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Wutanfall ... Wut ließ sich zügeln, sie ließ sich in Rache und kochenden Ärger umwandeln. Und Rache und kochender, brodelnder Ärger waren eine gute Voraussetzung für den Fluch, den sie beherrschte. Der Fluch, der über die Tage schleichend wirkte und das Opfer Angst vor Wäldern haben ließ - aber das würde sie doch nicht Andrahir erzählen. Es war gut, wenn andere sich kein Bild von ihrer Magie machen konnten, das gab einen kleinen Überraschungseffekt. Sie unterließ es, Andrahir vom Wecken der Magie zu erzählen, der Tatsache, dass Anfänger lernen mussten, sich ihre Magie überhaupt zunutze zu machen, bevor sie irgendwas damit anstellen konnten.
Cé hatte keine Gelegenheit, zu antworten, Andrahir machte sie auf Getuschel aufmerksam. Sollte das die Banditenbande sein, die ihn schon zweimal vergebens überfallen hatte? Das Getuschel erklärte zumindest zum Teil, was diese Bande so ineffektiv machte. So einen Schwachfug kannte sie nur aus der Grünen Krähe und der Sumpflilie. Gequirlter Unsinn! Trotzdem wartete sie ab, denn die Räuber hatten sie ja noch gar nicht überfallen. Das konnte ja heiter werden!
Nun, endlich, traten die Herren Räuber höchstselbst in Erscheinung und forderten Gold und einen Passierschein A38. Ein lautes Klatschen verkündete, dass sie sich mit der Handfläche gegen die Stirn geschlagen hatte. Sie hatte mal Gerüchte davon gehört, dass man den Passierschein in einem Haus holen musste, das "Verrückte machte" - angeblich hatten das bisher nur zwei geschafft, ein Kleiner und ein großer Dicker. Die Räuber selbst schienen ihre Augen in Cés Décolleté verloren zu haben. Vielleicht musste sie ihre Kleiderwahl mal überdenken, aber bisher hatte sie keine Schwierigkeiten gehabt. Sie setzte gerade zur Stabrotation an, da hatte Andrahir eine andere bekloppte Idee und kitzelte sie mit irgend etwas Haarigem unter der Nase. Wie zu erwarten nieste sie, beschwor eine Lichtkugel und erwischte sich mit dem Kampfstab selbst. Sie taumelte, zückte rasch das Taschentuch und ließ die Lichtkugel wieder verebben, ehe sie den zweiten Versuch einer Stabrotation machte.
„Das wirst du mir büßen“, fauchte Cé, „wenn wir mit den dreien da fertig sind!“
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Oh da hatte jemand aber Nieselaune... oder miese Laune? Naja... wo war da schon der Unterschied? Bei Cécilia zumindest gab es da momentan kaum einen. Ihre Sorge schien sich jedoch erstmal nicht zu bestätigen. Dem Typen, der immer eine Scavengerhaut vor dem Gesicht trug, welche schon ziemlich gelitten hatte, stieß einen heiseren Schrei aus, als die Lichtkugel erschien und lies vor Schreck seine Waffe fallen.
"Die ist vom Irrlicht besessen! Hab ich euch doch gesagt die Viecher sind gefährlich - meine Oma hat mir das immer erzählt als..."
"Ja, das ist sie wirklich!" fiel Andrahir ihm ins Wort "Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie schlimm das war. Wir sind einfach so durch den Wald gelaufen, ganz romantisch zu zweit und auf einmal war es überall hell und da waren Irrlichter... ganz viele Irrlichter. Die sagten, wir sollten uns unterwerfen oder sie würden ihren Kollegen vom Team Mond Bescheid geben, dass die nicht mehr leuchten sollen und da war uns natürlich sofort klar, dass wir ein Opfer für alle Lebewesen bringen müssen und uns unterwerfen müssen.
Gerade als wir das vor hatten, bekam Cécilia aber Schluckauf und hat vor Schreck ein Irrlich verschluckt - ja! Stellt euch das mal vor. Und nun kommt das Stück für Stück wieder raus. Wir sind grad auf dem Weg nach Schwarzwasser um einen Heiler aufzusuchen - ihr habt nicht zufällig ein paar Goldstücke um die Heilerin zu bezahlen?" Andrahir legte den bestmöglichsten unschuldsblick auf, während seine Begleiterin immernoch etwas verwirrt zwischen den sprechenden hin- und her sah, als der erste, gerührt von der Geschichte anfing zu schniefen und zu seinem Geldbeutel griff.
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Was es auch immer dauerte. Da hatte man sorglos den bisherigen Weg beschreiten können und dann nervten diese Kackbratzen auf der Brücke. Ornlu wie auch Suzuran und Putorius blieben soweit im Hintergrund, näherten sich aber auch langsam, als da scheinbar noch keine Köpfe abgeschlagen wurden.
Die Geschichte die dann erzählt wurde, gefiel Ornlu durchaus. Ja, doch sowas geschah sicherlich schon mal. Doch brachte sie was? Nur bei einen von denen scheinbar. Und der bekam sogleich eine geklatscht, als er wirklich an den Geldbeutel ging.
"Willst uns wohl veroooaaarschen!", brüllte der, der bisher eigentlich still geblieben war. Das war das Stichwort für Ornlu. Mit einem Sprung aus dem Gebüsch bei dem er fast auf die Schnautze fiel und einen Blick näherte er sich der Brücke, machte dynamische Schritte und klatschte langsam und provokant.
"Bravo! Bravo! Beinahe hätten die es euch beiden geglaubt! - Aber nur beinahe, Kevin und Mändy!", sprach Ornlu.
"Wat? Wer bist du denn!?", fragte einer der Banditen.
"Ich bin Gustav Gans und will nur meine Rache! Sie haben an meinen 18 Geburtstag mein Dorf überfallen und kamen den Orks zuvor. Dann haben sie einen Zauber gewirkt und reisten durch die Zeit um meinen Vater der eigentlich starb als ich zehn war, bei meiner Geburt schon zu töten. Nur aus Spaß und weil man sich so Geschichten erzählt! - Mehr müsst ihr nicht wissen, außer dass ich heimlich Frauenkleider trage und meiner soooo groß ist!" meinte er und zeigte großzügig die ungefähre Länge mit seinen Händen.
