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    Post [Story]Die Herrschaft von König Rhobar III.

    Die Herrschaft von König Rhobar III.
    (Diese Story spielt nach der Zerstörung der göttlichen Artefakte und hält sich nicht an Begebenheiten aus GD oder der gespaltenen Jungfrau)

    Prolog:
    Es war still über der magischen Kuppel von Vengard. Die Orks, die um der Kuppel herum schliefen oder Wache standen ahnten nichts Ungewöhnliches.
    In der Festung von Vengard hatten sich die Feuermagier versammelt. "Konzentriert euch, sonst wird es nicht gelingen!", rief Karrypto und schlug ein altes Buch zu. Er murmelte einige Worte und die anderen Magier taten es ihm gleich. Rhobar II., der ein wenig abseits des Rituals stand, runzelte die Stirn. Er war besorgt. Taten sie das richtige? Das Gemurmel der Magier schwoll an und Karrypto schloss hochkonzentriert die Augen. Karrypto erinnerte sich an die vergangenen Wochen, an die vielen Vorbereitungen, die hinter ihnen lagen. Aber da war immernoch dieses Gefühl der Vorwarnung, das ihn nicht mehr losließ, seit der König ihn zu sich gerufen hatte. Er wusste, dass auch Rhobar sich nicht sicher war, ob sie das richtige taten, doch es war an der Zeit zu handeln. Er nahm gewaltige Manaströme wahr und er war sich sicher, dass der Zeitpunkt gekommen war. Er erhob langsam die rechte Hand, sein Gesicht verkrampfte sich vor Konzentration. Dann, als er seine Hand nicht mehr höher strecken konnte, schloss er sie zu einer Faust und in eben diesem Moment hörte man draußen ein Krachen.
    Die Barriere leuchtete auf. Rhobar, der seinen Blick aus dem Fenster gewandt hatte, wurde geblendet, doch schon im nächsten Augenblick war es vorbei und es ward dunkel. Dunkler, als es je in den letzten Monaten in Vengard gewesen war. Die Barriere war zerstört. Sie waren wieder frei. Karrypto fiel auf die Knie, erschöpft von den Anstrengungen des Rituals. "Es hat geklappt.", bemerkte Rhobar II. knapp, dann verfinsterte sich sein Blick und er fügte hinzu: "Sie kommen!" Karrypto richtete sich schnell wieder auf: "Wir müssen uns beeilen!" "Ja, da stimme ich dir voll und ganz zu.", erwiderte Rhobar und tastete nach seinem Schwert. "Kannst du laufen?", fragte er den obersten Feuermagier. Die anderen Magier hatten sich um ihren Meister geschart. "Es muss gehen!", keuchte Karrypto verbissen. "Dann los! Wir dürfen keine Zeit verschwenden!", Rhobar eilte die Treppe des Turms hinunter, gefolgt von den Magiern. Mit gespitzten Ohren horchte Rhobar auf jedes kleine Geräusch. Waren die Orks schon in der Burg? Waren all seine Ritter und treuen Diener in der Dunkelheit davongekommen, wie es geplant gewesen war, oder waren sie schon von den Orks erwischt worden? Sie rannten in den Burghof, vorbei an Vandorns verlassenem Stand, vorbei an dem Innosschrein und hinaus aus den schützenden Burgmauern. Im Westen konnte er Fackeln erkennen. Die Orks suchten nach ihnen."Schnell, hier entlang!", flüsterte er den Magiern zu, doch da hörte er ein Stöhnen und als er sich umdrehte, sah er Karryptos schlaffen Körper am Boden liegen.
    "Verdammt!", fluchte Rhobar und hastete zu ihm hinüber. Er beugte sich über den entkräfteten Körper und wollte etwas sagen, doch Karrypto fiel ihm ins Wort: "Lauf, du hast keine Zeit mehr! Die Orks werden bald hier sein!" "Wir lassen dich hier nicht zurück!", erwiderte Rhobar verbissen und stellte mit einem Seitenblick fest, dass die Orks schon viel näher gerückt waren. Es waren ungefähr zwei dutzend behaarte Körper, schätzte er. Rhobar blickte wieder zu Boden und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Er legte sich Karryptos rechten Arm um die Schultern und zog den Großmeister so wieder auf die Beine. Karrypto lastete schwer auf seinen Schultern, doch er musste weitergehen - schnell! Sie liefen durch ein paar leere Gassen Vengards. Scheinbar waren die anderen tatsächlich entkommen. Hinter der nächsten Biegung war die Stadtmauer und dahinter gab es, wie er wusste hohes Gras und Steine hinter denen man sich verstecken konnte.
    Doch da sirrte etwas durch die Luft und ein Bolzen bohrte sich mit einem Unheil verkündendem Geräusch in die Erde zu Rhobars Füßen. Die Magier zogen ihre Stäbe, bereit für ihren König zu sterben. Überall tauchten zwischen den zerstörten, einst schönen Häusern Vengards Orks auf. Zwei dutzend Armbrüste waren auf sie gerichtet. Rhobar übergab Karrypto an zwei der sechs Feuermagier und zog seinerseits seine scharfe Klinge und nahm seinen königlichen Schild vom Rücken. Er versuchte alle Feinde im Blick zu behalten, doch es war unmöglich. "Wen haben wir denn da?", schnurrte eine Stimme, die ein wenig links von Rhobar ertönte. Ein Ork mit weißer Haut und einer edlen Rüstung trat in das flackernde Licht der Fackeln. "Kan!", entfuhr es Rhobar. "Das klingt nicht so als wolltest du dich kampflos ergeben, Morra!" "Pah, du machst mir keine Angst!", tönte Rhobar, obwohl er sehr wohl wusste, dass es schlecht um sie stand. "Wollen wir doch mal sehen, ob du immernoch dieser Meinung bist, wenn deine rotgekleideten Freunde nur noch Leichen zu meinen Füßen sind.", höhnte Kan. Rhobar stierte ihn böse an. Dann zog Kan, so schnell, dass selbst Rhobar erschrak, eine Armbrust, lud sie mit einem geschärften Klingenbolzen und drückte ab. Rhobar sprang in die Schussbahn und hielt seinen Schild schützend vor sich. Der Bolzen traf auf seinen Schild und blieb zitternd stecken. Kan hatte auf Karrypto gezielt und hätte Rhobar sich nicht schützend dazwischengeworfen, hätte es übel enden können. Kans Augen verengten sich.
    "Du hast es so gewollt!", brüllte Kan und gab das Signal zum Angriff. Zwei dutzend Bolzen schossen durch die Luft. Rhobar warf sich zu Boden, rollte sich ab und schoss wieder in die Höhe. Mit gezielten Hieben, streckte er ein paar Orks nieder und riss so eine Lücke in den Ring der Orks. Schnell stürmten die Feuermagier auf die Lücke zu. Ein paar von ihnen hatten blutige Wunden in denen Bolzen steckten. Die beiden Feuermagier, die Karrypto stützten, kamen nicht so schnell voran und Rhobar sprang herüber, um ihnen zu helfen. Wieder prasselten Bolzen auf sie ein und obwohl Rhobar einen Großteil von ihnen abfing, bohrte sich auch einer in seinen Knöchel. Er knickte ein, stand jedoch im nächsten Moment wieder auf. Er konnte sich jetzt keine Pause gönnen. Aufflammende Feuerbälle verrieten ihm, dass die Magier sich verteidigten. Er sah sich wieder nach Karrypto und seinen Helfern um. Als er sie im Getümmel ausmachte, fuhr ihm ein Schreck durch die Glieder. Kan stand über ihnen und holte aus. Rhobar rannte los und ignorierte dabei seinen schmerzenden Knöchel. Gerade noch rechtzeitig konnte er seinen Schild zwischen Kan und die drei Feuermagier bringen. Kans Waffe traf mit einem gewaltigen Hieb auf den Schild und der Schild zerbarst. Mit seinen vor Schreck geweiteten Augen sah Rhobar, wie Kan wieder ausholte, diesmal auf ihn zielend. Er parierte den Schlag, wurde von dessen Wucht jedoch zur Seite geschleudert. Rhobar landete im Dreck und sein Schwert glitt ihm aus den Fingern. Abermals rappelte er sich auf. Kan hatte die Klinge erneut erhoben und es war keine Zeit erst noch nach seinem Schwert zu suchen. Mit einem Satz hatte er sich schützend über Karrypto geworfen und im nächsten Moment traf Kans Klinge Rhobars Rüstung, durchbohrte sie und drang in seinen Rücken ein. Der Schmerz war unvorstellbar.
