-
"Wie kann das bisschen Stroh nur so schwer sein?", murmelte Adson und wuchtete eine der ungenutzten Übungspuppen auf einen Karren. "So, das war die letzte, wir können los.", rief er noch und dann setzte sich der Karren langsam in Bewegung und fuhr in Richtung des südlichen Stadttores.
Adson ging neben dem Gefährt her und ließ nochmal einen Blick über die Ladung schweifen. Da fanden sich zwei Übungspuppen, einige Zielscheiben in verschiedenen Größen und außerdem noch einige Pfosten und Seile, sowie die nötigsten Werkzeuge. Adson nickte zufrieden; dass würde fürs erste reichen.
Gemütlich rollte der Karren durch die Stadt, in welcher schon geschäftiges Treiben herrschte. Der Markt war gut gefüllt, hier und da roch man den Duft von frisch gekochtem Essen, ein paar Kinder tollten an den Wagen vorbei und verschwanden in einer der Gassen. An einem Stand verhandelten zwei Männer lautstark über den Preis für einen Umhang und an einem anderen pries ein Fischhändler stimmgewaltig seine Ware an. Adson hatte sich längst an diesen Trubel in der Stadt gewöhnt und manövrierte mit seinen Helfern den Karren durch die Menge. Immer wieder mussten sie kurz anhalten oder zumindest bremsen, aber schließlich hatten sie es doch bis zum Südtor geschafft.
Adson grüßte die Torwachen und unterhielt sich kurz mit ihnen, schließlich kannte man sich mittlerweile, dann verließ der Karren die Stadt und schwenkte links herum, um auf einer freien Fläche nahe der Stadtmauer zu halten.
"Alles Abladen!", rief der junge Schreiner, "Hier legen wir den Schießplatz der Arena an!"
-
Setarrif, es war schon eine ganze Weile her, dass sie zuletzt hier gewesen war. Sie war vor einigen Tagen aus dem Kastell aufgebrochen, nachdem sich der mysteriöse Geheimgang im Speisesaal als nichts entpuppt hatte und sie in einer anderen Ecke des Speisesaals aus der Wand gekrochen waren. Sie erinnerte sich daran, wie sie gekichert hatte, als Blacks Gesicht rot angelaufen war - vor Empörung, dass er sich so hatte lumpen lassen? Auf jeden Fall war es der angenehmste Aufenthalt im Kastell gewesen, den sie je gehabt hatte. Nun strich sie also durch Setarrif. Die Puppe für Aniron hatte sie dabei, vielleicht würde sie ja auch wieder mit Maris plaudern können. Hoffentlich wollte er nicht weiterlernen. Zum Einen wusste sie noch nicht wieder, wie weit sie ihm trauen konnte, zum Anderen wollte sie auf dieser Reise keinen Schüler dabeihaben, während sie selbst sehen musste, wo sie bleiben würde.
Die Seherin blieb stehen, überlegte. Wo wollte sie diesmal hingehen? Für heute reichte es mit Spaziergängen, beschloss sie, und schlug den Weg zurück zur Herberge ein, als sie eine Gestalt sah, die ihr bekannt vorkam. Weder Aniron noch Maris, und das waren die wenigen, die sie in Setarrif kannte. Sie näherte sich, musste ja sowieso in die Richtung, und erkannte langsam mehr Details. Sie kannte den Mann gar nicht aus Setarrif, den hatte sie in Schwarzwasser getroffen.
