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An der Palisade
Keala hatte gute Arbeit geleistet. Nicht nur, dass sie tatsächlich Manuele beklaut hatte und dann noch sein Schwert, von dem Nigel wusste, wie sehr er daran hing, sondern dass sie es dann auch noch geschafft hatte, es Nigel unterzuschieben, ohne dass er es bemerkt hatte. Als er das bemerkt hatte, nickte er anerkennend, bevor Manuele durchs Lager tobte. Schnell versteckte er das Diebesgut bei seinen Sachen, da der Nordmann wohl kaum auf die Idee kommen würde, seinen Freund zu verdächtigen. Er war es ja auch gar nicht. Dann setzte er eine unschuldige Miene auf und sah sich im Lager um.
Was er sah, gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Herumlungernde Männer und keine Arbeit. Aber was sollten die Söldner auch tun, was sollte ihnen Nigel sagen? Er musste etwas sagen, soviel war klar. Die Palisade gehörte nun ihnen, sie hatten sogar, mehr aus Langeweile, einen Graben auf der nördlichen Seite der Holzstämme gezogen und den alten Graben zugeschüttet. Doch wozu? Es tat sich ja nichts. Kaum eine Menschenseele war ihnen bisher begegnet. Zwei Jäger waren vorbei gekommen und ein Händler wollte nach Thorniara. Dessen Geschäftspartner saß wohl in der Hafenstadt und ihm war es egal, welcher König wo war. Man ließ ihn passieren. Eine Nacht würde Nigel noch warten; worauf wusste er selbst nicht. Wenn ihm bis dahin keine Idee gekommen war oder irgendetwas passieren würde, würde er die Sachen packen und wieder in die Stadt marschieren.
Also sagte er doch nichts. Stattdessen beobachtete er weiter, wie Manuele durchs Lager wütete und jeden anschrie, den er in die Finger bekam. Er ließ ihn machen. Es war schließlich unterhaltend.
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Endlich war mal etwas los im Lager. Eigentlich hatte Seisuke erwartet, dass er die Chance bekommen würde gegen Soldaten der Garde zu kämpfen, aber irgendwie wollten Truppen aus Thorniara sich nicht blicken lassen. Wenigstens war ein wütender und durchs Lager stürmender Manuele ein Anblick, der für etwas Abwechslung sorgte. Anscheinend wurde ihm sein rostiges Schwert gestohlen und während der Dieb seinem Lehrer nachschaute, dachte er wie üblich laut nach:
„Was bei Beliar ist so wichtig an dem rostigen Ding? Er tut so als wäre es ein Erinnerungsstück an seine verstorbene Frau. Und überhaupt, warum schläft er auch dort wo niemand sieht, dass er beklaut wird? Dann rennt er auch noch wütend durchs Lager. Erinnert mich irgendwie an Abaddon. Der handelt auch meist zuerst und denkt nachher. Ich für meinen Teil hätte da schon so eine Idee, wo das Schwert sein könnte, auch wenn ich den Diebstahl nicht gesehen habe.“, darauf grinste der Silberhaarige ein wenig und erinnerte sich an seine Zeit bei der Diebesgilde von Khorinis, „Aber so jemand wie ich hat natürlich viel zu viel Respekt vor der Leistung des Schuldigen. Solange Manuele also nicht auf die Idee kommt mich nach danach zu fragen, werde ich einen Teufel tun und zuschauen wie er dass Lager auf den Kopf stellt. Spätestens wenn er jeden niedergemacht hat, wird er sein Schwert schon finden.“
Mit einem Kopfschütteln drückte Seisuke seine Verständnislosigkeit gegenüber Manueles Problem aus und machte mit seinen Übungen weiter. Sein Schwert hatte mit dem Snapper zum ersten Mal Blut geleckt und es war als würde sich die Waffe nun ganz anders in seinen Händen anfühlen. Das Gefühl wie sein Schwerthieb den Hals des Snappers aufgetrennt hatte, war immer noch in seinem Arm. Es war als wäre das Schwert für einen Moment viel schwerer geworden. All seine Kraft und sein Geschick hatte er aufgebracht um es zu kontrollieren und im Gegenzug glitt es fast widerstandslos durch das Fleisch des Tieres und schickte es in das Reich seines größten Herrn. Diese Schwere war dem Dieb in Erinnerung geblieben und er fühlte sie auch jetzt noch. Er fühlte das Gewicht des eigentlich so leichten Assassinenschwertes und er verstand welch tödliche Kraft von der scharfen Schneide der Waffe ausging. Mit diesem Verständnis ließ sich das Schwert ganz anders Schwingen. Jeder Hieb den Seisuke nun in die Luft schlug, gab ihm eine Vorstellung von der Zerstörungskraft der Waffe. Er würde mit diesen Hieben in Zukunft Fleisch und Knochen durchtrennen und den Boden mit dem Blut seiner Gegner bedecken. Irgendwie lag ihm das im Gefühl. Der Ernst, mit dem er nun sein Schwert schwingen konnte, ließ seine Hiebe noch schärfer werden und die Luft bedrohlich zischen, während er sie teilte.
