-
25.04.2014 23:22
#161
>>Trockene Kleidung ist mir im Moment allemal lieber<<, beschied Harivald grinsend.
Auch Esteban war folglich einverstanden und machte sich auf sie Suche nach geeignetem Brennholz, mit dem der Gefährte dann ein wärmendes Feuer erzeugen würde. Harivald beschloss indessen, eine geeignete Feuerstelle ausfindig zu machen, denn selbst das trockenste Zweiglein ließ sich nicht entzünden, wenn der Ort feucht oder besonders windig war.
Es dauerte eine Weile, bis er eine Nische am Waldrande fand, die allen Kriterien entsprach und auch Esteban kehrte wenig später mit einem Stapel zusammengeflochtener Hölzer zurück.
>>Wo hast du das Band her, Esteban?<<, wollte Harivald wissen.
Als dieser nur mit dem Kopf in entgegengesetzter Richtung nickte, hakte der Jüngere der beiden Passanten nicht weiter nach, sondern nahm das Holz mit einer dankbaren Geste entgegen und nach kurzem Prozedere fing es an, unter der einfachen Konstruktion zu züngeln und zu knistern. Esteban reichte Harivald seinen Wanderstab, an dem bereits seine einfachen Klamotten aufgehangen waren und dieser folgte seinem Beispiel. Anschließend hielt er die provisorische Wäscheleine über das Feuer. In dem Moment, in dem er einfach bewegungslos in die Flammen starrte, regte sich was in seinee Seele. Diese Hitze, diese Kraft, diese Ausstrahlung und die miteinander harmonisierenden Farben. Es besaß Macht, dieses Element, das der Mensch zwar zu rufen vermochte, aber im schlimmsten Falle nicht zu bändigen wusste, denn es besaß einen eigenen Willen, das Feuer. Er spielte mit dem Gedanken, wie es wohl wäre, als Magier des Feuers dazu auserkoren zu sein, Glut und Flammen als Werkzeugen seiner eigenen Stimme untertan zu machen. Ein wahrhaft beschönigender Gedanke.
Esteban riss ihn aus seiner Traumwelt, indem er ihn rüde in die Seite knuffte und dabei neutral auf die Wäsche zeigte. Harivalds Hemd hatte Feuer gefangen.
>>Beliar!<<, schimpfte der Getroffene, während er unter Fußtritten bereits die Flammen auszulöschen versuchte.
Geändert von Harivald (25.04.2014 um 23:25 Uhr)
-
»Spaß und Spannung?«, antwortete der Barde auf Ringelblümchens Wunsch.
»Das bekommst du sicher am besten beides in Thorniara. Ich finde es immer spannend, den Leuten dort zuzusehen. Zum Beispiel im Hafen. Da segeln Schiffe aus aller Herren Länder heran. Was mögen sie wohl geladen haben? Welche Geschichten und Abenteuer haben die Mannschaften erlebt? Und dann kommen die Lastenträger an, um das Schiff zu entladen:
Über schmale Planken schreiten,
Gurgelnd Wasser an den Seiten,
Sie, und müssen sich noch bücken,
Schwere Lasten auf dem Rücken«,
reimte er aufs Geratewohl.
»Oder im Innostempel, wenn die Priester die Gebete und Gesänge an Innos richten.«
Er äffte mit tief verstellter Stimme und ganz langsam, ernst und feierlich singend deren Choräle nach:
»Oh Innos, großer Welterlöser,
Allumfassend deine Macht.
Unsere Posaunenbläser,
Machen Krach bis in die Nacht«,
Dumak lachte über sich selbst.
»Oder zum Markttag, wenn alle Bauern aus der Umgebung in die Stadt strömen, um ihre Waren zu verkaufen und alle Handwerker auch und dazwischen die Kaufherren aus den fernen Ländern mit ihren seltsamen Waren. Gewürze haben die ... die duften ganz wunderbar und fremdländisch. Und sie sind unverschämt teuer. Oder die Arena, die sie dort haben. Da finden manchmal Kämpfe statt. Oder öffentliche Gerichtsverhandlungen. Und die vielen Gasthäuser erst ...«
Ringelblümchen hatte ihre Krone zum letzten und endgültigen Mal verloren und dankte ab.
»Schade, du warst eine viel lustigere Königin als der olle Rhobar. Und auch dieser Ethorn, der in Setarrif sitzt, scheint ein rechter Griesgram zu sein. Kein Wunder, daß die sich so streiten und im Krieg miteinander liegen. Haben Könige wohl so an sich. Komische Sache, das«, befand Dumak.
Dann blieb er stehen, denn sie kamen an eine Wegkreuzung.
»Wenn wir jetzt den Weg nach Osten nehmen, kommen wir nach Stewark«, erklärte er mit dem fundierten Wissenschatz eines nie Dagewesenen. »Das ist ein Nest von einer Stadt. Haben die Paladine vor ein paar Monden erobert. Sollen dabei irgendwelche Orks vertrieben haben, wird auf den Straßen erzählt. Hab's noch nie bis dorthin geschafft.«
Er wandte sich nach Norden.
»Wenn wir aber diesem Weg hier folgen, dann kommen wir nach Thorniara. Dort ist viel mehr los -- gibt ja auch viel mehr Leute dort«, stellte er fachmännisch fest.
»Außerdem verdien ich da mehr mit meinem Gesang.«
Er schaute das junge Mädchen an.
»Wo möchtest du also hin? Ich komme auf jeden Fall mit dir mit!«, versprach er. Ob sie das überhaupt wollte?
»Mhm, wo kommst du eigentlich her? Und kannst du irgendwas tolles? Irgendwas, was die Leute mögen und wofür sie Geld zahlen? Tanzen vielleicht? Ich mein, womit verdienst du überhaupt dein Geld? Vielleicht bist du ja in Wirklichkeit eine geheimnisvolle Magierin und zauberst dir Geld und alles einfach so herbei?«
So viele Fragen ... da wurde Dumak ganz grüblerisch und kratzte sich am Kopf.
-
 nomina nuda tenemus
Ehe Esteban etwas tun konnte, hatte Harivald jedoch die Flammen schon gelöscht. Ein Brandloch blieb aber als bleibende Erinnerung an diese Unachtsamkeit übrig.
»In Thorniara gibt es genug Schneider, die Euch ein neues Hemd verkaufen werden -- so Ihr sie denn bezahlen könnt«, schränkte er seinen Trost ein.
»Brechen wir auf. Nur trockene Kleidung brennt. Euer Hemd war also trocken.«
Er nahm die restliche Kleidung vom Feuer und trat die Flammen endgültig aus, zerstreute die Glut und bedeckte sie mit Erde, damit nicht doch noch ein Feuer im Wald ausbrach. Denn Harivald hatte eben erst darauf hingewiesen, daß das Feuer sehr leicht unbeherrschbar werden konnte. Aus diesem Grund war Vorsicht geboten.
Sie warfen ihre Mäntel und Kutten wieder über, wanderten weiter und ließen den Wald wirklich wie vorausgesagt bald hinter sich. Felder schlossen sich an und ein kleines Dorf, dessen Hütten bis unter die Stadtmauer reichten.
