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Al Shedim - Waldversammlung
"Ha, nein. Keine Sorge, das mit dem Wald wurde hier schon einmal versucht und ist am Unwillen der Menschen Al Shedims grandios gescheitert", entgegnete Maris lachend. Es war schön, einen Freund völlig unerwartet hier zu treffen, wenngleich er eigentlich nur von Freunden umgeben war. Doch jemanden wiederzusehen, mit dem man überhaupt nicht gerechnet hatte, war nichtsdestotrotz etwas Besonderes.
"Die Mädels sind meine Lehrer und helfen mir bei meiner Aufgabe... oder besser gesagt meinen Aufgaben", sagte er ganz nebulös. "Eigentlich eine Sache der Nomaden, aber mittlerweile könnte es sein, dass mehr daraus wird."
Maris hatte mittlerweile gelernt, nicht zu freimütig mit Informationen bezüglich seiner Aufgaben und Beweggründe umzugehen, wenngleich ihm die Geheimnistuerei der Druiden gehörig auf die Nerven ging. Dennoch, manchmal war etwas Zurückhaltung vielleicht besser.
"Dass Runa mit hier ist... nun, das habe ich einer meiner Sippenschwestern zu verdanken. Du musst wissen, dass das Wüstenvolk der Nomaden und Wassermagier Varants mein Volk ist. Es brodelt hier im Sand und man wollte meine Hilfe. Und da ich zunächst meine Hilfe verweigerte... war eine besonders schlaue Person aus meiner Sippe der Meinung, Runa hierher entführen zu müssen. Du erkennst sie an der gebrochenen Nase."
Nichts, wofür er sich schämen musste. Thamar hatte es verdient. Aber etwas anderes hatte sich Maris' Aufmerksamkeit verdient.
"Hast du gerade von der Mutter geredet?"
Das passte nicht in das Bild des Nomaden. Die Mutter war eine Göttin, die nur den Nomaden allein gehörte. Nicht einmal die Wassermagier hatten je einen Gedanken an die Mutter Wüste verschwendet. Wie kam es, dass ausgerechnet Bartimäus, der alles andere als ein Wüstenbewohner war, etwas mit ihr zu schaffen hatte?
"Was hast du mit der Mutter zu tun? Sie ist die Göttin der Nomaden!"
Geändert von Maris (13.05.2014 um 22:42 Uhr)
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Sie warteten lange genug, bis sie nicht mehr erkannt werden konnten, dann machten sie sich als zwei Schatten auf den Weg Richtung Lago. Sie hörten metallische Geräusche, schauten sich an und nickten sich zu. Beide fürchteten das gleiche. Eine weitere Nacht draussen in den Weiten der Wüste.
"Näher?"
Redsonja zögerte. Dennoch wurde es Zeit die Wasserschläuche aufzufüllen. Sie wollte diesbezüglich nicht zu viel riskieren, denn gegen Durst halfen ihr auch ihre Schwerter nichts. Medin nickte und sie pirschten weiter voran. Da die Ankömmlinge sehr viel Lärm machten, gelang es den beiden nächtlichen Gestalten ungesehen näher zu kommen.
"... Ihr habt es vergessen."
Er lachte dröhnend. Die Tonlage verriet allerdings einiges.
"Keiner vergisst DAS einfach so. Bringt Tezanoci her."
Befahl dann derselbe Mann, dessen Gesicht sie nicht sehen konnte und ein anderer Mann wurde herbeigeschleift.
"Köpf ihn!"
Vernahmen sie den Befehl und Redsonja griff zu ihren beiden Schwertern. Dennoch hielt sie sich zurück. War es das wert? Nein, aber es war gut, um Medin zu beobachten, um ihn besser einschätzen zu können. Die Streiter Innos' glaubten ja immer über Recht und Unrecht entscheiden zu können.
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Lago
Von ihrem Versteck hinter einer mit Felsen besetzten Bodenwelle aus hatten die beiden Reisenden einen recht guten Blick auf den Dorfplatz von Lago. Eine Reihe von Fackeln war entzündet worden und deckte die Szenerie in ein flackerndes, lange Schatten werfendes Licht.
In der Mitte des Platzes stand eine handvoll Männer, die anscheinend gerade erst angekommen waren. Ihre Kleidung war der Reise in der Wüste angepasst, aber unter den Tüchern und Mänteln konnte der Rüstungsschmied die Konturen von Lederharnischen, Gambesons und hier und da auch eines Kettengeflechts erkennen. Bewaffnet waren sie überwiegend mit Schwertern, nur einer hatte eine Armbrust dabei.
Gerade ließ der augenscheinliche Anführer von ihnen – ein relativ kleiner Mann – von zwei seiner Begleiter einen der umstehenden Männer packen und herbei schleifen. Die übrigen Bewohner und Reisenden standen in gebührendem Abstand zu dem Schauspiel. Von ihnen waren wenige bewaffnet.
Was lief da ab? Eine Schutzgeldpressung? Persönliche Rechnungen? Oder pure Willkür?
Neben sich bemerkte Medin, dass seine Begleiterin ihre Hände an den Schwertgriffen hatte. Instinktiv wollte er etwas Distanz zu ihr aufbauen, aber dann erinnerte er sich, dass das wahrscheinlich nicht ihm galt.
„Lass uns hingehen“, schlug er vor und blickte zu den Seiten. Hier war niemand, der sie entdecken konnte. „Nah genug heran, um sie zu überraschen, kommen wir nicht und unser Wasser reicht nicht mehr weit. Die sehen nicht so aus, als ob sie heute noch weiter ziehen und vielleicht lassen sie uns auch einfach in Ruhe.“
Ob das auch umgekehrt galt ließ Medin offen. Er wollte auf seiner Reise unnötiges Aufsehen vermeiden, aber aus einem Versteck heraus zusehen, wie jemand exekutiert wurde konnte er ja vielleicht trotzdem vermeiden. Lago war nicht dafür bekannt, dass sich Nachrichten von hier besonders schnell verbreiteten.
Kurz prüfte er den Sitz seines Kettenhemdes unter dem Umhang sowie den der beiden Schwertgurte, dann erhob er sich und machte sich auf den Weg. Bis ihn die Leute auf dem Dorfplatz bemerkt haben würden, musste er mindestens noch fünfzehn Schritt zurücklegen. Redsonja konnte ja schauen, ob sie ihn da allein hinein gehen ließ oder mitkam.
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Lago
Gab es eine bessere Gelegenheit Medin los zu werden ohne selber Hand anlegen zu müssen? Fragte sich Redsonja beschwingt und blickte dem Mann hinterher. Andererseits hatte sie damit noch immer kein Wasser und alleine als Frau, war es noch unangenehmer sich einem Mann, wie diesem Anführer gegenüber zu stellen. Ob er nun rechtschaffen war und einen Schuldigen richtete oder sich gerade an einem Unschuldigen vergehen wollte. Er hatte auf jeden Fall nicht den Mumm es selber zu übernehmen und das machte ihn der rothaarigen Kriegerin unsympathisch genug. Widerwillig erhob sie sich also ebenfalls und konnte so besser sehen, dass der Henker kurz inne hielt.