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Bei der Palisade
Die Schlosserin saß auf einem Ast und amüsierte sich prächtig. Damit hatte Nigel sicher nicht gerechnet! Aber Kea machte eben keine halben Sachen. Manuele wütete durch das Lager, schlug sogar auf Lebensmittelfässer ein, beschimpfte die Wachen, beschimpfte die Leute. Eine Frau schien zu versuchen, ihn zu beruhigen, aber sie hatte nur mäßigen Erfolg. Soweit Kea mitbekommen hatte, war sie seine Schülerin. Der andere Schüler trainierte abseits. Schwertkampf ... eigentlich hätte sie auch mal wieder Training nötig, sie hatte sich ja auf eine Auseinandersetzung mit der Garde verlassen. Soviel dazu. Immer dasselbe, wenn man sich mit der Garde kloppen wollte, beim ersten Mal hatten sei sich zurückziehen müssen und jetzt kreuzte die Garde nicht mal auf. So konnte das ja nichts werden!
Sie fütterte den Papageien und schaute sich das Treiben an. Nach Einmischen stand ihr nicht der Sinn, zumal das riskant wäre, immerhin war sie ja die Diebin, die Manuele suchte. Selbst wenn sie das Diebesgut nicht mehr hatte. Wann würde er wohl herausfinden, dass sein Schwert in Nigels Besitz übergegangen war? Jetzt bräuchte sie eine Uhr! Die Diebin ließ die Beine baumeln, so schnell würde sie die gute Aussicht nicht aufgeben.
In der letzten Zeit hatte sie mehr klettern, balancieren und fallen geübt, als schleichen. Wenn sie bei Schleichübungen erwischt würde, würde Manuele sich wahrscheinlich einen Reim auf die Sache machen können. So war Kea heute relativ unbeachtet auf den Baum geklettert, mit Anlauf, hatte sich hoch gezogen und war dann noch ein paar Äste höher gestiegen als sonst. Früher hatte ihr die Höhe absolut nicht gefallen, und noch immer behagte sie ihr nicht sonderlich, aber sie wusste immerhin, dass sie beim Fallen nicht sofort sterben musste. Der Papagei plusterte sich auf, als wollte er es sich gemütlich machen.
»Aus den Augen, aus dem Sinn, würd ich sagen«, murmelte die Diebin. »Schauen wir doch mal, wie lange es dauert, bis Manuele sich beruhigt oder das Schwert findet.«
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Bei der Palisade
Den ganzen Tag lang hatte er das Lager durchstöbert. Einige Söldner hatten zwar den Versuch gestartet das Maul aufzureissen als Manuele ihre Sachen durchsucht hatte, doch die meisten hatten es schnell aufgegeben.
Nirgends war das Stück zu finden. Nicht im Graben, nicht zwischen den Proviantkisten und auch nicht in den Zelten. Er hatte es fast schon aufgegeben, als er sich schnell auf einen Baumstupf hinsetzte um einen Schluck Rum zu nehmen.
"Nicht mal Nebelgeist haben die Affen hier!"
Ein paar Nordmänner klopften ihm mitfühlend auf die Schulter und setzten sich neben ihn. Wenigstens war er nicht ganz allein. Er konnte jedoch die Sache nicht auf sich beruhen lassen, es musste was geschehen.
Doch was nur?! Dann kam ihm die Idee: "Nigel muss her, ich muss ihn finden. Schliesslich ist das sein Saupack hier!"
Der junge Klingenmeister stand auf und ging in Richtung des Hauptzeltes.
"Nigel! Nigel bist du da drinn?"
Manuele zog den Vorhang beiseite und betrat den Innenraum, wenn man den so nennen konnte. Im inneren lagen zwei Strohbetten und man hatte in der Ecke einen Tisch aufgestellt. Daneben war sogar eine kleine Reisetruhe für Nigels Sachen. Doch der Söldnerführer war nicht da.
Gerade als der Klingenmeister wieder gehen wollte, funkelte etwas rötliches im faden Sonnenlicht.
"Was in Beliars Namen?!"
Er zog einige Klamotten beiseite und siehe da: sein rostiger Einhänder lag inmitten von Nigels Sachen.
Geändert von Manuele (30.01.2012 um 22:08 Uhr)
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Lager aufschlagen, Versuchen Feuer zu machen, diskutieren wer zu erst Wache halten muss, Feuer an kriegen, Dumm herumsitzen, Einschlafen, Morgens frierend den ganzen Kram wieder einpacken und weiter laufen.