"Was ihr aber wissen sollt, ist dass die beiden hier ganz und gar nicht das sind was sie vorgeben. Sie sind berüchtigte Menschenbluttrinker. Sie streifen Nachts durch Argaan. Geben vor ein liebendes Paar zu sein, locken die Arglosen an und dann stürzten sie sich auf sie wie blutrünstige Bestien. Die beiden sind verfluchte Bluttrinker! Verfluchte Beliarwesen die dazu verdammt sind die Arglosen zu töten, sich in Orks zu verwandeln und Dörfer zu überfallen und Geburtstage zu vermiesen - bis Beliar sie erlöst. Ich kam noch gerade richtig! Hat sie schon ein Irrlicht hervor kommen lassen? - Oha! Nehmt Abstand! Die Irrlichter sind ein Trick. Sobald ihr nah genug seid, um Geld zu geben, packen sie euch und saugen euch aus! - Gut so, das dürfte reichen. Solange niemand nah genug ist, kommen sie an kein Blut und werden nicht mächtiger.", mahnte Ornlu und fuchtelte mit seinen Dolchen umher, als ob er es drauf hätte und jederzeit bereit wäre anzugreifen.
"Und was sollen wir nun tun?"
"Entweder weglaufen und mir Glück wünschen oder wir zwingen sie sich zu küssen!"
"Küssen?"
"Natürlich! Bösartige Beliarwesen küssen sich nicht. Das würde Beliar so erzürnen, dass sie von dieser Sphäre getilgt werden. Nachzulesen im Almanach der Beliarwesen in jeder schäbigen Bibliothek. Das weiß doch jeder! Also? Macht euch besser ab oder wir zwingen sie sich zu küssen!"
Geändert von Ornlu (11.03.2012 um 02:17 Uhr)
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Was bei ...? Was zum ...? Das war eine Entwicklung, mit der Cé ganz und gar überhaupt nicht gerechnet hatte! Erst Andrahirs Geschichte und nun auch noch die von Ornlu, die an Andrahirs Geschichte anknüpfte, sie widerlegte und gleichzeitig übertraf! Es war ziemlich seltsam, was für Mythen sich um so eine Lichtkugel ranken konnten. Das hier übertraf ja sogar den Bootsbauer in Silden, dem sie weisgemacht hatte, sie sei Adanos! Ein Grinsen schlich sich in Cés Gesicht. Warum nicht auf die fahrende Kutsche aufspringen? Sie beschwor zwei Lichtkugeln, die nicht so gleißend hell waren, ließ sie aber unabhängig voneinander auf die drei Räuber zuschweben. Ein nützlicher Trick. Besonders, da sie auch die Farben nach Belieben ändern konnte.
„Glaubt ihm kein einziges Wort! Das Sumpfkraut vernebelt seine Gedanken und lässt in seinem Kopf Geschichten entstehen, wie sie kein Seemann besser erzählen könnte! Schaut ins Licht, es tut euch doch nichts, oder? Greift es euch an? Es ist völlig harmlos“, sagte sie und trat nun auf die Räuber zu, wackelte mit den Hüften und lehnte die Brust vielleicht ein wenig nach vorn, während sie die Schultern ein Stückchen zurückzog.
„Glaubt ihr etwa jedem Spinner, der die Brücke überqueren will und euch verrückte Geschichten erzählt? Ihr seid doch große, starke Räuber und von einer Geschichte kann man nicht leben ... er sagte doch selbst, er will mich töten? Helft ihr einer hilflosen Jungfrau in Nöten denn nicht?“
Puuh ... jetzt trug sie aber wirklich dick auf. Die Lüge kam ihr dabei verhältnismäßig einfach über die Lippen. Und wenn sie weiter so mit dem Oberkörper herumwackelte, würde sie die Räuber vielleicht noch dazu bringen können, sie alle kostenlos über die Brücke zu lassen, das wäre das mindeste. Die Meisterin der Verführung würde den Männern noch dazu ihren gesamten Proviant und ihr ganzes Geld abschwatzen, aber als solche sah Cé sich selbst nicht. Die Seherin ließ die beiden Lichtkugeln um den Kopf des einen Räubers kreisen, vor dem sie nun direkt stand. Wenn sie Glück hatte, würden die drei möglicherweise einen Konkurrenzkampf um sie anfangen und die Gruppe konnte unbehelligt passieren. Wenn sie nun gut wäre, könnte sie mit diesem Gefühl-Verstärkungs-Zauber den Neid in den anderen beiden ein wenig verstärken und dem Ganzen einen klitzekleinen Schubs geben. Oder aber Andrahir oder Ornlu gaben den Räubern durch etwas anderes einen Anstoß. Wenn die ganze Gruppe mitmachte, könnte ihr diesmal sogar eine "Hexenverfolgung" gelegen kommen. Bevor die Räuber wüssten, wie ihnen geschähe, hätten Andrahir, Ornlu, Suzuran und Putorius Cé als Hexe beschuldigt und über die Brücke gejagt - und die Räuber völlig verwirrt, so dass sie kein Gold eintreiben könnten. Aber wie teilte man so einen aberwitzigen Plan mit, wenn man scheinbar gerade mit der Verführung dreier Banditen beschäftigt war, die das nicht mitbekommen sollten? Da half ja vielleicht die Menschenblutmasche. Irgendwas eben, immerhin war sie nicht sonderlich erpicht darauf, irgendwelchen dahergelaufenen Brückenräubern in den Hals zu beißen. Der konnte alle möglichen Krankheiten haben! Cé tröstete sich damit, dass das beherzte Heben des Knies sie retten würde, wenn einer der Räuber ihr näher käme, als ihr lieb war.
