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    Drachentöter Avatar von Eddie
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    Post [Story]Epilog

    Achtung: In dem Spoiler befinden sich Informationen, die den fortschreitenden Verlauf der Story betreffen. Man sollte ihn deshalb nur öffnen, wenn man sich entweder etwas verraten lassen möchte, oder die Geschichte schon kennt.

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Liste der Personen:
    • Person A: Fayo
    • Person B: Adele
    • Person C: Ferdinand Ridalgi
    • Person D: Richard von Zeyrisan

    Liste der Gegenstände:
    • Gegenstand A: Jasminas Schal
    • Gegenstand B: Adeles Talisman

    Liste der Gründe:
    • Grund A: Fayos Schwester ist gestorben

    Liste der Orte:
    • Ort A: Marktplatz von Bakaresh

    Geändert von MiMo (30.03.2017 um 15:52 Uhr)

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    Drachentöter Avatar von Eddie
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    Vorgabe 1:

    Wegen Grund A kehrt Person A nach einer langen Zeit zurück. Bei seiner Rückkehr wird Person A von einem unerwarteten Ereignis überrascht, bei dem Person B eine nicht unwichtige Rolle spielt.


    Fayo öffnete die Augen und sah die Leiche rücklings da liegen. Ein Pfeil steckte im Kopf des Mannes, der dort am Boden lag. Es bildete sich bereits eine Blutlache unter dem erschlafften Körper. Fayo geht zu ihm hin und schaute ihm noch ein letztes Mal ins Gesicht. Er sah dieses selbstgefällige Grinsen, dass er allen Menschen mit auf den Weg gab, denen er sagen wollte. „Ich hab gewonnen, Vollidiot! Finde dich damit ab.“ …
    „Finde dich damit ab … Finde dich damit ab … FINDE DICH DAMIT AB …“


    Fayo schreckte auf. Er lag in seinem Bett und kalter Schweiß lief ihm in Rinnsalen von der Stirn. Sein ganzes Kissen hatte sich bereits damit vollgesogen. Er spürte, wie er am ganzen Leib zitterte und auch, dass sich daran nichts änderte, als Jasmina sich an ihn herankuschelte. „Was ist mit dir?“ sprach sie mit ihrem südvarantischem Akzent. „Du zitterst ja.“
    „Ich hatte einen Alptraum. Nichts weiter.“ Sagte Fayo und versuchte, ein Gespräch zu diesem Thema bereits im Keim zu ersticken. Es gelang jedoch nicht. „Was ist geschehen? Du sagtest ständig „Finde dich damit ab.“. Womit soll ich mich denn abfinden? Etwa damit, dass sie Reise nach Varant geplatzt ist?“ Sie setzte eine betrübte Mine auf, doch schon im nächsten Moment schlich sich ein sanftes Lächeln in ihre Mundwinkel. Es war ein derart bezauberndes Lächeln, dass Fayo, wenn er es sah, die meisten seiner Sorgen sofort vergessen hatte. Doch nicht heute. Er drehte sich auf die andere Seite und vergrub sein Gesicht im Kopfkissen. „Ist alles in Ordnung mit dir?“ fragte Jasmina.
    „Ja, natürlich.“ antwortete Fayo. Doch er merkte bereits, auf welch wackeligen Krücken diese Lüge stand. „Bist du dir sicher? Du zitterst und bist kalt? Es kann nicht alles in Ordnung sein.“
    „Na wenn du es doch besser weißt, warum fragst du dann überhaupt erst?“ schrie Fayo sie urplötzlich an und er war selbst überrascht darüber, wie zornig seine Stimme klang. Jasmina war so erschrocken darüber, dass sie gar nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte. Fayo nutzte diese Zeitspanne, um einzulenken. „Ich…es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien. Ich hab nur schlecht geträumt, und das bekam mir scheinbar gar nicht gut.“ Er versuchte, ein entschuldigendes Lächeln aufzusetzen. „Kannst du mir verzeihen.“ Sie nickte, doch Fayo bemerkte, dass plötzlich eine kühle Distanz zwischen ihnen herrschte. „Schon verziehen.“ sagte sie und stand auf. Sie zog sich ihren Bademantel über und wollte das Schlafzimmer verlassen. „Ich mache mich frisch.“ Danach ging sie von dannen. Für gewöhnlich schaute sie nach dem Überziehen des Bademantels noch einmal zwischen den Bettvorhängen hindurch, um ihm einen Kuss zu geben und manchmal ließ sie sich auch dazu überreden, den Bademantel wieder abzustreifen. Heute jedoch verließ sie einfach das Schlafzimmer. Er schien sie wirklich verärgert zu haben.
    Später würde er sich erneut um eine Entschuldigung bemühen, doch zuvor musste er selbst erst einmal seinen Start in den Tag bewältigen. Er zitterte nach wie vor und kalt war ihm auch. Doch Fayo dachte sich, dass es wohl auch nicht besser werden würde, wenn er noch länger im Bett liegen blieb. Er zog sich seinen Hausmantel über und genehmigte sich den allmorgendlichen Blick aus dem Schlafzimmerfenster. Dazu schob er die samtenen roten Vorhänge beiseite und genoss den goldigen Glanz der Sonne über seinen Wiesen und Feldern. Er öffnete das große Fenster und sog die frische Morgenluft ein. Ein kühler Wind wehte und der Duft von Frühlingsblumen lag in der Luft. Es war ein wunderschöner Morgen, der einen guten Start in den Tag versprach. Fayo schloss die Augen und stieß die Luft wieder aus. Für diesen einen kurzen Moment hatte er all seine Sorgen vergessen. Doch gerade, als er noch einmal die frische Luft einsaugen wollte, klopfte es an der Tür.
    „Sir, verzeihen sie, dass ich sie stören muss.“ Es war Ado, einer von Fayos treuesten Gefolgsleuten. Fayo kannte ihn schon sein halbes Leben, was etwa fünfzehn Jahren entsprach. Als er vor einem Jahr das Gut nahe Montera gekauft hatte, das mittlerweile sein Hauptwohnsitz geworden war, wurde Ado umgehend als Schatzmeister und Hausverwalter angestellt. Seitdem kümmert er sich um alle anfallenden Arbeiten oder beschäftigt Leute, damit diese Arbeiten erledigt werden. Fayo brachte ihm großes Vertrauen entgegen, als er ihm fast die gesamte Verwaltung des Gutes übertragen hatte und bisher wurde dieses Vertrauen noch nicht missbraucht. „Monsieur Hark kommt mit einer dringenden Botschaft, die sie umgehend erreichen muss. Er sagt, es duldet keinen Aufschub.“ Genervt schloss Fayo das große Fenster. Er hatte gehofft, die Ruhe des Frühlingsmorgens noch ein wenig länger genießen zu können. „Schickt ihn ins Arbeitszimmer. Ich werde umgehend dort sein.“
    „Zu Befehl, Sir.“ Fayo schloss die Augen. Die Bilder seines Traumes gingen ihm nichtmehr aus dem Kopf. Er schwitzte und zitterte wieder. „Wann hört das endlich auf?“ fragte er sich. Nachdem er sich den Schweiß wieder an der Bettdecke abgewaschen hatte, zog er sich ein Hemd und eine Hose über und ging dann ins Arbeitszimmer. Es war über eine Tür direkt mit dem Schlafzimmer verbunden.
    Als er die Tür öffnete, stand Hark bereits da und wartete auf ihn. „Hab ich dich bei irgendwas unterbrochen. Jasmina schien ja nicht sehr begeistert zu sein.“
    „Nein, nein, das hat damit nichts zu tun. Was hast du denn für eine wichtige Botschaft, die keinen Aufschub duldet?“Fayo bahnte sich einen Weg zwischen Kisten, die voller Bücher waren und nicht aufgehängten Bildern hin zu seinem Schreibtisch. Das Arbeitszimmer machte seinem Namen alle Ehre, da Fayo hier nicht nur seinen geschäftlichen Angelegenheiten nachging, sondern selbst auch noch einiges an Arbeit zu verrichten hatte. Es würde wohl noch ein paar Monate dauern, bis er in diesem Zimmer wirklich wichtige Gäste empfangen konnte.
    „Sarah ist gestorben, Fayo.“ Diese Nachricht traf Fayo wie ein Faustschlag ins Gesicht, mit dem er niemals gerechnet hätte. Seine Schwester Sarah war der einzige Grund, dass er über all die Jahre hinweg den Kontakt zu seiner Familie aufrecht erhalten hat. Ihr zu liebe hatte er sich sogar mit seiner verhassten Tante abgegeben. Doch seit Jahren hatten die beiden nur Briefkontakt. Zwar sehr intensiven – Fayo hatte ihr beinahe jede Woche geschrieben, auch während des Krieges, als er vor Arbeit kaum zum schlafen kam – aber in diesem Moment bereute er es, sie nicht wenigstens noch einmal besucht zu haben. Er hätte sich nur zu gern mit ihr unterhalten und sie lachen gesehen, doch es war hätte ihn zu sehr aufgeregt, sich in der Gegenwart seiner Tante und aufzuhalten. Er hätte sie gerne hierher eingeladen, es hätte ihr sicher gefallen. Doch das hätte seine Tante sicher nicht zugelassen. Den Briefverkehr mit ihm hielt sie offenbar für akzeptabel. Doch alles Weiterführende hätte sie wohl schlichtweg verweigert.
    „…sag mal, hörst du mir eigentlich zu?“ Fayo schreckte auf. Hark hatte offenbar etwas gesagt.
    „Oh, nein. Bitte verzeih mir, ich war in Gedanken.“
    „Kein Problem, das ist ja verständlich. Deine Tante hat dir einen Brief mitgegeben. Sie sagte mir zwar, dass du ihn lesen sollst, bevor ich dir etwas von den Ereignissen in Silden berichte, doch ich hielt es für angemessen, ihre Bitte – wobei es im Grunde viel mehr ein Befehl war – zu ignorieren. Kann mir ja denken, was dich in dem Schreiben erwartet.“
    „Danke. Da hast du sehr weise entschieden.“ sagte Fayo, während Hark auf den gefalteten Brief auf dem Schreibtisch deutete. Ein siegelloser Wachsklumpen hielt ihn verschlossen. Vorsichtig brach Fayo das Siegel und versuchte, den Text zu lesen. Doch das Zwielicht dieses Zimmers machte es ihm unmöglich. Er musste zunächst die schweren Vorhänge beiseite schieben, damit das Sonnenlicht überhaupt eine Chance bekam, durch die dicke Luft in diesem Zimmer hindurch scheinen zu können. Als das getan war, las er den Brief laut vor.

    Fayo,

    ich weiß, dass Etikette und Anstand mir gebieten, deinem Namen im Briefkopf ein „Lieber“ oder zumindest ein „Sehr geehrter“ voranzustellen, aber du musst verzeihen, dass ich dazu aufgrund deines Lebenswandels leider nicht in der Lage bin.
    Ich weiß, dass wir uns lange nicht gesehen und geschrieben haben und ich kann dir voller Aufrichtigkeit versichern, dass ich diesen Umstand auch nicht bedaure. Nichtsdestotrotz muss ich dir mitteilen, dass deine geliebte Schwester – Innos möge sich ihrer erbarmen - vor wenigen Stunden verstorben ist. Die Beisetzung wird am 14. Tag des ersten Frühlingsmonats stattfinden, was von heute an in drei Tagen sein wird. Ich würde es begrüßen, wenn du der Trauerfeier fern bleiben würdest und wünsche mir aufrichtig, dass dein kleiner Botenjunge diesen Brief niemals zustellt. Solltest du jedoch trotzdem zu Sarahs Beerdigung erscheinen, wird dich zumindest niemand mit Mistgabeln von dort vertreiben.
    Aus irgendeinem Grund meinte der Pater, dass sogar du ein Anrecht darauf hättest, bei ihrer Beisetzung dabei zu sein. Nach einigen hitzigen Debatten, die mich wütender und wütender haben werden lassen, habe ich schließlich nachgegeben – einfach weil du es warst, um den es dabei ging.
    Übrigens – aber da bist du womöglich selbst schon drauf gekommen– dieser Brief dient einzig dazu, dir all die Boshaftigkeiten zu übermitteln, die Hark in eurem Gespräch sicher verschwiegen oder übergangen hätte oder schlichtweg nicht hätte vermitteln können.

    In aufrichtiger Boshaftigkeit wünscht dir den baldigen Tod deine Tante

    Adele


    „Tja, Tante Adele wie sie lebt und strebt.“ sagte Fayo. Er versuchte, über den Brief zu lachen, ihn als übertrieben sarkastisch zu verstehen, doch das gelang ihm nicht. Dafür kannte er seine Tante einfach zu gut. Zu seiner eigenen Überraschung war er sogar sehr entsetzt darüber, wie tief und verwurzelt ihr Hass ihm gegenüber nun schon sein musste. Doch davon wollte er sich nicht beirren lassen.
    „Wie geht es dir?“ wollte Hark wissen. Fayo überlegte kurz.
    „Ich würde gern sagen, dass es geht, aber das stimmt leider nicht. Dazu kam die Nachricht einfach viel zu überraschend. Weißt du, was mit ihr passiert ist?“ Hark zögerte kurz, dann antwortete er.
    „Sie war schon seit längerem sehr krank.“ Fayo erschrak.
    „Warum hat sie davon nie etwas geschrieben? Und warum hast du das vor mir verschwiegen?“ Fayo wurde wütend. Seit mehreren Jahren schon hielt Hark den Kontakt zu seiner Schwester aufrecht. Fayo dachte, dass Hark ihn über alle wichtigen Dinge informieren würde. Zumindest alles, was Sarah betraf. Doch nun wurde er eines besseren belehrt. „Sie wollte es so. Sie wusste, wie sehr du sie liebst und wie hart es dich treffen würde, wenn du von ihrer Krankheit erfahren hättest. Deshalb bat sie mich auch, dir nichts davon zu sagen. Du kannst mir glauben, dass mir das nicht leicht gefallen ist.“ Fayos Wut verblasste wieder. Er war auch nicht wütend auf Hark, sondern viel mehr auf sich selbst. Darauf, sie nicht wenigstens noch einmal besucht zu haben. Doch er musste sich wohl daran gewöhnen, dass diese Chance vertan war. Er versuchte, sich zu konzentrieren.
    „Was hatte sie denn?“
    „Einer der Feuermagier aus Geldern hatte Rheuma bei ihr diagnostiziert.“
    „In so jungen Jahren schon…“ Fayo hielt inne. „Das Schicksal hatte es wirklich nicht gut mit ihr gemeint.“
    „Leider ja.“ sagte Hark. „Von dem Geld, das du ihr geschickt hast, hat sie sich Medikamente gekauft und eine Therapie finanziert. Du hast sozusagen ihr Leben ein bisschen lebenswerter gemacht.“ Fayo wusste, dass Hark ihn nur aufheitern wollte, doch es sollte ihm nicht so recht gelingen.
    „Weißt du, damals, als wir in Nordmar waren, waren ihre Briefe und die Erinnerung an ihr wundervolles Lächeln das Einzige, was mich jeden Morgen aus dem Bett getrieben hat.“ Hark nickte. „Dann behalte ihr Andenken in Ehren.“ Auch Fayo nickte nun.
    „Der 14. ist bereits morgen. Ich schlage vor, dass wir sofort aufbrechen. Dann sind wir spätestens bei Sonnenaufgang in Silden. Ich werde Jasmina jedoch vorher noch alles berichten. Sie wird wohl nicht dabei sein können und wollen. Schließlich kannte sie meine Schwester nicht und es wäre eine unnötige Herausforderung von Adeles Güte. Ich stelle mir gerade vor, wie sehr sie mit sich gerungen haben muss, um mir diesen Brief zu schreiben. Es wäre ausgesprochen unklug, wenn ich dieses Entgegenkommen überstrapazieren würde.“ sagte Fayo zu Hark. Er begann zu schmunzeln.
    „Wie du willst. Ich lasse derweil die Kutsche vorbereiten.“ antwortete Hark daraufhin, doch er wurde sogleich wieder unterbrochen.
    „Nein, wir reiten mit den Pferden. Das geht schneller und außerdem möchte ich nicht, dass sich Adele wegen der Kutsche unnötig aufregt. Normalerweise wäre mir das zwar egal, aber wir reisen schließlich nach Silden, um uns von Sarah zu verabschieden. Da möchte ich mich nicht auch noch mit meiner Tante streiten. Und da sich das ohnehin nicht vermeiden lassen wird, muss ich es ihr ja nicht unnötig leicht machen.“
    „Wie du willst. Dann lass ich die Pferde vorbereiten.“ Fayo nickte und Hark verließ den Raum.

    Es war am frühen Vormittag, als Fayo und Hark vom Landgut aufbrachen. Fayo hatte mit Jasmina gesprochen und sie bedauerte es, nicht mitzukommen. Zumindest sagte sie das. Doch Fayo war sich sicher, dass sie es lediglich bedauerte, die nächsten Tage allein zu sein und nicht zu wissen, wie sie sich die Zeit vertreiben sollte. Er war jedoch froh, dass sie ihm seinen Wutanfall vom Morgen nichtmehr übel nahm. Nachdem er mit Ado noch einmal die Pläne für die nächsten Tage durchgegangen war, war er zu den Stallanlagen aufgebrochen. Diese befanden sich etwas abseits des Wohnbereiches, was zumindest in Jasminas Interesse war. Sie mochte die Pferde, nicht jedoch den Geruch, der von den Stallungen ausging. Doch Fayo störte sich daran nicht. Pferde waren stets ein Teil seines Lebens und hätte er den Geruch der Stallungen nicht mehr um sich, würde ihm sicher etwas fehlen. Er gehörte einfach dazu.
    Hark wartete bereits auf ihn mit zwei gesattelten Pferden im Schlepptau. „Eine gute Wahl.“ sagte Fayo, als er Ambro und Enzo hinter Hark stehen sah. „Ich werde nie vergessen, wie die beiden die schweren Baumstämme aus den dichten Wäldern von Nordmar gezogen haben.“ Die Beiden saßen auf und ritten los.
    „Hast du sie eigentlich sehr geliebt?“ fragte Fayo seinen Freund, während sie ein lichtes Waldstück durchquerten. Hark hielt kurz inne. Diese Frage schien ihn überrascht zu haben. Doch schließlich antwortete er „Ich schätze, ich liebe sie immernoch. Sie war ein wundervoller Mensch, Fayo. Es gab wohl auch niemanden, der sich nicht wenigstens gern hatte.“ Fayo nickte. „Ich war mir nicht sicher, ob ich dir davon erzählen sollte. Ob du das überhaupt wissen willst. Weil sie ja deine Schwester war.“
    „Oh glaub mir, während meiner Jugend in Silden gab es weitaus schlimmeres Gesindel als dich, dass um ihre Hand anhalten wollte.“ Fayo lächelte. Hark schaute zwar zunächst etwas grimmig drein, gab dann aber zu erkennen, dass er den Scherz verstanden hatte. Er dachte nach und blickte der Sonne entgegen. „Zum Schluss hatte sie es aus eigener Kraft gar nicht mehr geschafft. Sie musste sich von ihrer Freundin Emmeryn bringen lassen.“
    „Emm, ja. Die beiden waren schon als Kinder unzertrennlich.“ Auch Fayo verlor sich in Gedanken. Hätte er in diesem Moment von oben auf sich herabsehen können, so wäre verwundert gewesen, wie nachdenklich er schon den ganzen Tag über war.
    „Ich frage mich, warum Adele unsere Treffen geduldet hatte.“ Hark sprach diese Frage einfach aus. Er richtete sie nicht an Fayo. Womöglich, weil er wusste, dass Fayo sie ohnehin nicht beantworten konnte.
    „Wenn sie wirklich so krank war, dann haben eure Treffen ihr vielleicht etwas Kraft gegeben, weiter zu machen. Das wird Adele gemerkt haben. Meine Tante kann mich zwar nicht ausstehen, doch Sarah hat sie genauso geliebt, wie auch ich.“ Hark nickte. „Das wäre eine Möglichkeit. Aber erfahren werden wir es wohl nie.“
    „Nein, das wird sie uns sicher nicht sagen. Wo habt ihr euch eigentlich immer getroffen? Mir fällt gerade auf, dass ich dich das nie gefragt habe.“
    „In einer der kleinen Hütten etwas abseits des Dorfes. Sarah war meistens schon da, wenn ich ankam. Hätte ich mich bei euch zu Hause sehen lassen, wäre mir womöglich der Schädel abgeschlagen worden. Bei den letzten Treffen war auch Emmeryn immer dabei. Sie verschwand jedoch, als ich auftauchte und holte Sarah dann am nächsten Morgen wieder ab.“
    „Ging es ihr sehr schlecht?“ fragte Fayo als nächstes.
    „Ich fürchte schon, ja. Sie hat versucht, es sich nicht anmerken zu lassen, doch zum Schluss war wohl wirklich jede Bewegung eine Qual für Sie. Ein Wunder, dass sie das so lange durchgehalten hat.“
    „Ja…“
    Den Rest der Reise bestritten die beiden Trauernden größtenteils schweigend. Das hatte den Vorteil, dass man schneller reiten konnte und so die Chance minimierte, zu spät zur Beerdigung zu sein. Hin und wieder, an unwegsamen Abschnitten, kam ein kurzes Gespräch über die aktuelle politische Lage des Landes auf und das ein ehemaliger Koloniegefangener wohl nicht das Zeug zum König habe.
    „Es fehlt ihm eindeutig das blaue Blut, schätze ich.“ warf Hark ein.
    „Ich denke eher, es ist sein Mangel an Dekadenz, der ihn irgendwann auf die Füße fällt.“ brachte Fayo dem entgegen. „Lange werden sich die Adeligen das nichtmehr ansehen, fürchte ich. Ich schätze, die treiben den irgendwann einfach in den Wahnsinn, sodass er sich selbst absetzt.“
    Die Reise dauerte beinahe die ganze Nacht hindurch. Fayo und Hark hatten Glück, dass die Zahl der Wegelagerer seit dem Ende des Krieges stark zurückgegangen ist. Sie hatten es lediglich mit einer Hand voll Banditengruppen zu tun, die sie ohne Probleme in die Flucht schlagen konnten.
    Noch vor Sonnenaufgang erreichten sie Silden vom Osten her. Sie hielten direkt auf den Friedhof zu. Fayo hoffte, noch einen letzten ungestörten Blick auf Sarah zu erhaschen, bevor die offizielle Beisetzungszeremonie begann. Das Tor des Friedhofes stand bereits offen. Fayo und Hark stiegen vor dem Tor von den Pferden ab und banden sie an einem Holzpfahl in der Nähe fest. Danach betrat Fayo den Friedhof, um in der Kapelle nach Sarahs Sarg zu sehen. Hark legte sich auf eine der Bänke. Er war seit zwei Tagen wach und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.
    Fayo betrat die Kapelle und zu seiner Überraschung war der Pastor von Silden zugegen. Er stellte fest, dass sich in den Jahren seiner Abwesenheit kaum etwas verändert hatte. Die Wände hatten eine frische Verkalkung nun noch ein bisschen nötiger, als damals und es gab nun wohl auch ein paar mehr Bänke, auf die man sich besser nicht mehr setzen sollte. Im Grunde aber war alles so, wie er es kannte.
    „Ah, Fayo. Schön dich zu sehen.“
    „Das glaube ich ihnen nicht, Pater. Trotzdem danke.“
    „Oh nein, ich freue mich wirklich. Ich habe nicht mit deinem Erscheinen gerechnet und bin un umso erstaunter darüber, dass du deiner Schwester die letzte Ehre erweisen willst. Leider bist du zu spät. Die Beisetzung fand bereits heute Nachmittag statt.“ Fayo glaubte, dass ihn diesem Moment sein Herzschlag aussetzte. „Ja, aber, wieso. Meine Tante schrieb doch…“ Doch da begann er zu vestehen. „Dieses verfluchte…“
    „Fayo, nicht in diesem Ton.“
    „Oh, achja, Verzeihung.“ Fayo verließ die Kapelle und machte sich auf den Weg zum Haus seiner Schwester.