"Noch heute!"
Meinte der Anführer ungeduldig. Es war gerade so, als würde er befürchten, dass der Verurteilte noch etwas sagen könnte. Denn er wand sich wie wild und versuchte seinen Knebel los zu werden. Doch vielleicht kämpfte er auch nur um sein Überleben. Redsonja, die nun als Sumita unterwegs war, senkte allerdings nur den Kopf, glitt unscheinbar hinter ihrem Begleiter her und überliess ihm erstmals das Sprechen. Diese Position war auch ganz gut, um vor allfälligen Schützen etwas sicherer zu sein.
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Vorsichtig schlenderte Viraya über die Felder. Sie atmete die Frühlingsluft ein und verlor sich in Gedanken irgendwo, während sie einem Vogel nachschaute, der von Ast zu Ast flog. Immer wieder entzog er sich ihrem Blickfeld, um später wieder zurück zu kehren. Sie war fasziniert. Dennoch nahm sie in den Augenwinkeln eine weitere Bewegung wahr. Ohne zu überlegen liess sie sich flach auch den Boden fallen und spähte zwischen den Grasbüscheln hervor. Das Rascheln der Blätter verstummte ebenso, während sie sich nach der nächsten Deckung umsah. Denn sie hatte gelernt davon auszugehen, dass ein Bogenschütze oder im schlimmsten Fall gar ein Magier, sicher aber ein Feind hinter der nächsten Ecke der Strasse lauerte. Hier hatte sie erlernt die Zeichen zu deuten, wenn sich ein Mensch in freier Wildbahn befand oder sie war dabei es zu lernen. Dann wagte sie sich langsam seitlich in Deckung zu schieben.
Plötzlich, mitten in Virayas Bewegung brach es aus dem Gebüsch hervor. Das braune Monster und es lachte lauthals.
"Gioja."
Viraya erkannte das Nachbarsmädchen. Sie mochte das aufgestellte Wesen eigentlich, doch hier hatte es eine Lektion verdient. Sie kniete sich auf ihre Höhe nieder und sprach mit ernster Stimme.
"Du findest so etwas also lustig was? Irgendwann wirst du lernen, dass es Menschen gibt, die das Leben nicht als Spiel sehen. Menschen, die dich und deine Familie aus dem Hinterhalt ermorden können. Ich habe solche Menschen kennen gelernt und ich fürchte mich vor ihnen. Mach das nie wieder mit mir und erzähle keinem davon. Gibst du mir dein Ehrenwort darauf?"
Gioja nickte feierlich und entschuldigte sich. Dann fügte sie wieder ganz munter hinzu.
"Dafür musst du mir jetzt eine Geschichte erzählen."
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Das Gespräch schien gerade immer verwirrender zu werden. Begonnen hatte es mit dem Versuch die Wüste zu bepflanzen, was den Waldläufer dann doch gewundert hatte und er eigentlich nur einen Scherz machen wollte. Doch von diesem banalen Thema weg, nahm die Sache immer rätselhaftere Züge an.
'Seine Aufgaben?' Er war mit Informationen ja fast schon so großzügig, wie die Druiden. Hatten Suzu so schnell auf ihn abgefärbt?
"Deine Lehrer? Woran unterrichten sie dich?"
Mit dieser Frage musste der Neugierige feststellen, dass ihm -besonders bei Céci, die er doch besser kannte- kaum etwas einfiel, was sie ihm hätte vermitteln können, außer natürlich der Magie und vielleicht ein paar heilenden Handgriffen, doch hätte Maris vermutlich mehr als genug Gelegenheiten gehabt letztere von seiner Frau zu erlernen.
"Und was für eine Aufgabe wenn ich fragen darf? Sofern du dich von der Geheimnistuerei der Druiden nicht so sehr anstecken hast lassen, dass eine zusätzliche Person unerwünscht ist, kann ich auch gerne versuchen dir zu helfen."
Die letzte Frage wurde dann schon etwas komplizierter. Was wusste er denn schließlich schon über die Mutter? Er hatte gerade mal mitbekommen, dass es sie gab, vermutlich hatte sie etwas mit Tooshoo zu tun und besonders in den letzten Wochen hatte er ihre Existenz gespürt oder zumindest hatte er die Ereignisse mit ihr assoziiert.
"Ähm...", begann Bartimäus unsicher und stieß ein verlegenes Lachen aus.
"Also von der Göttin der Nomaden weiß ich nichts. Ich meinte die Mutter der Natur, so besonders viel weiß ich aber auch nicht über sie. In Schwarzwasser steht ein Schrein von ihr, ich weiß nicht, ob du den mal gesehen hast. Sie wird als schwangere Frau mit zwei Gesichtern, einem alten und einem jungen, dargestellt und soll das Leben symbolisieren. Von der Geburt bis zum Tod. Ich vermute, dass sie etwas mit Tooshoo zu tun hat und dass sie es war, die uns damals vom Festland zu dem Baum gerufen hat. Aber Druiden wissen -wie immer- vermutlich mehr darüber, nur sagen sie es dir -wie immer- wahrscheinlich nicht.
Auf jeden Fall hatte ich das Gefühl, dass sie es war, die mich hierher geleitet hat."
Soviel also dazu, dass es die drei Götter gab. Sie waren jetzt gerade schon mindestens bei fünf.
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Noch während die beiden Parteien in seinem Kopf darum rangen, ob er nun in das Geschehen eingreifen sollte oder lieber nicht, zuckte sein Bauchgefühl kräftig mit den Schultern und ergriff die Initiative. Die Männer hatten ihn längst bemerkt, aber das schien sie nicht davon abzuhalten, mit der Hinrichtung fortzufahren. Erst als Medin näher kam und klar war, dass er direkt auf sie zu ging, wurden die Bewegungen des Henkers und seiner Gehilfen langsamer und unsicherer. Dass dem Anführer das missfiel, war schwer zu übersehen.
„Runter mit dem Kopf!“, insistierte er.
„Halt“, rief Medin, der auf wenige Schritte herangekommen war und nun stehen blieb. Er hatte seine Position bewusst gewählt. Wenige Schritte bis zu dem Armbrustschützen. Im Falle eines Falles könnte das reichen. Nun ja, mit ein bisschen Glück vielleicht.
„Was soll das?“, fragte der Anführer, denn seine Helfer hatten tatsächlich inne gehalten.
„Wisst ihr nicht, dass Hinrichtungen, die nachts durchgeführt werden, Unglück bringen? Ihr wollt doch keinen kopflosen Geist, der euch heimsucht.“
„Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten“, versetzte der Anführer mit rauer Stimme und nun erkannte Medin, dass der Mann keinen varantischen Akzent sprach. Die Worte klangen eher nach einem im Mittelland aufgewachsenen. „Wer seid ihr überhaupt?“
„Reisende, die in Lago Wasser und Schutz für die Nacht suchen“, wich Medin aus. „Doch stattdessen sehen wir, wie ihr einen der Anwohner töten wollt.“
„Das ist die Strafe, wenn die Schutzsteuer ausbleibt. Wir handeln nach Recht und Gesetz und ihr werdet auch zahlen, wenn ihr die Nacht hier bleiben wollt.“
„Banditen seid ihr!“, rief einer aus der Menge. Einer der Bewaffneten fuhr herum und zog seine Klinge, konnte den Störenfried aber nicht ausmachen.
