-
Mit einem seligen Lächeln stand Maris in der Tür zum Zimmer seiner Kinder und sah ihnen beim Schlafen zu. Wie viele Tage war es nun wohl schon wieder her gewesen, dass er diesen Anblick hatte genießen können? Wie lange war er wohl diesmal wieder fort gewesen? Was war er doch für ein schlechter Vater...
Es war seltsam gewesen. Die Tage in der Zwielichttaverne schienen sich in einer düsteren Endlosigkeit aufzulösen, in einem diffusen Mischmasch aus Sein und Vergangensein, der nur zu treffend ihre Situation beschrieben hatte. Sie waren tot gewesen, allesamt, verfault und zerfallen, und dennoch - obwohl keine Luft mehr ihre Lungen durchdrang - hatten sie noch gestanden, gesprochen, existiert. Mit der Zeit aber, wenn man denn an diesem unheiligen Ort von Zeit hatte sprechen können, war es dem Nomaden zu viel geworden, er war fortgegangen aus der Taverne, um einen Weg hinaus aus der Welt zu finden. Eine Ewigkeit war er gelaufen und noch eine zweite hinterher, dann hatte er es gespürt: Je mehr er sich mühte, die Taverne hinter sich zu lassen, desto mehr hatte diese Welt seinen Körper zersetzt. Schließlich lag seine Brust so offen da und das Fleisch war so verfault gewesen, dass es nicht einmal ihm mehr Hunger gemacht hatte, und als er sich in der bitteren Erkenntnis zurückgewandt hatte, so nichts als Verderben zu erreichen, hatten seine Beine endgültig die Lust und vor allem die Bindung zum Körper verloren. Der Versuch, sich nur mit der Kraft verrottender Arme zurück zum Haus zu ziehen, endete, wie es zu befürchten war, mit dem Verlust auch seiner letzten Gliedmaßen. So hatte er dort gelegen im Dickicht und hatte feststellen müssen, dass er sich trotz der Ewigkeiten, die ihn den Weg entlang begleitet hatten, nicht einmal außer Sichtweite der Taverne begeben hatte.
Noch einmal waren Ewigkeiten vergangen, bis schließlich der Reiter in Flammen aufgegangen war und der Zauber... verschwand. Im finsteren Dämmerzustand seines Geistes hatte Maris nicht viel von alledem mitbekommen, doch dann, mit einem Schlag, lag er wach im Wald. Und bei der Mutter: er war lebendig!
Als der Nomade sich umgesehen, waren jedoch alle fort gewesen, und so zog es Maris ohnehin nur in eine Richtung: zurück nach Setarrif, zu seiner Familie. Und noch einmal hatte es eine halbe Ewigkeit gedauert, bis er auch nur irgendeinen Anhaltspunkt dafür gefunden hatte, wo er war. Von da an war es nur eine Frage der Ausdauer und des Willens gewesen, seiner Frau und seinen Kindern wieder in die Augen zu sehen. Und nun... hier war er.
Zufrieden schloss Maris die Tür und kehrte zu Aniron an die Kochstelle zurück. Seit einem Tag war er nun schon wieder hier, doch nach all der Zeitlosigkeit erschien es ihm nur wie ein Augenblick. Er hatte es Aniron zu erklären versucht, doch ob sie ihm hatte glauben wollen, wusste er nicht. Vielleicht würde es ja helfen, Tinquilius aufzusuchen, insofern er es bereits nach Setarrif geschafft hatte. Ohnehin hatte er ja ursprünglich die Teleportation durch seine Hilfe lernen wollen.
Ja, das würde er tun. Gleich nach diesem Augenblick, und den nächsten tausend Stück, die er bei seiner Familie genießen wollte.
"Ich liebe dich.", flüsterte er Aniron zu, dass sie es gar nicht hören konnte, nur so für sich.
Ja, das tat er. Und die Kinder wohl noch mehr, wenn das möglich war.
-
Akademie
Staub hatte sich auf den Tisch gelegt, eine Schicht, über die man mit den Finger streichen und im Geiste die krächzende Stimme einer alten Vettel hören konnte, die sich fluchend wie ein Veteran über das Ausmaß an Dreck ausließ. Frisches Bettzeug hatte Lydia sich beim diensthabenden Quartiermeister geholt, der sich knurrend um ihre Forderungen gekümmert hatte, jedoch erst nachdem sie ihn unsanft geweckt hatte. Während sie ihr Bett bezog, lauschte die Kriegerin den Geräuschen der nächtlichen Akademie. Auf dem Hof tummelten sich einige wenige Klingen und Meister, leise sprechend. Lektionen in Taktik, Unterricht über Nachtsicht, das Fortbewegen im Schutze der Dunkelheit und Schatten. Kampfübungen fanden nur am Tage statt, um den Klingen wenigstens etwas Schlaf zu gönnen. Die Meister – wie Lydia zu gut wusste – waren da unerbittlich, wenn nicht sogar manchmal geradezu brutal.
Aber wen wundert es? Hier kommen Krieger und Meister aus aller Herren Länder zusammen, sinnierte sie, Schwertschwinger vom Östlichen Archipel, Klingenmeister der Wüste, Krieger aus dem Norden, Meister im Umgang mit Großschwertern und Streithämmern oder Exoten von der Insel Torgaan, von Kindesbeinen im Speerkampf ausgebildet, im Umgang mit Netz und Peitsche, um sich dem gnadenlosen Tode im riesigen Dschungel zu erwehren.