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Vampire? Orks? Küssen? Dieser Ornlu hatte mehr Fantasie als Andrahir ihm zugestanden hätte aber Cécilia schaffte es doch tatsächlich wieder ihren Teil der Geschichte daraus zu basteln... unter eindrücklichen Bewegungen ihrer... ausgeprägten weilblichen Geschlechtsmerkmale. Das Problem, welches nun allerdings entstand war, dass die drei Kerle gar nicht mehr wussten, was zu tun war. Der erste fragte nach Almosen, der zweite riet zur Flucht oder schwer durchsetzbaren Handlungen und die dritte beließ es dabei die Verwirrten zu hypnotisieren... ob das auch mit der Druidenmagie zusammenhing? Andrahir hing noch dem Gedanken nach, ob es nicht etwas sehr gewagt war von der 'hilflosen Jungfrau in Nöten' zu sprechen und gleichzeitig um Abhilfe dessen zu bitten... wer wusste schon, worin die Banditen die Not sahen...
Bevor jedoch die sabbernden Banditen wieder anfangen konnten ihren Kopf zu benutzen ergriff auch schon wieder der Jäger das Wort.
"Der Gustav lügt so und so wie gedruckt. Der ist nur durch und durch eifersüchtig, weil er mit meiner Begleiterin spazieren gehen wollte - ey ich schwör'." Der selbsternannte Anführer der Bande bekam als erstes wieder den Mund auf.
"Ich habs in seinen Augen gesehn..." damit deutete er auf Orn.... Gustav "er ist bestimmt auch von den Lichtern besessen...
Wir sollten den Irrlichterwählten helfen - aber wir können euch das Geld ja nicht so geben. Wir wollen ihre Sachen!" und nun galt der Fingerzeig Cécilias Bekleidung "Jetzt sofort!"
Offensichtlich war da jemand auf den Geschmack gekommen und wollte noch etwas mehr. Auch der zweite stimmte alsbald mit ein "Ja... Ausziehn! äääh... Sachen her! meinte ich." und Putorius hatte Anwandlungen miteinzustimmen - riss sich dann aber doch noch zusammen.
Der dritte: "Und dann sollen sie sich küssen... als Gegenbeweis." zum Glück lagen die Haare über Andrahis Ohren und es war dunkel... sonst hätte jeder die hochroten Ohren gesehen während er bemüht um eine Ausrede vor sich hinstammelte.
"Nunja... das... das geht nicht weil, ähm... ja weil sich ja... dann das Irrlicht... nunja auch auf mich überträgt und so."
"Na gut aber die Sachen wollen wir trotzdem." Das war der Moment in dem der erste sich traute forsch einen Schritt vorwärts zu treten... genau der richtige Moment. Andrahir zog erneut den Fuchsschweif und Cécilia nieste erneut. Ein Licht entstand und diesmal flog es wild durch die Gegend - ob das nun gewollt war oder nicht, darüber war sich der Jäger nicht im klaren, jedoch begann es sich mit Mal zu teilen und auf die Banditen zuzufliegen. Da war ihr nun Mut nun dahin.
Sie ließen kein Geld zurück als sie flohen... aber sie gaben ein köstliches Bild ab und gingen mal wieder leer aus. Das ganze hätte deutlich spektakulärer ausgehen können aber die Sitiuation an sich war dennoch einmalig.
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Joshuas Plan war tatsächlich aufgegangen und so saßen die beiden hinten auf einer leichten Kutsche, wurden kostenfrei mitgenommen und fuhren gerade das letzte Stück zur Burg hoch. Auf dem Wagen lagen fertige Brote, aber auch Mehl und zwei Weinfässer. Der restliche Platz war am Jägerlager mitten im Bluttal, wie es wohl angeblich auf der Karte hieß, wenn man Joshua glauben konnte, mit Fleisch beladen worden.
Der Wagen hielt und die beiden Mitreisenden sprangen herunter. In gewohnt ernster Marnier und nur schlecht versteckter Langeweile kamen die Wachsoldaten näher und stellten dem Kutscher die üblichen Fragen nach Ladung und Zweck der Ankunft, bevor sie sich den beiden bewaffneten Männern zuwandten.
Wie Banditen sahen sie nun nicht gerade aus, aber irgendwie passte die Bewaffnung und Kleidung auch nicht zu Jägern und erstrecht nicht zu Bauern.
"Wer seid ihr? Was wollt ihr?"
"Wir sind Reisende aus dem Morg..." Weiter kam Joshua nicht, weil Aaron ihm hinter seinem Rücken fast die Hand zerquetschte, weshalb er lieber die Klappe hielt.
Mit der anderen Hand fischte der Soldat den Brief Flarkes aus der Tasche und überreichte ihn der Burgwache.
"Mein Name ist Aaron, der Rest steht da."
"Und er da?" der Soldat gab den Brief an seinen Kollegen weiter, der Lesen zu können schien und deutete auf Joshua
"Ich bin sein Knappe... gewissermaßen... andere behaupten wir hätten eine... ahhh"
"Er begleitet mich." Joshua grinste etwas sehr breit um die Schmerzen in seiner Hand zu überdecken. Was musste er auch ununterbrochen Mist reden? Selbst schuld.
Der zweite Wachsoldat war inzwischen fertig mit Lesen und gab Aaron das Papier zurück.
"Er soll die Lage hier in Erfahrung bringen und an Thorniara melden... dafür hat er Zutritt zu allen Räumen und wenn er was fragt ist ihm Antwort zu geben... ja guck nicht so... steht da!" Offensichtlich hatte der andere damit nicht gerechnet und runzelte die Stirn bevor er den beiden Platz machte um sie durchs Tor zu lassen.
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Handwerker wuselten durch das Innere der Festung. In Schubkarren wurden Baumaterialien vermengt, an Böcken wurden Balken zersägt und an einer Schmiede unaufhörlich gehämmert.
"Mhh... schlechte Verzapfung..." murmelte Joshua als er sich einen gerade wieder entstehenden Dachstuhl ansah. "Man der Mist sieht nach Lehrlingsarbeit aus und nicht nach der Arbeit eines Gesellen, geschweige denn eines Meisters. Ich sag dir, das Ding steht höchstens zwei Jahre und dann brichts von allein wieder ein...." der Kerl hörte einfach nicht auf zu brabbeln... war das eine Krankheit? Gut, Aaron hatte sich selbst dafür entschieden den Tischler mitzunehmen, denn im Grunde war er ein anständiger Kerl und er konnte sich drauf verlassen, dass er nicht bei der geringsten Gefahr davon rannte.
