-
Kurz zuckte der Schriftgelehrte zusammen. In der ganzen Diskussion hatte er fast das Messer an seinem Hals vergessen, auf welches Sonja nun mehr als eindrücklich hinwies. Obwohl er eine Ahnung von der Person hatte, die ihn gefangen hielt, fühlte er sich sogar halbwegs sicher. Lopadas glaubte nicht daran, dass sie ihn einfach auf der Stelle umbringen würde. Es würde ihn wundern, wenn sie, unabhänig von allen wie sie war, sich wegen einer politischen Sache zu einer solchen Taten hinreißen lassen würde. Die Rothaarige würde keinen Vorteil aus einem solchen Mord ziehen.
"Ich predige keineswegs.", sagte er sowohl zu Sonja als auch zu dem Wassermagier gerichtet, "Habe ich in meinen Worten auch nur einmal versucht euch von meinen Glauben zu überzeugen? Allein über wahre Dinge habe ich berichtet. Du hast sicher damit recht, dass es mein Todesurteil wäre, wenn ich jetzt noch versuchen würde, euch auf die Seite Innos' zu ziehen. Aber das versuchte ich nicht einmal ansatzweise. Ich wollte euch eine mögliche Welt aufzeigen, die gar nicht so utopisch ist, wie sie vielleicht auf den ersten Blick scheinen mag. Ordnung nimmt niemanden seine Freiheit. Ein Leben ohne eine Ordnung scheint mir reine Willkür zu sein. Jeder ist der Tod des anderen. Ist das wirklich ein erstrebenswertes Leben? Gehört zu der Freiheit nicht, sich frei entscheiden und frei handeln zu können? Wie können wir frei entscheiden und frei handeln, wenn wir immer ein Messer im Rücken spüren?
Vielleicht hast du es bereits vergessen, aber ich bin eigentlich Gelehrter und kein Politiker. Mir liegt nichts daran jemanden anderen zu zwingen. Ich habe mich der Sache angeschlossen, die mir als die vernünfstige erscheint. Daran ändert auch dein Messer nichts. Allerdings könnten es schlagfertige Argumente."
Der Priester hielt für einen Moment inne. Er wusste, dass er auf einem schmalen Grat wanderte und zu gern hätte er in das Gesicht der Rothaarigen geschaut und nicht nur das kalte Metall an seinem Hals gespürt.
"Auf deine letzte Frage kann ich dir keine klare Antwort geben, da ich nicht weiß, wie Rhobar entscheiden wird. Allerdings möchte ich kurz darauf hinweisen, dass Ethorn das Angebot hätte auch friedlicher ablehnen können. Das Leben dieses Mannes zu beenden, war sinnlos. Was hat er dadurch gewonnen? Welchen Vorteil konnte Ethorn aus einem solchen Befehl ziehen? Das einzige, was er gewonnen hat, ist weiteres Leid für sein Volk, da unter solchen Umständen ein Ende des Konflikts nicht in greifbare Nähe gerückt ist. Aber wer bin ich, dass ich mich in die Entscheidungen der Weltenlenker einmischen könnte?"
-
Madlen sah sich in der Taverne um. Sie war wieder gut besucht, auch wenn die junge Frau glaubte, dass das weniger an ihrem Auftritt von letzter Woche lag, sondern eher daran, dass es eben das berühmteste Wirtshaus in der Gegend war. Ein paar bekannte Gesichter konnte die junge Frau erkennen, doch sie hatte im Moment wahrlich andere Gedanken, als alte Freunde zu begrüßen und auf einen Runde einzuladen oder umgekehrt.
Pherithil war vor kurzem eingetroffen und hatte natürlich sein Instrument mitgebracht. Diesmal hatten die beiden sich einen Platz vor dem Feuer frei gemacht. Es war angenehmer im Warmen zu singen, als wenn es ständig kühl im Rücken war.
Nicht mehr lange. Die Nervosität von Madlen stieg wie beim letzten Mal auch einen ganzen Berg hinauf. Für heute Abend hatte die junge Frau etwas Besonderes geplant. Sie sang über den Aufstieg und den Fall eines Helden. Die Saga über einen der größten Männer seiner Zeit.
Mit einem lauten Pochen leitete Pherithil das langsame Verstummen der Zuhörer ein. Nach kurzer Zeit hörte man nur noch das Knacken des brennenden Holzes. Die Flammen tanzten mit den Schatten einen schemenhaften Tanz zu einer nur ihnen bekannten Melodie. Dann erhob Madlen ihre Stimme.
„Von Göttern und der Welt habe ich euch berichtet. Von Leben und Tod sang ich euch Lieder. Hoffnung und Leid waren unser Wegbegleiter. Vergangenheit und Zukunft unser Proviant. Ich zeigte euch alte, versunkene Reiche. Doch wer erbaute solche Imperien? Männer wie ihr, die den Mut hatten etwas zu bewegen. Frauen wie ihr, die die Kraft hatten Schlachten zu schlagen. Ihr seid es, die ein Reich erbauen. Nicht deren Herrscher. Sie leiten ein Reich und führen es zu wahrer Größe, doch nur mit eurer Hilfe…“
Sie nickte dem alten Mann zu und der begann zusammen mit ihrer Stimme eine alte, geheimnisvolle Melodie zu spielen. Durch Madlens Stimme, das Knistern des Feuers und der Melodie des Instruments schien die Vergangenheit und Zukunft zu greifen nah zu sein.
Dann setzte die werdende Mutter zum Gesang an.
Dunkel die Tage waren,
durch der Wüsten Staub.
Der Reiter Gier nach Macht
zerstört des Reiches Glanz.
Der Ruf nach Rache erklang,
erreichte des Helden Ohr.
Nach mächtgen Schwerte griff,
des Mannes starker Arm.
Nach langer Schlachten vieler,
der Held ersann eine List.
