint fast so, als kämen schwere Zeiten auf uns zu." erwiderte der andere.

    Der Marktplatz von Thorniara war bekannt für seine Größe und sein reichhaltiges Warenangebot. Doch in letzter Zeit war das Angebot immer ernüchternder. Was einst noch als minderwertige Ware für wenige Kupferlinge zu haben war, kostet nun gerne mal die eine oder andere Goldmünze. Steigende Preise waren keine Seltenheit und auch für Thorniara nicht ungewöhnlich. Beunruhigend war hingegen das stetig sinkende Warenangebot. Sicher gab es auch mal ernüchternde Ernten und Lieferengpässe der fahrenden Kaufleute. Dieser Zustand schien sich jedoch nicht zu verbessern, im Gegenteil.

    Noch immer legten nur wenige Schiffe im Hafen von Thorniara an. Die Pest hatte für Misstrauen unter den Seefahrern gesorgt und so verringerte sich auch die Einfuhr von Lebensmitteln. Ihr Übriges tat die Stadtwache, in dem sie jeden Marktkarren kontrollierte. Verdächtig wirkende Ware wurde abgewiesen und manchmal sogar augenblicklich verbrannt. Die fahrenden Händler riskierten es deswegen immer seltener, die Stadtmauern zu passieren. Die Bauernhöfe konnten den Bedarf der Stadt zwar größtenteils decken aber die exquisite Nachfrage konnten sie nicht befriedigen.

    Wenn das Warenangebot aber im Händler- und Handwerkerviertel sank und die Qualität mit dem einherging, veränderte sich auch die Versorgungslage im Hafenviertel und erst recht im Viertel der Armen. Glücklicherweise waren die Männer und Frauen daran gewohnt, dass nicht immer genügend für sie abfiel. Durch regelmäßige Spenden der Kirche konnte die Versorgung darüber hinaus auch in den untersten Viertel weitgehend sichergestellt werden.

    Maximuss

  2. Beiträge anzeigen #282
    Schwertmeister Avatar von Braoin
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    Braoin ist offline
    Das Mittagsmahl war üppig und sättigte den Bauern über alle Maßen. Er hatte sich heute, zur Feier des Tages – es gab nichts zu feiern, doch brauchte er einen Grund, sein Gewissen zu beruhigen, da er mehr Gold ausgegeben hatte, als sonst – die Schildkrötensuppe bestellt und war hellauf begeistert. Er löffelte die Schale leer, bis auch das letzte Bisschen in seinem Magen war. Coragon hätte sie vermutlich sofort wiederverwenden können, denn Anzeichen von Essen waren nicht mehr in ihr auszumachen.
    „Das war unglaublich gut“, lobte Braoin den Wirt anerkennend, doch der winkte nur ab.
    „Ist doch nichts besonderes“, schmälerte er die Aussage seines Gastes und nahm die Schüssel entgegen, um sie abzuwaschen.
    „Nun sei doch nicht so bescheiden! Diese Suppe ist wirklich…“, doch der Witwer wurde unterbrochen, als ein Mann in einfacher Kleidung in die Schenke trat. Er hatte ein hartgesottenes Gesicht und wirkte mürrisch.
    „Ah, hallo Hamel!“, grüßte Coragon den Neuankömmling, der ihm offenbar bekannt war.
    Hamel erwiderte etwas unverständliches und schwieg zunächst wieder. Worauf wartete er?
    „Ihr seid schon da?“, fragte der Wirt dann, als auch ihm das Schweigen zu lang dauerte.
    „Ja“, brummte der Mann, der mit Sicherheit sechseinhalb Fuß groß war, „Stehen hinten.“
    „Ich mach euch gleich auf“, erwiderte Coragon und verschwand durch die Tür, die hinter seinem Tresen war.
    Hamel warf unterdessen einen kurzen Blick auf den älteren Mann, der allein vor der Theke saß.
    „Schöner Tag, oder?“, fragte Braoin unbeholfen.
    Der Hüne schaute noch einen Moment länger, ehe er sich umdrehte und die Taverne wieder verließ. Seltsamer Bursche.

    Es dauert einige Zeit, in der der Witwer seinen Krug verdünntes Bier trank – ein richtiges wäre für den weiteren Tagesablauf hinderlich gewesen – ehe der Wirt zurückkehrte und seine Arbeit wieder aufnahm. Er wirkte zufrieden und summte leise vor sich hin. Dem Bauer brannte die Zunge, wusste er doch nicht, ob er seine Frage loswerden sollte oder ob diese vielleicht unangebracht war.
    „Dieser Hamel ist ein wenig eigen, oder?“, begann er mit einer weniger kritischen Frage.
    „Er ist ein guter Junge“, lächelte Coragon und ging weiter seiner Arbeit nach.
    „Junge? Auf mich wirkte er, wie ein hartgesottener Kerl!“
    „Für mich bleibt er ein Junge“, beharrte der Wirt und als er den fragenden Blick seines Gastes bemerkte, fügte er noch hinzu: „Ich habe ihm die Stelle bei meinem Bierlieferanten besorgt. Er ist vor einigen Jahren zu mir gekommen, damals hatte ich meine Kneipe noch auf dem Festland. Er hatte weder Vater noch Mutter und kein Geld. Aber schon damals war er großgewachsen und kräftig, also habe ich ihn für mich arbeiten lassen. Er hat nie viel geredet, war immer zuverlässig und hat sich niemals beschwert. Als ich dann aber die Marktschenke hier aufgemacht habe, wollte er nicht mitkommen. Also habe ich mit meinem Lieferanten gesprochen, der ihn seitdem mit Arbeit versorgt.“
    Die Erklärung war länger ausgefallen, als der ehemalige Feldarbeiter erwartet hatte und so ließ er das Gehörte sacken, nahm noch einen Schluck Bier und sah Coragon bei der Arbeit zu.

    „Also hat er eine neue Lieferung Bier gebracht?“, nahm Braoin das Gespräch wieder auf.
    „Ja, einmal im Monat kommt eine Schiffsladung Dunkles Paladiner direkt aus Vengard her. Die alten, leeren Fässer werden wieder mitgenommen und die neuen, mit Bier gefüllten Fässer bei mir im Lagerraum verstaut.“
    „Ich dachte, dass kein Schiff mehr im Hafen anlegen darf“, hakte der Bauer nach.
    „Ach, wie man schon auf hoher See sagt: Flieht die Lust mit dem Wind, trink einen Grog geschwind. Jedenfalls so ähnlich geht der Spruch.“
    Der Gast schaute den Wirt verwirrt an, verstand er doch nicht den Zusammenhang zwischen diesem vermeintlichen Spruch und der Tatsache, dass ein Schiff im Hafen vor Anker lag.
    „Die Sperre am Hafen wurde aufgehoben seit die Pest ausgemerzt wurde und außerdem können wir einen guten Schluck in diesen Zeiten gebrauchen, hält die Motivation oben, verstehst du?“, erklärte Coragon, was er gemeint hatte.
    „Ja, jetzt leuchtet es mir ein“, bestätigte der Bauer und trank den letzten Rest seines Bieres, ehe er sich erhob, einige Abschiedsworte und das schuldige Gold zurückließ, und aus der Taverne in Richtung Tempelviertel aufbrach. Er wollte die Notiz von Meister Icarion zu Meister Neoras bringen.

  3. Beiträge anzeigen #283
    Veteran Avatar von Die Feuermagier
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    Die Feuermagier ist offline
    "...und wenn du damit fertig bist, musst du die Wurzelessenz ein wenig ruhen lassen, damit sich die Stoffe, die für die Trübung verantwortlich sind absetzen.", erläuterte Neoras einem seiner Gehilfen das Prozedere, während dieser hochkonzentriert seinen Worten folgte. Der Alchemist würde es nicht zweimal erklären und das wussten seine Novizen.