„Adrastos? Bewahre, ich habe gar nicht damit gerechnet, hier noch jemanden aus Schwarzwasser anzutreffen“, grüßte sie den Druiden, mit dem sie einmal eine Tooconda bekämpft hatte (mehr schlecht als recht). „Ähm, ich weiß, das kommt vielleicht etwas überraschend, aber ich möchte dich um einen Gefallen bitten ... und zwar hoffe ich, für eine anstehende, schwierige Reise noch einige Tipps zu bekommen. Corax wollte mir etwas beibringen, aber ich habe ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen ... wäre das möglich? Es ist vielleicht etwas viel verlangt.“
-
Manchmal war alles was man brauchte ein Bier, bevor man sich auf die Reise machte. Sein Aufenthalt in Setarrif währte nun schon viel länger als ursprünglich geplant und auch Aniron hatte schon vor über einer Woche zugegeben, ihm nichts mehr beibringen zu können. In ihm nährte sich der Drang, diese Stadt zu verlassen und wieder weiterzuziehen. Nach Westen, in Richtung Schwarzwasser, oder vielleicht nach Norden, oder ins Gebirge. Hauptsache wieder auf Reisen. Seine derzeitige Reise jedoch bestand in der Suche nach einer Taverne oder eine Schenke, in der er seinen Durst stillen konnte. Man hätte meinen können, nach seinem langen Aufenthalt würde er sich etwas in der Stadt auskennen, doch meist blieb ihm keine Zeit für ausgedehnte Spaziergänge. Und so hoffte er Straße für Straße, Gasse für Gasse endlich eine Taverne zu finden, und wenn es nur eine Spelunke wäre. Stattdessen fand er...
„Cécilia?“ riet er ins Blaue, als die Frau ihn ansprach. Zugegeben, sie war ihm bekannt, aber so ganz wusste er nicht woher. Klar, vom Waldvolk, aber genaueres konnte ihm auch sein Gedächtnis nicht sagen. Seine Vermutung ob ihres Namens schien richtig zu sein, zumindest machte sie keine Anstalten, ihn zu verbessern. Stattdessen fiel sie gleich mit der Tür ins Haus.
„Corax, hm?“ brummte der Druide mit Missfallen. „Ist ja klar, dass der nix auf die Reihe bekommt.“
Eine anstehende, schwierige Reise also. Ad konnte sich seinen Teil nur denken, aber er glaubte zu erahnen, welche Reise gemeint war. Und wenn dem wirklich so wäre, so musste sie tatsächlich lernen und aufschnappen, was sie nur konnte.
„Nagut, spendier mir ein Bier, dann können wir über alles reden“ sagte Ad in der Hoffnung, so den Weg zu einer Taverne gezeigt zu bekommen.
-
Adrastos wirkte verwirrt, als er ihr antwortete. Gut, so oft hatten sie sich auch noch nicht gesehen, und wenn sie sich recht erinnerte, war er auch nicht bei ihrer Verhandlung wegen Rekhyt und Elderus dabeigewesen. Aber er fand den richtigen Namen, nicht dass es schlimm gewesen wäre, wenn er ihn nicht gefunden hätte. Sie war gerade nicht auf Krawallkurs, das kam auch so eher selten vor. Glaubte sie. Als er vorschlug, das ganze in Ruhe zu erörtern, nickte sie.
„Ich kenne eine gute Taverne in Setarrif, die Sturzkampfmöwe. Netter Laden. Aber ich hab hier in der Stadt noch nie eine solche Möwe gesehen ... vielleicht ist das auch nur Seemannsgarn“, erzählte sie und schlug nun den Weg zur Sturzkampfmöwe ein, nicht zur Herberge.
Sie waren bald da, hatten sich schon in der Nähe befunden. Die beiden setzten sich an einen Tisch und Cé bestellte das Bier, sie würde es am Ende ja auch bezahlen dürfen.
„Ich weiß leider nicht genau, was er mir beibringen wollte. Er hat es nicht genau gesagt, und nachdem ich ihn gerade zumindest im Ansatz überredet hatte, hab ich ihn nicht mehr gesehen seit Samhain. Er hat immer nur Andeutungen gemacht.“
-
„Hm“ machte Ad und lehnte sich nach vorne. Auch wenn sie in einer belebten Taverne waren, wäre es wohl keine Dummheit, ein wenig auf Diskretion zu achten. „Und er hat dir nicht gesagt, was er vorhat?“
Nicht, dass es überraschend war. In all den Jahren, die er Corax nun schon kannte war dieser immer etwas der Geheimniskrämer gewesen, hatte nie viel verraten.
„Das macht es natürlich schwieriger zu erraten, was ich dir zeigen soll.“ sagte er und nahm den Bierkrug entgegen, den ihn die Bedienung brachte. Er nahm einen tiefen Zug, dann stellte er ihn vor sich auf den Tisch.
