[Aniron]

"Lando? Nein...", sagte Aniron und schüttelte mit dem Kopf, nachdem sie ihre Hände zurückgezogen hatte. An einen Lando konnte sie sich nicht erinnern. Auch wusste sie nicht, was genau der Schreiber der Notiz ansprechen wollte.
"Ich bin schon lange weg aus Vengard, ich habe keine Ahnung, was er meinen könnte. Lando kenne ich leider nicht."
Die Wehmutter ließ ihren Blick schweifen.
"Vielleicht könnte Lopadas dir weiterhelfen. Er ist unser Gefangener, ein Diener Innos'. Er kennt sich vielleicht besser aus in Vengard", vermutete Aniron. "Ansonsten musst du wohl mal bei Sarpedon in der Kneipe nachfragen wegen Lando."
Das war alles, was sie sagen könnte.

"Was den Trank betrifft, ich mach dir was, wovon er nicht stirbt, sondern nur etwas müde. Er soll am Ende ja trotzdem zum Schuss kommen. Es entstehen also keine Gerüchte."
Sie lächelte leicht, dachte aber über yinnes Angebot nach.
"Nein, ich glaube, wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann lieber vielleicht ein paar Münzen, sonst habe ich im Moment alles, was ich gebrauchen kann."
Traurig genug, dass sie die ehemalige Freundin darum bat.
"Sonst erstmal noch etwas, was ich tun kann? Vergiss das Säcklein nicht."

[yinnesell]

Münzen waren gut... die erledigten sich schnell und wischten jegliche Schuld sofort vom Tisch, befreiten yinnesell von Zwängen, die sie derzeit lieber nicht einging. So packte die schlanke Hand der Tänzerin in den kleinen Lederbeutel, in dem sich einige Münzen befanden. Gerade soviel, daß sich kleine Dinge bezahlen ließen... gerade soviel, daß ein möglicher Überfall nicht gleich den Ruin bedeutete.
Langsam legte diese schmale Hand Stück für Stück auf die nun freie Liege.


„Der Schrift nach zu urteilen, habe ich diese Notiz selber geschrieben. Nunja... es gibt eben immer noch die eine oder andere Lücke in meiner Erinnerung“, seufzte die Dirne. Das hin Blättern einzelnder Münzen war beendet. Ein fragender Blick sollte nun die Frage andeuten, ob die Stückzahl angmessen war.

[Aniron]

Aniron nahm das Geld, sagte aber nichts dazu.
"Selbst geschrieben, sagst du?", fragte sie.
"Du kannst dich nicht mehr daran erinnern und ich nehme an, dass du schon mit einem Heiler versucht hast, an diese Erinnerung zu kommen?"
Das war ja eine Sache. Die Wehmutter erinnerte sich nicht mehr, was genau geschehen war. Yinne hatte ihre Erinnerungen auslöschen wollen, einerseits schien das nicht gelungen zu sein und anderseits, wie sonst war yinnes Erinnerungslücke zu erklären?
Sie war verwirrt.

[yinnesell]

„Mein letzter Besuch eines Heilers ist schon lange her. So lange, das ich mich auch daran kaum erinnern kann“. Diese Erinnerungslücke hatte jedoch einen weiteren Grund, der nicht nur mit dem lang zurück liegenden Zeitraum eines Ereignisses zutun hatte, sondern eher mit dem Ereignis selbst.
„Vielleicht werde ich Deine Frage aufgreifen und nochmals einen Heiler aufsuchen, aber andererseits...“, yinne schüttelte den Kopf. Dann ließ sie sich langsam und vorsichtig erneut auf der Liege nieder, die Zähne dabei leicht zusammen gebissen, als könne der Schmerz jeden Moment wieder kommen, doch dieser hielt sich in Grenzen, wenn man sich langsam nieder lies.
„... so wie es jetzt ist, ist es gut. Und ich will mich nicht erneut einer Vergangenheit aussetzen, die ich im ausreichenden Maße kenne, Aniron. Ich weiß meinen Sohn lebend und das ist alles, was ich wirklich wissen muss, um nicht länger in schmutzigen Details herum zu wühlen. Ich lebe im Hier und Jetzt“. Das Sitzen hatte sich nicht unbedingt gelohnt, befand die Dirne, die sich nun wieder von der Liege erhob.
„Reichen die Münzen?“.