Des Wüsten schwarze Krieger,
sie ertranken in der Tief‘.
Nach langem, trocknem Kampfe,
des Königs Ziel ward erreicht.
Durch des Heldenschwert fiel
des Kriegsherren Zepter nun.
Nach Jahren fern der Heimat,
der Held kehrt nun zurück,
beladen mit Ehr‘ und Ruhm.
Des Kämpfers Ruhe trügerisch,
sein Feind lauert hinterm Thron.
Nach ein paar weiteren Minuten des Gesangs verstummte die Melodie wieder und die Reise war zu Ende. Zumindest für den Moment. Klatschten folgte der Ruhe. Viele erkannten die Geschichte natürlich auf Anhieb.
Das Knistern des Feuers war wieder nur ein Knistern, nicht mehr der Ferne Klang von Waffen. Das Tanzen der Schatten war nicht mehr der Zweikampf zwischen zwei Helden, sondern nur noch ein Schatten. Die Wirklichkeit war wieder real und nicht fern.
Madlen und Pherithil stimmten wieder bekannte Tavernen Lieder an.
-
Der alte Mann sorgte wieder für Ruhe. Dann begann er leise im Hintergrund mit seiner Fidel zu spielen, während Madlen zu sprechen begann.
„Helden…was macht einen Helden aus? Mut und Tapferkeit? Kampfkraft und Stärke? Vielleicht. Doch viele wichtiger ist, dass er den Mut hat etwas zu tun. Er weiß vielleicht nicht immer was zu tun ist, doch er unternimmt etwas. Ob mit dem Schwert oder dem Verstand. Was aber ist ein Held? Jeder Krieger, der fern der Heimat stirbt? Oder sind es vielleicht diejenigen, die daheim ausharren und warten bis der Liebste oder die Verlobte wieder heimkehrt? Jeder, der sich anderen nicht aufdrängt ist ein Held. Jeder der den Wert Ehre zu schätzen weiß ist ebenfalls ein Held.“
Pherithil spielte jetzt lauter und wieder wich das Gasthaus der Reise auf dem Weg in die Vergangenheit und die Zukunft.
Des Heldens verdiente Ruhe,
beendet durch des Königs Wort.
Des Herrschers Geiste verwirrt
durch das Zischen der Schlangen,
ehrloser Kreaturen hinterm Thron.
Der Königin Leben wurd beendt,
verschwand durch tödliches Gift.
Durch Trauer und böses Blut,
des Reiches größter Held
wurd verbannt in alle Ewigkeit.
Der Erde violettes Herz,
es nun sein neues Heim war.
Dort zu schürfen des Reiches
stärkste Waffe im Kampfe
gegen des Nordens harten Wind.
Der Drang nach Freiheit,
er fraß des Helden Geist.
Der Möglichkeiten keine,
so wurde des einstgen Streiters
Reiches Hass gar groß.
Des Mannes letzte Hoffnung,
sie ward erwacht zu neuem Glanze.
Wieder folgte Jubel, nachdem jeder wieder im Hier und Jetzt war. Madlen blickte zu dem alten Mann, er sah sie an und lächelte. „Wahrlich, Eure Stimme ist bemerkenswert.“ – „Aber nur, weil Ihr so vortrefflich zu spielen versteht!“ – „Nun, dann wollen wir dem Publikum geben, weswegen es gekommen ist!“
Und wieder stimmten die beiden einige bekannte Tavernen Lieder an.
-
Diesmal war es Madlen, die ihre Stimme über die Lautstärke der Taverne erhob. Langsam, wie letztes Mal setzte sich die Stille in einer Wellenbewegung um die junge Frau fort.
„So vernehmt nun die Stimme eines Helden. Egal wie viele Jahrhunderte vergehen, er wird immer ein Name sein. Mehr als ein Name, eine Hoffnung, eine Zukunft. Könnt ihr sie hören? Die Stimmen vergangener Kämpfer, der alten Herrscher und mächtiger Männer?“
Madlen ließ ihre Stimme verklingen. Nur eine leise Melodie erklang. Es schien, als würde aus den Wänden der Taverne ferner Waffenklang erklingen. Die Schreie der Männer, das Klirren des Metalls. Kalter Wind wehte durch das Zimmer. Hörner schallten durch die Stube. Man konnte die Hitze des Gefechts fühlen, die Kälte des Todes. Hoffnung und Leid.
Des Herzens neues Lager,
geführt durch mächtges Schwert.
Des dunklen Schattens Mantel
er wurde des Helden Freund,
zu retten und erhalten
der Menschen altes Recht.
Der Magier Land zu schützen,
war des Helden höchstes Ziel.
Doch tief in dessen Inneren
alter Groll erwacht von neuem,
zu rammen mächtges Schwert
in altes Freundes Fleisch.
Des großen Wassers Plan
schlug fehl durch Gesetzes Hand.
Doch viel des Königs Zauber,
so des Helden Mut entfacht.
Des Kriegers letzte Hoffnung,
Lord Hagens alte Gunst.
Durch der Feuermagier Schutz,
des Mannes Rache naht.
Des Königs Kopf er rollte schnell,
des Helden Schwur war erfüllt.
Goldner Glanz nun schien,
von Kriegers dunklem Haupte.
Alles Gefühlte, alles Gehörte es wich wieder der Gegenwart und dem Gesang von Seemansliedern.
-
Unter den Gästen brach eine Diskussion darüber, welcher Held nun der Größte war und sei. Zufällig hörte die junge Frau dies und brach in ihrem momentanen Lied ab. Nach kurzer Zeit hörten alle Gespräche auf und die werdende Mutter konnte reden.
