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Hurz nickte während der Ausführungen der Heilerin aufmerksam und wiederholte die erwähnten Namen jeweils in Gedanken, um sie sich besser merken zu können. Es war ein wenig viel für den Moment, aber der Bärtige war zuversichtlich, sich die wichtigsten Aussagen im Gedächtnis behalten zu können – und er gelobte sich, einen dieser Männer aufzusuchen, um das Rätsel um dieses mysteriöse Gift klären zu können – oder um wenigsten ein wenig Licht in dieses Dunkel zu bringen.
Dass die blonde Heilerin ihm nun, da sie darauf angesprochen wurde, zu verstehen gab, dass er ihr kein Gold für die Heilung schuldete – was ihm in Anbetracht seines beinahe leeren Beutels nicht ungelegen kam – sondern lediglich Sorge tragen sollte, dass die Herkunft und der Nutzen des Gifts aufgeklärt wurden, ließ sie in seinem Ansehen noch weiter steigen.
„Ich danke euch vielmals, Leyla, für eure heilende Hand und nicht zuletzt auch für euer offenes Ohr. Es tut gut, mit jemandem darüber geredet zu haben und zu wissen, dass eine mögliche Bedrohung dadurch nicht allein einem Hirngespinst meinerseits entsprungen ist. Seid vorsichtig auf euren Reisen, ich bin sicher, unsere Wege werden sich wieder kreuzen.“
Zum Abschied hielt der Bärtige ihr die gesunde, nicht verbundene Hand entgegen, die die Heilerin nach einem kaum merklichen Zögern ergriff. Im nächsten Augenblick war Hurz auch schon aus der Türe geschritten und sog die frische Luft Schwarzwassers tief in seine Lungen. Lediglich auf die Fragen, wohin er nun gehen und wie er zu ein wenig Gold kommen sollte, wusste der Bärtige momentan noch keine Antwort.
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Noch immer schwängerte die wohlvertraute Geruchsmischung aus Schweiß und verbrannten Kräutern, die mitunter auch als Tavernenaroma durchgehen konnte, die Sumpflilie. Tatsächlich leerte sich das Haus aber allmählich und mittlerweile konnte man es, freilich ohne als Lügner abgetan zu werden, als nicht mehr allzu überfüllt ansehen. Noch immer saßen sie beide an der Theke, auch wenn von Iduns Bier nicht mehr als ein schaumiger Bodensatz übrig geblieben war.
Ein Holzfäller war er also und dazu nicht einfach irgendein dahergelaufener, sondern der stellvertretende Hauptmann von Schwarzwasser persönlich! Wäre er solche Umstände nicht gewohnt, hätte er sein Gegenüber wohl als verrückt abgestempelt und sich lieber eingehender mit dem Bodensatz auf seinem Krug beschäftigt, der bei näherem Hinsehen anfing merkwürdige Formen anzunehmen. So jedoch, dachte er nicht viel weiter darüber nach.
»Tatsächlich ist es im Moment ziemlich ruhig hier in der Gegend und ehe man sich nur langweilt, ist es doch vernünftiger einem sinnvollen Tagwerk nachzugehen, oder nicht? Ich bilde schon seit Längerem Leute im einhändigen Waffenkampf aus und seit einiger Zeit habe ich es mir zur Aufgabe gemacht den Trupp aus Wächtern und Jägern, die unter deiner und Ryus Obhut stehen auf Vordermann zu bringen, was das anbelangt.«
Seitdem er damit angefangen hatte, konnte Idun schon einige Erfolge verzeichnen, aber nichtsdestotrotz lag auch noch viel Arbeit vor ihm. Es sollte ja niemanden langweilig werden.
Je länger sich der Abend zog, desto mehr Leute verließen die Taverne und zogen sich in ihr Heim oder zumindest was sie dafür hielten zurück. Auch Idun fühlte die Müdigkeit, die sich immer stärker in seinen Gliedern festsetzte und seine Erschöpfung, welche ihn klagend an den anstrengenden Tag erinnerte und endlich Ruhe finden wollte.
»Nun denn, Artifex, es hat mich gefreut deine Bekanntschaft zu machen! Schau doch mal auf dem Übungsplatz vorbei, wenn dir danach ist. Ich für meinen Teil, werde jetzt erst mal mein Glück im Schlaf suchen. Ich wünsche eine ruhige und erholsame Nacht!«
Der Waldläufer stand auf, wobei er darauf achtete seine Gelenke nicht allzu ruckartig zu beanspruchen. Bei den Gedanken an die vielen Treppenstufen im Inneren des großen Baumes bis zu seiner Gemeinschaftswohnung, die er sich mit einigen anderen Waldläufern teilte, graute und schüttelte es ihn fast. Eins stand auf jeden Fall fest: Heute würde er keine Probleme mit dem Einschlafen bekommen.
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„Da bist du ja!“, rief Thorwyn aus, als Leyla die Heilkammer betrat, und sprang fröhlich auf, um sie zu begrüßen. Eigentlich hatte er damit gerechnet, sie schon bei seinem Kommen hier vorzufinden, wie es normalerweise der Fall war, aber ausnahmsweise schien die Geliebte irgendwo unterwegs gewesen zu sein. Gelangweilt hatte er sich nicht – er hatte ja immer noch das Pergament von Cantor, das er nach und nach entschlüsselte –, aber dennoch war es natürlich gut, dass sie wieder da war.