»Ah, da wären wir«, erkannte Esteban. Auch er war hier noch nie selbst gewesen, sondern hatte sich nur belesen über die Natur des nördlichen Inselteils.
Rechts von ihnen, zwischen den Türmen des Stadttores und den Berghängen sah man über die Zinnen der Mauer hinweg die Burg des Königs aufragen. Besonders ein dicker, hoher und besonders trutzig wirkender Turm ragte hoch hinaus.
»Dies ist also Thorniara«, meinte Esteban mehr zu sich selbst als zu seinem Begleiter.
»Laßt uns am Tor um Einlaß bitten«, schlug er dann vor. »Ich denke nicht, daß wir große Schwierigkeiten haben sollten. In so einer großen Stadt gibt es sicher einen regen Verkehr, was Besucher angeht, so daß wir sicher nicht lange aufgehalten werden.«
-
Nördlich des Orkwaldes
Madlen hatte sich von der Gruppe getrennt, nachdem sie sicher den Orkwald verlassen und diesen eine Tagesreise hinter sich gelassen hatten. Als sie schließlich ausbezahlt wurde, begab sie sich an den Rand des Weges und schlug dort ihren Lagerplatz auf. Schließlich konnte die junge Frau nur warten und nachdenken. War es wirklich klug nach Stewark zurückzukehren? Vielleicht wurde sie dort gesucht oder zumindest jemand, der so wie sie aussah?
Langsam schüttelte sie den Kopf, während ein Hase über dem Feuer röstete. Fast musste sie lachen. Sie konnte kämpfen, ob mit einem Schwert, einem Messer oder einer Axt, doch ihr Abendessen war schwerer zu erwischen, als sie gedacht hatte. Eine halben Tag musste sie für dieses kleine Stück verschwenden. Zeit, die sie sonst sinnvoller verbringen könnte. Dadurch war sie gezwungen nahe dem Weg ihr Lager aufzuschlagen. Gefährlich, wohl wahr, aber das ließ sich nun nicht mehr ändern. Feuer hielt zumindest wilde Tiere ab und so musste sie sich nur um kleinere Krabbeltiere und Räuber Sorgen machen. Normalerweise waren Erstere das größere Ärgernis, denn die meisten Menschen wagten sich nicht so nah an den Orkwald. Selbst wenn ihre Not noch so groß war.
Ihre Kapuze über den Kopf gezogen – es war einfach reine Gewohnheit -, blickte sie gedankenverloren in die Flammen, während die Dunkelheit um sie herum wuchs und stärker wurde. In der Ferne hörte man einen Wolf heulen, ein zweiter und ein dritter antworteten kurz darauf. Das Feuer war die einzige Lichtquelle, denn der Himmel war bedeckt, selbst der Mond kam nicht durch. Das machte den Gesang der wilden Tiere noch beängstigender. Wieder schüttelte Madlen ihren Kopf. Sie war es einfach nicht mehr gewohnt, allein in der Wildnis zu sein. Immer wieder trieben ihre Gedanken ab, streiften in die Heimat und konzentrierten sich nicht auf ihre Umgebung.
Das Knacken war schon viel zu nah. Viel zu langsam reagierte die junge Frau, sprang auf Aynur in der rechten Hand und der linken ein Wurfmesser, dabei wallte wild ihr Mantel mit. Ihr Schild war ein paar Schritte entfernt an einen Baum gelehnt. Zu weit weg, um schnell greifbar zu sein. Dann sah sie langsam finstere Schatten auf sich zukommen. Seltsam bekannt und doch völlig fremd, denn ihre Augen waren immer noch geblendet vom Schein des Feuers und konnte die Dunkelheit nicht durchblicken…
-
"Bleibt hinter mir. Und achtet auf Euren Gaul", hörte yinnesell den Alten sagen, wärend ihrer beider Blick sich auf ein scheinbar menschliches Objekt konzentrierte, welches dank dem Feuerschein aus der Dunkelheit heraus stach. Jun, das Pferd der Dunkelhäutigen schien die Anwesendheit des Fremden weniger zu beeindrucken, als yinnesell und den Alten, denn er zeigte kaum Nervosität. Interesse schon, aber nein... Nervosität war das nicht. Das war eher ein artiges Laufen auf einen Menschen zu, der da im Feuerschein stand und je mehr yinnesell und der Alte sich näherten, umso mehr änderte sich auf das innere Gefühl in der Herzgegend der einstigen Tänzerin. Nicht verstehend, woher die aufkommende Freude stammte, verstand yinnesell mit einem Mal die Art des Gefühls, etwas Bekanntes zu erblicken und doch dauerte es noch Schritte weiter, ehe die vermummte Gestalt yinnesell irgendwie an etwas Bekanntes erinnerte.
Erfüllt von diesem Gefühl bemerkte yinnesell die steigende Anspannung des Alten nicht, der eine Hand auf dem Schwertknauf ruhen lies und sie bemerkte die gelernte Abgebrühtheit nicht, die es dem Alten möglich machte, auch in gefährlichen Situationen immer noch einen klaren Kopf zu behalten.
"Wir reisen in friedlicher Absicht und werden Eure nächtliche Ruhe nicht stören", sprach der ältere Mann, wohl bereit, die fremde Gestalt einfach links liegen zu lassen, doch yinnesells steigendes seltsam bekanntes Gefühl überwiegte den Willen des Alten.
"Wartet", sprach sie, unterbewußt auch den Geruch des gebratenden Tieres vernehmend. Ja, hunger hatte yinnesell nebenbei bemerkt auch noch.
Und noch ehe yinnesell deutlich machen konnte, das sie die Fremde zu sprechen wünschte, machte der Hengst sich urplötzlich selbstständig und zog arg an den Zügeln.
-
Madlen war schockiert gewesen, nachdem die Fremden immer näher gekommen waren. Keine Angst, die konnte sie schon lange nicht mehr fühlen. Nein, vielmehr war es ein Gefühl des Fallens. Zurück in die Vergangenheit. Zurück zu Dingen, die sich gar nicht mehr fühlen wollte. Unwillkürlich festigte sich ihr Griff um das Schwert und auch ihr Wurfarm machte sich bereit.