    "Jetzt fang schon an, heute Abend brauche ich die Essenz für meine Arbeit.", befahl er und mit einem gehorsamen Nicken begann der Jungspund an einem Labortisch mit einigen Geräten zu tüfteln. Er hoffte inständig, dass nicht schon wieder ein Reagenzglas zu Bruch ging, so langsam gingen sie ihm nämlich aus und Daranis meinte, er könne nicht beliebig neue besorgen. Doch das war der Preis für die Ausbildung eines Laien. Das und natürlich seine kostbare Zeit und Nerven. Jede Menge Nerven.
    Gerade wollte der Feuermagier sich dem Studium eines Buches widmen, als es an seiner Tür klopfte. Mit einem leisen "Herein" seinerseits öffnete sich der Eingang zu seinem Labor und aus den Augenwinkeln erkannte er einen Mann in bürgerlicher Kleidung, der gerade eintrat und ihn ansprechen wollte. Den Blick immer noch auf das Buch gerichtet und mit den Lippen stumme Laute formend hob Neoras mahnend die Hand, während er den Absatz noch rasch zu Ende las. Erst als er damit fertig war sah er auf und musterte den Besucher. Wie er schon erkannt hatte, war es kein Mitglied des Ordens. Ein alter Mann stand dort in seinem Labor und da er immer noch nicht begann zu reden, machte der Magier eine ungeduldige Geste mit der Hand, woraufhin sein Gegenüber einen kleinen Zettel zu Tage förderte, den ihm Neoras sofort aus der Hand nahm. Nur ganz kurz überfolg er die Worte und mit einem leisen "aha" stapfte er zu einem kleinen Wandschrank und öffnete ihn mit einem Schlüssel. Darin befanden sich dutzende kleine Fläschchen, Phiolen und Tiegelchen mit allerlei Mitteln, deren Wirkung zu erklären vermutlich schon einen ganzen Tag dauern würde, von der Herstellung ganz zu schweigen. Während der Magier nach dem Trank suchte, um den Icarion in seiner Nachricht bat, glitt sein Finger über die einzelnen Behältnisse bis er in einer leeren Halterung einrastete, in der sich eigentlich ein Schlaftrunk befinden sollte. Mit einem tadelnden Zungenschnalzen runzelte er die Stirn und fluchte innerlich, hatte er doch die letzte Dosis nach dem Stress der Pest selbst verbraucht und wie er seinen Vorrat und Zutaten einschätzte, fehlten ihm einige wichtige Ingredienzen. Dazu kam der Umstand, dass eine davon nur südlicher auf der Insel wuchs und seines Wissens Daranis lange keinen Händler mehr aus der Gegend gesehen hatte.

    Mit einem nachdenklichen "hmm" verschloss Neoras seinen Schrank wieder und drehte sich wieder zu dem Boten. Er musterte ihn kurz von oben bis unten, bevor er ihn ansprach.

    "Sag, bist du der Anwärter, von dem ich gehört habe? Ach, ist eigentlich irrelevant. Ich hätte eine Aufgabe für dich und wenn du nicht schwer von Begriff bist, dann wirst du sie schon gewissenhaft ausführen. Ich brauche ein paar alchemistische Zutaten. Allerdings gibt es die nicht hier in der Stadt. Du müsstest nach Stewark und sie bei einem dortigen Kräuterhändler oder Alchemisten besorgen. Das Geld würde ich dir natürlich geben. Ach, und bevor du nur einen Gedanken daran verschwendest: Falls du glaubst mit dem Gold durchbrennen zu können, dann hast du dich geschnitten. Wenn du das versuchst, wachst du im Hafenviertel auf. An verschiedenen Stellen im Hafenviertel. Verstanden?", schlug der Alchemist vor und legte dabei nur so viel drohenden Unterton in seine Worte, wie er es bei einem einfachen Bürger für nötig hielt.
    Grimbar

  4. Beiträge anzeigen #284
    Schwertmeister Avatar von Braoin
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    Braoin ist offline
    Braoin schaute sich interessiert im Labor des Alchemisten um. Einigen Novizen standen Schweißperlen auf der Stirn, während sie den Inhalt eines Reagenzglas gegen das Licht hielten, nur, um im nächsten Moment die Flüssigkeit durch eine Röhre fließen zu lassen, die mit absurden Abzweigungen zu einem größeren Glasgefäß führte. Überhaupt war Glas ein so teures Gut, dass nahezu niemand, abgesehen von einigen wenigen Fenstern, irgendetwas Gläsernes besaß. Da es jedoch durchsichtig war, konnte der Bauer die verschiedensten Farben erkennen, die die Flüssigkeiten hier hatten. Da waren dünnflüssige Substanzen, die im Rot einer Kirsche leuchteten, oder träge Sude, deren dunkles Blau an den Himmel erinnerte bevor er vollends dem Schwarz der Nacht anheim fiel. Besonders hatte es ihm das grelle Gelb einer Sonnenblume angetan. Die Flüssigkeit, die klebrig zu sein schien, war soeben entstanden, als einer der Lehrlinge den Inhalt zweier Phiolen miteinander kombiniert hatte. Dabei waren die Ausgangsfarben grün und farblos gewesen. Es war ein unwahrscheinlich interessantes Schauspiel, doch verstand der Witwer nichts von dem, was er hier sah, kannte er doch nur die Farben und Eigenarten der Natur vor den Toren der Stadt.

    Meister Neoras, der ein wenig kleiner war als Braoin, kehrte mit ungeduldiger Miene zu dem Boten in Meister Icarions Auftrag zurück. Er hielt eine Liste in der Hand, die einige Dinge beinhaltete, die der ehemalige Feldarbeiter nicht einmal hätte aussprechen können, wenn er denn überhaupt des Lesens mächtig gewesen wäre.
    Insgeheim hatte er ja gehofft, auch diesem Feuermagier behilflich sein zu können, doch die Art und Weise, wie der Alchemist ihm drohte, war für ihn nicht verständlich. Wieso ging dieser Meister der Tränke davon aus, oder zog es immerhin in Erwägung, dass er mit dem Gold türmen konnte, was er für die Besorgungen, die er anstellen sollte, von ihm bekam? Der Witwer war eine grundehrliche Haut und auch, wenn er in seinem Leben niemals bis nach Stewark gekommen war, wollte er sich alle Mühe geben. Er hatte nicht einmal eine Vorstellung davon, wie viel Proviant er brauchen würde oder wo genau er hinmusste. All diese Probleme wollte er zu Fragen formulieren, die er Meister Neoras stellen konnte. Dieser jedoch war längst wieder mit seinen Gedanken woanders und verabschiedete den Boten mit einem endgültigen Unterton in der Stimme, der versprach, die Drohungen auch jetzt gleich schon wahr zu machen, wenn er ihn noch einmal bei seiner Arbeit unterbrach.

    Vor den Kopf gestoßen verließ der ältere Mann das –wie ihm nun an der frischen Luft auffiel – stickige Labor und war zunächst planlos. Wie sollte er ohne weiteres nach Stewark kommen? Er würde eine Karte brauchen und vielleicht auch eines der Warenpakete von dem Händler, den er erst kürzlich einige Nahrungsmittel abgekauft hatte. Es galt Planungen anzustellen und bevor er die Stadt verließ, müsste er auch noch einmal nach seiner Ziege schauen. Immerhin war er tagelang zu beschäftigt gewesen, das Tier zu besuchen. Zerstreut lief er zurück Richtung Markt.

  5. Beiträge anzeigen #285
    Burggraf von Verdistis  Avatar von Maximus
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    "700 Goldmünzen. Das ist mein letztes Angebot!" Das Feilschen um eine Lieferung voller Obst ging nun schon eine ganze Weile und doch wollte der Großhändler der Forderung des Bauern nicht nachgeben. "Ihr beliebt zu Scherzen. 700 Goldmünzen habe ich noch nicht einmal bei der Belegung Vengards bezahlt. Ich gebe Euch 500 Goldmünzen, wie wir es einst vereinbart hatten." Sein Gegenüber schüttelte jedoch mit dem Kopf und haute mit der Faust auf den Tresen: "Nein! 700 Goldmünzen will ich für meine Ware haben. Ihr wisst genauso gut wie ich, dass Obst auf den Märkten gute Preise erzielt und ich habe hart für diese Ernte gearbeitet. 700 Goldmünzen oder ich verkaufe meine Ware an einen anderen Händler!"

    Maximuss lachte und erwiderte: "Glaubt Ihr wirklich, Ihr würdet einen Händler finden, der Euch die gesamte Ernte für 700 Goldmünzen abkauft? Obst mag ein guten Preis erzielen aber er kann nur dann erzielt werden, wenn auch jemand bereit ist, ihn zu bezahlen. Wieso seid Ihr überhaupt zu mir gekommen, wenn Ihr für das Obst nun deutlich mehr verlangt!? Ihr wisst doch ganz genau, dass ich meinen Preis niemals erhöhe. Ihr seid zu mir gekommen, weil die anderen Händler nicht in der Lage sind, solche großen Mengen abzunehmen." Dem Bauern konnten die Worte wenig beeindrucken und so nahm er seinen Hut und lief in Richtung Ausgang. "Wenn Ihr die Ware nicht wollt, gehe ich halt zu wem anderes!"