Routine. Und Taeris fragte sich, warum seine Lehrmeisterin nicht einfach bis zum Morgen warten konnte. So hätten sie die Nacht in der Stadt verbringen können. Sauber und in bequemen Schlaflagern. Aber neiiiin...
Taeris hatte schon bessere Laune gehabt. Das wärmende Feuer was langsam über die trockenen Äste kroch spendete etwas Wärme, doch schaffte es das gemütliche Lagerfeuer nicht seine Laune sonderlich zu hebenl. Taeris´ Blick fiel auf die Begleiterin und ihre grünen Haare. Doch nahm er weiter keine Notiz von ihr.
Gähnend richtete er sein Schlaflager zurecht und begann schließlich auf einem Stück Fleisch herum zu kauen.
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An der Palisade
Er hatte immer noch keine recht gute Idee, was er mit dem Haufen, den er hier vor sich hatte, anstellen sollte. Weiter nach Thorniara wäre keine gute Idee. Das wäre viel eher ein Todeskommando. Aber unverrichteter Dinge wieder heimwärts zu gehen würde seine Autorität stark angreifen. Also blieb er nach wie vor ruhig. Wie lange das wohl noch gut gehen würde?
Manuele hatte sich den ganzen Tag nicht einbekommen und es war wahrlich eine lustige Ablenkung. Plötzlich entdeckte Nigel seine Schülerin in einer Baumkrone auf einem Ast sitzend, das ganze Geschehen unbeobachtet beobachtend. Gerissen, die Kleine.
Unbemerkt lief Nigel zu eben jenem Baum und erklomm ihn. Schließlich setzte er sich auf einen Ast neben Keala.
» Respekt, Keala. Du hast es sogar geschafft, mir das Schwert unterzujubeln. Mutig! « sprach er und sah, wie sie erschrocken zusammen zuckte.
Von hier oben hatte man wahrlich einen wunderbaren Blick auf einen umherwütenden Nordmann in einem zunehmend verwüsteten Lager.
» Ich kann dir wirklich nichts mehr beibringen. Du hast mich voll und ganz zufrieden gestellt. Nicht zuletzt auch, da ich dich hier oben finden kann. Sehr gut, Keala. Die Grundlagen der Körperbeherrschung kennst du nun und hast bewiesen, dass du sie auch einsetzen kannst. Ich habe mich an meinen Teil der Verabredung gehalten, wie auch du dich an deinen gehalten hast. Dass wir hier keine feindlichen Soldaten angetroffen haben, bedaure ich ein wenig, aber vielleicht ist das auch gar nicht mal so schlecht. Wie auch immer. Es war mir eine Freude, dich kennen gelernt zu haben. Wäre schön, dir irgendwann noch einmal zu begegnen. « sprach Nigel und wurde zunehmend sentimentaler.
Doch gerade als er geendet hatte, sah er wie Manuele vor seinem Zelt stand. Für einen Augenblick setzte sein Herz aus.
» Er wird doch nicht... « stammelte der Söldneranführer.
Aber doch, Manuele betrat das Zelt. Augenblicklich und ohne eine Antwort von Keala abzuwarten, ließ sich Nigel vom Ast heruntergleiten und landete katzengleich -oder eher katergleich- auf dem Boden. Dann sprintete er zum Zelt, doch währenddessen trat der Nordmann wieder ins Freie. Er brüllte laut nach dem Söldneranführer, der einen Bruchteil eines Augenblicks später auf Manuele zusprang und ihn wieder ins Zelt riss.
Nigel richtete sich auf und zog seine Klinge, richtete diese an den Hals des noch am Boden liegenden Mann.
» Was fällt dir eigentlich ein, mein Freund, meine Sachen zu durchwühlen, hm?! « fragte er spitz...
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Männliche Begleitung war immer ein zweifelhafter Segen, vor allem dann wenn es sich um einen so brummigen Kerl handelte. Ihr einstige Abneigung gegen das andere Geschlecht hatte sie zwar schon vor langer Zeit abgelegt, was aber nicht auf der anderen Seite dazu führte, dass sie jeden Mann für eine wahre Ausgeburt an Tapferkeit und Stärke hielt. Sie wusste nicht so recht, was er bei der Lehrmeisterin und ihr tat, aber es sollte ihr auch egal sein, solang jener kein Ärger machte. Zur Zeit saß er einfach nur da und kaute an einem widerwärtigem Stück totem Tier. Vor dem Anblick ängstigte sich sogar Keks, der sonst eigentlich einen sehr starken Magen hatte. Kurzerhand zog sich der kleine Hase in die Gürteltasche der Schneiderin zurück und verharrte dort bei etwas trockenen Gras. Frisches war um diese Jahreszeit nicht zu bekommen.