„Nun gut. Am besten erzählst du mir erstmal, was dir bisher beigebracht wurde und alles, was Corax angedeutet hat. Ich denke, damit kommen wir am weitesten und finden bald raus, was ich dir beibringen soll.“
-
Erzählen, was sie bisher gelernt hatte ... es war vielleicht nicht allzu gut, das alles offenzulegen. Andererseits waren die Zauber als solche eine Sache, was man letztlich mit ihnen machte, war etwas anderes. Manche beleuchteten mit dem Lichtzauber nur ihren Weg, andere konnten daraus Bilder formen. Sie feuchtete ihre Kehle an und begann mit der Aufzählung, ehe sie versuchte, sich an Corax' Andeutungen zu erinnern.
„Licht, ein Zauber zum Verstärken des dominantesten Gefühls bei Menschen, Beschwörung eines Tiergeistes, einfaches Wachsenlassen von Pflanzen, einen Waldfluch, den Toocondablick, einen Tarnzauber und Kontrolle von Tieren, das beherrsche ich“, erklärte sie leise und trank erneut, um sich Zeit zum Überlegen anzuschaffen.
„Die Andeutungen ... hm, es war weder Tier- noch Pflanzenmagie. Er nannte den Pfad 'subtile Magie', ich sage einfach, es ist Magie, die den Menschen beeinflusst, wie der Fluch, oder der Zauber, mit dem man ein Gefühl verstärken kann. Darauf basiert dieser Zauber, glaube ich. Er erzählte, er habe mit dem inneren Tier experimentiert, ihm alle Macht gegeben und es auf ein Opfer losgelassen, es am Geist verwundet, und das wohl nicht gerade leicht. Er habe den Geist seiner Opfer regelrecht zerfleischt. Na ja, und dann begannen die Festlichkeiten. Bilde ich mir das nur ein, oder sind die Bierhumpen hier kleiner als in Schwarzwasser? Typisch Stadt.“
-
„Sind sie.“ antwortete der Druide leicht verstimmt, da sein Krug schon leer war. „und dafür wahrscheinlich doppelt so teuer. Und die Leute sind so doof und bezahlen das auch noch.“ Sprachs, und bestellte sich noch ein Bier, und eins für Cécilia noch dazu.
„Also geht es um die Beeinflussung von Menschen?“ fragte er leise. Für jeden anderen würde ihr Gespräch hoffentlich im ständigen Gemurmel und den Geräuschen eines Wirtshauses untergehen. „Ich bin natürlich nicht im Bilde, was Corax alles vermag, aber es erinnert mich an eine Sache, von die mein Mentor mir gezeigt hatte. Ein Spruch, der von Menschen für eine Zeitlang nichts als eine wimmernde Hülle übrigließ. Als ob man ihren Verstand in einen Raum mit ihren größten Ängsten sperrte. Ich denke, das ist es, wonach du suchst?“
-
„Immerhin ist das Wasser, mit dem das Bier gebraut wurde, vermutlich reiner als bei der Mama. Obwohl ich den Sumpfkrautgeschmack in der Abgangsnote ja schon ein wenig vermisse“, deklarierte Cé grinsend und trank ebenfalls, dann wurde sie wieder ernster, senkte die Stimme wieder.
„Ja, im Grunde geht es um Beeinflussung eines Menschen. Und was er beschrieb, ging sehr viel weiter als das einfache Verstärken eines Gefühls, der Blick der Tooconda oder ein Fluch, der dem Opfer über Zeit immer mehr Angst einjagt. Bei diesem Zauber scheint der Angsteffekt sofort einzutreten. Ich denke auch, dass Corax den Zauber beschrieben hat, den du ansprichst. Hm, bei der Erzählung hab ich irgendwie das Gefühl, als sei mir sowas schon mal passiert.“
Misstrauisch musterte sie das Bier. Warum sollte da jemand etwas reinmischen, das Halluzinationen weckte oder so, in einem vollen Wirtshaus in einer Stadt? Nee, das wäre viel zu zufällig. Und den anderen Gästen schien es ja auch gut zu gehen. Trotzdem blieb die Frage, wann ihr das schon mal zugestoßen sein sollte, diese Art der Zauber hatten sie doch erst auf Argaan gefunden.