    Kan zog seine Klinge wieder aus Rhobars Körper. Dann riss er den König der Menschen in die Höhe und sah ihm in die halbtoten Augen. "Wie habt ihr die Barriere zerstört?!", fragte Kan ihn mit durchdringender Stimme, "Rede, Morra!" Rhobar lächelte kurz und dann formte er mit seinen Lippen seine letzten Worte: "Das weiß nur Karrypto..." Er wusste, dass die Orks wissen wollten, wie sie es geschafft hatten die Barriere zu zerstören, etwas, was ihre Schamanen monatelang vergeblich versucht hatten. Sie würden Karrypto am Leben lassen, jetzt, da sie wussten, dass er der einzige war, der ihnen dieses Geheimnis verraten konnte. Dann erschauderte Rhobar und seine Augäpfel spiegelten leer und tot den Mond wieder. Der König der Menschen war gestorben und seine letzte Tat war es gewesen, den Großmeister der Feuermagier, seinen Freund und Gefährten zu beschützen. Kan schmetterte Rhobars Leiche in eine der vielen Ruinen, wo sie von einer Schuttlawine verschüttet wurde. Einen Moment lang stand Kan nur da.
    Die beiden Feuermagier hatten Karrypto zu Boden sinken lassen, um sich und ihren Meister besser verteidigen zu können. Zwei Hiebe später sanken sie stark blutend zu Boden. Die anderen Orks und Feuermagier hatten sich entfernt. Sie waren in ihre eigenen kleinen Schlachten verwickelt. Kan bückte sich und hob Karrypto mit einer Hand auf seine Schulter. Sie würden ihn verhören müssen. Die letzten Schreie erstarben. Einige Augenblicke später kehrten seine Leute zurück. Einige von ihnen hatten schwere Brandwunden. Kan übergab einem der unverletzten Orks Karrypto und sagte: "Bring ihn zurück nach Faring. Wir werden ihn verhören." "Alle Feuermagier sind tot.", erwiderte der Ork mit einem Nicken und machte sich auf den Rückweg. Kan sah zum Mond hoch, als wolle er die Barriere, die bis vor kurzem noch da gewesen war, begutachten. Die anderen Orks durchsuchten die Burg nach brauchbaren Gegenständen. "Wie haben die Morras es nur geschafft die Barriere zu zerstören?", fragte Kan sich laut.
    Geändert von MiMo (27.03.2017 um 21:29 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel I
    Nach der Ernennung


    Er saß in einer fackelbeleuchteten Höhle. Er war allein und spielte ein wenig mit einem Morgentau zu seinen Füßen, wobei er an die vergangen Tage zurück dachte. Es kam ihm immernoch unwirklich vor, dass Milten vor ein paar Tagen zu ihm gekommen war. Er hatte eine weite Reise aus dem Kloster Nordmars hinter sich gehabt.
    Milten hatte sich an das Feuer gesetzt, dass er in den Wäldern um Okara herum angezündet hatte, und zuerst erzählte er nur von seiner beschwerlichen Reise. Doch dann war Milten ernst geworden und hatte ihm mitgeteilt, dass König Rhobar II. tot war. Er dachte schon, dass wäre alles was Milten ihm mitteilen wollte, doch da hatte er sich geirrt. Milten hatte ihm auch noch eine kleine, edle Schriftrolle ausgehändigt. Sie war von den Feuermagiern aus dem Kloster gewesen. Sie teilten ihm mit, dass sie ihn zu König Rhobar III. ernennen wollten. Er hatte einige Zeit überlegt, aber dann erschien es ihm wie eine glückliche Fügung des Schicksals. Als König würde er den Menschen am besten helfen können. Milten kehrte sofort am nächsten Morgen zurück ins Kloster, um den anderen Feuermagiern mitzuteilen, dass er den Titel angekommen hatte.
    Es hatte keine feierliche Zeremonie gegeben und es würde auch keine geben. Sie mussten sich bedeckt halten, um nicht von den Orks aufgespürt zu werden. Seit dieser Nacht war er nun einfach König Rhobar III. Und nun saß er mit diesem Namen in einer Höhle der einstigen Kornkammer des Landes: Nemora.
    Er hörte Schritte und erhob sich rasch, für den Fall, dass es ein Feind war. Doch es war nur Gorn. Gorn hatte sich bereit erklärt seine Leibwache zu sein, da Russel darauf gedrängt hatte, dass er nicht allein herumziehen konnte. Rhobar selbst meinte eher, dass er auch ganz gut auf sich selbst aufpassen konnte, hatte aber auch nichts gegen die angenehme Gesellschaft. "Die Jäger sind zurück. Sie haben ein paar Bisons erlegt", meldete Gorn. "Dann gibt es heute ja endlich mal wieder was ordentliches zwischen die Zähne", bemerkte Rhobar sarkastisch, "Gibt es Neuigkeiten von den Orks?" "Nein, keine", antwortete Gorn, "Vak scheint sich ruhig zu verhalten" "Verstehe", sagte Rhobar und verließ die Höhle.
    Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und beschien die Rebellen, die damit beschäftigt waren, die Bisons auszunehmen und die Feuer zu entfachen. Rhobar ging zu Rendell hinüber, der gerade dabei war einem der Bisons das Fell abzuziehen. Als er sah, dass Rhobar sich näherte, richtete er sich auf. "Irgendwelche Auffälligkeiten?", fragte Rhobar knapp. "Ja!", erwiderte Rendell gehorsam. Rhobars Blick verfinsterte sich. "Wir haben Assassinen gesehen!", berichtete Rendell, "Sie sind soweit wir das erkennen konnten auf dem Weg nach Trelis. Sie werden vorrausichtlich heute Abend dort ankommen!" "Wie viele Assassinen waren es?", fragte Rhobar, sich sicher, dass das nichts gutes zu bedeuten hatte. "Soweit wir es erkennen konnten, waren es fünf Assassinen und ein Schwarzmagier!", beantwortete Rendell die Frage seines Königs. Rhobar stutzte: "Ein Schwarzmagier? Was hat der hier zu suchen?" "Ich hab keine Ahnung", erwiderte Rendell, als Gorn zu ihnen trat. "Danke, dass du mir das berichtet hast, Rendell", sagte Rhobar an Rendell gewandt, dann drehte er sich zu Gorn um und sagte: "Gorn, wir müssen reden, unter vier Augen!" "Ist gut!", antwortete Gorn und ging mit Rhobar ein Stück weit aus dem Lager heraus auf die weiten Grasfelder, wo vereinzelt Snapper herumstreunten.
    "Assassinen auf dem Weg nach Trelis? Und ein Schwarzmagier ist auch dabei?", fragte Gorn, als Rhobar ihm alles erzählt hatte, was Rendell ihm gerade gemeldet hatte. "Ja", seufzte Rhobar, "Ich bin genauso ratlos wie du. Der Trupp ist zu klein als dass man denken könnte, dass sie vorhaben Trelis zu erobern, aber warum sollten sie so viele Männer und einen Schwarzmagier schicken, wenn es sich nur um einen normalen Botengang handelt?" "Die haben irgendwas vor", grummelte Gorn und ließ den Blick über die Ländereien schweifen. "Und wir werden auch herausfinden was!", sagte Rhobar, als er einen Entschluss gefasst hatte, "Wir werden ihnen am Nachmittag auflauern und sie belauschen" "Nur wir beide?", fragte Gorn und runzelte die Stirn. "Ja, nur wir beide!", sagte Rhobar und sah seinen Gefährten an, "Wie in alten Zeiten. Wenn Russel davon was mitkriegt, schickt der doch gleich ein halbes Dutzend Rebellen mit. In dem Fall würden die Assassinen uns garantiert entdecken und das darf nicht geschehen. Zu zweit sind wir unauffälliger!" Gorn lächelte: "Ich hatte gehofft du würdest das sagen!"
    "Das Fleisch ist fertig!", rief jemand aus Nemora herüber und Rhobar und Gorn machten sich auf den Rückweg. "Was wolltet ihr da draußen? Was wäre gewesen, wenn euch jemand gesehen hätte?", wurden sie von Russel empfangen. Rhobar wusste, dass Russel es nie im Leben gewagt hätte so etwas zu Rhobar II. zu sagen. Es schien ihm immernoch an Autorität zu fehlen. Vielmehr behandelte Russel ihn als wäre er ein dummes Kind auf das man aufpassen müsse. "Ich kann auf mich selbst aufpassen!", erwiderte Rhobar und nahm sich eine Fleischkeule. "Wenn du von den Orks gefangen genommen wirst, ist es endgültig aus mit der Moral meiner Männer, also sie zu, dass du deinen Kopf in Deckung hältst!", schimpfte Russel weiter. "Hey!", unterbrach Rhobar ihn, "Ich bin kein kleines Kind, sondern dein König, also misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein!" "A-Aber natürlich!", kleinlaut geworden verzog Russel sich.
    Gorn trat wieder an Rhobar heran und sagte ihm, so leise, dass die anderen es nicht verstehehen konnten: "Was meinst du? Wo bleiben Hengley und Dudley?" "Ich weiß es nicht", erwiderte Rhobar. Noch eins der vielen Probleme. Kurz nachdem er hier vor etwa einer Woche angekommen war, hatte er Hengley und Dudley losgeschickt, um etwas über Überlebende aus Vengard herauszufinden. Bisher hatten sie kein Lebenszeichen von ihnen vernommen, seit sie losgezogen waren."Aber ich glaube nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen", raunte Rhobar, "Der Weg ist weit und wenn man nicht erwischt werden will, braucht man noch länger. Es wird ihnen schon nichts passiert sein!" Rhobar hatte nur Gorn anvertraut, wohin er die beiden geschickt hatte. Er wollte nicht, dass zu viele davon wussten. "Konzentrier dich lieber auf heute Nachmittag. Ich hab das Gefühl, dass das wichtig ist. Die Assassinen werden nicht umsonst einen Schwarzmagier dabei haben", wies Rhobar Gorn an. Gorn nickte und ging sich noch eine Fleischkeule holen.