„Welches Recht gestattet euch, von Reisenden und den Anwohnern Schutzsteuern zu erheben?“, fragte Medin.
„Wir gehören zu den nordvarantischen Schutzmilizen. Wir schützen die Wege, Dörfer und Karawanenposten und treiben im Gegenzug eine Schutzsteuer ein.“
„Und wer nicht zahlt wird umgebracht?“
„Schutz ist eben wichtig“, meinte der Anführer zynisch, aber zunehmend ungeduldiger. „Und nun zur Seite, wenn ihr nicht der nächste sein wollt.“
Inzwischen hatte Medin eine recht gute Vorstellung, um was für Leute es sich hier handelte. Wahrscheinlich waren es demobilisierte Rebellen aus Südmyrtana. Nach dem Sieg über die Orks waren sie mit nach Varant gezogen, aber nicht in die Armee integriert worden und marodierten nun auf eigene Rechnungen oder vielleicht sogar mit Unterstützung der regionalen Statthalter.
„Ihr köpft diesen Mann nicht“, entschied Medin mit fester Stimme und machte noch einen halben Schritt auf den Anführer zu.
„Dann sollte ich euch wohl vorziehen … wegen Behinderung der Schutzgewalt und Vereitelung einer Hinrichtung“, tönte der Anführer. „Und danach haben wir noch etwas Spaß mit eurer Freundin.“
„Mit der habt ihr sicher keinen Spaß“, entgegnete der Südländer und ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
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Al Shedim
Al Shedim war also doch nicht völlig verlassen, aber seine einstige Blütezeit schien bereits weit in der Vergangenheit zu liegen. Die Wüstenstadt schien etwas kleiner geworden zu sein. Aber ob es ihm nur so durch die fehlenden Menschen so vorkam, oder es an den sich langsam auftürmenden Sanddünen lag, war unklar. Dennoch war es interessant die Stadt in diesem Zustand in Augenschein zu nehmen, so dass Melford einen kleinen Spaziergang unternommen hatte, um sich noch etwas weiter umzusehen. Am Abend seiner Ankunft, hatte er nicht mehr viel besichtigen können, war er doch auf die Nomaden getroffen, welche sich glücklicherweise als sehr Gastfreundlich herausgestellt hatten. Als er die Gruppe dann zu Gesicht bekommen hatte, war es dem Baumeister fast so, als ob auch ein paar bekannte Gesichter darunter waren.
Einige Stunden waren vergangen, da gesellte sich Melford zu den Nomaden vor dem Adanostempel. Er holte er ein altes Tuch aus der Tasche und zog sein Schwert aus der Scheide, um es dann ein wenig zu pflegen. Bisher hatte er es auf seiner Reise kaum verwenden müssen, doch er war sich sicher, dass er es früher oder später wieder brauchen würde. Und wenn es soweit war, sollte es auch in einem guten Zustand sein.
Während er in aller Seelenruhe seiner Beschäftigung nachging, drang ein Gespräch über Tooshoo an sein Ohr, was ihn aufhorchen ließ. Unweit von ihm unterhielten sich zwei junge Männer über das Sumpfdorf und eine zweiköpfige Göttin.
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Redsonja zog während des Gesprächs ein ängstliches Gesicht und wich seitlich etwas vor dem Anführer zurück, sodass Medin zwischen ihr und dem Anführer zu stehen kam. Dank der guten Positionierung ihres "Bruders" stolperte sie bei dieser Stellungsänderung beinahe über den Armbrustschützen. Sie taumelte entsetzt und blickte ihn mit grossen Augen an. Der Anführer lachte lauthals.
"Männer, das wird ein schöner Abend. Ergreift die beiden. Aber macht der Hübschen keine blauen Flecken."
Die rothaarige Kriegerin schauderte bei den Worten, doch verdrängte sie sämtliche Erinnerungen oder versuchte es zumindest. Dann blitzten ihre Waffen gleichzeitig mit denjenigen von Medin auf. In diesem Augenblick musste er sich zu hundert Prozent auf sie verlassen können und sie sich auf ihn, denn sie mussten stark genug wirken, dass sich die lokale Bevölkerung auf ihre Seite schlug. Das wiederum taten sie nur, wenn sie den Sieg vor sich sahen. Falls sie es nicht taten, starben die beiden wohl als namenlose Helden.
Die beiden dunklen Klingen blitzen auf, schnitten durch Fleisch, während der Armbrustschütze zur Seite fuhr und sich entschloss seinen einzigen Schuss in ihre Richtung abzufeuern. Er hatte keine Zeit mehr zu zielen, doch auf diese Distanz hin brauchte er das auch nicht. Er entliess den Bolzen und jagte ihn direkt in Richtung Redsonjas Brust. Für "keine blauen Flecken" war es zu spät. Drakk sei Dank wurde die Pfeilspitze allerdings ordentlich von der Rüstung gebremst. Dennoch schaffte sie es durch die fein geschmiedeten Ringe und die dahinter liegende Brustplatte hindurch. Die junge Frau schrie auf, brachte ihr Werk aber zu Ende, denn nun war ihr der Schütze ausgeliefert. Dann wandte sie sich dem nächsten Gegner zu, während Medin ihren Rücken deckte.
"Nur ein Kratzer."
Keuchte sie zwischendurch und erwehrte sich weiter ihrer Haut. Dann hörte sie allerdings:
"Dann mache ich es halt selber!"
Kurz darauf war ein Laut zu hören, den Redsonja als das Brechen von Knochen gedeutet hätte. Allerdings hatte sie keine Zeit dafür diesem Geräusch nachzugehen, denn erstmals galt es selber zu überleben. Blieb nur zu hoffen, dass es wenigstens das Genick gewesen war. Kurz und schmerzlos sozusagen, aber effektiv genug, um die Einwohner Lagos endlich wach zu rütteln und zu einer Handlung zu zwingen, denn all zu lange wollte sie hier nicht vor sich her bluten, obwohl sie hoffte lange genug zu überleben, um noch ein Weilchen bluten zu können. Ein Dilemma sozusagen.
Geändert von Redsonja (13.05.2014 um 22:31 Uhr)
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Al Shedim - Waldversammlung
Zugegeben, Bartimäus tat ihm ein wenig leid. Maris wusste schließlich, wie es war, wenn man etwas erfahren wollte und gegen eine Wand aus unklaren Phrasen lief. Da konnte durchaus schnell Frust aufsteigen, und vor allem Suzuran beherrschte es mit Bravour, dieses Gefühl bei dem Nomaden auszulösen. Ein wenig genauer konnte er dann ja vielleicht doch werden.