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    Vorgabe 02

    Wegen dem unerwarteten Ereignis versucht Person C nun Person A zu finden. Bei sich führt Person C Gegenstand A.


    Das Sonnenlicht brannte in seinen übermüdeten Augen als er die Kapelle verlassen hatt. Er kniff sie zusammen und hielt sich die Hand vor sein Gesicht.
    „Das kann doch alles nicht wahr sein?“ dachte Fayo sich. „Diese hinterhältige, verlogene…“ Fayo ballte seine Hände zu Fäusten und hätte am liebsten gegen irgendeine Wand geschlagen. Die Wand, die ihm am nächsten war, war die der Innoskirche von Silden, doch Fayo hörte bereits die Stimme des Pastors ein „Fayo, dies ist die heilige Kirche unseres Herrn Innos“-Blabla sagen, in einem zutiefst vorwurfsvollen und verachtenden Ton. Er erachtete es trotz allem Unmuts, der sich gerade in ihm hochbrodelte, für nicht sehr klug, den Pastor unnötig zu verärgern. Doch andererseits dachte er, dass eine kleine Auseinandersetzung mit dem Pastor den Ärger über seine Tante vermindern könnte. Er holte weit mit seiner Rechten aus und verpasste dem maroden Mauerwerk der Kirche einen deftigen Hieb. Fayo spürte, wie sich ein kleiner Teil der Last von seinen Schultern löste, ebenso wie der Putz von der Kirchenwand. Außerdem spürte er auch den Schmerz in seinen Fingerknochen. Der Pastor hatte dieses Prozedere genau verfolgt. „“Fayo, dies ist die heilige Kirche unseres Herrn Innos…“
    „Das weiß ich bereits.“ Unterbrach Fayo den Pastor. „Ich bitte Sie auch gnädigst, für meine verlorene Seele zu beten. Und den ganzen anderen Kram auch gleich.“ Er löste die Geldbörse von seinem Gürtel und warf sie dem Pastor vor die Füße. Fayo war neugierig, wie der Pastor darauf reagieren würde. „Lassen sie die Kirche mal neu verputzen. Hier draußen bröckelt schon alles ab. Es sollte sogar noch etwas für einen neuen Innenanstrich übrig bleiben.“
    „Bei allen Sünden des Beliars! Bist du jetzt völlig von Sinnen? Willst du mich etwa bestechen, damit du sündenfrei vor den Herren treten kannst?“
    „Oh, funktioniert das etwa nichtmehr?“ sagte Fayo und grinste.
    „Jemand, der auf solch verlorenem Posten steht, wie du es tust, der kann sich nicht einmal mehr von seiner Schuld freikaufen.“ antwortete der Pastor mit grimmiger Miene. „Das wusste ich nicht. Dann gebt mir bitte meine Geldbörse zurück.“ Doch noch bevor Fayo überhaupt nach der Geldbörse hätte greifen können, hatte der Pastor sie bereits aufgehoben und war damit in der Kirche verschwunden. „Manche Sachen ändern sich eben doch nie.“ Sagte Fayo und ging zu der Bank, auf der Hark schlief. Das Brennen in seinen Augen hatte nun wieder nachgelassen.
    Je näher er Hark kam, desto deutlicher hörte er das Schnarchen, das von seinem Weggefährten ausging. Fayo konnte ihn gut verstehen, denn schließlich hatte Hark seit mehr als zwei Tagen nicht geschlafen. „Hey Hark. Aufwachen.“ Fayo rüttelte an ihm, doch Hark rührte sich nicht. Die letzten beiden Tage schienen ihn sehr beansprucht zu haben. Doch darauf konnte Fayo nun keine Rücksicht nehmen. Er zog sein Schwert und suchte sich einen metallischen Gegenstand, gegen den er schlagen konnte.
    Aus seiner Zeit als Fayos oberster Wachvorsteher war Hark sensibilisiert auf das Geräusch zweier Schwerter, die aneinander schlagen. Es war eine Ausbildungs oder „Erziehungsmaßnahme“ der vengardischen Milizausbildung. Sie beruhte auf den Beobachtungen eines myrtanischen Offiziers, dessen Name sich Fayo wohl nie merken würde. Dieser Offizier beobachtete, dass seine Frau besonders empfindlich auf das hohe Schreien seines Kindes reagierte. Davon wurde sie innerhalb von Sekunden wach. Anderer Lärm, beispielsweise vorbeifahrende Kutschen oder betrunkene Männer, die auf der Straße umher torkelten und sagen, ließ sie dagegen völlig kalt. Dabei fiel ihm auf, dass er selbst auf das Kindergeschrei fast gar nicht reagierte und erst aufwachte, wenn seine Frau den kleinen bereits im Arm hatte. Er überlegte sich, ob man ein solches Verhalten antrainieren könne und kam zu dem Schluss, es bei den Soldaten einmal auszuprobieren. Er entwickelte ein tiefgreifendes Schulungsprogramm, dass vorsah, die Soldaten, die keinen Nachtdient hatten und in ihren Betten schliefen, nachts jede Stunde durch klirrendes Kampfgeräusch zu wecken. Der Versuch wurde mit Erfolg belohnt, denn binnen kürzester Zeit wachten die meisten der Soldaten bei dem Geräusch von zusammenklirrenden Klingen umgehend auf. Im Zuge dessen brachte man ihnen auch noch bei, dass sie in solch einer Situation „Alarm!“ rufen sollten. Die nächtliche Be- und Überwachung von Vengard wurde durch diese Maßnahme trotz zunehmender Übermüdung der Soldaten um ein vielfaches verbessert. Interessanterweise wirkte sich die Sensibilisierung auf das Geräusch zusammenschlagender Klingen nicht auf die Kriegstauglichkeit der Soldaten aus.
    Als Ziel für seinen Schlag hatte sich Fayo den Rahmen des Friedhofstores ausgesucht. Er holte aus und schlug die Klinge mit der flachen Seite gegen den Rahmen des Tores.
    „Alarm! Alarm!“ schrie Hark, als er von der Bank aufschreckte. „Alarm! ...“ es dauerte ein wenig, bis Hark bemerkte, dass Fayo sich nur einen Spaß erlaubt hatte. „Elender Mistkerl“ beschwerte sich Hark, als er sich von der Bank erhob. Fayo lächelte. „Ich wollte nur testen, ob deine Reflexe noch in Ordnung sind.“
    „Das kannst du dir schenken.“ Antwortete Hark grimmig. „Das wird mich mein Leben lang verfolgen. Einmal waren wir drei Tage lang auf einem Marsch unterwegs. Es gab in der Zeit keinen Schlaf für uns. Wir sind von Kaserne zu Kaserne gelaufen und wurden dort jeweils einem anderen Offizier übergeben. Mit diesem sind wir dann zur nächsten Kaserne gelaufen. Am Abend des dritten Tages hatte man uns endlich ein bisschen Schlaf gegönnt … Warum zum Beliar grinst du denn jetzt schon wieder, Fayo?“ Hark schien nicht sehr erfreut über das Verhalten seines Freundes zu sein. „Naja.“ Antwortete der Lachende. „Ich kann mir schon denken, was in der Nacht so alles passiert ist.“ Fayo amüsierte sich köstlich, doch Hark war bei der Erinnerung an diesen Marsch jedoch nicht nach Lachen zumute.
    „Wenn man dich so ansieht, dann könnte man fast vergessen, dass wir wegen einer Beerdigung hier sind.“ sagte Hark und in diesem Moment verging auch Fayo das Lachen. „Ja, du hast Recht. Nimm es mir bitte nicht übel, aber ich wollte noch einmal etwas zum Lachen haben. Die nächsten Stunden, Tage oder Wochen, so genau kann ich das noch nicht abschätzen, werden womöglich alles andere als lustig.“ Hark ahnte bereits, dass in der Kapelle irgendetwas nicht so ablief, wie Fayo sich das vorgestellt hatte.
    „Was ist passiert?“ fragte er.
    „Die Beerdigung fand bereits gestern Nachmittag statt. Meine Tante hat mich gelinkt.“
    „Wieso sollte sie so etwas tun?“
    „Aus Hass. Einfach, weil sie mich nicht ausstehen kann. Alles, was sie tut und mit mir zu tun hat, geschieht aus Hass. Sie gönnt mir nicht das kleinste bisschen Glück und offenbar nicht einmal den Abschied von meiner Schwester.“
    „Davon wusste ich nichts.“ sagte Hark. „Sie hatte mir nur gesagt, dass Sarah gestorben ist und mir den Brief in die Hand gedrückt.“
    „Keine Sorge, ich glaube dir.“ Antworte Fayo auf Harks Unschuldsbekundung. „Im Grunde ist es mir auch völlig gleichgültig, was der alte Drache so treibt. Es interessiert mich überhaupt nicht. Mich stört nur, dass mir die Chance verwehrt blieb, mich von meiner Schwester zu verabschieden.“
    „Das kann ich verstehen.“ Antwortete Hark.
    „Wollen wir zu ihrem Grab gehen. Denn wenn wir noch länger auf der Stelle stehen bleiben, dann falle ich vor Müdigkeit wahrscheinlich einfach um. Trotz all der aufwühlenden Neuigkeiten.“ Hark gähnte noch einmal so stark, dass er beinahe die Hand vor seinem Mund eingesaugt hätte.
    „Ja, das ist eine gute Idee.“ Die Beiden betraten den Friedhof.
    Ein festgetretener Pfad zog sich durch die Mitte hindurch, von dem links und rechts Abzweigungen in Form von breitgetretenen Grashalmen zu den Grabstellen führten. Ein weiterer Weg führte in einen Bereich, der von der Kirche verdeckt wurde. Fayo ließ den Blick schweifen. Viele der Grabsteine kannte er noch aus seiner Kindheit, andere schienen erst in den letzten Jahren dazu gekommen zu sein. Der Hauptweg war gut gepflegt, kaum ein Grasbüschel ragte über die Grenze der Wiese zum Weg hinaus. Die Kastanien, deren schwere Äste über so manchem Grabe hingen, hatten schon grüne Knospen und trieben Blätter. Als Fayo dazu eine milde Brise um die Nase wehte, vergaß er für den Bruchteil eines Augenblickes, warum er eigentlich hier war. Er dachte an seine Kindheit, wie er mit seiner Schwester über die Wiesen rannte und fangen spielte. Er gewann immer, weil er der ältere war und sie viel zu langsam für ihn. Doch das störte sie nicht, weil er sich in gewissen Abständen immer hinfallen ließ, damit sie ihn einholen konnte. Dann stürzte sie sich auf ihn und rief „Gefangen!“, untermalt von ihrem herrlichen Lachen, das so schön war, dass es all seine Sorgen einfach wegspülen konnte.
    „Fayo, ich habe es gefunden.“ Fayo schreckte auf. Ihm war gar nicht aufgefallen, wie sehr er seinen Gedanken nachhing. „Wo ist sie?“ Er sah sich um, doch es dauerte eine Weile, bis er Hark entdeckte. „Hier oben, du Schlafmütze. Sie liegt bei deinen Eltern.“
    „Naheliegend“ sagte er zu sich im Stillen und ging zielstrebig auf das Grab seiner Eltern zu. Hark saß davor und seine Augen waren geschlossen. Fayo war sich nicht sicher, ob Hark schlief, oder nur stillschweigend an Sarah dachte. Er beschloss deshalb das Wort zu ergreifen.
    „Ich war lange nicht hier.“ Er hielt kurz inne. „Und ein großes Verlangen, hier wieder her zu kommen, hatte ich auch nicht.“ Hark nickte. Eine ganze Zeit lang standen die beiden schweigend nebeneinander.
    „Ich glaube, sie war wirklich der wundervollste Mensch, den ich kannte.“ sagte Fayo schließlich. „Und der Schönste, den ich kannte.“ fügte Hark hinzu. Fayo nickte. Er dachte an ihre haselnussbraunen Locken, die bis zu ihren Schultern hinab hingen. Und an die strahlenden Augen, die keinen Argwohn zu kennen schienen. „Hatte die Krankheit sie sehr entstellt? Ich meine, einmal eine alte Frau gesehen zu haben, deren Finger…“ er brach ab. Es schauderte ihn zu sehr daran zu denken. Hark schwieg für einen Moment. „Warum willst du das wissen? Es nützt dir nichts, wenn du der Erinnerung an sie etwas hinzuzufügen, mit dem du ohnehin nicht richtig umgehen kannst. Es bringt sie nicht wieder zurück, noch geht es dir dadurch in irgendeiner Weise besser.“ Es machte Fayo wütend, dass Hark nicht auf seine Frage geantwortet hatte. Nicht jedoch, weil er die Antwort verweigert hatte, sondern weil er dadurch genau die Antwort gegeben hatte, die Fayo nicht hören wollte. Denn hätte die Krankheit ihr nicht so stark zugesetzt, dann hätte er das sicher gesagt. „Behalte sie als den Menschen in Erinnerung, den du kanntest. Das lachende, unbeschwerte Mädchen.“ Trotz allen Widerstandes, der sich in Fayos Bauch gegen diese Erkenntnis zusammenbrodelte, versuchte er, das zu akzeptieren. Er ballte die Hände zu Fäusten und wollte durch angestrengtes Knurren all die schlechten Nachrichten aus seinem Kopf zu vertreiben, sodass am Ende nur noch die Erinnerung an das glückliche Mädchen übrig blieb, dass ihn nahezu sein halbes Leben lang begleitet hatte. Er schwitzte, seine Hände begannen zu zittern und er merkte bereits nach kurzer Zeit, dass dies ein Kampf war, den er nicht gewinnen konnte. Eine Träne begann, seine Wange herunter zu kullern und erst in diesem Moment begriff er offenbar wirklich, wie endgültig sein Verlust war. Während der Zeit in Nordmar wusste er zwar nie genau, wie es ihr ging und er verging fast, wenn Hark mal etwas länger brauchte, bis er einen neuen Brief von ihr bekam. Doch er konnte sich dann immer wieder einreden, dass es sicher gut ging und ihr nichts geschehen würde. Doch nun konnte er das nicht mehr. Er war der Realität ausgeliefert. Er stand vor dem Grab seiner Schwester, die Hände zu Fäusten geballt und die Tränen an den Wangen hinunterlaufend. Und so sehr er auch versuchte, sich vorzustellen, dass Sarah gerade nicht drei Meter vor ihm unter der Erde lag, dass sie unbeschwert über die Wiese rannte, dem Sonnenuntergang entgegen, war er sich doch immer bewusst, dass dies nicht der Realität entsprach. Er versuchte es immer und immer wieder und mit jedem Mal schien ihn ein Stück seiner Kraft zu verlassen. Er begann zu schluchzen und zu wimmern und nach einer geraumen Zeit sank er auf seine Knie. Staub wurde aufgewirbelt und legte sich auf Fayos feuchten Wangen nieder. Doch das störte ihn nicht. Nichts störte ihn in diesem Moment, nur, dass Sarah nicht mehr da war. Das jedoch so sehr, dass er beinahe drohte, daran zu zerbrechen. Er drückte sich die Ellenbogen in die Oberschenkel und stützte seinen Kopf auf seine Hände. Der Strom seiner Tränen schien nicht mehr abzureißen. Eine ganze Weile lang saß Fayo so da. Ob es Minuten oder Stunden waren, das konnte selbst Hark nur schwer abschätzen, der das Geschehen aus kühler Distanz beobachtete. Er überlegte, ob er Fayo aufhelfen sollte, doch entschied sich dafür, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Doch es gab einen Zeitpunkt, da fühlte Hark sich in der Pflicht, seinen Freund zu unterbrechen.
    „Fayo, sieh.“ Fayo wusch sich die Tränen aus den Augen und sah auf. In einiger Entfernung erkannte er seine Tante, die mit frischen Blumen in der Hand auf das Grab seiner Schwester zuging. Als Adele auch Fayo und Hark erkannte, blieb sie kurz stehen. Dann entschied sie sich jedoch dafür, der Konfrontation mit ihrem Neffen nicht aus dem Weg zu gehen.
    „Ich hätte nicht erwartet, dass du kommst.“ sagte sie gespielt überrascht. Doch Fayo schmeckte bereits das Gift, dass sie mit diesen Worten ausspuckte. „Leider bist du zu spät.“
    „Die Person, die den Brief geschrieben hatte, war leider der Zahlen nicht mächtig. Wären uns auf dem Weg hierher jedoch nicht dermaßen viele Banditen begegnet, die uns das Leben zur Hölle gemacht hätten, hätten wir es sicher geschafft.“ Das war gelogen und Adele wusste das ganz genau. Dennoch erfüllte es Fayo mit Genugtuung, dass seine Tante sich allein über die vage Möglichkeit seiner Anwesenheit schon maßlos ärgerte. Doch Genugtuung konnte ihm Sarah leider auch nicht zurückbringen, wie er kurz darauf bemerkte. Daher unterließ er weitere Sticheleien.
    „Wenn du nichts dagegen hättest, würde ich noch ein paar Minuten hier bleiben. Danach werd ich dir so gut ich kann aus dem Weg gehen. Aber ein bisschen Zeit will ich noch hier haben.“ sagte er nüchtern und resigniert. Er wendete den Blick von seiner Tante ab und betrachtete wieder den großen Erdhaufen vor sich.
    „Nein. Ich möchte, dass du umgehend von hier verschwindest. Und lass dir bloß nicht einfallen, hier jemals wieder herzukommen.“ Fayo blickte wieder auf. Die von ihm geforderte Ruhe war ihm nicht vergönnt wurden.
    „Wieso? Nur, weil du mich nicht ausstehen kannst? Nur, weil du ein Problem damit hast, mich hier zu sehen?“ ging Fayo sie an.
    „Deine Welt ist wirklich ziemlich einfach gestrickt. Ja, natürlich kann ich dich ausstehen, aber wäre das mein einziges Problem mit dir könnte ich vielleicht grade noch damit leben und dir unter Umständen sogar gestatten, sie zu besuchen. Aber du bist so egoistisch, dass du, als Sarah dich am meisten gebraucht hätte, lieber irgendwelche Kriegsspielchen getrieben hast.“ keifte sie zurück.
    „Ich hatte Geld verdient, von dem ich ihr sehr viel gegeben hatte. Das hat ihr dabei nicht zuletzt auch dabei geholfen, die Krankheit besser zu ertragen.“
    „Sie WOLLTE dein schmutziges Geld aber gar nicht. Das hättest du auch gemerkt, wenn du ihr in den letzten Jahren nur EIN EINZIGES MAL in die Augen gesehen hättest.“
    „Das ist nicht wahr. Sie hat in ihren Briefen immer geschrieben, dass sie sehr dankbar dafür ist. Sie könne es gut gebrauchen.“
    „Aber doch nur, weil sie ohne die Medizin und die Behandlungen so unsagbare Schmerzen hatte. Sie wusste genau, was du da oben gemacht hast, im Kopf hatte sie es schließlich nicht gehabt. Und hätte sie eine Wahl gehabt, dann hätte sie dein verfluchtes Geld am liebsten in den See geworfen. Doch weit größer, als ihr Scham und ihr Ekel vor dem, was du getan hast, war ihr Wunsch, weiterzuleben. Sie wusste genau, dass das ohne deine Unterstützung nicht ginge. Nur deshalb, UND NUR DESHALB…“
    „Ist das wahr?“ unterbrach Fayo seine Tante. Die Frage war an Hark gerichtet. Doch dieser schwieg. „Ist…das…wahr?“
    „Ja…“ antwortete der angesprochene schließlich. Fayo Rechte ballte sich wie von allein zu einer Faust, holte aus und schlug Hark mitten ins Gesicht. Fayo spürte, dass er so stark zuschlug, wie er nur konnte. Doch er hatte es nicht unter Kontrolle. Es war, als würde eine fremde Macht ihn lenken, als hätte sein Geist keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Hark ging zu Boden, da er den Schlag nicht kommen sah. Kurz danach verließ Fayo den Friedhof. Er sagte weder zu Adele, noch zu Hark noch ein Wort. Bereits ein paar Augenblicke später bereute er jedoch, dass er die Hand gegen seinen Freund erhoben hatte. Eine Entschuldigung wollte er ihm jedoch trotzdem nicht ausrichten. Er schritt durch das Tor des Friedhofes, um zu seinem Pferd zu gelangen. Doch kurz zuvor musste er anhalten und tief Luft holen. Er glaubte, dass es besser wäre, sich in den nächsten Tagen erst einmal zu erholen. Vielleicht war Jasmina ja nach einer kleinen Reise zumute.
    „Verzeihung.“ Fayo hörte plötzlich eine fremde Stimme, deren Besitzer sich von hinten näherte. Erschrocken drehte Fayo sich herum und sah einen Mann in feinen Kleidern. Er vermutete, dass es einer der einflussreichen Kaufleute aus Vengard war. Der Fummel kam ihm bekannt vor. „Sie müssen Fayo sein, habe ich Recht?“ fragte der Mann mit einer freundlichen Stimme. Doch Fayo war sich nicht sicher, ob diese Freundlichkeit auch aufrichtig war. „Wer will das wissen?“ fragte er kritisch.
    „Oh, ich nahm an, dass ihr mich kennen würdet, doch ich stelle mich euch gern vor. Mein Name ist Ferdinand Ridalgi, vermutlich kennt ihr meinen Vater.“
    „Guter Kartenspieler.“ kommentierte Fayo, doch er war sich sicher, dass der Grund ihres Treffens nicht darin bestand, sich über Ridalgis linke Kartentricks auszutauschen. „Was willst du, Ferdinand Ridalgi?“
    „Zunächst einmal bin ich froh, dich gefunden zu haben. Deine Frau – oder Liebesgespielin, jenachdem - hatte mich darauf freundlichst darauf hingewiesen, dass ich dich hier finde. Ein Jammer, wäre ich nur ein oder zwei Stunden eher gewesen, hätte ich dich persönlich treffen können.“
    „Was…willst du?“ Fayo war kurz davor, durchzudrehen, doch das durfte er sich nicht erlauben, nicht vor einem dieser verlogenen Ridalgis. „Oh, deine Frau bat mich, dir das hier zu geben.“ Er kramte in der Innentasche seines Anzuges nach etwas, doch bevor er es herausholte, hielt er noch einmal kurz inne. „Naja, „gebeten“ hatte sie mich eigentlich etwas ganz anderes…“ Er kicherte vergnügt und drückte Fayo einen Schal in die Hand. Fayo erkannte ihn sofort als den, den Janina immer trug, um ihre Augen zu verhüllen. Er war durchsichtig und blassgrün mit roten Linien. „Du Mistkerl!“ schrie Fayo und wollte auf ihn zu rennen. Doch da wurde er von hinten gepackt. Hark war Fayo vom Friedhof gefolgt und hatte ihn nur knapp davon abhalten können, den jungen Ridalgi von seinem Pferd zu stoßen. „Was habt ihr Dreckschweine mit ihr gemacht?“ „Oh, also bitte. Wofür hältst du uns denn? Deiner kleinen Freundin geht es gut und ich bin sicher, dass es ihr bei uns auch gefällt. Mein Vater erwartet dich dort übrigens auch. Er sagte, er braucht einmal wieder einen richtigen Gegner beim Kartenspielen. Du solltest dir aber nicht zu viel Zeit lassen.“ Mit diesen Worten gab Ferdinand Ridalgi seinem Pferd die Sporen und war bereits nach wenigen Augenblicken hinter dem nächsten Hügel verschwunden.

