[Turang]

Fenris hatte sich mittlerweile nahe am Feuer niedergelassen und schien zu schlafen. Turang betrachtete ihn nachdenklich.


"Wo immer ihr auch hingehen mögt, soll Adanos euch schützen, ihr habt es verdient. Ich selbst muss nun jedoch zurück in die Stadt, ich habe dort noch Verpflichtungen. Wie ich Fenris kenne, wird er sich wohl die meiste Zeit hier an der Hütte aufhalten, doch ihr müsst euch auch keine Sorgen um ihn machen, wenn dies nicht so ist, er passt auf sich selbst auf und findet immer hierhin zurück. Wenn ich jedoch meine Reise antrete werde ich ihn mitnehmen müssen."


Schon halb der Stadt zugewandt blieb Turang noch ein letztes Mal stehen.

"Ihr müsst auch nicht besorgt sein, dass euch hier jemand auflauern könnte, nie kommt jemand hier her, die stille Gegend ist ein besserer Schild gegen Diebe und Halunken, als es jede Mauer sein könnte"


Und mit diesen letzten Worten ging turang wieder in Richtung Stadt, um sich seinen selbst auferlegten Übungen zu widmen.

[yinnesell]

Yinne musterte den eher klein gewachsenen, jungen Mann mit den kurz geschorenen Haaren. Sie blickte in die Augen, die etwas nettes besaßen, jedoch nichts nettes in diesem Moment ausstrahlten, genauso wenig wie sein eigentlich hübsches Gesicht, welches leider völlig frei war von Bartbewuchs.
Nett... ein möglicher Kunde
Und sie lächelte, vergeblich darauf wartend, daß der Kerl ihr Lächeln erwiederte, was die Tänzerin irgendwo als Beleidigung empfand. Trotzdem behielt yinne ihr süßes Auftreten aufrecht.
„Braucht Ihr was?“, ein kleiner Neck am Rande, doch der junge Bursche schien ihn nicht zu verstehen, denn er schob die junge Frau einfach beiseite, um einen Blick in die Kutsche zu werfen.
Und da er dort nichts sah, musterte er die Situation im Allgemeinen.
Starr der Ausdruck seines Gesichtes, während er die einzelnen Frauen musterte, doch der Anblick Hunicos entlockte der Wache schließlich ein Lächeln.
„Wenn Ihr einen Platz für das Gefährt braucht, empfehle ich Euch, Euch bei Meister Zarditsch zu melden. Der hat sicherlich noch Platz in seiner Scheune“.
„Und wo finden wir den?“, interessierte sich yinne.
„Fragt in der Taverne nach ihm“.

[Madlen]

Und schon stehe ich vor dem gleichen Problem, wie letztes Mal: Wie lange halte ich es diesmal aus?

An alle gerichtet meinte Madlen: „Ich denke, dass Ihr, Lexi, gleich eine Amme suchen werdet und Hunico, Ihr werdet sie ja begleiten. Und yinnesell, Ihr werdet sicher als Tänzerin tätig werden wollen….was ich im Grunde sagen: Unsere Wege werden sich also fürs Erste trennen. Bis zur Taverne begleite ich euch noch.

Ich habe jedoch vor, ein Badehaus aufzusuchen. Wenn ich schon in die Stadt komme, dann gönne ich mir auch was!“ Madlen lächelte. „Und ein warmes Bad ist allemal besser, als in der Wildnis in die eiskalten Fluten zu springen!“

Und so nahm die Gruppe das letzte Wegstück in Angriff, bevor sie die Taverne erreicht hatten. Diesmal freute sich Madlen sogar etwas: Sie war nicht mehr allein und es war Zeit, etwas neues zu tun!

[Lexi]

"Ein Badehaus, oh das wäre toll! Da will ich auch mit hingehen. Was meinst du, Großer?"
Hunico zuckte mit den Schultern: "Ist deine Sache, wie du mein teuer verdientes Geld ausgibst..."
"Noch hast du hier nichts verdient."
"Ich werde mich mal in der Taverne umhören, keine Sorge."