„Hat heute länger gedauert als ich dachte“, fuhr der Jäger fort, während er die Arme um Leyla legte, und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. „Aber du scheinst ja auch beschäftigt gewesen zu sein … womit auch immer. Wie sieht es denn aus, bist du bereit für den Aufbruch oder musst du noch was erledigen? Von mir aus können wir eigentlich morgen los.“ Nachdenklich malte Thorwyn mit dem Zeigefinger Kreise auf Leylas Wange. „Habe übrigens gehört, dass wir aufpassen sollten da oben, die beiden Könige kämpfen immer noch, und da kann man leicht in unangenehme Situationen kommen. Denkst du, ich sollte meine Urkunde lieber hierlassen? Weiß nicht, wie man in Setarrif darauf reagiert, wenn sie da jemand bemerkt.“
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Inzwischen schien Osmo sie eventuell sogar ein klein wenig zu mögen. Auf jeden Fall waren seine Worte ihr gegenüber weniger wirr, weniger abwertend und weniger streng, als früher. Er schien es zu genießen, tage- oder gar wochenlang nicht in der Heilkammer zu sein und sich stattdessen Dingen zuzuwenden, die Männer wie er eben gern taten. Leyla versuchte sich erst gar nicht auszumalen, was das alles sein konnte. Sie gönnte dem Druiden die Zeit abseits der Heilkammer, in der Natur, mit den Jünglingen und was nicht noch alles. Im Gegenzug erhielt sie seinen Respekt, ein wenig davon jedenfalls oder etwas in der Art, bei Osmo hieß das vielleicht anders. Sie fragte nicht danach.
Inzwischen war sie wieder auf dem Rückweg zur Heilkammer, die währenddessen nicht besetzt gewesen war. Gerade deswegen hatte sie damit bis zum Abend gewartet. Heute war ohnehin nichts weiter losgewesen. Wäre Hurz nicht gekommen und hätte für ein wenig Abwechslung gesorgt, hätte die Blonde womöglich noch mal alles umgeräumt und sich danach wieder darüber aufgeregt, dass sie nichts mehr fand. Das war ihr nun erspart geblieben, stattdessen lag ein nettes Gespräch mit Osmo hinter ihr, der sich offenbar tatsächlich ein wenig auf Gifte verstand. Er würde das Zeug untersuchen, auf seine Art, hatte er gesagt. Und wenn er etwas fand, würde er jemanden darüber informieren. Inzwischen wusste Leyla, dass damit nicht irgendwer gemeint war, sondern jemand, den es etwas anging und der entsprechende Schritte einleiten konnte. Beruhigt konnte sie also zur Heilkammer zurückkehren. Wenn dort nun niemand war, der ihre Hilfe benötigte, würde sie für heute wohl auch Schluss machen und sich zu Bett begeben.
Aber es war jemand da, sie sah schon von Weitem Licht. Hatte Osmo sich schon an die Arbeit gemacht? Dann musste er sie ja überholt haben und sie hatte nicht wirklich getrödelt. Ausgeschlossen. Also Senna? Oder ... sie beschleunigte ihre Schritte, stieß fröhlich die Tür auf und rief sofort, was sie auf den Lippen hatte, als sie ihn sah: „Thorwyn!“ Sie schloss ihn in die Arme, genoss einen Moment schweigend seine Gegenwart, seine Wärme. Eine Gänsehaut übermannte sie, ohne dass sie einen echten Grund dafür wusste. Es tat einfach gut.
„Ich hab heute schon den ganzen Tag auf dich gewartet. Irgendwann kam dann noch ein Patient, der hat mir ganz schön viel Arbeit beschert ... bin gerade noch bei Osmo gewesen. Das erzähle ich dir glaube ich lieber später. Wir ...“ ein Kuss unterbrach ihre Worte „... können morgen los. Ich hab gestern schon alle darauf vorbereitet. Deine Urkunde? Weiß nicht. Was passiert in Thorniara, wenn du dort ohne auftauchst?“
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„Hm, na ja“, überlegte Thorwyn und versuchte, sich an all die Gesetze zu erinnern, die man in Thorniara einhalten musste. Auf keinen Fall durfte er Sumpfkraut dabeihaben – er rauchte zwar sowieso nicht, aber in Schwarzwasser konnte einem bestimmt mal was in die Tasche fallen, so viel gab es davon hier – und er durfte auch nicht … stehlen. Jemanden umbringen. Das Übliche eben, nichts davon hatte er vor.