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    Vorgabe 3:

    Rückblende: Person A stattet Ort A einen Besuch ab, mit dem Vorhaben sich Gegenstand A zu bemächtigen.


    Fayo rannte zu den Pferden, um ihm zu folgen. Hark folgte ihn. „Wir müssen ihn aufhalten.“ schrie Fayo. „Vielleicht können wir ihn als Druckmittel einsetzen, um Jasmina freizukaufen.“Er ahnte bereits, dass dieser Plan ein hohes Potenzial hatte, schiefzugehen, doch ignorierte diese Ahnung, weil er Ferdinand Rigaldi nicht ungeschoren davonkommen lassen wollte. „Wir sollten…“ versuchte Hark einzuwenden, während sich Fayo bereits auf sein Pferd schwang, doch seine Worte gingen unter dem Trampeln der Pferdehufe unter. So sah Hark sich gezwungen, seinem Freund zu folgen.
    Die Beiden ritten in die Richtung, in die Rigaldi geritten war. Sie konnten ihn zwar nicht mehr sehen, doch eine Wolke aus aufgewirbeltem Dreck des trockenen und staubigen Weges wies ihnen den Weg. Diese führte sie direkt in den dicht bewachsenen Wald des sildener Umlandes. Äste ragten auf den Weg und manch einer, der lang genug war, schlug Fayo ins Gesicht. Es schmerzte und seine Wange wurde rot und blau zugleich, doch er ließ sich davon nicht abbringen. Der Wille, Ferdinand Rigaldi zu schnappen und ihn das Leid zuzuführen, dass er Jasmina bereits angetan haben muss, trieb ihm immer weiter vorwärts. Auch die Banditen, die plötzlich aus den Büschen sprangen, um Fayo und Hark am weiteren Voranpreschen zu hindern, konnten ihn nicht von seinem Ziel abbringen. Der erste versuchte es von links. Er wollte Fayo aus dem Sattel werfen, doch dieser konnte geschickt ausweichen, in dem er sich nach hinten beugte. Zu seinem Glück hatte Fayo den Busch, hinter dem sich der Bandit versteckt hielt, kurz vor dem Sprungangriff verdächtig wackeln sehen. Zwar wusste er nicht, was im nächsten Moment passieren würde, doch er ahnte bereits, dass diese unnatürlichen Bewegungen des Busches nichts Gutes verheißen würden. Fayo sah noch einmal kurz nach hinten, da er vermutete, dass der abgeschüttelte Bandit unter die Hufe von Harks Pferd geriet. Ein törichter Fehler, wie sich schon im nächsten Moment herausstellen sollte. Gerade, als Fayo seinen Blick wieder nach vorn richtete, sprang ein zweiter Bandit von oben auf ihn herab. Noch während des Fluges holte er mit der Rechten aus und traf Fayo so mitten im Gesicht. Er taumelte und wäre auch fast aus dem Sattel gefallen, doch sein Sitz war sicher genug, dass er auch diesen Angriff ohne größere Schäden überstanden hatte. Seine Lippe war zwar aufgeplatzt, doch das bemerkte er nicht. Er fuhr sich mit der Rechten über das Gesicht, um die Haare, die ihm durch die beiden Zwischenfälle nun vor den Augen umher baumelten, aus seinem Sichtfeld zu bekommen. Doch genau in diesem Moment sprang ein dritter Bandit aus dem Wipfel des nächsten Baumes, der Fayo schließlich aus dem Sattel warf. Er schlug hart auf dem Boden auf. Sein Kopf schmerzte und er war kaum in der Lage, aufzustehen. Als er es nach langen Mühen doch noch geschafft hatte, sich mit den Händen nach oben zu drücken und hinzusetzen, spürte er bereits eine Klinge an seiner Kehle. „Aufstehen.“
    Fayo tat, wie ihm geheißen und richtete sich langsam auf. Als er stand, wollte er sofort sein Schwert ziehen, doch in diesem Moment spürte er eine weitere Klinge, die mit der flachen Seite auf seine rechte Hand drückte. Er zog die Hand zurück und ließ seinen Blick schweifen. Hark, der neben ihm stand, und er waren von Banditen umzingelt. In diesem Moment erkannte er auch den Grund für den Angriff.
    „Ihr arbeitet für Rigaldi, richtig?“ Der Bandit, der Fayo die Klinge an die Kehle hielt, nickte. Erst jetzt fiel Fayo auf, dass er eine Paladinrüstung trug. Sie war verdreckt und zerbeult, doch immer noch gut zu erkennen. „Gut kombiniert, Fayo vom Trotzwall.“ Fayo war erstaunt. Diesen Namen hatte er schon lange nicht mehr gehört. Umso interessanter, dass er ihn gerade hier zu hören bekam. Er hätte eine Verbeugung angedeutet, um seinem Gegenüber für diese Anrede zu huldigen. Doch leider befand er sich nach wie vor in der verzwickten Lage, eine Klinge an der Kehle zu haben. Eine solche Handlung würde ihm daher wohl den Hals aufschlitzen. Er entschied sich für ein leichtes, kaum bemerkbares Kopfnicken. „Leider nicht die volle Wahrheit, so leid es mir tut. Rigaldi hat mich zwar engagiert, doch es war mir selbst auch ein ausgesprochenes Vergnügen, dir aufzulauern und etwas von dem Schmerz spüren zu lassen, der mir in den letzten Jahren untergekommen ist.“ Der Bandit drückte die Spitze seiner Klinge fester an Fayos Hals. Er spürte, wie ein Bluttropfen seine Gurgel hinab floss. Doch sein Blick war weiterhin fest auf die dunklen Augen seines Gegenübers gerichtet. „Irgendwoher kenne ich dich…“, dachte Fayo. Im gleichen Moment bemerkte er auch, wie die Banditen um ihn herum zu tuscheln begannen. „Der Fayo vom Trotzwall?“ fragte der eine „Ich glaub schon.“ tuschelte der nächte. „Hätt ich das mal vorher gewusst…“ gab ein dritter zum Besten. „Ruhe!“ schrie der Bandit mit der Paladinrüstung.
    „Nun denn, ich hätte dir hier auch aufgelauert, wenn Rigaldi mir und meinen Männern nicht so ein stattliches Sümmchen geboten hätte.“ Der Bandit deutete mit der freien Hand auf den dicken Beutel, den er um seinen Gürtel gebunden hatte. Der Auftrag ging schließlich zeitig genug ein. Eigentlich hätte ich dich auch schon auf deinem Hinweg abpassen können…“ Fayo war verwirrt. Wie hätte er das tun sollen? Er versuchte jedoch unbeeindruckt zu bleiben.
    „Erinnerst du dich an mich?“ Da fiel es Fayo glücklicherweise wieder ein. Er vermutete, dass der Bandit die Klinge noch etwas weiter in seine Kehle gebohrt hätte, wenn er nicht geantwortet hätte. Darauf hatte Fayo nun wirklich keine Lust.
    „Ihr seid Whalter Hurisan, Oberbefehlshaber der myrtanischen Streitmacht bei der Schlacht im Schneetal.“ Sein Gegenüber nickte. „Sehr gut. Damit hätte ich nicht gerechnet.“ Wieder wollte Fayo sich verbeugen. „Du weißt auch, warum ich dich hier und heute am liebsten tot sehen möchte?“ Fayo nickte. „Vermutlich ist es derselbe Grund, der euch auch so schlecht aussehen lässt.“ sagte Fayo unverblümt. Erneut spürte er ein Stechen in seiner Kehle und bereute diesen Satz innerlich sogleich wieder. „Die gewaltige Niederlage im Schneetal hat euch euren Posten gekostet. Ihr wurdet unehrenhaft entlassen und teilt seitdem das Schicksal der Banditen. So zumindest erzählen die Leute von euch.“ Whalter nickte. „All das ist Eure Schuld. Und ich habe es euch nie verziehen und werde es auch nie tun. Erst, wenn ich eure Leiche im Dreck liegen sehe.“ Fayo ahnte, dass er schnell handeln musste, denn das Funkeln in Whalters Augen konnte nur bedeuten, dass er seine Phantasien verwirklichen wollte.
    Er riskierte eine Finte, beugte seinen Oberkörper nach hinten, zog sein Schwert und schlug Whalters davon. Es gelang ihm zwar nicht, den Paladin zu entwaffnen, doch es reichte, um die unangenehme Umklammerung aus Banditen aufzulockern. Hark war aufmerksam genug, um diesen Moment ebenfalls für sich zu nutzen und sein Schwert zu ziehen. Sogleich wurden die Beiden von all den umstehenden Banditen angegriffen. Die Meisten beherrschten den Umgang mit dem Schwert nur mittelmäßig, sodass sie für Fayo trotz seines angeschlagenen Zustandes und seiner Übermüdung kein sonderlich großes Problem war. Die Anspannung, die das Gefecht mit sich brachte, hielten ihn wach und aufmerksam. Hark erging es ähnlich. Die Banditen waren schnell entwaffnet und Fayo verzichtete darauf, sie zu töten. Die meisten ergaben sich, oder suchten das Weite. Nur Whalter schien sich seiner Sache nach wie vor sehr sicher zu sein. Er hatte sich anfangs etwas zurück gehalten, doch nachdem die meisten seiner Männer geflohen waren oder um Gnade winselnd im Staub lagen, hielt er es für angebracht, sich wieder in das Geschehen einzumischen. Er griff Fayo an. Hark wollte seinem Freund zur Hilfe kommen, doch dieser bedeutete ihm, sich zurückzuhalten.
    „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mein Leben zerstört hast!“ brüllte Whalter. Sein Schreien war vom Zusammenschlagen der Klingen und dem zerbrechen von Ästen untermalt. „Ich bekomme langsam eine Vorstellung davon.“ antwortete Fayo. Schlag um Schlag führte Whalter aus und Fayo merkte, wie die Kraft langsam aus seinen Armen schwand. „Am meisten stört mich an der ganzen Geschichte, dass Rhobar sich von Euch um den Finger wickeln ließ. Das war doch ein abgekartetes Spiel, von vorn bis hinten. Ihr habt uns, seine Streitmacht, in dieses verfluchte Tal gelockt“ das klirren von aneinanderschlagenden Schwertern hallt durch die Luft. „habt uns auflaufen lassen und dezimiert. Ich weiß nicht, was ihr danach mit dem König angestellt habt, aber so bereitwillig, wie er diesen verlogenen Waffenvertrag unterzeichnet hatte, kann es auf keinen Fall etwas Gutes gewesen sein.“
    „Er hatte eingesehen, dass er auf lange Sicht ohne uns nicht gegen Zuben und die Orks bestehen kann.“ antwortete Fayo. Seine Kräfte gingen zur Neige und er musste sich etwas einfallen lassen. Er versuchte, seinen Gegenüber aus der Reserve zu locken, ihn zu verunsichern, da er sonst womöglich nicht mehr lange durchhalten würde. „Bemerkt ihr, dass ihr wieder allein kämpft.“ fragte Fayo. „Sehr wohl.“ antwortete Whalter und setzte zum nächsten Schlag an. Fayo konnte ausweichen. „Diese Waschlappen können alle nicht kämpfen und haben die Hosen voll. Deshalb muss ich mich allein mit euch herumschlagen.“
    „Es liegt nicht an diesen Feiglingen.“ meinte Fayo daraufhin, parierte einen Schlag und wollte angreifen. Doch Whalter konterte und schleuderte Fayos Schwert davon. Es blieb im nächsten Baum stecken. „Woran denn sonst?“
    „An Euch und Eurem miserablem Führungsstil. Ihr habt es damals nicht geschafft, eure Männer zu motivieren und einen vernünftigen Plan auszuhecken und ihr habt es auch heute nicht geschafft.“ Whalter begann zu knurren und holte erneut mit dem Schwert aus. Fayo gelang es, sich auf die Seite zu drehen. Beinahe hätte es ihn jedoch erwischt. Er rannte auf den Baum zu, um sich sein Schwert zu holen. „Nun gut, der Plan war nicht schlecht, doch ohne kampfeslustige Männer könnt ihr nicht gewinnen. Letztlich habt ihr heute also genauso versagt, wie damals. Das hat euch auch euren Posten gekostet. Ihr habt nicht einfach nur verloren, ihr habt…“
    „Halt deine verlogene Schnauze!“ brüllte Whalter und kam auf Fayo zugerannt, der grade an seinem Schwert zog. Doch es steckte zu fest im Baum und so sehr er auch daran rüttelte, es wollte sich einfach nicht aus dem Stamm ziehen lassen. Er drehte sich zu Whalter um und musste erneut einem Schlag ausweichen. Lange würde das nicht mehr gut gehen. Doch mit einem Mal, als der degradierte Paladin zum nächsten Schlag ausholte, wurde ihm eine Klinge durch die Achseln in die Brust gerammt. Die Achseln, die einzige Schwachstelle, der sich der Träger einer Paladinrüstung ständig bewusst sein musste. Fayo erkannte plötzlich Hark hinter dem zu Boden sinkenden Whalter. Das Blut sickerte in den trockenen Waldboden. Hark streifte das Blut an seiner Klinge am Stiefel des ehemaligen Paladins ab. „Du bist zu weit gegangen.“ sagte er trocken. Fayo erhob sich und klopfte den Staub von seinen Kleidern.
    „Ich musste ihn aus der Fassung bringen, sonst würde ich jetzt an seiner Statt dort liegen.“. Hark verschränkte die Arme. „Nein, du hattest die Wahl, mit mir zusammen gegen ihn zu kämpfen und hast dich bewusst dagegen entschieden.“ Er drehte sich um und ging zu seinem Pferd, dass die Banditen an einem Baum angebunden hatten, lange bevor der Kampf ausbrach. „Aber du wolltest ihn stattdessen lieber allein fertig machen. Und fertig gemacht hast du ihn wirklich. Ich bin mir nicht sicher, ob du das bemerkt hast, aber aus seinen Augen hat der Wahn gesprochen. Die ganze Zeit schon. Bereits am Anfang, als die Banditen uns noch umzingelt hatten. Und je mehr du auf ihn eingeredet hast, je mehr du ihm seine Eigenen Schwächen vor Augen geführt hast, desto schlimmer wurde es. Und ja, hätte ich nicht eingegriffen, würdest du wirklich an seiner Statt dort im Dreck liegen.“ Er saß bereits im Sattel seines Pferdes und wollte losreiten, doch Fayo hielt ihn noch davon ab. „Ich…“ doch da wurde ihm schwindlig. Hark antwortete an seiner Stelle, drehte sich jedoch nicht um. „Ich würde es ja verstehen, wenn es Notwehr gewesen wäre, doch es bestand keine Not. Du hast das ganz bewusst gemacht, um ihn aus der Reserve zu locken und ich fürchte, du hattest das schon sehr lange vor und endlich die Gelegenheit genutzt, dass in die Tat umzusetzen. Das ist das, was ich trotz all der Sachen, die du für mich getan hast, so widerwärtig an dir finde und schon immer fand. “ Fayo antwortete nicht. Stattdessen stützte er seinen Kopf auf seine Linke. Er hatte fürchterliche Schmerzen. „Ich…“ doch da wurde ihm schwarz vor Augen und er klappte zusammen.
    Als er seine Augen wieder öffnete, befand sich ein Dach über seinem Kopf. Sein Blick war trübe und verschwommen und als er versuchte, sich aufzurichten, wurde er sogleich von seinen Kopfschmerzen wieder in die warme Umklammerung des Bettes zurückgedrückt. Doch es war schließlich genau diese Umklammerung, von der er sich lösen wollte. Er versuchte es erneut, doch wieder misslang es ihm.
    „Hark hat gesagt, dass du dich noch ein bisschen ausruhen sollst.“ Fayo drehte seinen Kopf auf die Seite, von der er die Stimme zu hören glaubte. Es war eine Frauenstimme und sie kam ihm bekannt vor. „Emm?“ fragte Fayo, während er gegen das Licht der tief stehenden Sonne anblinzelte.
    „Hätte nicht gedacht, dass du mich erkennst.“ sagte sie und Fayo meinte, ehrliche Freude in ihrer Stimme zu hören. „Wieso bin ich hier?“ fragte Fayo und versuchte erneut ,sich aufzurichten.
    „Hark meinte, dass du im Wald zusammen gebrochen bist. Ich soll dich ein wenig aufpeppeln. Er meinte auch, dass er einen direkten Konflikt mit Adele aus dem Weg gehen möchte. Deshalb hat er dich zu mir gebracht. Er wusste auch keinen anderen Ausweg.“
    „Wo ist er?“ fragte Fayo. „Er liegt im Nebenzimmer und schläft. Das solltest du übrigens auch tun.“ Fayo nickte und er fragte sich, warum sie so freundlich zu ihm war. Verdient hatte er das nicht. „Wie geht es dir?“ wollte er von ihr wissen. Ein letztes Mal begann er den Kampf gegen die Umklammerung der Bettdecke. „Wesentlich besser, als dir im Moment. Und wenn du nicht langsam mal einsiehst, dass du Ruhe brauchst, wirst das wohl auch ein ganzes Stück so bleiben.“ Sie lachte kurz, schwieg dann aber wieder. „Mein aufrichtiges Beileid übrigens. Das hätte ich bei all der Aufregung gerade fast vergessen.“ Fayo nickte und schloss die Augen. „Was ist mit dir geschehen?“ wollte Emmeryn wissen. Er war sich nicht sicher, ob er darauf antworten sollte, und wenn ja, wie. Er entschied sich spontan für die Möglichkeit, an die er normalerweise nicht einmal gedacht hätte.
    „Wir wurden angegriffen. Mehrere Banditen haben uns aufgelauert. Die meisten hatten schnell die Hosen voll, doch ihr Anführer war hartnäckig. Hark hat ihn schließlich getötet, um mich zu retten.“ Nachdem er fertig war, fragte er sich sogleich, warum er so ehrlich zu ihr war. Es ging sie schließlich nichts an. „Warum sollten sie das tun?“ Er überlegte kurz.
    „Jasmina, meine Freundin, wurde entführt. Der Entführer hat die Banditen engagiert, um mich abzufangen. Wahrscheinlich wollte er sich absichern, dass ich ihn auf schnellstem Wege zu ihm gelange.“ Emmeryn nickte. „Warum wurde sie entführt?“
    „Ich weiß es nicht genau.“ antwortete Fayo und egal, wie lange er in diesem Moment darüber nachdachte, es wollte ihm keine wirklich plausible Lösung einfallen.
    „Jasmina klingt nicht myrtanisch.“ lenkte Emm das Gespräch auf andere Bahnen. „Woher kommt sie?“
    „Aus dem südlichen Varant. Aus Bakaresch, um genau zu sein. Ich war vor einigen Jahren schon auf …“ er überlegte kurz, um das richtige Wort zu finden. „… Botengängen unterwegs.“ Emmeryn fiel auf, dass er ungwöhnlich lang überlegte, um auf das Wort „Botengänge“ zu kommen, doch sie ließ sich nichts anmerken. „Ich schlenderte über den Marktplatz, um für Sarah ein kleines Andenken zu erstehen.“ „Die goldene Elefanten-Statue, hab ich Recht. Die muss doch ein halbes Vermögen gekostet haben?“ sagte sie. „Es ging.“ antwortete Fayo, bemüht, sich möglichst bescheiden zu geben. Tatsächlich kostete die Statue nämlich ein ganzes Vermögen. Zwar nicht seines, aber sicher das eines weniger gut betuchten Scheiches. „Bakaresh ist berühmt für seinen Sklavenhandel …“ „… und einer der Händler bot Jasmina feil?“ „In der Tat.“ antwortete Fayo. „Ich wollte sie ihm abkaufen. Einerseits wegen ihrer wunderschönen Augen und andererseits auch, weil sie…“ „hilflos war?“ wieder unterbrach Emmeryn ihn. „Genau. Wenn du die Geschichte schon kennst, dann brauch ich sie ja nicht erzählen.“ Doch von da an schwieg sie. „Er wollte sie aber nicht verkaufen und so kam ich nicht umhin, sie aus den Klauen dieses…Sklavenhändlers“ er wollte Dreckskerl oder etwas dergleichen sagen. Doch er befürchtete, dass Emmeryn dann den Sklavenhändler mit ihm vergleichen würde und darauf hatte er keine Lust. „zu befreien. Es war mitten in der Nacht. Ich brach in das Haus ein, knackte das Schloss ihrer Zelle und zerrte sie aus dem Haus hinaus. Er bemerkte uns zwar und verfolgte uns, doch wir waren zu schnell und er verlor uns aus den Augen. Am nächsten Morgen bin ich noch einmal über den Marktplatz gelaufen, um ihr einen Schal und neue Kleider zu kaufen, damit man uns nicht bemerkt, wenn wir die Stadt verlassen. Es war riskant, da uns der Sklavenhändler nicht sehen durfte, doch es ist uns geglückt.“ Fayo hielt kurz inne. „Gestern, als wir zur Beerdigung meiner Schwester kommen wollten – diese aber schon vorbei war“ Fayo Gesichtszüge wurden grimmig, als er dabei an Adele dachte. „hat uns Jasminas Entführer aufgesucht und mir den Schal in die Hand gedrückt.“ Er zog ihn aus der Innentasche seiner Jacke und zeigte ihn ihr. „Er ist zwar ein wenig dreckig, aber dennoch wunderschön.“ Er gab ihn ihr, damit sie ihn sich um die Augen legte. „Jetzt seh ich bestimmt aus, wie eine Prinzessin.“ sagte sie. Fayo schmunzelte, doch da wurde ihm wieder schwindelig. Emmeryn bemerkte das, legte den Schal auf die Seite und bedeutete ihm, sich auszuruhen. Er tat, was sie von ihm verlangte, drehte sich auf die Seite und schlief fast umgehend ein.
    Geändert von Eddie (01.04.2014 um 20:29 Uhr)

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    Vorgabe 04

    Mithilfe von Gegenstand A versucht Person B nun Person A zur Rede zu stellen. Als nun neben Person C auch noch Person D auftaucht spitzt sich die Lage zu.