"Wir Nomaden versuchen, uns des eisernen Griffes der Myrtaner zu erwehren. Über die letzten Monde haben sich ziemlich ernste Spannungen aufgebaut, weil wir unsere Freiheit nicht streitig machen lassen. Gerade durch den Konflikt auf dem Festland zwischen Ethorn und den Blecheimern in Thorniara sind die Besatzer aber noch intoleranter als sonst geworden. Und was sich da sonst noch abzeichnet... ich weiß es nicht, kann nur vermuten. Ich fürchte, dass das Kräftegleichgewicht der Katzen in Varant gefährdet ist. Aber das wird wohl meine persönliche Angelegenheit werden."
Wenn er ehrlich war, konnte er auch gar nicht viel mehr über die Geschehnisse in Varant berichten, denn viel mehr wusste er nicht.
"Suzuran und Cécilia... die unterweisen mich in den Geheimnissen der Natur, natürlich!", entgegnete er grinsend.
"Was Druiden einem eben so beibringen können... glaube ich. Bisher halten sich die Damen vornehm damit zurück, mir irgendetwas zu zeigen." Und mit einem noch breiteren Grinsen flachste er: "Vielleicht können sie ja auch einfach nix?"
Er hoffte, dass nicht gleich ein Panther um die Ecke sprang und ihn zerfleischte.
Als Maris plötzlich ein Geräusch in der Nähe hörte, fuhr er doch leicht erschrocken herum, wurde sich dann aber gewahr, dass es eher nach den Regungen eines Menschen klang. Vermutlich nur einer seiner beiden Nomadenfreunde, die den Stand des Zeltes überprüften, nachdem es zuvor von einigen Böen getroffen worden war. Möglicherweise auch ein tollpatschiger Adept, der sich die Beine außerhalb des Tempels vertrat. Oder etwa doch eine lauschende Druidin?
Schließlich nahm der Nomade den Gesprächsfaden wieder auf. Bartimäus' Beschreibung von der ominösen Sumpfmutter sorgte nur für ein verwirrtes Stirnrunzeln bei ihm.
"Diese Statue und die Beschreibung deiner Mutter sagt mir nichts, muss ich zugeben. Viel mit der, die wir neben Adanos anbeten, scheint sie aber nicht zu tun zu haben. Unsere Mutter ist die Verkörperung der Wüste selbst - quasi alles, was in ihr steckt, wenn du so magst. Die Stürme sind ihr Zorn und die Nomaden wie die Tiere dieser Breiten sind ihre Kinder. Sie ist gnadenlos und hässlich zu Fremden, doch wunderschön und gütig zu uns, die wissen, wie man sie zu behandeln hat. Und... nun ja, da ich keine Eltern hatte, sehe ich Adanos wirklich als meinen Vater und die Wüste als meine Mutter an, muss ich zugeben. Zumindest von ihr weiß ich, dass sie mich ebenfalls als ihr Kind sieht, wenn auch ein untreues, das sich über Jahre von ihr fern gehalten hat. Wir Nomaden sind alle Söhne und Töchter der Wüste, aber für mich gilt das in besonderem Maße."
Maris musste an die Zeit denken, als die bloße Entfernung zu seiner Heimat ihn geradewegs krank gemacht hatte. Erst als er für sich akzeptiert hatte, dass die Mutter nicht nur in Varant, sondern auch an jedem anderen Ort der Welt in seinem Herzen war, hatte er diese Schwäche überwinden können. Doch dass all das etwas mit der Mutter aus den Sümpfen zu tun hatte, bezweifelte er doch stark.
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Lago
„Elender Hund“, knurrte Medin. Fast schon anmutig beschrieb das lange Bastardschwert in seinen Händen eine Mühle, ehe es kompromisslos auf den Gegner zusauste. Der hob seine eigene Waffe zum Block, doch der Schlag war zu stark. Von der Wucht getroffen taumelte er nach hinten. Der Paladin setzte sofort nach. Erst schnitt die Spitze der Klinge leicht an der Kehle. Ein Schrei ertönte und noch ehe der verhallt war, drang nun die Schlagseite direkt oberhalb des Schlüsselbeins so manchen Knochen spaltend tief in den Torso. Der Körper sackte auf die Knie und erschlaffte. Ohne zu zögern stemmte Medin den Fuß dagegen, befreite die Klinge und wandte sich mit einer Halbdrehung dem Anführer zu, gerade noch rechtzeitig, um dessen Angriff abzuwehren. Mit manischem Brüllen ließ der Kontrahent weitere folgen. Hieb um Hieb folgten mit der Klinge, an der immer noch das frische Blut des Geköpften schimmerte. Medin wich zurück, parierte sicher, konnte aber auch keine Initiative ergreifen.
„Mörder!“, schrie auf einmal irgendjemand und zwei Steine kamen heran geflogen. Der erste verfehlte sein Ziel, doch der zweite traf den Anführer der Bande hart an der Schulter und ließ ihn einen Moment verharren. Diesen Moment hatte Medin gebraucht. Mit einem schnellen Stich zwang er seinen Gegner in die Rückwärtsbewegung, nahm den folgenden Schlag mit der Klinge bis zu den Parierstangen auf und riss sie zur Seite. Das Entwaffnen misslang, doch die Deckung des Marodeurs war hinüber, seine Seite offen. Mit tödlicher Effizienz durchbohrte die Schwertspitze das Kettenhemd an der Seite und fand seinen Weg zwischen den Rippen hindurch. Der Schrei verwandelte sich in ein kurzes Pfeifen, das dann in ein ersterbendes Röcheln überging.
„Es ist vorbei“, sagte Medin in das ungläubige, protestieren wollende Gesicht. Dann brach sich der Blick des Anführers.
Als Medin sein Schwert befreit hatte, waren nur noch zwei Banditen übrig. Kurz blickten sie einander an, dann die beiden Schwertkämpfer sowie die zunehmend wütende Schar Dorfbewohner und dann ließen sie schließlich ihre Waffen fallen. Einen Augenblick später waren sie überwältigt.
„Dass du mal einen Bolzen für mich fängst“, war seltsamerweise das erste, was ihm über die Lippen kam, als er wieder Luft hatte, bevor er die schwer atmende Sumita genauer ansah. An ihren Klingen war Blut, sie hatte eine kaum merkbar gekrümmte Haltung und doch war er sich in dem Moment sicher, dass sie die ganze Zeit über der gefährlichste Mensch in Lago gewesen war und sich das auch noch nicht geändert hatte.
