-
Aufregend und beruhigend zugleich war es, einfach nur unter dem Blätterdach zu liegen und zum stillen Beobachter zu werden, langsam Teil der Umgebung zu werden, konnte eine einzige, unvorsichtige Bewegung alles zerstören. Doch soweit ließ es der Hüne nicht kommen, viel zu kostbar, war dafür die Zeit, die er hier in Ruhe verbrachte. Viele kleine Details wurden ihm gewahr, die er bis dahin nie wahrgenommen hatte und das obwohl er den Großteil seines Lebens in den verschiedensten Wäldern verbracht hatte. Scheinbar unwichtige Dinge fügten sich so in ein größeres Bild und offenbarten ihre Notwendigkeit und ließen zugleich den Sägewerker in Gedanken versinken. Wie sollte er so jemals seinen Beruf wieder ausüben können? Eine einzige falsche Entscheidung und soviel konnte aus dem Gleichgewicht geraten, konnte einzelne Existenzen vor große Probleme stellen. Natürlich konnte er bei der Auswahl der Bäume auf viele Dinge Acht geben, doch die Menschen in Schwarzwasser brauchten nun mal das Holz und nur zu gerne hätte Raminus allen Betroffenen, dies klar gemacht.
Einen Schritt in diese Richtung konnte er mit dem Zauber, den er zu erlernen versuchte, auch tun. Wenn er mit den Tieren Kontakt aufnehmen konnte, ihnen so vielleicht klar machen konnte warum dieser Baum nun weichen musste, gleichzeitig aber auch erfuhr, was wirklich wichtig für die Bewohner des Waldes war, dann wäre ihm schon ein wenig geholfen. Das Problem des Baumfällens war damit zwar noch nicht bewältigt, doch auch dafür würde er später noch eine Lösung finden.
Zahlreiche Kleintiere nutzen das unendliche Geflecht aus Ästen und Blättern als ihr zu Hause und ohne Zweifel stellten die Gruppe der Vögel den größten Anteil dar. Mit etwas Geduld und einem geübten Blick konnte man eigentlich immer mehr als nur ein gefiedertes Tierchen finden und genau mit diesen wollte Raminus auch seinen Zauber üben. Die warme Abendluft besingend, machte auch eine Sumpfschwalbe auf sich aufmerksam und der Kahlkopf machte seine Magie bereit. Etwas seltsam war es schon über eine größere Distanz die Magie wirken zu lassen, doch man gewöhnte sich wohl mit der Zeit daran. ‚Hallo kleiner Freund, ich bin…’ wieder formulierte Raminus seine Emotionen, seine Absichten in Worte ehe er sie vermitteln wollte, doch dieser Kontakt schien wohl etwas zu überraschend für einen so kleinen Vogel gewesen zu sein. Der Gesang verstummt und der Vogel flatterte davon, nur um sein Konzert an einer anderen Stelle fortzusetzen. ‚Achherje, der ist aber schreckhaft.’ Grinsend suchte Raminus sich einen neuen Übungspartner…
-
"Finstere Gesellen. Dämonen aus der Hölle, die mir den Kopf abreißen wollen.", antwortete Myra Griffin hämisch, während sie ihre beiden Klingen auseinander zog und so einem der schlürfenden Gestalten die Möglichkeit einer Hand-Augen-Koordination nahm. Der Untote hatte nun ein Problem mit dem Leib-Kopf Dualismus. Leider hielt ihn das im ersten Moment nicht davon ab, weiter nach der Grünhaarigen zu greifen. Intuitiv musste sie an Hühner denken.
"Du kannst uns nicht entkommen!", rief der am Boden liegende Kopf aus, bevor ein weiterer Angreifer ,ohne auf diesen zu achten, einfach darüber trampelte. Soviel dazu, dass die junge Schönheit pietätslos war.
Kurzerhand verpasste sie ihrem nächsten Gegner einen Tritt. Nicht um ihn zu Boden zu werfen, sondern um sich für einen Moment einen Überblick verschaffen zu können. Es strömten immer mehr Untote auf die kleine Gruppe ein. Auch wenn die lustigen Gesellen nicht besonders schnell waren, konnten sie dennoch zu einem Problem werden, denn schließlich würde die Gruppe nicht ewig kämpfen können.
"Wir sollten uns etwas einfallen lassen.", rief sie, um das Stöhnen ihrer Gegner zu übertönen, "Wir können sie nicht alle in das Grab zurück schicken. Soviel Platz ist hier gar nicht."
Gerade wollte einer der Schlechtgelaunten sie greifen, da wirbelte sie mit beiden Schwertern herum und schnitt kurzerhand die Greifinstrumente ab. Von soetwas ließen sich diese Kreaturen selbstverständlich nicht stören, sodass die Grünhaarige ihre beiden Schwerter kreuzte und, wie sie es aus der Schneiderei gewohnt war, die Kragenweite ihres Gegners etwas zu schnitt.
"Vielleicht sollten wir versuchen uns einen Weg durch ihre Reihen zu bahnen. Eine andere Chance haben wir wohl nicht.", rief sie nocheinmal aus und stürmte nach vorn.
Nicht wie in Beserker schlug die Schneiderin auf die Untoten ein, sondern sie bewegte sich eher wie eine Spinne auf vielen Beinen leichtfüßig über den Boden und wickelte den einen Gegner in einen Kokon aus Schwerthieben ein, einen anderen heftete sie in einer Falle fest, sodass dieser nicht entkommen konnte. Weiter überraschte sie einen hinterrücks, ohne jede Vorwarnung, oder nahm einen anderen erst die Bewegungsmöglichkeit, dann die Existenz. Wie Fliegen hatten sich ihre Gegner um sie versammelt und die Grünhaarige wartete geduldig wie eine Spinne auf jeden einzelnen von ihnen.
-
Der Waldläufer hatte recht gehabt: Zu der Zeit als er von Onyx den Bericht bekommen hatte, war auch Thorwyn wieder da gewesen. Es wäre ja auch verwunderlich gewesen, wenn die Information über die Anwesenheit eines Jägers und der Heilerin seiner Neugier entgangen wäre. Von den beiden hatte er allerdings noch nicht mitbekommen, was sie auf ihrer Reise erlebt hatten. Er warf es ihnen auch nicht vor, denn er glaubte schon, dass sie ihn aufgesucht hätten, wenn es etwas wirklich Wichtiges und Dringendes gewesen wäre, aber ein bisschen besser Bescheid wissen wollte er dann eben doch. Also würde er irgendwann den Jäger suchen.