Stolz flutete die Sinne der Kriegerin, sie taumelte fast, als ihr wieder einmal bewusst wurde, in welch einem Uhrwerk sie sich eingefügt hatte, nur ein Zahnrad von vielen. Ein Uhrwerk, das so einzigartig war, wie der so berühmte Ritterorden der Myrtaner.
„Und gleichbedeutend auf dem Schlachtfeld“, flüsterte sie, „Ein voll ausgebildeter Wächter der Akademie ist genauso viel wert wie ein Ritter mit all seinen Lehen und Titeln.“
Nachdem Lydia ihr Zimmer wieder so hergerichtet hatte, wie sie es in Erinnerung hatte, setzte sie sich auf die Fensterbank aus Sandstein, packte den Wetzstein und schärfte ihre Waffe.
-
Rafik saß in der Taverne und aß sein Frühstück. Frisches Fladenbrot, Tee, Oliven und etwas Butter reichten ihm. Es ging dort gerade sehr ruhig zu, man merkte jedoch noch die Spuren des gestrigen Abends, die wie jeder, laut und chaotisch war und heute würde es wieder so weitergehen.
Nachdem er dafür zahlte ging Rafik in sein Zimmer, ziehte sein weißes Leinenhemd und eine schwarze Hose an, legte seine drei Ohrringe an und verließ mit ihrem leisen Klimpern seinen Raum. Hinter der Taverne hatte seine Lehrmeisterin sein Übungsschwert gelassen, Rafik entschied sich aber einmal in Setarrif zu laufen. Der Lauf tat ihm gut, er wurde warm, schwitze leicht und konnte alle morgendliche Impressionen aufnehmen, sei es der kleine Hafen oder die goldglänzende Kuppel.
Außerdem konnte er dabei nachdenken, über das Geschehene der letzten Tage. An einigen Ecken hörte er bereits das Geflüster vom Gesandtenmord, meistens in den hintersten, dunklen Ecken der Taverne.
Nachdem er seine Runden gedreht hatte ging er in den Hinterhof und nahm das Holzschwert auf, verinnerlichte die richtige Haltung und führte einfache Kombinationen aus die er gelernt hatte. Er steigerte sein Tempo, achtete darauf die Kraft aus den Schwüngen mitzunehmen wie es Badhor einmal erklärt hatte und schlug eher kurz und präzise zu, anstatt weit auszuholen. Seit der ersten Lehrstunde hatten sich einige Fortschritte getan, vorallem in seiner Ausdauer und seiner Geschwindigkeit. Um das Niveau nocheinmal anzuheben stellte er sich vor, wie er einen Gegner entwaffnete und baute dies in seine Schläge ein.
-
Galen fand das Haus des Händlers rasch wieder. Mit seinem jüngst erworbenem Ochsenkarren hielt er vor dessen Haus an und schwang sich vom Kutschbock. Energisch pochte er an die Tür, bis ihm geöffnet wurde. Es war nicht der Hausherr selbst, sondern ein Mann mittleren Alters in schlichter Kleidung. Ein Knecht vielleicht.
„Ihr wünscht?“, fragte der Mann.
„Ich soll hier Gesöff abholen. Rum, Met und Most.“, erwiderte Galen und bemerkte, wie der Knecht ihn von unten nach oben musterte.
„Ihr seid nicht der übliche Fuhrmann.“, murmelte der Knecht.
„Der ist verunglückt, Adanos habe ihn selig.“, meinte Galen.
„Hmm...“, der Knecht schien nicht recht überzeugt, aber war wohl der Meinung, dass sein Herr sich selbst darum kümmern sollte, „...fahrt in den Hof. Mein Herr wird dort zu euch stoßen.“
Galen nickte, kletterte wieder auf den Kutschbock und steuerte durch das Hoftor, das ihm der Knecht gerade öffnete in den Innenhof des Hauses, wo er anhielt und wartete.
Bald darauf kam der Händler in den Innenhof, blickte geschäftig... und stutzte dann, als er Galen sah.
„Ihr seid nicht der übliche Kutscher...“, bemerkte er misstrauisch.
Galen verdrehte die Augen und brachte die schauspielerische Höchstleistung besonders genervt auszusehen.
„Das ist eurem Knecht schon aufgefallen. Der andere ist verunglückt.“, erwiderte er, „Deswegen bin ich auch so spät dran, weil ich einspringen musste.“
„Aha...“, der Händler wirkte nicht sehr überzeugt, „Habt ihr denn auch den Abholschein dabei?“
Verdammt... irgend so etwas musste ja kommen... , Galen dachte kurz fieberhaft nach und tastete dann seine Taschen ab, als würde er was suchen.
„Ach verdammter Mist!“, fluchte er, „Den muss ich verloren haben, als ich anhalten musste, um das Rad zu reparieren. Beschissene Straßenverhältnisse, wisst Ihr?“
„Dann kann ich euch die Fässer nicht mitgeben. Ich weiß... leider nicht mehr wie viele es waren.“, gestand der Händler.