„Ihr streitet euch darüber, welcher der größte Held war und ist? Ich nenne euch Narren. Einen Held stuft man nicht nach seinen Taten und Worten ein. Ein Held ist vielleicht nicht gleich dem anderen, doch sind sie alle gleich viel wert. Es kommt immer darauf an, in welche Zeit ein Held geboren wird, was er tun kann und ob er bekannt wird. Es gab und gibt so viele Helden, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und niemand merkte, welche Tat sie vollbrachten. Drum streitet nicht darum, welcher Held der Beste ist, sondern darum, wie viele Helden nie bekannt werden und nie in einem Lied zu ihrem rechtmäßigen Ruhm kommen!“
Die Fidel erklang und Madlen stimmte ein Lied an.
Alte, glodne Tage,
sie gehören der Vergangenheit.
Des Reiches einstge Macht,
verweht wie Sand im Wind.
Der große Held,
er soll richten was zerstört.
Doch seine Angst,
sie lähmt ihn in seinem Handeln.
Das Volk hungernd
sich wendet gegen einstgen Freund.
Des Namenlosen Worte
sie gaben dem Helden neue Kraft.
Des Mannes mächtges Schwert,
des Kämpfers starkes Schild,
vergangen, verweht durch Nordens Tod.
Des Helden Kampfeslust,
verwandelt in der Sehnsucht Frieden.
Des Generals letzte Tage
Sie brachten ihm ersehnte Ruhe.
Diesmal herrschte lange Stille, bevor ein Jubeln erklang. Dieses Lied und die vorherigen Worte brachten viele der Zuhörer zum überlegen. Doch damit die Stimmung nicht zu sehr kippte, begann Madlen wieder Seemannslieder zu singen.
-
Redsonja hörte ganz genau hin, denn sie hatte damals einen Brief geschrieben. Im Fall ihres Todes sollte er sich um ihren Sohn kümmern. Denn er war ein guter Mensch. Er wäre gewiss anfänglich überaus gefordert gewesen mit der Aufgabe ein kleines Kind gross zu ziehen. Aber Darjel war keine Frau. Daher würde es bestimmt gehen. Allerdings realisierte sie, dass ein zu tiefer Glaube denken einfach immer ersetzte und so sollte ihr Sohn nicht gross werden. Zum Glück war das nicht nötig geworden. Dennoch hegte sie jetzt nicht mehr die Absicht diesen Brief noch zu übergeben. Sie würde später einen neuen senden müssen. Aber bevor sie sich auf dem Schlachtfeld gegenüber standen. Bevor sie eine Assassine auf ihn lossenden musste, denn er war trotz seiner Liebenswürdigkeit einer ihrer gefährlichsten Feinde. Gerade weil sie Skrupel hatte und weil er dies zu wissen schien.
Als sie das südliche Stadttor erreichten, seufzte sie leise. Sie erwiderte noch nichts auf Lopadas' Worte. Stattdessen blickte sie zu Hathon, um sich zu vergewissern, ob er darauf noch etwas erwidern wollte. Er nickte ihr allerdings bestätigend zu, während Rafik noch immer als Beobachter im Hintegrund stand. Sie wurden von den Wachen kurz gemustert, doch diese erkannten erst Hathon und dann sogar Redsonja und nahmen eine noch etwas strammere Haltung an.
"Vielleicht war das auch Rhobars Absicht. Wer weiss, was ihr mit Ethorns Tochter gemacht hättet. Aber es hängt von dir ab, was du berichten wirst. Es gibt immer verschiedene Wahrheiten. Du und deine Männer ihr könnt euch für eine entscheiden."
Sprach Redsonja leise.
"Aber ich werde dich nicht mehr weiter aufhalten. Die anderen wirst du wohl am Nordtor finden." Wenn sie noch leben. Dachte sich die rothaarige Kriegerin dazu. "Es steht dir frei zu gehen."
-
Es war befremdlich - nach dem Kalender hätte die Welt in einem stechenden Weiß von gefallenem Schnee versinken müssen, während armdicke Eiszapfen sich von Dächern der Stadt hangelten, doch tatsächlich war Setarrif nur in ein schmutziges Grau von Regen und Nebelschleiern getaucht. Obwohl Badhor all die Zeit gewusst hatte, dass er hier im Süden war, hatte er es sich dennoch nicht vorstellen können, dass selbst im Winter der Großteil des Landes frei vom Schnee blieb.
Von seinen Gedanken aufhorchend wandte sich der Nordmarer wieder seinem Tagewerk zu: ein gutes Stück Ulmenholz, die zweite Hälfte des Stammes, aus dem auch sein eigener Bogen gefertigt worden war. Noch hatte das Holz zwar nicht den charismatischen dunkelbraunen Ton der Zeichnung, mit dem das Messing kontrastiert werden sollte, doch dem ließ sich später noch mit einer Tinktur nachhelfen, die gleichzeitig das Holz dunkel färben und vor Vermoderung schützen würde.
Bis jetzt war von den geschwungenen Linien, die der Bogen später haben würde, noch nicht viel zu sehen, noch war es nur ein recht dicker, länglicher Mast aus rotbraunem Holz, flexibel doch widerstandsfähig, ein perfektes Bogenholz, dessen Form man nicht ohne eigenen Schweiß aus dem Mast herausarbeiten konnte.
Vielleicht lag darin sogar der größte Reiz der Ulme...
-
"Bitte tut dem einfachen Volk den Gefallen und verhindert unnötiges Blutvergießen oder zögert es hinaus", bat Rafik den Gesandten, als seine Lehrmeisterin und er aus dem Tor gingen. Rafik selbst hielt sich weiter hinten auf und beobachtete die Umgebung. Die letzte Bitte konnte er jedoch nicht auf seine Zunge ruhen lassen.