    Rhobar biss in seine eigene, nun fast kalte Fleischkeule. Er war nun seit einer Woche König und hatte immernoch nichts an der Situation der Menschen geändert. Es wurde Zeit, dass gehandelt wurde!
    Geändert von MiMo (12.06.2010 um 21:21 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel II
    Kriegsrat in Faring


    Regen prasselte gegen die Mauern der Burg von Faring. Der Burghof war wie leergefegt und zu hören waren nur die Tropfen wie sie stetig auf den Stein trafen. Zakoshs Schmiede war leer und der Schmiedeofen erloschen. Kan saß in seinem Thron und lauschte dem Regen, während er wartete. Karrypto hatte sich als hartnäckiger als vorhergesehen erwiesen. Bisher hatte man ihm weder entlocken können, wie es ihm und seinen Helfern gelungen war, die Barriere zu zerstören, noch hatte der sture Morra den Aufenthaltsort der restlichen Menschen aus Vengard preisgegeben, denn außer Rhobar II. und den Magiern hatten sie niemanden gefunden.
    Kan wurde aus seinen Gedanken gerissen, als seine Wache die Ankunft von Ur-Gosh und Zakosh ankündigte. Die beiden Orks traten ein und zeigten Kan ihren Respekt, indem sie sich tief verneigten. "Wo ist Tarok?", herrschte Kan die beiden Orks an. "Er verhört noch immer den Morra!", antwortete Ur-Gosh. "Tarok konnte ihm immernoch keine brauchbaren Informationen entlocken!", fügte Zakosh hinzu, "Er scheint alt zu werden." "Tarok ist nicht alt geworden, es ist der Morra, der das Verhör in die Länge zieht.", grummelte Kan missgelaunt, "Ich selbst habe versucht ihm ein paar Geheimnisse abzupressen, aber er blieb stumm. Wir haben den Morra schon viele Male geschlagen und gefoltert, doch er hat nichts gesagt, was für uns interessant wäre.
    "Tarok ist auf dem Weg hierher!", meldete Kans orkischer Wachmann und tatsächlich: in dem Hof der inneren Burg sah man Tarok, nass vom Regen, auf sie zukommen. "Ich hoffe er konnte den Morra zum Reden bringen!", grunzte Kan kurz bevor Tarok eintraf. "Hast du Neuigkeiten?", fragte Kan begierig. "Nein, der Morra hat einen starken Geist!", erwiderte Tarok und stellte sich zwischen Ur-Gosh und Zakosh. Kan verzog das Gesicht als würde er großen Zorn unterdrücken, doch dann sagte er mit ruhiger Stimme: "Dann erkläre ich diesen Kriegsrat hiermit für eröffnet!" Er machte eine eindrucksvolle Pause in der nur der Regen zu hören war und sprach dann weiter: "Wir haben in der vergangenen Zeit den König der Morras getötet und doch ist ihr Widerstand genauso hartnäckig wie zuvor. Die geflohenen Menschen aus der Festung von Vengard sind immernoch nicht aufgefunden worden. Was meint ihr sollen wir jetzt tun?"
    Ur-Gosh trat vor, kniete nieder und begann dann mit seinem Vortrag: "Wir haben in den letzten Tagen kaum Verluste zu beklagen gehabt und die Morras sind ohne einen gemeinsamen Führer schwach. Ich bin der Ansicht, dass es nun an der Zeit ist nach Verrätern in unseren eigenen Reihen zu suchen." "Du sprichst von den Assassinen?", unterbrach Kan ihn. "Ja", knurrte Ur-Gosh, "Wir bedürfen ihrer Hilfe nicht mehr, da die göttlichen Artefakte uns entwendet und die Ausgrabungen in Varant beendet worden sind. Aber diese Rasse der Morras ist gierig. Sie werden nicht eher Ruhen bis unsere Schätze in ihrem Besitz sind. Wir sollten die Bande zu ihnen kappen und den Pass nach Varant verbarrikadieren bevor es zu spät!" Es war still in dem Moment wo alle über Ur-Goshs Worte nachdachten. Selbst der Regen war verhältnismäßig leise. Zakosh ergriff das Wort: "Wir müssen zuerst die rebellischen Morras Myrtanas endgültig loswerden, bevor sie sich neu formiert haben! In ein paar Wochen werden sie einen neuen König haben und unter diesem werden sie uns wieder hart zusetzen." "Also müssen wir uns fragen, wer der neue König der Morras werden könnte!", sagte Tarok. "An wen denkst du?", fragte Kan Tarok. "An den Morra, der vor einiger Zeit hier war und in der Arena der Burg ohne eine einzige Wunde abzubekommen gewann! Den Gerüchten nach soll er auch bei den Morras dabei gewesen sein, die alle Orks in Ardea getötet haben und er soll es auch gewesen sein der die fünf göttlichen Artefakte vereint und in dem großen Schmelzofen von Nordmar zerstört hat! Er ist weit herumgekommen und jeder kennt ihn. Er hat alle Orks getäuscht und sich ihr Vertrauen erschlichen, ohne dass jemand etwas geahnt hat. Doch im Hintergrund hat er immer dazu beigetragen, dass die Stadt geschwächt und die Rebellen gestärkt wurden. Er ist der für uns gefährlichste Morra, soviel steht doch mal fest! Wir müssen ihn jagen und vernichten, bevor er noch mehr von uns hinters Licht führen kann." Kan überlegte seine Worte gut, bevor er antwortete: "Das erscheint mir in der Tat als ein kluger Schachzug. Der Morra ist gefährlich."
    "Meister!", unterbrach Ur-Gosh ihn, "Wir können nicht mehr länger warten! Der Pass muss verriegelt werden!" "Ruhe!", brüllte Kan, "Ich habe euch allen aufmerksam zugehört und nun ist es an euch mir zuzuhören! Tarok, du wirst einen Suchtrupp mit den fähigsten Elitekriegern, die du hier finden kannst bilden und dich auf die Suche nach diesem Morra machen. Zakosh wird dich begleiten und dein Stellvertreter sein. Ich gebe euch zwei Tage Zeit eine Truppe zu versammeln und euch für den Aufbruch vorzubereiten." "Und was soll ich tun, Meister?", fragte Ur-Gosh und versuchte soviel Ehrfurcht in seine Stimme zu legen, wie es ging. "Du wirst ihnen in den nächsten Tagen so viele Tränke brauen wie du kannst und danach in der Burg bleiben. Ich brauch dich hier!" "Gut!", erwiderte Ur-Gosh, obwohl er es nicht so meinte. Er hielt es für einen fatalen Fehler die Bedrohung durch die Assassinen zu ignorieren.
    Der Regen trommelte immernoch auf die Steine, als die drei Orks sich auf den Rückweg machten. Kan war mit der Sitzung zufrieden. Solange er Truppen im Reich hatte, die Jagd auf Menschen machten, war er Herr der Lage. Aber jetzt, wo Rhobar tot war, würde sich das auch nicht mehr ändern...
    Geändert von MiMo (25.01.2010 um 18:29 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel III
    Die Karawane auf dem Weg nach Trelis


    Die Sonne stand nun tiefer am Himmel und einige Wolken tauchten die einsamen Wiesen um Nemora von Zeit zu Zeit in Schatten. Nebst den wilden Tieren, die vereinzelt über die Wiesen huschten, waren nur zwei Männer zu sehen, die Schritt für Schritt ihren Weg über die Felder fortführten. Der eine von ihnen war der neue König der Menschen, Rhobar III., der andere war sein Waffengefährte Gorn, den er schon von seinen dunkelsten Zeiten her kannte.
    "Meinst du wir kommen nahe genug heran, um sie belauschen zu können?", fragte Gorn Rhobar und sah über die Wiesen, als würde er erwarten die Assassinen schon zu sehen. "Wir werden sehen.", erwiderte Rhobar, "Hoffen wir nur, dass wir nicht schon zu spät sind." Sie setzten ihren Weg fort und kamen dann an den halb mit Sand und halb mit Gras bedeckten Weg, der vom Pass nach Trelis führte. "Dort werden wir uns auf die Lauer legen und warten bis sie kommen!", sagte Rhobar und wies auf einen mit hohem Gras überwucherten Felsvorsprung, der direkt über dem Weg endete. "Von unten können wir nicht gesehen werden, aber wir sind nahe genug am Weg, um die Karawane zu belauschen.", erklärte Rhobar und kniete sich ins Gras, noch auf die Ellenbogen gestützt, um zu sehen, wann die Assassinen kamen. Gorn legte sich neben Rhobar und dann warteten sie, doch es dauerte nicht lange bis die Karawane in Sichtweite kam.