"Gut, jetzt sind wir hier im Wald. Und was werden wir jetzt unternehmen?", fragte Myra ruhig und blickte vom Lagerfeuer zu der Rothaarigen auf.
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Es war wieder Nacht…doch irgendwie konnte Madlen nicht schlafen. Den ganzen Tag hatte sie sich in ihrem Lager Ruhe gegönnt, nur den Geräuschen der winterlichen Landschaft gelauscht. Im Grunde hatte sie meditiert, über ihre Zukunft und über ihre Vergangenheit. Es half. Sie war noch nicht ganz im Reinen mit sich selbst, doch die Natur half der jungen Frau seit einem Jahr damit. Es war noch ein langer Weg, aber sie würde es schaffen können und erst dann, konnte sich Madlen auf die Suche nach ihrer Mutter machen. Erst wenn Rachsucht und Hass aus ihrer Seele entfernt waren, war sie fähig für eine so gefährliche Reise…außerdem, sie hatte ja noch keinerlei Hinweise darauf, wo ihre Mutter gerade wohnte, geschweige denn, ob sie überhaupt noch lebte.
Es betrübte sie sehr, so in Unwissenheit zu leben, sodass Madlen ihre Konzentration verlor und bemerkte, dass es schon wieder dunkel geworden war. Ihr war nicht kalt…wie gesagt, mit der richtigen Technik konnte man jede Hitze oder Kälte aushalten, aber ihre Muskeln war zusammengezogen und ihr Rücken schmerzte schon sehr…also, machte sich die junge Frau auf, den nächtlichen Wald zu durchstreifen…
Es war wieder ein sternenklarer Himmel. Diesmal sah man sogar leicht den Mond hinter den Bergen hervorspitzen. Er hatte etwas Faszinierendes für Madlen. Freiheit, wer dorthin reisen kann, die unsere Welt zurücklassend…der ist wirklich frei…selbst die Götter können nicht so weit…
Und dann passierte unweigerlich das, was immer passiert, wenn jemand in den Himmel blickt. Madlen stolperte über einen herumliegenden Ast und fiel der Länge nach hin.
Fluchend rieb die junge Frau sich die Ellbogen und hob den alten Ast auf. Er war vom Alter her schon ganz weiß und mit feinen Linien durchzogen…gerade wollte sich Madlen wieder erheben, als sie aufhorchte…
Kein Geräusch war zu hören…es war eher ein Gefühl…ein Gefühl der Anwesenheit von anderen Menschen. Das Gefühl des Fremden. Madlen hatte es in der Wildnis entwickelt, als Schutzmechanismus. Also machte sie einen vorsichtigen Schritt nach vorne. Doch dummerweise trat sie auf den kleinen Bruder des vorherigen Astes und fluchte noch einmal. Wenn sie den Sturz nicht gehört hatten, dann waren sie spätestens jetzt auf sie aufmerksam geworden. Mittlerweile riecht man sogar das Lagerfeuer…
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Statt zu antworten hielt Redsonja den Zeigefinger vor den Mund, so gesehen eine überflüssige Geste, denn auch Myra hatte aufgehorcht, selbst Taeris hatte aufgehört zu schmatzen und nicht nur das. Er legte seine Fleischkeule auf den Baumstrunk und verschwand lautlos im Unterholz. Redsonja fuhr also unbekümmert fort.
"Wir werden trainieren. Dieses mal mit dünnen, biegbaren Ruten."
Antwortete sie, dann hörte sie schnelle schritte. Jemand oder mehrere Personen rannten. Kurz darauf kam das Schwert Ethorns mit einer unerwartet schönen Frau zurück. Er hielt sie am Handgelenk.
"Hm, schnell bist du noch immer." Zwinkerte die rothaarige Kriegerin, dann wandte sie sich an die Fremde. "Wer bist du und was machst du hier?"
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Der Tag wurde zunehmend interessanter. Manuele hatte so ziemlich das ganze Lager auf den Kopf gestellt und war nun am letzten Zelt angekommen, das wohl dem Anführer der Gruppe hier gehörte. Diese Vermutung wurde dem silberhaarigen Dieb von dem Kerl bestätigt, der bisher die Söldner herumkommandiert hatte und nun von einem Baum in Richtung Zelt sprintete, den grade heraustretenden Manuele wieder hineinwerfend. Ob dieses Schauspiels musste Seisuke eine Augenbraue verziehen. Denn dies sah nicht wirklich freundschaftlich aus. Immer noch mit gezogenem Schwert machte auch Seisuke sich auf zum Zelt und durch den halbgeöffneten Vorhang sah er eine Klinge die auf Manueles Hals gerichtet war, zusammen mit ein paar Worten, die wohl das Missfallen des Zeltbesitzers ausdrückten.
