|
|
-
19.07.2013 17:10
-
[Story] Spion (Kurzgeschichte)
#1
|
|
Spion
Sein Zielobjekt drohte ihm zu entkommen. Ungeduldig bahnte er sich seinen Weg durch die Mengen. Albernde Kinder, aufdringliche Fischverkäufer, fremdartige Khajiit, torkelnde Betrunkene, Huren, die sich jedem feilboten der auch nur einen Septim vorzuweisen hatte und ... Bettler.
Von all dem Abschaum, der zu den Abendstunden aus seinen Löchern im Hafenviertel gekrochen kam, empfand er letztere als die armseligsten Kreaturen. Sie wussten über ihn Bescheid und er wusste, dass sie über ihn Bescheid wussten. Doch was wollten sie tun? Ihr eigener Herr und Meister, der Mann in der grauen Kutte, verbat ihnen ihm ein Leid anzutun. Die Gilde vergoss kein Blut.
Spontan lachte er einem von ihnen ins Gesicht und stieß ihn in den Matsch, als dieser gerade anfangen wollte, ihm von seinen hungernden Bälgern zu predigen. Sollte er doch das seinem Anführer stecken!
Doch nun konzentrierte er sich wieder auf sein eigentliches Ziel. Da erblickte er den Dunmer einige Meter voran. Unter seinem Arm hielt er wohl, worauf seine Auftragsgeber es abgesehen hatten. Verpackt in einem unscheinbaren Lederbündel. Seine innere Stimme sagte ihm, dass der Inhalt aller Wahrscheinlichkeit nach ähnlich unspektakulär sein würde.
Doch was half's? Sein Kontaktmann hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er den Auftrag entweder annehmen oder die nächsten Monde in einer von Uriels persönlichen Kerker-Suiten residieren würde. Ein ungünstigeren Zeitpunkt hätte der Kerl sich allerdings kaum auswählen können. Er war gerade dabei die neuste Lieferung an Skooma auf ihre Qualität zu testen und hatte sich davor auch schon ein paar Flaschen ausgezeichneten Weins vom Gut der Surilie Brüder gegönnt. Da kam dieser Laufbursche und hatte ihm irgendetwas von Informationen „äußerster Brisanz“ erzählt. Viel davon hatte er nicht verstanden. Sein Kopf war noch völlig zugedröhnt gewesen und selbst jetzt erwischte er sich dabei, wie er leicht ins Torkeln geriet.
Scheinbar hatten sie irgendeinen Tipp bekommen in Bezug auf den Dunkelelfen mit Namen Dralas Verethi. Laut ihrer Quelle schien dieser in etwas verstrickt zu sein, das über die gewöhnlichen Verbrechen der Gilde hinaus ging. Nun sollte er überprüfen, ob an diesen Gerüchten etwas dran sein könnte. Entsprechend vorsichtig sollte er seine Ermittlungen durchführen, ein Erfolg sei unabdingbar.
Aber was wussten die schon? Es wäre nicht das erste mal gewesen, dass sie aus einer Schlammkrabbe einen Schlickschreiter gemacht hätten. Alles in allem versprach es ein Auftrag zu werden wie jeder andere auch.
Der Hehler war ihm dabei kein Unbekannter. Sehr geschickt, sehr diskret, sehr verhalten. Viel zu geschickt, überdies, als dass man ihn wegen seiner Machenschaften hätte festnehmen können.
Verethi war auch einer von jenen gewesen, die ihn zum Beitritt in die Gilde überreden wollten.
Nun, das Angebot durfte er sich liebend gerne sonst wohin stecken. War doch seine jetzige Position besser, als er je zu hoffen gewagt hatte. Die Gilde konnte ihm wegen ihres eigenen lächerlichen Credos nichts anhaben und die Stadtwache war auf Leute wie ihn angewiesen.
In einem Viertel, in dem sich schon beim bloßen Laut des Aufsetzens schwerer Soldatenstiefel auf den Boden alle Ratten in ihrer Löcher zurückzogen, brauchten sie solche, die selbst als Ratte angesehen wurden und sich unbehelligt umhören konnten.
Freilich war er heute keine einfache Ratte mehr. Die Abmachung mit den Wachen beinhaltete nämlich auch, dass sie ihn seine Geschäfte ungestört weiterbetreiben ließen. Ein unabhängiges Schmugglernetzwerk direkt unter der Nase der Gilde und frei von den Repressalien der Stadtwache! Er wähnte sich am Gipfel des Erfolges. Mehr konnte ein Schmuggler wahrlich nicht aus sich machen.