Dann mit einem Mal schob sich ein Pferd, wie es kein zweites gab, in den Lichtkegel des Feuers. Dessen Zügel wurden von einem Fremden gehalten, der ihr aber gänzlich unbekannt war. Das Tier kam auf die junge Frau zu, schnüffelte kurz und gab ein leises Wiehern von sich. Die Fürstin kannte es. Doch lange ist es her, dass sie dieses Geschenk gemacht hatte. Sehr lange. Zu lange, denn zu viel war seitdem passiert. Madlen hatte Panik, sich dem dritten Schatten zuzuwenden. Panik davor, was es auslösen würde. Deshalb streichelte sie dem Pferd sanft über den Kopf und gab schließlich eine Antwort auf die Aussage des Fremden: „Eine nächtliche Ruhe kann man nur stören, wenn sie denn vorhanden ist. Zu dieser Zeit sollte aber niemand mehr reisen, deshalb gesellt euch an mein Feuer und nehmt etwas von dem Hasen. Er ist gerade fertig geworden und doch reichen mir heute ein paar Beeren und die ein oder andere Wurzel. Es wäre aber schade, das Tier verkommen zu lassen. Also, nur zu, es gehört euch!“
Während sich die beiden Reisenden also an das Feuer setzten, band Madlen das Pferd an einen nahen Baum und ging dann langsam zu ihrem Lagerplatz zurück. Mit einer Hand auf Aynur richtete sie ihren Blick wieder in die Flammen. Es dauert lange, bis sie ihre Sprache wiederfand. In dieser Zeit hörte man nur das Schmatzen des alten Mannes, der den Hasen sichtlich genoss. „Viel Wasser ist den Berg hinab ins Meer geflossen. Menschen wurden grau, Berge verschwanden und wuchsen erneut empor. Blätter wurden gelb und braun, zerbrachen schließlich zu neuer Erde. Es ist wahrlich lange her, dass ich dich zu Letzt gesehen habe. Und dennoch bist du hier. Ein Geist aus meiner Vergangenheit. Da drängt sich mir die Frage auf: wieso bist du hier? Ausgerechnet hier, Yinne? In einer Gegend, die nicht dafür gemacht ist, mitten in der Nacht zu Reisen.“, beendet Madlen ihren Redefluss und blickte die Frau unter dem Schatten ihrer Kapuze an.
-
"Ich muss hier durch, wenn ich zum Baum will", sprach yinne der Wahrheit entsprechend und doch konnten die Worte kaum den Augenblick wieder geben, den yinne gerade durchlebte. Ihr Name gesprochen aus Madlens Mund brannte wie Feuer im Herzen und lies doch nur ein dumpfes Hallen zurück, mit dem das Feuer abflaute.
Wie oft hatte die einstige Dirne sich Situationen wie diese erträumt, die für yinne alles bedeuteten. Wie oft verspürte sie die Angst davor und wie oft zweifelte sie an, das eine Begegnung fatale Folgen haben konnte. Und jetzt war das sich einstellende Gefühl dermaßen ernüchternd, das yinnesell die Welt nicht mehr verstand. So fuhr sie fort, als würde sie einem Fremden oder nicht sonderlich wichtigem Menschen begegnet sein.
"Erstmal. Fürs Erste. Irgenwann solls dann mal zurück nach Seta gehen", sprach yinne, die im ablutschen ihrer Finger eine willkommene Ablenkung fand, um Madlen nicht anstarren zu müssen. Und dann bemerkte yinne doch, daß die andere Frau ganz alleine hier verweilte. Die Frage lag auf der Zunge, nach ihren Begleitern und dem Kind zu fragen, doch eigentlich obsiegte der Wunsch, von Madlens Leben verschont zu bleiben. Zumindest für den heutigen Abend.
"Was ist Euer Ziel?", fragte der Alte nun, sich die fettige Hand durch den ungepflegten Bart ziehend.
-
Bei den Worten von Yinne musste Madeln lächeln. Sie sprach eine schwierige Sache so leicht aus. Sie wollte zum Baum Tooshoo, zum Ort Schwarzwasser, mitten durch den Orkwald und den Sumpf und das nur zu zweit mit einem Pferd als Last. Und dann irgendwann ging es zurück ins Königreich, in die angeblich letzte freie Bastion. Es war auch nur ein Ort wieder jeder andere. Genauso staubig, matschig und falsch wie der Rest der Welt. Und doch würde Madlen das in ihrer Heimat ändern. Das goldene Tal würde wieder erblühen, so wie es einst gewesen war.
Bevor die junge Frau eine Antwort gab, schob sie sich eine getrocknete Beere in den Mund, denn zu dieser Jahreszeit gab es noch keine im Wald. Nachdem sie nachdenklich darauf rumgekaut hatte, gab sie schließlich ein paar Sätze von sich. „Mein Ziel ist fern und doch nenne ich es meine Heimat. Mein Weg bis dahin ist weit und gefährlich und doch nehme ich alles, was dort auf mich wartet in Kauf.“ Sie zuckte kurz mit den Schultern. „Für heute hab ich aber keinen Pfad mehr, den ich beschreiten muss, um an ein Ziel zu kommen. Ich warte hier auf Wanderer und biete meine Dienste an, sie sicher nach Schwarzwasser zu bringen. Und das rate ich euch auch. Wartet hier auf eine größere Gruppe. Händler, Handwerker oder vielleicht sogar Abenteurer. Denn zu zwei werdet ihr sterben. Egal, wie oft ihr diesen Weg schon gegangen seid. Niemand kann heutzutage sicher auf diesen Pfaden wandeln. Der Tod lauert hinter jedem Baum. Wir brachen zu sechst vom Sumpf aus auf und kamen zu viert an. Es waren nicht die Orks, noch waren es wilde Tiere. Es war die Unachtsamkeit, die Sorglosigkeit, die die heutigen Menschen befällt. Die Natur kann gefährlich sein und je weniger Leute in einer Gruppe sind, desto größer ist diese Gefahr. Darum lade ich euch ein, mit mir hier zu warten, bis wir genug sind. Dann verspreche ich euch, euch sicher nach Schwarzwasser zu bringen. Es ist eure Entscheidung.“ Mit diesen Worten holte sie erneut eine trockene Beere hervor und diese verschwand auch in ihrem Mund. Dann griff Madlen nach ein paar Wurzeln, stand auf und ging auf das Pferd zu. Als sie das Tier fütterte, schob sie ihre Kapuze zurück und ihr weißes Haar war nun vollständig zu sehen, tanzte im sanften, kühlen Nachtwind. Mit ihrer freien Hand versuchte sie es ein wenig in Ordnung zu bringen und zog es über rechte Schulter. Ihr Gesicht war dabei aber stets von den beiden Reisenden, die am wärmenden Lager saßen, abgewandt.
Als der Hengst fertig war, streife sich die Fürstin wieder ihre Kapuze über und kehrte zum Feuer zurück. „Nun, ich denke, es ist spät. Legt euch schlafen oder auch nicht, ganz wie ihr wollt. Ich halte die erste Wache und morgen könnt ihr eure Entscheidung dann in Ruhe treffen!“
-
Die ganze Zeit über, bei jedem Wort Madlens und bei jeder Bewegung, die die blonde Frau tat, lag die Aufmerksamkeit der einstigen Tänzerin auf ihrem männlichen Begleiter, zu dem sie nicht nur der Größe und seines Alters wegen aufsah. Er war eben der Jenige, der yinnesell die vergangenen Monate führte und der Jenige, der letztendlich alle Entscheidungen traf, auch wenn yinnesell bei allen Dingen Entscheidungsfreiheit behielt... angeblich. Und auch jetzt wartete yinnesell darauf, daß der alte Mann das Wort erhob und auch hier wieder eine Entscheidung traf und damit yinnesell etwas abnahm, was sie zum derzeitigen Zeitpunkt einfach nicht selbst entscheiden konnte.
Den Kontakt zu der anderen Frau zu halten, oder ihn wieder zu brechen.