    Nun schüttelte auch der Großhändler den Kopf. Ein Blick auf seine Einkaufslisten verriet ihm, dass die Ausgaben mit jeder Lieferung stiegen. Zweifelsohne war Obst stets ein teures Gut auf den Märkten, doch auch Getreide und Fleisch erfuhren ihren Preisanstieg. "Hmm... ich sollte Obst aus meinem Sortiment nehmen und stattdessen auf die preiswerteren Grundnahrungsmittel setzen." murmelte der alte Händler und machte einige Notizen auf seine Einkaufsliste. Wenig später rollte er das Pergament zusammen und erhob seine Stimme: "Komm mit Bragan, ich muss den Gildenmeister sprechen."

  6. Beiträge anzeigen #286
    Burggraf von Verdistis  Avatar von Maximus
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    Maximus ist offline
    Maximuss saß im Arbeitszimmer des Gildenmeister und machte ihn auf seine Beobachtungen aufmerksam. Er zeigte ihm die Einkaufsliste und tauschte mit Trevor die Erfahrungen aus. "Ich teile Eure Beobachtungen, Maximuss. Die Pest hat diese Stadt geschwächt und sie konnte sich noch nicht davon erholen. Der überregionale Handel ist für Thorniara essenziell, doch die Stadt wird seit der Krankheit selten von großen Handelsschiffen angesteuert. Dass die Preise dabei steigen ist natürlich nur eine der Folgen. Auch wir haben erkannt, dass die Marktveränderung nicht von kurzer Dauer sein wird. Was aber schlagt Ihr vor?" fragte der Gildenmeister mit selbstsicherer Stimme.

    Der Großhändler hingegen lehnte sich zurück und schaute aus dem Fenster. Er sah einige einfache Häuser des Händler- und Handwerkerviertels und antwortete dann: "Ist Euch noch nicht aufgefallen, dass die Stadt keine Lagerflächen unterhält? Ich sehe zumindest keine Speicher und die Lagerhäuser im Hafenviertel gehören Kaufleuten. Mir kommt allmählich der Gedanke, als habe man in Zeiten des Krieges nicht daran gedacht, die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen." Maximuss machte eine kurze Pause, bevor er dann fortfuhr: "Die Bauernhöfe sind für die Versorgung der Stadt verantwortlich, doch sie liegen außerhalb der schützenden Stadtmauern und die Ernten fallen in letzter Zeit spürbar geringer aus. Vorhin wollte ein Bauer 700 Goldmünzen für eine Karrenladung Obst von mir."

    Der Gildenmeister schaute ebenso interessiert, wie ungläubig. "Worauf wollt Ihr hinaus?" wollte er wissen. "Ich glaube, die Stadt wird bald damit zu kämpfen haben, die Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Wir sollten die Gelegenheit nutzen und Grundnahrungsmittel kaufen. Trockenfleisch, Getreide und Wurzelgemüse. Eben all das, dass für die Versorgung der Stadt benötigt wird und über einen längeren Zeitraum gelagert werden kann. Je mehr wir als Gemeinschaft davon kaufen und einlagern, desto geringer ist das Angebot auf dem freien Markt. Bevor der Markt unter der großen Nachfrage zusammenbricht, bieten wir die Vorräte zu entsprechenden Preisen an. Eine Goldgrube, Trevor..." erwiderte Maximuss.

    Der alte Gildenmeister dachte nach und wählte seine Worte sodann mit Bedacht: "Sicher, der Plan verspricht Einfluss und Profit. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass man einflussreiche Händler zwangsenteignet. Dann hätten wir viel Gold für Waren bezahlt, die wir schlussendlich nicht mehr unser Eigen nennen können." Maximuss versuchte die Bedenken jedoch mit einer Handbewegung zu relativieren und stellte klar: "Jedes Geschäft bürgt ein Risiko. Natürlich kann man uns enteignen. Einflussreiche Kaufleute, die nicht im Dienste des Königs stehen, waren schon immer eine Gefahr für das Gleichgewicht. Kurz bevor der Markt kollabiert, sollten wir der Stadt daher auch unsere Hilfe anbieten, statt mit horrenden Preisen unsere Waren zu verkaufen. Man kann uns nicht abweisen, sondern muss unsere Hilfe annehmen. Das Ansehen der Händlergilde und der Einfluss eines jeden einzelnen von uns wird dadurch profitieren. Was sagt Ihr, Trevor?"

    Einen ganzen Moment lang war es still im Arbeitszimmer des Gildenmeisters. In Gedanken spielte er verschiedene Szenerien durch und bewertete das Risiko und den potentiellen Erfolg eines solchen Unterfangens. Er seufzte und antwortete dann: "Riskieren wir es..."

  7. #287
    Harivald
    Gast
     
    Der völligen Erschöpfung nahe, warf Harivald sich auf die mit Stroh ausgelegte Schlafpritsche in der Scheune des Bauers Hanno. Gegen Mittag war der Wanderer auf dem bescheidenen Gehöft angekommen, auf dem vorwiegend Weizen angebaut wurde und momentan von einer Krankheit lahm gelegt worden war.
    Hanno hatte Harivald wie einen Helden empfangen, als dieser dem Bauern seine Arbeit im Gegenzug für ein Schaf anbot. Mittlerweile bereute Harivald seine Entscheidung. Soviel Schufterei war dieses verdammte Tier einfach nicht wert. Jedes Körperteil schmerzte, wenn der Mann es bewegte, er konnte kaum auf dem malträtierten Rücken liegen, weil ihm von jedem ausgeführten Druck auf seinen Körper schwarz vor Augen wurde.

    »Es ist ganz leicht«, hatte Hanno propagiert. »Zu zweit schaffen wir das im Handumdrehen.«
    Ahnungslos war Harivald ihm aufs Feld gefolgt, die Sichel optimistisch in den Soldatenhänden. Nach einer Stunde wurden die Arme schlaff. Nach zweien musste Harivald öfter pausieren, als schlagen. Und der Rest war wie aus seinem Gedächtnis ausgebrannt, durch die intensive Sonneneinstrahlung und dass nimmer endende Weizenfeld. Unwillig hatte Harivald sich eingestehen müssen, dass er den nächsten Tag nicht mehr erleben würde, doch irgendwie waren sie doch fertig geworden. Die letzten Meter zum Bett wurde Harivald von Hanno getragen, der pausenlos Danksagungen an Innos und Lobesbekundigungen an seinen fleißigen Helfer in seinen dichten Bart murmelte. Im ständigen Wechsel.

    Nun, wie auch immer die Dinge lagen, Harivald war froh, diesen Ort morgen verlassen zu können. Mit seinem verdienten Schaf. Sein letzter Gedanke galt dem versteckten Goldbeutel in Coragons Taverne. War er wirklich sicher dort?
    Mit dieser Frage im Kopf schlief der Erschöpfte im Bruchteil einer Sekunde ein.

  8. #288
    Harivald
    Gast
     

    Am nächsten Morgen

    »Wie geht es euch, Harivald?«, platzte Hanno in die Scheune und weckte damit seinen friedlich schlafenden Gast.
    »Ahh... vor zwei Sekunden noch besser«, brummte der Angesprochene übellaunig.
    »Tut mir Leid, falls ich Euch geweckt habe, aber Ihr müsst wissen, dass der Alltag eines Bauern schon in aller Frühe anfängt.«
    »Jaja, ich breche sowieso gleich auf, du musst dich nicht entschuldigen.«. Harivald erhob sich, zupfte an einigen Stellen diverse Strohhalme heraus und zog sich sein dreckiges Hemd über.
    »Oh und ich habe gute Neuigkeiten«, sprach der Bauer freudig. »Zwei meiner Knechte sind heute wie durch ein Wunder wieder gesund geworden. Nun geht es wieder aufwärts mit meinem Hof.«
    Harivald lächelte, obwohl ihm die falsche Doppeldeutigkeit dieser Worte nicht entgangen war.
    »Das ist ja super, Hammo. Und es zeigt, dass ich mir den richtigen Zeitpunkt für meine Abreise ausgewählt habe.«
    »Wollt Ihr denn nicht das Frühstück mit uns teilen? Die Reise ist lang.«
    »Nicht nötig«, winkte der Gast ab. »Sei so gut und pack mir etwas ein! Bei der Gelegenheit kannst du auch schon mal das Schaf herbeischaffen.«