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Es war ein gutes Ernstejahr gewesen vor 34 Jahren. So gut, dass Iians Eltern beschlossen mit dem frisch geborenen Säugling den Bauernhof zu verlassen und das verdiente Geld zu investieren. Sie zogen in die Stadt. Dort war alles besser. Sie brauchten das Brot nicht selber Backen, nach einem schlechten Erntejahr nicht ums Überleben zu zittern. Nur der Wein war nicht so gut. Also sprach Iians Vater mehr dem Bier zu. Jeden Abend suchte er eine Taverne auf, während seine Frau, welche die Hemden der feinen Herren bügelte und steifte, zu Hause sass. Kehrte er ebenfalls heim war er meist schwer betrunken. Passte ihm dann etwas nicht, legte er gerne mal Hand bei Frau und Kind an. Dennoch liebte und verehrte Iian seinen Vater. Denn er war es schlussendlich auch, der ihm meist kaufte, was er begehrte und ihm schlussendlich zu einem Platz bei der Miliz verhalf. Manchmal trank der Vater eben doch mit den richtigen Männern. Iian genoss seine Macht bei der Miliz. Er erkannte, dass jeder Mann seinen Preis hatte und seiner war hoch. Doch dann gab es Umbrüche, Männer, die aufräumen wollten und er hielt es für ratsamer den Ort zu wechseln und sich eine neue Existenz aufzubauen. Er trieb Steuern ein, meist war er dabei fair, doch wenn er zu viel getrunken hatte wurde er willkürlich und brutal. Er machte sich selten Gedanken darüber, nicht einmal als er in die Augen dieses Südländers blickte, der seinem Leben ein Ende bereitet hatte. Denn in diesem letzten Moment, dachte er an eine Frau. Eine Frau, die nicht stark genug gewesen war ihn zu beschützen. Er hatte ihr immer einen Vorwurf dafür gemacht. Selbst dann, wenn es an der Zeit gewesen wäre sie zu beschützen. Das hingegen würde er nun nicht mehr können. Hätte ihn jemand genau gekannt, hätte diese Person eine leichte Trauer auf dem starren Gesicht erkennen können, doch keiner kümmerte sich darum. Zu viel Hass war in den Dorfbewohnern, währen Redsonjas erste Priorität darin bestand, sich um ihre Wunde zu kümmern. Davor galt es jedoch noch etwas in Coëns Richtung zu erwidern:
"Bilde dir darauf bloss nichts ein!" Meinte sie barsch und wies ihn dann an. "Schau, wo wir in ein Haus können. Dann brauche ich siedendes Wasser, ein Tuch und den stärksten Alkohol, den du findest."
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Wüste, weit und breit war nur Sand, Al Shedim war von ihm Umgeben und es schien kaum etwas anderes zu geben und trotz all dieser Abgelegenheit und der geringern Anzahl an Menschen die der Tempel beherbergt, hatte er es nicht geschafft sich dem Krieg zu entziehen. Es war eigentlich wirklich traurig wie weit sich Rhobars Einfluss ausgebreitet hatte wie eine Seuche und wie viel Leid und Unglück dies brachte, obwohl sie den Gott der Ordnung und des Lichtes huldigten, von dem man meinen sollte, dass er als Gegenspieler 'des Bösen' gar nicht schlecht sein könne.
"Sieht wohl so aus, als würde der Krieg von keiner Region dieser Welt halt machen! Wie gesagt, mein Bogen steht dir jederzeit zu Verfügung! Ich weiß ohnehin nicht was ich hier sonst machen sollte und um ehrlich zu sein bin ich ganz froh einen Ortskundigen getroffen zu haben. Im Wald komme ich gut zu Recht, zwar gäbe es selbst da noch gewisse Dinge die ich verbessern könnte, aber die Wüste bin ich dann doch so gar nicht gewohnt."
Alles Weitere überraschte ihn dann ein wenig.
"Kräftegleichgewicht der Katzen? Geheimnisse der Natur? Das klingt fast als wärst du auch ein Druide!? Aber dann freut es mich zu hören, dass die untereinander auch so zurückhaltend sind mit Informationen. Eigentlich ein Wunder, dass überhaupt irgendjemand irgendwann einmal etwas lernt!
Ein bisschen was können sie schon, dabei hab ich sie schon gesehen. Céci scheint sich auf Lichtkugeln spezialisiert zu haben und zwar so sehr, dass sie sie schon unbeabsichtigt niesen konnte."
Außerdem konnte sie sich noch mit der Pest anstecken und nicht daran sterben, eine Eigenschaft die ihr damals ganz schöne Probleme eingehandelt hatte, weswegen er es jetzt auch nicht unbedingt an die große Glocke hängen wollte.
"Und Suzu hatte zwar behauptet irgendein Hausmittelchen von ihrer Oma oder Tante oder was auch immer auszuprobieren, aber kein mir bekanntes Hausmittelchen kann Pflanzen in wenigen Sekunden wachsen lassen. Das oder sowas ähnliches hat sie damals gemacht, ich weiß es nicht mehr so genau, ist schon lange her."
"Um ehrlich zu sein klingt deine Mutter der anderen gar nicht unähnlich, nur eben besonders auf die Wüste ausgerichtet. Aber ich will mir nicht anmaßen über deine zu urteilen oder Vergleiche anzustellen. Du kennst sie wesentlich besser und ich weiß über meine auch gar nicht so viel. Um ehrlich zu sein hoffe ich sogar, durch diese Reise vielleicht noch mehr über sie erfahren zu können, aber das werde ich wohl noch sehen."
Was ihn darauf brachte, dass sie wohl nicht ewig hier im Zelt sitzen und über Gott und die Welten reden konnten, schließlich gab es vor allem für Maris auch Dinge zu tun.
Katzen zu füttern, oder zu verjagen, oder zu streicheln, oder was auch immer...
"Hast du einen Plan, was du als nächstes vor hast?"
Hoffentlich würde Maris die direkte Nachfrage nicht als zu aufdringlich empfinden, doch er würde dem Neugierigen schon nicht mehr sagen als er wollte. Diese Gefahr bestand bei Druiden allgemein eher selten und auch wenn der Nomade wohl noch nicht all zu lange einer war, wer weiß wie Ansteckend so etwas war.
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An Bord der Alesstyna, Hafen von Bakaresh, Varant, Provinz des Großreiches Rhobars III.
Bedrohlich tief hingen die Wolken über der Bucht von Trelis und nur der schmale Gebirgskamm - das Rückgrat der Hauptstadt Varants - schien sie davon abzuhalten ihren nassen Ballast auch über den nördlichen Städten und Siedlungen des Wüstenstaates zu entleeren. So blieb die unausgesprochene Androhung von Gewitter und Platzregen eine unglaubwürdige, während sich über Bakaresh die Mittagssonne anschickte, ihren höchsten Stand zu erklimmen.
Die Ankunft in Bakaresh, das Einlaufen in den großen Handelshafen und die Abwicklung der Formalitäten mit den Behörden war diesmal nicht seine Aufgabe. Yared hatte sich entspannt zurückhalten können und, nachdem er seine Koje unter Deck geräumt hatte, einfach nur dabei zugesehen, wie Arentin, Yareds Kollege und wohl der erfahrenste Kapitän der Handelskompanie, die Alesstyna sicher an die Pier steuerte.
Kommandos hallten über die Decks, Segel wurden gerefft und schließlich die Schebecke sicher am Kai vertäut.