Doch der alte Mann kaute weiter und schien alle Zeit der Welt zu haben, als er sich vom Mahl entspannt zurück lehnte.
"Tut das", meinte er und yinnesell wußte, daß er die ganze Nacht über nicht wirklich schlafen würde. Der Alte legte sein Leben nicht in fremde Hände.
-
Madlen lächelte erneut, denn sie hörte die Skepsis in der Stimme des Fremden. „Schlaft beruhigt und schlaft lange. Die Reise ist gefährlich und ihr werdet all eure Kräfte brauchen. Niemand wird es wagen uns zu stören. Die Nacht ist noch jung, aber weit und breit ist keiner zu sehen oder zu hören. Vertraut mir, mir wird nichts entgehen! Nun schlaft oder legt euch zumindest hin. Der Boden ist angenehm. So nah am Wald wächst hier viel Moos, das einen ein Bettlager sein kann, wenn man nicht allzu große Anforderungen stellt.“
Mit diesen Worten zog sich die junge Frau etwas vom Feuer zurück, um ihre Augen an die Nacht zu gewöhnen und lehnte sich an einen nahen Baumstamm. Ihr Gesicht unter der Kapuze verborgen blickte sie in die Dunkelheit hinaus und achtete unterbewusst auf jedes Geräusch. Ihre Gedanken indes schweiften ab, reisten in ihre ferne Heimat und langsam, hoffnungsvoll und leise kam ihr ein Lied über die Lippen. So wie sie es einst Vinona vorgesungen hatte.
Weiß lag ein Teil ihrer Haare über ihrer Schulter, lugte vorsichtig unter der Kapuze hervor. Auch wenn sie so ruhig und leise wie möglich zu sein suchte, so kam es ihr doch vor, als würde ihre Stimme jeden Baum und jeden Stein in ihrer unmittelbaren Umgebung durchdringen und zum vibrieren bringen.
Silber strömen die Wasser von Ost nach West,
durch der grünen Berge Täler.
Golden die Ären tanzen von Nord nach Süd,
begleitet vom sanften Sommerwinde.
Er wiegt die bunten Wiesen,
läutet der alten Glocken drei.
Kündet von alter Weisheit und schönen Liedern,
von nun an und in alle Ewigkeit.
Golden die Spitzen scheinen im späten Tageslicht,
erleuchtet von warmer Sommersonne.
Rote Kleider, grüne Mäntel, gelbe Hüte,
sie tanzen über alte Pfade.
Sie gedenken an alten Brauch,
ehren der Götter alle.
Sie künden von alter Weisheit und schönen Liedern,
von nun an und in alle Ewigkeit.
Weiß die Dächer leuchten im hellen Mondeslicht,
die grünen Täler nun im Dunkel liegen.
Die Ären, sie schlafen friedlich.
Die Mäntel und Kleider, sie nun endlich ruhen.
Die bunten Wiesen, nun grau und schwarz.
Doch der warme Wind,
kündet von alter Weisheit und schönen Liedern,
von nun an und in alle Ewigkeit.
Irgendwann, ihre Stimme war schon längst verklungen, kehrte Madlen zurück. Ihre Gedanken befanden sich wieder im hier und jetzt, reisten nicht mehr durch fremde Täler, über altes Gestein und kalte Flüsse. Dennoch schien es, als hätte die Natur ihr Lied aufgesogen, es verinnerlicht. Die junge Frau hatte das Gefühl, als würde die Erinnerung daran weiterleben und jeden Wanderer ein Stück Hoffnung geben, dass er heil und ganz sein Ziel erreichen würde…
-
Jetzt lächelte auch yinnesell. Madlen war 'gegangen', hatte yinnesell Raum zum Atmen gegeben und mit ihrer Art Ruhe verströmt, mit der auch der einstigen Tänzerin es möglich war, in sich zu ruhen und das Leben um sich herum einfach auszublenden. Und der entspannte Gesichtsausdruck wich nicht, als die dunkelhäutige Frau die Weißhaarige zurück an das Feuer kommen sah. yinnes Augen schlossen sich langsam und taten so das letzte Ding, das nötig war, sich eine Frage im Innersten beantworten zu können.
Es lag mit Sicherheit nicht nur an der vergangenen langen Zeit, sondern auch an der Anwesenheit des Alten, daß yinnesell diese alte Freundschaft nicht spüren konnte, wie sie einst mal war. Es galt nur heraus zu finden, ob man diesen Umstand bedauern musste.
-
Wälder vor Thorniara
Angespannt blickte der Späher durch das Geäst. Er war viel zu weit entfernt von gesicherten Gefilden, um tatsächlich das vorfinden zu können, was er anhand der Spuren zu verfolgen glaubte!
Fürwahr, er war viel zu weit entfernt von sicheren Gefilden, egal unter welchen Prämissen. Doch es war die Neugier, die ihn wie dereinst auf dem Festland über Wald und Flur geführt hatte. Das Gestein war der Grund für seine Streifzüge: auf der Suche nach anderen neuen Arten von Stein für zukünftige Arbeiten hatte er sich selbst an Wachposten der Morras vorbei nach Norden geschlichen - als mittlerweile erfahrener Späher ein Leichtes - und hatte sich nun gefährlich nah an die große Morra-Stadt im Norden der Insel gewagt. Tatsächlich waren es nicht einmal zweihundert Schritte bis zu einem der Dörfer im Einzugsgebiet der Stadt, doch die abgeknickten Zweige, platt getretenen Grashalme, Essensreste und Fußspuren, auf die er bei seiner Suche aufmerksam geworden war, deuteten nicht auf einen Morra hin. Die Morras fraßen kein rohes Fleisch, die Abdrücke waren zu groß und die Eindrücke in den Schlamm zu tief, um ihrer Größe und Masse zu entsprechen. Nein, das hier musste von einem Ork stammen. Doch was im Namen des Schöpfers tat ein Ork hier in diesem Gebiet? So weit er von Ama wusste, trieben sich nicht einmal die Bücklinge vom Silbersee in diesem Gebiet herum, ganz davon abgesehen, dass sie es nicht verstanden, ungesehen an der großen Burg vorbei zu gelangen! Wen also konnte es nur hierhin getrieben haben?
Vorsichtig legte Rudra die Varrok und seinen Schild in eine Erdhöhlung unter einem dichten Busch. So lange er nicht wusste, wem er da auflauerte, wollte er es sich nicht leisten gehört zu werden, und die Kampfausrüstung störte ihn dabei gewaltig. Stattdessen griff er lieber nach seiner Schleuder, seiner Meinung nach immer noch die beste Waffe für einen guten Späher. Es gab nur ein größeres Problem: die Spur endete etwa zehn Schritt vor ihm, so weit er es aus seiner Deckung heraus erkennen konnte, und von dem Ork fehlte jede Spur.
Rudra legte einen Stein in die Schleuder und wagte sich vorsichtig aus dem Versteck, während er genau die Umgebung sondierte, die Stille an diesem Ort gefiel ihm ganz und gar nicht. Sie bedeutete, dass der Gejagte ihn entdeckt hatte und genau beobachtete. Die Anspannung war förmlich spürbar.