„Ich muss meine Waffen am Tor abgeben“, sagte er dann. „Nur Reichsbürger dürfen mit Waffen in die Stadt, das ist doof … Und wer weiß, ob die überhaupt jemanden reinlassen, der aus Richtung Setarrif kommt und sich nicht ausweisen kann. Ich glaube, es wäre besser, wenn ich die Urkunde mitnehme, in Setarrif wird man schon nicht nach irgendwelchen Pergamenten durchsucht werden. Falls doch, ist das Pech, aber wir sind dann ja immer noch bloß Jäger und keine Soldaten …“
Ein Gähnen unterbrach Thorwyns Redefluss kurzzeitig, bevor der Jäger weiterreden konnte. „Und so ist dann sichergestellt, dass wir in beide Städte reinkommen. Wenn es in Setarrif nicht alles gibt, was wir brauchen, wäre das schon ganz nützlich. Dann müssen wir bloß noch hoffen, dass uns keine riesige Schlacht in die Quere kommt.“
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Nachdem Nigel ihr das von den Räubern genommene Gold gegeben hatte, war sie so bald wie möglich abgereist. Es war erleichternd gewesen, nicht zwangsweise auf Raubzug gehen zu müssen, so konnte sie früher nach Schwarzwasser zurück. Der Orkwald war erträglich gewesen, auch wenn es sie noch immer vor dem Gedanken grauste, noch einmal einem Ork zu begegnen. Der Wald hatte diesen Namen sicher nicht ohne Grund. Anschließend war sie an der Küste langgegangen, statt den Weg am Gebirgsrand zu suchen. Bevor sie nach Schwarzwasser zurückkäme, wollte sie sich zuerst waschen und ihre Kleidung ausbürsten, es musste schließlich nicht jeder wissen, dass sie sich mal wieder als Mörderin verdingt hatte, obwohl sie nur bei einem Schlosser in Lehre hatte gehen wollen. Aber sie hatte ja auch nicht damit gerechnet, im Westen Argaans zu landen und festzusitzen bei dieser Mücke von Wirtin. Saugte einen aus bis auf die Knochen, jawoll.
Vielleicht hätte dem Papageien der Weg am Gebirgsrand eher gefallen, zumindest klang das Klackern seines Schnabels verärgert, als sie die Bucht erreichten, in der Faren und sie einmal eine Nacht verbracht hatten, gleich nachdem sie in Schwarzwasser angekommen waren. Die Bucht war nicht direkt einsehbar, ein Umstand, den sie weidlich nutzen wollte, immerhin war ein Großteil ihrer Kleidung im Meer vor der Gespaltenen Jungfrau baden gegangen und bisher nicht wieder aufgetaucht. Zuerst kümmerte sie sich um die dreckige Kleidung und legte sie zum Trocknen aus, ehe sie sich ganz ins Wasser wagte. Es brannte in den Wunden ein wenig, aber es war angenehmer, als wenn sie so dreckig geblieben wäre.
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Zwei Tage war es nun her das er nach Schwarzwasser zurückkehrt war, zwei Tage die er zum Großteil mit schlafen verbrachte nachdem er erfahren hatte das Jadewolf vor beinahe 2 Monaten auf Reisen gegangen war. Jetzt spazierte Faren am Strand entlang, denn da auch Ryu offenbar vereist war und der Hüne aufgrund seines Zustands noch immer vom Wächterdienst befreit war hatte er nichts anderes zu tun. Rascal wich noch immer nicht von seiner Seite, inzwischen war der Vielfraß sogar so anhänglich geworden das er nur wenige Schritt neben dem Einäugigen über den Sand huschte. Faren hatte es inzwischen aufgegeben den Bärenmarder verscheuchen zu wollen, das Tier schien fest entschlossen nicht mehr von seiner Seite zu weichen also warum es zu verhindern suchen. Inzwischen näherte er sich der versteckten, kleinen Bucht in der er zusammen mit Kea eine Nacht verbracht hatte als sie in Schwarzwasser angekommen waren, und zu seinem erstaunen entdeckte er ein kleines Lagerfeuer das munter vor sich hinprasselte, neben dem Kleidung zum trocknen über einige Felsen gehängt worden war. Einen Moment lang fragte er sich wer außer Keala und ihm diese Bucht noch kannte, dann bemerkte er den Waffengurt mit dem wohlvertrauten Säbel und die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. »Kea...«, flüsterte er ungläubig und sah zum Meer hinüber, wo er die kleine Gestalt seiner Gefährtin Knietief im Wasser stehend sah.
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Mittlerweile war es dunkel, aber adanosseidank hatte Bengar noch rechtzeitig die Fallen auslegen beziehungsweise aufbauen können, sodass mit etwas Glück demnächst leckere Tierchen und wertvolle Felle darin waren. Wobei wertvoll natürlich relativ war, denn so richtig reich wurde man auch mit Fellen von Mardern, Füchsen oder Bisamratten nicht.
Schon eher mit den Fellen von Trollen, Schattenläufern oder den Schuppen von Drachen. Aber selbst wenn man tatsächlich auf solche Fabelwesen treffen sollte, bedurfte es einer Armee, um sie zu besiegen - was aber auch einen entsprechenden Preis rechtfertigen würde.
Dies waren jedoch Phantastereien, wohl eher würden Sumpfratten, bei denen außer dem Fleisch nur wenig Verkaufbares zu finden war, in die Falle gehen, jene versagen oder auch gar nicht von den hiesigen Tieren angenommen werden. Glück spielte immer eine gewisse Rolle bei der Jagd, genauso wie die Geduld. Über beides verfügte Bengar meistens, jedoch nicht immer und vor allem nicht mit Menschen, die ihm auf die Nerven gingen.
Aber vorerst konnte er nichts weiter tun als warten. Da er hier nicht allzu weit weg von der Zivilisation war und noch einige wenige Goldmünzen übrig hatte, konnte es sich der Jäger leisten, vorerst in Schwarzwasser zu bleiben, während er wartete. Zumindest für's erste, bis es ihn wieder weiter zog in die Wildnis hinein. Denn die Tiere des Waldes und des Sumpfes waren nicht blöd und würden sich früher oder später auf den Ort seiner Fallen einstellen und sie meiden. Davon abgesehen würde ihm der Sumpf und seine Feuchtigkeit irgendwann sicherlich auf die Nerven gehen - und die Kleidung, die durch das viele faulige und dreckige Wasser hier nicht unbedingt besser wurde, würde auch ein Problem darstellen. Vor allem, wenn man so wenig zu wechseln hatte wie er.