-
Dass Rognor bereits wieder vor die Türe trat, grenzte an ein Wunder wenn man bedachte, wieviele Schnapsflaschen er auf dem Weg zum Bett gestürzt hatte. Jene trat er nun vor sich her und verzog bei jedem Tritt vor Schmerz das Gesicht. Dass sein Kopf überhaupt schon wieder Schmerz verarbeiten konnte, erstaunte den ehemaligen Assassinen - obwohl, es war ja auch schon wieder Nacht. Die Sonne hatte sich längst verabschiedet als der Zwerg die erste Regung gemacht hatte. Candaal hoffte nur, nicht ohne Grund stundenlang auf dem Dach gegenüber verbracht zu haben und darauf zu warten, dass der Säufer aus der Türe getorkelt kam. Er drückte die letzte Kippe aus und folgte dem kleinen Mann unauffällig.
Er musste wissen, wieviel Rückhalt Joe bei den Schlägern hatte und wieviel es brauchte, um ihm die Anhänger abzunehmen. Rognor hatte am vergangenen Abend ganz schön die Quoten geschüttelt und die Gemüter zum Kochen gebracht. Der Schüler eines Lehrmeisters der Akademie hatte mal eben beim zweiten Kampf zwei Stammgäste übler zugerichtet als es irgendein Mensch verdient hätte. Dass Rognor selbst dabei mehr als ein Dutzend Schutzengel verbraucht hatte, schien niemand bemerkt zu haben.
Warten brauchte Wendel Thoke jedoch nicht lange, denn schon als Rognor sich nach drei Häuserecken nach einer leeren Schnapsflasche bückte, tauchten zwei bekannte Gesichter mit Knüppeln auf. 'Zwei? So naiv ist Eisenknöchel Joe nicht. Der Typ hat mir einen Dolch an die Eier gepresst', dachte Candaal sich und wartete zu. Nicht umsonst hatte man ihn in Mora Sul die Schattenhand genannt. Rognor schien noch nicht realisiert zu haben, dass er kurz davor war, seine zweite Abreibung innert einem Tag zu kassieren. Die Knüppelträger sahen sich jedoch noch unruhig um und da erblickte Wendel den Dritten: Juan der Gläubige stand unweit der beiden mit dem Rücken zur Gasse in einem Häusereingang.
Im Schutz der Nacht huschte ein Schatten über die Häuserdächer und löste sich mit einem grazilen Sprung vom Giebel. Kurz darauf klatschte Juans Kopf auf den Pflasterstein. Die mit wüsten Holzknüppeln bewaffneten Schläger fuhren herum und sahen den grinsenden Lehrmeister der Gewandtheit. "Wollt ihr wirklich?", fragte Wendel als jene die Waffen hoben.
Einer kam auf ihn zu, der andere schlug nach Rognor. Ohne sein Schwert auch nur anzurühren, schoss Wendel mit gestrecktem Arm nach vorne. Dies nahm dem Schlag des Gegners augenblicklich die Dynamik und die Fingerspitzen des ehemaligen Assassinen fanden dafür die weichen Glubscher seines Gegenübers. Jener riss instinktiv den Kopf zurück und hielt sich die Augen.
-
„Das ist ne ganz natürliche Sache.“ offenbarte Ad mal wieder seinen überquellenden Fundus an Wissenswertem. „das nennt man Deschawüüüü. Hatte ich auch schon mal. Ist aber nicht ansteckend, glaub ich.“
Er hob sein Bier, während Cé ihres weiter misstrauisch beäugte. 'Sie scheint die Sumpfkrautnote wirklich zu vermissen' dachte er sich, während er die Pfütze auf Null zog.
„Jedenfalls sollten wir die Sache nicht unbedingt hier weiterführen. Durch bloßes Gerede kommen wir nicht weiter und dir die Sache hier zu zeigen könnte... nunja, das kannst du dir ja denken. Ich würde vorschlagen, dass wir diese Schenke verlassen, sobald es richtig dunkel ist und dann mal schauen, wer so spät noch unterwegs ist.“
Bis es soweit war jedoch bestellte er sich ein weiteres Bier. „Was machst du überhaupt in Setarrif, wenn du nicht erwartest hast, hier jemanden aus Schwarzwasser zu finden. Ist Corax etwa nicht in Tooshoo?“
-
In dem Buch des Händlers war außer dem Rezept für den Punsch nichts Brauchbares zu finden. Immerhin hatte sie nun das Rezept und einen guten Grund sich etwas intensiver mit dem Wirt zu unterhalten. Vielleicht kamen sie sich ja endlich mal ein wenig näher, obwohl die Diebin schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte.