„Ein Dutzend.“, kam es von Galen ohne Zögern, „Ein Dutzend Fässer musst du abholen, hat mein Herr gesagt. 'Drei Rum, fünf Met und vier Most! Und wehe eines fehlt!'. Kommt schon... wenn ich ohne die Fässer zurück fahre, wo ich den ganzen weiten Weg gekommen bin, zieht mir mein Herr das Fell über die Ohren. Und sucht sich einen anderen Händler sehr wahrscheinlich.“
Der letzte Satz schien den Händler mehr zu bewegen, als die Aussicht auf Bestrafung für den Kutscher. Er fuhr sich nachdenklich über das Kinn.
„Ihr wollt nicht, dass ich zurück fahre und meinem Herrn sage 'Ja Herr, der gute Mann will euch die Fässer nicht geben. Vielleicht will er gar nicht mehr mit Euch handeln.' Das wollt ihr nicht, Herr.“, meinte Galen, „Das wäre schlecht für Euer Geschäft, Herr.“
Schnaubend drehte der Händler sich um und rief zwei seiner Knechte.
„Helft dem Kutscher ein Dutzend Fässer aufzuladen.“, rief er.
Galen grinste in sich hinein. Das lief gar nicht so schlecht.
Bald fuhr er mit einem Dutzend Fässer vom Hof des Händlers. Er würde natürlich nicht auf direktem Weg zur Sturzkampfmöwe zurück fahren, aber irgendwann im Laufe des Tages käme er dort wieder an. Und würde Estefania seine Nützlichkeit bewiesen haben.
Geändert von Galen (26.01.2013 um 18:58 Uhr)
-
Unbeschwertes Training, darauf hatte sich die junge Klinge am meisten gefreut. Und das Übungsgelände der Akademie bot alles, was man dafür brauchte. Hindernisbahnen und Kletterwände, vor Jahren und Jahrzehnten von Architekten gefertigt, die verstanden hatten, dass es wichtig war, Krieger auf alle Widrigkeiten der Welt vorzubereiten, egal in welcher Ecke von ihr man sich herumtrieb. So trainierte die Kriegerin ihre Balance, während sie auf einem Balken dahinschritt, der mehrere Armspannen über dem Boden an einem Gerüst befestigt war.
„Heda, Schwester“, rief eine kräftige, weibliche Stimme vom Rande des Übungsplatzes.
Lydia antwortete nicht, sprang vom Balken, landete federleicht und strich sich die Kleidung gerade.
„Nica, hallo“, grüßte die Klinge ihre Unterrichtskameradin, „Wie geht’s?“
„Gut, gut. Wollte eigentlich gleich in die Möwe ...“
„Dann geh, ich trainiere noch“, unterbrach sie die Kämpferin, „Ich will mal schauen, was es so Neues gibt.“
Die stämmige, mannshohe Klinge zuckte die Schultern. „Tu was du nicht lassen kannst“, meinte sie, „Besuch mal die Arena, seit du weg bist hat sich da einiges getan. Gibt sogar 'nen neuen Leiter. Wäre mal 'nen Besuch wert.“ Sie verabschiedete sich, wandte sich ab und machte sich auf gen Kneipe. Die Akrobatin blieb einen Moment unschlüssig stehen, ehe sie sich selbst auf den Weg machte. Ja, die Arena. Ein wunderschönes Bauwerk, aber besucht habe ich es noch nie.
Minuten später stand die Kriegerin auf der Tribüne, am Rand zur Grube hin.
„Wow“, hauchte sie nur und ließ den Blick über die Sitzreihen schweifen, über den Sand, der sicherlich innerhalb vieler Jahrhunderte mehr als genug Blut aufgesogen hatte. Ein Mann lief am Rand entlang, hoch gewachsen, kräftig und mit hellen Haaren. Eigentlich gar kein schlechter Blickfang. Und, was wohl das Wichtigste war, er trug eine Klingenrüstung, ebenso wie die Akrobatin.
„N'abend Kamerad, Ihr seid hier nicht zufällig der Leiter?“, fragte Lydia mit einem schalkhaften Lächeln auf den Lippen.
-
Adson war nach dem nächtlichen Wachdienst erst spät aufgestanden und hatte sich schließlich in seine kleine Kammer in der Arena verzogen und hinter den einfachen Tisch gesetzt, den er sich zum Schreibtisch erkoren hatte. Vor ihm lag ein leeres Blatt und in der Hand hielt er eine Schreibfeder, doch irgendwie wollte sich das Blatt nicht mit Inhalt füllen lassen. Das lag weniger an der aktiven Gegenwehr des Blattes, als an der absoluten Ideenlosigkeit des jungen Schreiners.
Ein wenig missmutig verschloss er das Tintenfass und legte die Feder wieder zurück. Eigentlich wollte er sich über die regelmäßige Organisation von Arenakämpfen Gedanken machen, doch irgendwie kam er nicht vorwärts. Die bisherigen Veränderungen waren ihm leicht von der Hand gegangen: Er hatte neue Trainingsgeräte angefertigt und die Arena so hergerichtet, dass die Kämpfer hier auf verschiedenste Art und Weise üben konnten. Der Schießplatz vor der Stadt war fertig und konnte genutzt werden, doch was war eine Arena ohne Kämpfe?