Vielleicht wäre es auch mal Zeit, sich irgendwo niederzulassen und anderen Geschäften nachzugehen als der Jagd oder um sich etwas zusammenzusparen für besseres Jagdzeug wie einen Bogen oder einen Speer. Doch solche Gedanken blieben nur kurz im Kopfe Bengars hängen, denn er wusste, dass er niemals irgendwo heimisch sein würde, niemals, solange er nicht wusste, was mit seinen Erzeugern geschehen war - und selbst dann vielleicht nicht. Mal davon abgesehen, dass es utopisch war, jemals genug Geld für einen Bogen samt Pfeile zusammen zu kratzen oder gar jemanden zu finden, der ihm beibringen konnte, wo bei sowas vorne und hinten wäre.
Aber jetzt war es Zeit, in die Heia zu gehen, es war spät und er würde morgen früh aus dem Bette müssen. Nun ja, oder besser gesagt, wollen, um seine Fallen zu prüfen, ehe es wer Anderes täte - oder sich wer an seinen Habseligkeiten vergriff, während er in der hiesigen Massenunterkunft schlafen würde.
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Flügelflattern ließ sie aufschrecken, als sie gerade ins Wasser stieg. Das Waschen hatte noch warten müssen, da sie kurzerhand ein Feuer entzündet hatte, um ihre Kleidung effektiver zu trocknen und um Licht zu haben. Währenddessen hatte sich der Papagei eine eigene kleine Kuhle gescharrt und da gebadet, indem er das Wasser auf seinen Flügeln verteilt und sich ausgeschüttelt hatte. Einen Moment lang hatte Kea sogar inne gehalten und ihm zugeschaut, sich dann allerdings wieder ihrem Bad zugewendet. Dem Papagei schien sein kurzes Bad gereicht zu haben, also hatte er sich auf ihrem Waffengurt niedergelassen, um zu dösen.
Sie war gerade knietief im Wasser gewesen, als er aufgeflattert war. Es war kühl und brannte in den Wunden, was sie davon abgehalten hatte, allzu schnell hineinzugehen. Nun jedoch, in Ermangelung von Kleidung und Waffen, ließ sie sich schnell ins Wasser gleiten, ignorierte das Brennen kurzerhand. Wer auch immer das war, sie hatte nicht die geringste Lust, sich so beim Baden erwischen zu lassen. Wurde einer erschöpften Reisenden nicht einmal mehr ein einfaches Bad gegönnt? Sie tauchte wieder auf und schaute sich um, als ihr klar wurde, dass der Kerl einfach auf sie warten würde, wenn ihn wirklich interessierte, wessen Klamotten das dort waren. Und Kea selbst war keine Nymphe oder Fisch oder sonstein Wasserwesen, sie konnte nur leidlich gut schwimmen. Wäre interessant gewesen, wenn sie längere Zeit hätte im Wasser bleiben können, nur um zu schauen, wann der Spanner aufgäbe.
Notdürftig wusch sie sich - sie hätte dabei wirklich lieber gestanden oder gesessen - und schwamm dann mit einem Bogen an die Küste zurück. Dort stieg sie so leise wie möglich aus dem Meer, streifte das Wasser ab und schlich sich im Dunkel ans Feuer, um sich ihre Sachen zu nehmen. Dann zog sie sich an und trat ins Licht, um den Perversen zur Rede zu stellen.
»Also gut ... was fällt dir Einfaltspinsel ein, hier nachts herumzustratzen? Ich bin noch eines der angenehmeren Dinge, die einem in einem Sumpfgebiet nachts begegnen können, verlass dich drauf! Öh ... oh. Ich hatte dich aus der Ferne nicht erkannt ... Faren ...«
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»Ich freue mich auch dich zu sehen, Kea...«, grinste Faren, beugte sich hinab und küsste sie leidenschaftlich. »Dir ist schon klar das ich die ganze Zeit über sehen konnte, bis du hinter diesen Felsen da drüben verschwunden bist.«, fügte er mit einem schelmischen Lächeln hinzu, verschwieg ihr allerdings das er sie schon eine Minute bevor sie sich ihre Kleidung schnappte hatte hören können. Er wollte Kea nicht damit beunruhigen wie scharf seine Sinne geworden waren, es war besser wenn sie glaubte die Veränderung die er durchmachte begrenze sich nur auf seine Augenfarbe und den gelegentlichen Verlust der Kontrolle über seinen Körper (was ja an sich schon beunruhigend genug war). »Achja, pass auf deinen Vogel auf, ich habe in den Bergen einen neuen Freund gefunden.«
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Faren machte sich tatsächlich die Mühe, sich hinunterzubeugen, um sie zu küssen. Normalerweise stand sie dabei auf den Zehenspitzen oder er hob sie hoch. Trotzdem anstrengend für sie beide. Vermutlich hatte er sie gehört, als sie aus dem Wasser gekommen war und sie dann gesehen, dabei ließen sich Geräusche ja nicht vermeiden. Als Faren seinen neuen Begleiter erwähnte, schaute sie sich misstrauisch um, konnte ihn aber nicht entdecken. Obwohl ... sie schien zu weit geschaut zu haben, in der Annahme, was auch immer es war, würde Feuer meiden. Seelenruhig saß dieses seltsame Tier neben Faren und schien zu ihr zurückzuschauen. Wenn er den im Gebirge aufgegabelt hatte, hieß das wohl, dass er Keas kannte. Und da Faren angedeutet hatte, sie solle auf ihren Papagei aufpassen ...