"Hey du..." Ein Maurer, der gerade Pause machte sah von seinem trockenen Brot auf. Aaron hielt ihm ein Stück gebratenes Scavengerfleisch und eine Bierflasche hin... er hatte sich ein wenig Zeug besorgt durch das er sich Antworten versprach.
"Wie kommt ihr so vorran?" er hätte auch den Befehlshaber fragen können, aber der hätte nur alles beschönigt und am Ende vermutlich nichtmal ne genaue Ahnung gehabt. So hoffte der ehemalige Türsteher schlichtweg auf ungezwungene Mundwerk eines Arbeiters - nicht ohne Erfolg.
"Naja... da fragst wat. Am Anfang, weßt, so nach die ersten Woch'n, da lief ja ma' gar nüscht mehr. Lohn... naja... von Lohn kannst nichma red'n, Fressen mies und zu wenig und kein Schnaps. Der letzte Dreck, wenn'e mir fragen tust. Aba... bevor dann alle gestricken... gestreikt hab'n, hab'n se ma den ihren Arsch bewecht und Futta und Bier rannekarrt. Du weßt ja... 'n Stein, 'n Bier." Das Grinsen entblöste eine Menge schiefer Zähne.
"Jetzt...nja... jetzt woll'n se alle wieder nach die Familie hin un' so. Mach'n 'n bissl mehr. Läuft un' pass' scho'." Aaron warf einen Blick zu Joshua rüber, der diesen typischen Handwerkerslang wohl genauso deutete wie er.
"Also passiert was.... es geht vorwärts."
"Jo... manchma aba auch wieda rückwärts... tsihi..." Just in diesem Moment knallte etwas furchtbar auf dem Burghof und allgemeines Männergebrüll bekundete, dass da grad ein hochgezogener Balken abgeschmiert war und einiges von der Holzkonstruktion wieder eingerissen hatte.
"Danke."
"Nix zu dank'n - dafür imma. Prost - auf dir!" und damit hob er sein Bier und Aaron ging gefolgt von Joshua weiter. Den gleichen Bericht würde er sich nochmals von einem der Bauleiter geben lassen um dann die ungefähre Mitte in Thorniara weitersagen zu können.
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Wie es vorrauszusehen war: der Bauleiter hatte das selbe beschrieben... nur dass er statt die negativen Seiten als solche zu betiteln die halbwegs anständig als 'überaus positiv' dargestellt hatte - die andern eben als normal.
Aaron hatte ein Ziel. Dieses Ziel bestand darin seine Missionen so schnell wie möglich abzuschließen. Zu Flarke hätte er jetzt schon zurückkehren können... die Aufgabe von Lopadas war da deutlich umfassender und so befanden sich die beiden Gefährten seit einigen Stunden wieder auf dem Weg nach Süden.
Inzwischen trug Aaron eine Fackel in der linken Hand. Es war dunkel geworden. Es war eine unangenehme Dunkelheit - überall Natur. Das hieß: überall mögliche Gefahren. So aufmerksam wie möglich bewegte er sich durch die Finsternis um so schnell wie möglich die Strecke zu diesem Ort, der sich Schwarzwasser nannte, hinter sich zu bringen. Selbst Joshua hörte für einen Moment auf zu reden wenngleich er nicht den Eindruck machte, als würde er gleich vor Angst zitternd zusammenklappen. Der Weg machte eine letzte Biegung und führte auf eine Brücke... eine Steinbrücke um genau zu sein. Aaron blieb mitten darauf stehn um seine Karte aufzurollen und im Schein der Fackel den Punkt zu suchen und tatsächlich... es war nicht weiter schwer.
"Was steht da?"
"Lass mal sehn... Ork... Orkwald..." Die Stirn des breitschultrigen Soldaten legte sich in Falten. Es war nicht viel über diesen Wald in der allgemeinen Bevölkerung bekannt. Einige Geschichten drehten sich darum und es hieß, dass er seinen Namen durchaus nicht zu unrecht trug. Auch der Tischler sah etwas besorgt aus, doch etwas kam ihnen zwischen den weiteren Gesprächsverlauf.
"Na schau mal einer an... zwei einsame Wanderer, die auf UNSERER Brücke Halt machen. Können wir das akzeptieren, Jungs? Nein das können wir nicht. Ihr schuldet uns jeweils zwanzig Goldstücke fürs überqueren der Brücke und zusätzlich... mh... sagen wir jeweils zehn fürs Pause machen. Also her damit!"
Mit hochgezogener Augenbraue lies Aaron die Karte langsam sinken und sah darüber hinweg in das Gesicht eines ziemlich heruntergewirtschafteten Wegelagerers, der von zwei weiteren flankiert wurde... der eine davon... hatte irgendwas im Gesicht. Was war das denn?
"Hey Schmadderbacke... was trägst'n du da vor deiner Schweinenase?" Joshua dachte wohl das selbe bei dem Anblick.
"Eine Scavengerhaut!" verkündete der gefragte stolz "Das macht fünf Münzen Extra als Informationsverkauf. Höhö." Die andern beiden Trottel stimmten ins Lachen über diesen furchtbar schlechten Witz ein, während Aaron allerdings schon die Karte weggesteckt hatte und zu seinem Schwert griff.
Wenige Sekundenbruchteile später klemmte der Anführer der Truppe mit seinem Kopf in Aarons Umklammerung und hatte eine Klinge am Hals, nachdem die eigene Waffe ihm klirrend aus der Hand geflogen war. Langsam bewegte sich der Kopf immer weiter auf die Begrenzung der Brücke zu.
"Willst du da runter?"
"N-n-n-ein!"
"Dann würd ich dir raten ganz schnell zu verschwinden... achja... nochwas. Joshua... schmeiß die Waffen von den anderen runter!" Dieser nickte grinsend und ging auf die andern beiden zu, wobei er begann eine Melodie zu singen.
"Zeigt her eure Waffen, zeigt her eure Schuh.... moment mal... das reimt sich so schön. Schuhe auch aus!"
"Joooshua..."
"Man, nun lass mir doch auch mal nen Spaß..." Aaron verdrehte die Augen, lies den Begleiter aber gewähren. Der nahm kurzerhand grinsend die Waffen und Stiefel und schmiss sie nacheinander über die Brüstung.