Ein aus tiefer Kehle dringendes Geräusch des Erstaunens ließ Rudra den Blick hinauf in die Baumwipfel reißen, und aus einem Reflex heraus schleuderte er den Stein nach dem Schatten, der auf den Ästen lauerte. Mit einem dumpfen Knall stürzte der Ork zu Boden, doch einem Schattenläufer gleich schnellte er wie eine blutrünstige Bestie auf die Beine und stürzte sich auf Rudra. Der Aufprall raubte dem Späher einen Moment lang den Atem, dann realisierte er, dass der Andere ihn zu Boden gerissen hatte und nun auf ihm lag. Sie sahen sich zähnefletschend in die Augen.
Doch etwas war falsch. Rudra erkannte nicht sofort, was es war, doch dann fiel es ihm auf: sein Gegenüber trug kein Fell an seinem Körper! Es war, als blickte der Nacktork auf die spiegelnde Oberfläche eines Sees: die gleiche markante Kopfform, die gleiche Nase, das gleiche knurrende Maul... doch sein Gegenüber trug eine tiefe Narbe über das halbe Gesicht, die ihm das linke Auge genommen hatte. Rudra wusste nicht, wie ihm geschah.
"Was beim Schöpfer tust du hier!", bellte ihn der Andere wutentbrannt an. Er trug keine Kleidung bis auf einen lumpigen Lendenschurz, und das Leben in der Wildnis hatte ihn stark gezeichnet.
"Du hast hier nichts zu suchen, Weichling!"
Weichling... Mit einem Schlag fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, und seine Verblüffung war mindestens genauso groß wie die des Orks, der ihn immer noch zornig die Zähne fletschend zu Boden drückte. Nur verspürte er den untergründigen Drang zur Unterwerfung, der ihm vor langer Zeit in die Seele gebrannt worden war.
"Khara!"
Kraftvoll drückte sich der Ork von ihm ab und kam wieder auf die Beine. Fürwahr, es war Khara'Qorr. Sein Bruder.
"Was ich hier mache? Was tust du hier? Noch dazu so?"
Rudra machte sich gar nicht erst die Mühe, aufzustehen. Khara war der drittälteste Sohn seines Vaters Farok und hatte über ein Dutzend Winter mehr erlebt als der Späher. Als die beiden Brüder sich das letzte Mal gesehen hatten, war Rudra noch ein Frischling von sieben Wintern gewesen.
Ein bedrohliches Knurren entfuhr Kharas Kehle, und er kannte dessen Bedeutung gut. Der Jüngere hatte still zu sein und es tunlichst zu vermeiden, unangemessene Fragen zu stellen. Als Rudra sich schließlich doch noch erhob, stellte er fest, dass sein großer Bruder ihn an Größe und Muskelmasse deutlich überragte. Der von Narben übersähte Oberkörper deutete auf viele überstandene Schlachten hin.
"Genug geglotzt? Dann antworte mir jetzt, was du hier draußen machst, Weichling! Los!"
Rudra schreckte unweigerlich zurück, wenngleich sein Kopf ihm unbedingte Bereitschaft zum Aufstand befahl. "Ich gehöre nun einem neuen Stamm an, Bruder. Wir sind durch Himmel und Hölle gegangen und schließlich auf dieser Insel gestrandet."
"Pah, neuer Stamm... Vater sagte, er hätte dich nach einem halben Leben endlich aus dem Haus in den krieg schleifen können und dass du wahrscheinlich in einer der Schlachten als Kanonenfutter draufgegangen wärst, wie es die Pflicht eines schwachen Orks ist. Stattdessen beschmutzt du seine Ehre und die unseres Stammes selbst jetzt noch!"
Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Brüllend stürzte Rudra auf seinen Bruder zu, riss ihn zu Boden und schlug mit seinen Pranken auf ihn ein, wieder und wieder. Kharas Schädel war hart und sein Körper robust wie der aller Orks aus den Bergen von Zwach'Kartz, und so lachte Khara auch nur, als sein kleiner Bruder endlich aufhörte, auf ihn einzuschlagen.
"Hahaha, dein Schlag ist fester, als ich erwartet habe, Weichling. Du bist doch nicht etwa wirklich noch ein richtiger Ork geworden?"
Mit einer kraftvollen Bewegung hebelte Khara ihn aus und rappelte sich wieder auf die Beine.
"Trotzdem muss ich dir jetzt wehtun!"
Die folgenden Momente waren eine Abfolge ausgeteilter und eingesteckter Schläge, in der beide Brüder harte Treffer einstecken mussten. Nach einigen heftigen Hieben wussten beide nicht mehr, wie ihnen geschah; beide konnten sie nur noch daran denken, dem Bruder eine Lektion zu erteilen. Und dann war es vorbei, als sie schwer atmend und kraftlos auseinander gingen, um kraftlos nebeneinander zu Boden zu sinken. Kharas blutige Fratze blickte keuchend zu ihm herüber, ohne dass er den Gesichtsausdruck deuten konnte.
"Respekt... Rudra..."
-
Rhythmisch klackend setzte Sir Briegs Pferd einen Huf vor den anderen und trabte durch die dunkle Nacht. Hinter ihm folgten noch 5 Soldaten aus Stewark die ebenfalls alle beritten waren. Er war am Abend aus Stewark aufgebrochen, um seinen Brüdern in Thorniara zu helfen. Scheinbar war die dortige Seuche schwerer zu kontrollieren, als es zuerst den Anschein hatte. Deshalb hatte er sich entschlossen sie zu unterstützen. Er hatte nach einer Eskorte gefragt, die man ihm als Ritter auch gewährt hatte, auch wenn das wohl eher Standesdünkel war, als tatsächliche Sorge um seine Sicherheit. Zu Pferde wären die Männer allerdings schnell wieder daheim, sodass kaum einer ihre Abwesenheit überhaupt bemerken würde.
Gerade als sich der Ritter fragte, ob es nicht doch gereicht hätte allein zu reisen, drang wildes Gebrüll aus einem nahen Waldstück, das die Truppe gerade passierte. Sofort zog er die Zügel an und brachte sein Pferd zum Stehen, bevor er aufmerksam in die Nacht lauschte.
"Waren bestimmt nur Bären, die sich um ihr Territorium prügeln.", sprach einer der Soldaten und erhielt die Zustimmung seiner Kollegen, doch nicht die des Ritters. Dieser hatte den Schrei erkannt. Das waren keine Bären.
"Orks.", murmelte Sir Brieg und stieg von seinem Ross ab. Nach einem kurzen Blick in die skeptischen Augen seiner Begleiter, wies er sie an ebenfalls abzusatteln.
"Aber für Orks sind wir zu weit im Norden, der Wald liegt viele Meilen südlich von hier. Unmöglich dass sich ein Ork soweit...", begann einer der Männer zu widersprechen, doch der Ritter brachte ihn mit einer kurzen Handbewegung zum Schweigen.