»Wenn dieses Was-auch-immer den Kea frisst, ist der Teufel los, das sag ich dir«, drohte sie und stach ihm dabei bei jedem Wort den Zeigefinger in den Bauch. »Und jetzt lass uns irgendwo hingehen, wo ich höher sitzen kann, mir wird der Nacken schon wieder ganz steif vom Hochschauen. In der Werkstatt werden wir für das Kerlchen dann wahrscheinlich auch noch einen Schlafplatz einrichten müssen, oder? Weiß gar nicht, ob die schon fertig ist. War nach Setarrif gegangen, um bei einem Schlosser in Lehre zu gehen und endete mit einem Haufen Leute, die sich selbst Söldner nennen, gestrandet bei der Gespaltenen Jungfrau. Meine Tasche und der Großteil meiner Wurfdolche ist weg. Wie auch immer. Ich schwatze zu viel. Hattest du Erfolg?«
Sie führte ihn ein Stück vom Feuer weg und erklomm mit geschmeidigen Bewegungen einen Stein um höher zu sitzen, wie sie es gesagt hatte. Dann neigte sie den Kopf einmal nach links und nach rechts, damit der Nacken nicht mehr so steif war. Faren schien überhaupt nicht aufgefallen zu sein, dass sie das Schleichen gelernt hatte, obwohl sie das noch nicht gekonnt hatte, als er ins Gebirge gezogen war. Aber vielleicht waren solche Details genau wie Frisuren oder neue Klamotten bei Männern einfach zu nebensächlich, als dass sie die im Gespräch erwähnen würden.
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Es war bereits dunkel, doch Bengar Ulfson war noch immer dabei, seine Fallen zu überprüfen und gegebenenfalls die Beute zu entnehmen und neue Köder einzulegen - viel zu oft für seinen Geschmack aber nur letzteres. Es schien, als wollte ihm irgendwer einen Streich spielen, denn es kam zwar vor, dass Fallen versagten und Tiere die Köder fressen konnten, ohne dass sie los gingen, aber heute war dies doch ziemlich oft passiert.
Kurz bevor er an seine letzte kam, entdeckte er auch, was ein Grund dafür sein könnte - ein Katzenwesen, wenn auch größer als die gemeine Stadtkatze, die gelegentlich von reichen Städtern zu Belustigung durchgefüttert wurden, um ihren Reichtum an Nahrung zur Schau zu stellen. Nein, dies war, wie es schien, sowas wie ein Luchs, wenn auch etwas kleiner als ein solcher sein sollte. Oder vielleicht war es auch eine andere Art Luchs, vielleicht gäbe es davon ja auch mehr als eine Art, so wie bei Steinpilzen (zumindest hatte seine Mutter in grauer Vorzeit dies immer behauptet).
Sei wie es sei, dieses Katzenwesen fraß auf jeden Fall seinen Köder weg, ohne ihm dafür wenigstens sein Fell dazu lassen. Immerhin war es zu klein, um ihm gefährlich werden zu können, zumindest, wenn es sich nicht doch noch als ein Fabelwesen herausstellte, das sich in wenigen Augenblicken in ein riesiges Monster verwandeln könnte. So ähnlich, wie jene Wesen, die sich wie Schildkröten gaben, jedoch keine waren. So oder so, er musste es vertreiben, er sprang also aus seinen Versteck, schrie laut und machte sich groß, um das Tier so zu verschrecken. Dies tat es jedoch nicht, sondern die Katze sah ihn nur kurz an, schlang den letzten Rest des Köders hinunter und zog dann von dannen.
»Seltsames Tier« dachte sich der Jäger »ein Luchs und doch kein Luchs. Nun ja, hoffentlich bleibt es jetzt von meinen Fallen fern, sonst muss ich andere Maßnahmen ergreifen.«
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Im Garten
Irgendwo in einem der kleinen Beete hockte er. Bedeckt von so manchen Blättern, die über und um ihn hangen, kümmerte er sich um den Boden und um die Stängel der Pflanzen. Sennahoj überprüfte alle auf ihre Gesundheit und ihr Zustand. Nebenbei dachte er nach, wie er denn das Einfühlen in Tiere üben konnte. Er wollte Leylas Worte in die Tat umsetzten und ihre Ratschläge beherzigen. Doch so belebt es im Sumpf doch war, fand man seltener ein Tier im Rund des Gartens. Vielleicht schreckte er selber, die Menschen hier, oder die Wachen die meisten Vertreter ab.
Senna kam wieder auf die Füße und ging die Wege entlang zu der Hütte. In den nächsten Tagen wollte er sich weiter in die Sümpfe wagen. Für Studien, für Übungen und die Ruhe die er brauchte. Nungut, hier hatte er auch seine Ruhe. Doch dort draußen konnte er sich vielleicht doch ein Tick mehr konzentrieren. Dort wurde er nicht unterbrochen von Besuchern des Gartens, die ihre Pflanzen suchten. Einige stunden konnte er in Übungen investieren. Es würde wohl keiner kommen und den Garten ruinieren. Es waren ja immer noch die Wachen da.