[Aniron]

"Ich verstehe", erwiderte Aniron.
"Ich weiß auch nicht, ob ein Heiler deine Erinnungen wieder voll herstellen könnte. Wenn du es versuchen möchtest, dann komm zu uns. Allerdings gibt es kein Versprechen auf Erfolg."
Sie blickte auf die Münzen in ihrer Hand.
"Anderseits, wirst du länger nach Antworten suchen müssen, wenn du deine Erinnerung nicht mehr hast. Wie gesagt, wende dich mal an Sarpedon in der Sturzkampfmöwe." Aber ihr blieben eben die schmerzhaften Erinnerungen erspart.
Das Geld klimperte ein wenig in ihren Händen.
"Ich hoffe, es... es ist in Ordnung, wenn ich sage, dass ich froh, bin, dass dein Sohn lebt, egal unter welchen Umständen."
Aniron blickte wieder auf.
"Die Münzen sind genug, ja."

[yinnesell]

„Es ist gut, das er nicht durch meine Schuld starb“, befand die Dirne. Das ihr das Leben des Jungen ansonsten mehr oder weniger egal war, verschwieg sie der Hebamme. Ohne sich weitergehend zu äußern, fand der Zettel zurück in die Tasche, ebenso der nun leere Lederbeutel.
Ein letzter fragender Blick galt den Münzen haltenden Händen Anirons, bis yinnes immer noch leicht unterkühlter Blick auf den Augen der Wehmutter landete.
Sie meinte also, es wäre genug... gut. Innerlich nickte die Hure, gewillt sich nun endlich aus dieser schon viel zu lange andauernden Situation zu bringen.
„Ich werde dann mal gehen... und die Tage wieder bei Dir vorbei schauen. In dem Sinne... Danke“.
Irgend etwas passte der Tänzerin gerade überhaupt nicht, ohne dabei selber bestimmen zu können, was es genau war.

[Kjarl]

Die Sonne schickte ihre warmen Strahlen in die Stadt mit den goldenen Dächern und Kjarl stand der Schweiß auf der Stirn. Mühsam schleppte er sich zur Arena und verdrehte müde die Augen. Bis gestern war er hauptsächlich mit Sägearbeiten beschäftigt gewesen, doch mittlerweile war der Holzboden fertiggestellt worden und seither durfte er Sand transportieren. Damit sollte der Boden der Arena bedeckt werden, damit die Kämpfer nicht auf den bloßen Holzbrettern kämpfen mussten.

Ein leichtes Flattern ließ ihn den Kopf nach links drehen, da sah er Rhob, der auf ihn zu steuerte. In den letzten Tagen war der Beo kaum aufgetaucht und Kjarl hatte sich schon Sorgen gemacht. Doch nun war der Vogel wieder aufgetaucht und hatte sich mit einem lauten "IINOOSSUUGGRUU" angekündigt.

"An der Begrüßung müssen wir noch arbeiten, sonst wirst du bestimmt bald gerupft.", brummte der Blondschopf schmunzelnd. Kurz rückte er die zu tragende Last zurück, dann setzte er sich wieder in Bewegung.

[Venom]