"Mensch... die fliegen aber lange. Wart ihr schonmal da unten?"
"Mehrmals..." murmelte der eine Bandit ohne jedoch zu offenbaren, dass da ihre Klamotten schon öfter runtergeflogen waren.
"Nun denn... schönen Abend noch." meinte der Tischler ehe Aaron den Redenschwinger loslies und ihn mit Schwung zu den anderen beförderte, die dadurch umgeschmissen wurden.
"Alle neune... nagut... sind nur drei aber jeder von ihnen hat genug Mist für drei im Kopf..." Inzwischen rappelte sich die Bande wieder auf und floh. Wie oft sie das wohl schon taten?
Der ehemalige Türsteher sah kopfschüttelnd zu seinem Gefährten hinüber und steckte die Waffe weg bevor er die Fackel wieder aufhob. "Weiter gehts..."
Nur wenige Augenblicke später blieben sie schon wieder stehn.
"Also nur mal zur Vergewisserung: Unter Anbetracht der recht widrigen Umstände... bist du dir wirklich sicher, dass du da durch willst?" Aarons Blick blieb eine Weile an einem auf.... nein durchspießten Orkschädel hängen und Joshuas Frage blieb zunächst unbeantwortet. Er war noch nie einem solchen... Wesen begegnet und das erste was er sah war zu 90 Prozent vergammelt und stank gottserbärmlich - umringt von vielen weiteren seiner Art die jedoch ähnliche Körperteilschwundanomalien vorweisen konnten.
"Ich fürche... ja!"
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Noch vor Sonnenaufgang war die kleine Gruppe um den Schriftgelehrten aufgebrochen. Um diese Uhrzeit waren seine beiden Begleiterinnen selbstverständlich noch nicht zurechnungsfähig gewesen, aber dies hinderte den Priester nicht weiter. Sie hatten so früh aufbrechen müssen, damit sie auch rechtzeitig im Kastell ankommen würden. Es war ihm ein Rätsel wie dieser Beliar geweihte Ort zwischen den Inseln und dem Festland reisen konnte. Er kannte den Standort auf Khorinis und in Varant und jetzt schien es sich auch auf Argaan zu befinden. Und immer schien es ein und dasselbe Gebäude zu sein. Doch wie war dies eigentlich möglich? Es würde hunderte von Magiern benötigen, wenn nicht sogar tausende, um ein Gebäude dieser Größe zu teleportieren. Aber dem Wissen des Feuermagiers nach gab es bei weitem nicht soviele Schwarzmagier.
Lopadas warf noch einmal einen Blick auf die Karte, die sie dabei hatten. Dort war zwar das Kastell nicht verzeichnet, doch wurde ihm mitgeteilt, wo sich dieses ungefähr befand. Ein Turm wie diesen würde er schon aus der Ferne erkennen, wenn er ersteinmal in den Landstrich kam, wo es seinen neuen Sitz gefunden hatte. Seine beiden Begleiterin tratschten über die dort lebenden Magier, Untote und allerlei anderer Aberglaube, der mit den Schwarzmagiern zu tun hatte. Aber besser gesagt, die eine Novizin redete die ganze Zeit. Als Anführer der kleinen Gruppe ging der Schriftgelehrte voran und mischte sich daher nicht in das Gespräch ein, aber seine Schülerin bekam den gesamten Redeschwall ab. Vielleicht versuchte Felia das ganze zu ignorieren, aber vielleicht lagen ihre Nerven bereits jetzt blank. Lopadas hatte in all den Jahren gelernt, manchen Leuten einfach nicht zu zuhören.
"Laut Karte, kann es nicht mehr weit sein.", sagte der Priester und schaute sich dabei um, als ob er in der Umgebung etwas erkennen könnte, was er auf der Karte wieder finden würde, "Wegweiser zum Kastell gibt es leider nicht, obwohl dies angesichts der Tatsache, dass sie zu einem solchen Spektakel laden, sicherlich angebracht gewesen wäre. Ich denke, wir müssen hier entlang."
Ohne auf eine Reaktion zu warten, ging Lopadas einfach weiter. Die beiden Novizinnen würden ihm folgen und falls sie irgendein Tier anfallen würde, dann würden sie auch schreien.
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»Aber ob das so gut ist wie hier?«, antwortete er der Frau, als er über die Schwelle des Gasthauses trat.
Gutes Bier ist schließlich selten.
Manuele und Estefania bildeten die Spitze ihres kleinen Trupps, beide wandten sich zielstrebig nach Norden und folgtem dem Weg, der sie zur Hafenstadt führen sollte. Der Barde und der Handwerker trotteten den beiden hinterher. Der Dieb bildete das Schlusslicht.
Während die anderen manchmal ein paar Worte wechselten oder oberflächliche Gespräche führten, folgte er schweigend und betrachtete die Landschaft, die sie durchquerten. Diese hatte sich in den Wochen ihres Aufenthalts in der Jungfrau kein bisschen verändert. Zu seiner Rechten befand sich noch immer ein großer Wald, aus dem man einzelne, große Berge herausragen sah. Zu seiner Linken befand sich eine entblößte Ebene, die schließlich am Meer endete.
Er fragte sich, wann sich die Landschaft verändern würde. So weit er mitbekommen hatte, mussten sie einen Wald durchqueren, um nach Thorniara zu gelangen. Ob das der Wald war, neben dem sie liefen, wusste er allerdings nicht. Die Karte hatte er nur oberflächlich studiert und verspürte auch keine Lust, Worte mit seinen Gefährten zu wechseln, indem er sie fragte. Stattdessen ging er still weiter.
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Weit waren sie noch nicht von der Taverne entfernt, die Brücke hatten sie gerade passiert, da sahen sie die Lichter von Stewark. Zu gern hätte Estefania einen Abstecher dorthin gemacht. Wäre sie mit Lair allein unterwegs, wäre es keine Frage gewesen, aber mit den beiden Bürgern im Schlepptau? Sie sollten nicht unbedingt mitbekommen, welcher Art von Arbeit sie nachging und Lair musste auch noch einiges lernen, aber dazu würde es Gelegenheit in Thorniara geben.