Adson hatte es aufgegeben und hatte schließlich zum Schwert gegriffen, um selbst zu trainieren. Vielleicht würde er dadurch den Kopf frei bekommen. Doch kaum hatte er den Kampfplatz betreten, da wurde er von einer jungen Frau angesprochen. Verwirrt schaute er sich um, schließlich war er gedanklich woanders gewesen, dann wandte er sich an die junge Frau, die offensichtlich zu den Klingen der Akademie gehörte, auch wenn Adson sie bisher weder in der Stadt noch in der Akademie gesehen hatte.
"Wünsche ebenfalls nen guten Abend", rief er zur Tribüne hinauf. "Der Leiter? Nun ja, ich kümmer mich hier um die Arena, also kann man das ruhig so nennen, auch wenn ich mich an diesen Titel wohl erst noch gewöhnen müsste. Was willst du denn vom Leiter oder hast du nur aus Neugier gefragt?"
Adson wartete auf die Antwort, bis ihm klar wurde, dass die junge Frau sehr nah an der Kante stand. "Und pass auf, dass du da nicht runtersegelst. Am besten, du nimmst die seitlichen Treppen und kommst vor zum Haupteingang, dann können wir uns in Ruhe unterhalten."
-
Madlen war lange durch die Stadt geschlendert auf der Suche nach einem geeigneten Ort. Ein Ort, wo die Geschichte Wirklichkeit wurde, wo man sie fühlen konnte. Dann hatte sie diesen speziellen Platz gefunden. Die Arena. Sie war vielleicht nicht unbedingt ein historischer Ort, doch empfing man Geschichten aus der Vergangenheit, wenn nur genau hinhört. Doch dafür benötigte jeder das Ohr eines Barden…
Zwar bemerkte sie die Personen, die sich in der Arena aufhielten, doch die junge Frau nahm sie nicht war. Sie begab sich zur Tribüne, dort auf einen guten Platz und lehnte sich leicht zurück. Die Schwangerschaft war für Madlen langsam sehr anstrengend. Es war natürlich ein schönes Gefühl, aber nicht gerade leicht…verträumt legte sie beide Hände übereinander gefaltet auf ihren Bauch, strich sanft darüber…mit einem Mal spürte die werdende Mutter ein Boxen. Selig legte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Es war zwar unangenehm, wenn das Baby zutrat, doch…die Vorfreude war eben einfach größer.
Dann schloss die Bardin die Augen und ließ den Strom der Vergangenheit auf sich einwirken…immerhin musste sie morgen wieder auftreten und brauchte dringend noch etwas Inspiration.
-
Zehn von zehn Punkten fürs Raten, dachte sich Lydia amüsiert und hörte dem fürsorglich erscheinenden Quasi-Leiter der Arena zu, während sie brav einen Schritt vom Grubenrand weg machte. „Ich habe nur aus Neugierde gefragt. Ich war die letzten Monate nicht in Setarrif und habe nur wenig Neues mitbekommen. Und in der Zeit davor war ich auch – zu meiner Schande – vielleicht ein, zwei Mal hier gewesen, habe dem Ort aber bisher keine größere Aufmerksamkeit geschenkt“, erklärte sie, während den Blick wieder schweifen ließ und unweit von ihr und dem Leiter der Arena eine Frau, wohl südlicher Herkunft, erblickte, die zurück gelehnt auf der Tribüne saß und – wie die Kriegerin lächelnd bemerkte – schwanger war. Einige Augenblicke vergingen, in denen Lydia die Frau mit Freude ansah.
„Hört mal, Kamerad, ist Eure Arena denn auch gerecht für Frauen wie sie?“, fragte die Akrobatin und deutete zu der Schwangeren hin, „Mit einem dicken Bauch und dem Leben, das dort heranwächst? Nicht das Ihr hier Besuch von aufgebrachten Weibsbildern bekommt, die Euch lynchen wollen ...“ Lydia überlegte. Vielleicht könnte sie der Frau ihren Umhang leihen, als Polster für den Rücken oder dergleichen. Schließlich seufzte sie, öffnete die Brosche und löste den schweren, sandfarbenen Stoff, ging schnellen Schrittes zu der Schwangeren hin und reichte ihr den Umhang. Der Arenaleiter, wohl noch etwas perplex von den Worten der Kriegerin, folgte ihr. Er machte den Eindruck, als würde die Schwangere ihm bekannt vorkommen.
Vielleicht … oh, vielleicht habe ich die beiden bei einem gemeinsamen Treffen gestört. Oh, du dusselige Ziege, schalt sich Lydia und hielt etwas peinlich berührt den Stoff des Umhangs in der Hand. Früher warst du tollpatschiger, aber dennoch triffst du fast jedes Fettnäpfchen, das so herumliegt.
-
Irgendwie wollten die Gedanken heute nicht richtig fließen. Innerlich zuckte die junge Frau mit den Schultern…man konnte schließlich nicht jeden Tag einen guten Tag haben. Ohne die Augen öffnen zu müssen, wusste sie, dass jemand auf sie zukam. Ihre Jagdinstinkte waren doch nicht ganz eingeschlafen.
Ein Schatten legte sich an diesem sonnigen Tag über sie. Der Höflichkeit halber öffnete sie also die Augen und erblickte eine…ebenfalls junge Frau. Sie schien ihr etwas anbieten zu wollen.