Es ist nur eine Frage der Zeit bis es rauskommt, egal was er berichtet. Wir sollten um Frieden beten, solange bis ich erhobenen Hauptes eine Waffe in der Hand habe, ging es durch Rafiks Gedanken. Er schwor sich selbst seinen Weg zu finden, ob Rache oder nicht lag nicht an ihm. Aber einen Mord mit eigenen Augen zu sehen verdrehte alles. Er wusste nicht, ob er so einfach ein Menschenleben nehmen konnte, es war nicht seine Aufgabe. Der verstorbene Mann hatte vielleicht Familie und Freunde die jetzt trauerten, wie wenig war einem König ein Menschenleben wert?
Er saß auf einer Kiste und schaute in den Himmel, in den grauen, tristen Himmel. Die Götter schienen eine schwere Decke auf die Menschen zu legen, eine Last auf jeder Schulter. In seinen Gedanken schweifend wartete er.
-
Edon hatte den Winter nie gemocht - außer in den Zeiten, in denen er noch in der Wüste herumgeturnt war, da hatte er die ewige Sonne nicht leiden können. Für einen von der Straße, so viel hatte auch er dann irgendwann gelernt, war der Winter aber doch immer das härtere Brot gewesen, das man aus einer fremden Tasche stahl, die Leute waren schlechter drauf und deshalb ebenso sehr misstrauischer wie auch verschwenderischer beim Austeilen von Prügeln, wenn man langsam genug gewesen war, dass einen die besagt schlecht gelaunten Leute einholen konnten.
Dennoch kam auch der oft nicht ganz umgängliche Dieb zu dem Resultat, dass dieser Winter doch besser war als der vom letzten Jahr - er hatte drei Schwerter mehr an seiner Wand, eine Wand mehr, an der er Schwerter aufhängen konnte, eine Pfeife mehr, bei der er sich Schwerter samt samt Wand begucken konnte und einen Stuhl mehr, auf dem er sitzen konnte, während er die Pfeife rauchte, bei der er sich Schwerter und Wand beguckte.
Vielleicht war er ja noch ein bisschen zu jung, um bereits eine Nostalgie zu entwickeln, die ausgelutschte Veteranen dazu trieb, die Jugend zu beschimpfen und über seine eigene verblichene Jugendzeit zu lamentieren, in der man sich noch über die Alten aufregte, die sich über die Jungen aufregten, aber dennoch lohnte sich vielleicht auch bei den Jungen, die sich über die Alten aufregen, weil die sich aufregen, dass sich die Jungen über die Alten aufregen - wer wusste schon, wer diesen ewigen Zwist irgendwann mal angefangen hatte, die ersten jungen, als es noch keine Alten gab, oder die ersten Alten, als es neue Junge gab, die in ihren Augen niemals alt genug würden, um sich über die Jungen aufregen zu können - mal zurückzuschauen, wie man sich über die Alten aufregt, weil man noch nicht alt genug ist, sich über die Jungen aufzuregen.
Oder - und das lohnte sich vielleicht noch viel eher - hörte Edon besser auf, über derartige Fallstricke der Beziehung zwischen jung und alt nachzudenken - das konnte er immer noch tun, wenn er erstmal alt war...
-
Adson hatte den Ellenbogen auf die Tischplatte aufgestützt und das Kinn in die rechte Hand gelegt. Vor ihm lag ein dickes Buch, irgendwas über die Geschichte Argaans, doch der Blick der Klinge folgte nicht den Schriftzeichen vor sich, sondern verlor sich irgendwo zwischen den Zeilen. Er hatte sich in die Bibliothek begeben, um dort ein wenig zur Ruhe zu kommen und nachzudenken. Fast zufällig war ihm dabei eine Chronik der Insel in die Hände geraten und er hatte angefangen darin zu lesen, doch weit war er nicht gekommen.
Sein Gedanken irrte immer wieder zu den Ereignissen der letzten Tage. Über drei Ecken und unter vorgehaltener Hand hatte er von den Geschehnissen im Thronsaal gehört. Sicherlich war das eine oder andere dazugedichtet und weggelassen worden, aber trotzdem blieb als Hauptinhalt: Einer der Gesandten aus Thorniara war erschlagen worden. Adson erinnerte sich an seine Audienz beim König. Er hatte ihn als stolzen und eher verschlossenen Mann in Erinnerung, allerdings erinnerte er sich auch an die Siegerehrung. Da hatte er in Ethorn einen Krieger gesehen, der die Waffe zugunsten seiner Position zurückstellen musste. War dies einer der Gründe für Ethorns Ausbruch gewesen? Wollte er wieder die Waffe in der Hand spüren und nicht mehr auf seinem kalten Thron versauern? Hatte er es so verstanden, dass Rhobar ihn zu einem 'Beamten' dekradieren wollte? War diese Vorstellung für den stolzen, starken Krieger zu viel gewesen, verbunden mit dem Griff nach der Familie des Königs?
Unwillkürlich zuckte Adson zusammen, als ein Magier vorbeischritt. Adson suchte den letzten Absatz, doch erinnerte er sich nicht mehr an die zuletzt gelesenen Zeilen und schlug das Buch zu. Sein Gedanken waren noch immer im Thronsaal. Er konnte die impulsive Tat des Herrschers nicht gutheißen, aber er hatte sich für diese Stadt und diesen König entschieden und würde also damit leben.
Der junge Schreiner stellte das Buch zurück ins Regal und schlenderte langsam zum Ausgang der Bibliothek. Was würde er wohl den Rest des Abends noch machen? Wahrscheinlich trainieren. Denn bald würden die Männer Setarrifs ihre Kampfkunst unter Beweis stellen müssen, so ließ es zumindest der Gesandtenmord vermuten.
-
Nachdem Sonja ihn losgelassen hatte, drehte er sich zu den drei um, die ihn hinaus begleitet hatten. Musste er das Gesagte zusammenfassen, so schien es ihm, dass sich alle nach einem Frieden sehnten. Ihre Loyalität zu Ethorn verbot es ihn allerdings, einfach so zu gehen. Besonders bei der Rothaarigen wunderte sich Lopadas, warum sie als unabhängige Frau sich in den Dienst eines solchen Schlächters stellte.