Die vier schritten durch die prachtvolle Stadt, deren gesamter Ausmaß und Glanz in der abendlichen Dunkelheit nicht zum Tragen kam. Hier roch es aber außergewöhnlich gut für eine Stadt. Das mochte an dem großen Fluss liegen, in den wohl aller Müll gekippt wurde. In den ärmeren Vierteln würde es zudem gewiss anders aussehen, Lexi machte sich gar nicht zu viele Hoffnungen.
Sie erreichten ein lautes Gebäude, über dem in großen Lettern auf einem Schild geschrieben stand... ja was eigentlich?
"Was steht da?", fragte die Schwangere.
"Kann jemand von euch lesen?", ergänzte Hunico die Frage.
Was es auch war, eine mulmige Wärme drang aus dem Haus. Und der Geruch nach Fettgebranntem um Alkohol. Hier könnte man viel Spaß haben, schätzte Lexi.

[Madlen]

Davon war Madlen angenehm überrascht. Sie mochte Lexi und war natürlich froh in Gesellschaft baden zu können. Alleine war es schon immer etwas beängstigend.

Komisch, ich habe keine Angst, wenn mich ein grobschlächtiger, mürrischer Krieger aus dem Gebüsch zerrt, aber wenn ich in ein Badehaus gehe schon…

„Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr mich begleiten würdet…doch ist es nicht schon bald Zeit?“, fragte die junge Frau und deutete auf den Bauch von Lexi…

Mittlerweile hatte sie die Taverne erreicht. Es war schon spät und deshalb waren nicht mehr viele Menschen auf den Straßen unterwegs.

[yinnesell]

„Kommt rein, steht da“, sprach yinne mit zitternder Stimme. Sie rieb sich die kalten Hände und freute sich darauf, nach der ganzen Zeit wieder ein richtiges Dach über dem Kopf zu haben


Schnell war ein Platz gefunden, an dem die kleine Gruppe sich nieder lies und schon glaubte die Tänzerin die vielen Blicke zu spüren, die von der Menge her ausging.
Unwillkürlich suchten yinnes Augen auch nach dem Mann, der für all das Übel verantwortlich war und schon hasste sie diesen Menschen einmal mehr, daß er selbst noch trotz der Abwesenheit soviel Einfluss auf sie besaß.


„In meinem alten Leben, zog ich als glücklicher und freier Mensch durch die Lande. Fröhliche Musikanten an meiner Seite, die gleichzeitig auch noch meine Freunde waren. Und vielleicht hätte ich diese Leben immer noch, wäre ich damals nicht dem Irrtum unterlegen gewesen, noch mehr Glück und Reichtum in einem fernen Land namens Varant finden zu können“, bis zu diesem Punkt war es nicht schwierig sich zu öffnen, doch bei den Gedanken an das Folgende wurde yinne sehr unruhig.
Und sie wurde sehr vorsichtig...
„Ich habe der Gier wegen treue Begleiter von mir gestoßen und damit jeglichen Schutz eingebüßt, den sie mir gaben. Und ich werde neue Kontakte knüpfen müssen. Denn tue ich das nicht, werde ich bald den Unmut diverser Huren und deren Beschützer auf mich ziehen.
Ihr Lexi, solltet mich ins Hurenhaus begleiten, bis wir eine Hebamme für Euch gefunden haben.
Und Ihr Madlen, solltet das vielleicht auch tun.
Aber erstmal sollten wir diesen Kerl finden. Wie hieß er noch?“.

[Madlen]

Die stickige Stube der Taverne nahm Madlen jegliche Freiheit und ließ sie langsam gereizt werden.

Oh nein, bitte nicht…keine Öffnung der Gefühle. Ich hab es vorhin am Lagerfeuer versucht und da wurde es nichts. Bitte fange jetzt nicht an.