    Einige Minuten kehrte der Bauer mit flinken Schritten zurück. Über der Schulter trug er ein junges Lamm.
    »Hier Euer Proviant, Harivald. Und hier...«, er stellte das Zicklein vorsichtig zu Boden, »Euer Schaf.«
    »Schaf finde ich eine etwas überholte Aussage.«
    »Seid doch nicht so! Das Lamm ist wenige Wochen alt, putzmunter und kann von seiner Mutter getrennt werden. Ich bin sicher, die Magier werden es sofort annehmen.«
    »Na gut«, seufzte Harivald und nahm sein neues Eigentum in Besitz.
    »Ich habe sie Liesel genannt«, sagte Hanno.
    »Komischer Name für ein Schaf.«
    »Finde ich nicht. Ihr könnt sie ja auch umbenennen. Wie es
    Euch beliebt.«

    Anschließend standen sie, ohne zu wissen, was es noch zu sagen gäbe, in der Scheune. Hanno brach das peinliche Schweigen.
    »Also dann. Gehabt Euch wohl, Harivald. Viel Glück auf Eurer Reise und allen weiteren Wegen.«
    »Das Gleiche gilt für dich.«
    Sie schüttelten sich noch die Hand, dann marschierten sechs Beine der aufgehenden Sonne entgegen. Harivald fühlte sich, als hätte er zum ersten Mal etwas auf Argaan erreicht.

  9. Beiträge anzeigen #289
    Kämpfer Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline

    Hafen von Thorniara

    »Sind alle Fässer verladen, Matrose?«
    »Nein, Lagermeister Vigo. Wir warten noch immer auf die Lieferung aus Coragons Marktschänke.«
    »Bei allen Meereshaien, wie lange soll ich denn noch warten?«, schimpfte Vigo ungeduldig in Richtung des armen Botenjungen.
    Sein Auftrag war es, Ein-und Ausfuhr aller anliegenden Schiffe im Hafen zu kontrollieren, festzuhalten und notfalls zu reduzieren. Leider erforderte die ernste Lage es, dass von diesen Schiffen immer weniger die Fahrt auf sich nahmen, da sich der Markt in der Hauptstadt Argaans entscheidend gewandelt hatte.
    Vigo musste dementsprechend um sein tägliches Brot und die Ernährung seiner Familie kämpfen, doch wenn ihm auch noch unzuverlässige Hafenarbeiter den Job erschwerten, konnte er schnell explodieren.

    Der Matrose wusste dies, umso erleichteter war er, als die Fassschlepper endlich in ihrem Blickfeld erschienen.
    »Sieh doch, Vigo!«, rief er dem Lagermeister zu und wies in nördliche Richtung. »Sie kommen.«
    Anschließend schlich er sich erleichtert von dannen, während Vigo mit verschränkten Armen auf seine Lieferung wartete.
    Sie schienen keine Eile zu haben und Vigo fragte sich verzweifelt, wer diese faulen Tölpel überhaupt eingestellt hatte.
    »Wirds bald? Das Schiff muss schon lange abgelegt haben«, zischte er, als die Truppe nahe genug an ihm war.
    »Da rauf«. Der Lagermeister wies auf die Schiffsplanken, die extra für diesen Zweck verbreitert worden waren.
    Vigo erkannte Hamel, einen jungen Arbeiter, der noch nicht lange dabei war und mit dem er auch nie wirklich zu tun gehabt hatte. Der Gesichtsausdruck Hamels verriet blanke Abneigung gegen den herrischen Lagermeister und so war Vigo nicht überrascht, als der Schlepper -absichtlich, oder nicht- stolperte und das leere Fass auf seine Füße fielen ließ.
    »Verzeiht mein Unvermögen«, stieß Hamel zerknirscht hervor.
    Wütend stierte Vigo ihn an und rieb sich den rot angelaufenen Fuß.
    »Penner! Kannst du nicht aufpassen? Zur Strafe schleppst du das Fass zu mir nach Hause. Anderes Ende des Hafenviertels.«

    Jeder, nicht zuletzt der Lagermeister selbst, erkannte die Sinnlosigkeit dieses Befehls. Aber nur Vigo war das verräterische Klimpern aus dem Inneren des Fasses nicht entgangen. Selig kräuselten sich seine Lippen zu einem Lächeln.


    Harivald
    Geändert von Die Bürger (26.07.2014 um 13:00 Uhr)

  10. Beiträge anzeigen #290
    Schwertmeister Avatar von Braoin
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    Wenn man dem Kartographen trauen konnte, dem Braoin für nicht wenig Gold eines seiner Stücke abgekauft hatte, brauchte man als einfacher Wanderer ungefähr einen halben Tage bis nach Stewark. Das hieße, dass der Bauer für ungefähr zwei Tage fort war. Proviant würde er sich also für etwa einen ganzen Tag besorgen und sich zur Not an seinem Zielort neu eindecken konnte. Da die Karte aber bereits einen nicht geringen Teil seines Vermögens aufgebraucht hatte, musste er sparsam damit umgehen. Er brauchte sein Geld, da er auf das Zimmer in der Marktschenke angewiesen war und ebenso auf den Stellplatz seiner Ziege im Stall. Zu allem Überfluss fehlte ihm derzeit eine Einnahmequelle, arbeitete er doch allein für Innos‘ Gunst im Dienste des Ordens.
    Er wollte noch heute aufbrechen, sah er doch keinen Grund, Meister Neoras länger warten zu lassen als nötig. Eben deshalb trat er den Gang zum Stall an, wollte er dort doch die Kosten für die nächsten Tage im Voraus bezahlen und nachsehen, wie es seinem Tier erging.

    Das fröhliche Blöken, welches zwischen dem Schnaufen der Pferde deutlich hervorstach, war bereits vom Eingang zu vernehmen, von dem aus der Witwer mit einem Stallburschen hereintrat.
    „Ihr geht es hervorragend und sie gibt jeden Tag eine Menge Milch“, erläuterte der Knecht die Situation, „Darum zahlst du ja auch weniger, als die meisten anderen“, fügte er dann unnötigerweise noch hinzu.
    „Stimmt, immerhin habt ihr so Zugang zu frischer Milch und das mindestens einmal täglich“, versetzte der ältere Mann, „Ansonsten könnte ich damit auch auf den Markt gehen. Milch erzielt gerade, wie fast alles andere, sehr hohe Preise.“
    Ein wenig Unmut war in der Stimme des Ziegenbesitzers zu vernehmen, hatte er doch noch einen Gang zum Markt vor sich, der ihn sicherlich in der Geldbörse schmerzen würde. Nie hätte er es für möglich gehalten, eines Tages so auf diese Währung angewiesen zu sein und er empfand es als äußerst unbefriedigend. Er konnte sich kein Bisschen in die Lage goldgieriger Menschen versetzten, die nur immer mehr von dem glänzenden Metall haben wollten, um - ja um was damit zu tun?

    Der Bursche öffnete die Box, in der die Ziege untergebracht war. Sie wirkte gut versorgt, Wasser war da und kürzlich war sie erst gemolken worden, wie sein fachkundiger Blick auf den Euter ihm verriet.
    „Sehr schön“, meinte er dann, „Ich möchte heute direkt für die nächsten drei Tage bezahlen.“
    „Drei Tage? Wieso denn das?“, fragte der Jüngling neugierig.
    „Ich muss für eine kurze Reise die Stadt verlassen. Kümmert ihr euch weiterhin so gut um meine Ziege?“
    „Aber gewiss doch!“
    „Dann hast du hier das Gold.“
    Braoin ließ einige Münzen in die ausgestreckte Hand des Knechts fallen. Dieser zählte nach und runzelte die Stirn, als er fertig war. Er wiederholte das Ganze und der Bauer wartete geduldig.
    „Das reicht aber gerade mal für ZWEI Tage!“, erkannte er schließlich und hielt dem Kunden das Gold entgegen, als wolle er ihn auffordern, ebenfalls noch einmal nachzuzählen.
    „Ich weiß“, erwiderte dieser aber nur und erntete einen stutzigen Blick, „Wie ich schon sagte wird die Milch teurer und da ich euch jeden Liter, den die Ziege gibt, während sie hier steht, überlasse, dürften sich doch auch die Kosten pro Tag senken oder?“
    Er lächelte gutmütig und war er noch so schlecht im Verhandeln, für diese Gespräch hatte er sich gewissenhaft vorbereitet.
    „Aber – Aber das muss ich erst abklären!“, protestierte der Jüngling.
    „Tu das, ich habe es aber eilig und werde jetzt gehen. Wenn das Gold deinem Vorgesetzten nicht reicht, soll er warten, bis ich zurück bin.“
    Mit diesen Worten ließ der Witwer den Burschen zwischen Pferd und Ziege im Stall zurück und machte sich auf den Weg zum Geschäft des Händlers.