Venom saß draußen vor der Taverne und versuchte sich so wenig wie möglich zu bewegen, denn jeder Muskel schien auf seltsame Weise mit seiner Nase verbunden zu sein und jede noch so kleine Bewegung ließ den Schmerz wieder aufflammen.
Er konnte selbst noch gar nicht so richtig glauben, dass er sich ausgerechnet zum Abschluss seiner Ausbildung bei der einfachsten Übung die Nase gebrochen hatte.
Immerhin hatte er es am Abend noch geschafft die Blutung einigermaßen zu stillen, aber sein Kopftuch, das Brustteil seiner Rüstung und seine Ärmel hatten trotzdem einiges abbekommen. Er hatte gestern alles noch rasch in eine Schüssel mit kaltem Wasser gelegt, damit sich das Blut noch möglichst lösen sollte. Danach hatte er sich im Spiegel betrachtet und sich fast selbst nicht erkennen können, da seine Nase um ein vielfaches angeschwollen war. Nach anfänglichem Schrecken war er dann aber doch erleichtert, dass es kein offener Bruch war und auch ein möglichst gerader glatter Bruch, denn seine Nase war weder sonderlich krumm oder schief.
Geschlafen hatte er furchtbar, falls überhaupt. Die ganze Nacht hatte er auf dem Rücken gelegen und versucht sich nicht zu rühren. Die Suche nach einem Heiler hatte er ziemlich schnell abgebrochen, da er dafür schon zu spät war und nun wollte er lieber sitzen bleiben um die Schmerzen gar nicht erst zurückkommen zu lassen.
Seine Kleidung sah einigermaßen in Ordnung aus als er sie heute Morgen betrachtet hatte und trug sie nun schon wieder, zum Glück hatte er sich doch nichts Neues gekauft. Außerdem war es von Vorteil, dass seine Kleidung vornehmlich dunkel war. Da fielen ein paar Flecken nicht so schnell auf.
Worüber er sich allerdings zu anfangs sehr geärgert hatte war, dass er seinen neuen Bogen beim Gehen mit seiner blutverschmierten Rechten ergriffen hatte. Denn auf dem hellen Holz zeichnete sich in der oberen Krümmung nun ein blutiger Handabdruck ab. Dieser war ihm jedoch erst am nächsten Morgen aufgefallen, wo er schon fest getrocknet war. Nachdem er den Bogen gründlich mit einem leicht angefeuchteten Tuch abgewischt hatte war der Abdruck schon blasser geworden, jedoch ließ er sich nicht ganz entfernen.
Sich an die Worte seines Lehrmeisters erinnernd hatte er sich auch gleich etwas Bogenwachs gekauft und seinen Bogen damit behandelt. Danach legte er den Bogen neben sich auf die Bank und war sehr zufrieden mit diesem. So schlecht sah der verblasste rotbraune Fleck gar nicht aus, fand er und abgesehen davon war es sowieso eine schöne Waffe. Badhor hatte wirklich ein Händchen für so etwas.
Prüfend befühlte er kurz seine Nase, zuckte jedoch sofort zurück da es immer noch höllisch weh tat und er lehnte sich wieder zurück gegen die Wand und überlegte ob und wo er einen Heiler suchen sollte.

[Turang]

Die Wogen der See brandeten gegen die Klippe, auf welcher Turang saß und mit geschlossenen Augen das Wesen des Wassers zu erfühlen versuchte. Die Stimme, der er in seiner Meditation zu erlauscht haben glaubte, schien sich gewandelt zu haben: sie drang nicht mehr aus dem tiefen Grund des Meeres, sondern aus ihm selbst, Worte, die seit seinem magischen Erwachen in ihm geschlummert haben, eine Stimme, die geschwiegen hatte, bis er bereit war, sie zu hören.

Das Wasser bewahrte das Gleichgewicht dieser Sphäre, es konnte zerstören wie heilen und ohne es konnte nichts sein.

Zum ersten Mal seit Stunden regte sich der Adept wieder, öffnete die Augen und betrachtete die tiefblaue See. Sie war vielleicht der geheimnisvollste Ort dieser Welt und ebenso unergründlich wie das Sein selbst. Mit einem schwachen Lächeln verschwand der Adept augenblicklich in die Weite, er glaubte jemandem berichten zu können...

[Madlen]

Madlen war auf dem Weg zur Akademie. Die Frist war abgelaufen, die Zeit zum Handeln war gekommen. Sie trug ein neues Kleid. Das alte war daheim, zu auffällig für die nächste Wochen, falls sie jemand gesehen haben sollte. Ein braun-weißes Kleid mit längeren Ärmeln als ihr letztes. Weniger anfällig für Dreck und Schmutz, aber genauso edel. Für den Moment musste es reichen. Sie hatte zwar noch vor, sich ihre Haare mit Kalk langsam zu bleichen, aber das war noch nicht so dringend. Wichtig war vor allem das neue Kleid gewesen.