Paul hatte sich an jenem Abend, als er ihr das Notizbuch gab ziemlich bald verkrümelt. Dabei hatte sie eigentlich vorgehabt ihm noch ein paar Tipps zu geben, wie man sich besser herausreden konnte. Er war schon ein ganz passabler Dieb geworden, aber manchmal einfach zu impulsiv. Er sollte noch etwas ruhiger werden.
In der Taverne befanden sich zwar einige Gäste, aber es war nicht so voll wie das letzte Mal. Das war gut so. Auch diese vollbusige Bardin konnte Estefania nicht entdecken. Nicht dass Estefania sie als ernsthafte Konkurentin angesehen hätte, trotzdem ließen sich Männer gern von solchen Einblicken ablenken.
Da Niemand hinter dem Tresen stand, ging Estefania zielsicher in die Küche. Die Schwingtür ging auf und..... da wäre es fast passiert. Da Sarpedon auch sehr geschickt in seinen Bewegungen war, wich er mit dem heißen Suppenteller so aus, dass Estefania nichts abbekam.
"Huch! Das ist ja grad noch mal gut gegangen." rief sie überrascht und lächelte ihn an. An einem etwas anderen Ort hätte sie diesen, wenn auch kurzen Moment, allerdings ohne Suppe, genutzt. Jetzt schaute sie ihm nur verträumt hinterher und folgte ihm mit langsamen Schritten.
"Ich habe das Rezept." erklärte sie als er den dampfenden Teller los geworden war und zurück zu ihr an den Tresen kam. "Wollen wir es gleich mal ausprobieren? Es ist ja heute nicht so viel los und du hattest du nicht letztens auch eine neue Aushilfe?"
-
Deschawüüüü? Ja, da hatte er Recht, das klang wirklich wie eine ansteckende Krankheit. Masern, Pocken, Deschawüüüü, Lepra, Pest, ... ja, passte gut in die Reihe. Wenn er sagte, dass es aber nicht ansteckend war, dann wollte sie ihm mal vertrauen. Zumal sie das Deschawüüüü ja schon hatte, also hätte Adrastos sich doch eher Sorgen um sich selbst machen müssen? Sie trank ihr Bier ebenfalls aus und bestellte zwei Schnäpse, einen für Adrastos und einen für sich, um die Deschawüüüüs zu besiegen.
„Keine Ahnung, wo der ist. Wollte meines Wissens ja auch irgendwohin reisen oder so. Und wo ich schon mal losgegangen bin, wollt ich noch in Setarrif bei einer Bekannten vorbeischauen. Vielleicht einen Barbierkniff dazulernen und eine Kleinigkeit abgeben, die ich gebastelt habe, als ich Zeit hatte. Vielleicht kennst du sie, sie heißt Aniron. Also so grob bin ich auf der Durchreise. Und was hat dich hergezogen?“
-
Adson saß an einem der Tische in Sarpedons Schankraum und lauschte dem Gespräch seiner Begleiter. Es waren die gleichen Männer, die Adson beim Aufbau des Bogenschießplatzes vor der Stadt geholfen hatten, auch wenn es nicht zu viel Arbeit gewesen war. Sie hatten einige Positionen markiert und die beiden Trainingspuppen und die großen Zielscheiben aufgestellt. Danach hatten die Männer an drei Seiten des Platzes einige Pflöcke eingeschlagen und diese mit Seilen verbunden, so dass der Platz klar abgegrenzt war. Zusätzlich hatte Adson sich um einen verschließbaren Schuppen nahe des Südtores gekümmert, in welchem verschiedene Kleinutensilien aufbewahrt wurden, darunter auch zwei Übungsbögen und ein paar Dutzend Pfeile. Zum Abschluss des Tages hatten sich die Männer in der Taverne eingefunden und genossen die Zeit mit Bier und Gesprächen.