    Rhobar und Gorn legten sich jetzt etwas tiefer ins Gras. Da erkannte Rhobar den Schwarzmagier: "Das ist Tufail!" "Wer zum Henker ist Tufail?", fragte Gorn. "Das ist der Statthalter von Braga, der Stadt auf der anderen Seite des Passes!", erklärte Rhobar, "Still jetzt, sie sind in Hörweite!" Er und sein Gefährte legten sich jetzt platt ins Gras, um nicht gesehen zu werden.
    "Hier, im Schatten dieses Felsvorsprungs werden wir eine Pause machen!", befahl Tufail seinen Männern, von denen Rhobar nur Lukar, einen Assassinen aus Braga wiedererkannte. Die Assassinen setzten sich nun in einen Kreis zusammen und Tufail begann zu reden: "Ihr wisst was von den heutigen Verhandlungen abhängt?" "Ja, natürlich, Meister!", antwortete einer der Assassinen und Tufail nickte wohlwollend. "Seit ihr euch denn wirklich sicher, dass ihr die Orks zukünftig auspressen wollt, Meister?", fragte Lukar, der offensichtlich wusste, dass seine Zweifel ihn den Kopf kosten konnten, es ihm jedoch trotzdem sehr wichtig zu sein schien, sie zu verkünden, "Es könnte ungeahnte Folgen haben, vielleicht entbrennt sogar ein Krieg!" Nun schwieg Lukar, denn er merkte, dass er jetzt endgültig zu weit gegangen war. Tufail ließ seinen Blick auf Lukar ruhen und antwortete ihm schließlich: "Diese Anordnung kommt nicht von mir. Sie kommt von Zuben persönlich! Wir können unser Land damit um einige tausend Goldstücke reicher machen. Außerdem ist es nicht unüblich Wegzoll zu verlangen. Entweder werden die Orks darauf eingehen und wir werden reich", bei diesen Worten spielte ein gieriges Lächeln um Tufails Mund, "oder diese stinkenden Halbtrolle verschwinden endlich wieder aus unserem Land! Wir können also nur gewinnen, Lukar!" "Und was ist wenn ein Krieg ausbricht?", wagte Lukar zu fragen. "Dann werden wir ihn gewinnen, das liegt doch klar auf der Hand!", fuhr Tufail Lukar an, als hätte dieser Beliar beleidigt, "Die Orks sind nicht an die Temperaturen der Wüste angepasst und gerade deshalb sind wir ihnen überlegen! Und wenn es jetzt keine dummen Fragen mehr gibt, würde ich gerne in Ruhe einen Schluck Wasser zu mir nehmen!"
    Alle Assassinen schwiegen, während Tufail sein Wasser herausholte und einige Schlucke trank. Dann warteten die Assassinen noch einige Augenblicke ohne auch nur ein Wort zu reden und brachen dann wieder auf. Als nichts mehr von ihnen zu sehen war als die Spuren, die sie im Sand hinterlassen hatten, richteten Rhobar und Gorn sich auf und schüttelten ihre steifen Gliedmaßen. "Äußerst interessant", meinte Rhobar, als sie sich wieder auf den Weg nach Nemora machten. "Ja, ich hätte nicht erwartet, dass die Assassinen es so klar ankündigen, dass sie die Orks bald wieder vollkommen aus ihrem Land vertreiben werden.", erwiderte Gorn. "Es passt zu diesen geldgierigen Säcken, dass sie erstmal Gold scheffeln wollen, bevor sie es sich ganz mit den Orks verscherzt haben.", sagte Rhobar.
    "Hätten wir sie nicht überfallen sollen?", fragte Gorn nach einiger Zeit, "Wenn Tufail und seine Leute spurlos verschwunden wären, würde das viel Chaos verursachen und die Assassinen würden den Orks die Schuld geben." "Und die Orks hätten gewusst, dass es die Rebellen waren und würden noch mehr Suchtrupps auf die Suche nach Nemora schicken", ergänzte Rhobar Gorns Satz, "Wir müssen jetzt erstmal abwarten wie sich die Lage entwickelt und uns möglichst raushalten. Kan denkt, wir wären jetzt, wo der König tot ist, mit unserer Moral am Ende und das soll er auch ruhig weiterhin glauben. Das lässt ihn unvorsichtig werden." "Wenn du meinst.", erwiderte Gorn resigniert. Rhobar wusste, dass sein Freund sich lieber ein kleines Handgemenge geleistet hätte, als einfach nur zu lauschen, aber Rhobar wollte nicht weiter über das Thema sprechen und lenkte so vom Thema ab: "Da hinten ist Nemora. Was Russel uns wohl gleich wieder für eine Predigt hält?" "Wenn er wieder meckert, fordere ich ihn zum Duell heraus, dann werden wir ja sehen, wer hier nicht auf sich aufpassen kann!", rief Gorn und Rhobar lachte: "Tu das! Eine kleine Abreibung hat er mal verdient!"
    Geändert von MiMo (10.11.2014 um 20:11 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel IV
    Rebellen um Montera


    Es dämmerte und die saftigen Wiesen und wilden Tiere, die man um Montera herum bestaunen konnte, waren in das Licht der Abendsonne getaucht. Die Söldner auf den Höfen und in der Stadt versammelten sich an den Lagerfeuern, um noch mal ein Bier zu trinken und etwas zu essen bevor sie zu Bett gingen. Die Orks beendeten allmählich ihre Arbeiten und die Orktrommeln waren bald weit zu hören.
    "Die Orks scheinen Feierabend zu machen", sagte ein Rebell, der in der Nähe von Montera in Begleitung eines weiteren Rebellen umherstapfte. "Diese Halbmenschen sollten sich lieber darauf konzentrieren ihre Stadt gut zu bewachen, sonst könnte es passieren, dass ihnen heute Nacht etwas abhanden kommt, oder Dudley?", fragte der andere Rebell den ersten. Dudley blieb stehen und packte seinen Gefährten am Arm: "Hengley! Du wirst nicht in die Stadt gehen, ist das klar?" Hengley riss sich los: "Jaja, ich weiß, wir müssen uns bedeckt halten"
    "Denk an den armen Otis", setzte Dudley noch einmal nach. Hengley sah nun ernst aus, toternst. Vor wenigen Minuten waren sie an Otis Lager angekommen, um dort die Nacht zu verbringen, doch das Lager war verwüstet und leer gewesen. Geronnenes Blut hatte auf den Steinen ringsherum geklebt und die Holzkisten waren zerschmettert und um ihren Inhalt beraubt worden. "Wir können nur hoffen, dass sie Daryl und die anderen nicht auch erwischt und getötet haben", meinte Dudley. Hengley erbleichte: "Sag sowas nicht. Das wäre grauenvoll!"
    "Da!", rief Dudley in diesem Moment. Er wies auf eine Stelle im dichten Gebüsch vor der zerstörten Mauer der Stadt. Man konnte dort ein Feuer erahnen. "Das werden wohl keine Orks sein", meinte Dudley und machte sich auf den Weg zu der Stelle, auf die er gedeutet hatte. Sie kämpften sich durch das dichte Gebüsch und stolperten dann auf eine kleine Lichtung.
    Der Mann, der dort saß, schrak zusammen und fuhr hoch. "Wer seid ihr? Gebt euch zu erkennen!", rief Daryl. Dann erkannte er die Neuankömmlinge: "Dudley, Hengley! Wie kommt ihr denn hierher?"
    "Wir sind im Auftrag des Königs unterwegs", antwortete Dudley knapp. "Was ist mit all den anderen passiert?", fragte Hengley, dem die Hoffnung, dass sie doch davon gekommen waren, ins Gesicht geschrieben stand. "Tot", erwiderte Daryl verbittert, "Die Orks hatten Otis entdeckt und ihn angegriffen. Meine Leute wollten nicht tatenlos zusehen und ihnen helfen. Ich sagte ihnen, dass es zwecklos sei, aber sie wollten nicht auf mich hören. Und nun sind sie tot. Einfach so erschlagen." Dudley sah mit ausdruckslosen Augen in das Feuer, das klein gehalten war, damit die Orks es nicht entdeckten. Hengley versuchte zu verbergen, dass sich Tränen in seine Augenwinkel geschlichen hatten, indem er sie mit dem Ärmel wegwischte.
    "Aber was sollte ich denn tun?", rief Daryl laut, als wolle er sich rechtfertigen, "Hätte ich mich auch für nichts und wieder nichts opfern sollen?" "Wir haben dir keinen Vorwurf gemacht, Daryl", unterbrach Dudley ihn.