Nur einen kurzen Moment dachte Seisuke über seine Möglichkeiten nach und trat ohne großes Zögern in das Zelt. Mit einem Schwung schlug er die Klinge von Manueles Hals weg und setzte gleich noch einen Hieb nach, der von dem Kerl, dessen Namen er nicht wusste, recht leicht ausgewichen wurde. „Ganz schön schnell“, murmelte der Dieb anerkennend, „Aber jetzt wo wir angefangen haben sollte ich doch sicher nicht aufhören.“ Dies war das erste Mal, dass Seisuke einen Gegner vor sich hatte, der nicht mit ihm trainieren sollte. Er wusste auch gar nicht, ob er überhaupt eine Chance hatte, doch zumindest würde er den Kerl aus dem Zelt herausdrängen können.
Während er mit einem Auge immer das Schwert seines Gegenübers beobachtete, schnellte Seisuke nach vorne und attackierte mit den einfachen rechts-links Kombinationen, die ihm beigebracht wurden. Lange ging das aber nicht gut, denn vor sich hatte der Dieb anscheinend einen Fähigen Kämpfer, der sich ebenso zu wehren wusste, aber ebenso wie Seisuke nicht wirklich darauf aus war ihm einen Todesstoß zu versetzen. Damit konnte der Silberhaarige etwas anfangen. Die Zurückhaltung beider Seiten war irgendwie nötig, aber ließ sich sicher ausnutzen. Also versuchte Seisuke das Schwert des Gegners nach einer Parade zu blockieren und machte einen Satz nach vorne, um den Kerl wegzustoßen. Der Erfolg seines Versuches war fraglich, denn es kam dem Dieb vor als hätte sein Stoß ungewöhnlich wenig Wirkung gezeigt. Das Ziel jedoch war erfüllt und Distanz zwischen die beiden getrieben, die sich nun gegenseitig zu beobachten schienen.
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Madlen war nicht verängstigt...es war komisch, doch sie wusste, wenn diese drei Krieger - denn das waren sie, jeder noch so begriffsstutzige hätte es kapiert - sie hätten töten wollen, dann wäre sie schon längst tot...doch ob sie ihr, Madlen freundlich gesinnt waren, das würde sich herausstellen. Sie versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu lösen, doch schaffte es nicht...stattdessen, wurde Madlen nur mürrisch von dem Krieger angeblickt...Nun gut, dieser Mann war schon einmal nicht sehr freundlich.
Dann blickte sie die beiden Frauen an und begann zu sprechen: „Ich? Nur eine einsame Wanderin, die die Nachtluft einatmet! Man nennt mich Madlen. Jetzt habt ihr aber einen Vorteil. Ihr wisst wer ich bin, aber ihr habt mir noch nicht eure Namen genannt.“ Mit einem kurzen Blick zu dem Krieger. „Nachdem Ihr Eure Kraft nun ausreichend unter Beweis gestellt habt, könnt Ihr mich doch loslassen. Einem so starken Krieger könnte ich schwächliche Frau doch niemals entkommen!“, meinte sie lächelnd zu dem Mann.
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Nigel staunte nicht schlecht, als dieser Kerl ihn in seinem eigenen Zelt in seinem eigenen Lager attackierte. Aber gut, den Spaß wollte er sich gönnen. Er wusste, dass es sich um einen der beiden Schüler von Manuele handelte und konnte sich dementsprechend denken, mit welcher Klasse von Kämpfer er es zu tun bekam. Nicht, dass Manuele kein guter Lehrer war, das war er bestimmt, aber Nigel hatte die Erfahrung auf seiner Seite.
Er ließ sich attackieren, blockte lediglich und wich dann und wann aus. Interessant war der Vorstoß des Silberhaarigen, keine schlechte Variante. Während Nigel dazu immer sich vom Gegner wegbewegte, bewegte sein Gegner ihn nun weg. Doch damit war das Maß auch voll.
Den nächsten Angriff parierte er und ließ den Gegner ins Leere laufen. Anschließend attackierte Nigel in hohem Tempo mit einfachen sowie kraftlosen links-rechts-Schlägen und drängte ihn damit immer weiter durchs Lager. Die restlichen Söldner machten bereitwillig Platz und sahen sich das Schauspiel amüsiert an.