    Dort angekommen trat er ein, nahm den Hut ab und wischte sich über die verschwitzte Stirn. Im Verkaufsraum des Hauses saß ein Mann, der seine Waffe mit akribischer Sorgfalt polierte. Er sah kurz auf, als der Kunde eingetreten war, hatte sich jedoch mit einem einfachen Nicken zufrieden gegeben.

  11. Beiträge anzeigen #291
    Burggraf von Verdistis  Avatar von Maximus
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    Maximus ist offline
    Wie so oft studierte der Großhändler seine Einkaufslisten. Dieses Mal wollte er jedoch nicht die Preise miteinander vergleichen, sondern suchte nach großen Lieferanten für Lebensmittel. Viele der gekauften Güter hatte er von kleineren Bauern bezogen oder bei anderen Händlern eingekauft. Zwar wurde Thorniara auch von Großgrundbesitzern versorgt, diese hatten in der Regel aber einen Vertrag mit der Stadt abgeschlossen und lieferten nicht an freie Händler.

    Tatsächlich konnte Maximuss nur zwei Lieferanten in die engere Auswahl nehmen. Zumindest um seine Nachfrage zeitnah zu befriedigen. Gerade als er in sein Arbeitszimmer gehen wollte, um ein Schreiben aufzusetzen, öffnete sich die Tür des Ladens. Entgegen der Hoffnung war es aber kein wohlhabender Bürger aus dem Reichenviertel, sondern ein eher ärmlich gekleidet Mann. Es dauerte einem Moment, bevor dem Grafen einfiel, dass er den Mann schon einmal bedient hatte.

    "Womit kann ich Euch dieses Mal dienlich sein?" fragte der Großhändler und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Sein Gegenüber erzählte, dass er nach Stewark wolle und sich mit Proviant eindecken wollte. Er erinnerte sich an die Warenpakete, die man ihn vor einigen Tagen schon einmal angeboten hatte. Nun sei man gekommen, um eines davon zu kaufen. Ohne zu fragen lief Maximuss in Richtung der Treppe. Er war sich sicher, dass man nicht an den erlesenen Waren interessiert war und sich der Kauf auf einfache Lebensmittel beschränkte.

    Das Treppensteigen fiel dem Großhändler nicht leicht. Er hatte in Thorniara die Angewohnheit, seine prunkvolle Rüstung zu tragen. Diese und seine müden Knochen waren nicht von Vorteil, wenn er für jeden Handel den Dachboden seines Hauses aufsuchen musste. Langfristig musste sich Maximuss etwas überlegen. Nach kurzer Zeit kam der Großhändler jedoch wieder und stellte eine Kiste auf den Tresen. "Ich habe mir erlaubt, auf den Preis der Ware zu achten. Schinken oder südländische Früchte könnt Ihr da natürlich nicht erwarten. Feldrüben, Kartoffel, Karotten, Brot und eine gute Portion Trockenfleisch. Die Ware dürfte sich einige Zeit halten und reicht für etwa 5 Tage." Maximuss machte eine kurze Pause, damit die Lebensmittel begutachtet werden konnten und erhob sodann wieder seine Stimme: "50 Goldmünzen inkl. der Holzkiste, was sagt Ihr... Braoin?" Das Namengedächtnis des Grafen war nicht das Beste. Glücklicherweise konnte er sich an den Namen noch erinnern.

    Sein Gegenüber schaute noch einmal in die Kiste und schätzte den Inhalt seines Goldsäckchen ab. 50 Goldmünzen für Wurzelgemüse, etwas Brot und eine Handvoll Trockenfleisch war viel. Die Ware auf dem Marktplatz war meistens preiswerter aber nicht selten kaufte man dabei auch schlechtere Qualität. Einen Moment lang war es still, doch dann antwortete der Kunde: "40 Goldmünzen würde ich dafür bezahlen." Maximuss runzelte die Stirn und erwiderte: "Ihr kennt doch die Preise auf dem Marktplatz. Lebensmittel sind teuer und meine Ware ist von guter Qualität. 45 Goldmünzen müssen es schon sein." Zögerlich und mit dem Gedanke dabei bestimmt kein sonderlich gutes Geschäft zu machen, legte Braoin das Gold auf den Tisch und nahm sich die Kiste. "Danke! Ich werde bestimmt wiederkommen!" mit diesen Worten drehte sich der ältere Mann Richtung Tür und verließ den Laden.

    Maximuss schlug ein Buch auf und vermerkte den Verkauf der Lebensmittel. Sonderlich gut sah seine Bilanz noch nicht aus. Die Bürgerinnen und Bürger kamen nur sporadisch zu ihm und kauften nur die Dinge für den täglichen Bedarf. Sein Konzept, die Menschen der Stadt von der Lebensmittelvorsorge zu überzeugen, trug noch keine Früchte.
    Geändert von Maximus (23.07.2014 um 13:49 Uhr)

  12. Beiträge anzeigen #292
    Schwertmeister Avatar von Braoin
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    Braoin ist offline
    Das war sicherlich viel zu viel Gold, die er da für die paar Lebensmittel ausgegeben hatte. Zwar fanden sich ganz unten in der Kiste auch Feuerstein und Zunder, doch ansonsten handelte sich eben nur um Nahrungsmittel, die er vor einigen Wochen noch selbst angebaut hatte. Bei diesem Gedanken fiel ihm auf, dass er auf dem Weg nach Stewark auch an seinem Hof vorbeikommen würde. Das wäre kein einfacher Gang und Braoin war völlig unschlüssig, ob er seinem alten Heim einen Besuch abstatten sollte. Ihn packte die Furcht, wieder in die Lethargie zu verfallen, die ihn nach dem Tod seiner Frau im eisigen Griff gefangen gehalten hatte. Doch wäre er ihr einen weiteren Besuch nicht schuldig? Es war immerhin ihr Grab, hatte er doch die Asche auf dem Feld verstreut.
    Solch trüben Gedanken nachhängend, lief der Bauer ein letztes Mal für diesen Tag in die Marktschenke, wo er Coragon berichtete, dass er für diese und die folgende Nacht das Zimmer nicht brauchen würde, wohl aber gern sein Hab und Gut irgendwo verstaut wissen wollte.
    „Keine Sorge, ich werde das Zimmer so lange freihalten und deine Sachen sind dort sicher. In letzter Zeit kommen eh kaum Kunden, die eine Nachtstätte suchen. Viele vergreifen sich unrechtmäßigerweise an den leerstehenden Häusern der ehemaligen Pestkranken. Das ist genauso schlimm wie Leichenfledderei, wenn du mich fragst.“
    Der Witwer stimmte ihm zu, und verlor ebenfalls einige Worte zu dem Thema, doch seine bedrückte Stimmung ließ ihn alsbald die Treppenstufen erklimmen.