    "Ich nehme an wir können die Nacht hier verbringen?", fragte Hengley in einem Versuch das Thema zu wechseln. "Natürlich könnt ihr", erwiderte Daryl, froh über den Themenwechsel, "Was wollt ihr eigentlich hier? Nemora ist doch nicht etwa gefallen?" "Nemora steht unverwüstlich wie eh und je", beruhigte Dudley ihn, "Wir sind im Auftrag des Königs unterwegs nach Vengard." "Der König ist tot", widersprach Daryl ihm, "Vor einer Woche wurde er von Kan persönlich getötet" "Es gibt einen neuen König", erwiderte Hengley, "Rhobar III., du kennst ihn sicher. Er war hier Arenachampion und hat die Stadt, wenn die Gerüchte stimmen, von den Sklavenlagerwachen befreit." "Der Kerl ist jetzt König?", fragte Daryl verdutzt, "Das wusste ich nicht. Warum hat er euch nach Vengard geschickt?"
    "Wir sollen nach Überlebenden suchen", antwortete Dudley ihm, "Er will sich Klarheit über die dortige Situation verschaffen" "Pah!", verächtlich grinsend warf Daryl ein Stück Holz ins Feuer, "Wenn selbst der König gefallen ist, gibt es dort keine Überlebenden. Die Suche nach ihnen ist überflüssig und wird euch um Kopf und Kragen bringen. Ihr wagt euch da in die Höhle des Löwen!"
    "Wenn auch nur ein halbes Dutzend unserer Männer überlebt haben, ist es das Risiko wert nach ihnen zu suchen", sprach Hengley und blickte Daryl dabei halb trotzig, halb herausfordernd in die Augen. "Wenn ihr meint", erwiderte Daryl und wandte seine Aufmerksamkeit nun wieder dem Feuer zu, dass das neue Stück Holz knisternd verschlang. "Ich werde erst dann kämpfen, wenn Okara die Stadt angreift", sagte Daryl nach einiger Zeit "Wenn alle wie Otis und die anderen zu Bauernopfern werden, können wir uns den Orks gleich ergeben."
    "Wenn alle wie du hier nur Rumsitzen würden, würden die Sklaven in den Städten und alle anderen Unterdrückten die Hoffung verlieren. Das darf nicht geschehen." Daryls Augen zuckten wieder hoch zu Hengleys Gesicht. Hengley fragte sich einen Moment, ob Daryl ihn verspotten würde, doch da dieser nichts sagte, fuhr er fort: "Und deshalb werde ich unermüdlich gegen die Orks kämpfen und nicht erst dann, wenn alle anderen es vorgemacht haben. Ich bin nicht frei geblieben, um mich zu verstecken, sondern um zu helfen!" Daryl musterte Hengley noch einen Augenblick, dann sah er weg und tat noch ein Stück Holz ins Feuer.
    In seinem Innern wusste Daryl, dass Hengleys Einstellung sehr viel besser war als die seine. Seit seine Gefährten und Kumpel von den Orks auf solch eine brutale Art und Weise getötet worden waren, saß er nur noch verängstigt im Gebüsch und wartete ab, während ihn Gewissensbisse plagten. Es war Zeit dies zu ändern.
    "Na schön", sagte er und sah Dudley und Hengley mit festem Blick an, "Ich werde mitkommen und euch helfen nach Überlebenden zu suchen!"
    Geändert von MiMo (10.11.2014 um 20:23 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Irenicus-Bezwinger  Avatar von MiMo
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    Kapitel V
    Tufails Anliegen


    Die Nacht war schon fast hereingebrochen, als Tufail und seine Begleiter Trelis erreicht hatten. Die Burg war von dem flackerndem Licht der Fackeln, die in Halterungen an den massiven Burgmauern hingen, erleuchtet.
    Tufail ging gefolgt von seinen Assassinen zielstrebig auf den Thronsaal zu und zischte währenddessen Anweisungen: "Lukar, Benizio, ihr werdet hier draußen Wache stehen." Lukar löste sich aus der Formation und bezog mit verschränkten Armen in der Mitte des Burghofes Stellung. Benizio stellte sich ein wenig abseits von ihm auf. Lukar wusste, dass Tufail ihn nicht mit reinnehmen wollte, weil der Schwarzmagier seitdem er seine Zweifel geäußert hatte die Befürchtung hatte, dass er die Verhandlungen stören könnte.
    "Halt!", brummten die beiden Orkwachen vor dem Thronsaal im Chor." "Wollt ihr mich, einen Erwählten Beliars, etwa daran hindern meinen Weg fortzusetzen?" Von drinnen hörte man Vak fragen, was da draußen los sei. "Seht ihr? Wir werden erwartet", giftete Tufail und ehe die Wachen etwas unternehmen konnten, waren er und seine Anhänger mit forschen Schritten in den Thronsaal gestürmt. Die vier Assassinen verteilten sich auf die Ecken des Raumes und Tufail baute sich gegenüber von Vak auf, der bei dem plötzlichen Auftauchen so vieler Wüstenbewohner aufgesprungen war.
    "Was wollt ihr hier?", brüllte Vak. "Wir wollen euch die neuen Regeln der Wüste erklären", sagte Tufail mit einem aalglatten Lächeln auf den Lippen, "Zuben ist zu dem Schluss gekommen, dass in dieser Hinsicht einige Änderungen nötig werden." Vak runzelte die Stirn, als ahnte er was auf ihn zukam. Der Schamane Kamak, der in seinem weißen Gewand in einem Stuhl unweit dem Thron saß, beobachtete die Situation bis aufs äußerste gespannt. "Warum habt ihr euch nicht angekündigt?", fragte Vak, der schon wusste, dass er keine ernstgemeinte Antwort auf diese Frage bekommen würde. "Vieles hat sich geändert, Vak", bestätigte Tufail Vaks Vorahnung. "Du sprachst von neuen Regeln der Wüste", fuhr Vak mit seinen Fragen fort, "Was soll das heißen?" "Das soll heißen, dass von nun an vieles anders ablaufen wird", erwiderte Tufail, "So wird den Orks von der heutigen Nacht an die Einreise in die Wüsten Varants verboten werden."
    Vak schluckte empörte Widerworte hinunter und Kamak stand von Zorn getrieben auf und stellte sich neben ihn. "Halt dich da raus, Kamak", raunte Vak dem Schamanen zu, dann wandte er sich wieder Tufail zu: "Was soll das heißen?" "Das soll heißen,..." begann Tufail zufrieden mit der Wirkung, die er erzielt hatte, "...dass ihr von nun an einen Tribut an Zuben entrichten müsst, jedes Mal, wenn ein Ork über den Pass kommen will." Vaks Augen verengten sich und Kamak ballte seine Hände unter seiner Robe zu Fäusten.
    "Wie viel Gold verlangt ihr von uns?", fragte Vak, in der Hoffnung, das es eine überschaubare Summe sein würde. "1000 Gold!", erwiderte Tufail gehässig grinsend. Dieses Mal verloren die Orks ihre Beherrschung. Vaks Augen weiteten sich, Kamak knirschte grollend mit den Zähnen und die anderen Orks, die im Raum Wache standen, gaben empörte Laute von sich. "Das kann mein Volk nicht hinnehmen", grollte Vak, nachdem er die anderen Orks mittels eines zornigen Blicks zur Ruhe gebracht hatte.
    "Und mein Volk kann es nicht weiter hinnehmen, dass die Orks einfach so ein- und ausmarschieren wie es ihnen gerade passt", widersprach Tufail mit kalter Stimme, "Entweder ihr werdet den Tribut entrichten oder ihr werdet nicht mehr im Lande Varants geduldet werden. Ihr habt die Wahl."
    Vak versuchte angestrengt einen Ausweg aus dieser misslichen Lage zu finden: "Ich habe nicht genug Ehre, um solche Entscheidungen zu treffen. Du wirst dich an Kan wenden müssen" "Was für eine Entscheidung wollt ihr denn treffen?", antwortete Tufail gekünstelt lächelnd, "Ich bin nicht zum Verhandeln hier, sondern um euch Zubens Entscheidung mitzuteilen und wenn ihr keine Fragen mehr habt, würde ich mich nun gerne zurückziehen."
    "Warum muss es so viel Gold sein?", fragte Kamak nun gegen den Befehl seines Feldherren, "1000 Gold ist ein kleines Vermögen." "Ihr beutet unser Land doch auch aus", erwiderte Tufail scheinheilig, "Ihr nehmt alles Gold und Geschmeide, das ihr findet mit euch über den Pass und was haben wir davon? Nichts! Wir haben monatelang Verluste gemacht. Zuben war gezwungen zu handeln."
    "Können wir uns nicht irgendwie auf einen niedrigeren Preis einigen?", fragte Vak, der schon ahnte was Kan dazu sagen würde. "Macht mir ein Angebot", sagte Tufail so selbstverständlich, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Vak schaute düster drein.
    Er wusste nicht, was er tun sollte. Sollte er seinerseits bei der Einreise nach Myrtana Tribut von den Assassinen verlangen? Das konnte er nicht machen. Zu soetwas war nur Kan befugt. Doch sie brauchten die Wüste. Aber was sollte er Tufail geben, um wenigstens die ungeheure Summe von 1000 Gold zu drücken? Kamak regte sich neben ihm und plötzlich wurde Vak aus seinen Gedanken gerissen. Kamak hatte ein himmelblau schimmerndes Amulett aus einen der Innentaschen seiner Robe geholt und übergab es nun seinem Feldherren. Vak musterte das kleine Ding an der goldenen Kette. Tufail war das gekünstelte Lächeln vergangen. Er reckte sich unwillkürlich, um einen Blick auf das Amulett zu werfen.