    Fayo öffnete langsam die Augen. Er fürchtete, sie sich an den einfallenden Sonnenstrahlen zu verbrennen. Deshalb blinzelte er zunächst, um sich seiner Lage und der ungefähren Tageszeit gewahr zu werden. Er lag noch immer in dem Bett in Emmeryns Haus, soviel war ihm klar. Nach einer kurzen Weile bemerkte er jedoch, dass durch das Fenster keine grellen Sonnenstrahlen, sondern silbriges Mondlicht einfiel. Erleichtert, der befürchteten Versenkung seiner Netzhaut noch einmal entgangen zu sein, öffnete er schlagartig die Augen und wollte sich aufrichten. Da jedoch begann sich alles um ihn herum zu drehen. Kopfschmerzen setzen ein und die warme und sanftmütige Umklammerung der Bettdecke zog ihn wieder hinab. Er erinnerte sich dunkel an seine Versuche von vor ein paar Stunden, diesem Bett zu entkommen, und hielt sich reumütig die Rechte an die Schläfe. Fayo hegte dabei zwar den frommen Wunsch, dass seine Kopfschmerzen doch verschwinden mögen, doch er wusste ganz genau, dass dieser Wunsch ihm nicht erfüllt werden würde. „Vielleicht sollte ich mich doch noch etwas ausruhen.“ überlegte er sich. Diese Erkenntnis brachte ihn zwangsläufig zur nächsten Frage „Warum war ich im Wald überhaupt zusammengebrochen?“. Es konnte nicht nur die Übermüdung und der Kampf gewesen sein. So etwas hatte er früher schon öfter durch gehabt. Er dachte dabei vor allem an die unzähligen … Botengänge – ihm gefiel dieses Wort immer mehr - die er mit Hark zu den unzähligen Händlern in Myrtana und Varant absolviert hatte. Tagelang waren sie mitunter geritten und beinahe hinter jeder Kreuzung hatten Banditen nach ihrem Leben getrachtet. Doch keiner konnte ihn so aus dem Sattel werfen, wie Whalter es erst vor wenigen Stunden getan hatte. Fayo war sich vollkommen sicher, dass er den Paladin ohne große Mühen besiegen konnte, doch letztlich war er nicht mehr, als ein stummer Zuschauer, der keinen Einfluss darauf hatte, wie dieser Kampf enden würde. Wäre Hark nicht gewesen…
    Fayo vernahm ein dumpfes Schnarchen. Zuerst vermutete er, dass es von Hark stammte. Schließlich musste er auch irgendwo in der Nähe sein. Doch dann entdeckte er Emmeryn, die neben seinem Bett auf einem Stuhl saß und eine Decke über dem Schoß hatte. Er schmunzelte, als er sie bemerkte und fragte sich, wie sie auf einem solch unbequemen Stuhl wohl schlafen konnte. Doch diese Gedanken verloren sich schnell wieder, als er sich bewusst wurde, dass ihm gar keine Zeit für Träumereien blieb. Jasmina war nach wie vor in den Händen der Rigaldis und wahrscheinlich ging sie davon aus, dass er bereits auf dem Weg zu ihr war. Dabei saß er hier in Silden fest, mit nichts als Kopfschmerzen und dem Schwindel, der ihn am Aufstehen hinderte. Er wollte aufstehen, doch bemerkte, dass es ihm unglaublich schwer fiel. Nicht nur, wegen der Kopfschmerzen. Er verspürte auch eine seltsame Antriebslosigkeit, die er so an sich gar nicht kannte. Etwas, dass ihn davon abhielt weiter zu machen und er wusste ganz genau, was es war. Der einzige Grund, den es für ihn in den letzten Jahren gab, jeden Morgen aufzustehen und sich an die Arbeit zu machen, war Sarah. Ihr zu helfen, das Leid zu ertragen, dass ihre Krankheit mit sich brachte war der Grund dafür, warum er sich immer wieder aufs Neue darauf einließ, neue Waffen zu schmieden und sie an Rhobar, Zuben oder auch die Orks zu verkaufen. Sie war es, für die er sich ständig der Gefahr aussetzte, jeden Moment getötet zu werden. Es gab nichts und niemanden, außer seiner Schwester, für die er lebte. Doch sie war nun gestorben und in jedem Augenblick, in dem er darüber nachdachte, wurde ihm ein bisschen mehr bewusst, dass er in seinem Leben in eine Sackgasse gefahren war. Eine Straße, von der er im Grunde die ganze Zeit wusste, dass sie irgendwann enden würde, die er aber dennoch immer weiter entlang geritten war, mit immer schnellerem Tempo. Nun war der Punkt gekommen, an dem der Weg zu Ende war und sich vor ihm ein riesiges Felsmassiv aufbaute, an dem er weder hochklettern noch herunter fallen könnte. Was sollte er tun? Er konnte sich nicht verstecken und auf die Gefahren lauern, die ihn immer mehr einholten. Es gab in dieser Felsenge keine düsteren Höhlen oder muffigen Gänge, die ihn verborgen halten konnten. Das funktionierte nicht. Es gab auch keine Klippe, von der er sich hätte stürzen können. Das wäre auch viel zu einfach gewesen. Alles, was es gab, war ein Weg zurück. Der, den er gekommen war. Er würde ihn beschreiten müssen, und das wusste er ganz genau. Doch davor hatte er Angst. Denn das bedeutete, den Fehler seines bisherigen Weges noch einmal zu begegnen und mit ihnen konfrontiert zu werden. Er glaubte nicht, dass er damit zurechtkommen würde, zumindest nicht allein. Er brauchte Beistand, doch die einzige Person, die ihm genau diesen Beistand geben konnte, war gestorben. Da keimte in ihm die wirre Hoffnung, dass es vielleicht auch reichen würde, etwas von ihr bei sich zu haben. Etwas, das ihr viel bedeutet hatte und das ihm die Kraft gab, weiter zu machen. Ohne diesen Gedanken weiter zu spinnen richtete er sich auf, zog sich seine Sachen an, die neben dem Bett lagen und ging hinaus. Sein Zustand hatte sich zwar noch immer nicht gebessert, doch darauf konnte er jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Es gab nun wichtigere Dinge, die erledigt werden mussten.
    Er schlich sich aus dem Zimmer, wohl bedacht darauf, Emmeryn nicht aufzuwecken. Doch gerade, als er über die Türschwelle trat, hörte er erneut ein intensives und lange nachhallendes Grunzen. Zuerst dachte er, sie sei aufgewacht und legte sich bereits Argumente zurecht, die seine Abwesenheit aus dem Bett schlüssig erklärten. Doch zu seinem Glück hatte Emm nur den Kopf auf die andere Seite gedreht. Er war erleichtert darüber, denn seine Argumente waren nicht besonders schlüssig, wie er sich eingestehen musste. Emm begann nun, ihren Oberkörper zu drehen, womöglich, wie sie es beim Schlafen in ihrem Bett auch tat. Leider, zu Fayos Bedauern, hatte sie dabei wohl vergessen, dass sie nicht in einem Bett lag, sondern auf einem unbequemen Stuhl saß. Sie drohte, schon beinahe vom Stuhl zu fallen und hart auf dem hölzernen Fußboden aufzuschlagen. Sollte das passieren, musste Fayo entweder sehr weit sein, oder eine gute Ausrede parat haben. Er entschied sich für die dritte Variante, nämlich Emms harten Aufschlag auf dem Fußboden zu verhindern und sie stattdessen in das Bett zu legen. Das ersparte ihm eine Menge Trubel sowie eine wilde Hatz durch die Nacht. Denn schließlich musste er nun nichtmehr eilig von hier verschwinden. Zudem würde sie dann auch ohne Kopfschmerzen aufwachen, was Fayo merkwürdigerweise nicht unwichtig war.
    Er fuhr vorsichtig mit seinen Armen unter ihre Schultern und Kniekehlen und hob sie sanft an, damit sie auch ja nicht aufwachte. Sie murmelte diverse Laute, in denen man mit viel Phantasie auch Worte hätte erkennen können. Doch Fayo verstand nichts davon, so gut er auch zuhörte. Er legte sie auf das Bett, fuhr durch ihr blondes Haar und stellte fest, dass er sie womöglich einen Augenblick zu lang angesehen hatte. Sie begann wieder zu brummeln. Diesmal jedoch glaubte er, etwas verstanden zu haben. „Ich kann fliegen, Sarah. Ich kann fliegen!“ Meinte er herausgehört zu haben. Sicher war er sich dessen jedoch nicht und er würde auch nie erfahren, ob er richtig gehört hatte. Er bemerkte nur, dass ihm das unerwartet nahe ging und verließ nun rasch den Raum. Emm jedoch schlief weiter.

    Er ging die Straße hinab in Richtung Silden. Als Fayo sich nach einer Weile noch einmal herumdrehte, konnte er Emmeryns Haus kaum noch von den dunklen Schemen der Umgebung unterscheiden. Selbst das silbrige Mondlicht vermochte es nicht, ihn bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Doch das spielte auch keine Rolle. Er richtete den Blick in Richtung Silden – genauer gesagt in die Richtung, in der er Silden vermutete. Absolut sicher war er sich in dieser Situation nicht und die lange Zeit seiner Abwesenheit hatte seine Orientierung in diesem Teil des Landes nicht gerade verbessert. Doch die Wasserfälle zu seiner Rechten sagten ihm, dass er noch auf dem richtigen Weg war.
    Während er den Hügel hinablief, wusch er sich eine Träne aus dem Gesicht überlegte, wie er möglichst unbemerkt in Adeles Haus eindringen konnte. Er erinnerte sich an eines der Dachfenster in der Nähe von Sarahs Zimmer. Leider wusste er nicht, wie er dorthin gelangen sollte. Der geschickteste Kletterer war er noch nie gewesen und sich assassinengleich an Häuserfassaden emporzuschwingen und ungesehen über Dächer zu springen, das konnte er ohnehin nicht. Er musste sich etwas anderes überlegen. Da griff er unterbewusst an seine Innentasche und bemerkte, dass er Jasminas Schal dabei hatte. Emmeryn musste ihn dort hinein getan haben, während er schlief. Fayo holte ihn heraus, verdrehte ihn, wickelte ihn sich um die Hände und zog kräftig daran. Er war sehr stabil für einen durchsichtigen Stoff. „Die Varantiner haben geschickte Webermeister unter ihren Reihen“ musste Fayo sich eingestehen und dachte als nächstes darüber nach, ob und wie er sich die hohe Zugfestigkeit des Schales zu Nutze machen konnte. „Im Notfall kann man damit sogar jemanden erdrosseln!“ bemerkte er und ihm fiel auf, welch gefährliches Geschenk er Jasmina damals gemacht hatte.
    Noch ehe er sich versah und seinen Plan zu Ende gedacht hatte, stand er vor Adeles Haus. Die Zeit verging sehr schnell, wenn man durch die Dunkelheit der Nacht spazierte. Sogar etwas zu schnell für Fayos Geschmack. Ihm war nun etwas mulmig zumute, aber sein Bauchgefühl hielt ihn weiter dazu an, die Sache durchzuziehen. Auch wenn er schon lange nichtmehr hier war, so kannte er dieses Haus nach wie vor wie seine Westentasche. Er wusste genau, wo Sarahs Zimmer war und auch in was für einem Misthaufen er landen würde, wenn er aus dem Fenster dieses Zimmers springen musste. Dies sollte nach Möglichkeit jedoch nur geschehen, wenn seine Tante ihm einen unerwarteten Besuch abstattete. Denn er war sich ziemlich sicher, dass sie es ihm nicht gestatten würde, das Haus auf herkömmlichem Wege zu verlassen. Zur Sicherheit überprüfte Fayo noch einmal die Anwesenheit seines Schwertes und war erleichtert, dass es nach wie vor zu seiner Linken an seinem Gürtel baumelte.
    Nun galt es, dass Dach zu erklimmen und unbemerkt in das Haus zu gelangen. Für Sildener Verhältnisse war das Haus seiner Tante erstaunlich groß, denn es hatte eine zweite Etage, gemauerte und weiß gekalkte Fachwerkwände und ein stabiles Dach. Das machte es beinahe zum nobelsten Haus des Ortes, wenngleich es in Geldern oder Montera aufgrund der kleines Fenster und des geringen Lichteinfalls bestenfalls mäßiger Durchschnitt wäre. Doch es gab so manchen Sildener, der sein ganzes Leben lang von Glasfenstern träumen musste…
    Ursprünglich hatte Fayo vor gehabt, sich an einem der vorstehenden Balken mithilfe des Schales nach oben zu ziehen und dann über das Dachfenster einzusteigen. Doch er stellte schnell fest, dass er dafür die Länge des Schales überschätzt und die Höhe des Hauses seiner Tante unterschätzt hatte. Es hätte gut klappen können. Die Tür zu Sarahs Zimmer war ganz in der Nähe dieses Fensters, während das Schlafzimmer von Adele im unteren Teil des Hauses gelegen war. Zudem kannte er noch immer den Kniff, mithilfe dessen sich das Fenster sogar von außen problemlos entriegeln ließ. Er hätte das Haus womöglich schon wieder verlassen gehabt, noch bevor sie ihn überhaupt bemerkt hätte. So jedoch blieb ihm keine Wahl, als durch die Haustür einzudringen und zu riskieren, vorschnell erwischt zu werden. Er ahnte bereits, dass dieses Unterfangen ein hohes Risiko hatte, fehlzuschlagen, doch Fayo ließ sich nicht davon abbringen. Er steckte sich den Schal achtlos in seine Seitentasche und löste die Dietriche von seinem Gürtel.
    Das Geschick, das ihm beim Klettern fehlte, wurde ihm umso mehr für das Knacken von Türschlössern gutgeschrieben. Zumindest glaubte Fayo das manchmal, wenn er sich nachts ungebeten in fremde Häuser stahl. In den letzten Monaten kam dies zwar nicht mehr allzu häufig vor, doch er erinnerte sich noch an Zeiten, als es Gang und gebe war, die Kunden bei einer Waffenlieferung im Schlafzimmer zu überraschen – mit einer Klinge an der Kehle – um noch einmal über den Preis zu verhandeln. Dergleichen hatte er hier zwar nicht vor, denn schließlich wollte er sich nur ein Andenken an Sarah sichern, doch es interessierte ihn dennoch, das Gesicht seiner Tante zu sehen, wenn sie mit einer Klinge an der Kehle aus einem lieblichen Traum erwachte. Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf, um die Gedanken frei von derlei Phantasien zu bekommen. Er musste sich konzentrieren und durfte sich keine Nachlässigkeiten erlauben. So etwas, wie mit Whalter im Wald durfte ihm nicht noch einmal passieren. Er trat in das Haus hinein. Die Tür zu Adeles Schlafzimmer stand offen. Fayo atmete tief ein und setzte vorsichtig einen Schritt vor den anderen.
    Seit damals hatte sich kaum etwas verändert, wie er schnell bemerkte. Der Tisch in der Mitte des Eingangsraumes, die unbequemen Stühle mit den merkwürdigen Schnitzereien daran, die Einrichtungen, sogar die Zeichnung von Sarah, auf dem die sildener Wasserfälle abgebildet waren, hing noch an der Wand. Er wusste noch, dass er es damals albern und blöd fand, doch heute gefiel ihm die Darstellung der sprühenden Gischt, die im Sonnenschein funkelte. Er blieb kurz stehen und betrachtete es genauer. Ihm war früher gar nicht aufgefallen, wie detailreich dieses Bild war, wie sogar das Licht in den Ästen der Bäume gebrochen wurde. In diesem Moment erinnerte er sich, dass sie manchmal einen ganzen Tag lang nur dort war und zeichnete. Ihm fiel wieder ein, wie oft sie abends nach Hause kam und sich darüber beschwert hatte, dass die brausende Gischt ihr das Pergament durchnässt und er sie deswegen immer ausgelacht hatte. Damals war sie fünfzehn Jahre und weil er der ältere Bruder war, hatte er sie deswegen immer ausgelacht. Er wusste selbst nicht so genau warum er das tat. Womöglich war er nur neidisch auf ihr Talent. Sie musste das genau gewusst haben, denn sie war ihm wegen der Hänseleien nie lange böse gewesen. Womöglich tat sie ihm deshalb sogar ein wenig Leid. Er spürte, dass sich nach einer Weile Tränen in seinen Augen sammelte. Er bemerkte es nicht sofort und erst, als sie ihm die Wange hinunter kullerte, wusch er sie sich ab und kehrte langsam in die Realität zurück. Er zwang sich dazu, sich zu konzentrieren, auch wenn ihm das zunehmend schwerer fiel. Doch ihm blieb nichts übrig. Wenn er weiter in seiner Erinnerung hängen blieb, und dessen war er sich voll bewusst, dann würde er an ihnen womöglich noch zerbrechen. Das konnte und wollte er nicht zulassen.
    Ein wenig zu rasch ging er deshalb schließlich die Treppe nach oben und die alten Dielenbretter gaben knarzend unter seinen Schritten nach. Er beschimpfte sich innerlich aufs Äußerste für diese erneute Nachlässigkeit und fragte sich, ob Adele ihn wohl gehört hatte. Als er jedoch Geräusche aus dem Schlafzimmer hörte, wurde ihm noch einmal mehr bewusst, dass er sich nun beeilen musste. Er eilte die Treppe nach oben und auf Sarahs Zimmer zu. „Da oben ist jemand.“ hörte er Adeles Mann sagen. Er klang jedoch genauso verunsichert, wie Fayo ihn in Erinnerung hatte. Er öffnete die Tür zu Sarahs Zimmer. „Sie nach, ob hier unten noch jemand ist. Ich gehe nach oben.“ Diesmal sprach Adele, Fayo konnte es genau hören. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Er sah sich um, doch bemerkte, dass sich vieles verändert hatte. Adeles penibler Ordnungsdrang hatte sich im Laufe der Zeit wohl immer mehr gegen Sarahs liebevolle Detailverspieltheit durchgesetzt. Er sah sich hektisch um, seine Augen wanderten ohne Unterlass von rechts nach links und wieder zurück. Doch er fand es nicht. „Irgendwo muss es doch sein?“ Er hörte Schritte, die vom Flur her auf den Raum zu marschierten. Fayo sprang umher, öffnete Schränke und Schubladen, doch fand nicht, wonach er suchte. „Wäre es doch nicht so dunkel!“ Er hätte sich eine Kerze mitnehmen sollen, überlegte er, doch daran hatte er nicht gedacht. Warum nur? Er klappte das Schreibpult auf, doch auch dort war es nicht zu finden. Plötzlich wurde er von Adeles Stimme unterbrochen. „Ich glaube, dass hier gehört dir!“ Fayo drehte sich in ihre Richtung und bemerkte, dass sich Jasminas Schal in ihrem Besitz befand. Fayo fasste sich an die Tasche, in der er diesen Schal die ganze Zeit vermutet hatte und bemerkte, dass er tatsächlich weg war. „Er hing an dem vorstehenden Nagel an der Tür. An den hast du wohl nichtmehr gedacht, was?“
    „Ich habe eigentlich geglaubt, dass du es in den gut zwanzig Jahren endlich mal geschafft hast, ihn versenken zu lassen – oder es vielleicht auch selbst gemacht hast – doch da habe ich mich wohl getäuscht.“ Sie wurde wütend. „Was willst du hier?“`
    „Erstaunlich, dass du mich das fragst.“ antwortete er wahrheitsgemäß. Er war wirklich überrascht. „Ich dachte, sobald du bemerkst, dass ich in dein Haus eingebrochen bin, versuchst du, meinem Leben ein Ende zu bereiten.“
    „Oh glaub mir, das kommt noch.“ Sie sah ihm fest in die Augen. Er sah ihre grünen Augen im silbernen Schein des Mondes funkeln. „Zuerst möchte ich den Anblick genießen, wie du allein und hilflos in der Ecke stehst. Diesmal sogar ohne Leibwache.“ Fayo nickte zustimmend. „Dann tu dir keinen Zwang an. Es wird vorerst ohnehin das letzte sein, dass du von mir zu sehen bekommst.“
    „Davon bin ich überzeugt.“ antwortete sie zustimmend und betrat den Raum. Kurz darauf warf sie ihm Jasminas Schal zu. Jedoch nicht auf herkömmliche Weise. Sie zog ihr Schwer, legte den Schal auf die scharfe Klinge und wirbelte ihn durch die Luft in Fayos Richtung. Er hörte das zischende Geräusch, mit dem die Schwertklinge den Schal einschnitt. „Den kannst du behalten. Etwas, das den Duft einer varantischen Hure verbreitet, kann ich hier nicht gebrauchen, schon gar nicht hier in diesem Raum.“
    „Sie ist keine Hure.“ sagte Fayo und versuchte, grimmig und verärgert zu wirken. Doch er bemerkte, dass es ihm ausgesprochen schwer fiel, erbost über diese Behauptung zu sein. Womöglich, weil es Adele war, die sie von sich gegeben hat. „Und danke für das Zerstören ihres teuren Schales. Dafür wird sie dich nun auch für den Rest ihres Lebens verfluchen.“ Adele zuckte mit den Schultern. Danach breitete sich ein Schmunzeln in ihrem Gesicht aus.
    „Sie ist keine Hure. So, wie du es sagst, klingt es fast liebevoll.“ Fayo lächelte, doch er ahnte, dass sie ihn in eine Sackgasse lenken wollte. Er lief im Raum umher und sah sich weiter um. „Irgendwo muss es doch sein.“ Er dachte scharf nach, doch ihm kam keine Idee. Adele glaubte wohl derweil, dass er einen guten Platz auswählte, um einen Kampf zu beginnen, denn sie begann, mit ihrem Schwert umher zu schwingen. „Liebst du sie, Fayo? Bedeutet sie dir etwas?“ In diesem Moment sah auch Fayo ihr fest in die Augen. Ein boshaftes Lächeln hatte sich in ihrem Gesicht manifestiert. „Wir beide wissen doch, dass es unerheblich ist, was ich auf diese Frage antworte, da es an deiner Meinung über mich nichts ändern wird. Du hast dir diese Frage doch schon längst beantwortet.“
    „Das mag sein. Aber wenn ich sehe, wie du dich um eine konkrete Antwort dazu windest, scheine ich ja richtig zu liegen.“ Sie trat einen Schritt auf ihn zu und nun zog auch Fayo seine Klinge. „Willst du es wirklich auf einen Zweikampf ankommen lassen?“ wollte er von ihr wissen. „Es wäre gut möglich, dass du gnadenlos untergehen wirst.“ „Das Risiko bin ich bereit einzugehen.“ Sie schwang das Schwert und glitt mit ihrer Klinge vorsichtig an seinem Schwert entlang. Er musste aufpassen. Sie schien sich ihrer Sache wirklich sehr sicher zu sein. Fayo versuchte, sie aus dem Konzept zu bringen. „Womöglich hast du Recht. Ich glaube, sie bedeutet mir nicht viel.“ Er senkte das Schwert und zuckte mit den Schultern. „Der Sex ist zwar grandios, aber sonst verbindet uns nicht viel, fürchte. ich.“
    „Als hätte ich es gewusst.“ Sagte Adele, doch sie hielt ihr Schwert oben. „Es sind halt immer diese Nächte, wenn man mal einsam ist. Da sorgt sie dann dafür, dass es einem gut geht.“ Er setzte ein Lächeln auf. „Sie ist da sehr kreativ, muss ich dir sagen. Es gibt da in Varant auch ein Buch darüber…“
    „Jaja, ich hab schon verstanden.“ sagte sie und senkte nun auch ihr Schwert. „Du versucht, mich neidisch zu machen. Das du ein viel aufregenderes Leben hast, als ich und das ich an deinen Geschichten laben soll.“ „Scheint ja bestens zu funktioneren.“ dachte Fayo, ließ sich die Freude über seinen Erfolg aber nicht anmerken. „Aber weißt du was, Alfred ist viel mehr, als deine varantische Hure je sein wird.“ „Und dennoch gibt er dir nicht das, was du von ihm verlangst.“ Doch auch das behielt er für sich. „Doch das wundert mich nicht, Fayo. Das Leben hat nie Liebe für dich bereit gehalten und du wirst auch nie welche bekommen. Nicht von deiner Jasmina,“ Da wurde Fayo hellhörig. Woher kannte sie ihren Namen. Den hatte er nie erwähnt. „nicht von deiner Schwester … ja nichtmal von irgendeiner dahergelaufenen Straßenhure wirst du hören, dass sie dich liebt. Verstehst du Fayo, du wirst einen jämmerlichen, einsamen Tod sterben.“ Fayo wurde wütend. Woher kannte sie Jasminas Namen. Seine Geduld verließ ihn und er ahnte, dass dies kein gutes Zeichen sein konnte. Dennoch wagte er eine Offensive. „Zum ersten:“ Er ging auf sie zu. „Vielleicht hast du ja sogar Recht mit deiner Behauptung, dass Sarah nichts für mich übrig hatte. Unabhängig davon hatte sie aber für dich noch viel weniger übrig. Hätte sie dich geliebt, dann hätte sie dir sicher erzählt, wo sie jenen Gegenstand versteckt hat, nach dem ich jetzt schon die ganze Zeit suche, ihn aber nicht finde. Doch sie wusste, was du damit machen würdest und deshalb hat sie ihn vor dir versteckt. So gut sogar, dass du ihn offenbar nicht einmal bei deiner Umräumung ihres Zimmers gefunden hast.“ Sie wurde wütend. „Dummes Geschwätz! Du hast sie doch nichtmehr alle. Was soll denn das für ein Gegenstand sein? Das ist doch alles … ach“ Doch Fayo merkte, dass sie sehr wohl wusste, wovon er redete und dass sie womöglich schon so manche Stunde auf der Suche nach diesem Bild verbracht hat. „Du hast keine Ahnung, wo es ist.“ sagte er mit einem triumphierenden Lächeln. Adele sagte nichts. „Doch das ist nicht das wichtigste.“ – was gelogen war. Dennoch trat er überraschend nach vorn und drückte ihre die Spitze seines Schwertes an die Kehle. „Woher kennst du Jasminas Namen?“ fragte er sie und sie bemerkte erst jetzt, welch fatalen Flüchtigkeitsfehler ihr unterlaufen war. Doch noch bevor sie erschrocken drein blicken konnte, brach sie bewusstlos zusammen. Eine große schwere Vase hatte sie am Hinterkopf getroffen. Sie zerbrach in tausend Teile, die gleichzeitig mit Adele zu Boden fielen. In diesem Augenblick bemerkte Fayo, dass Alfred hinter seiner Tante aufgetaucht war. „Sieh in ihrem Kleiderschrank nach. Die Rückwand hat einen Hohlraum, der geschickt verborgen ist. Dort hat sie irgendetwas versteckt. Vielleicht findest du ja dort, was du suchst.“
    „Alfred…“
    „Unten in ihrem Schreibtisch liegt ein Stapel Briefe. Nimm ihn mit und lass dich nie wieder hier blicken.“ sagte er mit beängstigender Stimme. Danach gab er den Ausgang des Raumes frei.