    „Was werde ich wohl brauchen?“, fragte er sich, als er seine Besitztümer vor sich auf dem kleinen Tisch ausgebreitet hatte.
    Es mochte traurig aussehen, dass alles, was er besaß, auf eine kleine Fläche wie diese passte, doch er brauchte nicht mehr, war er es doch nicht anders gewohnt. Sein Werkzeug war natürlich nicht hier, hatte er doch keine Verwendung mehr dafür, deshalb zählte er es auch nicht mehr zu seinem Eigentum.
    Er packte einen Tragekorb, den er sich vom Wirt geliehen hatte mit einigen der Nahrungsmittel, die er von dem Händler gekauft hatte. Maximuss war sein Name, hatte er sich sagen lassen. Dazu kamen Feuerstein und Zunder, sowie sein restliches Gold. Das Säckchen war deutlich leichter geworden und kündigte ein baldiges Ende der guten Unterkunft an. Natürlich verstaute er auch noch den Beutel, den Meister Neoras ihm gegeben hatte und dann war er auch schon aufbruchsbereit. Den Korb geschultert verließ er sein Zimmer, verschloss die Tür und gab den Schlüssel bei Coragon ab, der ihm eine gute Reise wünschte. Schon jetzt packte den älteren Mann die Aufregung und er studierte bereits die Karte. Sie zeigte den Umriss der kompletten Insel, Details waren jedoch nur auf der Westseite eingezeichnet. Sie war unvollständig, doch für den ehemaligen Feldarbeiter völlig ausreichend. Eigentlich hätte er die Karte bis zu seinem Hof noch nicht gebraucht, doch sie half ihm, seine Unsicherheit zu bekämpfen. Mit schwerem Gemüt trat er durch den Torbogen der Stadt.
    Geändert von Braoin (24.07.2014 um 08:57 Uhr)

  13. #293
    Harivald
    Gast
     
    Viele Leute passierten das Westtor Thorniaras nach außen hin, während Harivald nur noch rein wollte. Die kleine Liesel folgte ihm treuherzig wie die Küken ihrer Mutter und das Tier war dem bärtigen Mann irgendwie ans Herz gewachsen. Doch ihr Schicksal war unumgänglich. Das Einzige, worüber Harivald sich ernstlich Sorgen machte, war, dass ihr schmackhaftes Fleisch einmal unwissentlich in seinem Teller liegen würde. Doch dazu musste er zunächst im Orden aufgenommen werden und dazu benötigte er außerdem die gut versteckten 1.000 Goldmünzen.

    Als er mit seiner wolligen Begleiterin in Coragons Marktschänke angekommen war, signalisierte er dem fragend blickenden Wirt, dass dieser Besuch nicht um sein leibliches Wohl ging.
    »Coragon, ich habe schlechte Neuigkeiten.«
    »Aber was... du hast doch dein Schaf. Alles bestens. Wieso guckst du mich so besorgt an?«, fragte er den tatsächlich sorgenvollen Harivald.
    »Es... geht um deine leeren Bierfässer. Man munkelt, dass zwielichtige Gesellen sie oftmals als Bunker für ihr gehortetes Diebesgut verwenden.«
    Aufgebracht schmiss Coragon seinen Putzlappen von sich.
    »Eine infame Unterstellung! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist... Schweinescheiße!«
    »Dann beweise es«, sprach Harivald beruhigend auf ihn ein. »Lass mich nur kurz einen Blick auf die Fässer werfen, ja?«

    Als der Wirt nicht antwortete, nahm Harivald dies als Akzeptanz an und ging geduldig auf die Abstellkammer zu.

    »Warte mal!«, rief Coragon auf einmal. Harivald hielt erschrocken inne. »Meine letzten Fässer wurden heute auf ein Schiff verladen und sind jetzt auf dem Weg nach Vengard«, fuhr der Wirt erleichtert fort. »Ich bin also aus dem Schneider.«

    Schockiert stand Harivald zwischen Tür und Theke, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt.
    »W... w... was... das... das ist nicht dein Ernst...«
    Coragon starrte ihn verblüfft an.
    »Wie darf ich das verstehen? Glaubst du den Schmarrn etwa auch? Das kränkt mich jetzt... hey!«
    Ohne eine Antwort darauf zu geben, zerrte der Betrogene seinen Lieblingswirt am Kragen hoch, die Fäuste bis zum Äußersten entschlossen.
    »Wo? Wo sind die vermaledeiten Fässer, Coragon? Antworte lieber direkt, wenn ich dir nicht aufs Maul hauen soll!«
    »Wie ich schon sagte. Wurden zum Schiff gebracht. Kurs Richtung Vengard.«
    »Welches Schiff?«
    »Was weiß ich, Herrgott noch mal! Frag Vigo, den Lagermeister! Der kann dir sicher mehr sagen.«

    Wutentbrannt ließ Harivald den korpulenten Wirt wieder los und stürmte nach draußen.
    »Kümmere dich gut um die Liesel, oder du wirst es bitter bereuen«, warnte er Coragon eindringlich, ehe er verschwand.
    Geändert von Harivald (23.07.2014 um 20:56 Uhr)

  14. #294
    Harivald
    Gast
     

    Hafenviertel

    »Hey du!«
    Der angesprochene Passant drehte sich um.
    »Ja, bitte?«
    »Wo finde ich Lagermeister Vigo?«, fragte Harivald den älteren Mann.
    »Kenne ich nicht«, gab dieser knapp zurück.
    »Aber was... «
    »Guten Tag noch!«

    So lief die Suche schon den ganzen Vormittag. Niemand hier im Hafenviertel schien den Lagermeister zu kennen, oder aber wollte es keiner Harivald unter die Nase reiben. Von den Menschen hier hatte er nicht allzu viel Hilfe zu erwarten, waren sie doch auch seit der Pest und den jüngst ansteigenden Lebensmittelpreisen zunehmend misstrauisch gegenüber jedem Fremden gesinnt.
    Harivald blieb nichts weiter übrig, als es weiterhin zu versuchen. Wenn Vigo der Lagermeister war, dann musste er doch in der Nähe eines großen Lagerhauses leben, oder selber eines sein eigen nennen. Das Haus durfte nur die nötigste Anzahl an Türen und Fenstern besitzen, um den Langfingern das Stehlen nicht zu leicht zu machen. Außerdem mussten ständig Leute in das Haus ein-und ausgehen, damit der Warenfluss nicht unterbrochen wurde.
    Er konnte sich einen besseren Überblick verschaffen, indem er zum Beispiel die niedrige Hütte rechts von ihm bestieg. Doch das war nicht nötig, weil eine verräterische Stimme ihm Gewissheit verschaffte.

    »Vigo! Jetzt komm doch bitte! Isaak bringt mich an den Rande der Verzweiflung.«
    »Gedulde dich, Gudrun!«, bellte Vigos Stimme irgendwo zurück. »Ich muss hier gerade arbeiten.«

    Harivald folgte dem nicht zu überhörbaren Streitgespräch und kam bald vor einem großen Lagerhaus, wie er es sich vorgestellt hatte, zum Stehen.
    Zwei untersetzte Männer führten wild gestikulierend eine Debatte um etwas, dass einer der beiden in der rechten Hand hielt: Harivalds Goldbeutel.

  15. Beiträge anzeigen #295
    Kämpfer Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline
    »Das Geld ist auf absolut ehrliche Weise verdient worden, Broncko, ich schwörs.« Verzweifelt warf Vigo die Hände in die Luft. »Geld stinkt nicht, heißt es doch.«
    Broncko, eine zwielichtige Persönlichkeit in seiner Rolle als Geldverleiher, musterte seinen Schuldner abschätzig.
    »Ja und es heißt auch, dass der Zweck die Mittel heiligt. Woher kommt das Geld, Vigo? Der Hafenmeister ist wohl kaum auf die Idee mit der Beförderung gekommen, so wie ich ihn kenne.«
    »A-aber es ist wirklich so«, erwiderte der Lagermeister schnell. »Ich habe in letzter Zeit gute Dienste geleistet, sagte er und daher... «
    »Spar dir deine Lügen! Du bist ein elendiger Wicht. Deine Anbiederungen widern mich an.«

    Bevor Vigo etwas einwenden konnte, gebot Broncko ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Anschließend pfiff er durch die große Zahnlücke und ein Schläger, der offenbar nur auf das Zeichen gewartet hatte, erschien zwischen den aufgestapelten Warenkisten im Innenhof.
    Vigo wurde zum Kotzen zumute.
    »B... Broncko, a-a-also das muss doch nun wirklich nicht sein, oder?«, brachte er verängstigt hervor.
    »Deine Frist ist um. Und da ich nicht sicher sein kann, woher du das Geld hast, tue ich so, als hättest du mir nie etwas von einer Beförderung, einem Lederbeutel mit 1.000 Goldmünzen oder sonst etwas erzählt. Dafür verlängere ich die Frist und der gute Dorm hier verprügelt dich etwas. So vermeiden wir in Zukunft Spannungen.«

    Erschrocken fuhr Broncko zusammen, als ihm plötzlich jemand von hinten eine Hand auf die Schulter legte.
    »Das wird nicht nötig sein. Das Geld gehört nämlich mir.«


    Harivald
    Geändert von Die Bürger (26.07.2014 um 12:59 Uhr)

  16. #296
    Harivald
    Gast
     
    Mit unbewegter Miene blickte Harivald in das pausbäckige Gesicht Bronckos, der unter diesem Gesichtsausdruck merklich eingeschüchtert wirkte. Auch Vigo schaute nervös von einem zum anderen, während er dabei den direkten Augenkontakt zu Harivald mied.