    Vak wusste was das war. Es war das allerletzte Artefakt, das sie aus dem Tempel in der Nähe von Trelis geborgen hatten. Es war erst nach dem Ende der Grabungen dort von Kamak entdeckt worden. Es hatte hinter einem besonders komplexen Mechanismus verborgen gelegen, was darauf schließen ließ, dass es sehr wertvoll war, denn nicht mal das göttliche Artefakt war derartig geschützt gewesen.
    "Was ist das, wenn man fragen darf?", fragte Tufail nun das erste Mal mit interessierter Stimme. Einen Moment lang zögerte Vak, dann streckte er seine flache Hand, auf der das Amulett lag, aus und sagte: "Das ist unser Angebot. Im Austausch gegen das Amulett lasst ihr uns weiterhin freien Zutritt in die Wüste." Tufail nahm das Artefakt begierig in seine Hände und begutachtete es genau. "Du verlangst viel", sagte Tufail dann und ließ das Amulett in seine Tasche gleiten, "Wegen eines Artefakts können wir den Wegzoll nicht komplett streichen. Ich werde das Amulett Zuben bringen. Der wird dann entscheiden, was zu tun ist. Bis dahin werdet ihr den Pass nicht überqueren dürfen."
    Vak starrte den Schwarzmagier ausdruckslos an. "Geh nun", befahl Vak, offenbar auch um Tufail daran zu erinnern, wer hier der Befehlshaber war. Tufail grinste noch einmal spöttisch und verschwand dann, ohne ein Wort zu sagen. Seine Anhänger folgten ihm.
    "Meinst du es war eine gute Entscheidung ihnen das Amulett auszuhändigen?", fragte Vak Kamak. "Nein", erwiderte der Schamane, "Aber wir hatten keine andere Wahl."
    Geändert von MiMo (10.11.2014 um 20:24 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel VI
    Die Dinge ändern sich


    Die Sonne, die ihre ersten Strahlen über die Berge warf, die Myrtana von dem unbekannten Land dahinter abtrennten, wirkte an diesem Morgen taufrisch und ließ nichts böses vermuten, als sie die Heilpflanzen und einen Kronstöckel, der sich einsam am Fuße eines Felsens emporrankte beschien. Eben dieser Kronstöckel wurde in diesem Moment von einer kräftigen Hand gepackt und ausgerissen.
    "Hab ich dich", murmelte der Pflücker zufrieden. Es war Rhobar, der sich aus dem engen Nemora geschlichen hatte, bevor Russel, Gorn und all die anderen aufgewacht waren. Treslott hatte sich gestern Abend darüber beklagt, dass sein Vorrat an Kronstöckeln zur Neige gegangen war und dass er nicht wisse wie er bei der gefährlichen Gegend dort draußen Neuen beschaffen sollte. Um dem schrecklich engen Lager zu entkommen und Treslott einen Gefallen zu tun, hatte er sich also früh morgens aufgemacht, um Kronstöckel zu ernten. Er hatte bereits drei dieser seltenen Pflanzen gefunden und nun dachte er, dass es Zeit sei, zum Lager zurückzukehren, denn sonst würden sich die anderen noch Sorgen machen.
    Während des Rückwegs ließ er den Blick über die prachtvollen Ländereien schweifen und musste dabei daran denken, wie er hier vor vielen Wochen gegen die schnaubenden Urviecher gekämpft hatte, um Treslott Staudenlobelien zu bringen.
    Nun kam das Lager in Sichtweite und er erkannte, dass es immernoch verschlafen zuging und kaum einer wach war. "Wo warst du denn?", begrüßte Rendell ihn, der seine morgendliche Wachschicht angetreten hatte. "Ich habe Kronstöckel für Treslott gesammelt", erwiderte Rhobar und zeigte ihm die drei Pflanzen. "Wao, da wird er sich bestimmt freuen", meinte Rendell, "Die Alchemisten sind ja geradezu verrückt nach den Dingern. Rhobar war schon ein paar Schritte weiter gegangen, dann hielt er inne und drehte sich noch einmal um: "Ach ja, oben im Nordwesten liegt ein totes Nashorn, das mir in die Quere gekommen ist. Sorg doch dafür, dass ein paar von euch Jägern hoch gehen und es ausnehmen, ich glaube nämlich, dass unsere Fleischvorräte ziemlich aufgebraucht sind." Rendell strahlte und nickte, um zu zeigen, dass er ihn gehört hatte.
    Dann machte Rhobar sich auf den Weg nach unten in den Stollen, wo Treslott sich zwischen nassfeuchten Steinwänden und Morgentauen häuslich eingerichtet hatte. Als Treslott, der gerade aufgestanden war, die Kronstöckel sah, entfuhr ihm ein freudiger Schrei. Er riss die Pflanzen an sich und drückte immer wieder seinen tiefsten Dank aus. "Ach, keine Ursache", hatte Rhobar erwidert, doch Treslott fuhr ihm dazwischen: "Niemand wäre als König besser gewesen als du! Du hast auch die kleineren Wehwehchen der einzelnen Leute nicht vergessen und kümmerst dich um sie, wenn du mal Zeit hast, anstatt in einem Thron zu sitzen und überheblich dreinzusehen!"
    Jetzt trat Rhobar wieder ans Tageslicht, das ihn, nach der von Kristallen nur schummrig beleuchteten Höhle, blendete.
    Als erstes fiel ihm Russel auf, der sich bewegte, als hätte er zwei Krush-Tarach im Rücken stecken. Russel hatte es gestern nicht lassen können rumzumosern, als Gorn und er von ihrer Bespitzelung zurückgekommen waren. Prompt hatte Gorn seine Drohung wahr gemacht und ihn zum Duell herausgefordert und wie es schien, spürte Nemoras Anführer die Schmerzen heute noch, was bei Gorn aber auch kein Wunder war.
    Er ließ den Blick schweifen, auf der Suche nach einem geeigneten Mann. Kippler hatte gerade gähnend eine der Höhlen im mittleren Teil des Lagers verlassen. "Hey, Kippler!", rief Rhobar zu ihm herauf, "Komm runter, ich hab einen Auftrag für dich." Kippler nickte und stand wenige Augenblicke später neben ihm. "Die Assassinen haben wahrscheinlich die Nacht in Trelis verbracht", begann Rhobar ohne Umschweife, "Geh nach Trelis und bewache das Tor. Wenn die Assassinen sich auf den Rückweg machen, kommst du zurück und berichtest mir davon. Von da an werden ich und Gorn dann übernehmen." "Geht klar!", antwortete Kippler, nahm sich ein wenig Proviant von einem in der Nähe stehendem, notdürftig repariertem Tisch und machte sich auf dem Weg zur Burg.
    Später am Tag, ungefähr um die Mittagszeit, kehrte Kippler zurück und meldete Rhobar, dass Tufail und die Assassinen, die ihn schon auf dem Hinweg begleitet hatten, den Rückweg in die Wüste angetreten hatten.
    Kurz darauf waren Rhobar und Gorn auch schon wieder auf dem Weg zum Pass. "Meinst du wir werden irgendetwas Neues erfahren?", fragte Gorn skeptisch. "Eventuell erfahren wir was über die Reaktion der Orks", antwortete Rhobar die Stirn runzelnd, "Was uns das bringt weiß ich zwar auch nicht, aber wir müssen jede Gelegenheit nutzen, um an noch so kleine Informationen heranzukommen. Deshalb wäre es töricht diese hier auszulassen."
    Gorn nickte überzeugt und nach einiger Zeit hatten sie die saftigen Wiesen, auf denen heute die Snapperkräuter prächtig blühend der Sonne Tribut zollten, hinter sich gelassen. Diese schönen Pflanzen im Rücken waren sie wieder an den fleckigen Weg zwischen den grünen Hochländern Myrtanas und dem sandigen Felsmassiv, das Mittelland von Varant trennte, angelangt. Als sie sich wieder an ihren alten Platz ins Gras gelegt hatten, waren die Assassinen auch schon in Sichtweite.
    "Das war knapp", stellte Gorn fest, bevor sie reglos verstummten, um ja alles zu verstehen, was die Wüstenbewohner sich so einander erzählten. Rhobars Blick entdeckte schon auf diese Entfernung den blau leuchtenden Anhänger, den Tufail sich um sein Handgelenk geschlungen hatte. Er wollte Gorn fragen, was das wohl ist, aber da stellte einer der Assassinen, Benizio, eine Frage: "Machen wir in dem Schatten des Felsvorsprungs wieder eine Pause, Meister?" "Nein", erwiderte Tufail mit wütendem Blick, "Wir müssen schnell über den Pass. Dieses Artefakt, das die Orks uns gegeben haben, ist ohne Zweifel mächtig, auch wenn ich noch nicht weiß auf welche Weise seine Macht wirkt. Jedenfalls dürfen wir Wegelagerern keine Chance geben!" Sie waren nun direkt unter Rhobar und Gorn. "Verstehe", erwiderte Benizio und führte seinen Weg still fort. Auch sonst sprach keiner der Assassinen mehr ein Wort, bis sie wieder am Horizont zwischen den aufgewirbelten Sandwolken verschwunden waren.