Der Kapitän ohne Schiff war einer der ersten, die sich bereit machten das Schiff zu verlassen. Yared wuchtete seinen Seesack über die Schulter, dann drehte er sich nochmal kurz Richtung Achterdeck und deutete in Richtung Arentins und Ijans ein knappes Salutieren an, welches die beiden Gesellschafter der Handelskompanie erwiderten ohne dabei ihr Gespräch zu unterbrechen. Wahrscheinlich besprachen sie schon die Weiterfahrt nach Trelis und das miese Wetter im Norden.
Yared begann den Abstieg über das Fallreep. Nur Jarnik war bereits schon die Laufplanke hinabgegangen, und stand jetzt auf dem Kai neben dem Hafenmeister, um die notwendigen Abläufe zu klären. Der Zahlmeister der Alesstyna machte dabei keinen besonders glücklichen Eindruck. Was da wohl los war?
Plötzlich hörte er hinter sich eine Stimme: "Bei Beliar, die werden hier mindestens eine Woche festsitzen."
Der Kapitän wandte sich um und sah Donnathélia, die ebenfalls samt Seesack das Fallreep herunter kam, jedoch stehen geblieben war, um nicht zu fallen, während sie Jarnik und den Hafenmeister anstarrte.
"Du kannst auf die Entfernung Lippen Lesen?" Yared war nicht wenig beeindruckt.
"Sicher. Du nicht, Käpt'n?" sie sah ihn spitzbübisch grinsend an.
"Die Jugend ...", seufzte der und setzte sich wieder in Bewegung, "Und nein, die werden hier keine Woche liegen."
Donna folgte ihm. "Wieso nicht? Der Hafenmeister hat Jarnik gerade mitgeteilt, dass der König der Stadt Stapelrecht gewährt hat."
"Na und? Jarnik verzieht das Gesicht doch nur, weil er weiß, dass er dem Hafenmeister nun noch mehr zahlen muss als sonst, damit die Handelskompanie von der Stapelpflicht befreit wird."
"Aber wäre es nicht viel schlauer Gleichgültigkeit vorzugeben, um den Preis zu drücken? Warum verzieht er dann so das Gesicht?", sagte nun plötzlich eine dritte Stimme hinter ihnen.
Yared fuhr herum. Jetzt kamen auch noch Bram und Goya, der gefragt hatte, mit Gepäck die Gangway herunter. Was ging hier vor?
Der Kapitän setzte erst einmal Fuß an Land, bevor er sich wieder umdrehte und sich den dreien zuwandte, die ihm da im Gänsemarsch das Fallreep hinab folgten.
"Weil der Hafenmeister das durchschauen würde. Bakaresh hat das Stapelrecht erst seit Kurzem. Jarnik hat gerade erst davon erfahren. Wäre er jetzt davon sonderlich erbaut, müsste er entweder nachweisen, dass er es schon wusste und mit voller Absicht Bakaresh angefahren ist, um seine Waren hier anzubieten, - dann könnte er aber nicht kommen und Plötzlich Stapelgeld zahlen wollen. Oder ..." Yared legte ein kurze Pause ein und nahm einen Schluck aus seinem Trinkschlauch.
"Oder?", fragte Donna.
Der Kapitän wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. "Oder er würde unhöflich erscheinen, ..."
"Unhöflich? Ist diese Fratze denn nicht unhöflich?", setzte Goya vorschnell nach und verwies mit einer Hand auf den fast vor Wut schäumenden Jarnik.
" ... weil er seinen Gegenüber nicht ernst nimmt.", fuhr Yared einfach fort, "Wenn er stattdessen stinksauer wird, wird der Hafenmeister hingegen eher bereit sein, ihm entgegen zu kommen. Dann kann er selbst Jarnik das Alternativangebot einer Geldabgabe machen. Jarnik handelt ihn etwas runter und alle sind zufrieden. Der Hafenmeister, weil er Geld hat und den Glauben, dass Jarnik herumerzählen wird, dass das Stapelrecht in Bakaresh nicht zum Nachtteil der Händler ausgenutzt wird. Und unser Zahlmeister, weil er weniger zahlen muss und ums Stapeln herumkommt."
Vielleicht sollte man über eine Faktorei in Bakaresh nachdenken. Der Hafen war ohne Zweifel wichtig für die gesamte südliche See und das Tor der Fernhändler nach Varant. Mit einer Faktorei und längerfristigen Verträgen mit der Stadtverwaltung konnte man dem Stapelrecht zumindest ein Stück weit entgehen. Yared würde das Ijan mitteilen, sobald er wieder in Trelis war.
Aber jetzt interessierte ihn etwas anderes. "Was macht ihr da überhaupt?"
"Ich folge dir, Käpt'n.", meinte Donna verschmitzt.
"Das sehe ich. Und die beiden? Sind das nur deine Gentleman und Gepäckträger?"
"Nein, das ist unser Zeug.", antwortete Bram, "Ijan hat uns dir unterstellt."
"Als was?" Yared wollte die Wüste nach Sianna durchkämmen. Allein das war doch schwierig genug. Warum meinte Ijan, er hätte jetzt auch noch Bedarf, Babysitter zu spielen?
"Wir sind die designierten Deckoffiziere des neuen Schiffes. Deine neue Crew, Käpt'n." Donna wuchtete ihr Hab und Gut neben dem Kapitän auf die Pier.
Ach deswegen das ständige Käpt'n. Na das konnte ja spaßig werden, mit denen als Deckoffizieren. "Und warum wartet ihr dann nicht in Trelis oder Silden auf meine Rückkehr? Ich dachte du hättest nach so vielen Monaten auf Argaan etwas Urlaub bei deiner Familie verdient, bevor du einen neuen Posten zugeteilt bekommst, Donna. Und die beiden können sich doch garantiert auch schöneres vorstellen, als ein paar Wochen Urlaub unter der gleißenden Wüstensonne."
Goya zuckte mit den Achseln. "Teambildende Maßnahme, Käpt'n."
Yared seufzte noch einmal hörbar, schulterte dann wieder seine Habseligkeiten und winkte den dreien ihm zu folgen.
Geändert von Yared (19.04.2016 um 18:42 Uhr)
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Lago
„Den Alkohol nehme ich auch“, bemerkte Medin nur und wandte sich dann ab. Er hielt es für unklug, ein angeschossenes Raubtier weiter zu reizen, auch wenn er die Versuchung dazu nicht leugnen konnte. Stattdessen konnte er sich aber sinnvolleren Dingen widmen beziehungsweise wollten diese sich auch ihm widmen.