    »Gib mir den Goldbeutel, sei so gut«, bat dieser mit ausgestreckter Hand. »Dann vergesse ich auch die Sache mit deinen... ähhm... « Flüchtig sah er auf den teilnahmslos dastehenden Dorm. »Etwas zwielichtigen Kontakten.«
    Wütend schnaubte Broncko auf.
    »Wer bist du denn überhaupt? Dein Geld, sagst du? Ich bin anderer Meinung.«
    Seine schwieligen Pranken griffen gierig nach dem Beutel in Vigos Händen.

    »Ich rate zur Vorsicht«, ermahnte Harivald den Dicken. »Weil das die Belohnung für meine Dienste als professioneller Hexer ist. Und hier«, er fischte nach etwas, das sich am Brustansatz unter seinem Hemd befand, bis er seinen Talisman ertastete, »Ist mein Lieblingsspielzeug. Seht es euch nur genau an! So viele Seelen schon hat das gute Stück verflucht. Herrscher, Korrupte, Mörder... aber auch Kinder. Habt ihr vielleicht Bedarf? Wenn der Preis stimmt, verfluche ich jede Person, die euch in irgendeiner Weise stört. Nein? Dann bitte ich doch darum, mir jetzt wieder meinen ursprünglichen Besitz zurückgeben.«

    Niemand hinderte Harivald daran, den Beutel langsam, aber entschlossen an sich zu nehmen. Der Schwarzhaarige wusste nicht, was sie am meisten verschreckt hatte. Das skurille, orkische Amulett, seine glaubhafte Erzählung vom Verfluchen oder seine allgemeine Ausstrahlung, die auch seine zahlreichen Narben mit einschloss. Fest stand, dass er hier unbedingt weg musste, bevor Broncko und sein Schläger wieder Fassung annahmen.

    »Wenn ich Euch etwas vorschlagen dürfte, Vigo«, flüsterte Harivald dem Lagermeister im Vorbeigehen zu. »Der Großhändler Maximuss vergibt gerne Kredite und ist bei Weitem nicht so schlimm, wie dieser Fleischklops hier. Und lasst in Zukunft die Griffel von fremden Fässern, klar?«
    Vigo nickte erleichtert.

  17. #297
    Harivald
    Gast
     
    Müde und erleichtert erreichte Harivald schleppenden Schrittes die Marktschänke. Er brauchte jetzt vor allem Schlaf, aber zunächst musste sein Magen etwas zu essen bekommen.
    Coragon war wie so oft mit dem Putzen von Krügen, Tellern und Besteck beschäftigt, doch als er Harivald eintreten sah, unterbrach er seinen geliebten Zeitvertreib.

    »Na endlich. Ich dachte schon, du würdest mir eine Erklärung schuldig bleiben.«
    »Erstmal was essen, Herr Wirt«, zerstörte der Schwarzhaarige Coragons Hoffnungen auf weitere Informationen.
    Nachdem Harivald das Lamm verputzt hatte, fragte er sich sogleich, wo seine Liesel steckte.
    Als hätte Coragon eben seine Gedanken gelesen, antwortete er: »Die Kleine steht bei mir im Hinterhof. Es geht ihr gut.«
    Zufrieden nickte Harivald. Dann setzte er zur Erklärung an: »Die Sache mit den Diebesgutfässern war natürlich frei erfunden. Aber ich brauchte einen Vorwand, um hineinzusehen, weil ich in der Nacht davor mein Geld in eines davon versteckt habe. Ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn das Gold jetzt irgendwo in Vengard verschimmeln würde.«
    »Du hättest mich ja einfach fragen können«, warf Coragon gekränkt ein.
    »Zu riskant. Es war mein Geld, von Maximuss ausgeliehen. Von daher war es allein meine Sache.«

    Sie steckten noch eine Weile die Köpfe zusammen, redeten über alles Mögliche, auch der Name Broncko fiel dabei.
    »Ich gehe dann mal schlafen, Coragon«, verabschiedete Harivald sich und ging Richtung Zimmer. »Bald, nicht mehr lange, kommt mein großer Tag.«
    Geändert von Harivald (26.07.2014 um 12:51 Uhr) Grund: Komma eingefügt

  18. Beiträge anzeigen #298
    Kämpfer Avatar von Vicktar
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    Hafenviertel - Armenspeisung

    "Nehmt euch genug, aber schlingt nicht! Ihr müsst euch Zeit lassen. Auch wenn der Hunger schmerzt: euer Körper wird es wieder herausbringen, wenn ihr zu sehr hastet!"
    Er ward nicht müde, die Warnungen auszusprechen, und immer wieder fanden die Worte bei irgendjemandem Gehör, dessen Magen nur allzu bereitwillig alles auf einmal verschlingen wollte.
    "Sprecht innerlich für jeden Löffel ein Gebet an Innos, dann findet ihr das richtige Maß", riet der Adlatus mit einem hilfsbereiten Lächeln, während er einer abgemagerten, jungen Frau eine Schüssel mit Haferschleim in die Hände drückte.

    Es waren die Nachwehen der Pestilenz, die Thorniara hier und da heimsuchten. Viele Schiffe blieben aus, vor allem die Händler blieben fern aus ungerechtfertigter Angst vor Ansteckung, doch wer wollte es ihnen angesichts des Schreckens, den die Krankheit ausgelöst hatte, verübeln? Nun kam noch hinzu, dass die Insel selbst sich gegen Innos' Kinder aufzulehnen schien. Es rumorte in den Straßen, die Wege abseits der Siedlungen wären nicht mehr sicher. Dunkle Gestalten durchzogen die Berge und Wälder, hieß es, und manche sprachen gar von grauenhaften Fabelwesen, halb Mensch, halb Schlange! Mordlüstern und erbarmungslos verfolgten sie die Menschen, und wer ihnen in die Fänge geriet, war des Todes! Vicktar wusste natürlich, dass all das äußerster Mummenschanz war, verrückter Aberglaube - zugleich aber auch Ausdruck der Unsicherheit der Menschen. Nicht zuletzt die Verrücktheiten der Natur ließen sich nicht so einfach klein reden, wie etwa die extremen Wechsel zwischen trockener Gluthitze und sintflutartigen Regenfällen, die den Bauern das Leben schwer machten, oder die scheinbar wahnsinnig gewordenen Krähen, von denen manche der Bewohner des Thorniaraer Hinterlandes berichtet hatten. Angeblich stürzten diese sich in nie gekannter Wildheit auf Aussaat und Pflanzen, dass den Menschen angst und bange werden konnte, wenn sie an ihr täglich Brot dachten.

    Und so kam es dann auch: die Händler hatten sich nach und nach entschieden, die Preise für Nahrung anzuheben, war es aus Raffgier oder Angst, die Menschen mochten ihnen alles wegfressen, das sie besaßen. Die Folge war, dass vor allem in den Vierteln, in denen die Seuche am ärgsten gewütet hatte, so mancher nicht mehr das Gold aufbieten mochte, um den Magen zu füllen. Doch die Diener des Feuers, Verteidiger von Ordnung und Gerechtigkeit, halfen denen, die sich ihnen in ihrer Not anvertrauten, und so war eines der nunmehr leerstehenden Lagerhäuser zu einer großräumigen Armenspeisung umfunktioniert worden, in der nun die Bedürftigsten ihr Mahl empfangen konnten, ohne dafür löhnen zu müssen. Vicktar hatte sich sofort bereiterklärt, dabei behilflich zu sein, war dies doch genau der Schluss gewesen, den er aus seinem Aufeinanderprallen mit dem gefallenen Feuermagier gezogen und dem anschließenden Gespräch mit dem manipulativen Stadtdiener gezogen hatte.
    Und so war es nun an ihm, den Menschen Trost zu spenden und den gekochten Haferschleim auszuschenken, den sie am Morgen angesetzt hatten, gleich nach dem Kauf der Hafersäcke, die mit einer für diese Ware immensen Summe zu Buche geschlagen hatten. Doch es war nicht sein Gold, sondern das des Ordens, das dafür geflossen war, und auch wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte er sich daran nicht sonderlich gestört. Der Alte konnte hart und unerbittlich gegenüber Sündern und Unfrommen sein, doch denen, die ein gerechtes Leben führten und Not litten, war er stets mit Freuden eine helfende Hand.
    "Nimm ruhig noch etwas, alter Junge! Es soll doch auch ein wenig vorhalten, oder?"