Er hing noch in Gedanken an die Skoomalieferung, von deren Inspektion er vorhin abgehalten wurde, und den Gewinn den er mit ihr erzielen würde, als er etwas Interessantes bemerkte.
Der Dunmer bog in einen Weg ein, der ihn direkt zu dessen Behausung führte. Ein Kinderspiel!
Eilig überholte er sein Zielobjekt ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen und erreichte lange vor ihm die Rückseite der Hütte. Wie die meisten verfügte auch diese hier über eine Klappe die direkt in den Keller führte.
Neben ebenjener ließ er sich nieder und stimmte mit wirrer Stimme ein schweinisches Lied an. Für die Augen eines Vorbeikommenden nur ein weiterer nutzloser Trunkenbold. In Wahrheit aber öffnete er dabei ungesehen mit flinken Händen und Dietrich das Schloss. Noch ein verstohlener Rundumblick ob ihn nicht jemand beobachtete, dann hob er die Luke leicht an und glitt hinein.
Innen war es finster, aber seine Augen gewöhnten sich schnell genug um ein großes Fass zu entdecken, hinter dem er sich verstecken konnte, nachdem er hörte wie die Tür zur Hütte geöffnet wurde. Und kurz darauf die zum Keller.
Dieser war weitestgehend leer und das was herumstand war auch nicht nennenswert. Kein Wunder – der Hehler war zu sehr Profi um sich ins eigene Haus zu pissen.
Dann sah er Verethi hinabsteigen und das ominöse Paket zu Boden gleiten lassen.
Was folgte, konnte er sich nicht recht erklären. Ein Zirkel aus Kerzen wurde errichtet und Verethi schüttete den Inhalt des Paketes in dessen Mitte. Ein modriger Geruch ging davon aus. Er rangierte sein Werk noch eine Weile um, dann ging der Dunmer direkt auf das Fass zu. Ihm stockte der Atem. Doch der andere griff nur kurz hinein und brachte ein weiteres Lederbündel zum Vorschein. Im Schein der Kerzen konnte er klar erkennen, wie Blut durchsickerte. Seine vom Weingenuss blutunterlaufenen Augen weiteten sich schlagartig. Er selbst blieb jedoch unentdeckt.
Behutsam leerte Verethi den Inhalt aus, zog von irgendwoher ein Messer und begann wie ein Irrer auf was auch immer da lag einzustechen. Dazu sang er. Irgendetwas ohne viel Zusammenhang. Etwas von einer Mutter, einem Kind, Sünden, Unwürdige, Blut und … Furcht.
Eben jene begann in ihm aufzusteigen. Der Kerl war wahnsinnig, na schön. Doch Wahnsinnige galt es nicht zu unterschätzen. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.
Er hatte genug gesehen, viel mehr als ihm lieb war um genau zu sein. Er hatte Angst. Panisch sprang er auf, stieß er die Luke mit einer Faust auf, zog sich mit ganzer Kraft nach oben und suchte das Weite.
Aus den Augenwinkeln hatte er noch sehen können wie Verethi entsetzt aufgesprungen und ihm irgendeinen Fluch in fremden Zungen hinterher gespien hatte. Egal. Der Kerl würde nicht mehr lange hier sein. Er würde den Stadtwachen irgendeine schöne Geschichte erzählen. Von Ebenerzschmuggel und Hochverrat. Oder besser noch, er würde sagen Verethi sei Stellvertreter des Gildenmeisters. Bei der Vorstellung musste er kurz auflachen. Dieser Schwachkopf Lex würde die gesamte Garnison in Gang setzten um den Dunkelelfen aus den Verkehr zu ziehen.
Ja, der Plan gefiel ihm. Er würde nach Hause eilen, seine „Ermittlungsergebnisse“ zu Pergament bringen, den Kontaktmann in der Taverne treffen und morgen würde er das letzte von diesem Psychopathen gesehen haben.
Und doch lief ihm ein Schaudern über den Nacken, als er an die seltsamen Ereignisse im Keller dachte. Was auch immer da vorgegangen, es würde das Beste sein, dass er es unterband.
Er hatte seine Tür erreicht und fummelte den Schlüssel hervor. Während er öffnete und hinein schwankte, versuchte er sich auszumalen, was mit diesem Ritual, wenn es denn eines war, bezweckt werden sollte und was für Schrecken er gerade vereitelt hatte.
Just in dem Moment da die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, spürte er mit stummen Entsetzen kaltes Metall, das sich an seine Kehle anschmiegte und vernahm eine noch viel kältere Frauenstimme, die in sein rechtes Ohr wisperte.
„Sithis erwartet Euch.“
|
|
 |
|
 |
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
|
|
|