    „Armes Ding.“ Jasmina versuchte, langsam ihre Augen zu öffnen. Doch sie schaffte es nicht. Ihr ganzer Körper schmerzte, vermutlich hatte sie überall blaue Flecken und Wundmahle. Sie kannte die Stimme nicht, doch sie wusste, dass er zu den Männern gehört, die sie hier her gebracht hatten. „Wer … bist du?“ presste sie gequält heraus und ihr Krächzen endete in einem gequälten Stöhnen. Ihre Hände waren in Ketten gelegt, doch das bemerkte sie auch nur, weil irgendetwas verhinderte, dass sie zu Boden sank. Sie versuchte, sich umzusehen und erkannte, dass sie in einer Zelle gefangen sein musste. Der Fußboden bestand aus glitschigen Pflastersteinen und von der Decke tropfte Wasser. Dann musste sie die Augen wieder schließen, weil sie nicht genug Kraft hatte. Bewusstlos wurde sie jedoch nicht.
    „Ferdinand Rigaldi.“ hörte sie Plötzlich eine zweite Stimme. Sie schien zu dem Mann zu sprechen, der sie eben als Armes Ding bezeichnet hatte. „Ihr seid Eurem Vater ein wahres Abbild.“ Die zweite Stimme, es war offenbar ein älterer Mann, schien Ferdinand zu loben. „Sowohl was das Gesicht, als auch die Konsequenz bei der Durchführung von Befehlen angeht.“
    „Habt vielen Dank, Herr von Zeyrisan.“ Der erste, der Ferdinand genannt wurde, schien einen offenkundigen Dank entgegen zu bringen. „Schleimer!“ dachte Jasmina, doch war zu schwach, das laut zu sagen. „Aber Ferdinand. Unserer Häuser stehen sich doch schon seit so vielen Jahren sehr nahe. Du musst mich nicht länger so förmlich betiteln. Duze mich!“
    „Sehr wohl, Richard.“ Jasmina stellte sich vor, wie er vor ihm auf die Knie fiel und hätte sie die Kraft dazu gehabt, hätte sie sicher gelacht. Doch in ihrer momentanen Situation konnte sie sich nur mit einem verborgenen Schmunzeln zufrieden geben. Es beruhigte sie ein wenig, dass sie trotz all der Schmerzen, die sie empfand, noch einen kleinen Grund zu Lachen hatte.
    „So, genug der Förmlichkeiten. Unser Gast wird sicher bald eintreffen und Jasmina muss noch hergerichtet werden. Um diese Sache solltest du dich schleunigst kümmern.“
    “Sehr wohl, Richard.“ Da verging Jasmina das Lachen plötzlich.

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    Vorgabe 6:

    Rückblende: Person D und Person B treffen bei Ort A aufeinander und kommen sich auf romantische Weise näher. Infolge dessen bekommt Gegenstand B einen Auftritt.


    Leise öffnete Fayo die Tür von Emmeryns Haus und achtete dabei penibel genau darauf, keine lauten Geräusche zu machen. Das Knarzen und Quietschen der Scharniere war jedoch unumgänglich, doch es konnte die Herrin des Hauses nicht aufwecken. Ebenso wenig, wie Hark. Erleichtert atmete Fayo aus die angehaltene Luft aus. Er ging den kurzen Korridor entlang, an dessen hinterem Ende das Zimmer sein musste, in dem Hark schlief. Es gab in diesem Haus schließlich nur zwei Zimmer und den schmalen Korridor. Dieser diente Emmeryn gleichzeitig auch als Abstellraum, wie Fayo so eben schmerzhaft feststellen musste. Ein unachtsamer Augenblick genügte, um sein Knie an der Kante einer vorstehenden Tischplatte zu stoßen, die sich genau im Schatten des Mondlichtes zwischen den beiden Fenstern befand. Er biss die Zähne zusammen und lauschte kurz in die Stille der Nacht. Das Rascheln der Blätter, ein weit entfernter Schrei eines Kauzes, doch aus den Schlafzimmern drang abgesehen von einem monotonen Schnarchen nach wie vor kein Laut an Fayos Ohren. Doch er schlich nun vorsichtiger.
    Beinahe wäre er auch gegen einen herumstehenden Topf getreten. Doch im letzten Moment hatte Fayo den Griff im silbrigen Schein des Mondes erkannt und einen besonders großen Schritt außen herum getan. Dies führte jedoch dazu, dass er auf der anderen Seite des Flurs gegen ein Glas trat, in dem womöglich Früchte eingeweckt waren. Er stieß es davon und es zerschlug an einem Bein eines anderen Tisches. So zumindest wirkte es im Halbdunkel des dürftig ausgeleuchteten Flures. Zu dumm, dass er sich keine Kerze eingepackt hatte, denn schon, als er versehentlich gegen das Glas getreten war, hatte er geahnt, was nun passierte.
    Er hörte, wie aus dem Zimmer am anderen Ende des Flurs hecktisch jemand aus dem Bett sprang, nach seiner Waffe griff und „Alarm, Alarm!“ schrie. Schon im nächsten Moment war Hark in den Flur gestürmt und das, ohne über einen umherstehenden Gegenstand zu stolpern oder sich zu stoßen.
    „Hark, beruhige dich.“ sagte Fayo beschwichtigend. Dennoch war er kurz erschrocken, als Hark plötzlich mit gezogener Waffe und womöglich noch im Halbschlaf vor ihm stand. „Fayo?“ Er senkte das Schwert und rieb sich die Augen, als würde dies dabei helfen, in der Dunkelheit irgendetwas zu erkennen. „Bei den Göttern! Warum machst du das ständig?“ Hark drehte sich um und ging in das Zimmer zurück, in dem er bis vor wenigen Augenblicken noch friedlich geschlafen hatte. „Man kann mich auch wecken, wie jeden anderen auch.“ sagte Fayos Freund mit lauter Stimme. In diesem Moment hörte er ein Schnarchen aus Emmeryns Schlafzimmer. Er entzündete eine Kerze und fuhr mit gedämpfter Stimme fort. „Indem man nämlich an mich heran tritt, mir an der Schulter schüttelt und sagt „Hark, aufwachen. Das muss man unter Umständen ein paar Mal versuchen, doch es funktioniert. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie angespannt ich immer bin, wenn sowas passiert. Und egal, wie oft ich mir dann immer sage, dass es keinen Angriff oder etwas dergleichen gibt, dauert es dennoch immer eine halbe Ewigkeit, bis ich mich wieder beruhige.“
    Auch Fayo begann zu flüstern, damit er seine Gastgeberin nicht aufweckte. „Man hat dich ziemlich zugerichtet, mein Freund.“ Hark lächelte spöttisch. „Ob du es mir glaubst oder nicht, aber diesmal war es wirklich keine Absicht.“ versicherte Fayo, konnte aber ein Schmunzeln, dass von Harks Empörung hervorgerufen wurde, nicht verbergen. Dies, so befürchtete er jedoch, trug nicht dazu bei, dass Hark ihm auch glaubte.
    „Ich kann es mir wahrlich nur schwer dazu durchringen, dir das abzukaufen. Das wäre ja nun wirklich das allererste Mal.“ Fayo sparte sich einen weiteren Kommentar zu diesem Thema, obwohl es ihn reizte, Hark noch ein wenig zu necken. Doch das musste warten. „Warum hast du mich geweckt?“ Wollte Hark wissen. „Unfreiwillig, oder nicht.“
    „Ich war gerade bei Adele zu Hause.“ Im Schein des Kerzenlichtes erkannte Fayo Harks erstaunte und gleichzeitig verständnislose Gesichtszüge. „Was wolltest du bei ihr?“ fragte er. „Etwas von Sarah. Ich bin aufgewacht und auf einmal hatte sie mir so furchtbar gefehlt. Noch viel mehr, als sonst immer. Ich hab mich so antriebslos gefühlt, weißt du. Da musste ich einfach etwas dagegen machen, sonst wäre ich womöglich noch durchgedreht. Naheliegend, dass ich also dahin gehe, wo sie zuletzt gelebt hat.“„Na da hat sich Adele ja sicher drüber gefreut.“ Fayo nickte. „Das kannst du mir glauben.“ Da erzählte Fayo seinem Freund von den Begebenheiten der letzten Stunden, wie er vergeblich versucht hatte, durch das Dachfenster einzudringen, wie Adele ihn ertappt hatte und schließlich von Alfred niedergeschlagen wurde.
    „Warum er das getan hat, kann ich mir auch nicht erklären. Da war ich auch ziemlich überrascht. Womöglich hat es etwas mit den Briefen zu tun.“
    „Welche Briefe?“ fragte Hark.
    „Achso, ja. Nachdem Alfred Adele niedergeschlagen hatte, hat er mir etwas von Briefen gesagt, die sich auf Adeles Schreibtisch befänden. Die sollte ich mir mitnehmen.“ Er zog den Stapel Briefe aus seiner Innentasche hervor und legte ihn auf den Tisch. Oben auf lag ein zusammen gefaltetes Blatt. Hark nahm den Zettel und faltete ihn vorsichtig auseinander. Zum Vorschein kam ein Bild, auf dem vier Personen vor den Sildener Wasserfällen abgebildet waren. Hark sah es sich an und trotz des schwachen Kerzenscheins erkannte er sofort, wer darauf abgebildet war. „Das sind deine Eltern, oder? Mit dir und Sarah.“ Fayo nickte und streckte die Hand nach dem Bild aus. Hark war sich der Bedeutung dieser Geste zwar bewusst, doch er wollte es sich noch ein paar Augenblicke lang ansehen. Als kleine Rache für das ungemütliche Aufwecken. „Sarah hat es gezeichnet, nicht wahr.“
    „Sonst hätte ich es nicht haben wollen und mein kleiner nächtlicher Einbruch hätte keinen Sinn ergeben.“ antwortete Fayo, der sichtlich ungeduldiger wird. Als Hark dies bemerkte, erbarmte er sich und gab das Bild preis. Beinahe gierig riss Fayo es ihm aus der Hand, dennoch sehr darauf bedacht, es nicht zu beschädigen. Das Papier war schon alt und Fayo wunderte sich, dass es überhaupt noch so gut erhalten war. Da erinnerte er sich, wie Sarah ständig um Papier gebettelt hatte. Sei es bei ihren Eltern, bei Alfred oder bei Adele. Ständig hieß es, dass Papier viel zu teuer ist und man sich kaum noch Pergament leisten könne. „Aber auf Pergament kann man doch so schlecht zeichnen.“ war Sarahs ewiges Gegenargument gewesen. „Ständig verwischt alles.“ Zumindest Adele hatte sie damit, in Verbindung mit einem „liebe, liebe Tante“ immer schwach gemacht. Im Nachhinein wunderte Fayo sich darüber und war seiner Tante gewissermaßen sogar dankbar. Sonst hätte es dieses wunderschöne Bild womöglich nicht gegeben.
    Er betrachtete es. Trotz der dicken Striche hatte Sarah es geschafft, unglaublich viele Details in die Zeichnung einzubringen. Seine Eltern, Sarah und er saßen vor dem Wasserfall auf einem kleinen Grashügel zwischen zwei großen Eichen. Blätter fielen herab und im Hintergrund wirbelte die Gischt des Wasserfalls auf. Kleine Wassertröpfchen schwebten in der Luft. Sarah saß links neben ihrem Vater und lachte fröhlich. Sie umarmte ihn, doch er schaute unbeeindruckt drein. Rechts von ihnen saßen Fayo und seine Mutter. Auch sie lachte, während sie ihren Sohn mit dem linken Arm umschlungen hielt. Fayo jedoch blickte gelangweilt in die Luft, in der Hoffnung, nicht länger hier bleiben zu müssen.
    „Sie hat es sogar geschafft, den Lichteinfall durch die Bäume darzustellen.“ bemerkte Fayo. „Ja.“, hörte er plötzlich Harks Stimme von hinten. Fayo hatte gar nicht gemerkt, dass sein Freund sich aufgerichtet hatte. „Und auch du siehst absolut hinreißend aus auf dem Bild.“ bemerkte er im Anschluss. Fayo gab daraufhin nur ein gelangweiltes „Ja ja ja.“ zum Besten. Für einen kurzen Moment ärgerte er sich über Harks Bemerkung, doch er beruhigte sich schnell wieder. „Sie hat mich immer so gezeichnet, wenn ich auf einem ihrer Bilder zu sehen war. Dazu hatte sie mal gesagt, dass das auch kein Wunder ist, wenn du ständig so genervt tust, nur weil man dich mal was fragt.“ „Ja, soetwas hatte sie mir auch einmal erzählt.“ Antwortete Hark daraufhin. Fayo drehte seinen Kopf herum und sah für einen Moment verdutzt drein. Er hatte vergessen, dass er in diesem Raum nicht der einzige war, der Sarah gut kannte. Als ihn diese Erkenntnis ereilt hatte, widmete er sich wieder dem Bild. „Sie hat das aber nie böse gemeint, glaube ich.“ Hark nickte, was Fayo jedoch nicht sehen konnte.
    „Dein Vater sieht hier aber auch nicht sehr glücklich aus.“ warf Hark ein. „Er sah nie besonders glücklich aus. So ein schmales Lächeln, wie hier, das war alles, was man von ihm erwarten konnte. Es ist wirklich erstaunlich, wie detailliert alles ist, obwohl sie es nur aus dem Kopf heraus gezeichnet hatte.“ Nun war auch Hark erstaunt. „Ihr habt da gar nicht wirklich gesessen?“ fragte er. „Nein, nie. Sie hatte es sich oft gewünscht, aber Vater hatte nie Zeit gehabt. Mutter hatte immer versucht, Sarah zu beschwichtigen. Manchmal hatte sie es verstanden, wenn es viel Arbeit auf den Feldern gab. Aber oft war sie dann auch traurig gewesen.“ Fayo verlor sich immer mehr in seinen Gedanken, während er das Bild ansah. Er war sich in diesen Augenblicken gar nicht bewusst, dass er Hark von all den Erinnerungen erzählte, die das Bild in ihm hervorrief.
    „Was ist das eigentlich für eine glänzende Schicht auf dem Blatt?“ fragte Hark. „Irgendwie hat sie es geschafft, die Blätter zu konservieren, damit die Zeichnungen nicht verwischen.“ sagte Fayo. „Es ist eine Art dünner Wachsfilm, oder sowas.“ Doch seine Worten klangen nicht mehr danach, als würde er direkt zu Hark sprechen. Er wirkte abwesend, wie in einer anderen Welt.
    „Was…Was ist denn hier los?“ Plötzlich schreckten die Beiden auf. Eine Frauenstimme näherte sich von hinten. Es war Emmeryn. „Was macht ihr denn?“ Fayo faltete rasch die Zeichnung von Sarah zusammen. Aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass Emmeryn sie sah. „Wir…lesen Briefe.“, antwortete Fayo schnell. Hark nickte.
    „Briefe?“ Emmeryns mitternächtliche Umnachtung hatte noch nicht nachgelassen. Als Fayo sie umdrehte und sie ansah, hatte sie noch immer die Augen geschlossen. „JETZT?“ Ein Wunder, dass sie sich nirgends gestoßen hatte. „Was denn für Briefe?“
    „Das wissen wir ja auch nicht. Deswegen wollen wir sie ja lesen.“ antwortete Fayo schnippig. „Ja, aber…ach, auch egal. Ich vermute mal, dass es besser ist, wenn ich davon nichts weiß.“ Verließ den Raum wieder. „Will jemand einen Tee?“
    „Ein Schnaps wäre mir lieber.“ sagte Fayo daraufhin.
    „Birne, Plaume, Apfel, Kartoffel, Haselnuss?“ Fayo war erstaunt über die reichhaltige Auswahl. Das hatte er gar nicht erwartet. „Haselnuss klingt gut.“ Emmeryn nickte, während eines lauten Gähnens. „Und Hark?“ „Ich nehme den Tee. Vielen Dank, Emm.“ Sie verschwand in der Dunkelheit des Korridors und Fayo holte die Briefe hervor. „Wir sollten uns beeilen. Wer weiß, worum es in diesen Briefen geht. Ich schätze mal, dass Adele danach suchen wird, wenn ihr bewusst wird, dass Alfred sie offenbar verraten hat.“ Er überlegte kurz. „Womöglich haben wir schon zu lange gewartet. Vielleicht sollten wir lieber aufbrechen.“
    „Das wollte ich auch gerade vorschlagen. Adele wird wissen, dass wir hier sind oder zumindest sehr schnell darauf kommen. Es wäre womöglich besser, wenn sie uns hier nicht sieht.“ In diesem Moment kam Emmeryn mit dem Schnaps in das Zimmer. „Was ist mit Adele? Und der Tee dauert noch ein wenig, Hark.“
    „Wir können leider nicht länger bleiben, Emm.“ sagte Fayo. „Adele darf uns jetzt hier nicht sehen. Und es kann sein, dass sie jeden Moment hier auftaucht.“
    „Und das fällt euch erst jetzt ein?“ begann sie zu schimpfen. „Jetzt, da ihr mich um meinen erholsamen Schlaf gebracht habt?“
    „Das tut uns aufrichtig leid, Emm.“ Versuchte Hark sie zu beruhigen. „Wir haben sozusagen die Zeit vergessen.“
    „Genau.“ sagte Fayo und griff nach dem Schnaps, den Emmeryn auf den Tisch mit der Kerze gestellt hatte. Er schüttete ihn mit einem Mal seine Kehle hinunter. „Es ist durchaus möglich, dass Adele sehr ungehalten reagieren wird. Wenn du willst, dann kannst du uns gerne begleiten.“, bot Hark an, doch sie schlug das Angebot aus. „Was bei Innos habt ihr denn gemacht?“ fragte sie und schien immer wütender zu werden. „Und was sind das für Briefe.“
    „Nichts, und … “
    „Fayo!“ sie stand mit verschränkten Armen vor ihm im Türrahmen. Es schien, als würde er erst gehen können, wenn er eine Antwort gab, die Emmeryn zufrieden stellte. Ihre Augen glühten vor Zorn. Fayo überlegte kurz, durch das Fenster zu springen, verwarf den Gedanken aber wieder. „Nagut. Ich bin bei Adele eingestiegen, um mir etwas von Sarah zu holen. Das hat ihr gar nicht gepasst, wie du dir vielleicht denken kannst. Dann wurde sie aber plötzlich bewusstlos geschlagen und es ergab sich der günstige Zufall, diese Briefe hier von ihr mitzunehmen.“
    „Hark, wieso hast du DAS denn nun wieder getan?“ Nun war es Hark, der von Emmeryn mit einem scharfen Blick ausgefragt wurde. „Was? Nein, Hark hat damit nichts zu tun. Ich bin allein zu ihr gegangen. Können wir jetzt bitte gehen? Es ist wirklich dringend.“ Doch sie bewegte sich kein Stück.
    „Emmeryn, lass uns durch!“ plötzlich begann er zu schreien und war selbst vollkommen überrascht darüber. „Nein! Erst will ich wissen, was bei Adele los war. Eher lasse ich dich nicht durch.“ Fayo verspürte für einen kurzen Moment den Reflex in seinem rechten Arm, jemanden mit dem Schwert zu erstechen. Glücklicherweise konnte er es in diesem Moment kontrollieren.
    „Alfred war es. Mehr kann ich dir dazu aber auch nicht sagen.“ Er wollte durch die Tür laufen, doch sie ließ ihn nicht vorbei. „Emmeryn!“
    „Alfred soll sie also niedergeschlagen haben. Alfred? Der Mann, mit dem sie ihr Leben lang zusammen lebt und der sich seit jeher jeden Handgriff von ihr diktieren lässt? DER Alfred soll sie jetzt niedergeschlagen haben.“
    „Ja, bei Innos! Ich kann es mir doch auch nicht erklären.“ Doch da merkte sie, dass er es ernst meinte und ließ ihn vorbei. „Es tut mir leid. Es geht mich ja gar nichts an. Ich wollte dir nur sagen, dass ich Adele nichts verraten werde.“ Sie überlegte kurz. „Was auch immer sie hiervon interessieren könnte. Abgesehen von den Briefen.“
    „Danke.“ sagte Fayo, doch er schien abwesend zu sein Er suchte seine Sachen zusammen und eilte nach draußen. Hark tat es ihm gleich. Doch bevor sie das Haus verlassen und die Pferde satteln konnten, wurde Fayo noch einmal aufgehalten.
    „Warte bitte noch kurz.“ sagte Emmeryn zu ihm. Sie ging auf ihn zu mit einem kleinen Beutel in der Hand. „Ein bisschen Proviant. Ihr habt sicher eine lange Reise vor euch.“ Der Beutel hatte eine merkwürdige Form. Auf einer Seite schien eine Spitze heraus zu stechen. Er wog ihn in der Hand und schüttelte. Eine kleine Schnapsflasche. „Etwas Brot ist auch noch darin.“ Danach drückte und küsste sie ihm auf die Wange. „Pass bitte auf dich auf, ja?“ Fayo nickte, war sich gleichzeitig aber nicht bewusst, wie er mit dieser Geste umzugehen hatte. Doch er lächelte und sagte. „Das werde ich.“ Wenige Augenblicke später saßen die beiden auf den Pferden und waren im Dunklen Zwielicht des Waldes verschwunden. Kurze Zeit später klopfte Adele an Emmeryns Tür.