Und dann auch noch der Vorschlag davon ins Hurenhaus mitzukommen. Madlen war gewiss nicht gegen diese Art von Beruf, jeder musste seine Brötchen verdienen, aber die junge Frau war im Moment etwas genervt und wollte endlich ein Bad nehmen. Deshalb antwortete sie kurz angebunden: „Wie ich vorhin erläutert habe: Ich möchte baden. Wenn Ihr mir garantieren könnt, dass dort auch ein Bad ist, in dem man nicht mit einem Mann schlafen muss…dann werde ich Euch begleiten! Aber antwortet schnell, die Enge hier in dem Gasthaus ist erdrückend!“

Madlen blickte nach links und rechts…fühlte hundert Blicke auf sich sitzen…fühlte sich wie ein Wildschwein auf einer Treibjagd. Wenn sie nicht bald hier rauskam, dann würde sie nicht nur gereizter werden, dann würde sie platzen. Es war halt wieder ein Fehler gewesen, in die Stadt zu kommen. Ein Bad könnte vielleicht helfen, dass Madlen sich beruhigte.

[Lexi]

"Zarditsch", antwortete Lexi rasch, Namen konnte sie sich gut merken, "Meister Zarditsch. Aber sagt mal, Hurenhaus? Ich weiß nicht..."
"Und ich denke nicht...", Hunico hatte sich ein Bier bestellt und ließ es demonstrativ etwas lauter auf den Tisch knallen, "dass das der beste Ort für eine schwangere Frau ist. Wir mögen arm sein, aber wir sind einander treu, richtig?"
"Mh, richtig...", Lexi fühlte sich unwohl. Klar, in ihrem Zustand würde sich wahrscheinlich niemand an ihr vergreifen. Trotzdem, sie suchten ja eigentlich eine Unterkunft, die nicht von Fremden und Irren heimgesucht wurde.
"Ich dachte da eher an ein Zimmer im Hotel", überlegte die Schwangere laut, "Und während Hunico nach Arbeit sucht, suche ich nach einer Hebamme. Ich denke schon, dass ich auf mich allein aufpassen kann..."
"Genau so machen wir das, hey Wirt, ich habe da mal eine Frage..."

Während Hunico sich nach dem Wagenbauer und einer Arbeit umhörte, rückte Lexi näher an Yinnesell heran.
"Wie kommt ihr darauf, dass wir dort sicher wären?", fragte sie flüsternd, "Ich mag euch ja sehr, aber mich graut es bei dem Gedanken doch ziemlich... um mein Baby und um mich!"

[yinnesell]

Yinne seufzte. „Habt Ihr eine Hebamme?... Nein. Was denkt Ihr was passiert, wenn Euch in der Herberge etwas Schlechtes wiederfährt und Ihr Hilfe braucht? Euer Mann wird los rennen und es wird ewig dauern, bis Hilfe kommt. Vielleicht zu lange“, erklärte die Tänzerin und seufzte erneut. „Dort im Hurenhaus werden die Frauen nicht nur wissen was zu tun ist,... sie werden auch direkten Draht zu direkter Hilfe haben. Oder was denkt Ihr wohl, wer hier in Setarrif noch am ehesten die Hilfe einer Fachkundigen braucht?
Es wird Euch niemand zu etwas zwingen, wenn Ihr für die Unterkunft und die Nahrung zahlt, oder sonst wie auf andere Art und Weise Hilfe leistet, die nichts mit Hurerei zutun hat.
Es ist Eure Entscheidung!“.
Und dann wandte die Tänzerin sich Madlen zu. „Ich gab Euch eine Möglichkeit. Wenn Ihr die nicht wollt, könnt Ihr Euch auch eine Andere suchen“. Auch yinne war gereizt, denn man verlangte von Ihr Versprechen ab, die sie nicht geben konnte. „Garantieren kann ich Euch garnichts, Madlen, aber mir wäre eben wohler, wenn wir vorerst zusammen bleiben würden“.

[Edon Mesotes]

Die Faulheit war die Sünde der sich noch am schönsten frönen ließe. Und das hatte Edon auch immer mit Bravur erledigt, doch so langsam musste er sich auch mal zu verteidigen lernen, anstatt immer nur die Flucht zu ergreifen, wenn er entdeckt wurde. Er hatte nur das bisschen an Kampffertigkeiten, das er mit dem Dolch zustande brachte. Und genau auf diesem bisschen hatte ernun beschlossen aufzubauen.