Schnell stand Madlen auf. Nun, so schnell es eben mit dem Schwangerschaftsbauch ging. Jetzt erkannte sie auch, was es war. Ein Mantel. Leich neigte sie den Kopf zum Dank, doch sprach sie sogleich: „Ihr müsst mir verzeihen, dass ich Euer Angebot ablehne, aber ich habe selbst diesen Umhang und er ist ausreichend. Vielmehr habe ich den harten Untergrund gar nicht mehr gespürt, zu sehr war ich in Gedanken versunken an…ach egal!“ Der jungen Frau wurde plötzlich bewusst, dass sie ihr Gegenüber noch gar nicht kannte. „Nun denn, mein Name ist Madlen. Es ist mir eine Ehre Euch kennen zu lernen. Es gibt nicht viel Höflichkeit in diesen kriegerischen Zeiten, doch macht Ihr mir Hoffnung, dass dieser Wert immer noch geschätzt wird!“
Die werdende Mutter stützte sich auf Aynur und Barika, ihre beiden Schwerter an ihrem Waffengürtel und wartete die Reaktion der anderen Frau ab. Währenddessen bewegte sich die dritte Person auf die zwei zu. Zuerst hatte Madle nicht erkannt, wer es war, doch schnell schalt sie sich selber und winkte Adson freudig zu. Lange hatten sie sich nicht gesehen.
-
Natürlich kam sich Lydia im ersten Moment wie eine Idiotin vor, gerade ab dem Moment, als sich die schwangere Frau beim Aufstehen auf zwei Klingen stützte. Eine Kämpferin, eine schwangere Kriegerin. Das war mutig … oder nicht gewollt. Die Akrobatin vertrieb die Gedanken, denn sie wagten sich in einen Bereich, der nicht ihr gehörte. Die Frau – Madlen – hatte ihre Gründe für die Schwangerschaft und fertig.
„Ich bin Lydia“, antwortete die Meisterin der Körperbeherrschung und neigte nun auch den Kopf in Richtung des Leiters, dem sie sich ebenso wenig vorgestellt hatte. „Offensichtlich Klinge im Dienste der Akademie und immer wieder dafür zu haben, Fettnäpfchen zielgenau zu treffen, wenn das Schicksal der Stadt in irgendeiner Weise auf dem Spiel steht ...“
Zu gut erinnerte sie sich an den Putsch in der Akademie, der einen Kleinkrieg losgetreten hatte. Oder die erste Schlacht am Silbersee … Sie schüttelte den Kopf.
„Nun, entschuldigt meine aufdringliche Fürsorglichkeit, Madlen“, erklärte Lydia und legte sich wieder den Umhang an, räusperte sich und blickte zur Arena hin, „Seltsam, wie sich Menschen immer zufällig an irgendwelchen Orten treffen und mir nichts, dir nichts ins Gespräch kommen?“, fragte die Akrobatin, um die peinliche Stille nach ihrer Entschuldigung auszufüllen, kam sich aber mit dieser Frage eher noch bescheuerter vor.
Verflucht ...
-
Eine frauengerechte Arena? Adson musste an das vergangene Turnier denken, da hatten sich die Frauen nicht unbedingt damenhaft gezeigt und somit musste die Arena wohl kaum auf die speziellen Bedürfnisse einiger feiner Damen angepasst werden, zumal Adson gar nicht gewusst hätte, was er denn hätte verändern sollen.
Als er jedoch seinen Blick auf die angesprochene Frau fiel, wurde Adson schnell klar was gemeint war. Die Frau war offenbar nicht allein unterwegs, sondern trug einen werdenden Menschen mit sich herum. Kein Wunder, dass sie nicht ins Bild der Arena passte, wie auch der verblüffte Schreiner feststellte. Sein Staunen wurde noch vermehrt, als er die junge Frau zu erkennen meinte. Schnell begab er sich auf die Tribüne und ging schnellen Schrittes auf die schwangere Frau zu, die sich tatsächlich als Madlen herausstellte. Ein Lächeln machte sich in Adsons Gesicht breit:
"Madlen, was für eine Überraschung! Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen? Während der Schlacht um die Silberseeburg, oder? Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, bis ich von deinen Auftritten bei Sarpedon hörte. Leider konnte ich bisher nie vorbeischauen."
Er hatte sich neben Madlen niedergelassen und warf einen Blick auf den Bauch der jungen Frau. Kurz überlegte er, ob er ihn anfassen dürfe, doch wahrscheinlich wollte das jeder und so fragte er die werdende Mutter gar nicht erst.
"Wie ist es dir denn ergangen? Und wann ist es denn soweit?", er deutete kurz auf den Bauch. "Ich wusste ja garnicht, dass du schwanger bist. Aber erzähl erstmal. Und vielleicht kannst du mir auch gleich unsere 'Kameradin' vorstellen.", meinte Adson und bot der Klinge mit einer kurzen Geste einen der vielen freien Plätze an.
-
Madlen freute sich wirklich sehr, Adson wieder zu sehen. Auch wenn sie nicht Seite an Seite gekämpft hatten, so waren sie beide heil – zumindest fast – aus der Schlacht gekommen.