Schließlich standen sie an einer Wegkreuzung. Zum greifen nah war Stewark, schwermütig wand sich Estefania ab und schaute in die entgegengesetzte Richtung.
"Wir müssen da lang nicht wahr?", fragte sie Manuele. Der Nordmarer nickte.
"Es ist schon dunkel. Wollen wir nicht doch lieber in Stewark übernachten und morgen bei Tage ins Bluttal ziehen?" schlug Manuele vor.
"Nun der Einwand ist berechtigt. Ich würde sagen wir lassen die beiden Bürger entscheiden was ihnen lieber ist."
Schneller oder sicherer in Thorniara ankommen. Das war jetzt die Frage.
"Adson? Konsul? Was meint ihr?"
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Adson überlegte nur kurz. Seit sie die Taverne verlassen hatten war er neben dem Barden gelaufen und hatte das eine oder andere Wort mit ihm gewechselt. Allerdings hatte noch kein großes Interesse für den Barden entwickelt und so bleib es bei einer seichten Unterhaltung und einigen Höflichkeiten. Sein Interesse galt dabei mehr der Umgebung und und weniger seinem Gesprächspartner. Schon von weitem hatte der Schreiner die Stadt bestaunt, die auf der Karte als Stewark bezeichnet wurde. Sie schien im Ozean gebaut zu sein, nur eine schmale Brücke stellte eine Verbindung zum Land her. 'Eine uneinnehmbare Festung', hatte er bewundernd festgestellt. Als die Frage nach dem Nachtquartier gestellt wurde entschied Adson sich also schnell: "In der Stadt ist es zweifelsohne sicherer und komfortabler. Allerdings auch teurer. Aber da wir kaum einen Umweg machen müssten würde ich einen Besuch der Stadt bevorzugen." Vorsichtshalber fügte er noch hinzu: "Es sei denn jemand von euch hat etwas dagegen. Vielleicht könnten wir auch auf einem der nahen Höfe unterkommen, wenn es euch in der Stadt zu stickig ist." Er war gespannt wie der Barde sich äußern würde.
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"Ich habe von Stewark bisher noch nichts gehört, weder im positiven, noch im negativen Sinne...", versuchte Konsul diplomatisch zu beginnen, "... ich kann daher nicht sagen, wie geeignet die Stadt für eine Pause ist. Wenn du mir versichern kannst,...", er schaute Estefania an "... dass wir in dieser Stadt mit keinen Problemen konfrontiert werden und morgen am Vormittag weiterziehen, wüsste ich nichts einzuwenden."
Einen Moment später bereute Konsul bereits seine Antwort bereits, seine Zunge war wieder einmal schneller als sein Geist gewesen. Was gab ihm Grund, mit dieser Feststellung indirekt Estefania zu misstrauen? Immerhin, war sie ja viel erfahrener als er, der er nur ein einfacher Barde war.
Ich Idiot.
Langsam hob er seinen Blick und schaute Estefania in die Augen. "Es ist jetzt deine Entscheidung."
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Estefania seufzte.
Hatte sie nicht eben gerade gesagt dass die Beiden entscheiden sollten? Adson war für Stewark. Konsul erst dafür und dann enthielt er sich plötzlich.
"Gut, die Mehrheit ist für Stewark. Lair wird sich drum kümmern, dass die Übernachtung nicht zu teuer wird. Ist doch so, nicht wahr."
Er guckte etwas überrascht und wenn sie an das aushandeln des Zimmerpreises bei Murdra dachte, müsste sie ihn sicher noch etwas unterstützen.
Wenig später standen sie am Stadttor.
"Wer seid ihr?"
"Fünf Reisende auf dem Weg nach Thorniara. In der Dunkelheit wollten wir es nicht wagen das Bluttal zu durchqueren und deshalb würden wir gern hier übernachten."
"Ihr könnt rein.Aber keinen Ärger machen!"
"Natürlich nicht. Sagt wo ist das Gasthaus?"
"Gleich links"
"Danke!"
Jetzt war Verhandlungsgeschick gefragt, denn Estefania wollte die Geldbörsen der Gefährten nicht unnötig strapazieren.
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Stewark
Der Südländer überlegte, ob die Stadt, in der sie sich nun befanden, bei Tageslicht wohl eindrucksvoller aussah. Im Dunkel der Nacht konnte er mit seinen Augen jedenfalls nichts von der charakteristischen Bauweise erkennen, für die Stewark bekannt war. Die auf einer kleinen Insel erbaute Stadt wirkte wie jede andere.
Bevor er der Dieb sich weitere Gedanken um Architektur und Geographie machen konnte, wurde er bereits von Estefania durch die Tür eines Gasthauses geschoben. Die Frau zwinkerte ihm frech zu, als sie ihn sanft aber bestimmt zu einer Theke führte, so dass er in vorderster Front vor dem verdutzten Mann stand, der zu dieser Stunde nicht mehr mit Gästen gerechnet hatte. Da dieser den Mund nicht aufbekam, sprach der Gauner zuerst.
»Wir suchen eine Bleibe für die Nacht.«
»Wir haben nichts mehr«, murmelte sein Gegenüber. Neugierig, aber auch argwöhnisch, blickte dieser ihn an.
Clever, dachte der Gauner. Sinkt das Angebot, steigt der Preis.
»Uns wurde dieses Gasthaus empfohlen«, antwortete er und ignorierte dabei die Aussage des Mannes. »Die Betten warm, das Essen schmackhaft, das Bier frisch.«
»Ist das so?«, erwiderte der Mann unsicher. »Vielleicht lässt sich was machen.«
Man muss anderen nur ein wenig Honig ums Maul schmieren, dachte der Dieb verärgert. Schon fangen sie an zu arbeiten, geht das nicht gleich so?
Auch die Erwähnung des Essens und Biers schien den Mann wohlwollender gestimmt zu haben. Gäste, die Geld ausgaben, waren gern gesehen.
Der Mann verließ kurz die Theke, um nach freien Betten zu suchen, wie er sagte und kehrte wenige Augenblicke später zurück. Der Dieb hegte den Verdacht, dass der Empfangsmitarbeiter – oder ist das der Eigentümer? – bestens über die Verhältnisse in der Herberge Bescheid wusste und nur seine anfängliche Lüge vertuschen wollte.