Neben Aynur und Barika hing ein lederner Beutel, der die drei Orden enthielt. Das Ehren-, Verwundeten- und Treueabzeichen. Diese würde sie nur benutzen, wenn es wirklich notwendig war. Auf der anderen Seite war das Dokument befestigt, das sie dem Spion abgenommen hatte. Ihre Gründe hatte sie also entweder alle bei sich – dabei legte sie eine Hand auf dem Bauch – oder in ihrem Kopf. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass sie ihre Argumente richtig vorlegen und somit auch Raad letzten Endes überzeugen konnte.

Dann war der Moment auch schon da, denn sie war von der Wache aufgehalten worden und hat nach dem Leiter der Akademie gefragt. Jetzt hieß es noch kurz warten. Dabei pfiff der Wind immer stärker und die junge Frau schlang sich ihren Mantel enger um die Schultern. Langsam merkte man, dass es wieder kälter wurde.

[Raad]

Ein Klopfen riss den Schwarzhaarigen aus seinen Gedanken. Gedanken, die nicht wert gedacht zu werden waren und somit selbst dem persönlichen Erzähler zur Einsicht verwehrt. Der Leiter erhob mit einem leichten Seufzen. Es war schneller gegangen, als er vermutet hatte. Vielleicht aber war die Wache, die zuvor eine Frau, die auf den Namen Madlen hörte und am Tor zum Hof der Akademie wartete, angekündigt hatte, zu jener Dame zurückgerannt und sie waren gemeinsam wieder zum Leiterzimmer gerannt. Oder die Gedanken, die gedacht worden waren, hatten die Zeit, obschon dies nicht möglich erscheint, schneller vergehen lassen. Oder…

Raad fasste sich an den Kopf. Oder du hast einen Schaden., grollte er im Kopf und öffnete die Tür. Madlen, die davor alleine wartete, trug ein braunes Kleid mit solch üppigen Ärmeln, dass man glauben konnte, sie war auf dem Weg zu einem Bankett und nicht gerade dabei, für ihre Aufnahme in der Akademie zu arbeiten.

„Sei gegrüßt.“, entließ der Schwarzhaarige seinem Mund und winkte die Frau herein, indes er sich langsam wieder auf seinem Stuhl niederließ und die Beine auf den Tisch legte. „Kann man in so einem Fummel kämpfen?“

[Madlen]

„Sei ebenfalls gegrüßt. Ich werde die Frage gleich beantworten. Zuvor jedoch…erkläre ich dir meine Gründe warum ich in die Akademie aufgenommen werden möchte und bringe dir einen Beweis, warum ich eine Kriegerin sein kann, wenn es nötig ist. Wenn es nötig ist, bezieht sich auf Zeiten, in denen ich kämpfen muss…nicht so wie jetzt, deshalb trage ich ein Kleid. Es ist bequem und vor allem für das momentane Wetter genau richtig. Außerdem…nun, ich trug nicht oft andere Kleider. Aber das ist eine andere Geschichte.“

Madlen holte das Pergament hervor. Darauf waren verschiedene Personalien festgehalten. Der Spion oder Kopfgeldjäger, den die junge Frau vor ein paar Tagen getötet hatte, war im Auftrag vieler unterwegs. Und einer davon war eben, dass die Jägerin sterben sollte.

„Doch nun zum wichtigen Teil. Ich soll dir zeigen, warum ich es wert bin in die Akademie aufgenommen zu werden. Ich versuche kurz zu bleiben. Dieses Pergament habe ich von einem Auftragsmörder, der vor ein paar Tagen versucht hat, mich zu töten. Etwas Einfallsreichtum, schwarzes Bilsenkraut und ein bisschen Glück halfen mir bei diesem Problem. Sicher, ein Krieger muss mit dem Schwert umgehen können, doch meiner Meinung nach kann der Verstand eine ebenso scharfe Waffe sein, wie eine Klinge. Auf dem Pergament sind einige Namen von Auftraggebern gelistet, zusammen mit dem Ziel der Mission. Was du damit anfängst ist mir egal, ich will dir lediglich zeigen, dass ich kämpfen kann, wenn es darauf ankommt. So wie bei der Silberseeburg. Frag Aniron, die mich damals gerade noch heilen konnte, nachdem ich im Kampf seitlich schwer verwundet wurde. Deshalb brauche ich die Hilfe der Akademie, damit ich so etwas in Zukunft vermeiden oder vermindern kann. Und als dritten Grund, nenne ich meine Familie. Mein, nun, zukünftiger Ehemann ist gerade in Varant unterwegs, meiner Heimat. Doch im Moment kann ich dorthin nicht zurückkehren. Erst dann, wenn ich gut genug ausgebildet bin, meine Techniken verfeinert habe, dann kann ich nach Hause und meine Familie verteidigen.“

Drei gute Gründe und mit der Hand auf ihrem Bauch offenbarte Madlen ihren vierten Grund. Aber Raad musste diesen selber verstehen. Es gab dazu nicht viel zu erklären. Doch, jeder der Augen im Kopf hatte, wusste in welchem Zustand die junge Frau war.