Irgendwann! So war der Plan gewesen, schließlich kam er gerade von einem Ritt mit Dschinn zurück und musste ihn erst Mal wieder zurück bringen, doch Pläne gingen bekanntlich nicht immer auf und so begab es sich, dass er gerade um die Ecke eines Hauses ging, als plötzlich Thorwyn vor ihm stand. Der Anblick für den Jäger konnte vermutlich durchaus erschreckend sein, wenn man nicht nur fast in einen Mann reinrannte, sondern gleich ein Pferd in voller Größe und mit Reiter vor sich stehen hatte. Auch Barti und Dschinn reagierten sofort und kamen zum Stillstand noch bevor eine Kollusion entstanden wäre. Peinlich war die Situation dem Meister der Jäger aber trotzdem.
"Oh, Thorwyn! Bewahre!"
Schnell stieg der Reiter von seinem Pferd, denn er wollte nicht so -wortwörtlich- von oben herab mit ihm sprechen.
"Ich wollte dich eigentlich bald mal sprechen, aber scheinbar ergibt es sich schneller als gedacht. Hast du vielleicht kurz Zeit?"
-
Relativ schnell hatte sich Thorwyn wieder in den Alltag von Schwarzwasser eingefunden, den er vor kurzem für eine Weile hinter sich gelassen hatte, so dass er die Tage nun wieder damit verbrachte, durch den Sumpf zu streifen, zu jagen und Ausschau zu halten. Deutlich spürte man, dass das Jahr in der Zwischenzeit noch weiter vorangeschritten war, manchmal schien es sogar bereits Sommer zu sein. Dann wieder gab es zwar auch Tage, an denen Wind, Nässe und Kälte an einem nagten, doch mit Leylas Taschenwärmer konnte der Jäger auch diese Tage bewältigen.
Gerade befand er sich auf dem Weg von der Sumpflilie zur Heilkammer, wo er Leyla anzutreffen hoffte, als er Bartimäus über den Weg lief. Für einen Moment setzte sein Herz aus, als er in der aufkommenden Dunkelheit fast auf die riesenhaft wirkenden Umrisse prallte, doch dann merkte er schnell, dass der Jagdmeister einfach nur auf einem Pferd saß.
„Oh, äh, bewahre … Zeit, ja, natürlich, habe ich“, erwiderte Thorwyn, als sein Gegenüber abgestiegen war. Bewundernd musterte er kurz das große Tier. Geritten war er nie, aber dennoch faszinierten ihn diese kräftigen Wesen, ebenso wie auch der Säbelzahn Leyla, den er bereits aus nächster Nähe hatte betrachten dürfen. Kraft und Anmut schienen sich in solchen Tieren perfekt zu vereinigen. „Ich wollte sowieso auch noch zu dir, hat sich bloß irgendwie … nicht ergeben oder so“, fuhr er fort. „Wusste übrigens gar nicht, dass du ein Pferd hast …“
-
Was würde man ohne glückliche Zufälle machen? Das Leben wäre vermutlich ein sehr viel mühsameres, aber es ging jetzt nicht darum über das Leben zu philosophieren.
"Ich habe ihn sogar schon seit einiger Zeit, sein Name ist Dschinn, ich war damals mit Ad unterwegs als ich ihn bekommen und gelernt hab ihn zu reiten, falls dir der Name was sagt."
Doch eigentlich wich er gerade von Thema ab und er wollte nicht morgen noch da stehen und mit Thorwyn über Belanglosigkeiten reden, ohne je auf das eigentliche Thema zu kommen.
"Aber wie war eure Reise? Wie ich sehe seit ihr gut wieder angekommen, das ist das Wichtigste! Aber was ist unterdessen passiert?"
Noch hunderte andere Fragen wie 'Wo ward ihr?' oder 'Habt ihr irgendwelche Informationen beschaffen können?' gingen ihm noch durch den Kopf, doch hätte er sie gestellt würde es zu sehr nach einem Verhör klingen und er würde zu sehr wie ein strenger Chef wirken, der sich vergewissern wollte, dass seine Leute ihre Arbeit gut gemacht und auch nicht den noch so kleinen Bereich der Aufgabenstellung ausgelassen hatten und das wollte er nicht.
-
Nach einer langen Pause die dazu führte, dass das Gepäck wirklich um einiges leichter wurde, während das Körpergewicht jedes einzelnden um ein paar Brote zunahm, packten die Reisenden die Reste wieder ein und machten sich bereit. Selbst Rekhyt war nun wieder einigermaßen auf den Beinen und ging im Raum auf und ab um sich einzuleben in dieser Welt. "Wie der Tod so ist?" fragte sich Gwynnbleidd unweigerlich und wollte den Gedanken auch schon aussprechen, als Corax ihm zuvorkam und Rekhyt ein paar Worte zuflüsterte. Nickend ging Rekhyt weiter und murmelte ebenfalls etwas. Die allgemein komische Atmosphäre wurde vom wandelnden Knoblauchhaufen unterbunden, als dieser ein Geräusch von sich gab, dass wohl in etwa mit dem beeindruckendem Geruch übereinstimmte. Die bösen Blicke hingegen ignorierte er und entschied sich voran zu gehen. Corax ging ihm samt Leuchtkugel hinterher und schwieg. Dúran und Rekhyt folgten und der Wächter schloss diese Kette, wobei ihm diese Tatsache nicht unbedingt gefiel. Im Gegensatz zum ersten Durchgang, war dieser hier viel weniger anstrengend, weil es immer leichter wurde zu gehen. Ebenso wurde es wärmer und auch die Luft schien hier nicht mehr zur aussterbenden Art zu gehören. Dennoch war der Gang auch in diese Richtung durchaus anstrengend. Der Schweiß tropfte von Gwynnbleidds Stirn und er wollte schon seinen Mantel ausziehen, als er plötzlich auf Rekhyt stieß, welcher wiederum nur kurz vor Dúran gebremst hatte. Wenn der Wächter sich nicht irren sollte, hatte die Gruppe angehalten, in dieser engen Gasse. "Vorher sah es hier anders aus!" sagte anscheinend Orthego und er hatte Recht. Etwas hatte sich verändert. Kalt lief es Gwynnbleidd den Rücken herunter, als plötzlich ein eisiger Wind einschlug...