»Wir haben noch freie Plätze in der Großunterkunft«, erklärte er. Das ist ein großer Raum, in dem mehrere Betten stehen. Ihr solltet dort alle unterkommen.«
Keine Privatsphäre, na toll.
»Das macht zwanzig Goldstücke pro Kopf und Nase.«
Der Dieb seufzte.
»Wir sind gerne bereit, uns die Annehmlichkeiten dieses schönen Gasthauses etwas kosten zu lassen«, begann er. »Sie wollen zahlende Kundschaft doch nicht so leichtfertig vergraulen?«
Sie einigten sich schließlich bei fünfzehn Goldstücken.
Zehn wären angemessen gewesen, dachte der Südländer, als er die Großunterkunft betrat.
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Adson bezahlte seine 15 Goldstücke und schaute etwas traurig in den wenig gefüllten Geldbeutel. Er fand, wie wahrscheinlich sämtliche Mitglieder der Gruppe, den Preis für die Unterkunft sehr großzügig angesetzt. 'Sag lieber nichts Adson! Schließlich hast du dich dafür ausgesprochen in der Stadt zu nächtigen!', sagte er sich. Vernünftiger wäre es, wenn er über eine Möglichkeit zum Füllen der Reisekasse suchen würde.
Er wandte sich an den Barden: "Konsul, Ihr habt uns doch von Eurem großem Können als Sänger und Erzähler berichtet. Vielleicht könnte uns Eure hohe Kunst von Nutzen sein, wenn wir nach einer kostengünstigen Unterkunft suchen. Die Bewohner dieser Stadt sind sicherlich interessiert an feinen Gesängen, spannenden Sagen und wohlklingenden Weisen. Bietet doch dem Wirt an, für die Unterhaltung seiner Gäste zu sorgen. Vielleicht lässt sich eine kleine Vergünstigung für uns erreichen. Erinnert ihn daran: Wer wohl unterhalten ist, der isst und trinkt und zerschlägt kein Mobilar. Ich weiß, dass eure Darbietung in der Gespaltenen Jungfrau wenig Anklang fand, doch sind die Ohren der hiesigen Bürger sicherlich empfänglich für Eure Kunst und verstehen weit mehr von kultureller Güte als die Holzfäller der dicken Murdra. Noch hättet Ihr Zeit für eine kurze Vorführung Eurer Künste!" Adson war ein wenig rot geworden, schließlich hatte er ziemlich dick aufgetragen, um den Barden zum Handeln zu animieren. 'Aber Künstler mögen es meist, wenn man ihnen ein bisschen den Bauch pinselt!', dachte er bei sich. Gespannt wartete er, welches Ergebnis seine Lobesarie bringen würde.
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Konsul war nicht dumm. Innerlich schmunzelnd über den Versuch des jungen Tischlers, gab er sich nach aussen ernst, und stieg auf das Spiel ein, vor allem, weil ihm Adson immer sympathischer wurde, und die fünfzehn Goldstücke auch für ihn viel Geld waren.
"Meint Ihr tatsächlich? Lasst mich schnell meine Laute auspacken, und meine neueste Komposition anschlagen!"
Langsam ging Konsul in den leeren Schankraum hinunter.
"Guten Abend!"
Schlurfend kam derselbe Mann, mit dem schon Lair den Preis ausgehandelt hatte, dem Hinterzimmer.
"Was wollt Ihr noch zu so später Stunde? Warum stört Ihr?"
"Ich habe Euch ein Angebot zu machen, dass Ihr nicht ausschlagen könnt."
"Und zwar?" Der Wirt begann dreckig zu grinsen.
"Sagt euch der Name Hein von der Trauerweide etwas?" Konsul gefiel der Fantasiename langsam. Wer weiß, wo er ihn überall noch verwenden könnte. Und das nur, weil ich den Knecht, diesen Rüpel, irgendwie kontern musste. Er verkniff sich ein Grinsen
"Wer?"
"Ich bin mir sicher, ein Mann Eures Standes kennt den Namen des berühmtesten Minnesängers und Barden von Myrtana! Eben jener, der schon für Könige und Fürsten gesungen hat! Jener, der in Vengard den großen Wettbewerb des Lautenspiels für sich entscheiden konnte! Das sagt euch doch etwas, oder? Als Wirt muß man ja so allerhand hören, aus allen Gegenden der bekannten Welt, nicht wahr?"
Der Angesprochene beeilte sich zu nicken. "Entfernt kommt der Name mir bekannt vor. Doch was soll ich damit?"
"Eben jener steht vor Euch, und bietet Euch seine Dienste an. Ich kann Stimmung in das Wirtshaus bringen. Unterhaltene Gäste machen keinen Ärger. Ich schlage euch vor, dass ich mich morgen am Vormittag um die Unterhaltung kümmere, bevor wir weiterziehen, allerdings, erwarte ich mir für mich und meine Freunde auch eine Gegenleistung und zwar -"
Konsul hörte ein Knarren hinter sich. Estefania und Adson tauchten gerade auf der Treppe auf, und hinter ihnen stand im Schatten eine weitere Person, die er nicht erkennen konnte. Bevor er fortsetzten wollte, warf er ihnen einen fragenden Blick zu.
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Adson hatte wenig Lust auf eine lange Diskussion. Er wusste wie geldgierig die Stadtleute sein konnten; war ein Goldstück einmal in ihrem Geldbeutel gelandet, so schien es darin auf ewig verschwunden zu sein. Deswegen vermied es der Schreiner über eine Rückerstattung zu verhandeln und machte folgenden Vorschlag: "Eine angemessene Gegenleistung wäre eine kostenlose Mahlzeit für jeden von uns und eine Gewinnbeteiligung für den Zeitraum der Darbietung unseres Gefährten. Wenn Euch die Beteiligung nicht behagt, so könnt ihr gern den großen Hein von der Trauerweide nach seiner üblichen Gage fragen. Ihr wisst sicher, wo er sonst zu spielen pflegt und welch großzügige Herren sich bereits an seinen Diensten erfreut haben!" Adson hatte vorhin noch gehört, dass der Barde die 'Ich bin eine große Berühmtheit und Ihr könnt froh sein, dass ich euch die Möglichkeit gebe mich zu hören'-Karte ausgespielt hatte und man sah es dem Wirt an, dass er durchaus beeindruckt war. Also ergriff er die Gelegenheit und baute auf die Wirkung der hohen Worte des Barden. 'Wieviel davon wirklich stimmt will ich nicht erraten müssen!', dachte Adson und verkniff sich ein Grinsen.
