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  1. #361
    Harivald
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    Harivald hatte sich Zeit gelassen. Vor seinem Besuch in der Bastion hatte er seine Kerkerentlassung ordentlich gefeiert, was in Anbetracht der Sinnlosigkeit dieser Inhaftierung eigentlich nur ein Vorwand war, um mal wieder runterzukommen. Sich gehen zu lassen. Selten hatte Harivald so eine Leere in seinem Leben gefühlt, wie hier in Thorniara. Auf dem Festland herrschte nie Langeweile. Ein Feldzug folgte auf den Nächsten und wenn es ausnahmsweise an potentiellen Feinden mangelte, machte sich die gehobene Gesellschaft eben auf die Jagd.
    Hier war alles ganz anders. Die Menschen introvertierter, Arbeit rar und zu allem Überfluss hatte die Pest mehr als die Hälfte der Stadtbevölkerung dahingerafft. Harivald war nach wie vor felsenfest davon überzeugt, dass Innos diese Krankheit als verdiente Strafe für das schändliche Treiben der Bewohner geschickt hatte, wie sonst ließ sich diese grauenhafte Katastrophe erklären?

    Aber das war Schnee von gestern. Nach ein paar vergnüglichen und sehr alkoholisierten Abenden hatte sich der vor kurzem Entlassene auf den Weg zur Bastion gemacht. Harivald wollte versuchen, erst einmal ohne Bürgen die begehrte Reichsurkunde einzufordern und im negativen Fall nach zwei solchen Personen Ausschau zu halten. Er brauchte den Wisch. Alles, was Harivald sich von seiner Aufnahme erhoffte, war Arbeit, Beschäftigung. Ohne diese würde er noch eingehen. Ächzend stieg er die Rampe zum aufragenden Steingebäude empor.

  2. Beiträge anzeigen #362
    Waldläufer Avatar von Draal
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    Draal ist offline
    "Das die einen wie dich nicht nach Feshyr jagen"

    Der Vorarbeiter schüttelte den Kopf, als er den breit grinsenden Draal sah, der Bretter schleppte und keine Müdigkeit vorschützte. Grund für die Aussage war ein vorangegangenes Gespräch mit einem anderen Tagelöhner, den der Bergmann verpfiffen hatte. Wieso? Weil er für sich selbst Holz zurück gelegt hatte. Für den Hausbau, so die Erklärung. Sein Dach habe Schäden, die müssen ausgebessert werden. Eine billige Ausrede für Draal, der den Kerl sofort am Kragen gepackt und zum Chef gebracht hatte. Der hatte nur den Kopf geschüttelt und mit dem Mann geredet. Nun waren sie ein Arbeiter weniger, doch der Bergmann übernahm mit Freuden die Arbeit, die anfiel.

    "Feshyr, ja, das wäre wohl Ironie des Schicksals, mein Freund. Ich komme von dort. Die waren auch froh, als mich das Schiff mit weiteren Verbrechern nach Khorinis gebracht hatte. Die würden dumm aus der Wäsche glotzen, würde ich dort einkehren. Aber warum sollten die mich dort hin treiben, Chef?"

    Der Vorarbeiter grinste schwach.

    "Na, weil du dann weit genug von der Stadt weg bist und nur die Deppen in dem Dorf dort stören kannst. Die sind ja alle nicht ganz frisch dort. Da denkt jeder beschissne Hirte, er sei ein Held und sowas! Da sollte man eigentlich mal anfangen, Verbrecher hin zu verbannen ... werden sehen, was sie davon haben, die armen Schweine!"

    Das breite Grinsen verließ rasch Draals Züge.

    "Arme Schweine? Wenn sie gegen das Gesetz verstoßen, sind sie selber schuld. Jeder ist seines Schicksals Schmied. Der Hungrige kann den Apfel klauen ... oder den Arsch hochkriegen, Arbeit suchen und ihn sich redlich verdienen. Weißt du, in Varant haben die es richtig gemacht! Hat da einer geklaut - also nicht nur nen blöden Apfel, sondern was richtig Wertvolles - war die Hand ab. Hat er gemordet, wurd der nicht auf irgendne Insel geschickt! Nee, da wurd der in der Wüste an nen Pfahl gebunden und war Futter für die Geier. Die Orks - ich war Sklave, musst du wissen - haben mal gesagt, dass selbst sie, als Kriegervolk und alles, nie an die Grausamkeit und Brutalität herangekommen sind, die Menschen einander antun. Aber manchmal muss Gewalt eben sein, weil sonst Chaos herrscht. Siehste doch am Krieg! Wäre dieses Reich frei und friedlich, wenn Rhobar gesagt hätte: Nöö, ich fass das Schwert nicht an! Bringt mir ein Buch und macht das Fenster zu, sonst hör ich doch die Kriegshörner der Kämpfer Beliars, die Chaos säen. Nein, der hat das Schwert geschnappt und mit Gewalt und Krieg seinen Willen verbreitet, Frieden und Ordnung in diesem Reich!"

    Nachdem der Redefluss versiegte, blickte der Vorarbeiter Draal lange Zeit nur an. Langsam schüttelte er den Kopf. Dann hob er die Hand und deutete irgendwo die Straße entlang.

    "Hau ab! Verpiss dich! Solche Reden sind es, die Chaos säen. Fanatiker, die meinen, Ordnung müsse durch Krieg, Gewalt und Leid verbreitet werden. Wegen Bastarden wie dir wird diese Welt noch viel schneller zugrunde gehen, als sie es so schon tut! Hau ab, die Arbeit bist du los, du Spinner!"