Außerdem fehltem ihm langsam die magsichen Übungen ... vorallem Größere, zu denen er nicht immer die Zeit und den Raum fand. Zwar wussten viele nun von den Druiden, doch es war besser es immer noch wie ein geschlossenes Buch zu halten, damit man nicht in irgendwelche Fallen tappte.
Ruhig betrat er den Holzboden des Verschlags und streifte die Schuhe und das dreckige Gewand ab. Zeit sich für morgen auszuruhen. Mit einem Ausatmen legte er sich auf die Matte und starrte die Decke an, ohne irgendwas zu sehen. Mit dem schließen der Augen verabschiedete er den Tag.
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»Dieses Was-auch-immer ist ein Vielfraß, die Einheimischen nennen sie auch Bärenmarder glaube ich. Dieser kleine Kerl hier hat sogar einen richtigen Namen, im Gegensatz zu deinem verdammten Gebirgsgeier, ich habe ihn Rascal getauft. Und derzeit besteht eher weniger Gefahr das er dein Vogelvieh anknabbert, er hat erst heute Morgen eine Katze verputzt.«, erklärte Faren und warf dem Kea einen bösartigen Blick zu. Er hatte Vögel noch nie besonders leiden können, vorallem gegen Tauben hatte er in seiner Zeit als Novize eine besondere Abneigung entwickelt und Keas Federvieh war fast ebenso nervig wie eine Taube.
Nicht nur das er wie Tauben alles voll schiß, er zerstörte auch alles was ihm in den Schnabel kam und machte einen Höllenlärm. Ausreichend Gründe also dass das Federvieh von ganz Schwarzwasser gehasst wurde.
»Und ja, ich hatte Erfolg, dank Rascal. Er hat mir seine Haare freiwillig überlassen und weicht seitdem nicht mehr von meiner Seite. Außerdem hat mir die Einsamkeit der Berge geholfen mit mir selbst ins Reine zu kommen, und meine Wutausbrüche unter Kontrolle zu bringen.«
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»Ich könnte dem Kea auch einen Namen geben, wenn ich wollen würde«, sagte Kea beiläufig und zuckte die Schultern.
Eigentlich genoss sie die Verwirrung, die sie dadurch stiftete, dass der Papagei keinen richtigen Namen hatte. Entsprechend hatte sie also auch nicht die geringste Lust, dem Tier einen richtigen Namen zu geben. Er hörte auf Kea, wieso also was Neues? Kea stützte sich auf die Hände und ließ die Beine ein wenig baumeln.
»Ein Name ist ja schön und gut. Und dass er dir folgt, auch schön. Das war's aber auch schon, oder?«, fragte sie ihn, zog dann ein Bein hoch und stützte den Kopf auf dem Knie ab. Überschüssige Energie. »Wir haben vor drei Tagen zu siebt ein Räubernest ausgebrannt. Der Papagei war beim direkten Nahkampf eine gute Hilfe. Vielleicht etwas flatterig, aber hilfreich. Aber du hast dir ja anscheinend sowieso in den Kopf gesetzt, ihn auf Teufel komm raus niedermachen zu müssen.«
Der Papagei gab seinen heiseren Ruf von sich, dann flatterte er auf Keas Schulter. Kea selbst streckte sich und begann, mit dem Fuß einen Takt auf den Felsen zu tappen. Fiel ihm denn gar nichts auf, oder weigerte er sich strikt, auf die Geschichte mit der Strandung und den verlorenen Sachen einzugehen? Für Kea selbst war der Verlust ihrer Tasche und der Wurfdolche schon unangenehm, immerhin war es das erste Mal seit der Sklaverei wieder etwas gewesen, was wirklich ihr gehört hatte. Und Waffen zu verlieren war sowieso unangenehm.
»À propos ... ich war, wie gesagt, in Setarrif. Die haben auch interessante Steckbriefe. Schau mal, ob du das Portrait hier erkennst.«
Sie nahm ein geknittertes, gefaltetes Pergament aus der Hosentasche und strich es glatt. Es war der Steckbrief von Ravenne und diesem anderen Typen, den sie in Setarrif hatte mitgehen lassen. Leider war er durch das unfreiwillige Bad ein wenig verwischt, aber die Portraits waren noch erkennbar. Zumindest war Ravenne noch als solche zu erkennen. Für Kea hatte da kein Zweifel bestanden, erst recht, als sie gelesen hatte, dass die gesuchte Frau stumm sein sollte.
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Hurz beobachtete die Vögel, die sich auf dem heiligen Baum befanden. Ihre Sorglosigkeit war ansteckend, ihr melodisches Pfeifen hypnotisierend. Beinahe befand sich der Bärtige in einer Trance, die er bisher nur vom Sumpfkraut zu kennen glaubte. Es erstaunte ihn jedes Mal aufs Neue, zu welchen Wohltaten die Natur in all ihren Formen im Stande war – und welch vernichtende Macht sie über die Menschen, die sie bewohnten, ausüben konnte.
Tief in Gedanken fuhr er mit der rechten, unverletzten Hand über die linke, verletzte. Leyla hatte wirklich großartige Arbeit geleistet, die Wunde blutete kaum mehr, Schmerz war weit und breit nicht mehr in Sicht. Dachte Hurz an die zurückliegenden Tage, kamen ihm die Schmerzen beinahe schon surreal vor. Und das alles nur deshalb, weil er seinen Mund erst nicht halten, dann nicht aufmachen und dann wieder nicht halten konnte. Dass ihm Rok Shor den Mittelfinger seiner linken Hand nahm, mochte ein Wink des Schicksals gewesen sein. Jedenfalls rief es den Bärtigen zur Besinnung, denn seitdem hatte er zwar den Weg zurück zum kontrollierten Konsum von Alkohol gefunden – dafür aber die Finger von dem für ihn wesentlich gefährlicheren Sumpfkraut gelassen. Kein leichtes Spiel, wenn man bedachte, dass er in Schwarzwasser – der Hochkultur des Sumpfkrautkonsums – gelandet war.