Nigel schlug sich immer mehr in einen Rausch, er sah schon gar nicht mehr sein Umfeld, sondern nur noch den Gegner. Doch plötzlich war kein Widerstand mehr da. Da hatte sich Manueles Schüler einfach weggeduckt oder war dreist einfach ausgewichen. Panisch sah Nigel sich um und konnte im letzten Augenblick noch den fatalen Fehler ausbügeln, in dem er seine Klinge im letzten Moment zum Block hoch riss. Die Zeit schien still zu stehen. Schwer atmend sahen sich die Kontrahenten an. Dann glitt Nigel Blick an ihm vorbei, er sah wie Manuele mit seiner Axt in der Hand am Rand des Geschehens stand, dahinter sah er Keala mit gezogener Waffe. Dann sah er wieder die dunklen Augen und die Schweißtropfen auf der Nase seines Gegners. Er drehte sich blitzartig um seine eigene Achse und griff erneut an. Das schien zu viel gewesen zu sein, denn der Block blieb aus.
» Was fällt Euch ein, mich einfach zu attackieren?
Manuele, dafür bist du verantwortlich. Komm sofort her! « brüllte Nigel durch das Lager...
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"Spar dir die Süßholzraspelei."
entgegnete Taeris schroff und ließ die Frau schließlich los, jedoch dabei darauf achtend, sie nicht fliehen zu lassen.
"Dies ist kein Ort für eine allein herumlaufende Frau. Woher kommst du und was suchst du hier?"
fragte er und ignorierte die Frage nach seinem Namen absichtlich.
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Zuerst hatte Manuele einfach nur zugesehen wie sein Schüler ihn vor Nigel verteidigt hatte. Doch jetzt musste er eingreifen.
"Ich Schuld!" Am liebsten hätte er seine Axt in den Bauch des Söldners gerammt. "Mein Schwert verschwindet und dann taucht es wieder in deinem Zelt auf?!" Es war einfach lächerlich, dass Nigel jetzt versuchte ihm selbst die Schuld zu geben. "Du weisst genau wie wichtig mir das Ahnenschwert ist, jeder weiss es. Was wolltest du damit zeigen?" Manuele fühlte sich in die Koloniezeiten zurückversetzt, als man nicht mal vor dem eigenen Schatten sicher war. Zu lange hatte er im heimeligen Clan verweilt, seine Wachsamkeit war dadurch ziemlich gesunken, vor allem wenn er unter "Freunden" verweilte.
Jetzt bemerkte er erst, dass neben ihm eine bewaffnete Frau stand, die ganau wie er auf Nigel und Seisuke starrte...
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An einen Baum gelehnt hörte Myra der kurzen und wenig Auskunft gebenen Auskünften der jungen Frau zu. Entweder versteckte sie sich hinter einer miserablen Maskerade oder sie war wirklich eine naive Reisende, die nachts einfach so durch die Wald stolperte. Eigentlich interessierte es die Grünhaarige nicht, da sie wegen des Trainings hierher gekommen war. Kritisch musterte sie die vermeintlich Reisende. Gefährlich sah sie nicht gerade aus, jedenfalls trug sie keine großen Waffen öffentlich zur Schau.
"Wenn du wirklich nur eine einsame Wanderin bist, solltest du besser hier bleiben, außer du ziehst es vor von wilden Tieren gefressen zu werden.", sagte Myra ruhig.
Es war besser sie hier im Auge behalten zu können, als wenn sie irgendwo im Wald herumlief und am Ende noch vor einem Schattenläufer flüchtend das Biest direkt hierher bringen würde.
"Welchen Effekt soll das Training mit den dünnen Ruten haben?", fragte die Grünhaarige ihre Lehrmeisterin, um das Gespräch wiederaufzunehmen.
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Kea hatte nicht gesehen, was Nigel gesehen hatte, denn so plötzlich, wie er gekommen war, war er auch schon wieder weggewesen. Sie hatte nicht damit gerechnet, in einer Baumkrone überrumpelt zu werden, und trotzdem hatte er das fertiggebracht. Das Lob Nigels freute sie, aber sie störte sich ein kleines bisschen am Wort "Grundlagen". Zeit zum Nachfragen oder Antworten hatte sie leider nicht, sonst hätte sie ihm auch gesagt, dass sie ihren Teil der Abmachung nicht als erfüllt ansah. Sie schaute zum Kea, zuckte die Schultern und glitt vom Ast. Der Fall war wesentlich länger, als sie es gewohnt war, und entsprechend heftig würde auch das Aufkommen sein, mit dem Abrollen rechnete sie fest. Mittlerweile hatte sie einige Übung, das Abrollen gelang gefahrlos. Dann lief sie zu Nigel, immerhin musste ja irgendwas Wichtiges vorgefallen sein. Als sie ankam, sah sie Nigel und Manueles Schüler im Kampf, Manuele dabei. Still stellte sie sich dazu. Schließlich kam es, dass Manuele Nigel beschuldigte. Er nannte den rostigen Einhänder ein Ahnenschwert und schien wirklich sehr daran zu hängen. Schließlich fand Kea, dass die Posse zu weit ging. Hier war sie schließlich in erster Linie Söldnerin, keine Diebin.