    Draal seinerseits sah den Vorarbeiter auch lange Zeit an. Prägte sich das Gesicht ein. Dann lächelte er wieder gefährlich. Er ließ das Holz achtlos auf die Pflastersteine fallen, verneigte sich spöttisch und ging. Nach einigen Metern blieb er stehen und drehte sich halb um, immer noch grinsend.

    "Erzähl den Orks und den Rebellen doch was von Frieden, wenn sie an der Mauer stehen. Wenn sie die Häuser deiner Freunde und Verwandten niederbrennen. Wenn sie die Stadt schleifen und vom Anlitz der Welt tilgen. Erzähl ihnen von Frieden, wenn die Welt im Dunkel versinkt, du Held, und sieh, was es dir bringt - nichts."
    Geändert von Draal (03.06.2014 um 21:52 Uhr)

  3. Beiträge anzeigen #363
    Waldläufer Avatar von Draal
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    Draal ist offline
    Draal hatte eigentlich ein klares Ziel vor Augen. Die Schänke. Dort gab es Alkohol, er hatte Geld. Was Thorniara von Schwarzwasser unterschied, war nicht nur die Qualität der Getränke, nein, auch die Einwohner der Stadt waren weitaus seltener in der Stimmung, Ehebrecher und Schürzenjäger zu lynchen, als es das Gesinde auf dem Dorf tat. Und da das Thema Weibsvolk für Draal sowieso erstmal für längere Zeit erledigt war, konnte er sich ganz und gar dem Trinken hingeben, jener Schwäche, die er einfach seit den ersten Tagen in der Kolonie mit sich trug. Das Schicksal galt es halt stets und ständig zu begießen.

    Es versprach ein angenehmer Abend zu werden. Trotz des Schlages, den die Pest der Stadt versetzt hatte, traf man überall Menschen auf den Straßen. Ordenswachen, die mit Argusaugen dem Treiben zusahen, Händler, die am Markt ihre Stände abbauten, Edelleute, die - eskortiert von privaten Wächtern - durch die Stadt schlenderten und ganz einfach Einwohner, die froh waren, am Leben zu sein, bester Gesundheit und in der Blüte ihres Lebens. Der Bergmann lächelte. Wahrlich, auch wenn der verdorbene Strunk der Gesetzlosigkeit sich immer wieder in den Gassen der Stadt regte, war es doch ein Ort, der es wert war, ihn Heimat zu nennen. Voller Stolz und Zufriedenheit. Heimat. Zuhause. Etwas, das Draal seit zwanzig Jahren nicht mehr gehabt hatte. Ja, ein Heim, eine Hütte. Ein Verschlag im Alten Lager, ein eigener Schlafsack bei den Paladinen, eine persönliche Nische in irgendeinem Bergwerk, bewacht von Orks. Aber nie ein Zuhause.

    Der Gedanke wurde so plötzlich zerstört, wie er sich aufgetan hatte. Unverhofft hob scheinbar die Welt zu einem Brüllen an, das sie in ihren Grundfesten erzittern ließ. Die wenigen gläsernen Scheiben, die es in der Umgebung gab, vibrierten, als würde die Erde beben. Es machte sogar den Anschein, als wäre dies wirklich der Fall! Einen ewigen Augenblick lang schien es anzuhalten, dieses Brüllen, das der Kehle eines Gottes entstammen musste. Eines zornigen, unglaublich wütenden und hasserfüllten Gottes. Und dann loderte das Licht auf. Thorniara war unweit des Fußes des Weißaugengebirges gebaut. Von dessen ferner Spitze flammte ein Licht auf, das sich problemlos mit dem der untergehenden Sonne messen konnte. Doch während die Sonne, die überm Horizont hing - orangerot, schwer, träge - für den kommenden, ruhigen Abend stand, schien das Feuer über den Bergen mit seinem goldenen, blendenden Schein für die Vernichtung zu stehen, für Flammen, die nichts hinter sich zurücklassen als Asche, verbrannte Leiber, tote Bäume. Das Feuer stand für den sicheren Tod.

    Draal fiel auf die Knie nieder. Er war nie fromm gewesen, hatte in all den Jahren, da das Schicksal ihn herumgeschubst hatte, nie auch nur zu einem Gott gebetet. Doch nun begann er, das Feuer als Zeichen deutend, zu Innos zu beten.

    Bitte, oh Herr, möge das nur ein einziges Zeichen sein. Möge da nicht mehr kommen ...

  4. #364
    Harivald
    Gast
     
    Andächtig durchschritt Harivald den großen Torbogen zur Bastion und hielt sich anschließend links. Dieser Weg erschien dem Passanten am vielversprechensten, da auf der rechten Seite Kampfübungen abgehalten wurden, was seinen Zwecken im Moment nicht dienlich war.
    Ohwohl die Pest dermaßen viele Opfer gefordert hatte, ging es auf dem Hof sehr lebhaft zu. Uniformierte Männer mit dem Wappen Thorniaras schritten mit gewichtigen Gesichtsausdrücken an Harivald vorbei, Karren, von Ochsen oder Pferden gezogen, bahnten sich ihren beschwerlichen Weg durch den schlammigen Untergrund und verschwanden wieder in der Stadt. Allerlei Gaukler und Musiker sorgten für Spaß und Unterhaltung, um die in letzter Zeit bedenkliche Moral aufzubessern.
    Doch bei all dem bunten Treiben war keine Menschenseele anzutreffen, die Harivald bei seiner Suche nach einem zuständigen Urkundenamt helfen konnte oder wollte. Irgendjemand musste es doch wissen.