Er hatte seinen alten Dolch mit dem silbernen Griff herausgeholt und stach auf einen Baumstamm etwas außerhalb von Setarrif ein. Bewegungen, die er schon oft hatte verwenden müssen, mussten sich nun auch schneller und gezielter bewerkstelligen lasen. Schnelligkeit und Treffsicherheit waren entscheidene Größen, die sich doch sicher perfektionieren ließen.

Anders ausgedrückt versuchte Edon gerade schneller mit seinem alten Brotschneider auf ein hochgewachsenes Blümchen einzustechen, damit es ihn nicht zuerst erwischte.

[Turang]

Ruhig bleiben war der Schlüssel, um entspannt seine Angelegenheiten zu regeln. Auch wenn ein knausriger Viehhändler gerade versuchte ihm zwei einfache Pferde und einen kleinen Karren für eine horrende Summe anzudrehen. Eigentlich hatte Turang mit solch seltsamen Gestalten eher wenig zu tun, doch für seine bevorstehenden Reisen brauchte er nun mal eine Möglichkeit, um auch größere Mengen an Waren durch das Land zu befördern, ohne, dass er sich einen Bruch hob.

Nach einer geschätzten endlosen Diskussion über abnorme Tier- und Karrenpreise hatte Turang den Händler doch noch auf einen anständigen Preis herunter arbeiten können. Er hatte zwar nie gelernt ein Pferd auch zu reiten, aber wenn man auf einem Karren saß, dann waren auch die Tiere einfacher zu lenken, was schon alleine einen Vorteil bot, wo aber auch noch dazu kam, dass diese teils sehr störrischen Tiere ihn nicht einfach abwerfen konnten. Damit wäre nun so ziemlich die letzte Formalität für seine Fahrt ins Gebirge geregelt, wenn man mal davon absah, wie sie wohl die beute unter sich aufteilen wollten,wo er jetzt schon einige Wolken am Himmel aufziehen sah.

[Madlen]

Beschämt schlug Madlen die Augen nieder. Sie hatte sich von ihrer Wut reiten lassen, ihrem Gefühl die Kontrolle über ihren Verstand gegeben. Das war unehrenhaft…man hatte Madlen das anders beigebracht.

Die junge Frau neigte als Zeichen der Demut leicht den Kopf nach vorne und begann zu sprechen:

„Farzїhan, Yinnesell-Elda. Ich bitte hiermit um Eure Verzeihung. Es stand mir nicht zu, Euch und Euer Tun in Frage zu stellen. Ich hab damit unehrenhaft gehandelt. Ihr seid aller Wahrscheinlichkeit nach, die Erfahrenste, was das Leben in Setarrif angeht und wisst somit, was das Beste im Moment für uns ist. Meine Gefühle haben für den Moment die Kontrolle gewonnen und somit war ich mir nicht mehr im Klaren, was ich sagte und tue. Ich würde Euch natürlich gerne begleiten, wenn dies meiner Sicherheit dient. Ein Bad kann man immer nehmen, ein Leben lebt man nur einmal. Deshalb noch einmal: Verzeihung!“

Immer noch den Kopf geneigt, wurde Madlen klar, dass sie wieder in ihre Muttersprache verfallen war. Alles hatten ihr die Varanter genommen, nur das nicht…diese eine Sache hatten sie bei ihr weiterentwickelt und gefördert. Der Teufel weiß warum.

Und sie haben mir beigebracht ehrenhaft zu handeln. Lasse niemals deine Gefühle über den Verstand obsiegen. Dies ist zu riskant. Handle im richtigen Moment. Schlage nie ein gutes Angebot aus. Denke nach, bevor du antwortest. Lasse deinen Verstand herrschen.

Noch einmal tief einatmend, hob Madlen ihren Kopf langsam und blickte der Tänzerin etwas unruhig in die Augen.