-
Ad … Adrastos! Kurz hatte Thorwyn nachdenken müssen, bis er von der Abkürzung auf den vollständigen Namen gekommen war, doch dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Noch zu gut erinnerte er sich an das außerordentlich fröhliche Beisammensein mit Adrastos und an die unzähligen Nasenwitze, die sie gerissen hatten. Und von denen Maris am besten nie etwas erfuhr.
„Ja, der Name sagt mir was“, erwiderte der Jäger daher lächelnd. „Netter Kerl … aber, hm, zu der Reise, davon wollte ich auch erzählen.“ Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand über das Kinn und überlegte, wo er anfangen sollte. „Also zuerst mal haben wir bekommen, was wir gesucht haben, das Zeug für die Heilkammer. Wir waren in Thorniara und Setarrif, aber es scheint da in letzter Zeit keine großen Kämpfe gegeben zu haben, höchstens in dem Abschnitt an der Nordküste, da waren wir nicht.“
Allerdings glaubte Thorwyn, dass man den Städten eine große Schlacht angemerkt hätte, sicher wäre dann überall darüber geredet worden, was jedoch nicht der Fall gewesen war. „Aber da war was anderes“, fuhr er dann stirnrunzelnd fort. „Wir wissen nicht genau … also jedenfalls haben wir südlich von Thorniara eine Gruppe Soldaten und Magier gesehen und sind ihnen eine Weile gefolgt. Die sind in die Burg rein und am nächsten Tag wieder raus und dann in dem großen Tunnel verschwunden, der durchs Gebirge führt. Wir sind hinterher, aber … anscheinend sind die auf der anderen Seite nicht wieder rausgekommen. Gab dort keine Spuren, gar nichts. Es gibt aber Abzweigungen im Berg … irgendeine haben die anscheinend genommen. Aber mehr wissen wir auch nicht, kann mir eigentlich auch keinen Reim darauf machen. Aber ist sicher trotzdem besser, wenn du Bescheid weißt, nur für den Fall …“
-
"Hmm..."
Barti hatte Thorwyns Bericht gelauscht und versuchte sich nun die möglichen Szenarien vorzustellen. Eine Gruppe Innoslern die im Westen in den Tunnel nach Osten ging und dort scheinbar nicht mehr raus kam. Es schien nichts mit ihnen im Sumpf zu tun zu haben und je länger man darüber nachdachte, desto weniger Sinn machte es. Der Orkwald mochte gefährlich sein, aber das waren die schwarzen Schluchten auch. Außerdem war es taktisch äußerst unklug über die Brücke in den Sumpf kommen zu wollen, denn dort war es ein leichtes einen Soldat nach dem anderen einzeln in den Tod zu werfen. Noch dazu kam, dass sich der Waldläufer nicht vorstellen konnte, dass die Innosler Angst, oder zumindest so viel Respekt vor den Orks haben würden, dass sie den Orkwald meiden würden. Nach dem Krieg am Festland wäre es eher wahrscheinlich, dass sie Größenwahnsinnig wurden und überhaupt keine Gefahr mehr sehen.
Der einzig mögliche Punkt wäre, wenn es von dem Gebirge einen direkten Weg in den Sumpf gab, doch die Wahrscheinlichkeit, dass die Anhänger Rhobers davon eher wussten als sie war sehr gering.
Alles in allem schien die Gruppe -wenn sie überhaupt für irgendwen eine Bedrohung sein sollte- eher die Setarriffer zu betreffen.
"Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das handlungsbedarf auf unserer Seite hervorrufen sollte. Ich danke dir trotzdem für den Bericht! Sonst ist alles gut verlaufen? Keine gemeingefährlichen Banditen, aus Löchern kriechende Goblins oder schlüpfende Dracheneier?"
-
„Mhm“, bekräftigte Thorwyn die Ansicht von Bartimäus, dass die Truppe aus Thorniara wohl kaum etwas im Schilde führte, worum man sich in Schwarzwasser Gedanken machen müsste. Weder folgte sie irgendeinem Weg, der in den Sumpf führte, noch hatte König Rhobar irgendeinen Grund, das Waldvolk anzugreifen. Es hatte ihm nichts getan und würde das wohl auch in absehbarer Zeit nicht tun. Wir wollen ja schließlich auch nichts von denen, dachte der Jäger und schob die ganze Angelegenheit dann beiseite. Für ihn war das erledigt.
„Ansonsten … ist nicht so viel passiert“, fuhr Thorwyn dann fort. Er zögerte. Kurz überlegte er, ob er von den beiden Banditen erzählen sollte, die ihm den Bolzen in die Brust verpasst hatten, entschied sich dann jedoch dagegen. Das war keine Geschichte, die er gleich jedem auf die Nase binden wollte, und überhaupt waren solche Banditen eher das Problem von Rhobar, auf dessen Gebiet sie sich herumgetrieben hatten. „Nein, nichts Besonderes. Aber“, fügte er dann doch noch mit einem Grinsen hinzu, als ihm etwas einfiel, „wir haben ein paar … Kakaosamen mitgebracht, aus dem Dschungel. Mal sehen, was man damit so machen kann.“
-
Kaka...was? Kakaosamen. Einige Augenblicke musste der Neugierige nachdenken ehe ihm einfiel was er glaubte über die Pflanze zu wissen. Zumindest wusste er jetzt dass es eine Pflanze war, sonst würde es wohl kaum 'Samen' heißen und davor hatte er nur von Süßigkeiten gehört, die angeblich sehr lecker sein sollten und die das enthalten sollten. Was genau es damit auf sich hatte und wie genau das alles funktionierte wusste er nicht, aber wenn Thorwyn und Leyla es mitgenommen hatten, standen die Chancen ganz gut, dass er Zunkunft vielleicht ein klein wenig mehr darüber erfahren würde.
"Das klingt gut!", entgegnete er daraufhin zu Thorwyn, "Ich bin schon mal gespannt was ihr damit so alles anfangen könnt."
Nach einer kurzen Pause beschloss er schließlich aber wieder das Thema zu wechseln.
"Aber ich denke ich sollte Dschinn dann mal wirklich in den Stall bringen und so, wenn du sonst nichts mehr brauchst. Ich wünsche dir eine gute Nacht. Bewahre!"
Und da der Jäger tatsächlich dem nichts einzuwenden hatte, trennten sich ihre Wege vorerst wieder. So schnell konnte man ein Vorhaben erledigt haben!