Als sie den Blick des Mannes auf ihren Bauch bemerkte, nickte sie ihm wohlwollend zu. Es war für sie kein Problem, wenn jemand das Baby fühlen wollte, auch wenn er nicht danach fragt.
„Nun…zwei Monate war ich Varant, um…einige unerledigte Dinge zu tun. Doch schließlich hat es mich wieder nach Setarrif gezogen. Meine Ansichten haben sich seitdem etwas geändert. Ich beschreite von nun an den Weg des Wassers. Magie und Schwert, Verstand und Kraft, das sind die entscheidenden Kriterien, damit ich endgültig mit allem abschließen kann. Aber genug davon…wenn du Lust hast, morgen trete ich wieder auf. Vergangenheit und Zukunft, das ist von nun an mein Metier…das Jagen ist vorbei.“ Sie lächelte leicht. „Doch genug von mir. Die Dame heißt Lydia…auch wenn sie denkt, dass sie aufdringlich war, so danke ich ihr für ihre Fürsorglichkeit. Aber zu mehr sind wir auch nicht gekommen!“ An Lydia gewannt sprach sie weiter. „Das ist Adson…gemeinsam haben wir viel überstanden und durchgemacht.“
Madlen blickte in den Nachthimmel und seufzte leicht. „Ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber mir wird es langsam kalt. Suchen wir die wärmenden Feuer der Taverne auf und reden dort weiter?“
-
Gegen Madlens Vorschlag war nichts einzuwenden und so begab sich das Trio in Sturzkampfmöwe, welche ja nicht weit von der Arena entfernt lag. Adson nutzte den kurzen Weg, um Madlen genauer zu beobachten. Ihr Gang war etwas schwerfälliger und breitbeiniger geworden, aber sonst war ihr nicht viel anzumerken. 'Vielleicht will sie sich auch nichts anmerken lassen', dachte Adson bei sich, während er die Tür zum Schankraum aufstieß und seine beiden Begleiterinnen eintreten ließ.
Die Wärme und Geschäftigkeit der Taverne empfingen die drei Ankömmlinge und kurz richteten sich die Blicke einiger Gäste zur Tür, nur um sich bald wieder ihren Karten, Bierhumpen oder Trinkkumpanen zuwandten. Hier und da starrte einer der Männer einen Moment länger auf Lydia und vor allem Madlen, doch davon ließen sich die jungen Frauen nicht beeindrucken und steuerten zielsicher auf einen freien Tisch zu. Adson schaute sich kurz um und grüßte den Wirt, dann folgte er den beiden Frauen.
"Hey Kleine, willst du mir nicht auch mal privat was vorsingen? Bei mir is so schön kuschlig", quatschte ein alter und nicht mehr ganz nüchterner Mann gerade Madlen an. Schon wollte Adson eingreifen, dich die beiden Damen wussten sich durchaus selber zu erwehren.
-
Die Wärme der Taverne tat Madlen gut. Kaum hatten sie sich einen Platz ausgesucht, da wurde die junge Frau wieder von so einem nervigen Gast angesprochen. Wahrscheinlich hatte er sie des Öfteren schon singen gehört und wurde durch den Alkohol etwas mutig. Doch auch die werdende Mutter hatte schon viel dazugelernt und kannte nun den ein oder anderen Satz, um unliebsame Begegnungen wie diese zu vermeiden: „Kriegst du alles mit, was du von dir gibst, oder hörst du nur hin und wieder mal kurz rein? Ehrlich, du siehst aus wie mein Bruder…und ich steh nicht unbedingt so auf Inzest…“ Daran hatte der Gute jetzt erst einmal zu knabbern. Man sah direkt, wie sein Gehirn arbeitete. Seelenruhig drehte sich die junge Frau wieder um und sprach mit Adson.
„Wie ist es dir eigentlich ergangen? Hast du auch jemanden fürs Leben gefunden? Verzeih mir die Frage, aber ich bin einfach neugierig.“ Madlen lächelte entschuldigend. Vielleicht konnte sie sich ja hier in der Taverne ihre Inspiration holen…vorausgesetzt der Mann hinter ihr wurde nicht wieder aufdringlich…
-
"Jemanden fürs Leben?", Adson war von der Frage sichtlich überrascht, doch er fing sich schnell wieder. "Momentan hab ich hin und wieder das Gefühl, ich wäre mit der Arena und meinem Schwert verheiratet.", antwortete er schmunzelnd und nutze den Inhalt der Worte, um Madlens besonderem 'Gesangsliebhaber' einen drohenden Blick zuzuwerfen. Dann verschwand er kurz in Richtung Tresen und kehrte bald mit Essen und Trinken für sich und seine Begleiterinnen zurück.