    Bevor sie jedoch nach Vengard aufbrachen, legten die Beiden noch einen Zwischenstopp bei Fayos Anwesen ein. Zum einen musste er unbedingt wissen, was während seiner Zeit in Silden geschehen war. Zum Anderen aber brauchte er einen ruhigen Ort, um die Briefe zu lesen. Umsonst hatte Alfred ihm diese nicht ausgehändigt und er ahnte, dass es ein törichter Fehler wäre, diesen Hinweis zu ignorieren.
    Er war viel zu gestresst gewesen, um den Anblick seines Anwesens zu genießen, das sich in der strahlenden Vormittagssonne vor ihm ausbreitete, als er die Allee in Richtung des Haupteinganges entlang ritt. „Sir, gut, dass sie da sind. Madame Jasmina sind entführt wurden.“
    „Ich weiß, Ado. Einer ihrer … Schergen hatte mich in Silden aufgesucht. Ich verstehe nur nicht, woher die wussten, dass ich da war. Das ergibt keinen Sinn. Aber ergal.“ Er schwenkte bedeutsam seine rechte Hand durch die Luft. „Wie geht es Euch und den Anderen.“
    „Zehn eurer Soldaten sind beim Versuch, die Madame zu beschützen, gefallen. Der Gegenüber hatte jedoch deutlich höhere Verluste.“ Fayo sah sich um. Ihm fiel erst jetzt auf, dass vereinzelt noch Blutflecken im Staub zu sehen waren. „Die Toten werden morgen beerdigt. Uns ist nichts geschehen. Sie haben nur Madame Jasmina mitgenommen. Als „Pfand“ hatte einer von ihnen gesagt. Er möchte 20.000 Goldmünzen in einzeln abgepackten Beuteln, jeweils zu 1000 Münzen. Ich habe mir erlaubt, dies für euch vorzubereiten. Die Kutsche ist beladen, besetzt und bewaffnet. Ihr könnt sofort aufbrechen, wenn ihr möchtet. Der Sprecher dieser“ Ado suchte nach dem richtigen Wort. „Verbrecher meinte, dass das Geld heute um Mitternacht in Vengard sein soll. Ihr wüsstet angeblich, wohin ihr reiten müsst.“ Fayo nickte. „Hatte er sonst noch etwas gesagt?“ Ado überlegte. „Nein, das war alles. Zumindest alles, was ich wage, in den Mund zu nehmen.“ Fayo nickte und klopfte ihm auf die Schultern. „Haltet die Stellung, mein Freund.“ Ado nickte und ging in das Anwesen zurück.
    Fayo und Hark machten sich auf zur Kutsche. Diese stand im Hinterhof samt Fahrer bereit. Auf der Außenbank am hinteren Bug saßen zwei Bogenschützen, die obendrein ein Schwert am Gürtel hängen hatten. Fayo und Hark setzten sich hinein und ohne ein weiteres Wort setzte sich die Kutsche in Bewegung. Fayo war erleichtert, dass Ado trotz der Umstände kühl und sachlich genug geblieben war, um alles für seine Abreise vorzubereiten. Somit hatte er auch genug Zeit, endlich die Briefe zu lesen. Fayo teilte den Haufen in zwei gleiche Teile und übergab einen davon an Hark.
    „Hier, ein wenig Fahrt-Lektüre. Es wird zwar wahrscheinlich nicht die ganze Fahrt lang reichen, doch ein wenig können wir uns damit ja die Zeit vertreiben.“ Hark schnaufte, da ihm in diesem Moment eher nach Schlafen zumute war, was auch ein Verdienst der vollständig gefederten Kutschenkabine war, doch er gab seinen Widerstand schnell auf, und begann zu lesen. „Wenn du etwas Interessantes findest, ließ es vor.“ Hark nickte und auch Fayo begann mit dem durchforsten der Briefe. Es dauerte auch nicht lang, da las er den ersten laut vor.

    Liebste Adele,

    der Besuch des Frühjahresmarktes in Bakaresh mit dir war eine helle Freude und eine ausgesprochen gelungene Abwechslung zu all den Ja-Sagenden und quietschenden Gören, die mir bisher die Ehre erwiesen haben, mich zu diesem einmaligen Spektakel voller Lust und süßer Verführungen begleitet hat. Zuweilen kann es wirklich sehr erregend sein, von einer Frau begleitet zu werden, die sich ihrem Willen und allen sich daraus ergebenden Konsequenzen vollkommen bewusst ist. Ein solches Vergnügen war mir bisher nur allzu selten vergönnt und umso mehr habe ich daher jede Sekunde mit dir genossen. Ein Jammer, dass es nur von so kurzer Dauer war und ich wünschte, ich würde alsbald wieder eine Geschäftsreise in die südlichen Regionen der Wüste unternehmen. Doch der nunmehr demokratisch gewählte Scheich hat es offenbar nicht nötig, die wirtschaftliche Unterstützung eines lang geschätzten Handelspartners entgegen zu nehmen. Ich fürchte, du wirst darüber sehr enttäuscht sein, doch lass mich dir versichern, dass, sobald die nächste Reise nach Varant ansteht, ich dir sofort Bescheid geben werde. Denn ebenso wie Dir fehlen auch mir die gemeinsamen Stunden in der untergehenden Sonne von Varant, als du dich mir hingegeben hast und…


    „Was ist?“ wollte Hark wissen, als Fayo plötzlich aufgehört hatte zu lesen. „Es ist nur so, dass ich lieber nichts darüber erfahren möchte, wie Adele Sex mit irgendeinem … ja, wem auch immer sie sich da hingegeben hat.“ Er überflog die Zeilen, um die ungewollte Stelle zu überspringen.

    Der Talisman, den du mir geschickt hast, gefällt mir wirklich sehr gut und ich werde ihn auf ewig mit dieser einzigartigen Nacht im Sand der brennend heißen Wüste in Verbindung bringen. Die Form des Medallions darin erinnert an einen Tigerkopf. Sollte dich die Sehnsucht plagen, so würde es mich mit Freude erfüllen, wenn du mich in meinem Herrenhaus in Vengard besuchen würdest. Anderfalls können wir auch die moosbedeckten Hügel von Silden…

    Fayo übersprang die letzten Zeilen.

    In ewiger Liebe

    Dein Richard.


    „Welcher Richard?“ fragte Hark, doch Fayo konnte dazu auch nichts sagen.
    Geändert von Eddie (28.04.2014 um 23:14 Uhr)

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    Drachentöter Avatar von Eddie
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    Vorgabe 06

    Person A kommt durch Person D ums Leben. Der Grund dafür? Grund A!