»Manuele, reg dich ab«, mahnte sie, und der Papagei klackerte mit dem Schnabel. »Nigel wollte dir nichts beweisen, im Gegenteil. Ich sollte Nigel etwas beweisen. Er hat mir den Auftrag gegeben, dir nachts etwas zu stehlen, um meine Fähigkeiten zu testen. Das einzige, was zu Stehlen im Rahmen des Möglichen lag, war das Schwert. Wenn ich deine Sachen durchsucht hätte, wärst du auf jeden Fall aufgewacht. Wie viel dir das Schwert wert ist, wusste ich nicht - ich kenne dich nicht einmal. Es war einfach in dem Moment der am einfachsten zu stehlende Gegenstand. Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich das Schwert nicht mitgenommen, es war recht unhandlich und das hat es schwierig gemacht, es geräuschlos zu transportieren.«
Sie schaute schließlich von Manuele zu Nigel und zuckte die Schultern.
»Ich sollte Nigel das Diebesgut geben, und wo ich schon dabeiwar, habe ich ihm das Schwert zugeschoben. Ich mache nun mal keine halben Sachen. Und genau deshalb werde ich auch bei den Söldnern bleiben, bis mein Teil der Abmachung erfüllt ist, Nigel. Kampfkraft gegen Wissen«, erklärte sie. »Nun vertragt euch. Ich kann damit leben, wenn ihr mir misstraut, da ich nicht regulär dazugehöre. Ihr gehört allerdings zu einer Einheit, und eine Einheit ist nur so stark wie das schwächste Mitglied. Eine persönliche Fehde wird da alles andere als förderlich sein.«
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Es war zwar mutig und auch nett von Keala, so unvermittelt die Wahrheit zu sagen, aber löste das nicht das Problem. Er hielt zwar kurz inne, während die kleine Piratin sprach, setzte im Anschluss aber erneut an.
» Ich fasse es einfach nicht, dass du tatsächlich meine Sachen durchwühlst. Wo bleibt da das Vertrauen, Manuele? Wir sind Gefährten, sowas ist echt scheiße! Wenn du auf deine Sachen nicht aufpassen kannst, dann ist das nicht mein Problem. Wenn dir soviel an diesem Ding liegt, dann lass es dir nicht stehlen. Fertig. « argumentierte er mit absoluter Selbstsicherheit und dem Schwert in der Hand.
» Und was deinen Schüler hier angeht. Mut hat er ja, das muss man ihm lassen. Aber worin sollte deine Aktion enden, hm? Was hast du dir dabei gedacht? Ich hätte Manuele schon nichts getan, er ist mein Freund. Ich wollte ihm lediglich eine Lektion erteilen. Und dabei hast du mich gestört, weswegen jetzt das ganze Lager bescheid weiß. « sprach Nigel weiter, diesmal an die Silberhaarigen gerichtet.
Dann drehte er sich um, er stand mittem in einem Kreis. Das passte.
» Also gut. Mal alle herhören. Der Marsch hier raus war für die Katz'. Diese Palisade ist nicht zu gebrauchen. Wenn die Garde kommt, kommt sie in Hundertschaften. Da bringt kein Graben und kein Holzzaun etwas. Selbst wenn wir hier ein paar Männer abstellen würden. Und wo würden wir hinkommen, wenn wir hier eine Art Grenze ziehen, um unschuldige Leute aufzuhalten oder zu befragen. Das ist Aufgabe der ordnungsversessenen Innosfanatiker. Meiner Meinung nach sollte jeder hingehen können, wo er will. Und wenn jemand auf Ärger aus sein sollte, wird er die Konsequenzen schon tragen in Setarrif. Nicht hier draußen. Wir brechen den ganzen Kram hier ab. Bei der Morgendämmerung gehts zurück. « sprach er zu allen und zu sich.
Er hatte lange gezögert und wusste immer noch nicht, ob das die richtige Entscheidung war. Aber nun war es raus...
Bald würden sie wieder in der Setarrifer Gosse gammeln und in der Nase nach interessanten Dingen bohren.
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All diese Ansprachen waren ja wirklich herrlich. Nur irgendwie nicht für Seisuke, der sich schon ab der Hälfte der Erklärung dieser jungen Diebin gelangweilt hatte, und daher nur auf halben Ohr zuhörte. Dass sie eine Diebin war, war für ihn mittlerweile wie in Stein gemeißelt. „Keine halben Sachen machen…“, wiederholte er ganz leise für sich selbst und ließ das Assassinenschwert zurück in die Scheide an seinem Gürtel gleiten. Zwischenzeitlich bekam er auch die an ihn gerichteten Worte mit, fand aber nicht wirklich die Gelegenheit eine Antwort zu geben, da im Moment viel zu viele Augen auf ihn gerichtet waren. Also wartete er und spielte immer noch mit den Magieströmen um seine linke Hand herum. Viel hatte nicht gefehlt und er hätte einen Zauber losgelassen.