"Ich versuche bereits seit Jahren unnötiges Blutvergießen zu vermeiden.", sagte er zu dem Fremden, der sich die gesamte Zeit im Hintergrund gehalten hatte, "Mir liegt nichts daran einen anderen Menschen zu töten. Doch wie ihr habe ich mich der Seite angeschlossen, die ich für die richtige halte. Gäbe es diese Trennung in verschiedene Parteien nicht, würde uns nichts trennen."
Der Schriftgelehrte rang sich zu einem freundlichen Lächeln durch, welches ihm schwer viel, da die bevorstehenden Ereignisse nicht mehr zu verhindern waren. Er hatte keinen Einfluss mehr darauf, wenn bereits ein Bote von Kerdric nach Thorniara gesandt worden war. Aber es wäre auch fraglich gewesen, ob er einen solch heimtückischen Mord geheim gehalten hätte. Ethorn hatte einmal mehr beweisen, dass er kein König war.
"Ich hoffe, dass wir uns beide woanders wiedersehen als auf dem Schlachtfeld.", sagte der Tempelvorsteher an die Rothaarige gewandt, "Auch wenn ich bemerkt habe, dass dir meine Sicht der Welt nicht gefällt, hoffe ich doch, dass du mich nicht für ein fanatisches Monster hälst. Damals wie heute gibt es für mich nur ein politisches Bestreben und das ist der Friede. Ich muss ehrlich sagen, dass es einfacher war, als du dich noch nicht Ethorns Sache angeschlossen hattest.", sprach er weiter mit einem aufrichtigen Lächeln, "Auch wenn dies nicht das erste Mal war, dass ich eines deiner Messer an einem Hals gespürt habe, so warst du dennoch immer ... freundlich. Lebt wohl."
Zum Abschied schaute Lopadas tief in die Augen Sonjas und versuchte hinter die Schleier zu schauen. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging an der Stadtmauer entlang in Richtung Nordtor, wo der Rest der Gesandtschaft bereits auf ihn wartete.
"Innos zum Gruße. Lasst uns nach Thorniara zurückkehren. Hier hält uns wahrlich nichts mehr.", sagte der Schriftgelehrte zu den Soldaten und blickte dann auf die Bahre, auf der das Opfer dieser Unternehmung lag, "Möge seine Seele in Innos' Reich den Frieden finden, den sie unter uns nicht finden konnte."
-
Schweigend blickte er dem Feuermagier nach, bis er aus seinem Blickfeld verschwand und die beiden Personen an seiner Seite schienen es ähnlich zu handhaben. Lopadas zeigte keinerlei Regung auf seinem Weg, die darauf hindeutete, dass er sich mit einem magischen Angriff verabschieden oder sie nochmals mit seinen fanatischen Worten zu bekehren versuchen wollte. Das war vermutlich auch besser für ihn.
„Der Mord war nicht klug“, sagte Hathon schließlich und wandte sich zum Gehen. Keiner der beiden erwiderte sofort etwas, aber sie folgten ihm. „Ja, das Angebot war ziemlich höhnisch, aber deswegen verletzt man keine heiligen Gesetze. Damit verschafft der König sich kein neues Vertrauen in seinen Reihen und dabei hat er das meiner Einschätzung nach bitter nötig. Die letzten Monate verliefen nicht unbedingt zu unserem Wohlwollen.“
Er ersparte sich lange Reden um die Gründe dafür, die Geschehnisse auf der Insel waren ihnen allen bekannt, genauso wie die Untätigkeit Ethorns offensichtlich zu erkennen war. Auch Rhobar musste sie längst bemerkt haben.
„Wenn das Volk davon erfährt, dann können die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfallen. Und ich fürchte, dass sie es erfahren werden, auch wenn wir es ihnen nicht sagen. Innos' Prediger sind überall und sie sind ganz offensichtlich lebensmüde, wie wir gerade sehr anschaulich gesehen haben. Nichts wird sie aufhalten, diese Tat auf der ganzen Insel bekannt zu machen.“ Er seufzte und bog in die Straße ein, die zum Platz vor dem königlichen Palast führte. „Ich halte es für klug, die Wassermagier diesbezüglich ins Vertrauen zu ziehen und sowohl sie, als auch Ethorn an einen Tisch zu holen. Sie stehen dem Volk am nächsten, sie sind es, die die Massen beruhigen können, wenn es brenzlig wird. Aber dem König muss klar werden, dass er ihr Vertrauen nicht durch solche Taten aufs Spiel setzen darf.“ Und einige Augenblicke später fügte er noch hinzu: „Genau wie seinen Wachen.“
Solveg
-
Redsonja überlegte lange. Lopadas hatte einen sehr wunden Punkt getroffen. Ja, sie liebte die Freiheit und sie hatte sich einem König angeschlossen. Sie kämpfte für eine Sache, die nicht die ihre war. Zumindest gegen etwas, was ihr schon seit Jahren zu wider war. Normalerweise war sie nicht die Stimme der Vernunft. Das mit der Unberechenbarkeit hatte sie durchaus ernst gemeint.
"Das Volk ist eher bequem. Setarrif fühlt sich momentan nicht akut gefährdet. Das lässt einen träge werden. Vielleicht sollten wir dem Volk auch klar machen, dass es ohne eine harte Hand nicht geht zu trotzen. Sonst werden wir langsam unterlaufen und irgendwann aufgesaugt. Mit netten Worten, süssen Versprechungen. Sie locken, bis es zu spät ist."
Sprach die rothaarige Kriegerin und beobachtete Hathon.