    Rhobar sprang auf: "Gorn, geh zurück nach Nemora und hol Karlen, Finley, Kippler und Treslott hierher. Beeeil dich!" "Was hast du vor?", fragte Gorn verwundert. "Wir werden sie überfallen. Wenn dieses Artefakt erstmal über den Pass ist, ist es unerreichbar für uns und ich glaube nicht, dass dieses Artefakt nur normale Kräfte besitzt. Es sah anders aus als alle anderen Artefakte, die ich je gesehen habe, einschließlich des Auge Innos und den göttlichen Artefakten!" "Aber ich dachte wir müssen uns bedeckt halten", sagte Gorn immernoch total verdattert. "Und ich dachte du bist so heiß darauf sie anzugreifen?", erwiderte Rhobar, "Die Dinge ändern sich nun mal!"
    Geändert von MiMo (10.11.2014 um 20:37 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel VII
    Aufbrüche


    Die Eiszapfen klirrten, als ein selbst für die Hochlande von Nordmar kalter Windstoß über sie hinwegfegte. Einer von ihnen brach ab und zersplitterte auf einer Treppe zu den Füßen eines in rot gekleideten Mannes, der eben diese Treppe gerade Stufe für Stufe erklomm. Es war Milten, der von Altus in die Bibliothek bestellt worden war.
    Oben an der Treppe angekommen, zog er erstmal seinen Mantel enger um seine Schultern, da er angefangen hatte zu bibbern. In der Bibliothek war ihm dann schon viel wärmer, da hier der Wind nicht mit seinen eiskalten Klauen nach einem griff. "Sie wollten mich sprechen, Meister?", sagte Milten zu dem Rücken eines Feuermagiers, der gerade ein dickes vergilbtes Buch las, das auf einem auf Hochglanz poliertem Buchständer ruhte.
    Der Magier, Altus, wandte sich um und begrüßte ihn. "Ja, ich habe nach dir schicken lassen", begann Altus, als würde er seine Worte gründlich überlegen, "Seit einiger Zeit studiere ich nun das Schicksal deines wichtigsten Freundes." Milten musste ihn nicht fragen wen er meinte. Er wusste, dass nur der Bezwinger des Schläfers, Drachentöter und neuer König der Menschen gemeint sein konnte.
    "Ich glaube er ist wichtig für unser aller Leben", fuhr Altus fort, wobei es klang als würde er nur laut denken, zumal er immernoch das Buch studierte, "Er hat schon viele Sachen geschafft, die nie zuvor jemand geschafft hat und die auch nie wieder jemand schaffen wird. Aber ich mache mir Sorgen." Milten runzelte die Stirn und fragte sich, ob dem neuen König etwas zugestoßen war, das er noch nicht wusste.
    "Ist etwas geschehen?", fragte Milten, um sich Gewissheit zu verschaffen. "Nein, nein", erwiderte Altus beruhigend und lächelte als ob er es an Milten schätzen würde, dass dieser Sorge gezeigt hatte, "Es ist nur so eine Vorahnung. Er ist jetzt König. Sobald die Orks davon erfahren haben werden sie Jagd auf ihn machen. Er mag in Nemora zwar sicher sein, aber er kann nicht ewig dort bleiben und das wird er auch nicht wollen. Er ist ein Mann der Tat." Altus schwieg eine Weile, während Milten sich fragte, was er selbst damit zu tun hatte. "Du fragst dich warum ich dich rufen ließ", es war eine Feststellung, keine Frage, die Altus da ausgesprochen hatte, "Ich werde dich auf eine lange Reise schicken."
    Dann wandte Altus sich endlich von dem Buchständer ab und sagte direkt an Milten gewandt: "Du wirst nach Myrtana aufbrechen und König Rhobar III. mit deinem Leben beschützen! Du wirst in Karryptos Fußstapfen als rechte Hand des Königs treten!"
    Und so geschah es. Milten wurde kurz mit allem Nötigen versorgt und brach dann auf. Mit einer Teleportrune würde er erstmal bis zum unteren Eingang des großen Schmelzofens gelangen. Aber von da aus würde er ohne weitere Hilfe reisen müssen. Doch für Milten stand fest, dass er es schaffen musste.

    Zur gleichen Zeit prasselte der Regen, der in Nordmar in Form von Schnee heruntergefallen war gegen die Burgmauern von Faring. Die Tropfen waren so laut, dass das Klirren der Flasche, die in eine Kiste gestellt wurde, auf dem Burghof nicht zu vernehmen war.
    Jetzt nahm Ur-Gosh einen passenden Deckel und verschloss die randvoll mit Heiltränken gefüllte Kiste. "Das muss Tarok reichen", dachte Ur-Gosh und steckte nun die restlichen Tränke, die noch auf seinem Alchemietisch standen, in seine eigene nun vollgestopfte Tasche. Seine Hütte sah leergeräumt aus. Der Vorräteschrank war geplündert, herumliegende Körbe und Kisten standen offen und leer da.
    Dann warf er sich einen Mantel aus Wolfsfell über und stapfte in diesem weißen Gewand in den nassen Burghof. Der Regen schien erst dann aufhören zu wollen, wenn die Burg sich ergeben hatte und ertrunken war. Zwischen all den nass glänzenden Steinmauern stapfte Ur-Gosh platschend durch die vielen Pfützen den Weg vom Burgtor an der kleinen Arena, den Hütten der Orksöldner und dem Schutthaufen vorbei hinunter in den Wald, wo früher Trolle gelebt hatten, die aber auf seinen Befehl hin von eben dem Kerl ausgerottet wurden, den Tarok jetzt jagen sollte.
    Zwischen den Baumstämmen huschten Gestalten auf ihn zu. Ur-Gosh zuckte nicht zusammen, denn er hatte sie hierher bestellt. Es waren ein Dutzend Orksöldner aus der Stadt. Faring würde jetzt zwar stark an militärischer Stärke verlieren, aber wenn Kan nichts gegen die Assassinen unternehmen wollte, musste er es eben tun.
    "Wir brechen auf", murrte Ur-Gosh ohne seinen Gang zu unterbrechen. "Wo gehen wir hin?", fragte einer der Orksöldner, Curtis. "Erstmal runter nach Ardea, von dort aus müssen wir dann irgendwie rüber nach Varant", war die mürrische Antwort von Ur-Gosh. Das Wetter ging ihm einfach gegen den Strich und er hätte lieber Orks an seiner Seite gehabt, als diese Menschen, aber seine Artgenossen würden alle Tarok folgen.
    So stapfte Ur-Gosh los, unwissend, dass der erste Schritt der Assassinen schon längst getan war.
    Geändert von MiMo (29.01.2010 um 17:35 Uhr)

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    Kapitel VIII
    Tufails letzter Trumpf


    Die Nacht war hereingebrochen und versteckte mit ihrer Schwärze nicht nur Snapper, Pflanzen und Gestein, sondern auch Rhobar, der Tufail und seinen Leuten jetzt schon bis tief in den Pass gefolgt war. Braga war nur noch wenige Stunden entfernt und wenn Gorn nicht bald mit den anderen kam, würde ihnen das Artefakt unweigerlich entgehen. Gerade als er diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, vernahmen seine scharfen Ohren kleine Steinchen, die den nicht allzu steilen Abhang hinunter kollerten.
    "Gorn, bist du das?", flüsterte Rhobar in die nahezu undurchdringliche Dunkelheit. "Ja", antwortete Gorns vertraute Stimme ihm, "Alle, die du haben wolltest sind da" Rhobar musterte die Dunkelheit hinter Gorn und erkannte die Schemen von Karlen, Treslott, Kippler und Finley. "Gut", hauchte Rhobar, "Wir greifen sie jetzt sofort an. Die Gelegenheit ist günstig. Der Abhang ist nicht zu steil um ihn hinterzurennen." Er warf noch einen Blick auf die Assassinen, dann wandte er sich an Karlen und Treslott: "Karlen, du gehst ein Stück zurück und wirst dann den Weg hinter ihnen blockieren. Du wirst sie als erstes angreifen. Dein Angriff wird unser Signal sein anzugreifen. Dann stürmen Gorn, Kippler, Finley und Ich den Abhang hinunter. Treslott wird hier oben vorauslaufen und sie von vorne mit Magie angreifen. Habt ihr alles verstanden?" "Ja", wisperten die anderen und Karlen und Treslott entfernten sich.
    Wenn Karlen sie angegriffen hatte, würden sie mit einem Angriff von hinten rechnen, doch dann würden sie von der Seite her angreifen und sie so überraschen. Treslott würde sie dann unablässig mit Feuerbällen bombardieren, was den Angriff perfekt machen würde. "Hoffentlich funktioniert alles so wie ich mir das vorgestellt habe", flüsterte Rhobar den anderen zu, "Passt auf das Signal auf! Karlen müsste jetzt bald so weit sein."