-
Pfeifend entwich die Luft bei jedem Senken der Brust. Arme und Beine lagen kraftlos und fahl wie eh und je neben dem Hauptteil des Organismus, der sich verzweifelt gegen die Hitze und das Schwindelgefühl zu wehren schien, auch wenn nach Außen hin nichts dergleichen zu sehen war. Lediglich unzählige kleine Schweißperlen bewiesen die Anstrengung, mit der sich das Individuum zu verteidigen versuchte. Das Pfeifen war unregelmäßig und schwach, die Lippen aufeinander gepresst und die Augen geschlossen. Die Kleidung des Wesen klebte nass und warm an seiner Haut und erweckte den Eindruck, als wäre es schwimmen gewesen, doch das Bett war seit nun mehr zwei Tagen seine Heimat, die es um keinen Preis der Welt zu verlassen gedachte.
Seine Gedanken sagten ihm, dass sich die anderen Gäste bereits über ihn beschwert hätten, doch war es sich nicht sicher, ob es in einem Traum oder in der Wirklichkeit der Fall war.
Etwas kühles berührte Damhs Stirn und breitete sich ähnlich wie Schweiß über sein Gesicht aus. Schwach öffnete er die Augen und sah die Wirtin, die ihm einen feuchten Stofffetzen auf die Stirn drückte und ihn besorgt musterte.
„Bist du wach?“, fragte sie in einem Tonfall, der nicht zu ihrer Mimik passen wollte.
„J...Ja“, hauchte der Kranke schwach und bewegte die Augen hin und her, um seine Antwort zu bekräftigen. Dabei schoss ihm ein stechender Schmerz durch den Kopf, der seinen Ursprung in den Augenhöhlen zu haben schien.
„Du musst heute gehen“, sagte die Frau und schaute noch immer unglücklich an ihm vorbei, „Das im Voraus bezahlte Geld reicht nur für heute und es spricht sich rum, dass ein Kranker bei mir übernachtet. Kaum einer will mehr ein Zimmer mieten.“
„Ich...verstehe“, murmelte der Barde und richtete sich wie in Trance auf, wobei ihm der Lappen von der Stirn auf den Schoß fiel, „Ich werde sofort gehen“, jedes Wort fiel ihm schwer, „Entschuldigt die Umstände“, die letzten Worte waren kaum mehr als ein Wispern.
Mühevoll schob der Weißhaarige die Beine aus dem Bett, klammerte sich mit einer Hand an den Rand und richtete sich vorsichtig auf, um nicht umzufallen. Ohne ein weiteres Wort wollte er hinaus gehen – oder schwanken -, als die Wirtin ihm riet sich in der Heilkammer zu melden, damit ihm dort geholfen werden konnte. Er nickte knapp und machte sich auf den Weg dorthin.
Die Menschen auf den Stegen sahen ihm nach, als sei er eine Wasserleiche, und vermutlich war dies gerechtfertigt, wenn man seine vom Schweiß nassen Kleider, die blasse Haut und die rot umrandeten Augen bedachte.
Als er nach dem Weg fragte, wurde ihm lediglich eine Richtung mit dem Finger gewiesen; er hoffte, dass es nicht mehr weit war.
Als er die Hütte erreichte, welche sich nahe dem großen Baum befand, musste die Erleichterung in seinem Gesicht ablesbar gewesen sein. Die letzten Schritte waren weniger anstrengend, als alle davor und doch fiel er mehr in den großen Raum, als dass er hineinging. Sein Blick war verschwommen und so nahm er nur unklar wahr, dass es nicht viele Dinge gab, an denen er sich würde festhalten können. Also blieb er im Türrahmen stehen, klammerte sich so stark an eben jenen, dass sich die Holzmaserung auf seine Hand übertrug und hoffte darauf, bemerkt zu werden.
-
So viele Ideen, was sie noch machen und ausprobieren könnte, und so wenig Zeit, genau das zu tun. Sie wollte mit den Kakaobohnen herumexperimentieren, sich genauer mit dem Blasrohr beschäftigen – vor allem im Bezug auf mögliche Pfeile – musste noch den Vorrat wieder auffüllen und ... nein, Moment! Senna konnte das doch eigentlich machen, er fühlte sich hier mit der Laborarbeit doch mindestens genauso wohl wie sie und konnte mit vielen Sachen auch ziemlich gut umgehen. Da konnte er seine Motivation auch produktiv umsetzen, ja, das musste sie ihm morgen unbedingt sagen.
Erleichtert räumte sie die Vorratsflasche wieder beiseite, hielt in der rückläufigen Bewegung jedoch inne. Da war etwas in ihrem Augenwinkel, das anders aussehen sollte. Skeptisch drehte Leyla sich langsam zur Seite und blickte zur Tür. Dort stand jemand. Wenn man es denn stehen nennen wollte, es war eher ein Kampf mit dem Türrahmen, wobei lediglich ausstand, auf welche Weise der Rahmen den Kerl zu Boden schicken und wie unbequem und geräuschintensiv er dort landen sollte sollte.
Vorsichtig ließ die Ovates einen Glasstopfen los, ohne dass der dabei allem Anschein nach zu Bruch ging, und eilte zu dem Mann hinüber. „Bewahret! Was ist ... oh!?“ Durchnässt bis auf die Knochen, ein fahler Gesichtsausdruck, leuchtend rote Augen – gesund sah anders aus. „Keine Panik“, meinte sie aufdringlich und packte ihn am Arm. „Kommt, dort auf ein Bett. Könnt ihr ... könnt ihr mir erzählen, was passiert ist?“
-
Von der Linken in die Rechte und zurück nach oben. Insgesamt sieben Kartoffeln flogen zeitgleich unter der hölzernen Decke der Lehrlingshütte und landeten sicher in den Händen des Bettlers. Gerne hätte er es noch mit ein oder zwei mehr probiert doch wer nicht arbeitete konnte auch kein Gold verdienen um sich damit weitere Erdäpfel zu beschaffen. Zuviel Zeit hatte er damit verbracht den ersten druidischen Zauber zu üben und wehrlose Tiere mit seiner Kommunikationslust zu überfallen. Ein verschmerzbarer Verlust ginge man davon aus die vielen Versuche hätten einen Erfolg nach sich zu ziehen. Taten sie aber nicht. Ein irdener Becher wurde zweckentfremdet und reihte sich in den Lauf der fliegenden Kartoffel direkt hinter einer ganz kleinen ein.