"Aber ihr habt Recht. Ohne die Wassermagier wird es nicht gehen. Auch jene vom Festland und wenn einer sie davon überzeugen kann, dann seid ihr das. Keine leichte Aufgabe bei einigen, vermute ich. Aber ich habe volles Vertrauen."
Sprach sie und blickte in diese Augen, die schon viel gesehen zu haben schienen.
-
Und da lag er jetzt auf dem Boden und sein Bart zwischen Sand und Fuß eingeklemmt. Hätte er jetzt seinen Hammer hätte er sich vielleicht doch befreien können. Doch auch mit Hammer hätte er es nicht getan. Sein Bart war ihm zwar heilig aber seine Ehre und seine Versprechen waren doch noch etwas heiliger. Er hatte allen versprochen, dass Rognor jede Hand zertrümmert hätte, die ihn am Barte gefasst hätte. Doch leider war ein Fuß nun mal keine Hand und somit hatte er die selbst aufgestellten Regeln von dem Zwergen nicht verletzt. Und somit musste er keine Repressalien fürchten. Da Rognor zu seinem Wort stand hatte sein Meister eigentlich auch nichts zu fürchten. Und so wie es jetzt aussah, gab es eh nur einen Ausweg aus dieser Situation. Er kam nicht an den Fuß heran, der ihn daran hinderte aufzustehen. Knurrend sprach er seinen Lehrmeister an. "Ja Ja. Kannst jetzt den Fuß wegnehmen ich geb ja auf." Nachdem Wendel seinen Fuß von dem Bart genommen hat sprang Rognor auf seine Beine und klopfte sich den Dreck aus dem ansonsten weißen Bart. Grummelnd verabschiedete er sich von seinem Lehrmeister und ging zurück in seine Mine. Nicht aus gebrochenem Stolz sondern, weil er eine Idee hatte.
-
Setariff
"Koestlich..." Manuele sass in der Taverne und schlang eine Poutenbrust nach der anderen runter. Er fuehlte sich als ob er neu geboren worden waere, einfach nur zu gut. Leider musste er jedoch zugeben, dass einiges seiner alten Kraft verschwunden war. Keine gute Sache, gar nicht gut, vor allem nicht in diesen kriegerischen Zeiten. Nur vom Essen alleine wuerde er wohl nicht zu Kraeften kommen und auch Training zahlte sich viel zu langsam aus.
Er musste einen anderen Weg finden. Sein Vater hatte ihm frueher mal erzaehlt, als er noch ein kleiner Junge war, dass die Magier so komische Traenke brauen konnten. So rotes Zeug, dass den Paladinen nach einer Schlacht ihre Kraft wieder gab und sie sogar noch Staerker machte. Wer weiss... vielleicht kannten die Wassermagier ja auch so etwas. Doch wer war er um mit diesen Gelehrten zu haendeln? Da musste schon jemand gehobeneres ran, er war einfach zu rauh und ehrlich um bei solchem Pack zu schleimen. Raad jedoch... ja er wuerde ihn um Rat fragen. Doch zuerst wuerde er noch einige Mass Bier leeren, das schuldete er seinem Magen, wahrhaftig. "Wirt, noch zwei"
-
„Solveg!“, hörte er plötzlich seinen Namen auf eine Weise, die irgendeine seltsame Mischung aus Rufen und Flüstern war. Er blickte von der Landkarte auf, über die er bis gerade eben gebeugt gewesen war und suchte nach dem Verursacher der ungewöhnlichen Sprechweise. Oder eher nach der Verursacherin, denn dass es eine weibliche Stimme gewesen war, hatte er gerade so noch heraushören können, wem sie gehörte, jedoch nicht.
Während seine Augen die mit Kerzenlicht nur schwach erhellte Dunkelheit der Bibliothek um ihn herum abtasteten, meinte er zu spüren, dass sich ihm jemand näherte und noch ehe die Person heran war, fuhr er rasch in die Richtung herum, in der er sie vermutete. Und damit lag er vollends richtig.
„Silvie?“, fragte er überrascht, „was soll die Geheimnistuerei?“
„Ssssht!“, murmelte sie, einen Finger vor die eigenen Lippen gehalten, „Es muss nicht jeder wissen, weswegen ich hier bin. Hör zu, es ist wichtig.“ Sie trat an den Tisch heran, auf dem Solveg eine Landkarte Argaans ausgebreitet hatte und warf einen kurzen, offenbar nachdenklichen Blick darauf, ehe sie zur Sache kam. „Es ist etwas geschehen, das nicht hätte geschehen dürfen. Hathon hat es vorhin uns Hofmagiern mitgeteilt und wollte eigentlich auch längst zu Tinquilius, aber der ist nicht da.“
„Ja …“, warf der Schriftgelehrte ein und dachte an die Sache mit seinem Boten zurück und wie er gestern Wombel losgeschickt hatte, weil auch andere sich um die Abwesenheit des obersten Wassermagiers und seines Vertrauten sorgten, „er ist schon sehr lange nicht mehr gesehen worden. Was ist los?“
Sorgenfalten traten auf Silvies Stirn, ohne dass sie aber weiter nachfragte. Ohnehin brannte er nun auch mehr darauf, was sie derart beunruhigte.
„Eben weil ich ihn auch nicht gefunden habe, komme ich zu dir. Denn ich weiß nicht, wie viel Zeit noch bleibt und was genau geschehen wird. Hathon hält sich sehr bedeckt.“
Ungeduldig über das lange Gerede drumherum bearbeitete Solveg seine Finger, bis sie endlich darauf zu sprechen kam, dass eine Gesandtschaft Rhobars im Palast eingetroffen war, die ein Friedensangebot überbracht hatte. Im Tausch gegen eine seiner Töchter hatte Rhobar Ethorn eine Position als Statthalter Argaans angeboten, wenn er im Gegenzug die Waffen ruhen ließ und Rhobar als rechtmäßigen König der Insel anerkannte. Sie erörterte das alles ohne irgendeine Wertung, sondern berichtete stattdessen daraufhin darüber, dass Ethorn das Angebot mit der sofortigen Hinrichtung eines der Gesandten beantwortet hatte, die nun auf dem Rückweg nach Thorniara seien.