Die hohen Worte und späte Stunde taten ihre Wirkung. Der Wirt versprach seinen Gästen eine ordentliche Mahlzeit und einen Teil der Einnahmen. Er fragte gar nicht erst nach der üblichen Gage des Barden. Anschließend wurde noch um die Gewinnbeteiligung gefeilscht und man einigte sich darauf, dass die Gruppe für je fünf bestellte Getränke oder zwei Mahlzeiten ein Goldstück erhalten sollte. Einigermaßen machte Adson sich auf den Weg in den Schlafsaal. Bevor er sich schlafen legte sagte er zu den Anderen: "Tja Konsul, jetzt können wir nur hoffen, dass deine Kunst hier besser ankommt als bei Murdra, je länger du spielst, desto besser für uns. Außerdem sollten wir versuchen möglichst viele Zuhörer für deine Aufführung zu gewinnen. Ich werd mich dann morgen an den Tresen setzen und die Bestellungen zählen!"
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Der junge Schreiner war anschließend schnell eingeschlafen und am Morgen als einer der ersten erwacht. Er war es gewohnt früh aufzustehen, als Handwerker hatte er stets das volle Tageslicht auszunutzen versucht, denn bei Fackelschein waren genaue Arbeiten beschwerlich. Von den anderen Betten erklang noch lautes Schnarchen, einer der Anwesenden setzte sich auf, rief "Aber nein, doch nicht hier. Ihr seid falsch, ganz falsch!" und sank zurück, immernoch unruhig träumend und murmelnd.
So leise er konnte schlich Adson aus dem Schlafraum. Im Schankraum traf er auf den Wirt. "Wollt Ihr jetzt Eure versprochene Mahlzeit einnehmen?", fragte dieser. Doch Adson verneinte und verließ das Wirtshaus. Er wollte die Gelegenheit ergreifen und die Stadt begutachten und möglicherweise ein paar Zuschauer für die Vorstellung des Barden gewinnen. Die Stadt erwachte gerade erst zum Leben und die Straßen waren kaum gefüllt. Ein Patrouille hielt den junge Schreiner an, doch nach einer kurzen Erklärung konnte er seinen Weg fortsetzen. Er begab sich zur äußeren Stadtmauer und schaute hinunter. Ein leichter Schwindel überkam ihn, als er tief unter sich das Meer sah und er trat schnell einige Schritte zurück. 'Mit genügend Vorräten ist diese Stadt uneinnehmbar!', stellte Adson fest und setzte seinen Rundgang fort. Er begutachtete die Wehranlagen, sah einigen Soldaten beim trainieren zu und schaute sich die Werkstätten der Handwerker an, sofern diese zugänglich waren. Etwas länger verharrte er in der Werkstatt eines Bogenmachers und betrachtete gebannt die sorgfältig gearbeiteten Waffen. Dann hielt er einen Plausch mit dem alten Bogner und lenkte seine Schritte schließlich in Richtung Markt. 'Das Fertigen von Bögen ist ein interessantes Handwerk', dachte er bei sich. Vielleicht würde er sich später intensiver damit befassen.
Auf dem Markt herrschte mittlerweile reges Treiben. Stände wurde hergerichtet und die ersten Kunden begutachteten die Ware. Adson half einer alten Frau, die gerade einen Stand mit frischem Obst und Gemüse aufbaute, beim Entladen ihres Karrens, wofür die Alte ihm zwei leuchtend rote Äpfel schenkte. Einen steckte Adson in die Tasche, den zweiten probierte er sofort: Er schmeckte leicht säuerlich und war fest und saftig, so wie Adson Äpfel mochte. Danach schlenderte Adson von Stand zu Stand und wurde nicht müde die Aufführung des großen Hein von der Trauerweide anzupreisen, der am selbigen Vormittag im Wirtshaus der Stadt seine Künste präsentieren würde. Als er sich schließlich auf den Rückweg machte war der Auftritt des Barden das führende Gesprächsthema der Marhtbesucher. Im Wirtshaus hatten sich schon einige Leute eingefunden und so holte Adson seines kleines Buch und den Schreibgriffel und machte es sich nahe des Schanktisches bequem. Er aß genüsslich den zweiten Apfel und wartete gespannt auf den Barden.
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Stewark
Gegen Mittag wachte Manuele aus seinem unruhigen Schlaf auf. In der Stadt fühlte er sich überhaupt nicht sicher, da er die politische Lage Stewarks nicht kannte und vermutete, dass der Adel hier eher zu Rhobar hielt um an Einfluss zu gewinnen. Gerade wollte er die Treppen hinuntersteigen um gemütlich was zu essen, als ihm auch schon dieser verdammte Gesang des mitgelaufenen Barden zu Ohren kam. "Verflucht!" Wie konnte man solches herumgestöhne bloss als Kunst bezeichnen. Am liebsten hätte er ihn eigenhändig aus dem Lokal geworfen, doch er gehörte ja schliesslich zu Estefanias Gruppe. Grimmig hockte er auf einen Stuhl an der Theke und bestellte sich ein Bier. "Wirt, halt uns doch etwas Proviant bereit, wir reisen gegen Mittag ab!" Hoffentlich würden Lair und die anderen bald auftauchen, viel länger hielt er das Gesänge nicht aus. Auch wenn man sagen musste, dass es zumindest für die Herberge ein lukratives Geschäft war an diesem Morgen, viele Neugierige hatten von dem Barden gehört und kamen um sich das Spektakel anzusehen. Hoffentlich würde es keine unerwünschten Gäste anlocken, Lust darauf eingekerkert zu werden hatte Manuele nicht, vor allem nicht, seit es die Barriere nicht mehr gab. Jetzt würde man ihn einfach in ein Erdloch schmeissen.
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