[Raad]

Der Schwarzhaarige nickte. Was sollte er auch anderes tun? Er würde eher Beliar in seinen nach Schwefel stinkenden Arsch kriechen, als Aniron zu fragen, ob Madeln kämpfen könnte. Erstens war Aniron eine Magierin, zweites hatte sie als Magierin keine Ahnung vom kämpfen und drittens, wenn sie die Heilerin von Madlen war, hieß dies noch lange nicht, dass sie gesehen hatte, wie Madlen kämpfte.

„Ich erinnere mich an das, was ich dir auftrug. Du solltest mir etwas bringen, was zeigt, dass du mehr kannst. Mehr, als bloß mit dem Schwert rumzufuchteln. Sollte Aniron wissen, ob und wie du kämpfst, unterstreicht dies nur, dass du zumindest eine Ahnung davon hast, wie man kämpft. Das habe ich dir jedoch bereits abgekauft, als du Redsonja als deine Lehrmeisterin erwähnt hast. Was dein Ehemann damit zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Er mag ein guter Grund sein, warum du kämpfen lernen willst. Aber mal ehrlich. Wenn du schon so demonstrativ deine Hand auf den Bauch legst, um deine Schwangerschaft in den Raum zu stellen, sag mir eins: Warum willst du als schwangere Frau in die Akademie? Wenn du vorhast, deinen Mann und dein Kind zu schützen, wer schützt dich, wenn du schwanger bist? Wäre es nicht klüger, deinen Mann hierher zu schicken?

Und diese Liste…“, fuhr Raad nach einer kurzen Pause, in der er das Pergament geöffnet hatte, fort, „… Was soll sie mir zeigen? Dass du schreiben kannst? Oder willst du mir vielleicht doch lieber erklären, wie Bilsenkraut dein Problem gelöst hat?“

[Madlen]

„Diese Liste habe nicht ich geschrieben. Ich erklärte doch bereits, dass sie von einem Auftragsmörder stammt. Auf ihr sind seine Ziele und seine Auftraggeber festgehalten. Ebenfalls sagte ich gerade, kannst du damit anfangen was du willst. Und auch wenn ich schwanger bin, kann ich beobachten, leichte Übungen durchführen und neues Wissen ansammeln. Krieger sein, bedeutet auch zu wissen, wer man selbst ist. Nur die eigene Einheit kann einem helfen, im Kampf zu überleben. Und mein zukünftiger Mann kann kämpfen. Er ist ehemaliger Leibwächter und Streiter Varants. Außerdem glaube ich kaum, dass er wieder einem Herrscher dienen und in einen unseligen Krieg gezogen werden will. Solange es meine Schwangerschaft noch erlaubt, werde ich alleine leben. Glaubt mir, ich kann einen Angreifer mit einem gezielten Stich töten. Es kommt nur darauf an, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten und dann mit dem geeigneten Mittel zuzuschlagen. Als Krieger muss man auch einstecken können, um an sein Ziel zu kommen. Was das Bilsenkraut angeht…hmm…eigentlich hätte ich erwartet, dass du weißt, was man damit anstellen kann. Die richtige Dosierung erlaubt es, eine Droge herzustellen, damit man einen Gefangenen verhören kann…danach…nun, dass muss jeder selber herausfinden. Je nach Dosierung kann der Rausch eine ganze Woche dauern oder nur ein paar Stunden. In dieser Zeit kann man alles aus einer Person herausbekommen, egal was. Auch das ist für mich das Wissen eines Kriegers. Wenn ein anderer einem körperlich überlegen ist, dann gibt es andere Wege zum Ziel. Auch wenn es nicht gerade ehrenhaft ist, so ist es ein Mittel zum Zweck. Um deine Frage zu beantworten. Ja, ich will als schwangere Frau zur Akademie. Eine Schwangerschaft dauert nicht ewig und ein Krieger zu sein, bedeutet nicht nur kämpfen zu können, sondern auch Wissen anzuhäufen, zu beobachten und zu lernen.“