Als Solveg nicht sofort etwas sagte, sondern in seinen Gedanken wilde Spekulationen über die Folgen dieser Tat durchging, sprach die Hofmagierin weiter: „Ich weiß, dass ihr in relativ engem Kontakt zu den Feuermagiern steht und diesen Frieden vermutlich sehr gern gesehen hättet. Wir Hofmagier können uns diesbezüglich nicht so deutlich positionieren und vor allem bei Hathon und vielen anderen fürchte ich, dass sie sehr auf Ethorns Seite stehen und dieses Angebot als Hohn werten, das keinerlei Verhandlung wert war. Vielleicht halten einige die Antwort sogar als gerechtfertigt. Egal!“
Sie betonte dieses eine Wort, als sei es nichts, dass in ihrer Glaubensgemeinschaft Menschen lebten, die einen Mord und noch dazu den an einem Gesandten als gerechtfertigt ansahen. Solveg war sich nicht sicher, wie er darüber denken sollte, denn auch auf seine Kappe gingen einige Morde, die er inzwischen jedoch innigst bereute. Für jeden Getöteten und Verletzten bar er Adanos Tag für Tag um Vergebung. Die Zeiten in Gefangenschaft hatten ihn zum Umdenken angeregt, dass er damit bereits vollends Buße getan hatte, glaubte er jedoch nicht. Silvie fuhr allerdings ohne Unterlass fort und bot ihm keine Gelegenheit, auf diese Betonung einzugehen.
„Denn Hathon ist sich bewusst, dass ihr anderer Meinung sein werdet und er fürchtet, dass die Propaganda Rhobars und seine Antwort auf diesen Mord das Volk Setarrifs gegen Ethorn auflehnen könnte. Um das zu verhindern, braucht er euch und genau das will er Ethorn klar machen. Ich bitte euch, geht darauf ein, ohne lange zu verhandeln! Und seid vorsichtig, wenn ihr demnächst mit den Feuermagiern in Kontakt zu treten versucht. Ich kann nicht garantieren, dass eure Boten nicht bereits von Ethorns Männern aufgehalten werden, wenn er erstmal von euren Kontakten erfährt. Ganz egal, was ihr nach Thorniara schreibt, er wird das in jedem Fall als Verrat ansehen und ab dem Moment können wir Hofmagier uns nicht mehr auf eure Seite stellen. Das wäre unser aller Tod.“
-
Lehrling
Setarrif? Welche Perle der Menschheit. Gebäude aus Marmor, goldene Kuppeln und der Tempel Adanos. Nun wenn man es so betrachtete, war Setarrif tatsächlich eine Perle, vielleicht einmal abgesehen von dem Tempel,Thorenius hielt nicht gerade viel von Adanos. Dennoch fühlte er sich hier irgendwie nicht wohl, was wohl weniger an der Stadt als an dem Grund ihres Aufenthalts lag. Anfangs hatte Thorenius es als seine von Gott gegebene, von welchem war nicht genau festzustellen, denn nicht nur mit Adanos hatte er es nicht so sehr, Innos war auch nicht gerade sein großer Freund und auf Beliar, oder besser gesagt seine Anhänger, war Thorenius bisher nicht allzu oft gestoßen. Nun ja, er hatte es jedenfalls als eine von irgendwas gegebene Pflicht verstanden, Mandorat für den Tod seiner Mutter zu bestrafen. Nur hatte er sich das auch irgendwie leichter vorgestellt. Ein im Grunde sehr dummer Gedanke. Natürlich lief es nicht so ab, dass er mal eben kurz den Mörder fand und diesen wiederum tötete. Das Ganze war um einiges komplizierter und Thorenius hatte durchaus bereits darangedacht, die Sache auf sich beruhen zu lassen, aber dann hatte er wieder an seine Mutter gedacht und schon wollte er Mandorat wieder tot sehen.
Nunlief er, gerade erst in Setarrif angekommen, seinem treuen FreundAndraston hinterher, der für sein Alter nach Thorenius Meinung einenviel zu schnellen Schritt hatte. „Ich kenne einen Händler der hierlebt. Korstan ist sein Name. Ich habe ihm vor unserer Abreise einenBrief geschrieben. Sicher kann er uns bei weiteren Nachforschungenhelfen, sofern er nicht mittlerweile von einem wütenden Kundenerschlagen wurde. Korstans Verkaufsmethoden sind etwas... Nun nichtwichtig“, meinte Andraston gerade im gehen. „Ich muss mich nurwieder daran erinnern, wo er nochmal genau wohnte.“
Das konnte ja heiter werden. Andraston war ein netter Mann und bestimmt nicht dumm, aber sein Orientierungssinn war bestimmt nicht der Beste.„Ich habs“, meinte er dann nach einigen Minuten. „Oder doch nicht? Doch bestimmt. Oder?“ „Jetzt entscheide dich mal“,unterbrach ihn Thorenius. “Erinnerst du dich oder nicht?“„Versuchen wir es einfach mal.“
Sie liefen ein paar Minuten durch die Stadt, bevor Andraston vor einem Haus stehen blieb und klopfte. Nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür. Ein Mann im mittlerem Alter trat heraus, blickte die beiden einige Minuten verständnislos an bis er schließlich fragte:„Andraston?“ „Ja, ja, genau“, meinte dieser und ging einfach an dem Mann vorbei ins Haus. Dieser musterte noch kurz abschätzig Thorenius und lud diesem dann mit einem Wink seiner Hand ein auch herein zu treten. Drinnen roch es freundlich ausgedrückt schrecklich und Thorenius fühlte sofort den Impuls wieder heraus zu gehen.Stattdessen aber folgte er seinem ehemaligen Lehrer in eine Art Esszimmer, wo dieser sich vollkommen uneingeladen an einen Tisch setzte. Korstan, der hinter Thorenius gewesen war, kam ebenfalls herein und meinte noch im gehen: „Ich habe deinen Brief erhalten,aber kein leider nichts für dich tun. Würdest du also bitte wieder gehen, das letzte Mal war nun wirklich schlimm genug.“ Thorenius war innerlich amüsiert. Soviel zum Thema Freund. Andraston hingegen holte seinen Geldbeutel hervor, warf ein paar Münzen auf den Tisch und lächelte Korstan freundlich an, der seine Meinung nun wohl änderte und nun an Thorenius gewandt meinte: „Mein untertäniges Beileid für euren Verlust, mylord. Andraston hat mir in seinem Brief davon berichtet. Ich werde euch mit Freuden helfen dieses Verbrechen zu sühnen.“ Thorenius fragte sich spontan, ob er nun wohl in einem der Satire-Stücken gelandet war, die seine Mutter so liebte. Der Mann war wirklich mehr als nur leicht zu kaufen.