"Ich würde diesen Schrei unter Tausenden erkennen. Glaubt mir, das war ein Ork. Du da! Bewach die Pferde, der Rest kommt mit.", befahl der Sir in harschem Befehlston, bevor er seine Armbrust vom Sattel seines Reittiers schnallte.
Mit wenigen Handgriffen spannte der geübte Schütze seine Waffe und legte einen Bolzen auf. Ein kurzer Blick zum Himmel versicherte ihm, dass sie keine Fackeln brauchen würden, das Mond- und Sternenlicht würde ausreichen. Dann führte er seine Truppe in Richtung Wald.
Während sie so leise wie möglich durchs Gestrüpp schlichen, alle Sinne geschärft, hielten sie immer wieder an, um ins Dickicht zu lauschen. Immer wieder hörten sie vereinzeltes Gebrüll und sie näherten sich langsam dessen Ursprung. Als sie scheinbar schon ganz in der Nähe waren und die vermeintlichen Orks vor sich vermuteten, wies der Ritter die Männer mit einer knappen Handbewegung an die Feinde die Zange zu nehmen.
Vorsichtig schlich er mit der Armbrust im Anschlag weiter, während seine Männer die Flanken übernahmen. Behutsam schob er einen Ast beiseite, um die eine freie Sicht auf seine Feinde zu bekommen. Zwei Orks konnte er sehen, doch gerade als er auf einen anlegte stockte er.
Mit Gebrüll stürzten sich die barbarischen Wesen plötzlich aufeinander und prügelten aufeinander ein als gäbe es kein Morgen mehr. Sie waren so abgelenkt, dass sie nicht bemerken konnten wie die anderen Soldaten bereits Stellung um sie herum bezogen hatten. Wenn der Ritter jetzt den Befehl gab, wären die Zwei in Sekundenschnelle tot. Doch er entschied sich anders.
Gerade als die beiden Orks erschöpft von einander abließen, trat er aus dem Gebüsch heraus und gab sich zu erkennen.
"Im schwöre bei Innos, wenn sich einer von euch bewegt, ist er tot!", brüllte der Ritter und zielte dabei auf den Größeren der Beiden, während seine Männer ebenfalls aus dem Unterholz preschten und mit erhobenen Waffen um die Orks Positionen bezogen. Scheinbar war auch den beiden Kreaturen rasch bewusst, dass sie, erschöpft wie sie waren, keine Chance hatten. Trotzdem galt oberste Vorsicht.
"Wieso töten wir sie nicht? Jetzt sind sie unterlegen!", plärrte einer der Soldaten.
"Nein!", befahl Sir Brieg. "Das sind nur Späher. Die Frage ist allerdings was sie ausspähen. Ich bezweifle, dass sie uns das mitteilen werden. Zumindest freiwillig.", erklärte der Ritter und dachte einen Moment nach. Wenn diese zwei nur die Vorhut einer größeren Truppe waren, dann mussten sie das erfahren.
"Fesselt sie. Wir bringen sie nach Thorniara, dort wird man sich um sie kümmern. Aber Vorsicht, der da scheint bissig.", sprach der Ritter und fixierte mit seinen Augen den Größeren der Beiden.
Grimbar
-
Lehrling
„Ich bin in den Hügeln südlich von Stewark aufgewachsen, auf einem der Höfe. Dort haben wir neben der Feldarbeit Körbe geflochten, die wir dann verkauft haben. Ist Körbeflechten toll genug?“ Das Mädchen legte den Kopf ein bisschen schief, als es darüber nachdachte „Ne, wohl nicht wirklich. Und Geld kann ich leider auch nicht herbei hexen– obwohl das wirklich obertoll wäre.
Was das Tanzen angeht: bei den Festen am Ende der Ernte haben wir immer im Reigen getanzt, aber alleine? Habe ich nie ausprobiert... “ schnell hatte sie sich die Schuhe von den Füßen abgestreift. Versuchsweise streckte sie sich, hob die Fersen und drehte sich um sich selbst, so schnell dass sich der Rock ihres Gewandes bauschte – erst in die eine, zwei Hüpfer, dann in die andere Richtung, so lange, bis ihr schwindelig wurde, sie aus dem Takt kam und auf die andere Seite des Weges taumelte bei dem Versuch, nicht hin zu fallen. „Na, auf alle Fälle braucht es dafür noch ein bisschen Übung.
Und ich glaube, ich möchte nach Thorniara.
Stewark ist zu nah dem, von wo ich herkomme. Ich würde viel lieber eine große Stadt mit vielen Menschen und Märkten sehen. Ist es noch weit bis da hin?"
-
Stewark
Stewark. Wow. Was für eine Stadt. Quasi eine Stadt auf der Spitze eines Felsen, gebaut auf den Resten einer älteren Stadt. Ein wenig erinnerte der Anblick an einen großen, steinernen Bienenstock. Nur wimmelten darin Menschen, keine riesigen Bienen. Zum Glück, denn bewaffnete, mannshohe Bienen wären eine durchaus schwer zu schlagende Truppe. Während Rhobar ins Wasser blickte, zog Draal das Fass aus dem Wasser und rollte es am steinernen Kai entlang, der Platz für einige Boote hatte, jedoch niemals für ein ganzes Schiff. Da Draals Boot aber letztendlich nur ein Fass war, ließ sich schnell ein Ort finden, um es zu verstauen. Zwischen anderen Fässern. Die perfekte Tarnung. Der Bergmann stemmte die Hände in die Hüfte und grinste Rhobar an.
"Tja, da fällts nicht auf. Und wir können immer wieder rankommen, ohne das wir den armen Leuten hier ihren Platz wegnehmen.", erklärte er seinem Hund, der mit dem typisch-tierischen Unverständnis zu ihm aufblickte. Genauso gut hätte er auch von Astronomie, Bergbau, abstrakter Kunst oder dem Wetter sprechen können. Doch das mochte er an seinem Hund. Der hielt seine Meinung zurück und ließ ihn einfach plappern. Das war vielleicht nicht immer gut, aber Draal mochte es.
"So, nehmen wir mal die Treppen nach oben. Mal sehen, was Stewark zu bieten hat."
Weiter oben angekommen, nämlich auf der Hauptebene des Ortes, trat ein Wachmann in stählerner Rüstung auf ihn zu, ging in Grundstellung und versperrte ihm den Weg mit der Hellebarde.
"HALT, STEHENBLEIBEN!"
"Aber ich steh doch schon ..."
"RUHE! WAS TREIBST DU HIER, FREMDER?!"
"Ich ... äh ... bin gerade angekommen"
"DURCHS TOR?!"
"Nein, mitm Boot"
"WAS ZU VERZOLLEN?!"
"Äh ... nein, nichts. Leider keinen Zollstock zur Hand, Herr"
"MACH KEINEN ÄRGER, ABGANG!"