Wann immer Balthur versuchte ein Tier zu kontaktieren glich ihm die Erfahrung wie ein Griff in trübe Mehlsuppe. Er tastete herum, versuchte einen Zugang zu seinem Gegenüber zu finden und musste zusehen wie sie sich entweder verschlossen oder beinah unverständlich antworteten. Kein Geräusch drang durch den Vorhang aus Nebel, kein Bild vermochte den Dunst zu durchdringen. Die einzigen Erfolge die er feiern konnte waren bei Rattenähnlichen und Insekten eingetreten. Jedes größere Geschöpf dagegen, auch Vögel oder Fische machten keine Anstalten seinen Ruf zu erwiedern. Inzwischen rotierten Kartoffeln und Becher in nur noch einer Hand während sich der Glücksspieler vergeblich aber ausdauernd darum bemühte seine Pfeife in Gang zu bekommen.
Es dauerte ein gutes Stück doch zum Schluss erfüllte angenehmer Duft Balthurs Lungen. Pfefferminz lag in der Luft und wanderte zur Decke hin durch die Ritzen und Spalten eines erfahrenen Daches bis ein fescher Nordwestwind das Rauchrinnsal davonblies. Der Bleiche war entspannt und gelassen bis ihm ein erstickter Schrei durch Mark und Bein fuhr. Das Milchglas hinter seinen Augen zersprang und mit ihm Balthurs stoische Ruhe. Es gab sieben dumpfe Schläge auf dem hölzernen Fußboden und nur ein schnelles Herumwirbeln verstärkt durch die gleiche halbmagische Bewegungsart die ihn zur Spitze Tooshoos getragen hatte, verhinderte das sich ein Klirren dazu gesellte. Wer bei Beliar? Die magischen Kräfte die sich während der körperlichen wie geistigen Anstrengung des Jonglierens tastend in der Hütte ausgebreitet hatten kehrten in Balthurs Schoß zurück. Nicht sicher ob er gerade tatsächlich etwas gehört hatte oder sich nur selbst betrog begann er die Suche nach dem Kreischenden.
Geändert von Balthur (04.05.2012 um 20:20 Uhr)
-
Damh war sich ganz sicher, dass er bei dem plötzlichen Ruck, der durch seinen Körper gegangen war, als ihn eine unbekannte Person in die Hütte gezogen hatte, etwas zwischen den Türangeln zurückgelassen hatte. Er war sich nur noch nicht sicher, ob es sein Wille sich aufrecht zu halten oder das letzte Bisschen Gleichgewicht gewesen war, an das er sich verzweifelt geklammert hatte.
Kurzerhand wurde er auf ein Bett verfrachtet, welches im Gegensatz zu seinem letzten noch trocken war – die Frage war lediglich, für wie lang dies der Fall sein würde.
„Ich...ich weiß nicht“, nuschelte er, „Mir...ist so schwindelig und übel“, versuchte er sein Leiden in Worte zu fassen.
Er bemerkte kaum, was um ihn herum geschah, hörte nur, wie Glas klirrte, Wasser schwappte und Holz über Holz schabte, wie bei einem Stuhl, der verrückt wurde. Eine Stimme versuchte immer wieder in seine Gedanken einzudringen, schmiss Worte nach ihm, die keinen Sinn ergaben und wollte den Moment der Bewusstlosigkeit vertreiben, der einzige Ort, wo er sich vor seinem Körper verstecken konnte.
Er schlug den Kopf hin und her, um die Stimme aus seinem Kopf zu treiben, die ihn quälen wollte, die ihn zurück in die Wirklichkeit holen wollte, in der sich alles drehte und in der er unbeholfen nach Luft ringen musste. Die wohlige Schwärze des Nichts war da eine viel angenehmere Alternative.
„Lass mich“, rief er schwach, „Ich will nach zwei Tagen nicht mehr spüren, wie heiß und kalt zugleich die Welt sein kann, und das Drehen kann ich auch nicht mehr ertragen."
Salzloser Schweiß rann über und zwischen seinen Lippen hindurch. Ein trockener Klumpen regte sich in seinem Mund und bekam sein Gefühl zurück. Ein saurer Geschmack ging von ihm aus. Die Zunge des Barden fühlte sich pelzig und irgendwie alt an. Was war bloß los?
-
Eigentlich müsste er aus den Sachen raus, nur wie lange hielten frische? Ganz offensichtlich war er nicht in irgendeinen Tümpel gefallen oder vom Regen durchnässt worden, sondern schweißnass. Von dem, was ihn so schwächte, sein Körper, der sich irgendwie gegen das Böse in ihm zu wehren versuchte. Oder gar Angstausbrüche? Eher ein Fieber, mutmaßte sie, ein Fieber, das sie am besten mit noch mehr Wärme bekämpfte. Über Nacht, eine dicke Decke, vielleicht zwei. Eventuell sogar ein Feuer ... je nachdem. Er halluzinierte, das merkte Leyla auf jeden Fall schon in dem Augenblick, als sie ihm ein kaltes, feuchtes Tuch auf die Stirn legte. Er zuckte regelrecht darunter zusammen, rief, dass sie ihn lassen sollte. Das wäre eigentlich ein wunderbarer Fall für Sennas noch junge Erfahrungen.
„Alles wird gut, ganz ruhig“, flüsterte sie ihm zu. So schlimm, dass sie es magisch behandeln musste, schien es nicht zu sein. Schmerzen schien er auch keine zu haben oder aber er konnte sie unterdrücken. Am besten gab sie ihm ein Beruhigungsmittel, ein Trunk für die Nacht, der seine heilenden Kräfte im Schlaf entfesselte. Falls sich der Zustand bis morgen nicht änderte, konnte sie immer noch was anderes versuchen. So wie er aussah, ging das schließlich schon einige Zeit. Oder es war unglaublich schnell. Nur dann würde er die Nacht vermutlich gar nicht überstehen. In dem Fall wäre ein magischer Kampf jedoch auch ein sehr schwerer Kampf für sie. Ein Kampf, den sie durchaus auch verlieren konnte. Und solch eine Niederlage ginge sehr viel näher an ihre Substanz.
„Ihr kommt sehr spät“, murmelte Leyla dann noch und deckte ihn schließlich zu. Auf dass es noch nicht zu spät sein mochte.
-
"Na du." Als er zur Hintertür der kleinen Hütte herausgegangen war und sich dort graues Fell in seine Augenwinkel geschoben hatte, war Daryn fast sofort stehen geblieben und hatte sich zu dem Tier hin gewandt. Dort sah er, angeleint mit einem etwas dickeren Strick, einen jungen Hund sitzen, die Augen auf die seinen gerichtet. Mit einem Lächeln hatte er sich genähert, die Hand ausgestreckt um das Tier zu streicheln, doch es verbog sich, wich zurück ohne ihn dabei auch nur einen einzelnen Augenblick aus den Augen zu lassen.