„Schukran, Freunde.“ Einer der Dorfbewohner war an ihn herangetreten. Er hatte eine Erdhacke in der Hand, mit der er wohl zum Schluss auf die Marodeure losgegangen war. „Wir hatten Glück, dass ihr gekommen seid.“
„Von dem Glück hat er nix abbekommen“, erwiderte der Streiter und nickte zu dem Geköpften rüber. „Ich nehme an, er war euer Vorsteher?“
„Ja. Er wollte kein Schutzgeld mehr zahlen und hatte um Hilfe nach Bakaresh geschickt. Das haben Iian und seine Bande wohl mitbekommen. Dank euch müssen wir uns darüber nun keine Gedanken mehr machen.“
„Das hättet ihr auch alleine gekonnt. Ihr ward in der Überzahl, sie hätten euch nicht alle überwältigen können.“
„Versteht, wir sind keine Krieger wie ihr.“
„Danach haben sie euren Vorsteher auch nicht gefragt.“ Sein Gegenüber blickte betreten drein, weshalb Medin sich entschied, nun doch etwas Anklage aus seinem Ton zu nehmen: „Ihr solltet euch auf solche Gefahren vorbereiten. Räuber und Banditen wird es immer geben – Leute, die euch schützen aber nicht. Wie ist euer Name?“
„Khalen. Ich bin Händler und Kräuterkundler.“
„Kräuterkundler also“, wiederholte Medin. Ihm war nur ein Kraut bekannt, das in Lago wuchs. „Khalen, so wie ihr die Hacke haltet, könnt ihr auch ein Kriegsbeil oder einen Speer halten. Sprecht mit den anderen, nehmt euch die Waffen und Rüstungen der Räuber und sorgt dafür, dass ihr keine leichte Beute mehr seid. Ihr werdet sehen, es wird nicht Lagos Schaden sein, wenn sich herum spricht, dass es ein sicherer Ort ist, der auf sich aufpassen kann.“
„So die Götter wollen, vielleicht habt ihr Recht. Darf ich eure Namen erfahren?“
„Das dort drüben ist Sumita und ich bin Coën. Wir benötigen eine Unterkunft für die Nacht und ein paar Vorräte für die Weiterreise.“
„Wohin soll es denn gehen?“
Einen Moment zögerte Medin. Wie viel sollte er verraten? Das Risiko, etwas preiszugeben, gegen die Chance, nützliche Informationen zu erhalten.
„Braga“, antwortete er schließlich.
„Dann seid gewarnt. Die Garnison dort soll sehr nervös sein, seit es in einigen Teilen des Landes Aufruhr gibt.“
„Danke für die Warnung, aber wir kommen klar.“
„Ihr sollt auch alles für eure Reise bekommen. Das sind wir euch schuldig.“
„Habt auch dafür vielen Dank. Ach, und wüsstet ihr jemanden, der nach Sumitas Verletzung sehen kann?“
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Medin beziehungsweise Coën hatte schnell eine Unterkunft für sie und ihn gefunden. Sie liess eine Öllampe aufstellen und ein Feuer entfachen. Kurz darauf kochte das Wasser. Jetzt fehlte nur noch eine Zange. Auch die wurde aber Augenblicke später gebracht. Diese Menschen hatten einen dankbaren Ausdruck in den Augen und zeigten es auch. Sie überprüfte den Tisch dort lag ein sauberes Tuch, Verbandsmaterial und sogar Schere, Nadel und Faden. Eine Flasche Schnaps stand ebenfalls daneben. Redsonja entkorkte sie und nahm einen kräftigen Schluck daraus, hielt Coën allerdings davon ab ebenfalls zu trinken. Du brauchst noch eine ruhige Hand.
"Wir müssen den Bolzen abbrechen, damit ich aus der Rüstung komme."
Wies sie an und liess Medin die Zange halten, während sie den Bolzen davor abbrach. Es tat höllisch weh, doch sie biss auf die Zähne und bald ragte nur noch ein kleines Stück aus der Rüstung heraus. Medin indessen wollte sich nun erklärter Massen nochmals umschauen, ob sie endlich jemanden mit medizinischen Fähigkeiten gefunden hatten. Die rothaarige Kriegerin war froh darüber. So hatte sie wenigstens ihre Ruhe. Vorsichtig begann sie die Rüstung abzulegen. Es war kein Problem bis auf den Brustpanzer, doch auch diesen schaffte sie unter einigem Ächzen und Stöhnen zu entfernen. Dann galt es die Spitze aus der Brust zu entfernen. Vorher kochte sie die Tücher ab und legte sie bereit. Sie steckte sich einen Lappen in den Mund, um sich nicht auf die Zunge zu beissen. Da sie genug Gewebe besass, dass keine lebenswichtigen Organe davon betroffen sein konnten, setzte sie einfach erneut die Zange an und riss die Spitze heraus. Der Schmerzensschrei wurde vom Lappen erstickt. Sie spuckte das Ding aus und machte sich daran die Wunde auszuwaschen. Dabei wurde ihr beinahe schwarz vor Augen und sie musste kurz inne halten. Ein weitere Schluck Schnaps war angebracht. Zur Sicherheit nahm sie allerdings gleich drei. Sie wusch weiter, desinfizierte dann ihren nachtschwarzen Dolch in der Flamme und säuberte damit noch den Rand der Wunde. Da am Bolzen allerdings noch alles dran war und auch die Rüstung nicht gesplittert, waren keine grösseren Fremdkörper in der Wunde zu erwarten. Trotzdem spülte sie noch mit Schnaps nach. Obwohl sie den ungern für die Wunde hergab. Aber sie hatte schon zu viele Kameraden an Wundfieder sterben sehen, sodass sie das ziemlich ernst nahm. Schlussendlich krümelte sie ein paar Kräuter aus ihrer Beuteltasche, kaute diese und legte sie auf die Wunde. Dann legte sie ein gefaltetes und abgekochtes Tuch darüber und wickelte das ganze mit der Binde fest. Darauf hin zog sie das mit Blut durchtränkte Hemd wieder an, nahm die Flasche an sich und liess sich erschöpft aufs Bett gleiten.
Etwas später kam Coën zurück. Er hatte niemanden gefunden, der sich mit Heilung wirklich auskannte. Die einzige, die dafür in Frage gekommen wäre, war die Frau des Verstorbenen und diese war nicht in einem Zustand, sich um jemanden zu kümmern. Redsonja wollte schon mit den Schultern zucken, doch durch fuhr sie ein stechender Schmerz. Stattdessen zog sie bloss die Mundwinkel nach oben.
"Ich bin lange genug mit Menschen gereist, die alle paar Monate einmal zusammengeflickt werden mussten."
Entgegnete sie und reichte ihrem Begleiter den Schnaps.
"Alles erledigt."
Entgegnete sie zufrieden, aber mit leicht glasigen Augen.
"Trink. Trink du auch, dann wirst du vielleicht mal etwas entspannter."
Sie grinste. Eher gefährlich als freundlich und musste innerlich Schmunzeln. Sumita und Coën verstanden sich vielleicht gar nicht so schlecht. Aber Redsonja und Medin würden niemals Freunde werden.
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"Also gut." Viraya lächelte und begann, während sich Gioja auf ihren Schoss setzte und gespannt zu lauschen begann. "Es war einmal eine rothaarige Kriegerin..."
Doch weiter kam sie nicht, denn das Mädchen unterbrach sie.
"Ich möchte aber keine Kriegerin, ich möchte lieber eine Prinzessin und rote Haare finde ich auch doof."