Gedanklich entstand zum ersten Mal seit Langem eine grobe Vorstellung dessen, was sich Hurz vom Leben und hier in Schwarzwasser zu finden erhoffte. Er wusste, dass es nötig war, noch weiter in sich zu gehen und beschloss, dies auch zu tun, sobald die Zeit dafür reif war. Zuerst mochte aber noch das Mysterium um dieses rätselhafte Gift gelüftet werden, das selbst der Heilerin und Alchimistin Leyla Kopfzerbrechen zu bereiten schien. Zum Dank für ihre heilenden Hände hatte er ihr versprochen, diesem Rätsel auf den Grund zu gehen und Hurz war ein Mann seiner Versprechen. Ihn konnte nun nichts mehr davon abhalten, sich um die Lösung dieses Problems zu bemühen und Licht ins Dunkel zu bringen.
Doch das konnte er nicht alleine. Krampfhaft versuchte er sich an die Namen zu erinnern, die ihm Leyla mit auf den Weg gegeben hatte. Nur langsam fielen sie ihm wieder ein, aber noch im gleichen Moment beschloss er, sich schleunigst auf den Weg zu machen, um sie um ihre Mithilfe zu bitten. Ihm war klar, dass er noch immer als Fremder in Schwarzwasser galt, dem die Menschen in erster Linie mit einem nicht wirklich versteckten Misstrauen entgegneten. Aber er war willens, diesen Umstand zu ändern.
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Schon wieder ein Steckbrief? Mit diesem Mädchen stimmte etwas nicht wenn sie von jeder ihrer Reisen einen Steckbrief mitbrachte, das entwickelte sich langsam wirklich zu einer waschechten Marotte. Faren bezweifelte das es sein Gesicht war welches auf dem Wisch abgebildet war, er hatte nichts getan um die Aufmerksamkeit der Setarriffer Wache auf sich zu ziehen also war die ganze Angelenheit für ihn auch nur von geringen Interesse. Auch gab es unter jenen die ihm nahestanden nur zwei Menschen die für ein Kopfgeld in Frage kamen, Calintz und Bardasch, wobei Ersterer sowieso in so gut wie jeder Stadt in Adanos Spähren gesucht wurde und Letzterer inzwischen so heruntergekommen war das er kaum noch lebensfähig war und sich wahrscheinliche längst zu Tode gesoffen hatte.
Trotzdem nahm sich Faren die Zeit wenigstens einen kurzen Blick auf den Steckbrief zu werfen, ansonsten würde Kea garantiert das Schmollen anfangen und im die Ohren volljammern das er sie nicht ernst nähme. Wie erwartet kam ihm die Zeichnung des ersten Gesichts nicht bekannt vor, aber das zweite, eindeutig eine Frau, kam ihm doch bekannt vor auch wenn das Bild ein wenig verwischt wirkte. »Hmm... das ist Ravenne kein Zweifel.«, brummte er nach einer Weile und warf Kea einen kurzen Blick zu, erstaunt darüber das sie die Zeichnung der Stummen wiedererkannt hatte, schließlich hatte sie die Goldschmiedin nur flüchtig kennengelernt. »Und was willst du mir damit sagen? Das Ravenne schließlich doch noch nach ihrem Vater kommt und endlich eine kriminelle Karriere eingeschlagen hat? Keine große Überraschung, der Apfel fällt nunmal nicht weit vom Stamm wie mein Großvater zu sagen pflegte.«, meinte der Einäugige und schenkte seiner Gefährtin ein Schulterzucken. »Wobei man Vandalismus und Königsbeleidigung wohl kaum als richtige Verbrechen bezeichnen kann.«
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Vielleicht sollte sie ab jetzt jedes Mal einen Steckbrief mitbringen. Sie hatte gehört, andere Menschen schickten kleine Pergamentkarten mit Bildern von bekannten Gebäuden, die sie gesehen hatten, zu ihren Verwandten, wenn sie verreisten. Andere schrieben Briefe. Und sie brachte Steckbriefe mit. Passte alles prima zusammen.
Mittlerweile war ihr dermaßen langweilig, dass sie sich mit dem Rücken auf den Boden gelegt hatte und die Beine an den Felsen lehnte, während sie die Arme ausbreitete. Offenbar bremste das blinde Auge ihn beim Lesen aus. Hey, so, wie sie jetzt lag, konnte sie ihm einen Schuh in den Bauch schießen, wenn er ihr doof käme. Oh, ach ja ... sie hatte ja gar keine Schuhe. Für eine Frau eigentlich ein Skandal! Oder so.