Hmm.. Der Vengarder nahm die Hand zurück und setzte sich ein kleines Stück von ihm entfernt auf den Boden. Erst, als er das Tier genauer betrachtete, bemerkte er, dass fast das komplette Fell verklebt und dreckig war. Dunkelbraune Erdklümpchen waren überall verteilt, gemischt mit dunkelrot. Die Haare sturrten in unterschiedlichste Richtungen, während sie an anderen Flecken fehlten und Blick auf angeschlagene Haut darunter freigaben. Als sich dann die Blicke wieder kreuzten war es noch deutlicher zu erkennen. Dem Hund ging es nicht gut, seine Augen strahlten die Angst förmlich aus und auch wie er dasaß, die Vorderpfoten dicht beieinander und der Kopf leicht gesenkt während der Schwanz von unten durch die Beine hervorlugte.
Sein Gefühl machte ihm eines ganz deutlich: Lass ihn in Ruhe. Doch etwas anderes drängte ihn dazu, herauszufinden, was mit dem Tier los war. Vielleicht waren es die stahlgrauen Augen, die sich tief in seinen schwarzen Blick bohrten, trafen sie erst einmal aufeinander. Ein kleiner Gedankenimpuls reichte um die Möglichkeit zu eröffnen, mit dem Wesen ihm gegenüber auf einer ganz anderen Ebene zu kommunizieren. Die Magie war etwas wunderbares und ermöglichte so viel, konnte sogar die Distanz zwischen Mensch und Tier zerstören, sie beide gleich stellen. Weit kam Daryn allerdings nicht. Mit einer gewissen Routine hatte er den Geist des Hundes berührt, wie er auch jeder Pflanze begegnet war. Doch der Hund scheute einen Kontakt, wie auch seine Hand gescheut hatte. Sofort war ein Knurren zu vernehmen, ohne dass auch nur der Versuch unternommen worden war, den Fremden zu untersuchen.
"Hey, verzieh dich zurück in deine Ecke!" erschallte die harsche, kratzige Stimme der alten Frau, die diese Hütte besaß und genauso die Halterin dieses Tieres war. Wie aus dem Nichts war sie angestürmt und hatte dem Hund einen Schlag verpasst. Und den spürte nicht nur einer. Auch der Lehrling hatte ihn über die mehr als brüchige Verbindung gespürt, doch da war noch etwas ganz anderes. In dem Moment des Schlages war ein Gefühl auf ihn übergesprungen, wie er es nie erlebt hatte. Es war ein nicht zu beschreibender Schmerz, der tiefer drang als nur ein Schlag. Wie ein heißes Messer war es bis aufs Innerste vorgedrungen und schien dieses entzwei zu reißen. Ein Stich, der ihm sämtlichem Atem beraubte und ihn von der Hocke zurück fallen ließ. Das Winseln des Hundes machte es nur stärker, emotionaler und trieb ihm schon fast Tränen in die Augen. "Kommst du, es gibt wieder Arbeit?" erklärte die Frau mit warmer Stimmlage, für die diese Angelegenheit bereits erledigt war. Daryn indes starrte sie nur entgeistert an, wusste nicht was er sagen sollte und konnte auch gar nicht, denn von ihren Worten war nicht viel an ihn herangekommen. Alles war überdeckt von diesem unglaublichen, verzweifelten Gefühl, welches der Hund in diesen Momenten gespürt hatte und dessen Nachhall ihn, wie auch den Hund noch immer quälte.
Daryn legte sein Gesicht in die Hände und atmete erst einmal durch, um den Moment zu verkraften. Unglaublich, wie deutlich und klardie Emotionen auf ihn übergesprungen waren
-
Seufzend verrenkte sie ihre Arme und legte ihre Hände unter Mühen in ihren Nacken und wartete. Es war jedes Mal dasselbe alte Spiel. Sie wünschte sich bloß, es würde sich ein klein wenig mehr beeilen. Denn sonderlich bequem war es hier garantiert. Viel zu wenig Platz - und vorallem viel zu staubig! Wenn er auch nur ein einziges Mal den Besen in die Hand nehmen würde, wäre es hier schon sehr viel erträglicher. Aber das wär dann natürlich umso dümmer für sie, da sich die kleine Frau immerhin darauf verließ, dass jener Mann niemals einen Besen in die Hand nahm. Oder aber seine Stiefel zu wild abstreifte, sodass sie unter das Bett rutschten, er sich auf die Knie begeben musste und unter dem Bett umhertasten musste - wo er nach aller Wahrscheinlichkeit nicht das alte Leder seiner groben Stiefel zu fassen bekommen, sondern etwas sehr viel interessanteres.