Viraya schmunzelte, denn sie hatte sich eben eine rothaarige Kriegerin vorgestellt gehabt.
"Dann ist es also eine Prinzessin mit blauen Haaren."
"Aber blaue Haare gibt es gar nicht." Warf Gioja erneut ein.
Viraya: "Da bist du aber falsch informiert. Natürlich gibt es Prinzessinen mit blauen Haaren. Genau genommen eine einzige. Sie wurde in einem fernen fernen Land geboren."
Gioja: "Wie fern?"
Viraya: "Soooooooooooooooooooooooooooo weit weg. Wenn du hundert mal von Vengard bis zu dem Hof deiner Eltern gehst, dann bist du dort."
Gioja: "Aber da ist das Meer."
Viraya: "Natürlich ist da das Meer, doch hinter dem Meer ist wieder Land. Es gibt Schiffe, die einen dorthin bringen können. Stolze Kähne mit grossen Masten und weiten Segeln. Wenn der Wind hinein bläst, dann blähen sich die Segel auf und das Schiff beginnt sich auf dem Wasser du bewegen. Schnelle Schiffe."
Gioja: "Und was ist jetzt mit der Prinzessin?"
Viraya überlegte fieberhaft, als ihr Giojas Mutter zu Hilfe kam.
"Kind, es ist spät. Auf ins Bett."
Sie wollte nichts vom Protest ihrer Tochter hören.
"Ich erzähle dir die Geschichte ein andermal zu Ende." Versprach die ehemalige Schwarzmagierin und stellte Gioja auf die Beine. "Bis dann. Aber nur wenn du mich nicht wieder erschreckst."
"Versprochen!"
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Skeptisch blickte Medin auf die Flasche. Das hätte sie wohl gern, dachte er erst, aber dann entschied er, dass das vielleicht doch keine so dumme Idee war. Also nahm er die Flasche entgegen und gönnte sich einen Schluck. Natürlich keinen zu großen, aber etwas Entspannung hatte er auch nötig.
„Vorräte haben wir für den Rest der Wüste genug. Khalen meinte nur, dass wir in Braga aufpassen sollten. Aber alles in allem können wir morgen früh beim ersten Licht weiterreisen.“
Der Paladin spielte mit der Fingerspitze am Knauf seines Schwertes, das neben der Liege, auf der er saß, lehnte.
„Glaubst du, dass du längere Märsche überstehst?“, fragte er dann unverblümt und ohne Häme. Davon hing schließlich auch viel für ihn ab. Er brauchte sie wahrscheinlich, durfte sich von ihr aber auch nicht ausbremsen lassen. Allerdings schien sie sich wirklich gut um die Verletzung gekümmert zu haben. Gestandene Soldaten hätten das wahrscheinlich nicht so souverän hinbekommen wie sie.
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Sie wunderte sich jeden Tag erneut darüber, wie ein solches Land, dass nur aus Sand zu bestehen schien, solch eine magische Energie haben konnte. Äußerlich wirkte es so, als wäre dieser Ort kein Lebensraum für Tiere und Pflanzen, wenn man jedoch genauer hinsah, wenn man magisch fühlte, sah und spürte man die Existenz des Lebens, das auch hier kreuchte und fleuchte.
Trotz dieser Faszination, die von diesem Ort ausging, verspürte Suzuran schon jetzt die Sehnsucht nach der Heimat immer stärker werden, jedoch lag der Zeitpunkt der Rückkehr noch in weiter Ferne. Si e waren ja schließlich erst angekommen. Maris hatte sich seit der Ankunft selten blicken lassen und wenn er es tat, bestand er darauf etwas über die geheimen Kräfte zu erfahren, die tief in ihm verborgen lagen und über deren ganzes Ausmaß er sich wahrscheinlich noch keine Vorstellung machen konnte. Beide Frauen hatten ihn die letzten Male zurückgewiesen und ihn darum gebeten sich noch ein paar Tage zu gedulden.
Suzuran hatte sich in seiner Abwesenheit mit der eigenen Magie beschäftigt, mit den Dingen, die selbst noch in ihr verborgen schlummerten. Magische Möglichkeiten, die sie zwar kannte, weil sie einen Teil durch Ornlu erlebt hatte, jedoch noch nie selbst angewandt hatte. Wie oft hatte der spitzbübische Druide sie mit Düften aus dem Schlaf gelockt, die die leckersten Speisen versprachen und sich dann doch nur als Illusion herausstellten. So oft hatte sie es auch miterlebt, wie er diese Art von Magie wirkte, um andere zu täuschen. Es war faszinierend, dass es möglich war, allein mit der Kraft der Gedanken den Fluss der Magie so zu steuern, dass der Duft von frisch gepflückten Erdbeeren in der Luft lag. Einige Male hatte sie das Gedankenexperiment schon durchgespielt. Ein riesiges Erdbeerfeld mit Pflanzen an denen die größten Erdbeeren hingen, die sie je in ihren Träumen gesehen hatte. All diese Vorstellungen formten die Magie, die sie wirkte. Der süße Duft, die rote Farbe, der erfrischende Geschmack, der so einzigartig und für sie der beste Geschmack auf Erden war. Sie hatte ihre Magie in den Anfängen zum Duften gebracht, jetzt jedoch war dieser Duft intensiver geworden, je länger sie an dieser Vorstellung gefeilt hatte. Fast traurig ließ sie den Magiefluss versiegen, schnupperte noch einmal, ehe nichts mehr von der Süße der Erdbeeren zu riechen war.
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Sie hatte nur genickt in der der vergangenen Nacht, dann hatte sie Coën mit der Flasche alleine gelassen und war in einen schweren, leicht trunkenen Schlaf gefallen. Aber wenigstens vermochten sie die Schmerzen nicht zu wecken.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, war ihr Begleiter nicht im Haus. Er war wohl noch immer vorsichtig. Schade. Zu schade. Dachte sie und grinste. Dann versuchte sie sich zu erheben. Ihr Schädel brummte leicht und sie verinnerlichte erstmals etwas Wasser. Dann etwas mehr und haute oben drauf nochmals einen Schluck Schnaps. Dann wechselte sie den Verband. Das Schwierigste war allerdings die Rüstung wieder anzuziehen. Diese brauchte davor noch zwei Schläge mit einem Hammer, dass das Durchschussloch nicht noch auf die Wunde drückte. Sie erledigte das notdürftig und wusste jetzt schon, wem ihr erster Besuch in Setarrif gelten musste. Die Schnapsflasche - genauer genommen was davon übrig blieb - verstaute sie ebenfalls in ihrem Rucksack. Dann suchte sie Coën. Er hatte sich bereits um alles gekümmert und schien sich nur noch mit einigen der Dorfbewohner zu unterhalten.
"Ich bin fertig."
Bemerkte sie, war aber nicht sicher, ob sie den Marsch wirklich so gut überstehen würde. Aber eines war klar, wenn sie ihn nicht überstand, dann Medin ebenso wenig. So machten sich die beiden auf den Weg. Jeder in seinen Gedanken.
"Was machen wir in Braga?"
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