  19. Beiträge anzeigen #299
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    Hafenviertel - Armenspeisung

    Der Nachmittag erlebte seinen Höhepunkt und das bedeutete, dass in der Kapelle die Freitagspredigt die Menschen anlockte. So galt es auch für die Männer und Frauen vom Orden des Feuers, doch hungrige Mäuler scherten sich nicht um besondere Zeiten, sondern wollten augenblicklich gestopft werden. So kam es, dass der Novize, der die Speisung als Verantwortlicher beaufsichtigt hatte, nunmehr lediglich drei Adlaten zurückließ, die sich dafür bereiterklärten, weiterzuarbeiten. Mit einem Berg an Arbeit, einer Horde hungriger Menschen und einer gehörigen Unterzahl, mit der sie irgendwie fertig werden mussten, waren so die Drei geblieben, die sich ihren Pflichten stellten. Da war Vicktar, der alte Mann, der es als Aufopferung ansah, der Freitagspredigt nicht beiwohnen zu dürfen, Fredegar, ein leidenschaftsloser Schönling, dem die Dummheit der Jugend nicht früh genug ausgeprügelt wurde, und Gerti, ein Mädchen von nicht einmal 20 Wintern, fast noch ein Kind und genauso durchsetzungsstark wie die nassen Lumpen, die auf den Tischen ruhten und ein Mindestmaß an Reinlichkeit garantierten. Keine Frage, wer von den drei Adlaten die Initiative übernahm, als der Geräuschpegel immer lauter wurde und der unterbesetzten Mannschaft die Kontrolle ein wenig zu entgleiten drohte.
    "Gerti, wasch die Schüsseln im Zuber aus! Fredegar, du schenkst den Leuten ein - Kinder zuerst, dann die Frauen und Männer!"
    "Und was machst du, Alter?", raunte der Junge zurück und schien ganz und gar nicht angetan.
    "Ich sorge für Ruhe."
    Kurzerhand erklomm Vicktar erstaunlich behände einen klapprigen Holzstuhl und erhob seine Stimme.

    "Werte Freunde, es freut mich, euch alle wohlbehalten hier zu sehen!"
    Er hatte ein durchaus lautes Organ, das so manchen zum Schweigen brachte. Abgesehen von einigen Männern, die sich über die Passage des wohlbehalten Seins echauffierten, kehrte weitgehende Stille ein.
    "Wenngleich es kein festlicher Grund ist, der uns hier zusammenkommen lässt, lüge ich doch nicht, wenn ich meine Freude ausdrücke. Manchen von euch kenne ich schon seit Jahrzehnten und es betrübt mich wie euch, dass viele Gesichter nur noch unserer Erinnerung angehören. Beliars Pestatem hat uns viel genommen - Kinder, Eltern, Freunde, Verwandte - vielen sogar die Hoffnung und den Lebensmut. Es waren harte Zeiten für uns alle und ich weiß, welcher Schrecken hier herrschte, denn auch ich war im Hafenviertel eingesperrt und von der Pestilenz befallen. Es musste erst ein Wunder kommen, das uns wieder ein Licht sehen ließ, doch nun ist die Krankheit besiegt! Und obwohl wir stets noch zurückblicken auf das, was wir verloren haben - und das völlig zu Recht, denn nichts wäre schändlicher, als die zu vergessen, die uns genommen wurden! - dürfen wir doch nicht aus den Augen verlieren, wohin wir gehen.
    Nahrung ist knapp dieser Tage, da uns eine Prüfung nach der anderen heimzusuchen droht. Doch wir Diener Innos' sind mehr als nur Magier und Vorbeter, Berater und moralische Instanzen. Wir sind auch verantwortlich für die Kinder unseres Herrn, für euch alle, und es ist unsere heilige Pflicht, einem Jeden von euch zu helfen, wo wir nur können, wenn er fromm und gerecht ist. Denn Innos will es!"
    Vicktar sprang von dem Stuhl und zeigte in die Runde.
    "Ihr alle seid meine Freunde meine Brüder, Schwestern und Kinder, so wahr ich hier stehe als Diener Innos', und jeder von euch soll sich dessen gewahr sein: seine Worte werden erhört, wenn er auf diese Stütze vertraut, wenn er daran glaubt, dass wir alle diese Prüfungen bestehen können, weil wir gemeinsam gegen das Böse, gegen Krankheit und Hunger, Zwist und Neid stehen. Was wir hier bei uns haben, ist nicht viel, dessen bin ich mir bewusst. Die Gemeinschaft muss erst in den Herzen aller erblühen, damit sich unsere Möglichkeiten vervielfältigen können, doch nehmt das, was wir euch bieten wollen, als Geschenk von Herzen und nehmt es mit einem Lächeln, wie wir es euch mit einem Lächeln darreichen!"
    Vicktar blickte fordernd hinüber zu Fredegar, der prompt ein falsches Lächeln aufsetzte, um sich nicht den Zorn des verrückten Kauzes aufzuladen, dessen jüngste Taten in der Marktschänke bereits als offenes Geheimnis unter den Adlaten die Runde gemacht hatten.
    "Auch das ist Innos: die Liebe zu unserem Nächsten, die Wärme in euren und unseren Herzen. Horcht in euch hinein und erkennt, was ich sage. Wir werden hier sein und hier bleiben, um euch zu unterstützen, wenn euch Not befällt. Denn unser Gott zeigt sich nicht nur durch Magie, nicht nur durch rohe Kraft und strahlende Wunder, die doch so selten erscheinen, um uns zu erretten. Seine Macht steckt zuerst in unserer eigenen Güte. Und deshalb lasst uns beten, auch wenn die Mägen leer sind und der Hunger groß."
    Und so schloss der Alte seine kleine persönliche Freitagspredigt im Stillen, bevor er Fredegar wieder am Kessel unterstützte und das lebte, was er zuvor gesprochen und versprochen hatte.

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    Der Rückweg war geschafft. Nach einer weiteren längeren Rast an seinem alten Hof konnte Braoin die Mauern der Stadt Thorniara wieder erblicken. Sein Proviant hatte gut gereicht und lediglich einige Kartoffeln waren übrig. Dennoch war die Tragelast die ganze Reise über kaum weniger geworden, hatte er in Stewark doch das Bündel von dem merkwürdigen kleinwüchsigen Kerl bekommen.
    Nachdem er das Westtor passiert hatte, steuerte er sogleich die Marktschenke an, welche schon vom Tor aus zu sehen war. Er wollte den Zimmerschlüssel von Coragon abholen und direkt für die heutige Nacht zahlen. Außerdem hatte er vor, sein Gepäck abzuladen, wollte er es doch nicht mit zu Meister Neoras nehmen.

    „Wie war die Reise?“, fragte der Wirt seinen Gast, als er ihn entdeckt hatte.
    „Erfolgreich! Kannst du mir den Zimmerschlüssel geben? Hier ist das Gold für heute“, erwiderte der Bauer.
    „Hier, ruh' dich erstmal aus!“
    „Danke, aber dafür habe ich wohl keine Zeit“, lächelte der Witwer ein wenig erschöpft.
    Die Stube hatte sich seit seiner Abreise vor zwei Tagen nicht verändert und auch sein Hab und Gut lag noch dort, wo er es zurückgelassen hatte. Die Dinge, die er nun nicht mehr brauchte, legte er dazu, behielt nur das Bündel mit den Zutaten. Die Tür fiel wieder hinter ihm ins Schloss und ein Klicken versprach Sicherheit, als der Schlüssel sich gedreht hatte.

    Der Weg ins Tempelviertel war nun an der Reihe und gleich danach würde der ältere Mann seiner Ziege einen Besuch abstatten. Bei Innos, hoffentlich hatte der Stallbursche das Tier gut versorgt. Er war doch ein wenig knauserig mit der Bezahlung gewesen, aber er musste sparen, wenn er noch einige Tage über die Runden kommen wollte. Die Schildkrötensuppe wanderte bereits in weite Ferne und er würde wieder mit dem Moleratbraten vorlieb nehmen müssen.
    Die Tür zu Meister Neoras Labor stand offen und so trat der Bote einfach ein.
    „Meister Neoras? Ich habe die Zutate, die Ihr wolltet.“

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