[yinnesell]

„Schon gut...“, war nur einer der vielen Gedanken, die yinnesell in diesem Moment durch den Kopf huschten. Irgendwie erstaunlich zu erkennen, daß die anfängliche Abneigung der beiden Frauen wohl aus einer Gemeinsamkeit resultierte. Erstaunlich auch festzustellen, in welcher Relation zum Ursprungszustand nun die Verbindung der beiden Frauen wuchs. „Ist schon in Ordnung“, fügte yinnesell nun mit einem leichten Lächeln hinten an. „Ich kenne diese Stadt kaum mehr als Ihr, aber in einem Punkt habt Ihr ganz sicher recht – das ich mehr Erfahrung in Kreisen besitze, die gesellschaftlich wenig Ansehen genießen. Schließlich kenne ich es nicht anders. Ich war bald mein ganzes Leben lang Jemand, der von seinem Körper lebt. Und ich musste seid ich denken kann auf mein Leben acht geben.
Ich denke... das musste jeder von uns Anwesenden hier, aber ich behaupte, das dies noch um einiges schwieriger ist, wenn man aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft allgemein zum Abschuss frei gegeben wurde.
Und glaubt mir Madlen... es gibt kaum eine Randgruppe, die sich aufgrund der besonderen Schwierigkeit so weit entwickelt hat, was den Selbstschutz und den Schutz Verbündeter betrifft.
Gerade DESWEGEN ist es so wichtig, daß ich mir diese Menschen nicht zum Feind mache“.


Hunico kehrte an den Tisch zurück und wirkte wenig entspannt aufgrund der Tatsache, daß er die Aufmerksamkeit einer fremden Dame auf sich gezogen hatte. Sie folgte dem Mann bis an den Tisch und besah sich mit wenig Begeisterung die Anwesenheit der weiteren Frauen.


„Nur ruhig, Lexi“, flüsterte yinnesell der Schwangeren zu, um sich darauf hin kurz an Madlen zu wenden: „Dort liegt unser Weg. Also seid freundlich“.


Und da ließ die Fremde sich bereits unaufgefordert auf den freien Platz neben Hunico nieder.

[Scorchal]

Einige Zweige wurden ins Feuer geschmissen, welches leise fauchte und dann weiter brannte, als wäre nichts geschehen. Der Blick des schwarz gekleideten Mannes lag irgendwo über den Flammen, Richtung Meer in die Ferne. Turang war gestern aufgebrochen. Fenris - der Wolf - hatte sich verzogen. Vielleicht lauerte er in der Nähe, vielleicht war er auf Jagd oder folgte gar seinem Gefährten in die Berge.
Die Last der letzten Monate fiel von Scorchal Stück für Stück ab. Natürlich war es schwer, die Dinge, die passiert waren, zu vergessen. Wobei er nicht vergessen wollte. Er wollte es verarbeiten, damit leben. Vergessen würde verleugnen und verdrängen bedeuten, und das wollte er nicht.
»Andere Menschen in solchen Situationen«, sprach er zu den Flammen, »hätten der Geschichte ein jähes Ende bereitet. Das könnte ich auch. Einfach auf die Klippen zulaufen, springen, die Augen schließen und fallen ...«
Ein Bild flackerte in seinen Erinnerungen auf. Scorchal - in die Kleidung eines Hofdieners gewandet - saß an einem Tisch, den Kopf auf die Hände gestützt. Er wirkte kraftlos. Ihm gegenüber stand Lyandi, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie redete schnell und eindringlich auf ihn ein, hart klingend doch sanft und gut meinend. Flucht vor Problemen ist keine Lösung! Ihre Stimme hallte durch seinen Kopf, als würde seine Frau hinter ihm stehen und ihn dazu bewegen wollen, sich aufzuraffen.
Scorchal lächelte leicht und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Er blickte zur Stadt hinüber. Vielleicht hatte Turang Recht. Vielleicht sollte er mit diesem Wirt sprechen. Sarpedon.
»Hauptsache ich tue endlich etwas ...«
Wieder flogen einige Zweige ins Feuer, um es am Leben zu erhalten.