"Aber sonst hab ich noch niemand gefunden.", antwortete er schließlich sachlich. "Allerdings hab ich auch nicht wirklich nach jemandem gesucht. Dazu hatte ich in den letzten Monaten auch nicht so wirklich viel Zeit." Adson nahm einen großen Schluck Wasser und einen Löffel voll Eintopf. Kurz ließ er den Blick durch den Schankraum streichen, betrachtete die Tische und schmunzelte. Dort hinten würde sicherlich gleich laut nach Bier gerufen werden und an dem einen Tisch vorn rechts betrog einer beim Kartenspiel. Ob das noch Ärger geben würde? Adson war es egal, aber seine Zeit als Sarpedons Gehilfe hatten ihn für derartige Dinge sensibilisiert. "Herr Wirt, noch ne Runde Bier!", schallte es in diesem Moment durch die Sturzkampfmöwe. Adson nickte und sprach weiter:
"Ich hatte gut zu tun. Nach den Kämpfen um die Burg sind wir gegen Thorniara gezogen und haben uns blutige Nasen geholt, da wir uns nicht sonderlich schlau angestellt haben. Anschließend hab ich bei der Befestigung der Büßerschlucht geholfen und nach meiner Rückkehr nach Setarrif hab ich bei der Organisation des großen Turniers geholfen.", er ließ eine kurze Pause und trank noch einen Schluck. "Tja, und jetzt hab ich einige Aufgaben in der Arena übernommen. Und nebenbei muss man ja auch fit bleiben und weiter trainieren. Man weiß ja nie, wann es wieder eine Schlacht gibt."
Adson verstummte und starrte in seinen Eintopf. "Wahrscheinlich viel zu bald, so wie es scheint.", sagte er noch leise, fast flüsternd.
-
Es waren genug Informationen, die Lydia schweigend aus Adsons Worten herausfiltern konnte. Und – bei allen Göttern – es waren nicht unbedingt die besten Neuigkeiten. Sie trank einen Schluck aus dem Becher mit dem Wasser, stocherte im Essen herum und seufzte dann. Eine Schlacht könnte bevorstehen. Aber tat so etwas nicht immer, vor allem hier und jetzt? Es hatte mehrere Schlachten um eine hässliche, große Burg an einem atemberaubend schönen See gegeben, zahlreiche kleine Geplänkel auf Wäldern und Wiesen. Laut Adson hatte es sogar bei Thorniara schon einen Kampf gegeben ….
Lydia war bleich geworden, sie erkannte es an den Blicken ihrer Begleiter. Sie hüstelte verlegen.
„Verzeiht, ich habe gerade nur über … Eure Worte nachgedacht, Adson“, erklärte sie, „Ich meine, ich fürchte mich nicht vor dem Kampf. Ganz im Gegenteil. Für die richtige Sache – für das Recht unseres Königs zum Beispiel – erhebe ich gerne das Schwert. Ich habe es auch schon geschwungen, habe mich geschlagen und geblutet. Bin mit Leuten gezogen, die sicherlich keine Blumenpflücker waren, sondern auf dem Schlachtfeld ernten ...“ Die Akrobatin trank einen Schluck und schob den Holzteller mit dem Essen ein Stück weg. „Aber wenn ich daran denke, dass dieses Mal vielleicht sogar die Roten an unseren Toren stehen könnten … die Zivilisten, die sterben könnten … bisher hat es nur Soldaten erwischt, Männer, die sich für das Schwert entschieden haben. Doch nach all dem was vorgefallen ist … Wer denkt, dass Rhobars Truppen Gnade mit unserem Volk hier haben könnte?“, fragte sie leise.
Lydia hörte nicht mehr die freudenvollen Ausrufe der Säufer und Trinker, der Männer, die das Leben genossen. Irgendwo in ihrem Geiste hörte sie nur die Schreie der sterbenden Menschen, das Krachen verbrannter Balken und das Klingen scharfen, tödlichen Stahls.
-
"Kampf ist wohl nie sonderlich schön.", sagte Adson leise, während er Lydia lange betrachtete. "Einzig in der Arena kann der Kampf ungetrübt seine Schönheit entfalten, auf dem Schlachtfeld hat er stets Leid und Hass im Schlepptau." Die Worte verklangen schnell im Lärm der Schenke und Adson wollte das Thema nicht fortführen. Wie würde Rhobar mit dem Volk umgehen, wenn er siegreich sein sollte? Er würde wohl einige Führende hinrichten oder einsperren lassen, der Rest würde durch das Gesetz und die Aufsicht der Innospriester ruhig gehalten werden. Anders konnte Adson es sich nicht vorstellen. Doch Rhobar würde bei der Eroberung keine Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen. Adsons Geichtszüge strafften sich, die Kiefermuskulatur zeichnete sich an beiden Seiten deutlich unter der derben Haut ab, dann schüttelte er den Gedanken ab und entspannte sich wieder. Noch war es nicht so weit.
"Doch ich möchte jetzt nicht über solche Dinge reden und wir wollen doch einer werdenden Mutter nicht noch mehr Sorgen bereiten wollen.", er schickte ein aufmunterndes Lächeln an Madlen, die nur schweigend den Worten ihrer beiden Tischgenossen gefolgt war. Danach wandte der junge Schreiner sich wieder an Lydia: "Erzähl uns doch lieber was von dir. Ich hab dich noch nie hier gesehen und bin in den letzten Wochen doch regelmäßig in der Akademie gewesen."
-
Ja, ein anderes Thema wäre wahrlich bessere für die werdende Mutter.