    „Ich hab gewonnen, Vollidiot! Finde dich damit ab.“

    Fayo schreckte auf. Nach wie vor saß er in den weichen und bequemen Sitzen der Kutsche. In seinen Händen hielt er die Briefe von Adele, die allesamt an einen gewissen Richard von Zeyrisan geschrieben waren. Doch weder Fayo noch Hark konnten den Namen Zeyrisan einer Familie, einer Person oder einem Ereignis der letzten Jahre zuordnen. Dabei glaubte Fayo, durch seine Aktivitäten in der Vergangenheit mit allen wichtigen Personen des Königreiches in Verbindung getreten zu sein. Es war natürlich möglich, dass dieser Zeyrisan irgendein verarmter Landritter war, der sich mit Adele gut gestellt hatte, um seine finanziellen Probleme in irgendeiner Weise auf sie abzuwälzen. Doch für solcherlei Betrügereien hatte Adele eine Nase und hätte sich somit sicher auch nicht auf eine Affäre mit diesem Richard eingelassen.
    Fayos Augen schmerzten durch den Sekundenschlaf, dem er beim Lesen der Briefe immer wieder verfiel. Dennoch suchte er nach der Zeile, bei der ihm zuletzt die Augen zugefallen waren. Es war jedoch nicht einfach. Immer wieder musste er Zeilen doppelt lesen, was sehr an seiner Geduld zehrte. Die Liebschaft seiner Tante zu diesem Zeyrisan interessierte ihn im Grunde überhaupt nicht. Lediglich eine Kleinigkeit hielt er für erwähnenswert.
    „Er scheint sie wirklich ziemlich um den Finger gewickelt zu haben.“ Sagte Fayo, ohne darüber nachzudenken, dass Hark ihm zuhörte. „Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es Adele ist, um die es dabei geht.“
    „Wieso ist das erstaunlich?“ fragte Hark plötzlich. Erstaunt fuhr Fayo zu seinem Freund herum. Hark hatte den Blick über einem Brief gesenkt. Legt man Fayos Blick in diesem Moment zugrunde, dann muss es ein sehr verstörendes Ereignis gewesen sein, Hark nicht schlafend ohne einen Zettel in der Hand vorzufinden, wie er es erwartet hatte. Es dauerte eine Weile, bis er diesen Schock verarbeitet hatte. „Weil es eben Adele ist, von der wir da reden. Ich dachte immer, wenn sie sich auf eine Affäre einlässt, dann ist sie diejenige, die … naja, das Zepter in der Hand hält ...“ „…oder die Hosen anhat.“ Hark korrigerte die Metapher zu einem seiner Meinung nach weniger Unwohlsein verursachenden Bild. „Du musst es aber anders sehen. Die Ehe zwischen deiner Tante und deinem Onkel war ja nicht unbedingt von glücklicher Zweisamkeit geprägt. Da kam es ihr sicher sehr recht, dass irgendwann ein womöglich attraktiver und selbstbewusster Ritter auf sie aufmerksam wurde. Und sie hat sich ihm ja nicht sofort hingegeben.“ Daraufhin kramte Hark in dem Haufen Pergament, der ihm auf dem Schoß lag, nach einem Brief, den er zuvor gelesen hatte. „Hier, lies das.“ Er wühlte noch eine Weile weiter. „Und dann den hier.“ Fayo las. Der Brief schilderte eine von romantischem Schmalz triefende Beschreibung Adeles, die Richard nach Fayos Meinung wohl in einer Nacht mit zuviel Wein und zu wenig Schlaf verfasst hatte. Die Antwort darauf war jedoch genauso so, wie er sie sich von Adele vorgestellt hatte: Kühl, distanziert und auf ein sachliches Maß reduziert.
    „Irgendwie muss er sie aber geködert haben.“ brachte Fayo ein. „Womit nur?“ „Das ist im Grunde ganz egal.“ Meinte Hark dazu. „Adele kümmert sich nicht um Geld oder irgendwelche Gefälligkeiten. Er muss ihr etwas angeboten haben, dass ihr wirklich viel bedeutet und davon gibt es ja nicht allzuviel.“
    „Meine ewig währende Verdammnis zum Beispiel.“ Sagte Fayo und schmunzelte, doch Hark fand diesen Einwand ganz und gar nicht amüsant. Fayo bemerkte dies. „Glaubst du wirklich, dass er Ihr angeboten hat, mich umzubringen?“ „Ich kann es zumindest nicht ausschließen. Hinweise darauf gibt es in den Briefen auch nicht.“
    „Die Briefe scheinen ohnehin nur ein Austausch romantischer Gefälligkeiten zu sein. Die sensiblen Informationen – sollte es sie geben – haben sie dann wohl privat besprochen. Außerdem sind das ohnehin nur Spekulationen, die uns nicht weiter führen.“ Fayo waren die Spekulationen unangenehm. Er mochte im Moment nicht darüber nachdenken, dass seine Tante die Drohungen, die sie ihm in all den Jahren übermittelt hatte, tatsächlich wahr machen könnte. Zumal er nicht wusste, wer dieser Zeyrisan eigentlich war.
    „Müssen wir nicht auch bald mal da sein?“ sagte Fayo, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „So viele Briefe, wie wir schon gelesen haben.“ „Ja.“ Sagte Hark. „und so oft, wie wir dabei eingeschlafen sind.“ Er schmunzelte, doch Fayo merkte ihm an, dass er das Gedankenspiel mit Adele und Richard noch nicht beendet hatte. „Es spielt keine Rolle, noch weiter darüber nachzudenken.“ Meinte Fayo zu seinem Freund. „Zuerst retten wir Jasmina und dann sehen wir weiter.“
    „Du solltest das trotzdem nicht unterschätzen.“ sagte Hark angespannt. „Umsonst hat Alfred dir diese Briefe nicht gegeben.“ Fayo nickte bedächtig. Einer der Gründe, warum auch er noch immer über Harks Spekulationen nachdachte. „Wir müssten aber wirklich bald da sein.“ sagte Hark. „Es wird bereits dunkel.“ Hark öffnete die Tür und sah sich um, da Fayo offensichtlich keine Lust hatte, dies selbst zu tun. „Tatsache. Da vorn sind schon die Stadtmauern von Vengard.“
    Es dauerte höchstens ein paar Minuten, bis die Reisegruppe um Fayo die Grenze der Stadt erreicht hatte. Fayo begnügte sich damit, noch ein bisschen in den Briefen von Adele und Richard zu stöbern und verschwendete keinen Blick an die imposante Mauer, die sich mittlerweile vor ihnen aufgetan hatte und die er sogar aus dem Seitenfenster betrachten konnte. Doch er sagte sich, dass er diese unförmige Ansammlung an Steinen schon oft genug gesehen habe. Stattdessen widmete er sich noch einmal den Briefen. Dies schien ihm eine weitaus sinnvollere Beschäftigung zu sein, während eine der Stadtwachen seinen Kutschenfahrer nach ihrem Reiseziel ausfragte. Seine Hände zitterten ein wenig und seine Handflächen wurden schwitzig. Doch er ignorierte diese Zeichen seines Körpers und widmete sich ein paar Zeilen, die seine Tante an diesen ominösen Richard verfasst hatte. „Das Haus der Rigaldis.“ antwortete der Fahrer, offenbar auf die Frage nach dem Reiseziel. Fayo erwartete, dass sich die Kutsche nun in Bewegung setzte, doch es geschah nichts dergleichen. Stattdessen hörte er das Klappern einer Paladinrüstung. Ihr Träger schien die Kutsche zu umrunden. „Aufmachen.“ sagte der Soldat sachlich, aber klopfte gleichzeitig mit einigem Nachdruck gegen die Tür. Fayo schob den schweren Vorhang beiseite, der die Sicht in das Innere Der Kutsche versperrte.
    Der Soldat, offenbar ein Hauptmann der Miliz, denn man würde wohl kaum einen Paladin dazu degradieren, Reisende am Stadttor zu kontrollieren, blickte Fayo in die Augen. Er blickte zurück. Die beiden starrten sich gegenseitig an und Fayo glaubte, dass der Blick des Paladins dabei von Augenblick zu Augenblick finsterer wurde. Als wollte er Fayo mit seinen pechschwarzen Augen vergiften. „Was wollt ihr bei den Rigaldis?“ fragte er schließlich. Er wendete seinen Blick nicht ab. Fayo ließ sich davon jedoch nicht beirren. „Friedbert hat mich auf ein Kartenspiel eingeladen. Mein Begleiter hier“, Fayo deutete auf Hark. „überwacht die Partie, damit auch alles mit rechten Dingen zugeht. Sie wissen ja, wie das mit Friedbert Rigaldi immer abläuft.“ Fayo schmunzelte, doch in seinen Augen hatte sich der unnachgiebige Blick manifestiert, mit dem er den Hauptmann schon die ganze Zeit anblickte. „Ein Kartenspiel? Und deshalb seid ihr von …“ „Montera.“ ergänzte Fayo. „Montera, soso. Rigaldi muss ein guter Freund sein, wenn ihr eine solch lange Fahrt für ein Kartenspiel auf euch nehmt. Ich vermute, dass es da vielleicht noch etwas anderes gibt.“ sagte er und öffnete ungebeten die Tür der Kutsche. Doch Fayo reagierte sofort und stieg aus. Er wollte dem Paladin demonstrieren, dass er keine Macht über ihn und diese Kutsche hatte. Mit in die Hüften gestemmten Händen stellte er sich vor ihn und obwohl Fayo etwas kleiner war, als der Soldat, schien seine Machtdemonstration zu wirken. „Niemand besucht Rigaldi nur wegen eines Kartenspiels.“ Er legte seine Rechte auf den Knauf seines Schwertes. „Die sind doch alle in irgendwelche krummen Geschäfte involviert.“ Als Fayo bemerkte, dass der Soldat sein Schwert aus der Scheide ziehen wollte, reagierte er schnell. Er trat einen Schritt auf den Hauptmann zu, zog sein Schwert viel schneller, als er es für möglich gehalten hätte und stieß sanft mit der Spitze in die rechte Achselhöhle. Er war selbst völlig erstaunt darüber, dass ihm dies in so kurzer Zeit gelungen war, doch ließ sich das nicht anmerken. „Selbst wenn es so wäre. Die Familie Rigaldi ist sehr einflussreich in Vengard. Mir ist sogar zu Ohren gekommen, dass sie einigen Bereichen der Miliz besondere Unterstützung zukommen lässt. Wenn nun einer der Soldaten der Stadtwache dafür verantwortlich ist, dass Friedbert ein lukratives Geschäft durch die Lappen geht, was denkt ihr wohl würde dann mit diesem Soldaten geschehen.“ Fayo hätte es nicht für möglich gehalten, doch der Gesichtsausdruck des Hauptmannes verfinsterte sich noch weiter. „Der Krieg ist erst seit wenigen Monaten vorüber und ihr wollt erneut mit dem Blutvergießen beginnen?“ Der Soldat gab nach und schob sein Schwert wieder in die Scheide. Daraufhin steckte auch Fayo seine Waffe wieder weg. „In Beliars tausend Feuern sollst du auf ewig schmoren!“ zischte er, jedoch so leise, dass nur Fayo es hören konnte. Dann wendete er sich ab und gab den anderen Soldaten durch ein genervtes „Durchlassen!“ zu verstehen, dass die Kutsche nicht länger aufgehalten werden soll. Fayo setzte sich neben Hark und schloss die Tür hinter sich. Sie schwiegen beide, während sich die Kutsche wieder in Bewegung setzte. Fayo spürte, wie seine Hände zu zittern begannen. Erst, als sie Rigaldis Haus schließlich erreicht hatten und sie aussteigen wollten, sagte Hark: „Sei vorsichtig! Ich habe wirklich kein gutes Gefühl bei der Sache.“ „Ich auch nicht. Sag dem Fahrer, dass er sich auf die Abreise vorbereiten soll. Es könnte sehr überstürzt von statten gehen.“ Hark nickte und teilte dem Fahrer die Anweisungen mit. Fayo schritt derweil durch den großen Torbogen in den Innenhof des Grundstückes. Rigaldis Haus hatte einen quadratischen Grundriss mit einem Garten in der Mitte. Dieser bestand im Wesentlichen aus einer Hecke, einer kleinen Wiese und einem Pavillon. Die Mauern des Hauses waren jedoch zu hoch, als dass im Herbst noch genügend Licht in den Innenhof hineinscheinen konnte. Insgesamt wirkte es sehr unbehaglich, was Fayo nur allzu gut an die Situation erinnerte, in der er sich befand. Plötzlich öffnete sich zu seiner linken eine Tür. Eine Mann mittleren Alters trat aus ihr hervor und Fayo erkannte ihn sofort als Ferdinand Rigaldi. „Ihr seid spät. Wir erwarten euch schon lange.“ sagte Ferdinand und bedeutete Fayo, einzutreten. „Ich wurde aufgehalten.“ sagte er, leistete der Aufforderung, das Haus zu betreten jedoch nicht Folge. Ferdinand gefiel das gar nicht. „Warum so schüchtern?“ fragte er aufgeweckt, doch wütend presste er seine Lippen zu zwei schmalen Streifen zusammen. Fayo sah in Richtung des Torbogens und sah, das Hark nun auch das Grundstück betrat. „Verzeiht, aber ich wollte es meiner Begleitung nicht zumuten, allein durch Euer Haus irren zu müssen.“ „Sehr aufmerksam.“ Ferdinand gab sich verständnisvoll, doch versperrte im selben Moment den Zugang zum Haus. Er zog sein Schwert. „Doch mein Vater wünschte ausdrücklich, mit Euch allein eine Partie „17 und 4“ zu spielen.“ „Dann wirst du deinem Vater wohl mitteilen müssen, dass Harks Anwesenheit während des Spiels nicht zur Verhandlung steht.“ Er zog sein Schwert und die beiden lieferten sich einen kurzen Schlagabtausch. Doch schnell stieß Hark dazwischen und ehe Ferdinand sich versehen konnte, hatte er eine Klinge an der Kehle. „Hast du das verstanden?“ fragte Fayo mit Nachdruck. Ferdinand nickte. „Es wird ihm missfallen.“ „Das lass mal meine Sorge sein.“ Fast gleichzeitig steckten alle Beteiligten ihre Waffen weg. Im Gleichen Moment machte Ferdinand noch eine beschwichtigende Geste mit seiner linken Hand. Daraufhin hörte Fayo reges Treiben auf dem Dach. Er sah nach oben und entdeckte gut ein Dutzend Armbrustschützen, welche die Bolzen wieder von den Sehnen nahmen. „Ein Empfangskomitee, wie aufmerksam.“ bemerkte Fayo. Sie betraten das Haus. Ferdinand lief voraus, Fayo und Hark hinterher. Die Beiden tauschten einen besorgten Blick aus. Keiner sagte ein Wort, doch Fayo erkannte, dass auch Hark die Armbrustschützen nicht bemerkt hatte. Das bereitete ihm nun wirklich Sorgen. Doch davon durfte er sich nicht verunsichern lassen. Sie blieben dem jungen Rigaldi dicht auf den Fersen.
    Es schien Fayo, als wollte Ferdinand ihnen jeden einzelnen Bereich seines verwinkelten Hauses zeigen. „Für einen Moment hatte ich vergessen, wie unglaublich unübersichtlich dieses Haus doch ist.“ Fayo hatte längst bemerkt, dass Ferdinand einen möglichst umständlichen Weg ging, um Friedbert aufzusuchen. Es sollte eine eventuelle Flucht erschweren. Er machte auch keinen Hehl daraus, diesen Umstand bemerkt zu haben. „Fast scheint es mir so, als hätte der Architekt bewusst so viele Schleichwege eingebaut, damit sich Besucher hier nur verlaufen können und ewig hierbleiben müssen.“ „Ja, das denke ich auch manchmal.“ Grummelte Ferdinand kaum hörbar. „Wir müssen nur noch die Treppe nach oben, dann sind wir da.“ Fayo wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte.
    Nachdem er und Hark die Treppe nach oben gegangen waren, stand Ferdinand neben einer geöffneten Tür und vollführte eine einladende Geste mit seiner Hand. Sein hämisches Grinsen hatte dabei eine zutiefst verstörende Wirkung auf Fayo. Eine abartige Vorfreude auf die kommenden Ereignisse schien ihn überfallen zu haben, als er die Treppe nach oben ging. Fayo nickte und trat ein, Hark tat es ihm gleich. Doch noch auf der Türschwelle blieben sie stehen. Mit leerem Blick starrten sie in den Raum, der sich vor ihnen auftat. Es war eine Bibliothek mit großen Bücherregalen an den Seiten Die hintere Wand wurde durch zwei große Fenster gebildet, die mit schweren roten Vorhängen verhangen waren. Es war düster. Kerzen hingen an der Wand. Die Luft war stickig. Friedbert Rigaldi stand an der hinteren Wand. „Nur herein, nur herein!“ lachte er vergnügt. Fayo erkannte sofort das faltige Gesicht und die fettigen, nach hinten gekämmten Haare wieder. Er stand hinter einem riesigen Tisch. Jasmina lag darauf. Ihre Arme und Beine waren mit Ketten an dem Tisch befestigt. „Du widerlicher Drecksack!“ schrie er plötzlich. Er hatte versucht, das makabere Spiel mitzuspielen, das sich die Rigaldis ausgedacht hatten, doch beim Anblick von Jasmina konnte er sich nichtmehr zurückhalten. Er stürmte in das Zimmer und zog sein Schwert. Doch erst jetzt bemerkte er, das zu seiner linken und rechten jeweils ein dutzend Soldaten standen. „Aber aber.“ sagte Friedbert, der sich von dem Geschehen völlig unbeeindruckt gab. „Wir sind doch hier, um eine Partie „17 und 4“ zu spielen.“ Er setzte sich und bedeutete Fayo, das gleiche zu tun. „Oder willst du nicht mehr?“ Fayo setzte sich, doch ließ Friedberts Frage einer Antwort schuldig. „Das ist doch lächerlich!“ schrie er auf einmal. „Warum gibst du dir soviel Mühe. Du hast mich eingekesselt. Wenn du mich umbringen willst, dann mach es doch einfach! Wir haben doch ohnehin keine Chance. Wir sind hier zu zweit gegen zwei Dutzend deiner Soldaten. Draußen sind Armbrustschützen auf dem Dach. Selbst wenn wir es hier wieder raus schaffen, werden wir wohl spätestens in deinem Innenhof durchlöchert, wie eines dieser ostmyrtanischen Käsestücken.“
    „Aber Fayo, was denkst du denn?“ Rigaldi erhob sich und vollführte beschwichtigende Gesten mit seinen Händen. „MIR geht es doch nur um deine kleine Freundin hier.“ Fayo gefiel es nicht, wie er das Wort „mir“ betonte. „Wie du hier wieder rauskommst ist mir doch vollkommen egal. Die Soldaten sind nur eine kleine Sicherheitsmaßnahme, falls du dich daneben benimmst. Wenn du artig bist, dann garantiere ich dir, dass dir meine Soldaten nicht ein Haar krümmen werden.“
    „Nicht deine Soldaten? ... “ dachte Fayo, sprach es aber nicht laut aus. Er überlegte kurz. „Dann sollen sie das Zimmer verlassen!“ sagte er stattdessen. „Nur wir Beide, und Jasmina.“ sagte er. Er glaubte nicht, dass Rigaldi auf seinen Vorschlag eingehen würde, doch wider aller Annahmen dachte er tatsächlich darüber nach. „In Ordnung. Man soll mir nicht nachsagen, dass ich nicht fair gespielt hätte. Es spielt ohnehin keine Rolle.“ Fayo ignorierte diese Bemerkung. Er drehte sich zu Hark um und nickte ihm zuversichtlich zu. „Alles wird gut!“ Hark nickte ebenso. „Dein Schwert legst du aber auch ab.“ sagte Rigaldi zu Fayo. Fayo gefiel das gar nicht, doch er hatte keine Wahl. Er löste den Gürtel mit seinem Schwert samt Scheide und warf Hark das Bündel zu. Nach und nach verließen alle den Raum und rgendwann waren nur Fayo, Friedbert in dem Raum. Friedbert zog einen Satz Spielkarten aus seiner Schublade hervor und wollte ihn mischen. Doch Fayo unterbrach ihn. „Ich mische.“ Er nahm sich die Karten. Unentwegt lag sein Blick während des Mischens auf Jasmina. Sie war noch am Leben. Ihr Brustkorb hob und senkte sich langsam. Erst jetzt fiel ihm auf, wie geschunden ihr Körper war. An allen nur erdenklichen Stellen hatte sie Blutergüsse, aufgeplatzte Wunden und eingetrocknete Blutflecke. Ihr Kleid war gerissen und Fayo war froh, nicht genau zu wissen, was Rigaldi und seine Männer ihr alles angetan hatten. Leider konnte er es sich dennoch sehr gut vorstellen.
    „Wo spielen wir?“ fragte Fayo, als er das Mischen beendet hatte. „Hier natürlich.“ antwortete Rigaldi. „Wir sitzen doch an einem Tisch. Oder willst du erst noch einen anderen Tisch herein holen?“ Fayo wurde übel, doch er konnte es unterdrücken. Er wollte Friedbert als einen widerlichen Mistkerl bezeichnen, doch er wurde sich schnell bewusst, dass diese Beschreibung ausgesprochen unzulänglich war. „Du würdest doch ohnehin darauf bestehen, keinen Tisch zu holen.“ „In der Tat.“ antwortete Rigaldi und grinste hämisch. „Dann lass uns anfangen.“ sagte Fayo. „Wenn ich gewinne, gewährst du mir, Jasmina, Hark und meinen Begleitern freies Geleit durch dein Haus zu unserer Kutsche und aus der Stadt hinaus. Du wirst uns nicht verfolgen lassen.“ „In Ordnung.“ sagte Friedbert Rigaldi, ohne darüber nachzudenken. „Es ist ihm vollkommen egal, ob er das Spiel gewinnt, oder verliert!“ wurde Fayo in diesem Moment bewusst. „Das heißt, dass es auch vollkommen egal ist, ob ich gewinne, oder verliere!“ Ein Schreck breitete sich in ihm aus. „Aber wenn ich gewinne…“ sagte er, wurde jedoch jäh unterbrochen. „Soweit kann ich es leider nicht kommen lassen.“ Fayo sprang auf, zog seine Waffe und sprang geschickt über den Tisch, auf dem die geschundene Jasmina lag. Er landete auf Rigaldi, ballte die rechte zu einer Faust und schlug solange auf ihn ein, bis er bewusstlos wurde. Immer und immer wieder schlug Fayo zu und ließ dabei all den Frust heraus, der sich angestaut hatte, seitdem er dieses Haus betreten hatte. Seine Knöchel waren schon blutig, doch eine innere Macht trieb ihn immer weiter. Er hatte sich kaum noch unter Kontrolle. Erst eine Fremde Stimme, die plötzlich von hinten an seine Ohren drang, konnte bewirken, dass er aufhörte. „Erstaunlich. So unbeherrscht hätte ich dich gar nicht eingeschätzt, wo du doch sonst all deine Feinde durch kühle taktische Spielchen aufgerieben hast.“ Fayo erhob sich und schwenkte seinen Kopf. Der Mann, von dem die Stimme ausging, war ihm völlig unbekannt. „Und ihr seid …“ doch da beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Er sagte jedoch nichts. „Mein Name ist Richard von Zeyrisan. Vermutlich kennt ihr mich nicht.“ Fayo bestätigte dies mit einem Schulterzucken. „Das ist nicht weiter tragisch. Es hätte mich wirklich schwer gewundert.“ sagte er und trat in die Bibliothek ein. In der Rechten hielt er sein Schwert, in der Linken das von Fayo. Er erkannte es sofort an der Scheide. Richard warf es ihm zu. Es viel zu Boden. Fayo hob es auf, versuchte dabei jedoch so gut es ging, seine Unsicherheit zu unterdrücken. „Ich stamme von den südlichen Inseln. Unsere Familie unterhielt zum Königshaus von Myrtana lange Zeit einen sehr vertrauensvollen Kontakt. Mein Bruder ist Waffenschmied und betreibt die größte und beste Schmiede auf den südlichen Inseln. Sogar ihr könntet noch etwas von ihm lernen.“ Richard lief im Raum umher und schwang sein Schwert. Die Luft zischte. „Lange Zeit lieferten wir Waffen für die königliche Arme, wenn es Engpässe bei den Erzlieferungen aus Nordmar und Myrtana gab. Doch dann kamst du.“ Richard schritt auf Fayo zu. Er war ein alter, doch sehr stattlicher und anmutiger Mann. Sein Gang war würdevoll und seine Sprache sachlich. Doch Fayo spürte den Hass, den sein Gegenüber für ihn empfand. „Mit deinen günstigen Schwertern hast du uns das Geschäft zerstört. Mein Bruder musste viele seiner Leute entlassen. Die Einnahmen schwanden, die Leute waren ohne Arbeit, sie fingen an zu saufen und verdarben ihr Leben.“ „Deshalb möchtest du mich tot sehen?“ fragte Fayo nüchtern. „Genau. Du hast so viele Leben zerstört, dass ich gar keine andere Wahl habe, als deines ebenfalls zu zerstören. Dennoch …“ er blickte Fayo in die Augen. „Ich muss sagen, dass deine Geschäftsidee beispiellos ist. Allen befeindeten Parteien den Waffennachschub zu unterbinden und ihnen dann deine eigenen zu verkaufen, das war sicher kein leichtes Unterfangen, denke ich.“ Fayo nickte. „Es gab einige Probleme, die gelöst werden mussten. Doch was ich immer noch nicht verstehe, ist, warum du dich auf das Verhältnis mit meiner Tante eingelassen hast.“ Richard sah ihn verwundert an. „Wirklich? Auch das erstaunt mich.“ Er lief wieder umher. „Aber gut, dann will ich es dir erklären. Es war wirklich ausgesprochen schwer, an dich heranzukommen. Hier in Myrtana habe ich keine Armee, mit der ich bei dir einfallen könnte. Daher musste ich dich aus der Reserve locken. Da kam mir deine Schwester wie gerufen.“ Plötzlich wurde Fayo zornig. „Wie? Soll das heißen …“ „Oh, nein, natürlich nicht. Deine Schwester war todsterbenskrank. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie stirbt und du zu ihrer Beerdigung kommen würdest.“
    „Und Jasmina ungeschützt zurückbleibt.“ „Genau. Es war abzusehen, dass du sie zu dieser Beerdigung nicht mitnehmen würdest. Jetzt musste sie nur noch entführt werden. Hier kam mein alter Freund Rigaldi ins Spiel. In einer ausgesprochen hinterhältigen Aktion hat sein Sohn deine geliebte Wüstenblume für mich hier her gebracht. Jetzt musste ich nur noch warten, bis du sie dir holst.“ „Aber warum dieses Verhältnis mit Adele?“ fragte Fayo, der immer verblüffter von Richard Zeyrisans perfiden Plan war. „Ich musste über den Gesundheitszustand deiner Schwester Bescheid wissen. Deine Tante war dahingehend jedoch sehr stur. Deshalb musste ich sie für mich gewinnen. Ich glaube sogar, dass dein Schwester von alledem nicht einmal viel mitbekommen hat. Es war nicht besonders angenehm, aber es musste getan werden.“ Langsam wurde Fayo alles klar.
    Plötzlich wurde die Tür aufgeschlagen und Hark kam hereingestürmt. „Oh, die Kavalerie.“ Richard hob den rechten Arm. „Dann wird es nun Zeit, alles zu beenden, Fayo.“ Er senkte den Arm wieder und fast im selben Moment durchschlugen ein Dutzend Armbrustbolzen die Fensterscheibe hinter Fayo. Einer nach dem anderen durchschlug Fayos Brustkorb. Blut spritze durch den Raum. Fayo sank zu Boden.

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    Drachentöter Avatar von Eddie
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    Vorgabe 7:

    Wegen Gegenstand B treffen unsere Kontrahenten zusammen. Der Ort des Konflikts ist kein geringerer als Ort A! Die Situation artet aus und entläd sich zu einem atemberaubenden Szenario, von dem die Barden noch Jahre später in den Tavernen singen werden...


    „Die nehm ich mal lieber an mich.“ sagte einer der Soldaten zu Hark, nachdem er die Bibliothek verlassen hatte und deutete auf Fayos Schwert Er klang grimmig und schien nervös zu sein. Hark gab ihm durch ein trockenes „Nein.“ zu verstehen, dass er dieser Aufforderung nicht nachkommen wollte. Schon im nächsten Augenblick zogen alle Soldaten um ihn herum ihre Waffen. Nachdem Hark sich kurz umgesehen und bemerkt hatte, dass er in einem Kampf nicht die geringste Chance haben würde, gab er nach und überreichte Fayos Schwert an den Soldaten, der danach gefragt hatte. Sofort steckten alle Soldaten ihre Schwerter wieder weg. „Geht doch.“ bekam Hark zu hören und wurde nach draußen geführt.
    Ihm gefiel diese Situation ganz und gar nicht. Am liebsten würde er direkt zu Fayo in die Bibliothek zurückgehen, um ihn dort herauszuholen, doch er fürchtete, dass das dutzend Soldaten, die ihn in den Innenhof geführt hatten, dies nicht zulassen würden. Einen Kampf gegen eine solche Übermacht konnte er nicht riskieren. Schließlich hatte er es hier nicht mit einfachen Strauchdieben zu tun. Und auf seinem Weg in die Bibliothek gab es schließlich noch weitere Gegner.
    Er überlegte, was er tun konnte, kam aber zu der erdrückenden Einsicht, dass es nichts gab, was er tun konnte, ohne einer zahlenmäßig weit überlegenen Armee in die Arme zu laufen. Damit wäre niemandem von ihnen gedient. Wenn er einen Angriff wagen wollte, dann musste dieser überraschend und unvermittelt geschehen. Er sah sich um und erblickte die Armbrustschützen auf den Dächern. Sie hatten die Bolzen im Anschlag, zielten jedoch nicht auf ihn. Das verwunderte ihn für einen kurzen Moment. Doch dann bemerkte er, was sie im Visier hatten. Es war ein großes, mit dicken Vorhängen verhangenes Fenster im obersten Stock des Hauses. Von Außen unterschied es sich kaum von den anderen Fenstern, doch Hark vermutete, was sich dahinter befand. Er sah zu den Soldaten, die ihn nach draußen gebracht hatten, doch die meisten waren bereits wieder im Haus. Nur ein paar standen noch im Innenhof verteilt und beobachteten ihn. Hark erwiderte den Blick. „Hast schon richtig gesehen.“ Konnte Hark in dem Gesichtern des Einen lesen. „Deinem Kameraden geht’s jetzt an den Kragen.“ Er wurde nervöser und überlegte, was er tun könnte. Für die Soldaten wirkte es aber, als würde er beim Auf und Ablaufen darauf warten, seinem und Fayos Schicksal entgegen zu treten. „Sieht so aus, als wärs das jetzt für euch.“ sagte ein zweiter plötzlich. Die anderen begannen zu lachen. Hark zuckte mit den Schultern. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. „Noch ist ja nicht mal etwas passiert.“ sagte er. Doch er wusste genau, dass die Behauptung des Soldaten nicht aus der Luft gegriffen war. „Noch.“ sagte ein Dritter und lachte erneut auf.
    „Die sind sich ihrer Sache ziemlich sicher.“ dachte Hark sich. „Vielleicht…“ doch nach wie vor wirkte er wie jemand, der sich seinem Schicksal ergeben hatte und geduldig auf das Ende wartete. Er sah sich weiter um.
    In einer Ecke des Innenhofes hatten sich zwei Soldaten isoliert. Sie unterhielten sich. „Man hätte ihm die Waffe abnehmen sollen.“ sagte einer der beiden und sag Hark dabei mit verächtlichem Blick an. „Ich seh schon kommen, dass das …“
    „Jetzt hab dich mal nicht so pessimistisch.“ sagte der zweite und wurde laut. Er lenkte damit die Aufmerksamkeit auf sich. „Was soll er denn schon ausrichten?“ Er drehte sich um und ging auf Hark zu. „Diese Villa ist bis unters Dach mit bewaffneten Soldaten vollgestopft.“ Großkotzig schritt er auf Hark zu. „Selbst wenn er alle hier besiegen würde,“ Er deutete auf die Soldaten, die sich im Innenhof befanden. „Selbst, wenn wir alle bei deiner lächerlichen Rettungsaktion drauf gehen würden“ Der Soldat begann, Hark zu schubsen. „Und selbst wenn du es bis nach oben schafft.“ Hark wich zurück und brachte sich dadurch in eine gute Lage zum Eingang in die Villa. Er musste nun nur noch gerade aus rennen.
    „Dort oben wird Schluss sein für dich.“ „Für euch Beide!“ brüllte einer der anderen Soldaten. Alle begannen zu lachen. „Für euch Beide!“ bestätigte der schubsende Soldat und drehte Hark triumphal den Rücken zu.
    „Mal sehen.“ Sagte Hark trocken. Im gleichen Moment zog er sein Schwert, nahm Anlauf und rammte es dem Soldaten in den ungeschützten Nacken. Alles ging so schnell, dass die anderen Soldaten kaum gesehen hatten, was passiert war, als Hark zur Tür rannte, um sich Zugang zum Haus zu verschaffen. Zwei Soldaten waren geistesgegenwärtig genug, sich ihm in den Weg zu stellen. Hark ließ sich von ihnen jedoch nicht aufhalten. Dem einen stieß er so hart zur Seite, dass er zwei Meter weiter hinten an einen steinernen Blumentopf stieß. Den zweiten rammte er einfach so um. Das musste genügen. Er gelangte in das Haus, ohne eine Schramme davonzutragen. Ein paar Armbrustbolzen wurden nach ihm geschossen, doch sie verfehlten ihr Ziel.
    Die Soldaten in der Villa hatten jedoch von seinem Eindringen Wind bekommen und stellten sich ihm in den Weg. Dabei waren sie für den heranstürmenden Hark jedoch kein allzu schweres Hindernis und es gelang ihm ohne enorme Anstrengungen voran zu kommen. Hark wunderte sich, hatte er doch deutlich mehr Widerstand bei seinem Vorstoß erwartet. Es gelang ihm schließlich, die Tür der Bibliothek zu erreichen, auch wenn er nicht wirklich wusste, wie er das geschafft hatte. Es gehörte wohl aber viel Glück dazu und die schützende Hand Innos, welche das Geschehen lenkte.
    Er stieß die Tür der Bibliothek auf und sah Fayo mit einem fremden Mann dastehen. Hark bremste ab.
    „Oh, die Kavalarie.“ sagte der fremde Mann und hob einen Arm. „Dann wird es nun Zeit, alles zu beenden.“ Hark wusste genau, was in diesem Moment geschehen würde, doch er konnte nicht mehr rechtzeitig reagieren. Der Fremde ließ den Arm nach unten fallen und nahezu im selben Moment schossen dutzende Armbrustbolzen durch das Fenster und trafen Fayo. Einer nach dem anderen durschlug zuerst die Fensterscheibe und danach Fayos Brustkorb. Blut spritzte Hark ins Gesicht, doch er war zu schockiert, um sich wegzudrehen. Glassplitter flogen durch den Raum, große wie kleine. Doch so schnell, wie das Spektakel begann, war es auch schon wieder vorüber. Fayos schlaffer Körper fiel zu Boden. Da wurde auch Hark wieder aus seiner Trance gerissen. Er rannte zu Fayo und hob vorsichtig dessen Kopf an. Er wollte etwas sagen, doch brachte es nicht fertig. Fayo übernahm das Gespräch. „Diese Vollidioten…“ er räusperte sich und spuckte dabei Blut aus. „…haben doch tatsächlich das Herz verfehlt.“ er lachte und in dem Moment fing auch Hark an zu lächeln. „Es tut mir leid.“ sagte er und war den Tränen nahe.
    „Das muss es nicht. Du hast getan, was du konntest. Mehr konnte ich nicht erwarten.“ Wieder räusperte er sich. Wieder spuckte er Blut aus. „Hilf mir bitte auf.“ sagte Fayo plötzlich zu Hark. Hark war völlig überrascht von dieser Bitte. „Bitte. Ich fürchte, dass ich nicht allzu viel Zeit habe.“ sagte Fayo, diesmal mit so viel nachdruck, wie er mit seinem maroden Körper noch aufbringen konnte. Hark tat, wie ihm geheißen. „Richard.“ wieder musste Fayo Blut spucken. Diesmal suchte er sich dafür jedoch ein Ziel. Er wählte Richards Schuhe. „Ich möchte dir danken.“ Richard von Zeyrisan war erstaunt. „Und wieso, wenn man fragen darf?“ Er wurde unruhig. „Du hast mir den Tod gewährt …“ Fayo hustete. „ … den ich mir immer gewünscht hatte. Oft hatte ich Angst, allein im Wald Opfer eines …“ Er musste Blut spucken. Diesmal zielte er auf Richards Brustharnisch. „Banditenüberfalls zu werden. Doch du hast mir die Ehre gegeben … die ich mir…gewünscht hatte.“
    „Wovon redest du?“ fragte Richard. „Der Tod muss grausam sein, wenn er einen so wirres Zeug reden lässt.“ „Überhaupt nicht.“ Entgegnete Fayo. Das Husten wurde stärker und Hark bemerkte, wie Fayo schwindelig wurde. Doch er blieb noch bei Bewusstsein. „Er ist genau die … süße Erlösung … die ich mir … vorgestellt … hatte. “ Er legte ein demonstratives Schweigen ein. „Und das beste…“ Hark sah zu Richard und bemerkte, dass dieser ebenso gespannt war, wie er selbst, was jetzt gleich kommen würde. „… ein ausgesprochen komplizierter Plan … und eine halbe Armee … waren nötig… um….“ er holte noch einmal tief Luft. Doch fast gleichzeitig begann wieder ein Hustreiz. Noch einmal spuckte er Blut in Richards Richtung und Hark dachte, dass Fayo nun schon all sein Blut verloren haben müsste.. Dann setzte er wieder an „… um … MICH zu besiegen … Wie wundervoll…Danke.“ Dann sackte er zusammen. Sein Gesichtsausdruck war leer und er rührte sich nicht mehr. Hark legte
    ihn auf den mit Glassplittern übersäten Boden und schloss ihm die Augen. Tränen standen ihm in den Augen. Tränen der Trauer über den Verlust eines Freundes. Doch es waren auch Tränen der Erleichterung. Darüber, dass Fayo als der Mann gestorben war, den er kannte. Er hatte sich von Richard Zeyrisans Übermacht nicht einschüchtern lassen, sondern sich gewissermaßen sogar noch über ihn lustig gemacht. Hark sah zu Zeyrisans auf und sah in dessen Augen, dass das nicht der Tod war, den er sich für Fayo gewünscht hatte. „Umnachtetes Geschwätz.“ Sagte er
    „Wir sind hier fertig, lasst uns gehen.“ sagte Richard.
    „Halt!“ rief Hark in diesem Moment. Er erhob sich. Richard blieb in der Tür stehen. „Wir sind hier noch nicht fertig.“
    „Oh doch. Wenn ich es gewollt hätte, wärst du schon längst tot gewesen. Noch bevor du überhaupt diesen Raum betreten hättest. Doch du solltest mit ansehen, wie er stirbt und jämmerlich zu Grunde geht.“ Hark lächelte, als er bemerkte, wie hart Fayos Worte Richard von Zeyrisan doch getroffen hatten. „Wir werden uns wieder sehen, das verspreche ich dir.“ „Dann wird es wohl aber weitaus weniger spektakulär zugehen.“ sagte Hark. Richard nickte. „Meinetwegen sollst du ihn noch anständig beerdigen. Das steht ihm wohl zu, fürchte ich.“ Hark war erstaunt über diese Zugeständnisse. Für einen kurzen Moment hatte er sich schon darauf eingestellt, einen Bolzen direkt durch das Herz geschossen zu bekommen. Richard verließ die Bibliothek und zog sich in den benachbarten Raum zurück. Hark hob Fayo mit beiden Armen nach oben und brachte ihn nach unten. Während er die Treppe hinab lief, starrten ihn alle Soldaten grimmig an. Doch keiner wurde handgreiflich. Er konnte das Haus verlassen, ohne angegriffen zu werden. Als er das Grundstück verlassen hatte, sah er bereits die Kutsche da stehen. Einer der Soldaten war so gütig und hatte trotz hasserfüllter Mine die Tür für Hark geöffnet. Er bettete seinen Freund auf der Rückbank und war noch immer erstaunt darüber, wie tapfer er dem drohenden Tod getrotzt hatte. Hark überlegte, ob Fayo ehrlich war, oder Richard von Zeyrisan nur etwas vorgespielt hatte. Wundern würde es ihn nicht. Sie hatten zwar oft darüber gesprochen, einen heldenhaften Tod zu sterben, doch wenn es dann einmal so weit ist, sieht man es vielleicht doch etwas anders.
    Als er sich erhob, um selbst in die Kutsche zu steigen, hörte er das Surren einer Armbrustsehne und das Zischen des davon schießenden Bolzens. Zu spät hatte er es bemerkt und konnte dem Schuss nicht mehr ausweichen. Das Geschoss war so kraftvoll, dass es seine Rüstung durchschlug und Hark nach vorn gegen die Kutsche schleuderte. „Diesmal hat er das Herz getroffen, Penner.“ Er versuchte, sich aufzurichten, doch sofort wurde er von der Wache niedergetreten. Wenig später wurde ihm schwarz vor Augen.