Mit weit ausfallenden Schritten marschierte der Stadtwächter weiter. Draal rieb sich die Ohren. Das mochte er nicht am Militär. Immer schrien sie. Das war zwar auf weite Entfernung gut, jedoch wenn man gerade mal zwei Fuß von jemandem entfernt stand, konnte das durchaus für Ohrenschmerzen sorgen. Aber ansonsten gefiel das Draal. Schwerter, Rüstungen, das sorgte für Ehrfurcht. Wie die Paladine früher. Die hatten glänzende, ordentliche Rüstungen getragen. Die Orks jedoch auch, nur waren die weniger schön, dafür imposanter gewesen. Draal schätzte, dass man den Wert eines Kriegers an seiner Rüstung abschätzen konnte. Wie bei Minecrawlern. Die einfachen Minecrawler waren meist Futter für die Gardisten und vereinzelten Templer in der Mine geworden. Die schwereren, gepanzerten Minecrawler jedoch hatten sich meist an den Leichen dere gelabt, die meinten, Minecrawler sei Minecrawler, größerer Panzer hin oder her.
"Soll ich ein Krieger werden, Rhobar? Ich mein, Schwert und Schild finde ich schnell. Und du kriegst dann noch nen Panzer, speziell für Hunde. Dann ziehen wir in den Krieg! Vielleicht kannst du dann endlich deinen Thron zurück erobern."
-
Nördlich vom Orkwald
Es regnete schon den ganzen Tag. Zwar sanft und leise, dennoch war der Boden getränkt mit dem Wasser aus den Wolken. Die Blätter gaben ihre kalte Ladung auf die Erde ab, die sie kaum noch aufnahm. Jeder Schritt den man tat, platschte widerlich. Madlen’s Schuhe waren wasserdicht, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Und bald würde dieser überschritten sein. Zumindest hielt der Mantel, was er zu halten hatte. Nicht ein Tropfen drang hindurch und konnte ihre Kleidung befeuchten. Bei Gelegenheit würde sie dem Schneider für diese Meisterarbeit danken und ihn auf ein Glas in einer Taverne einladen.
Wie auch immer, die junge Frau tat das, was sie meistens tat, wenn es nichts zu arbeiten gab. Sie nahm eine ihrer Waffen und begann sie zu schärfen. Diesmal hielt sie das Kurzschwert in der Hand und fuhr immer wieder in gleichmäßigen Bewegungen darüber hinweg. Es hatte etwas Monotones an sich und so vergaß die Fürstin ihre Umgebung, zumindest nahm sie bewusst nichts mehr wahr. Dennoch schreckte sie bei jedem Geräusch kaum merklich auf, wenn es nicht in die natürliche Gegebenheiten passte. Auch Yinne und der alte Mann beschäftigten sich mit ihren eigenen Problemen. Das Wetter regte eben nicht gerade zu Gesprächen an und zudem fühlte Madlen, dass etwas mit ihrer Freundin nicht stimmte. Wenn man noch von Freundin reden konnte, denn sie verhielt sich wirklich komisch.
Seufzend legte sie das Schwert zur Seite, stand auf und bewegte sich ein paar Schritte vom Lager weg, zurück auf die Straße, die mittlerweile mehr Matsch als Weg war. Sie blickte nach Norden und nach Süden, doch niemand war zu sehen. Also fasste Madlen einen Entschluss. Zurück am Feuer, das sie gerade so am Leben erhalten konnte, sprach die junge Frau: „Ich denke…ja, ich denke, es ist besser, wenn wir uns in Richtung Norden begeben und dort ein Gasthaus am Wegesrand aufsuchen. In der Grafschaft gibt es genug, da sollten wir eine billige und gute Unterkunft finden. Hier kommt aufgrund des Wetters so schnell keiner mehr vorbei und unsere Chancen stehen besser in einer Taverne eine Reisegruppe mit dem gleichen Ziel zu finden. Oder sieht einer von euch das anders?“
-
"Ich. Ich sehe das anders, Mädchen", sprach der Alte und tat das, worauf yinnesell schon die ganze Zeit wartete. Er schien für alle, insbesondere für yinne eine Entscheidung treffen zu wollen. "Ich will nachhause und das direkt und auf direktem Wege", murrte er, sich mit den dreckigen Händen über den Bauch reibend.
Dann packte er die Halterung seines Schwertes und zog sie fest um den eben genannten dicken Wanst, der dabei den Anschein machte, unter dem Druck platzen zu müssen. Und wärend yinnesell den Alten noch fragend anblickte, glitt seine Klinge dort hin, wo sie hin gehörte. Einzig und allein der Bogen lehnte noch an einem nahen Stein und fand in die Hand des Mannes, der wohl scheinbar wirklich die Absicht besaß, auf der Stelle das Lager zu räumen.
Und obwohl yinnesell darauf gewartet hatte, das der Alte eine Entscheidung traf, war sie mit dieser jetzt vollkommen überfordert.
"Was ist an Madlens Vorschlag falsch? Warum nicht...".
"Weil ich Euch Weiber langsam satt bin", erwiederte der Alte.
yinnesell blieb jedes Wort im Munde stecken und auch Madlen schien es für den Augenblick die Sprache verschlagen zu haben. Oder aber sie hielt sich in ihrer Funktion als Freundin einfach diplomatisch zurück und überlies es yinne die Situation zu klären.
"Nur bis zur nächsten Taverne. Dann seid Ihr entlassen. Ich zahl Euch aus und ihr habt Ruhe vor mir".
Tja. Letzteres stellte ein Problem dar, was dem Alten mit Sicherheit auch in den Sinn kam und doch verkniff er sich jeglichen Kommentar bezüglich einer Bezahlung.
"Ich sehe es wie Du", wandte yinne sich nun an Madlen, ohne das gesprochene Wort des Alten abzuwarten, "Mir steht nicht der Sinn danach, noch länger hier auszuharren. Allerdings wäre es doch sicher sinnvoller, den kommenden Morgen abzuwarten. Wie weit wäre es denn? Kennst Du den Weg?".
-
Madlen zog unter ihrer Kapuze skeptisch eine Augenbraue hoch. Ging, ohne eine Antwort auf Yinnes Frage zu geben, auf den alten Mann zu, schob ihre Kapuze etwas zurück, sodass dieser ihre Augen erkennen konnte. Mit einem Schlag schien er verändert zu sein, dann fing die junge Frau an zu sprechen, obwohl sie sah, wie eine Hand langsam an den Griff einer Waffe ging. „Solltet Ihr es noch einmal wagen, mich oder sonst jemanden den ich kenne, zu drohen oder abwertend zu bezeichnen, so werde ich Euch nicht töten. Nein, ich werde Euch langsam ausbluten lassen, bis der letzten Tropfen Leben herausgepresst ist. Und wenn Ihr genug habt, nur zu: Geht! Ihr werdet nicht eine Stunde im Orkwald überleben und nie wieder den Sumpf sehen. Alleine werdet Ihr sterben, doch sei es drum. Ihr interessiert mich so wenig, wie die meisten Menschen auf dieser Insel.“ Die junge Frau trat einen Schritt zurück und zückte ein Messer. „Gebt mir nur einen Grund, los. Bewegt Eure Hand weiter und ich verspreche Euch, ehe sie auch nur den Griff erreicht, werde ich Euch dieses Stück Stahl tief in Euren Schädel gerammt haben. Ihr glaubt, das tue ich nicht? Probiert es aus…“ Madlen spielte mit dem Wurfmesser in ihrer Hand und schien gelangweilt. Es dauerte noch einige Augenblicke, ehe dem alten Mann aufging, dass er wahrscheinlich besser dran war, wenn er nachgab. Mit einem Knurren packte er seine letzten Sachen und wollte sich auch das Pferd nehmen.