[Raad]

Der Leiter der Akademie lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Da war ein interessantes, kleines Detail, welches Madlen zuvor verschwiegen hatte. Dass sie aus Varant stammte, hatte sie erwähnt. Dass sie einen Ehemann hatte, hatte sie bisher nicht erklärt. Aber dies war nicht das interessante Detail. Der wirklich interessante Punkt war, dass ihr Mann angeblich ein Streiter Varants hatte sein sollen. Was auch immer dies bedeutete. Betrachtete man die letzten Jahre, so war er entweder ein ehemaliger Assassine oder ein Nomade.

Raad nahm Pfeife und Tabakbeutel vom Tisch und begann die Pfeife langsam zu stopfen, während er Madlen nicht mehr beachtete. Erst, als er die Pfeife entzündet und zaghaft zu paffen begonnen hatte, richtete sein Blick sich wieder auf die Schwangere.

„Mit den Dingen, die du da sagst, hast du nicht unrecht. Du scheinst zumindest eine grobe Vorstellung davon zu haben, was es bedeutet, ein Krieger zu sein. Und diese Vorstellung ist nicht völlig falsch, wenn auch etwas überzogen. Dass du schwanger bist, ist weder ein Argument für noch gegen eine Aufnahme. Aber es bedeutet, dass du eine Zeit lang nicht wirst kämpfen können. Was für ein Streiter Varants war dein Mann? Assassine oder Nomade?“, fragte der Schwarzhaarige, nahm die Füße vom Tisch und erhob sich langsam, nur um hinterm Tisch stehen zu bleiben, die Hände auf den Rücken zu verschränken und weiter zu paffen.

[Venom]

Venom hatte sich dagegen entschieden einen Heiler aufzusuchen, erstmal kannte er gar keinen und seine Barschaft ging auch langsam zur Neige und er wollte nicht sein letztes Geld für eine unnötige Behandlung ausgeben. Seiner Meinung nach konnte man bei seiner Nase sowieso nicht viel tun. Nachdem sie abgeschwollen war sah sie schon fast wie vorher aus, auf jeden Fall war sie weder besonders krumm noch schief und damit war ein eventuelles Richten des Knochens überflüssig.
Allerdings hatte er sich dazu entschlossen es die nächsten Tage definitiv ruhiger angehen zu lassen, damit er nicht in Gefahr lief es noch zu verschlimmern. Das Anfassen der Nase tat immer noch ordentlich weh, aber sonst ging es eigentlich schon wieder.
Heute Nachmittag hatte er sich aufgemacht zu der kleinen Lichtung im Wald vor der Stadt um dort seinen neuen Bogen auszuprobieren und es hatte zu seiner Freude erstaunlich gut geklappt. Wie Badhor es ihm gesagt hatte machte es wohl wirklich einen großen Teil aus, das der Bogen genau auf den Schützen passte.
Auf seinem Rückweg nach Setarrif sah er sich noch mal seinen neuen Bogen genauer an und besonders den ominösen Fleck. Gestern hatte er ihn nicht mehr gestört, aber das lag wohl vor allem daran, dass er durch den Schmerz ziemlich abgelenkt war. Außerdem hatte ihm irgendwie der Gedanke gefallen, dass der Bogen zu aller erst sein eigenes Blut gekostet hatte bevor er eine Gelegenheit hatte damit auch nur jagen zu gehen.
Nun missfiel er ihm jedoch wieder, er störte die Reinheit des ansonsten makellosen Bogens. So setzte sich Venom vor die Taverne mit seinen Bogenreinigungsutensilien und machte sich ans Werk dem Fleck auf die Pelle zu rücken.
Nachdem er den Bogen mehrmals abgewischt und anschließend wieder mit dem Bogenwachs behandelt hatte, sah man zu seiner großen Freude nichts mehr von dem Fleck. Zufrieden betrat er das Wirtshaus um sich um sein Abendessen zu kümmern.