Uninteressiert starrte sie an die Wand und versuchte die Stränge im nächsten Spinnennetz zu zählen, als sie wartete, bis der Mann endlich sein abendliches Ritual beendete. Natürlich, man könnte sich fragen, was tat diese junge Frau unter dem Bett eines ihr unbekannten Mannes und das auch noch mitten in der Nacht? War sie etwa die Geliebte seiner Frau, seines Haustiers oder sogar seines Nachttisches? Nein, der wahre Grund war sehr viel simpler. Sie hatte Hunger. Natürlich, jetzt könnte man sich hier ebenfalls fragen: Na und? Jeder Mensch hat Hunger - was hat ihr Bedürfnis nach Nahrung mit ihrer jetzigen Situation zu tun? Um diese Frage allerdings zufriedenstellend beantworten zu können, muss man erst einmal die Situation der jungen Frau erörtern. Sie war offenbar eine junge Frau - und auch klein genug um unter ein tiefes Bett zu passen und während ihrer Anwesenheit nicht weiter aufzufallen. Sonst wäre sie in den vielen Monaten, in denen sie diese Routine wiederholte, schon unlängst entdeckt wurden. Also konnte man ihr ein gewisses Talent an Heimlichkeit unterstellen - oder aber natürlich schlicht und einfach vermuten, dass der Bewohner der kleinen, morschen Hütte nicht ganz helle war. Was durchaus möglich war. Aber weiter, was tat sie nun jede Nacht unter dem Bett eines fremden Mannes und verharrte mitunter stundenlang in einer eher unbequemen Stellung und suhlte sich im jahrealten Staub? Bevorzugte sie es vielleicht auf dem dreckigen Holzboden zu liegen, als direkt im kalten Schlamm, der der hiesige Ersatz für festen Grund und Boden war? Darüber könnte man sich streiten, da die junge Frau selber nicht ganz wusste, ob sie lieber auf dem eher warmen aber harten Boden lag oder aber in eine schlammigen Brühe, die mitunter relativ kühl werden konnte, aber dafür auch längst nicht so hart war. Aber nein, ihre bevorzugte Schlafstätte hatte natürlich keinen direkten Zusammenhang mit ihrem Hunger. Sie borgte sich lediglich etwas zu Essen. Natürlich fragte sie den Mann nicht, ob er damit einverstanden wäre seine Lebensmittel mit ihr zu teilen, denn sie konnte sich gut vorstellen, dass er dazu wenig Lust hatte, weshalb sie sich jeden Abend, sobald er seine Hütte verließ um Gott weiß was zu tun, in die Hütte schleichte, sich an seinen Vorräten vergriff, die wenigen kostbaren Stunden in einer kuscheligen Decke verbrachte und daher prompt Tag für Tag einschlief. Sie war kein sonderlich intelligenter Dieb. Zum Glück hatte sie einen leichten Schlaf und wurde bisher immer wach, sobald seine schweren Stiefel vor der Tür erklangen und konnte sich bisher jedes Mal noch rechtzeitig genug unter dem Bett verstecken um dort dann abzuwarten, bis er sich zu Bett gelegt hatte und eingeschlafen war, um sich wieder rauszuschleichen. Natürlich könnte man jetzt meinen; wenn sie denn doch wusste, dass sie fast sofort einschlief, sobald sie etwas im Magen hatte - warum nahm sie das Essen nicht schlichtweg mit hinaus, wenn sie denn schon von einem vermutlich armen, unschuldigen Mann stehlen musste? Ganz einfach. Weil sie keine Lust hatte. Und weil sie es für ein Grundrecht hielt, jeden Tag in einem warmen, kuscheligen Bett schlafen zu können. Und natürlich, weil sie jedes Mal, wenn sie die Hütte verließ, entweder das kostbare Essen im Schlamm verlor, von garstigen Sumpffliegen getriezt wurde bis sie das Essen verlor und einfach nie dazu kam das Geborgte wirklich zu genießen. Außerdem hatte es bis jetzt auch wunderbar funktioniert - und wieso etwas umständlich ändern, wenn es denn wunderbar funktionierte. Das war nicht nur absolut unnötig, sondern auch noch unsagbar dämlich! Und die junge Dame hielt ganz gewiss nichts von dämlichen Dingen. Denn sie war eine Dame der Vernunft und handelte niemals unüberlegt oder grundlos. Natürlich variierten ihre Begründung ungewöhnlich oft von denen anderer Personen - aber das lag lediglich daran, dass alle anderen unsäglich dumm und unvernünftig waren.
Außerdem, war sie in den vielen Monaten, in denen sie unter dem Bett die Gelegenheit zum Grübeln hatte, zur festen Überzeugung gelangt, dass sie nichts unechtes tat. Der Mann hat offensichtlich mehr als genug um sich und eine weitere Person zu ernähren - nicht mit jemand anderen zu tun war hier also furchtbar geizig und all zu garstig und es lag in ihrer bürgerlichen Pflicht ihre Mitbürger zu erziehen! Selbst wenn er sie nun unter seinem Bett entdecken würde, würde sie ihm einfach ganz vernünftig erklären, was gut und recht war und dass er keinerlei Anlass hat sie dafür in irgendeiner Weise zu bestrafen - im Gegenteil! Er war derjenige, der sich bei ihr dankbar zeigen musste, da sie ihm die wichtigen Werte näher brachte! Und weiß Gott, er sah ganz sicher nicht wie jemand aus, der viel Gelegenheit hatte die Bedeutung von Werten zu verinnerlichen. Sie half ihm schlichtweg! Und Menschen helfen, das konnte die junge Frau ganz gut.
Sie nickte sich selbst zustimmend zu, gähnte lautlos und schloss ihre Augen. Nur für einen kleinen Moment natürlich, gleich würde er anfangen zu schnarchen und dann konnte sie sich wieder rausstehlen und dann... doch noch bevor sie den Gedanken zu Ende führen konnte, schlief sie wieder ein.
-
Mit einer bisher ungekannten Leichtfüßigkeit schwebte Griffin förmlich durch die Reihen der Untoten, wich gekonnt ihren langsamen, aber dennoch gefährlichen Hieben aus oder tauchte unter ihren gierigen, kalten Händen hindurch. Hier und da nutzte er die von Eleonora erlernten Techniken und brachte eines der garstigen Biester mit einem gezielten Tritt vor den Brustkorb zum zurücktaumeln, um eine kleine Lücke zu schaffen, durch die er sich dann weiter nach vorn bewegen konnte.
Aber auch seine drei Begleiter, allen voran Myra, die mit gezückten Schwertern und anmutigen Bewegungen die Untoten umtänzelte, schlugen sich gut. Einzig ein mal, als eines der Wesen Andrahir an dessen langen Haaren zu fassen bekommen hatte, musste die kleine Gruppe anhalten, um den Burschen zu retten. Sonst aber waren sie bisher ohne größere Probleme durch die Reihen der Monstrositäten gelangt.
»Weiß jemand...«, rief der Braunhaarige halb zur Seite gewandt, als er mit einem gezielten Tritt gegen die Kniescheibe ein weiteres Wesen zu Fall brachte, nur um im nächsten Augenblick einen halben Meter weiter vorn dem Griff eines zweiten Monsters auszuweichen.
»Weiß jemand, wie lang wir das hier noch machen müssen?« Mit einem kräftigen Schubser beförderte der ehemalige Hüter gleich zwei der merkwürdigen Wesen beiseite und hechtete dann gut zwei Meter nach vorn, bis er auf gleicher Höhe mit den drei anderen war.