"Kennt ihr den schon?", fragte schließlich einer der Männer in die Runde. "Rhobar fährt mit seiner Kutsche durch sein Reich. Als sie an einem Hof vorbeifahren rumpelt es plötzlich. Die Kutsche hält an und man stellt fest, dass man eine Katze überfahren hat. Rhobar geht daraufhin zu den Bauern und will sich entschuldigen, wird aber von diesen fortgejagt. Die Fahrt geht weiter, beim nächsten Hof wieder ein Rumpeln. Diesmal hat man aus Versehen ein Lamm erwischt. Wieder will sich Rhobar entschuldigen und wieder ist die Reaktion die gleiche. Schnell setzt man die Fahrt fort, doch beim nächsten Hof geschieht wieder ein Ungeschick; der Hofhund kommt unter die Kutschenräder und stirbt. Diesmal geht der Kutscher zum Bauer, um die Entschuldigung auszusprechen. Der Kutscher kommt lange nicht zurück und Rhobar wird schon ungeduldig. Doch schließlich erscheint der Wagenlenker wieder, allerdings hat er einen Korb voller Speisen dabei und riecht verdächtig nach Wein. 'Was war denn solange?', fragt Rhobar. 'Ich wurde zum Festessen eingeladen', erklärte der Kutscher. 'Wie kam das denn?' 'Naja', erklärte der Kutscher, 'ich bin zu dem Bauer gegangen und hab gesagt "Ich bin Rhobars Kutscher und hab den Hund überfahren"'".
Schallendes Gelächter ertönte und Adson nutzte die Heiterkeit, um sich zu verabschieden und verließ die Taverne. Sein Auge streifte über den Nachthimmel und langsam sog er die kühle Luft ein. 'Was mach ich denn heute noch?', fragte er sich und schlenderte langsam los.
-
Wie klein die Welt doch war. Nagut, in Wirklichkeit war sie natürlich riesig, und umso größer war der Zufall, dass Cécilia zu Aniron wollte. Ein breites Grinsen schlich sich auf Ads Gesicht. Zum Teil den Bieren und dem Schnaps geschuldet, zum anderen aber auch, dass er eben erst bei Aniron gelernt hatte. „Kennen? Noch vor einer Woche hab ich mit ihr den Stabkampf trainiert.“
Er warf einen Blick auf den Stab, der neben ihm an der Wand lehnte. Man konnte an ihm keinen Kratzer erkennen, kein Makel und keine Delle, auch nach all den Übungseinheiten.
„Sie ist meist mit ihren Kindern meist im Haus der Magier, ich kann dir sicher irgendwann zeigen wo das ist.“
Ad ließ seinen Blick schweifen. Die Heimlichtuerei konnten sie inzwischen ablegen, wo sie nur noch über Wassermagierinnen redeten. Doch auch so schienen die anderen Gäste nicht weiter an ihnen interessiert zu sein. „Ist fast schon dunkel genug, würd ich sagen. Noch einen fürs Aufstehen und ein wenig Wegzehrung, was meinst du?“
-
Auch Cé grinste, dachte an ihren eigenen, mittlerweile von der Schlange befreiten, Kampfstab, der an der Wand lehnte. Das gute Stück hatte ganz gut was mitgemacht, aber so lange er hielt, war doch alles gut. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass sie mit Rekhyt nach Setarrif gekommen war und bei Aniron gelernt hatte. Außerdem hatte sie Rekhyt damals beigebracht, Pflanzen wachsen zu lassen, noch etwas, was sie selten tat. Wo steckte der eigentlich?
„Mit Aniron hab ich auch Stabkampf trainiert, vor ziemlich langer Zeit aber. Ich bin ein paar Tage hier, aber ich kenne nur wenige Wege, das Haus der Magier ist nicht dabei“, erklärte sie.
„Gut, so machen wir's. Und dann schauen wir mal, was das nächtliche Setarrif zu bieten hat!“
Sie bezahlten, die ganze Rechnung wollte sie nicht übernehmen, aber nach der Rechnung des Wirts hatte sie das Gefühl, dass sie trotzdem einen gehörigen Anteil von Adrastos' Getränken mitbezahlt hatte. Dann machten sie sich mit ihrer Wegzehrung auf, traten in die frische Nachtluft. Keiner der beiden kannte sich wirklich in Setarrif aus, Cé wusste mit Mühe und Not, wo die Stadttore waren, wo das Meer war und wo Herberge und Taverne sich befanden. Die Richtung, in die sie irrten, kannte sie nicht.