[Adson Muller]

So viele Dinge gingen Adson durch den Kopf. Er musste noch den Vorschuss an Kilijan bezahlen, außerdem musste er dringend in Drakks Werkstatt vorbeischauen. Auch sonst gab es noch eine Menge zu klären, aber trotzdem wollte die junge Klinge ihr Training nicht vernachlässigen. So hatte Adson sich auf dem Übungsplatz der Akademie eingefunden und schwang eifrig die Waffen.

Zuerst hatte er nur mit dem Schwert oder der Axt trainiert, doch nun griff er wieder zum Schild. Er saß nun etwas sicherer am Arm, als noch bei den ersten Versuchen, aber wirklichen Nutzen brachte der Schild noch nicht. Adson empfand ihn bisher eher als unnützen Balast, der ihn langsamer und unbeweglicher machte. Außerdem hatte er bisher noch keinen Trainingspartner oder Lehrer gefunden, der ihn in die Handhabung des Schildes einweisen konnte.

Adson suchte sich einen sicheren Stand, ging in Kampfposition und atmete langsam aus. Dann folgte der erste Schlag auf die Trainingspuppe, schnell ein zweiter, dann ging Adson, leicht geduckt, hinter dem Schild in Deckung. Er machte einen Schritt zurück, nahm den Schild wieder zur Seite und schnellte wieder nach vorn, um einige Schläge gegen die Puppe zu führen. Dann ließ er von dem Trainingsgerät ab und senkte die Waffen. Etwas unbeholfen bewegte er den linken Schildarm und betrachtete nachdenklich das bessere Holzbrett, dass daran hing. Vielleicht sollte er doch weiterhin ohne Schild kämpfen.

Er hängte sich den Schild auf den Rücken und steckte das Schwert in die Scheide. Vielleicht würde er später weitermachen. Adson verließ das Gelände der Akademie und trottete langsam durch die Stadt. Seine Schritte führten ihn auf den Marktplatz und er ließ den Blick gelangweilt über die Auslagen streifen. Irgendwann blieb sein Blick an einem kunstvoll verzierten Dolch hängen. Dieser wäre sicherlich auch ein brauchbarer Preis für eine der Kampfdisziplinen. Er erkundigte sich nach dem Preis und nach einigen Verhandlungen konnte er die Waffe mitnehmen. Fröhlich lächelnd drehte er sich um und stieß mit einem dunkelhaarigen Hünen zusammen.

"Oh, entschuldigt bitte. Ich war einen Moment unaufmerksam.", entschuldigte Adson sich schnell und betrachtete den Mann. Der junge Schreiner konnte sich nicht daran erinnern, dass er ihm schonmal begegnet wäre.

[Sir Scorpion]

Scorp war nun schon eine Weile über den Markt geschlendert, allerdings war es im Fackelschein schwer aus der Ferne auszumachen, was die jeweiligen Händler feil boten, so hatte der Hüne schon eine ganze Menge Zeit damit verbracht von Stand zu Stand zu gehen und sich näher anzusehen, was im Angebot war.
Und wie das auf einem Markt so war, gab es da allerhand Dinge die Leute zu verkaufen versuchten. Während er bereits mehr als einen Stand mit Schmuck, Kleidern, Waffen und Töpfen gesehen hatte, so musste er den Schnapsstand irgendwie verpasst haben. Selbst zu Essen hatte er bereits gefunden, allerdings nur Leckereien und nichts was als Proviant zu nutzen gewesen wäre.
Aber er hatte ja noch den halben Markt vor sich, vermutlich sah es am anderen Ende besser aus, in der Hoffnung beim nächsten Stand mehr Erfolg zu haben schritt er auf diesen zu.
Ein Junger Mann schaute sich dort gerade einen länglichen Gegenstand aus Metall an. Als Scorp hinter ihm zu stehen kam erkannte er, dass der Junge einen Dolch betrachtete. Und viel längere Waffen konnte der Hüne an dem Stand auch nicht ausmachen... Kinderspielzeug... war der einzige Gedanken Scorps dazu. Klar ein guter Dolch konnte lebensrettend sein, aber für einen richtigen Kampf brauchte man ein Schwert oder eine Axt.