[Lexi]

Hunico blieb gezwungen unbeeindruckt sitzen und würdigte die Freudendame keines Blickes. Lexi wusste sich in dieser verzwicken Situation auch nicht zu helfen. Sie würde wohl abwarten, was ihr Freund tat und im Notfall mahnend einschreiten.
"Schüchtern, hm? Das musst du nicht sein, mein Hübscher."
Jetzt drehte er sich zu ihr herüber. Es war eine hübsche Frau etwa in Lexis Alter, vielleicht auch ein bis zwei Jahre älter. Mit strohblondem, schulterlangem Haar und aufreizend geschminkten Wimpern. Sie versuchte anscheinend, die von den Göttern eher sparsam gesäten körperlichen Erfüllungen mit künstlichen Mitteln zu verbessern. Und mit ihrer melodischen Stimme.
"Tut mir leid, Schätzchen. Ich bin fest vergeben", er zwinkerte Lexi zu, "Ich glaube, es gibt mehr als genug andere Herren, oder Damen, wie's beliebt, die euch mit Freuden in ein Gespräch verwickeln wollen. Und so weiter..."
Lexi bemerkte, dass ihr Freund leicht errötete. Die Blonde war wenig beeindruckt zum nächsten möglichen Freier gegangen.

"Was sollte das eben?", knurrte Hunico wütend, "Hast du deine Freundin etwa auf mich angesetzt, damit wir in Ruhe ins Hurenhaus gehen können?"
"Hunico..."
"Nein, ich habe schon verstanden", er grinste etwas schelmisch, "Ich habe da eine bessere Idee."
Er leerte seinen Krug mit einem Zug.
"Da es euch beide", er deutete auf Yinne und seine Liebste, "anscheinend so viel bedeutet, komme ich mit. Madlen und ich sind anscheinend nicht gerade sehr begeistert davon, von Fremden angegraben zu werden. Also schlage ich vor, dass wir nachts beisammen bleiben. Ohne zu... ihr wisst schon."
Er atmete tief durch.
"Dann wird uns niemand behelligen. Und tagsüber passt ihr auf meine Sommersprosse auf, Yinne!"

[Madlen]

Madlen hatte die Situation ruhig mit angesehen, ab und an in eine andere Richtung geblickt. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie jemand beobachtete.

Aber die junge Frau hörte immer mit beiden Ohren dem Geschehen am Tisch zu und als Hunico den Vorschlag machte, dass sie, Madlen, und er ein Zimmer zusammen nehmen sollten, damit der Mann in Zukunft vor solchen Belästigungen in Ruhe gelassen werden würde, war sie zuerst nicht sehr begeistert. Der Schmerz saß noch tief…aber es musste sein.

Damit ich meine Ehre wieder gewinnen kann. Und außerdem…es ist sicher und ein guter Plan, bis auf einen Punkt.

„Ich gebe Hunico Recht: Nur so können wir weitere Huren von deinem Mann fernhalten Lexi. Doch, wenn Ihr damit nicht einverstanden seid, dann werden wir sofort aufhören darüber zu sprechen. Aber ich gebe zu bedenken, dass wir nicht sehr viele andere Möglichkeiten haben.“

Madlen atmete tief durch. Jetzt würde sie das Problem ansprechen.

„Aber mal ehrlich, sehe ich in diesen Klamotten aus, wie jemand, der auf den Strich geht? Gut, meinen Mantel und die Jagdkleidung kann weg…aber das Kleid in meinem Rucksack reicht niemals dafür, dass ich als Hure durchgehe…auch wenn es nicht gerade das konservativste ist.“

Sie griff nach ihrem Rucksack und war versucht das Kleid herauszuholen.