„Und was machen wir jetzt? Das ist so dunkel, da ist ja keiner mehr unterwegs“, maulte sie. „Nicht mal die Häuser hier sind beleuchtet, die schlafen bestimmt schon. Och, die Faulpelze haben hier nicht mal Fenster!“
-
Die frische, kühle Nachtluft war eine willkommene Abwechslung zur stickigen Luft der Taverne, auch wenn die üblichen Gerüche der Stadt sie trübte. Nur vereinzelt flackerten noch Lichter in den Fenstern. Die Arbeitern waren zu Bett, um morgens wieder früh aufstehen zu können, ihr Tagewerk zu beginnen. Wer war jetzt noch unterwegs? Trunkenbolde, Wächter, Diebe – und sie.
„Komisch“ kommentierte Ad die Gebäude, die Cé entdeckt hatte. Kurz schaute er, ob irgendjemand zusah, dann beschwor er ein Lichtlein, dass flackernd über seiner Handfläche schwebte. Es dehnte sich aus, zog sich zusammen und schien sich selbst zu verzehren, um aus der Asche wiederzuerstehen. Ein launisches Licht, doch eine zuverlässige Lichtquelle. Im Schein konnte er erkennen, dass die Gebäude hölzern waren, und offensichtlich alt.
„Sieht aus wie Lagerhäuser.“ murmelte der Druide und trat einige Schritte nach vorne. Dieses alte Gebäude schien keiner zu bewachen, doch die Reihe setzte sich fort, ein Lagerhaus folgte dem nächsten und irgendwo patrouillierten bestimmt Wächter. Das Licht erlosch und ließ die Beiden in der Dunkelheit zurück.
„Wir...“ begann Ad, brach jedoch wieder ab. Irgendwie schien ihm Zunge und Geist zunehmend langsamer zu werden. „Wir sollten mal.... reinschauen, find ich. Undwenn... Und wenn ein Wächter kommt, kann ich die ja... das...das.... Dings zeigen.“
-
Sie war Ad zu den Lagerhäusern gefolgt, wo das Licht wieder erloschen war. Sich umschauen, ein interessanter Vorschlag. Und wenn irgendwer was wollte, wurde gezaubert. Klang nach einem Plan, also ran ans Werk. Sie begaben sich zu einem der Lagerhäuser, das ziemlich alt wirkte. Oder einfach nur nicht gut gepflegt worden war. Bei der Mutter, wussten denn diese Städter nicht, dass auch verarbeitetes Holz Pflege benötigte? Klar, den Holztisch hüten sie wie ihren Augapfel, oder die Holztür, aber ein großes hölzernes Lagerhaus, das konnten sie übergehen. Missbilligend wollte sie mit der Zunge schnalzen, aber die Zunge war zu behäbig dafür, so fühlte es sich an. Also blieb es beim Kopfschütteln, und sie verschwanden in das Lagerhaus.
Pechschwarz war die Dunkelheit hier drin. War hier nirgends eine Kerze? Ach Quatsch, sie war doch hier, weil sie zaubern wollte, sie brauchte keine Kerze. Die Seherin beschwor eine kleine Lichtkugel, damit es nicht zu auffällig war, aber dadurch sah sie auch nicht unbedingt viel.
„Sieht aus wie der Krempel von Oppa Willibald-Jörg-Peter, die keiner nach seinem Tod haben wollte oder so“, murmelte sie, als sie die Umrisse einiger Gegenstände erahnen konnte. „Hab noch nie so viel Staub auf einmal gesehen. Sind Wollmäuse Tiere? Ich glaub, die da hat sich eben bewegt.“
Sie kicherte und trat ein paar Schritte vor und inspizierte die Wollmäuse, stubste sie an. Komisch, sie hätte schwören können, eben hatte sich eine bewegt. Vielleicht war das aber auch nur sie gewesen. Aber es war ja alles gut, so lange keine sie anredete.