Der Junge Mann schien seine Gedanken sonst wo zu haben, denn plötzlich drehte er sich um und stiess gegen den Hünen. Unter falschen Umständen hätte das ziemlich schief laufen können, doch Scorp war auf der Suche nach Schnaps und nicht unter Einfluss von Schnaps. Dieser glückliche Umstand liess Scorp nur etwas verdutzt schauen bevor er den Jüngling am Kragen packte und vom Boden auf Augenhöhe hob. "Pass auf wo du hintrittst Kleiner. Das nächste Mal wenn du unaufmerksam bist kanns dein Leben kosten."
Mit diesen Worten liess der Hünen den Jüngling wieder los und unsanft wieder auf den Boden nieder. "Und pass auf, dass du dein Brett da," er wies auf das Ding auf dem Rücken des Jungen Mannes, das wohl ein Schild darstellen sollte "niemandem um den Kopf schlägst... oder um die Hüfte solltest du das Pech haben heute nocheinmal jemandem meiner Grösse anzutreffen."
Mit diesen Worten sah Scorp das Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte als beendet an und machte sich daran sich abzuwenden und sich wieder seiner Suche nach Schnaps zu widmen.

[Adson Muller]

Na da hatte Adson ja offensichtlich einen besonders freundlichen Zeitgenossen getroffen. Dummerweise auch einen bärenstarken, wie es schien. Aber Adson hatte sowieso kein Interesse an einer tätlichen Auseinandersetzung. Viel mehr ärgerte er sich über die eigene Unachtsamkeit. Deswegen wollte er das wortwörtliche Aufeinandertreffen nicht einfach so enden lassen. Also sprach er den Hünen erneut an, auch wenn dieser offenbar nicht an einem Gespräch interessiert war.

"Ich bitte nochmals um Entschuldigung.", meinte er schnell. "Wie kann ich mein Missgeschick wieder gutmachen? Darf ich Euch vielleicht einen deftigen Eintopf und einen guten Schluck in der 'Sturzkampfmöwe' ausgeben. Und dieses Brett hier stört mich beinahe ebenso wie Euch. Unnötiger Balast. Aber egal, was sagt ihr zu meiner Einladung in die Taverne?"

[Sir Scorpion]

Fast... ja so nahe dran, dass wirklich fast nichts mehr gefehlt hätte... aber dann war da dieser Eintopf, und spätestens beim guten Schluck hatte Scorp bereits vergessen was er denn so haarscharf dem Jungen angetan hätte.
"Entschuldigung angenommen." meinte der Hüne knapp und schob den Jungen Mann regelrecht vor sich her richtung Sturzkampfmöwe. Eintopf und Schnaps, wer konnte dazu schon nein sagen. Scorp jedenfalls nicht.
Auch wenn der Grossteil seiner Gedanken gerade bei Eintopf und Schnaps hingen so konnte er doch nicht ganz ruhig bleiben... vieleicht auch weil noch ein Tröpfchen Anstand in ihm übrig war und er den Menschen der ihn zum Essen und Trinken einlud wenigstens beim Namen kennen wollte sprach er: "Wie heisst du eigentlich?"

Eintopf... mhm hoffentlich mit deftigem Fleisch, Karotten, Kartoffeln, Zwiebeln... mhmjam... uh vieleicht sollte er sich ja auch noch vorstellen.

"Mein Name ist Scorpion." stellte er sich schliesslich vor ehe er wieder an Eintopf zutaten dachte, allerding stellte er sich das Grünzeugs nur bildich vor, irgendwie kannte er die Namen der meisten Gemüsesorten nicht wirklich.

Als sie bei der Taverne ankamen musste der Hüne allerdings feststellen, dass sich Essen vorszustellen eine gute Möglichkeit war, Zeit vergehen zu lassen.

Allerdings brachte ihn die Holztüre wieder zurück zum Brett auf dem Rücken des Jungen Mannes. "Wieso schleppst du das Ding eigentlich mit dir rum, wenns dir eh selbst im Weg ist? Dachte anfangs schon du kannst dir einfach keinen gescheiteren Schild leisten, weist aber damit umzugehen." Mit diesen Worte betraten die beiden die Taverne.