Geändert von Thorenius (22.01.2013 um 16:30 Uhr)
-
Lehrling
Korstan war gerade zu übereifrig mit seinen Gästen gewesen und hatte ihnen mehr als nur eine Weinflasche angeboten, was Thorenius immer wieder mehr oder weniger höflich ablehnte. Wenn er ehrlich war mochte er den Händler nicht allzu sehr und versuchte deshalb distanziert zu wirken. Dies schien auch gut zu funktionieren, denn Korstan konzentrierte sich bald mehr auf Andraston. Die beiden hatten sich viel zu erzählen, nach Thorenius Geschmack schon fast etwas zu viel. Er wollte wissen, wo der Mörder seiner Mutter war, um die Sache schnell hinter sich zu bringen und nicht die Lebensgeschichte eines korrupten Händlers hören. Also stand er nach einiger Zeit auf und ging, nachdem er zu Andraston gewandt meinte: "Ich seh mich ein wenig in der Stadt um."
Als er draußen war, musste er auch endlich nicht mehr unter dem Gestank leiden, der im Inneren des Hauses allgegenwärtig war. Stattdessen spazierte er nun ein wenig durch die Gassen, betrachtete rechts und links die Häuser und widmete sich seinen Gedanken. Thorenius war überrascht, wie wenig er seit dem Tod seiner Mutter über diese nachgedacht hatte. Im Grunde dachte er mehr an ihren Mörder als an sie. Nun ja, es war später noch Zeit zum Trauern und wenn er ehrlich war, begrüßte er, dass die Trauer ihn derzeit nicht belastete. Wie sollte er den dann rational denken können? Wie sollte er ihren Mörder finden können?
Plötzlich merkte Thorenius, dass er vor einer Tür stand. Darüber hing ein Schild auf dem "Zur gleitenden Feder" stand. Mhm. Vielleicht findet sich hier etwas interessantes, dachte er und trat ein.
-
Die Feder hatte er mit einer kleinen Staubschicht bedeckt vorgefunden. Er wollte lieber nicht wissen, wie lange er wirklich weg gewesen war, vielleicht eine kleine Ewigkeit. So musste er den ersten Tag zurück in der Welt der Lebenden damit verbringen, seinen Laden zu entstauben, die Haushaltsbücher durchzugehen und unzählige kleinere Botschaften - besonders zahlreich waren die Briefe von Meister Calamus, der ihm nicht wenige Aufträge hinterlassen hatte - durchzublättern. Immerhin, so dachte er noch, waren seine Bücher nicht "gereift", wie der kleine Staubzombie es wohl genannt hätte.
Ein Staubwedel, der sich munter von selbst zu schwingen schien, während Turang ihn mit den Bewegungen eines Dirigenten leitete, beseitigte noch in den letzten Ecken den Staub als das so wohl bekannte Knarzen der Eichentür erklang und ein recht kleiner Mann eintrat, dessen Gesicht sich im Gegenlicht der beleuchteten Straße nicht so recht erkennen ließ.
Der Staubwedel wischte noch ein paar Mal hin und her, ehe er brav in seine Ecke zurückkehrte und dort regungslos stehen blieb, während sich Turang in seinem Stuhl aufrichtete.
"Guten Abend, was kann ich für euch tun?"
Normalerweise kannte der junge Magier seinen kleinen Kundenkreis recht gut, doch dieser Mann gehörte nicht dazu, auch hatte Turang ihn vorher noch nie gesehen...
-
Lehrling
Thorenius ignorierte den Mann, bei dem es sich offensichtlich um den Ladenbesitzer und obendrein um einen Magier handelte, erst und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Die vielen Bücherregale bestätigten ihn in einem Verdacht, den schon bei dem Namen des Geschäftes gehabt hatte. Es handelte sich um eine Bücherei. Das war im Grunde eine sehr gute Nachricht, den diese Welt kannte aus Thorenius Sicht keine bessere Art von Geschäften. Vielleicht ließ sich hier sogar etwas von Interesse finden. Ein Buch über Setarrif zum Beispiel. Thorenius konnte nämlich nicht gerade behaupten, dass er viel über die Stadt wusste. Jetzt blickte er zu dem Buchhändler, nickte ihm leicht zu und sagte: "Guten Abend. Ich bin Graf Thorenius Zacharian und wie Ihr zweifelsfrei ahnen könnt, möchte ich ein Buch erwerben." Den Titel sprach er mit einem gewissen Genuss aus. All die Jahre hatte er darauf gewartet ihn endlich zu erben und mit ihm den Respekt der Menschen, so hoffte er jedenfalls. "Um genau zu sein suche ich ein Buch über die Stadt Setarrif."
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|