„Ich kann es euch zeigen, damit ihr euch selbst überzeugen könnt, wenn ihr wollt?“

[yinnesell]

„Das würde ich gerne. Alleine schon um zu sehen, wie schön Ihr in einem Kleid aussehen würdet, Madlen“, meinte yinnesell mit einem Lächeln. Aber das Lächeln kam nicht nur der Freundlichkeit wegen, sondern auch aus einem anderen Grund. Denn yinne belächelte die Sorgen der Versammelten.
„Jetzt entspannt Euch mal ein wenig. Hier braucht sich niemand verstellen, sich auch niemand verstecken. Ihr werdet Euch daran gewöhnen, daß man Euch gelegendlich auch an die Wäsche will... Und wer weiß... vielleicht schmeichelt es Euch ja auch“, sprach die Tänzerin mit einem verschmitztem Grinsen. „Ich würde vorschlagen...“, und dann wurde yinne unterbrochen.
„... Ihr stellt Euch erstmal vor“.
Ein eher kleinwüchsiger Mann mit dicken Bauch unterbrach die Unterhaltung. Aufgetaucht aus dem Nichts, aber scheinbar von dort nicht zufällig gekommen. Dann schritt er näher an Hunico heran.
„Habt Ihr irgendwelche Krankheiten oder sonst irgend etwas vorzuweisen, was mein Geschäft gefährden könnte?“.

[Lexi]

Hunico wurde von dem dicken, kleinen Mann aus den Gedanken gerissen.
"Hm? Wer seid ihr?"
"Mein Name ist Zarditsch, als ob ihr das nicht wüsstet!", er wirkte leicht reizbar, "Ihr habt doch an der Theke nach mir gefragt. Also?"
Lexi dämmerte langsam, um wen es sich hier wirklich handelte. Hunico leider nicht.
"Ah... ja, richtig. Die Kutsche. Könnt ihr sie reparieren? Ein Rad war ab und wir haben nicht die nötigen Werkzeuge dafür."
Und an Lexi gerichtet: "Ich bin doch nicht krank, oder?"
Sie schüttelte langsam den Kopf.
"Nein, ich bin nicht krank. Wenn ihr mir gleich noch einen Job beschaffen könnt, mit dem ich meinem lieben Weib eine warme Unterkunft für den Winter finanzieren kann, wäre das großartig. Ich bin für körperliche Arbeit aller Art zu haben."

[yinnesell]

Ouhh, dachte yinne und verzog ein wenig das Gesicht. Sich fragend, ob es Zeit wäre schnell einzuschreiten, schien es dafür aber schon zu spät, denn Zarditsch ließ nicht lange auf sich warten.
„Sicher doch...“, hörte die Tänzerin ihn sagen und schon erhob Hunico sich auf ein Handzeichen des Dicken hin. Und ehe Lexis Mann sich versah, hatte Zarditsch den Platz des vorher Sitzenden eingenommen.
„Ihr erlaubt doch“, gab Zarditsch sich selbst grünes Licht für sein tun. „Ich glaube, Ihr seid nicht von hier, oder? Das würde einiges vereinfachen, denn wer für mich arbeitet, lebt auch unter meinem Dach... und lebt von dem, was das Geschäft zusätzlich für ihn abwirft. Seid Ihr fleißig... habt Ihr mehr. So einfach ist das“, dann beugte Zarditsch seinen Körper so zu Seite, daß Lexi vermutlich noch mehr in den Genuss kam, seinen schlechten Atem zu riechen.
„Seid Ihr die, für die gesorgt werden soll?... Dann wird’s schwierig, denn in Eurem Zustand könnt Ihr wohl kaum für mich arbeiten“.

[Lexi]

"Hier liegt eine Verwechselung vor", sagte Lexi kühl, "Weder mein Mann, noch ich sind willens, für euch zu arbeiten, wir waren lediglich auf der Suche nach einer sicheren Unterkunft bis ich mein Kind zur Welt gebracht habe."
Zischend fügte sie noch ein "Verzeiht" an.
Zarditsch war empört, das konnte man ihm wohl nicht verübeln.
"Lexi, was soll das, ich..."
"Das ist der Zuhälter, Hunico! Bei Innos, du bist doch nicht auf den Kopf gefallen! Yinne, nun sagt doch auch mal etwas! Ihr müsst ihn doch kennen."