-
Eine lange Nacht lag hinter dem Wächter und dementsprechend nicht ganz so beschwingt wie sonst trotte er über die Stege. In den Morgenstunden lag Schwarzwasser in der Regel sowieso noch in seinen Betten, der Sumpflilie oder auf beziehungsweise unter den Stegen. Ein ruhiger Arbeitsbeginn hatte Raminus somit erwartet und daran änderte sich im Moment auch nur gemächlich etwas. Im Gegensatz zu den meisten, die unter den Nachwirkungen des Alkohols litten, war er einfach nur müde. Die Erfahrungen, die er beim Zaubern sammeln konnte waren einfach phantastisch, die Eindrücke immer noch berauschend. Nur allzu leicht hatte er so die Zeit aus den Augen verloren, während er in den umliegenden Wäldern umhergestreift war. Selbst als die Dämmerung hereingebrochen war und den Sumpf allmählich mit der Dunkelheit überzogen hatte, war der Hüne noch auf der Suche nach Baumbewohnern unterwegs gewesen. Die meisten Vögel hatten sich natürlich zur Nachtruhe zurückgezogen und dementsprechend hatte er diese auch nicht mehr belästigen wollen. Einen tollen Ruf hätte er sich da aufgebaut, wenn er des Nachts in den Bäumen herumgeklettert wäre und sie aus dem Schlaf gerissen hätte.
Doch nicht alle Gefiederten waren dem Schlaf anheim gefallen, einige waren gerade erst richtig aktiv geworden, jene, die man tagsüber kaum zu Gesicht bekam. Beinahe unsichtbar saßen sie auf ihrem Posten, beobachteten still und heimlich, hielten Wache über ihr Territorium und schlugen zielstrebig doch immer noch lautlos zu. Raminus war beim ersten Anblick zwar etwas überrascht gewesen, doch anscheinend gab es auch hier im Sumpf einige Eulenarten. Mit dem Gedanken - ‚Warum eigentlich nicht’ – hatte sich der Kahlkopf auch an dieses Experiment herangewagt. Anders als die meisten Kleinvögel war der Kauz nicht direkt beim ersten magischen Kontakt davon geflogen, vermutlich weil er nicht ganz so schreck- und sprunghaft wie die meisten Singvögelchen war. Neugierig und aufmerksam hatte die Eule ihren Kopf in Richtung des Störenfrieds gedreht und sofort hatte sich Raminus mehr als einfach nur beobachtet gefühlt. Das schwache Glimmen der großen Augen, der scharfe Blick, jagte sogar dem großen Holzfäller einen Schauer über den Rücken. Dem Magiewirkenden war sofort eine gehörige Portion Respekt eingeimpft worden, doch versuchte er nicht zu unterwürfig zu klingen, er wollte nicht wieder von einem Vogel verspottet werden.
‚Sei mir Gegrüßt Ehrwürdige.’ Ein einziger kurzer Ruf des Verständnisses und die Eule war einige Äste weitergeflogen. Akzeptanz, doch auch ein gewisses Desinteresse strahlte dem Hünen entgegen. Wie weckte man das Interesse eines solch stolzen Tieres? Noch hatte er die Verbindung aufrecht halten können und so einen forscheren Schritt wagen können.
‚Verzeih wenn ich dich gestört haben sollte, doch ist es nicht unhöflich einfach in einem Gespräch davonzufliegen?’ Es war gar nicht so einfach, diese Worte in die richtigen Empfindungen zu verpacken. Wieder war der Kopf des Vogels herum geruckt und hatte den Kahlkopf erneut angestarrt. Wie konnte man es nur wagen so mit ihr zu reden? Niemand stand über ihr, wer getraute sich also sie so dreist anzusprechen? – ‚Ich stehe nicht über dir, doch auch nicht unter dir, merk dir das. Ich bin mir sicher, dass wir uns wieder sehen werden, denn auch ich wache über diesen Wald.’
Eine Unebenheit in den Planken riss den Wächter aus seiner gestrigen Erinnerung, die vielmehr wie ein Traum wirkte. Hoffentlich behielt er mit seiner Vermutung Recht. Es war deutlich herausfordernder mit einer Eule zu kommunizieren als mit einem kleinen Vogel, der kaum ein paar Augenblicke still sitzen konnte. Und Raminus liebte Herausforderungen…
-
Nun war aber wirklich gut. Wie konnte das dämliche Ding wagen Andrahirs Haare anzufassen? Und damit nicht genug! Er zog daran! Irgendwer von den anderen kam angerannt um den Jäger aus der misslichen Lage zu befreien und eigentlich hätte er nun in diesem Moment weiter rennen können... tat er aber nicht. Soviel skrupellosigkeit musste bestraft werden. Darum drehte er sich zu dem untoten um und zog mit der linken Hand zwei Pfeile aus dem Köcher. Nachdem Andrahir noch einmal vor einem der langsamen Schläge zurückgesprungen war, schnellte er vor und hämmerte dem widerlichen Subjekt erst einen Pfeil mit der Hand in das eine Auge und gleich danach den anderen in das zweite. Das grünliche Schwert trennte auch noch eine Gliedmaßen von den ursptürnglichen Stellen ab, allerdings wurde es nun langsam Zeit abzuhauen, bevor die anderen zu nahe kamen.
"Jaja... sowas passiert, wenn man meine Haare antatscht du... du... Grufti." und damit verschwand er durch die wieder enger werdende Gasse, die die anderen geschlagen hatten und verteilte ab und an einen Hieb mit der Waffe um weiter zu kommen. Gerade noch rechtzeitig um einen der Zombies aufzuhalten, der offensichtlich gerade vor gehabt hatte Griffin in den Nacken zu beißen. Das wäre sicher ne hässliche Wunde geworden... was sollten diese Viecher auch anderes erzeugen als 'hässliches'?
Irgendwo weiter vorn ertönte grad ein merkwürdiges Ratschen. Die Untoten waren inzwischen alle hinter ihnen aber immer noch gefährlich nah dran. Eine Sackgasse wäre nun ungünstig. Der schwarzhaarige kam dem ganzen näher und sah... einen merkwürdigen Untergrund der sich hinter den festen Steinen fortsetzte.
"Nicht rauftreten." Suzu hielt ihn am Arm fest und deutete auf eine vertiefte Stelle zwischen den ganzen kleinen Einzelteilen, die hier wohl den Boden ausmachten. "Die Zombiehand, die wir hingeworfen hatten konnte darauf... nicht schwimmen." stellte Griffin derweil fest und der jüngste der Truppe verstand worum es ging. Ein Blick nach hinten verhieß jedoch, dass sie irgendwie weiter kommen mussten, sonst waren sie auch verloren. Mühsam suchte er mit den Augen die geriffelte Fläche ab, bis er immer in einigen Abständen kleinere Zwischenflächen wahr nahm.
"Vielleicht ist das dazwischen fest. Wir sollten es wenigstens probieren!"
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|