„Warum sammelt jemand sowas? Hihihi, Wollmäuse.“
-
„Na...natürlich sind Wollmäuse Tiere. Drum heißen sie ja Wollmäuse und nicht Wolldingsis!“ erklärte Ad, den auch der Gleichgewichtssinn Stück für Stück verließ. „Ein Steckenpferd ist ja auch ein... Pferd!“
Nachdem sie überaus kunstvoll in das Gebäude eingedrungen waren erhellten zwei Lichtkugeln die Schwärze. Tatsächlich schien das Lagerhaus eher eine großer Dachboden zu sein, in dem der unnütze Kram gesammelt wurde. Kisten voller Krempel wurden gestapelt, alte Bilder stapelten sich unter einem Tuch, Omas altes Besteck lag angelaufen in einer Truhe. Scheinbar war dieses Lagerhaus mehr ein Haus für ausrangierte und unnütze Dinge.
Der Druide stieß mit dem Fuß gegen eine Kiste die umfiel und alte, mottenzerfressene Gewänder preisgab. „Laaaaaaangweilig!“ kommentierte er das ganze und schaute sich weiter um. Einige Schritt weiter führte eine hölzerne Treppe in ein zweites Stockwerk, doch der Treppe traute Ad nicht, sodass er lieber an ihr vorbeitorkelte, mit einer Pirouette gewandt einen hölzernen Pfeiler umschiffte und schließlich sie erblickte.
„Schau dir das an!“ rief er zu Cécilia, während er voller Staunen dastand. „Ist sie nicht wunderschön?“ flüsterte er liebevoll und zärtlich, während sein Blick auf dem weichen Rundungen ruhte. „Und diese Beine. Hast du je schönere Beine gesehen?“ Natürlich hatte sie das nicht! Sie waren perfekt geformt und hatten sicher schon so manchen Blick auf sich genommen. „Ich will sie mitnehmen und mit ihr schlafen!“ wisperte und trat näher heran. Es war schlicht und ergreifend die Liebe seines Lebens. Mit diesem Bett wollte er den Rest seines Lebens verbringen.
-
„Ooooooooh!“
Sie wandte sich von der Wollmausfamilie bei den hässlichen Tonkrügen ab und torkelte in Ads Richtung, wobei sie sich möglichst oft festhielt, so zur Orientierung. War vielleicht nicht immer ratsam, merkte sie, als etwas hinter ihr klirrte.
„Uuups ... ich feg das nachher weg.“
Da hinten stand also ein großes Bett, schön geformt, aber irgendwie viel größer, als sie Betten kannte. Ihr Bett in der Herberge war dagegen nur eine Koje. Sie torkelte drumherum, musterte es. Das Holz schien erheblich besser in Schuss zu sein als der Rest des Gerümpels. Das hatte Opa Willibald-Jörg-Peter zu Lebzeiten wohl regelmäßig gepflegt.
„Whoaa, guck mal, das Bett hat ein Segel! Huiii! Und die Maztra ... Mattrat ... die Unterlage ist riesig. Warum hat das Bett Vorhänge, das ist doch kein Fenster? Fenster macht man nicht an Betten. Oder macht man das in so Massenschlafdingsens wie inner Sumpflilie? Damit keiner einem zuguckt?“
-
Bedächtig auf der Stelle schwankend hob Ad schulmeisterlich einen Finger. „Das meine liebe Seee... See... Sissy iskein Segel nich! Das issn Himmelbett. Sowas haben nur die Reichen von den Reichen von den ganzganz Reichen!“
Sofort hielt auch Cécilia mit der Herumtorkelei auf und bestaunte das gute Stück.
„Ich will sie mitnehmen!“ verkündete der Druide prompt und sammelte seine Kräfte. Glücklicherweise schienen sie vom Alkohol unbeeindruckt, sodass der übliche Wirbelwind aus dem Druidenstein hervorbrach und das Bett umwirbelte, dass die Magie aufzusaugen schien. Langsam knarzte das Bett, als sich das erste Beine langsam von der Erde löste. Wie das Bein einer Schildkröte bewegte es sich, und senkte sich schließlich wieder, während auch in die anderen Beine Leben zu kommen schien.
„Loo... los Sissy, pack alles ein, was du finden kannst!“ lallte der Druide beschwingt. „Wir machen eine Wä...Wä...Weltreise auf unserem Bett! Jawollja!“
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|