    Nach gefühlten hundert ergebnislosen Umrundungen des Bastioninnenhofes hielt eine Wache mit leicht lädierter Rüstung den Suchenden auf.
    "Was soll das, Mann? Streunern kannst du im Hafenviertel, hier wird angepackt, verstanden?"
    Er wollte Harivald am Arm packen und wieder zum Tor schleifen, da setzte dieser zu seiner Verteidigung an.
    "Hey, lasst mich in Ruhe! Wenn mir endlich jemand sagen würde, wo ich hier meine Bürgerurkunde erhalten kann, wäre ich schon längst wieder weg."
    "Reichsbürgerurkunde, du?", ungläubig betrachtete der Wachmann Harivald mit neuem Interesse. "Damit der Wisch überhaupt erst in Betracht gezogen werden kann, brauchst du zwei Personen, die für dich bürgen. Also besorg dir welche oder zieh Leine!"
    Harivald gab nicht auf.
    "Wie und wo finde ich Bürgen?"
    Ungehalten verschränkte sein Gegenüber jetzt seinerseits die muskulösen Arme vor der Brust.
    "Was geht mich das an? Ich hab ganz andere Sorgen, du Armleuchter."
    Plötzlich hellte sich das eben noch starre Gesicht des Milizionärs auf, sodass die weißen Narben unter dem jungen Bart zu erkennen waren.
    "Es sei denn, wir könnten so etwas wie ein Arrangement treffen."
    Harivald hatte kein gutes Gefühl dabei.
    "Was für ein Arrangement?"
    Geändert von Harivald (04.06.2014 um 00:02 Uhr)

  5. #365
    Harivald
    Gast
     
    "Nicht hier." Der Wächter, der Harivald aufgehalten hatte, bedeutete ihm jetzt mit einer Geste, ihm nachzufolgen. Im Schatten der dicken Bastionsmauern gelangten die beiden zu einer in den Wall eingebauten Tür, die sich knarzend öffnete und den Blick auf eine kleine Kate freigab. Zuerst schob der Milizionär Harivald in den Raum, dann folgte er selbst und schloss die Tür wieder hinter sich.
    Nach einem Räuspern richtete er das Wort an den Fremdling.
    "Ich fasse mich kurz. Ich wäre bereit, dir unter gewissen Bedingungen die Aufnahme als Reichsbürger zu erleichtern. Du musst das als Freundschaftsdienst sehen, es ist bei Weitem nicht jeder so aufgeschlossen und hilfsbereit wie ich."
    "Das wird sich zeigen", gab Harivald sich misstrauisch und fragte im Anschluss danach: "Was ist es denn, das ich für dich tun soll?"
    "Ich brauche ein paar Dinge."
    "Ja, aber welche?" Langsam verlor er die Lust an dem unsichtbaren Spiel des Wachmanns.
    Dieser zog einen Bogen Papier aus einer Kommodenschublade hervor und notierte mühsam etwas darauf. Anschließend zeigte er ihn seinem Gast.
    "So leid es mir tut, aber diese Sauklaue kann ich nicht entziffern."
    "Pass auf!", entweder hatte der Milizionär die Unverfrorenheit Harivalds nicht bemerkt oder er ließ sich nichts anmerken. "Drei Flaschen Schnaps, eine Schachtel Krautstängel vom Feinsten und..."
    "Ja?"
    Ein lüsternes Lächeln kräuselte die Lippen des Uniformierten.
    "Und eine Nutte."
    "Aber...", doch bevor Harivald etwas einwenden konnte, stand er wieder im Freien und die Tür fiel mit einem lauten Knall zu.

  6. #366
    Harivald
    Gast
     
    Prima! Hoffnungslos macht Harivald kehrt und spazierte auf den inzwischen sonnenbeschienenen Innenhof zu. Es gab zwei Gründe, warum er den Auftrag des linkischen Wachmanns nicht erfüllen konnte. Erstens wusste Harivald nicht annähernd, wo er das bestellte Zeug finden sollte und auch wenn er es täte, ihm fehlten ohnehin die finanziellen Mittel dafür.

    Grübelnd setzte er sich an das kalte Lagerfeuer, das mitten auf dem Platz errichtet worden war und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Ein lautes Knurren ließ ihn herumfahren.
    "Wer da?", rief er erschrocken aus und musste dann lachen. Sein eigener Magen hatte ihm diesen Schrecken eingejagt, doch er offenbarte ihm auch eine traurige Erkenntnis. Harivald schob seit Tagen Hunger und er hatte sich schon lange nicht so richtig satt gegessen.
    'Im Kerker gab es immerhin jeden Tag etwas Warmes', rief der Hungrige sich in Erinnerung. Aber das war so ziemlich der letzte Ort, an dem Harivald weilen wollte. Er brauchte Geld. Dringend. Doch keiner nahm einen unbekannten Fremden in seine Dienste, die Urkunde war Pflicht.
    "Was soll ich tun?"

  7. Beiträge anzeigen #367
    Schwertmeister Avatar von Avik
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    Avik ist offline
    Eng drängten sich diesen Morgen die Bewohner von Thorniara im Innos Tempel des Klosterviertels, angsterfüllt.

    Nach der Pest, die ja bekanntlich von Mensch zu Mensch übertragen werden konnte, widerstrebte es den jungen Ordensbruder sich zusammen mit seinen Brüdern durch die Massen zu drängen, doch dennoch taten sie es.

    Wie üblich trugen Estepho und Avik ihre langen Waffenröcke des Ordens, das Schild des Ordens und das Schwert, das am Gürtel hängte. Die beiden Ordensbrüder waren in Begleitung drei weiterer Brüder, zusammen sollten sie wenn nötig für Ruhe sorgen und zu dieser Stunde der Furcht Präsenz des Ordens zeigen.