Eine schnelle Armbewegung von Madlen, kurz sah man etwas blitzen und dann schrie der Alte auf. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt er sich das Ohr. Ein gezielter Wurf mit einem Messer hatte es sauber in zwei Hälften geteilt. Die Wunde blutete stark, dennoch schien der Mann jetzt erst recht auf Ärger aus zu sein. Er zog seine Waffe und wollte auf die junge Frau losgehen. Doch das Handicap benachteiligte ihn sehr und nachdem die Fürstin ihm noch mit der Rückhand einen schmerzhaften Treffer im Gesicht verpasst hatte, ließ er seine Waffe fallen, um beide Wunden mit seinen Händen bedecken zu können.
Madlen nahm sein Schwer an sich und trennte ihm mit Aynur sauber noch seinen Gürtel durch, der daraufhin zu Boden fiel. „Normal würde ich dich jetzt fesseln und langsam töten, doch…dafür sind mir meine Waffen zu schade. Geh, Mann, geh, bevor ich es mir anders überlege. Du hast Glück, die meisten Männer haben eine Begegnung mit mir mit weniger Armen und Beinen überstanden als du, denn du hast noch alle. Doch verschwinde jetzt, ehe ich vielleicht doch Lust bekomme…“ Die junge Frau machte kreisende Bewegungen mit ihrem Schwertarm.
Obwohl der Mann am Boden war, stark aus zwei Wunden blutete und wahrscheinlich nicht mehr lange zu leben hatte, wenn er nicht schnellsten behandelt wurde, knurrte er noch immer, wie ein verrückt gewordener Bär. Das musste man ihm lassen, Kampfgeist hatte er. Doch nach einigen Sekunden verzog er sich in die angrenzenden Wälder und ward nicht mehr gesehen.
Madlen hatte seine Flucht gar nicht mehr abgewartet, sondern vergeblich ihr Wurfmesser gesucht. Sie fluchte kurz, denn das Stück war zu teuer gewesen, um es an so einen Wegelagerer zu vergeuden. Aber es blieb keine Zeit den Verlust zu betrauern. Sie mussten weiter, denn der Regen nahm zu. Schnell reinigte sie ihre Waffen an einem nahen Baum und steckte sie weg, packte alle Sachen zusammen und auf das Pferd. Anschließend wandte sie sich Yinne zu, die immer noch schockiert dastand. Madlen versuchte zu lächeln. „Viel hat sicher verändert, so auch ich. Wie kommst du eigentlich immer an solche Männer?“ Kurz schüttelte sie den Kopf, fuhr dann aber fort. „Um auf deine Frage zu antworten: ich kenne den Weg nicht, doch dies hier ist eine große Straße und die Grafschaft ist nicht fern. Dort gibt es mit Sicherheit ein Gasthaus am Wegesrand. Also los.“, beendete sie ihren Monolog und zerrte Yinne kurzerhand mit, die sie immer noch entgeistert anstarrte.
-
Die Gedanken überschlugen sich im Kopf der Dunkelhäutigen. Wie sollte es da möglich sein einen klaren Gedanken zu fassen und ein klares Wort zu sprechen?
yinnesell als schockiert zu bezeichnen, war gelinde gesagt mächtig untertrieben und ein weiteres mal machte sich in yinnesell das Gefühl breit, die andere Frau nicht zu kennen und vielleicht auch nicht mehr kennen zu wollen. Was war nur mit ihr geschehen? Oder war es yinnesell, die sich derart verändert hatte, das sie für solch ein Handeln nicht eine Spur Dankbarkeit oder Verständnis haben konnte?
Madlen war eindeutig zu weit gegangen und was noch viel schlimmer war, war die Tatsache, daß die Dunkelhäutige Furcht verspürte, ihre Ansicht über die andere Frau zu äußern. Je mehr in yinne sich dieses Gefühl der Machtlosigkeit und Lähmung breit machte, umso mehr wünschte sie sich fernab der einstigen Freundin.
"Ich werde mich nie wieder bei den Menschen Tooshoos blicken lassen können", meinte yinne mehr zu sich selbst. Und dann fiel es ihr wieder auf... Schließlich fehlte hier ein Kind. "Dir muss etwas Schreckliches passiert sein".
-
Stewark
Stewark erwies sich nicht nur äußerlich als Bienenstock, nein, an Betriebsamkeit kam die Stadt einem solchen ebenfalls gleich. Den ganzen Tag über war das menschliche Bienenvolk fleißig seinen Tätigkeiten nachgegangen. Wie Draal von einem alten Bettler - der wohl als zweite Arbeit Touristenführung betrieb - erfuhr, war der Grund dafür, dass die Stadt nun seit geraumer Zeit wieder ins Großreich Myrtana eingegliedert war. Händler, Handwerker und Selbstständige waren vom Festland hier hin gesegelt um die Baronie zu neuer Pracht zu führen, die ihr in den Jahren selbstgefälliger Führung durch den Baron gefehlt hatte. Zum Schluss zeigte der Bettler auf den höchsten Turm der Stadt, an dessen eiserner Fahnenstange einmal das Wappen Stewarks unter der mächtigen Flagge des Großreiches in der steifen Seebrise wehte. Wenn Draal an das Großreich dachte, kam ihm zum einen der Wurf in die Barriere in den Sinn und die Tageals Schürfer der Paladine im Minental, nachdem sich allerlei Böses dort ausgebreitet hatte. Ha, einige Wochen dieser Zeit hatte er dort sogar im Gefängnis gesessen und sich partout geweigert, einen Schritt hinaus zu machen, aus Angst vor den Drachen. Nun, er hatte den Angriff eines solchen Biests auf die Burg miterlebt. Auch das war eines der Erlebnisse, die dafür verantwortlich gemacht werden konnten, dass sein Geist nicht nur einen sondern viele Sprünge aufwies.
Nun saß der Bergmann mit seinem Hund in der Klippenschenke, deren Wirt sich als überraschend wohlwollend gegenüber Menschen gab, die pleite waren. Ihm reichte ein Blick in Draals ehrliches Gesicht und die Bedingung, hinter der Kneipe auf dem Hof für Ordnung, gehacktes Holz und einen frisch gestrichenen Zaun zu sorgen, um ein Bett und etwas Essen für sich und Rhobar zu erhalten. Er willigte ein, war das doch ein erstklassiges Angebot. Das Zimmer war zwar nicht die Schlafkammer des Barons, aber bot genug Platz für Draal und seinen Begleiter.
"So, Kleiner", sprach der Bergmann, als er sich zum Schlafen ins Bett legte und Rhobar am Fußende Platz nahm, "Morgen schauen wir, was es hier noch so gibt. Vielleicht ziehen wir auch weiter. Argaan hat viel zu bieten, meinte mein Vater früher ..."
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|