Nach der Ansprache an die Männer lichtete sich langsam die Menschenmenge. Einige gingen zurück auf ihre Posten und andere gaben sich wohl wieder der Langeweile hin. Nachdem eigentlich nur noch der Söldneranführer, diese Diebin und er selbst da standen richtete er seine Antwort her: „Du willst wissen was ich mich dabei gedacht habe? Ganz einfach. Ich hab eine Klinge am Hals meines Lehrmeisters gesehen und mich eingemischt. Hättest du mich töten wollen, hätte Manuele wahrscheinlich geholfen, also hatte ich eigentlich nichts zu befürchten. Außerdem wo sind diese Affen aus Thorniara eigentlich? Ich hatte gehofft, die Schwertkunst, die mir Manuele gezeigt hat, an denen auszuprobieren. Aber daraus wurde wohl nichts. Hier sind alle am Langeweile schieben und da willst du es mir verübeln, wenn ich eine Gelegenheit für einen Kampf wahrnehme?“, der Dieb grinste leicht verholen, „Und wegen der Sache mit der Lektion. Wie wär es wenn wir sagen, dass wir alle heute einige mittelgroße Fehler gemacht haben?“
Der Ausdruck des Söldners war immer noch recht sauer, aber es sah so aus als hätte er unter Seisukes teils scharfen Worten einiges an Vernunft herausgehört und ging nicht besonders darauf ein. Zumindest brüllte er nicht gleich zurück. Dann schwenkte der Dieb seinen Blick auf die kleine Schwarzhaarige. Für ihre Diebeskunst bewunderte er sie, denn sie war sicherlich besser als er selbst. Aber diese Geschwafel konnte er nicht wirklich verstehen und daher blieb er im Vorbeigehen stehen und sprach halblaut ohne sie anzuschauen: „Und was dich angeht. ‚Keine halben Sachen…‘ hast du doch gesagt. Ja, halbe Sachen bringen in der Regel ja auch nur das halbe Gold. Ich will mich nicht einmischen, aber da wo ich es gelernt habe, hättest du grade deine letzten Worte und die Anmeldung für den Strick ausgesprochen.“ Seine Worte wurden von diesem seltsamen diebischen Grinsen begleitet, das ihm manchmal einfach ins Gesicht fiel, und er wartete noch kurz auf eine Reaktion.
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An der Palisade
Die große Show war beendet.
Nigel stand letztendlich allein an dem Ort, der soetwas wie die Bühne darstellte. Was der Silberhaarige von sich gegeben hatte, war nicht ganz falsch. Allerdings kamen sie auf einem vollkommen falschen Mund. Doch Nigel ließ es bleiben, fürs erste. Er ließ das Lager hinter sich und ging entlang der Palisade zur Küste. Es war Vollmond und für die Verhältnisse ziemlich kühl.
Wohin führte all das? Was sollte er tun? Welche Entscheidung war die richtige? Wer war der Richtige, für den die Entscheidung fallen sollte? Es war gar nicht so einfach, eine Truppe zu führen. Vorallem ohne Berater und Freunde.
Es war wahrlich Zeit, heimzukehren. Hier gab es nichts mehr zu holen, vorallem für eine Hand voll Söldner...
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Bei der Palisade
Nach dem Streit am Vorabend herrschte jetzt nicht die beste Stimmung im Lager. Nigel hatte den Abzug befohlen und die Männer brachen die Zelte ab. Seisuke hatte seine "Loyalität" bewiesen und Manuele gezeigt, dass er vom ständigen Trainieren was gelernt hatte. Das war zumindest ein kleiner Trost für den Klingenmeister. Betrübt spazierte er über die Überreste des abgebranten Waldteils. Sollte er wirklich nach Setarif zurückkehren? Er hatte zwar Raad versprochen die Ausbildung der Klingen zu übernehmen, doch würde das wirklich etwas bringen? Schliesslich handelte Ethorn ja nicht, nein der verschanzte sich hinter seinen Schwertern und wagte keinen Blick hinaus. Zwar war Manuele bei der Schlacht um Burg Silbersee nicht dabei gewesen, doch auch er hatte einige Kameraden dort verloren. Vielleicht war es an der Zeit neue wege zu finden und den Wiederstand selbst in die Hand zu nehmen. Er würde jedoch zuerst seine Schüler befragen und schauen, dass auch Suri ihn begleiten würde. Es war immer besser, wenn man jemanden dabei hatte auf den man sich verlassen konnte.
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