    Kaum war die Pest überstanden, stand die nächste Gefahr vor der Tür. Beliars Seuche hatte die Stadt schwer getroffen, und auch die Mannschaften der Stadtwache hart zugesetzt. Lange noch würden die Folgen dieser Seuche zu spüren sein und jetzt schien Beliar die nächste Attacke zu planen. Ein markerschütternder Schrei kündigte das an, was Avik schon vor einigen Jahren hatten sehen dürfen. Der Drache war wieder erwacht, wenn es denn der Gleiche war, wie damals im Gebirge und erfüllte die Herzen der Menschen mit Angst und Panik.

    Viele suchten Schutz im Tempel und lauschten der Predigt. Innos wache über die Gläubigen, sprach der Priester und zeigte dabei auf sie alle. Die Ordensbrüder positionierten sich währenddessen an einer der Mauern und musterten mit nachdenklichen Mienen die Bürger. Halb hielten sie Wache, halb lauschten sie ebenfalls in Sorge den Worten des Erwählten Innos.

  8. Beiträge anzeigen #368
    Waldläufer Avatar von Draal
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    Draal ist offline
    Mit mechanisch anmutenden Bewegungen ging Draal durch das Armenviertel, einer jener Teile der Stadt, die die Pest schwer getroffen hatte. Den ganzen gestrigen Abend hatte er fieberhaft überlegt, woher er das Brüllen kennen könnte. Denn nachdem der erste Schreck vergangen war, hatte ein Teil seiner Erinnerungen sich zurückhaltend geräuspert und gesagt, dass das nicht das erste Mal war, dass er sowas gehört hatte. Und nun, während ihn seine Schritte durch dieses hässlichste aller Viertel trugen, wurde ihm langsam klar, warum ihm der Schrei so bekannt vorgekommen war. Er hatte ihn mehr als einmal im Minental gehört. In jenen Jahren, da er Schürfer für den Sieg des Königs über Beliar gewesen war, als Ritter und Ordensmänner die Arbeit überwacht hatten. Draal hatte die Schatten am Himmel gesehen, die Flammen ihres Feuers. Er hatte sich eingenässt, als eines dieser uralten Monster nahe ihrer Mine gebrüllt hatte. Noch lauter, als es gestern gewesen war. Ein Brüllen von so unmöglicher Lautstarke, dass Brocken von Gestein sich in ihrem tiefen Schlaf geregt und hinab auf die Männer gefallen waren, die unter ihnen geschlafen hatten. Und dieses Mal war es auch wieder ein Drache. Teufel, hatte es damals nicht Drachenjäger und -töter gegeben? Diese aufreißerischen, arroganten Lumpen, die meinten, schon mehr als eines dieser Biester erledigt zu haben? Warum waren da noch Drachen, wenn sie so erfolgreich gewesen sein sollen?

    "Egal", murmelte Draal, "Der Orden wirds richten. Innos auch. Paladine und Feuermagier, mehr braucht es nicht, um diese Ausgeburt zu vernichten ..."

    Aber irgendwie klangen diese Worte eher schwach als hoffnungsvoll. Mit herabhängendem Haupt ging Draal weiter, als er zweier Männer Gewahr wurde, die am Rande einer Gasse standen. Sie wirkten zwar ebenso abgerissen wie der Rest der Einwohner des Viertels - zu denen sich der Bergmann nach Verlust seiner Arbeit auch zählen durfte -, doch waren sie kräftiger, gesünder. In ihren Augen glühte Entschlossenheit und Willensstärke. Und sie trugen seltsame dunkelrote Bänder an den Armen. Nicht das Scharchlachrot der Feuermagier, sondern eher ein tiefes, rotstichiges Purpur. Seltsame Tätowierungen fielen dem Bergmann ebenso auf, die die Unterarme bedeckten, bis hinauf zu den Schultern. Einer der Männer bemerkte Draals Blick und verengte die Augen zu Schlitzen, legte eine Hand auf einen rostigen Krummsäbel, der irgendwo in Varant das Licht der Welt erblickt haben musste - vor Jahren.

    Seltsam, dachte Draal, das merk ich mir. Die sind mir nicht geheuer ...

  9. Beiträge anzeigen #369
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Bastion

    Radzinsky war in der Bastion, um ein paar Männer zusammen zu trommeln, die ihm am Ostturm helfen sollten. Es waren Ausbesserungen an Mauer und Zinnen vorzunehmen, vielleicht wegen dieses unnatürlichen Donnergrollens, das gestern Abend ertönte. Viele Bürger waren aufgeschreckt und suchten Trost bei einem Gebet in der Kapelle, denn kaum war die Pest überstanden, schien sich ein neues Unheil anzukündigen. Manche munkelten sogar, dass ein Drache vom Berg herab steigen würde.
    'Lächerlich', war Radzinskys rationale Meinung, der sich sicher war, dass es nur einen größeren Steinschlag gegeben haben musste. Das war doch viel wahrscheinlicher bei den rauen Bedingungen, die dort im Gebirge herrschten. Jedenfalls erschwerte ihm dieses neuerliche Chaos, dass er Freiwillige fand. Zudem fehlten trotz Zwangsrekrutierung immer noch Arbeitskräfte an allen Ecken und Enden.

    "Wenn du niemanden in der Bastion findest, dann schau einfach ins Handwerkerviertel und bring einen Baumeister mit", hatte Stephano ihm auf Nachfrage eingetrichtert, "Ich werde ihn dann zwangsrekrutieren, genau wie dich, harharhar."
    Das gefiel Radzinsky eigentlich nicht. Er mochte seine derzeitige Arbeit nicht und war nicht auf Ärger aus, indem er andere Existenzen auch vernichtete. Er konnte sich schon gut vorstellen, wie ein sieben Fuß großer Baumeister auf einen mickrigen Knecht reagierte, der ihn zwangsrekrutieren wollte. Es musste doch noch ein paar freie Männer in der Bastion geben...