    Das Klopfen an Emmeryns Haustür hallte durch die Ruhe der Nacht. Emmeryn nahm es zwar wahr, doch in ihrem Traum bildete sich ein Arbeiter, der mit seinem Hammer auf ein Brett einschlug.
    Wieder ein Klopfen, lauter und energischer, als zuvor. Doch sie wachte noch immer nicht auf. „Emmeryn, wach auf.“ Noch einmal steigerte sich die Intensität des Klopfens und auf unvorstellbar unangenehme Weise wurde Emmeryn aus ihren Träumen gerissen. Schlaftrunken stand sie auf und manövrierte sich den Weg zu ihrer Haustür. Es gelang ihr, an keinem der zahllosen Gegenstände anzustoßen, die sie auf ihrem Weg zur Tür passierte. „Emmeryn.“ Wieder klopfte es und die Tür drohte, aus den Angeln geschlagen zu werden. „Wer zum Beliar ist denn da?“ Ihre geistige Umnachtung verwehrte es ihr, die Stimme der entsprechenden Person zuzuordnen. „Mach die Tür auf!“ „Das ist keine Antwort auf meine Frage!“ sie verfluchte die Person vor der Tür und sich selbst, überhaupt aufgestanden zu sein. Als sie die Tür geöffnet hatte, konnte sie die Person immernoch nicht erkennen, da sie von einem grellen Kerzenlicht überfallen wurde. Sie hatte den Schein bereits durch das Fenster auf der Seite erkannt, aber offenbar nicht über die Konsequenzen nachgedacht, welche dieser Schein mit sich brachte. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie Adele als die klopfende Person erkannte. Doch in dem Moment, als Sie ihre Gegenüber erkannte, schlug sie die Tür wieder zu und machte sich daran, ins Bett zurückzukehren. „Emmeryn, bitte!“ hörte sie eine flehende Stimme, die jedoch kaum zu Adele gehören konnte. Emmeryn hatte sie noch gehört, dass Adele sie mal um irgendetwas gebeten habe. „Ich habe nichts mit dir zu besprechen.“ sagte sie und untermalte ihre Aussage mit einem Gähnen. „Ich aber mit dir. Lass mich bitte rein.“ Emmeryn blieb hartnäckig. Immerhin musste sie morgen wieder bei Sonnenaufgang wach sein. Es blieb also nicht mehr allzu viel Zeit, um weiterzuschlafen. „Ich will aber nicht mit dir sprechen! Ich seh da gar keinen…“ „Emmeryn, bitte!“ Emmeryn konnte hören, dass Adeles Stimme schwach wurde. Sie schien wirklich unbedingt mit ihr sprechen zu wollen. Emmeryn gab nach und öffnete die Tür. Im Anschluss darauf ging sie in die Küche. „Willst du was trinken? Ich brauch das jetzt, sonst halt ich die nächsten Minuten wohl nicht aus.“ sagte sie unverblühmt. Adele bejahte, während sie ihre Kerze auf den Küchentisch stellte. Schon im nächsten Moment standen eine Flasche Haselnussschnaps und zwei kleine Gläser daneben. Eines beschlagnahmte Emmeryn direkt für sich. Sie füllte es, schüttete sich den Inhalt hinunter und füllte es erneut. Danach goss sie auch Adele ein Glas ein. „Was willst du?“ sagte sie streng und distanziert.
    „Ich fürchte, ich habe einen furchtbaren Fehler begangen.“ „So einige.“ dachte Emmeryn, doch sprach es nicht aus. Sie ließ Adele erzählen. „Ich brauche jemanden zum Reden und nachdem Alfred über Nacht plötzlich verschwunden ist…“ Erstaunt blickte Emmeryn auf, als sie erneut zum trinken ansetzte. Das hätte sie ihm nicht zugetraut. „Mir ist sonst niemand eingefallen, zu dem ich hätte gehen können.“
    „Was ist geschehen?“ fragte Emmeryn trocken. Sie hatte eigentlich nicht die geringsten Ambitionen, sich all das anzuhören, doch der nunmehr dritte Schnaps ermöglichte es ihr, Adele einfach erzählen zu lassen. In dem Moment wurde ihr bewusst, dass der Schnaps in den letzten Tagen ausgesprochen intensiv floss. Das sollte nicht zur Gewohnheit werden. Fayo hatte das auch immer gesagt. „Wie es ihm wohl geht?“ fragte sie sich. „Eigentlich sollten sie längst wieder aus Vengard zurück sein. Aber gut, der wird wohl nicht extra wegen mir nach Silden kommen.“
    „ … wo ich dann diesen Richard Zeyrisan getroffen habe. Er ist ein sehr stattlicher Mann und von unvergleichlicher Eleganz. Er hat mich auch dazu gebracht, meinen Aufenthalt in Vengard zu verlängern, was ich eigentlich gar nicht vorhatte.“ Emmeryn bemerkte, dass Adeles Schnapsglas leer war und füllte es wieder ab. Adele winkte dankend ab, doch Emmeryn duldete keine Widerrede. „Die gerechte Strafe für jemanden, der einen nachts aus dem Bett schmeißt!“ sagte sie. Adele verzog angewidert die Mundwinkel und schüttete sich den Schnaps die Kehle hinunter. Umgehend schenkte Emmeryn nach und sie bemerkte, dass Adeles Widerstand gegen das Getränk zunehmend brach.
    „Der ist echt widerlich.“ sagte sie, nachdem sie auch das dritte Glas erfolgreich geleert hatte. „Das stimmt nicht.“ erwiderte Emmeryn und bedeutete ihr, fortzufahren. Adele erzählte von sich und Richard von Zeyrisan, wie sie sich in Bakaresh zum Sonnenuntergang geliebt hatten und wie sie ihm immer mehr verfiel.
    „Er hatte mir gesagt, dass er sich um Fayo „kümmern“ würde.“ sagte sie schließlich. Da wurde Emmeryn wieder hellhörig. „Um ihn kümmern…?“ fragte sie. „Ja. Anfangs fand ich das noch gut. Aber mittlerweile … so sehr ich ihn auch verabscheut habe, Richard ist genau so ein Ekel, wie Fayo. Doch Fayo war in seiner Ekelhaftigkeit immer ehrlich zu mir. Er hat mir nie etwas vorgemacht.“ „… war?“ fragte Emmeryn ungläubig, doch Adele überhörte diese Frage. „Ich glaube, Richard hat mich benutzt, um irgendwie an Fayo ranzukommen. Ich weiß aber nicht, was er vorhatte und wieso er das alles gemacht hat. Wahrscheinlich war er einfach nur neidisch auf das Geld.“ „Geld?“ wieder schaute Emmeryn ungläubig drein. „Fayo war reich?“ doch wieder überhörte Adele Emmeryns Frage. „ER hat mir nie gesagt, was er vorhat, aber die Liebe hat mich wohl blind werden lassen.“ Sie schütttete sich einen Schnaps den Rachen hinunter. „Das mir sowas passiert?“ Plötzlich begann sie zu weinen und zu schluchzen. „Ich bin ganz allein, Emmeryn. Meine Nichte ist gestorben, mein Mann hat mich verlassen, Kinder habe ich keine und meinen einzigen Neffen …“ Emmeryn hegte den Verdacht, dass dieser Gefühlsausbruch eine Folge des Schnapses war, den sie Adele im Laufe des Gespräches eingeflöst hatte. Sie nahm Fayos Tante in den Arm und klopfte ihr auf die Schulter. Auch dies musste das Ergebnis von zu viel Schnaps sein. Dessen war sich Emmeryn sicher.
    Nachdem Adele sich wieder beruhigt hatte, fragte Emmeryn noch einmal nach. „Was ist denn nun mit Fayo? Du hast immer wieder so schlimme Dinge anklingen lassen.“
    „Womöglich ist er das Opfer eines heimtückischen Hinterhaltes geworden.“ Reflexartig holte Emmeryn mit ihrer Rechten aus und knallte Adele die flache Handseite ins Gesicht. „WAS?“
    „Ich habe es zu verantworten. Ich wollte nur, dass du es weißt und dass du mir die Schuld dafür geben kannst, wenn es dir hilft. Ich bin mir nicht völlig sicher, welche Gefühle du für ihn gehegt hast, aber …“ Ein weiterer Schlag in Adeles Gesicht folgte. Sie hielt sich die Wange, doch ließ die Prozedur geduldig über sich ergehen.
    „Das sollte dir auf die Sprünge helfen.“ Sie sprang auf. „Verschwinde. UND LASS DICH HIER NIE WIEDER BLICKEN!“
    Adele verließ das Haus. „Ich hoffe, du hast eingesehen, wie … was du da angerichtet hast.“ brüllte sie und war sich diesmal sogar ausgesprochen sicher, dass nicht der Alkohol für ihre Lautstärke verantwortlich war. Sie knallte die Tür hinter Adele zu und warf sich anschließend in ihr Bett. Schlaf sollte sie jedoch keinen finden. Stattdessen schlug sie eine Zeit lang wütend auf ihr Kissen ein, nur um festzustellen, dass Fayo dadurch auch nicht mehr zu ihr zurückkehren würde.
    Sie drehte sich auf den Rücken und bemerkte, wie eine Träne ihre Wange hinab kullerte. Dann noch eine. Und dann noch eine…



    „Liebster Richard,

    in den nächsten Tagen werde ich nach Nordmar fahren, um mir den Nachlass meines Neffen anzueignen und gewinnbringend zu verkaufen. Es gibt dort womöglich vieles von Wert, dass mir meinen Lebensabend etwas angenehmer gestaltet. Leider wird mich dieses Unterfangen einige Monate beschäftigen. Vielleicht sogar noch länger. Ich habe ja nicht den blassesten Schimmer, was mich dort erwartet. Deshalb wollte ich zuvor noch einmal mit dir verreisen. Nach Bakaresh, um noch einmal über den wunderschönen Markt zu schlendern und die heiße Wüstensonne auf meiner Haut zu spüren. Lange Zeit werde ich der klirrenden Kälte Nordmars standhalten müssen, da würde es mir wirklich zu Gute kommen, noch einmal ein paar wunderschöne Tage an der Seite meines Geliebten zu haben. Ich möchte dir außerdem den Talisman zurückgeben, den du mir geschenkt hast. Damit er dich ständig an mich erinnern möge und du mich nicht einen Augenblick vergisst. Ich hoffe, du hast die Möglichkeit, mir diesen Wunsch zu erfüllen.

    In ewiger Liebe

    Deine Adele


    Richard richtete sich von seinem Sessel auf und setzte sich an den Schreibtisch. „Naja, ein letztes Mal noch. Wenn du es unbedingt willst.“ brummte er. Dann zog er die Feder aus dem Tintenfass und begann zu schreiben.

    Geliebte Adele,

    in letzter Zeit habe ich eine Menge zu tun. Aber wenn dir dies so wichtig ist, dann werde ich sicher ein paar Tage opfern können, um diese Reise mit dir zu unternehmen. Ich werde dich in vier Tagen abholen. Halte dich bereit.

    Dein dich liebender Richard


    Er faltete den Brief zusammen und rief Ferdinand Rigaldi zu sich. Nach einiger Zeit war er erschienen. „Das dauert zu lange!“ ermahnte Richard seinen Untergebenen. Nachdem Ferdinands Vater an den Verletzungen durch den Kampf mit Fayo gestorben war, gingen ihm jäh die Geldmittel aus und so sah er sich verpflichtet, für Richard von Zeyrisan zu arbeiten. Sonst hätte er sicher schon längst einen Dolch in der Brust gehabt. „Es wird nie wieder vorkommen, Meister.“
    „Das hast du schon zu oft gesagt. Setzte deine Versprechungen endlich in die Tat um und pack alles für eine Fahrt nach Bakaresh zusammen. Aber ein bisschen schneller, als gewöhnlich, sonst …“ Richard musste nicht weiterreden. Wie von der Blutfliege gestochen rannte Ferdinand davon.
    Richard schüttelte den Kopf. Er hatte im Grunde nichts gegen ihn, doch jemand, der so wenig Geschick für alles Mögliche hatte war ihm tatsächlich noch nie untergekommen.
    „Naja“, dachte er, „ein kleiner Urlaub tut mir vielleicht wirklich gut. Danach hab ich ja meine Ruhe.“



    Die Sonne brannte auf ihren Kopf und Adele drohte sogar unter ihrem Kopftuch jeden Moment zu zerschmelzen. So heiß hatte sie es nicht in Erinnerung. Dabei ging die Sonne schon fast unter. Vielleicht kamen ihr die Temperaturen auch nur so unangenehm vor, weil sie sich in Richards Gegenwart so ausgesprochen unbehaglich fühlte. Das wusste sie nicht, aber es war ihr auch vollkommen egal. Sie durfte sich davon nicht abbringen lassen.
    Richard hatte seinen Arm um ihre Hüfte geschlungen. Zusammen gingen sie die engen Gassen zwischen den Marktständen entlang. Ferdinand Rigaldi lief neben ihnen. „Ist es unbedingt notwendig, dass dein Schoßhund neben uns herläuft?“ fragte sie und deutete mit der Rechten auf Ferdinand. Richard schüttelte den Kopf „Ferdinand, würdest du bitte einen angemessenen Abstand zu deinem Gebieter einhalten.“ Ferdinand schaute grimmig drein, sagte jedoch nichts dazu. Er ließ sich zurückfallen und spielte weiter mit dem Dolch herum, den er sich an einem der zahllosen Stände von seinen letzten Ersparten gekauft hatte. „Eigentlich kannst du auch gleich die Sachen in unsere Unterkunft bringen.“ Da erhob Adele das Wort. „Aber…“ ihr musste schnell etwas einfallen. Richard durfte jetzt nicht weggehen. „…wenn ich noch etwas finde, das mir gut gefällt. Wer soll das denn dann tragen?“
    „Dir steigt es langsam zu Kopf, Bedienstete zu haben.“ Sagte Richard und legte einen Strengen Tonfall auf. Doch er ließ sich anmerken, dass er es nicht ernst meinte. Adele schaute beschämt drein, obwohl ihr die ganze Situation aufs Äußerste zuwider war. Sie durfte jedoch nicht aus der Rolle fallen. „Du hast Recht. Ich werde es selbst tragen müssen.“ „Nein, Nein.“ sagte Richard beschwichtigend. „Ferdinand macht das schon.“ Sie lächelte. Zumindest versuchte sie es. Doch Richard schien es zu glauben.
    Es ergab sich, dass Adele einen großen Porzellantiger entdeckte, den Richard schon kurze Zeit später für sie kaufte. „So, das muss für heute reichen. Wenn wir noch länger hier entlang laufen, dann bin ich wahrscheinlich pleite.“ sagte Richard und lachte. Auch Adele zwengte sich ein Schmunzeln auf die Lippen. „Das will ich natürlich auch nicht.“ Sie gingen weiter den Weg entlang, auf dem sie sich gerade befanden und einige Minuten später befanden sie sich auf einem freien Platz am Rande der Stände. Sie konnten direkt den nahenden Sonnenuntergang betrachten. Der Zeitpunkt war perfekt.
    „Ich wollte dir noch etwas geben.“ sagte sie und zog den Talisman unter ihrer Bluse hervor. „Damit du mich nicht vergisst.“ Sie setzte ein wehleidiges Flehen auf, dass Richard bedeuten sollte, dass er sie gefälligst vermissen sollte. Er biss an. „So lang bist du ja auch nicht weg. Danach unternehmen wir wieder eine solche Reise.“ Sie zog einen Lippenstift aus ihrer Tasche und lächelte. Ein kleiner Handspiegel diente ihr zur Orientierung. Hätte sie in diesem Moment mit jemandem sprechen können, so hätte sie keinen Ausdruck dafür gefunden, wie angespannt sie in diesem Moment war. Doch abgesehen von dem Schweiß auf ihrer Stirn, der sich auch durch die Hitze erklären ließ, sah man ihr das nicht an. Dick trug sie sich den Lippenstift auf, betrachtete sich kurz und blickte dann zu Richard. „Bin ich hübsch.“
    „So hübsch wie noch nie zuvor. Überhaupt bist du heute erstaunlich … mädchenhaft. Ich hatte schon fast vergessen, dass du so … sein kannst. “ Sie begann plötzlich, enorm zu zittern. „So?“ hatte er etwas gemerkt? Sie durfte keine Zeit verlieren. Adele zog Richard an sich heran und küsste ihn auf den Mund. Zuerst sehr verlangend, nur um sicher zu gehen, danach aber liebevoll und zärtlich.
    „Ja.“ sagte er, als Adele wieder von ihm abgelassen hatte. „Aber ich habe mich wieder erinnert.“ Sie lächelte und gab ihm noch einen Kuss auf die Wange. Nur um wirklich ganz sicher zu gehen.
    Sie standen da und betrachteten den Sonnenuntergang. Plötzlich begannen ihre Lippen merkwürdig zu kribbeln. „Es geht los …“ bemerkte sie stillschweigend. Auch Richard schien sich die Wangen zu jucken. „Was ist?“ fragte sie. „Nichts weiter.“ antwortete er. „Ein Mückenstich vielleicht. Wäre ja nicht ungewöhnlich hier.“ Das Kribbeln wurde intensiver und verwandelte sich schnell in ein Brennen. Auch Richard schien es so zu gehen. Er nahm den Arm von ihr und begann, sich mit beiden Händen im Gesicht zu jucken. Überall dort, wo sie ihn geküsst hatte. „Du Monster! MEIN GESICHT VERBRENNT!“ Schrie er und griff nach einem Wasserbottich, der in der Nähe von ihnen stand. „Hier hat es begonnen und hier endet es auch. Für dich und für mich.“ Richard bemerkte das Geschehen und kam auf die beiden zugerannt. „Was ist?“ fragte er, doch bekam keine Antwort. Adele zog ihn an sich heran und flüsterte: „Wenn Richard dir etwas bedeutet, dann nehm deinen Dolch und erstech ihn. Das ist der weniger qualvolle Tod.“ Anschließend nahm sie seine Rechte, in der er auch den Dolch hielt, und rammte ihn sich mitten ins Herz. Nur, um auch wirklich ganz sicher zu gehen, widerholte sie diese Prozedur noch einmal. Dann sank sie zu Boden. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Richard sich vor Schmerzen auf dem Boden wälzte und wie Ferdinand davon rannte, als würden hunderte Wildschweine ihn verfolgen. Dann wurde ihr Blick trübe.

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