»Hab sie in Setariff nicht gesehen. Hab aber auch nicht nach ihr gefragt. Ein Schlosser wird sich ja wohl kaum für eine Goldschmiedin interessieren. Königsbeleidigung würde für mich eher auf was anderes hindeuten. Eigentlich wollte ich nach der Strandung nach Thorniara, um an Geld zu kommen und da nachzufragen, aber nachdem wir das Räubernest ausgenommen hatten, hatte ich wieder Geld, und über Norden nach Schwarzwasser zu reisen erschien mir unnötig. Ich müsste Gath für den Hüttenbau jetzt eigentlich bezahlen können.«
Faren schaute sich überrascht um, ehe er auf die Idee kam, auf den Boden zu schauen. Sein Blick sprach zum Teil von Amüsement, zum Teil von Resignation, als habe er aufgegeben, sie zur Vernunft bringen zu wollen.
»Was denn?! Das ist bequem. Ein wenig. Ich spüre meine Zehen nicht mehr.« Sie wackelte kurz mit den Zehen, setzte sich dann wieder auf den Felsen und schüttelte den Sand aus ihrem Haar. »Jedenfalls glaube ich nicht, dass Ravenne wirklich kriminell geworden ist. Eher, dass du ihr in Zukunft in der Nähe Thorniaras nicht mehr begegnen solltest. Wollen wir nicht langsam mal nach Schwarzwasser zurück? Ich hatte eigentlich nur vorgehabt, mich hier schnell zu waschen und dann zurückzukehren. War keine so gute Idee, glaub ich, das Wasser brennt in den Wunden. Tut dem Fingerstumpf auch nicht gut, seh ich grad.«
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Diese verdammte Katze, Beliar möge sie holen! Das Mistvieh hatte schon wieder einige Fallen Bengars geplündert und die Nagetierköder gefressen, die eigentlich dazu da waren, Mader und ähnliches Getier in die Fallen zu locken. Es war zum aus der Haut fahren. Konnte dieser dämliche Luchs sich nicht selber was fangen, anstatt ständig den Jäger um seine Beute zu bringen? Nein, nein, nein, was war dies nur für ein nerviges Tier - vor allem aber ein teures.
»Wenn du mir schon die Haar vom Kopf frisst, dann kannst du auch mitkommen und mich in meiner Unterkunft auch noch nerven. Dann hätte ich wenigstens was zum Rumzeigen.«
Die Katze interessierte dieses Aussage des Blondhaarigen nicht, sondern sie lag gemütlich auf einem trocken, umgestürzten Baum mitten im Sumpf und nagte an einer toten Ratte.
»Naja, was soll's, dann werde ich wohl demnächst weiter ziehen müssen. So geht's jedenfalls nicht. Wenn du mir wenigstens Marder oder noch besser Hermeline vor die Haustür legen würdest als Dank für das Futter, dass du von mir bekommst. Aber nein, du frisst nur und guckst mich blöd an. Aber gut, ich war eh schon viel zu lange an einem Ort, es wird wirklich Zeit, weiterzureisen. Allerdings nicht mehr heute, es ist dunkel und daher dämlich, weiter als notwendig von Orten wegzugehen, wenn man es nicht muss. Dann schon eher morgen, wenn nichts dazwischen kommt«
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„Du hast länger dafür gebraucht, als ich dachte“, murrte die Alte, „Und ich mags nicht, wenns länger dauert.“
Keuchend sah Hurz die Frau an. Der Schweißfilm auf seiner Stirn löste sich nun in kleine Tropfen auf, die ihm über die Nase rannen, um anschließend auf den staubigen Boden vor der kleinen, heruntergekommenen Hütte aufzuschlagen.
Die Frühlingssonne brannte an diesem frühen Mittag mit ungewohnter Intensität. Hurz wischte sich den Schweiß von der Stirn, lud sich den nächsten Sack Reis auf die Schulter und trug ihn zum kleinen Lagerplatz auf der Rückseite der Hütte.
„Das war der letzte.“
„Wurde auch Zeit. Jetzt mach eine Pause und komm anschließend wieder nach vorne, dein Tag hat erst begonnen.“
Kaum war die Alte im Inneren der Hütte verschwunden, ließ sich der Bärtige erschöpft auf einen der Säcke fallen. Reis war für ihn von ungefähr so großem Interesse, wie wenn in... Myrthana ein... nun ja... Sack Reis umfallen würde. Doch er war neu in Schwarzwasser und brauchte das Gold, das er für die Arbeit bekam.
Sorgen bereitete ihm dabei lediglich seine linke Hand, die nach einer kurzen Besserung nun wieder zu schmerzen begann. Die Devise lautete jetzt, durchzuhalten und seinen Mann zu stehen. Hurz hatte nicht vor, auf das Gold zu verzichten, das er so dringend brauchte, um sich wieder ein Dach über dem Kopf leisten zu können. Und ohne etwas Gold würde es ihm auch schwerfallen, sich für die bevorstehenden Aufgaben zu rüsten.
„Du bist lange genug rumgehockt, weiter geht’s.“
Mit einem Seufzer erhob sich Hurz und trottete auf die Vorderseite der Hütte, wo die Alte schon mit in die Seiten gestemmten Händen auf ihn wartete.
„Du darfst meinen Nichtsnutz von Sohn suchen und ihn mit einem Arschtritt zu mir befördern. Er heißt Koko-Wah und treibt sich um diese Zeit wahrscheinlich in der Sumpflilie rum. Wenn er Ärger macht, schleif ihn notfalls an den Ohren raus.“
Unverständlich fluchend verschwand die stämmige Frau wieder in ihrer Hütte, ohne ein weiteres Wort an den Bärtigen zu richten, der sich kurz darauf auf dem Weg in die Sumpflilie machte und hoffte, dort wenigstens noch Zeit für ein kleines Bier zu haben.
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