    Gerade, nachdem er in den Unterkünften niemanden dazu hatte überreden können, erblickte er auf dem Hof jemanden, der ganz kräftig ausschaute, aber offensichtlich nur herumlungerte. Er trug nicht einmal eine Uniform.
    "Ihr da", begann Radzinsky und zog seinen Gürtel enger, denn die Rüstung war ihm etwas zu groß. Der Kerl starrte ihn an und seine Augen verfinsterten sich. Radzinsky nahm das gar nicht wahr.
    "Wenn ihr nichts zu tun habt, dann solltet ihr nicht in der Bastion herumlungern. Ich habe den Auftrag, Arbeiter für Restaurationsarbeiten an der Stadtmauer zusammenzutrommeln. Wollt ihr da vielleicht mitmachen?"
    Weil ihn der Kerl so düster anstarrte, legte Radzinsky den Kopf schief und musterte ihn genauer. Kannte er den Burschen nicht irgendwoher?

  10. #370
    Harivald
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    Da wurde doch das Karnickel in der Pfanne verrückt! Wer stolzierte denn da in der Rüstung der Stadtwache einher und versuchte, seinen Unmut durch selbstsicheres Marschieren zu verbergen? Radzinsky?
    Harivald rieb sich ungläubig die Augen. Radzinsky. Und er ging schnurstracks auf ihn zu. Wie er sich in den Gambeson reinzwängte, sah der Erfinder einfach nur lachhaft aus. Auf welche Weise er es überhaupt in den Laden geschafft hatte, war Harivald ein Rätsel und leider schmälerte dies auch seine Chancen auf persönliche Vergeltung. Denn dem Mann, der auf der Straße durch seine erfolgreiche Bekämpfung der Rattenplage bekannt geworden war, hatte Harivald seinen Kerkeraufenthalt schließlich zu verdanken.

    Vor den Füßen des untätig Herumsitzenden blieb Radzinsky schließlich stehen und faselte etwas von Reparaturarbeiten an der Burg, wenn Harivald das richtig verstanden hatte. Wie war das möglich? Erkannte der Kerl ihn etwa nicht mehr? Nun, es schien so. Dem Neuling kam ein glänzender Einfall.

    "Natürlich kann ich das gut gemeinte Angebot eines unserer heldenhaften Streiter nicht ablehnen", säuselte Harivald mit verstellter Stimme und erhob sich. Radzinsky erkannte ihn tatsächlich nicht mehr.
    'Gut, gut.' Der Angesprochene rieb sich freudig die Hände.
    "Dann zeigt mir doch mal meinen zukünftigen Arbeitsplatz, mein Freund!"
    Geändert von Harivald (04.06.2014 um 13:54 Uhr)

  11. Beiträge anzeigen #371
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline
    'Mein Freund', dachte Radzinsky überrascht und wunderte sich weniger über die freundlichen Worte, die er soeben erfahren hatte, als vielmehr über die Tatsache, dass er hier tatsächlich einen Freiwilligen gefunden hatte. Das machte ihn ein wenig stolz und verbesserte auch sein Ego als Soldat. So eine Uniform schien ja doch was her zu machen, selbst wenn sie etwas locker saß.
    "Kommt mit, es ist nicht weit. Der Milizionär Jethro erwartet uns schon. Wie heißt ihr überhaupt?"

  12. Beiträge anzeigen #372
    Kämpfer Avatar von Vicktar
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    Vicktar ist offline

    Tempelviertel - Tempelvorplatz

    Gedankenverloren fegte der pflichtbewusste Adlatus den Tempelvorplatz und machte sich Gedanken über die vergangenen Tage. endlich hatte er sich an die einseitigen Belastungen der niederen arbeiten gewöhnt, die er in seiner Position auszuüben hatte, und schien die dauerhaft anhaltenden Rückenschmerzen nun endlich überwunden zu haben. Der Alltag hatte sie mit seinen immer gleichen Aufgaben wieder im Griff und all die Schrecken und Wirren der letzten Wochen schienen wieder so unendlich weit weg zu sein. Johanna und er waren immer noch damit beschäftigt, sich in der Weberhütte zu arrangieren, und der begrenzte Wohnraum Vicktars hatte in den letzten Tagen eine erstaunliche Wandlung durchgemacht. Es war enger geworden, keine Frage, doch mit ein wenig harter Arbeit - zu der sie sich beide hatten durchringen müssen nach den anstrengenden Pflichten als Adlati - hatten sie es fertig gebracht, dem Mädchen eine hübsche eigene Wohnecke einzurichten. Leidglich das beiderseitige Schnarchen machte ihnen Probleme in der Nacht, wenngleich der momentane Erschöpfungszustand am Ende eines Tages ihnen stets schnell über die Störung der nächtlichen Ruhe hinweg half.

    Johanna hatte ganz nach dem Wunsch der obersten Feuermagierin ihren Dienst in der Bibliothek angetreten, wo sie sich derzeit noch schwer tat, da sie gerade erst begonnen hatte, lesen zu lernen, doch den Großteil der Zeit war sie ohnehin damit beschäftigt, wissbegierig und mit schneller Auffassungsgabe in der Ordensschule zu lernen - so standen die Geschichte von Reich und Orden, Glaubenslehren der Feuermagier, Grundzüge der Rechenkunst und Lesen und Schreiben auf dem Plan.
    Johanna zeigte erstaunliche Freude an all dem neuen Wissen, als hätte ihr Geist in all den Jahren einen brüllenden Durst erlitten und hätte ihn nun endlich stillen können. Selbst die Glaubenslehren nahm sie ohne zu murren hin, obwohl sie sich trotz der Eindeutigkeit der Ereignisse während der Pest immer noch schwer tat, an eine übergeordnete Allmacht zu glauben, die ihr Schicksal in den Händen hielt.