„Nun“, begann Lydia und nahm den letzten Schluck, „Ich bin vor etwa anderthalb Jahren hier in die Stadt gekommen und habe mich dann dem Widerstand angeschlossen, einfach weil es das Richtige war. In der Zeit davor … bereiste ich mit meinem Mentor die Welt, verweilte einige Zeit beim Wüstenvolk in den Ruinen von Al Shedim, ehe es uns wieder durch das wunderschöne Varant trieb.“ Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, als sie auf Jakobos Tod zu sprechen kam. „Das Reisen nahm ein Ende, als Banditen uns bei Braga überfielen. Jakobo wurde tödlich verwundet. Dann kamen die Truppen Rhobars, nachdem sie in Myrtana gesiegt hatten, in den Süden. Ich flüchtete also dort hin, wo die Reste des Wüstenvolkes sich versammelt hatten.“ Sie lächelte. „Hier. Danach führte ich eigentlich größtenteils ein Leben als Söldnerin und später als Klinge, lernte die Akrobatik bei einem echten Hurensohn kennen und irgendwann den Kampf mit der Klinge.“ Stolz klopfte die Kriegerin auf den Säbel an ihrem Gürtel. „Nun, die letzten Monate schob ich Dienst am Silbersee, ehe ich wieder an die Akademie kommandiert wurde.“
Die Akrobatin seufzte. „Viel zu viel geplappert. Was habt Ihr getan, bevor Ihr nach Setarrif kamt, Adson?“
-
"Dienst am Silbersee? Na dann hoff ich doch, dass unser kleines Tor in der Büßerschlucht noch steht!", meinte Adson und schmunzelte. Was war es für eine Schinderei gewesen, den tragenden Balken über die Schlucht zu legen!
"Was ich gemacht habe? Nicht sonderlich viel. Bin auf einem Hof aufgewachsen und schließlich irgendwann in die nächste Stadt gegangen, um dort meine Schreinerlehre zu machen. Nachdem ich Geselle wurde, wollte ich durch die Welt wandern und meine Künste als Handwerker verbessern. So bin ich nach Argaan gekommen."
Adson verstummte, während sein Blick sich irgendwo auf der Tischplatte verlor. Er hatte diese Insel vor weniger als einem Jahr betreten und doch fühlte er sich mittlerweile hier heimisch und kämpfte für die Freiheit einer Stadt, von der er vor wenigen Monaten noch nicht einmal wusste.
"Ich war dann zuerst in Stewark, wo aber nicht viel los war und dann in Thorniara, wo es allerdings keine Arbeit für mich gab. So bin ich schließlich hier gelandet, hab anfangs mein Brot hier in der Taverne verdient. Aber das ist alles nicht wirklich interessant."
In diesem Moment wurde es wieder lauter in der Taverne. Der Falschspieler war scheinbar aufgeflogen und so bahnte sich eine handfeste Diskussion an. Zum Glück war Adsons Tisch weit genug weg, so dass sie wohl von den Rangeleien verschont blieben. Vielleicht konnte sich die Männer ja auch schnell einigen. Adson hatte keine Lust auf einen unruhigen Abend.
"Mal schauen, ob das wieder kaputte Stühle gibt.", meinte der Schreiner und nickte in Richtung der Streithähne. "Dabei sind die meisten schon mehrfach repariert, manche von mir. Ansonsten hab ich hier kaum als Tischler gearbeitet, sondern mehr mit der Waffe geübt. Mittlerweile bin ich ganz gut mit Schwert und Schild. Außerdem will ich bald das Bogenschießen lernen. Man muss ja gewappnet sein."
-
Ein Mann einfacher Herkunft aus der Ferne, der es in einer Stadt wie dieser zu etwas gebracht und selbst jetzt, als Leiter der prächtigen Arena, noch nicht aus gelernt hatte. Daraus war das Holz geschnitzt, aus dem die Schilde Setarrifs bestanden, der Stahl seiner Schwerter. Nicht aus Rittern und Gecken adeliger Häuser, sondern aus einfachen Leuten, Idealisten und Träumern, die durch die Akademie zu dem wurden, was das Herz der Macht der Stadt bildete.
„Hoffen wir, dass sie unsere Stühle und den Tisch heil lassen“, kommentierte die Kriegerin nur und lächelte gefährlich. „Sollten sie es trotzdem wagen, bei uns zu versuchen, zeigen wir ihnen, was eine Harke ist.“ Ganz undamenhaft spuckte Lydia auf den mit Stroh bedeckten Holzboden aus. „Das wäre es ja, eine Schwangere bedrängen … Im Ernstfall verteile ich mehr als nur ein paar Veilchen, glaubt mir, Adson.“
Noch schien es aber noch verhältnismäßig ruhig zu bleiben. So konnten die beiden Frauen und der Mann sich weiter ruhig unterhalten.
„Den Umgang mit dem Bogen zu lernen … gar nicht so einfach. Es ist sicherlich etwas, mit dem Schwert auszuteilen, aber aus der Ferne Pfeile zu verschießen? Entfernungen abschätzen, den Wind beachten … das wäre mir wohl zu viel, um das ich mir im Kampf Gedanken machen müsste“, meinte die Akrobatin und zuckte die Schultern. „Aber oftmals kommt man so sicherlich besser davon, wenn man die Bedrohung schon auf weiter Flur ausschalten kann.“ Sie lächelte. „Wie's auch sei, ich suche mir erst einmal einen Meister im Schwertkampf. Ich beherrsche zwar die Grundlagen, aber die werden mir in Eurer – hoffentlich nicht statt findenden - Schlacht nicht ausreichen, schätze ich.“
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|