    Was Vicktar aber besonders beschäftigte, waren die Ereignisse des Vortages. Es war bereits in der Dämmerung des Abends gewesen, als ein grausamer Schrei den guten Menschen dieser Stadt das Mark in den Knochen gefrieren lassen hatte. Und dann war da dieser Feuerball, in weiter Ferne und doch so bedrohlich präsent. Es mochte ein Zeichen ihres Herrn sein, doch er mochte nicht so recht daran glauben. Zu grausam war das Gefühl, das sich bei diesen Ereignissen in ihm breit gemacht hatte.
    Endlich beendete der alte Mann seine Arbeit und machte sich auf zu Meister Icarion, um eine neue Aufgabe zu erhalten - noch immer in Gedanken bei dem schrecklichen Schrei, aber gleichsam in der Hoffnung, dass er endlich bewiesen hatte, gründlich fegen zu können, und endlich eine andere Aufgabe erhalten würde.
    Geändert von Vicktar (04.06.2014 um 21:44 Uhr)

  13. Beiträge anzeigen #373
    Drachentöter Avatar von Shakuras
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Shakuras ist offline
    Meister Icarion war in einem Gespräch vertieft. Zwar schwoll seine bekannte Halsader noch immer an um Anweisungen zu erteilen und mit wirschen Handbewegungen dem Gesagtem mehr Nachdruck zu verleihen, aber in Allem und bei genauerer Betrachtung wirkte der Magier reduzierter, ja nachdenklicher. Sein sonst so gewohnter herablassender Blick schien auch gebrochen als verlöre er sich bei seinem Gesprächspartner.
    "Es ist ernst, Meister! Der Schrei war nur der Anfang und die Flammensäule nur ein Vorbote des bevorstehenden Schreckens. Grausame Zeiten erwarten uns und wir müssen bereit sein! Wir alle müssen bereit sein!", nistete sich dunkel die Stimme des in Grau gewandeten Bruders in sein Denken ein. Die hoch aufragende Gestalt wandte sich kurz ab und erfasste mit seinen Sinnen die im Hof werkelnden Adlati und Novizen. "Unsere Gemeinde zählt nur wenige auf dieser Insel. Umso wichtiger ist es, sie auf das Schlimmste vorzubereiten. Versteht Ihr mich, Meister Icarion?" Fahrig fuhr sich der Aufseher durch die Haare und schnaubte. "Wie könnte ich nicht! Natürlich verstehe ich, was Du mir damit sagen willst. Ich.. Sie werden härter arbeiten müssen! Noch härter!" Shakuras nickte langsam ergeben dazu und fügte an "Für die Gemeinde als auch für sich selbst. Sie werden schneller lernen müssen. Auch die Magie." Auch die Magie. Das gefiehl Icarion gar nicht, das war abzulesen. Magie bedeutete Wissen und Wissen Macht. Und wer meinte Macht zu haben, verfiehl nur zu leicht dem Irrglauben etwas besseres zu sein und wollte noch mehr davon haben. Und eben diesen Verhalt sorgte den Meister. Er mochte keine aufrührerischen Novizen, geschweige denn Adlati unter ihm haben und er würde es auch nicht dulden. Er nicht und die Kirche ebenso wenig. Nur in Thorniara lag es in seinen Aufgabenbereich. Seine Halsschlagader pulsierte wieder bedrohlich auf. "Die Magie. Auch gut!", presste der Magier zwischen seinen Zähnen hervor und hielt Ausschau nach seinen Hörigen. Er brauchte wieder Luft. Da kam ihm dieser Vicktar gerade recht. Soll er doch der Erste unter den Gleichen sein und die Magie erlernen. Der hatte eh immer was zu merkeln.

    "Du da! Adlatus! Vicktar! Komm her!", befahl er in gewohnter Manier den Greis heran.
    "Du hast genug gefegt die Tage. Deine Brüder machen das eh schneller, aber wen wunderts. Du lernst jetzt die Magie!"
    "Und du, Shakuras, du wirst es ihm als Dank lehren. Und jetzt geht. Beide!"
    -

  14. #374
    Harivald
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    "Öhmm, ja, ich heiße... ähhm, Trajan. Genau. Trajan wars."

    Harivald betete zu den drei Göttern, Radzinsky möge ihm diese billige Lüge abkaufen. Den falschen Namen hatte er mal in einem vergilbten Wälzer über die Dichtkunst gelesen und er gefiel ihm. Das klang so mächtig, so herrscherlich.
    Kurzum: Der Erfinder, der jetzt in der Stadtwache diente, musste annehmen, Harivald sei ihm noch nie begegnet, darum die Tarnung.

    Radzinsky ließ sich jedoch nichts anmerken und führte seine neu gewonnene Arbeitskraft beharrlich zu der geplanten Baustelle.

  15. Beiträge anzeigen #375
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    am Osttor

    "Trajan also. Ich heiße Radzinsky", der Erfinder nickte seinem neuen Arbeitskollegen zu und deutete auf die östliche Stadtmauer, die sie soeben erreicht hatten. Dort hatten sich auch schon Bogert und Tolm eingefunden, die ihn bereits erwarteten.
    "Das sind alle?", fragte Tolm enttäuscht, "Mehr hast du nicht auftreiben können?"
    "Alles, was ich in der Kürze der Zeit erreichen konnte", antwortete Radzinsky und deutete auf seinen Begleiter, "Das ist Trajan, ein Freiwilliger. Und das sind Tolm und Bogert."
    "Wir warten auf Jethro, er wollte uns einweisen."
    Radzinsky erklärte Trajan erstmal, dass Jethro derjenige war, der für die Ausbesserungen der Mauer verantwortlich war. Was genau getan werden musste, wusste jedoch noch niemand. Und so vertrieben sich die Arbeiter die Zeit mit den neusten Gerüchten der letzten Tage. Keiner kam auch nur auf die Idee, nach Jethro zu suchen, dass es vielleicht etwas schneller mit der Arbeit ging...

    "Und, was sagt ihr zu dem Donnergrollen von letzter Nacht?", fragte Bogert.
    "Ich habe gehört, ein Drache sei in den Bergen gesichtet worden", rief Tolm aufgeregt, "Ein neuer Versuch Beliars, die Menschheit zu vernichten, nachdem er mit der Pest keinen Erfolg hatte."
    Radzinsky winkte ab: "Für mich war das nur eine größere Lawine. Sowas passiert nun mal in einem Gebirge. Was denkst du, Trajan?"

  16. #376
    Harivald
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    "Ein Donnergrollen also. Ja, ich habe es auch gehört", bekräftigte Harivald und lehnte sich wie die Anderen lässig an den verbesserungswürdigen Mauerabschnitt. "Mit diesen Gerüchten über Drachen kann ich allerdings nicht wirklich warm werden. Die Kreaturen kenne ich nur aus Lagerfeuermärchen."

    "Pah! Noch so ein Ignorant." Bogert, einer seiner zukünftigen Kollegen spie abfällig ins Gras. "Drachen existieren auch außerhalb der Fantasie, Mann. Geh doch mal raus ins Gebirge, wenn du so ein toller Hecht bist. Wenn du dann lebend wieder zurückkommst, unterhalten wir beide uns nochmal darüber."

    Harivald sah keinen Sinn darin, sich von dem Hänfling provozieren zu lassen, sondern schwieg ihn einfach an, worauf dieser erneut spuckte und sich zu Radzinsky und dem anderen Kerl gesellte. Dem Neuankömmling war das nur recht. Diskussionen mit Menschen zu führen, die allen Ernstes noch an die Existenz von Drachen glaubten, verbrauchte seine Atemluft unnötigerweise. Von daher konnte Bogert seine Geschichtem höchstens den rüstigen Großmüttern Thorniaras erzählen, solange er Harivald damit in Ruhe ließ.

    Ein weiterer Mann kräftiger Statur trat zu ihnen.
    "Jethro", stellte er sich knapp vor.

  17. Beiträge anzeigen #377
    Kämpfer Avatar von Vicktar
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    Vicktar ist offline

    Tempelviertel

    Etwas verwirrt nahm der Adlatus die unwirsche Weisung Icarions hin und folgte Shakuras aus dem direkten Dunstkreis des Meisters der unteren Ränge, dessen unmögliches Benehmen Vicktars Geduld jedesmal auf's Neue herausforderte. Dem Alten war die Diskussion zwischen den beiden Männern leider entgangen, sodass er keine Ahnung hatte, wie er zu dieser unverhofften Ehre kam, doch er war gleich doppelt froh - einmal, weil er der direkten Weisung Icarions nun für eine Weile entgehen konnte, und andererseits, weil er endlich das Werkzeug in die Hand bekam, mit dem er die wahren Sünder von den durch Tücke Fehlgeleiteten trennen konnte. Sicher, es würden nur die Grundzüge dessen sein, was zu erlernen er imstande war, doch brannte Vicktar darauf, endlich zu erfahren, was es hieß, direkt die durch Innos geschenkte Macht zu nutzen und somit einen Abglanz des Göttlichen auch in den eigenen vergänglichen Fingern zu spüren.

    "So sehen wir uns wieder, Shakuras", stellte Vicktar fest.
    "Wie du siehst, habe ich meine Wahl doch noch getroffen. Die Pest hat uns alle gelehrt, Entscheidungen zu treffen, nicht wahr?"
    Zumindest galt das für ihn. Die Sicherheit des Tempelviertels zu verlassen, den Menschen zu helfen, Johanna aufzunehmen, aus der Quarantäne zu entfliehen... all das waren zum Teil alles andere als einfache Entscheidungen gewesen. Was war da schon ein Beitritt in den Orden - insbesondere nach dem, was geschehen war und ihm seine Aufgabe als Diener des Herrn nur noch einmal verdeutlicht hatte?
    "Ich freue mich darauf, in die Geheimnisse der Magie eingewiesen zu werden. Wollen wir gleich morgen damit beginnen?"
    Er blickte in den Nachthimmel, der sich über ihnen erstreckte. Ja, für heut war es definitiv zu spät, um sich solch wichtigen Angelegenheiten zu widmen. Und tatsächlich, Vicktar freute sich darauf, sich dieser Aufgabe mit der Unterstützung von Shakuras zu stellen, wenngleich sie beim letzten Mal im Streit auseinander gegangen waren. Er hatte seinen Frieden mit dem Novizen gemacht, denn er hatte die Richtigkeit seiner wortlosen Kritik schließlich eingesehen. Und nun würde er ihm mit Sicherheit eine große Stütze sein, um auch diese neuerliche Hürde zu nehmen. Auf der Suche nach dem Lichte des Herrn in sich selbst.
    Geändert von Vicktar (06.06.2014 um 19:55 Uhr)

  18. Beiträge anzeigen #378
    Veteran Avatar von Die Stadtwache
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Vorplatz am östlichen Torhaus

    Jethro besah sich das armselige Häuflein seiner freiwilligen Helfer. Tolm, Bogert, Radzinsky und Trajan, sowie die drei die mit ihm aus der Wachstube gekommen waren - Eronbhar, der zweite Nordmarer, und die beiden Nachtwächter des Osttores, der Varanter Sayid und die blonde Theoni, die einzige Frau in der Tormannschaft. Nur gut, dass sie die Mauer nicht neu aufschichten mussten.
    "Also wir machen als erstes eine Aufnahme und Begutachtung der vorhandenen Schäden. Ein paar Ecken, die ausgebessert werden müssen, sind schon bekannt, zudem gibt es ein paar Stellen, die immer etwas Aufmerksamkeit gebrauchen können, wie die Winden für die Fallgatter im Torhaus, aber ich will ein Gesamtbild, damit wir Prioritäten setzen können."
    Er sah hinauf zum Ausläufer des Weißaugengebirges, das sich mit seiner Schneeweißen Krone über der Zitadelle erhob, und murmelte, "Wer weiß, wann die nächste Katastrophe über uns hereinbricht ..." Dann wandte er sich wieder an die vor ihm versammelten.
    "Wir müssen den Stadtgraben samt Torbrücke, die Mauer, die Wehrgänge und das Torhaus überprüfen. Dazu bilden wir Zweiergruppen. Vier Augen sehen schließlich mehr als Zwei. Eronbhar und Theoni, das Torhaus und die Zwillingstürme. Die Winden und die Ballisten schaue ich mir später selbst an, die könnt ihr auslassen. Aber vergesst mir die Kasematten nicht, auch wenn es nicht besonders viel Spaß macht, sich da unten durchzuzwängen. Sayid und Tolm, ihr begutachtet die Außen- und Innenflanke, sowie den Wehrgang des Mauerabschnittes östlich des Tores. Achtet vor allem auf Risse im Mörtel, herausgebrochene Steine und morsche Verstrebungen und Holzbalken. Trajan und Bogert, ihr schaut euch den Graben und die Torbrücke an. Bogert, du weißt, worauf ihr achten müsste. Radzinsky, du kommst mit mir. Wir kümmern uns um den westlichen Mauerabschnitt bis zur Bastion. Noch Fragen? Gut, dann Abmarsch."
    Yared
    Geändert von Die Stadtwache (05.06.2014 um 13:19 Uhr)

  19. #379
    Harivald
    Gast
     
    Harivald hätte mit einer anderen zugeteilten Person zufrieden sein können, stattdessen musste er seine Arbeit jetzt mit dem zänkischen Bogert teilen, der sich nicht weniger motiviert zu ihm gesellte. Die Gruppe teilte sich auf Anordnung Jethros, um die ihnen zugewiesens Bereiche zu inspizieren. Auch Harivald und Bogert wollten zuerst die Qualität des Burggrabens begutachten und danach einen Blick auf die Zugbrücke werfen.

    "Hast du den Blick Jethros gesehen, wie er zum Weißaugengebirge geschaut hat? Da oben sitzt ein Drache samt seinem fetten Hort", raunte der Zugeteilte Harivald zu, welcher sich einen giftigen Kommentar darauf verbiss. Stattdessen ging er nicht weiter auf das Thema ein, sondern stieg in den wasserleeren Graben, welcher die Bastion umgab. Bogert tat es ihm nach.

    "Was soll denn hier zu sehen sein?", fragte Harivald ratlos, "Meint Jethro etwa, dass wir die toten Tiere hier entfernen sollen, oder was?
    "Dummer Ignorant", schimpfte sein Begleiter verärgert, "Hast deinen dreckigen Zinken wohl lieber in nem Bierhumpen versteckt, statt in richtige Männersachen als es Zeit war."
    Achtlos schob er Harivald beiseite, schaufelte mit seinen Händen ein wenig von der feuchten Erde zusammen und ließ sie abschätzend zwischen den Fingern zerrieseln. Dann hielt er auch Harivald eine Ladung hin, der sie genauso wie Bogert befühlte.

    "Also", seufzte dieser und setzte zu einem Vortrag über die optimale Beschaffenheit von Grabenfundament an, "Wie du sicher erkannt hast, ist die Erde hier ziemlich spröde. Der Graben trug schon lange kein Wasser mehr und die heißen Sommer trugen ihr Übriges bei. Würde man wieder Wasser hier einfüllen, liefen wir Gefahr, dass das lockere Sediment...", plötzlich hielt er inne.

    "Ich bin ganz Ohr", ermunterte Harivald ihn zum Weiterreden.
    Geändert von Harivald (05.06.2014 um 11:44 Uhr)

  20. #380
    Harivald
    Gast
     
    Doch Bogert dachte nicht daran. Der Milizionär starrte angestrengt zu einem Fleck hinter Harivalds linker Schulter.
    "Wenn das jetzt ein Trick von dir sein sollte, bist du fällig", beschied dieser und drehte sich um. Seine Augen weiteten sich vor Schreck bei dem, was er sah.

    "Na Bursche, bist du auch ordentlich am Arbeiten? Kein Wunder, dass du mich vollkommen vergessen hast, das Wohl der Stadt geht natürlich vor."
    Der Wachmann, welcher Harivald vor kurzem den Deal mit der Reichsbürgerurkunde angeboten hatte, stand breitbeinig in der Mitte der Zugbrücke und blickte diabolisch lächelnd auf die zwei Arbeitenden herunter. Anschließend sprang er mit einem Satz die paar Meter in den Schlamm und presste seine Stirn auf die Harivalds.

    "Geh und hol Jethro", befahl dieser seinem Kollegen, der immer noch mit hängender Kinnlade das Geschehen verfolgte, "Einigen Leuten liegt wohl daran, die Wartungsarbeiten zu behindern. Das können wir uns nicht leisten."
    "Haha, wenn wir uns etwas nicht leisten könnnen, dann sind das verbrecherische Fremde, die nicht mal das Bürgerrecht besitzen", konterte der Wachmann. Dann rammte er mit voller Wucht sein rechtes Knie in den Unterleib Harivalds, der daraufhin mit leisem Stöhnen zu Boden ging.

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