    "Da!", rief Finley mit gedämpfter Stimme und zog sein Schwert. Die anderen taten es ihm gleich, denn ein heiliger Pfeil von gleißend hellem Licht schoss durch die Schlucht. Die Assassinen wirbelten herum und zogen ihrerseits ihre Waffen, wobei Tufail begann Blitze in Karlens Richtung zu verschießen. Jetzt rannten Rhobar, Gorn, Finley und Kippler den seichten Abhang hinunter, während ein erster Feuerball von Treslott in der Mitte der Assassinen aufschlug und die spärlichen Grashalme dort verbrannte.
    Die ersten Klingen trafen aufeinander, während Rhobar sein Schwert gegen die gekreuzten Assassinenmesser von Benizio krachen ließ. Kippler hatte dem ersten Assassinen die giftgetränkten Schwerter aus der Hand geschlagen, während Finley sich mit Lukar und zwei weiteren Assassinen schlug, jedoch von Karlen Unterstützung bekam, der nun auch Schild und Schwert gezückt hatte. Rhobar war gerade einem Blitz, den Tufail auf ihn geschleudert hatte ausgewichen, als Kippler von einem Assassinenmesser am Bein verletzt schrie. Rhobar wich zwei weiteren Blitzen aus und nutzte dann eine Drehung um einen Wuchtschlag gegen Benizio auszuführen, der den Assassinen an seiner Kehle traf.
    Jetzt wandte Rhobar sich dem Schwarzmagier zu, der nun schneller als er es ihm zugetraut hatte den Zauber wechselte und dann seine Hände hoch über seinen Kopf erhob. Gerade noch rechtzeitig stürzte Rhobar zur Seite, um dem gewaltigen Blitz, der wie von Beliar persönlich hinabgeschickt aus dem Himmel dort aufschlug, wo der König kurz zuvor noch gestanden hatte, zu entkommen. Kippler hatte inzwischen viel Blut verloren und auch das Gift, das sich von seiner Wunde aus im ganzen Körper ausbreitete, setzte ihm schwer zu und er sank bewegungsunfähig zu Boden. Ein zweiter von Tufail direkt aus dem Himmel beschworener Blitz kam mitten zwischen den Kämpfenden auf und streifte Finley, der von dem Blitz geblendet umhertorkelte bis Lukar ihn zu Boden stieß.
    Karlen und Gorn hatten sich inzwischen um die restlichen Assassinen gekümmert und stürmten jetzt auch auf Lukar zu. Treslott feuerte unablässig Feuerbälle auf Tufail ab, der seinerseits wieder seine magische Kraft konzentrierte und dann hielten alle Kämpfenden plötzlich inne.
    Aus Tufails Schatten wuchs etwas großes. Es war schwarz und hatte große ledrige Flügel und schien irgendwie Dunkelheit abzusondern. Seine Augen stierten blutrot leuchtend auf seine Feinde und mit einem Schwenk seiner Pranke beschwor das Ungetüm ein langes rot leuchtendes Schwert. "Ein Dämon", rief Karlen mit fast versagender Stimme. "Wie damals in Gotha", keuchte Gorn und auch Rhobar hatte einen Moment an den Dämon von Gotha gedacht. "Töte sie!", befahl Tufail mit grauenhaft kalter Stimme.
    Der Dämon hob vom Boden ab und flog flügelschlagend auf Rhobar zu. Gorn und Karlen warfen sich schützend vor ihn und konnten mit Hilfe vom König den Schlag abwehren. Treslott hatte währenddessen Lukar mit einem Feuerball erledigt und kam jetzt ebenfalls den Abhang hinuntergerannt. Nur Tufail war jetzt noch von den Assassinen übrig, doch trotzdem hatten Rhobar und seine Mitstreiter alle Hände voll zu tun. Der Dämon schlug mit grausamer Gewalt immer wieder zu und jedes Mal entkamen sie seinen Schlägen nur knapp.
    Treslott, der nun fast bei ihnen war, murmelte Worte des alten Volkes und Geröll erhob sich vom Boden des Passes und formte einen steinernen Körper, der sich auf den Dämon stürzte. Der Golem verpasste dem Dämon einen Hieb, doch der Dämon rächte sich gleich wieder, indem er seine Klinge durch die steinerne Brust des Golem stieß. "Erledigt Tufail, schnell!", rief Treslott, obwohl Rhobar, Gorn und Karlen seit der Beschwörung des Golems keine Zeit verschwendet und direkt auf Tufail losgegangen waren. Blitzschläge aus Tufails flinken Händen ließen Karlen zu Boden sinken und auch Rhobar wurde von einem Blitz in der Nähe seines Herzens getroffen und strauchelte einmal kurz. Der Dämon zerschlug den Golem jetzt endgültig und flog dann um sich schlagend auf Treslott zu, der den Schlag mit seinem Kampfstab abfing.
    "Na warte", schrie Treslott und drei weitere Golem erhoben sich aus dem Schutt. Doch nur einer nahm den Kampf mit dem Dämon auf, die anderen beiden brachten Finley, Kippler und Karlen weg. "Bringt euch in Sicherheit!", brüllte Treslott Rhobar und Gorn zu, deren Schwerthiebe von Tufail immer wieder perfekt pariert wurden. "Geht nicht", rief Gorn dem Feuermagier als Antwort zu. Treslott war nun der Schweiß ausgebrochen und man sah, dass er an die Grenzen seines Manas gestoßen war. Dennoch murmelte eine komplizierte Beschwörung.
    Der Himmel begann zu glühen und in dem Moment in dem zwei der Steingolem sich schützend über Gorn und Rhobar lehnten, schossen hunderte von Flammengeschossen vom Himmel auf die Erde herab. Der Dämon fing Feuer als er von den Geschossen getroffen wurde und auch Tufail war offensichtlich in Bedrängnis, doch er gab trotz loderndem Umhang nicht locker und schickte drei beschworene Blitze in rascher Folge auf die Erde. Die Golem über den Köpfen von Gorn und Rhobar zerbröckelten, doch der dritte Blitz, der für Treslott bestimmt gewesen war, traf den alten Magier und fuhr mitten durch ihn hindurch. Der Mann brach sofort zusammen und in eben diesem Moment erlosch der Feuerregen.
    Tufail hatte seine Robe abgeworfen und den Rest seiner versengten Kleider gelöscht. Er hatte schwere Brandwunden am ganzen Körper und auch sein Stab lag brennend neben ihm. "Jetzt oder nie", rief Rhobar und stürmte mit Gorn auf ihn zu.
    Doch plötzlich kam dichter Nebel auf und Tufail schaffte es in ihm zu verschwinden. Als der Nebel sich wieder verzogen hatte, stand Tufail auf dem Abhang und blickte spöttisch lächelnd auf Rhobar und Gorn, all die toten und bewusstlosen Körper, die wie geklatschte Fliegen am Boden lagen und die versengten und zum Teil immer noch brennenden Büsche und Gräser hinab. Die goldbeschichtete Kette des Amuletts war gerissen, sodass Tufail das Amulett nun in der Hand halten musste.
    "Was sollen wir jetzt machen?", fragte Gorn verbittert. "Wir müssen von verschiedenen Seiten angreifen", erwiderte Rhobar hektisch, "Er kann immer nur in eine Richtung seine magischen Geschosse abschießen!" "Gut", sagte Gorn zwischen zwei röchelnden Atemzügen. Sie waren beide schon ziemlich erschöpft, aber auch Tufail keuchte heftig. Dann stürmten Rhobar und Gorn los und beide schlugen in verschiedene Richtungen einen Bogen auf dem Weg die Anhöhe hinauf. Tufail lächelte überlegen und Rhobar wusste schon jetzt, dass ihr Angriff scheitern würde. Tufail griff in eine Innentasche seiner versengten Robe und zog schwungvoll einen Stein heraus. Rhobars erster Gedanke war, dass es eine Rune wäre, doch Xardas hatte alle Runen erfolgreich zerstört und Tufail konnte auch ohne Runen Magie wirken.
    Dann breitete sich ein Schauer von grellweißen Funken um Tufail aus, der boshaft lachte: "Heute werde ich euch verschonen, aber wenn wir uns das nächste Mal sehen, bist du dran." Dann war er verschwunden und alles was man noch von ihm sah, waren die letzten Funken, die zu Boden prasselten. "Es war ein Teleportstein", seufzte Gorn während er langsam zum Stehen kam. Jetzt standen beide da und starrten auf den Fleck in der Dunkelheit, an dem Tufail und das Artefakt verschwunden waren als wüssten sie nicht, was sie jetzt tun sollten.
    Geändert von MiMo (03.02.2010 um 17:27 Uhr)

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    Kapitel IX
    Aufbruch, Reise, Heimkehr


    In Faring war es an diesem Morgen ungewöhnlich leer. Wäre nicht alles sauber und heil würde diese Stadt den Eindruck der Verlassenheit erwecken, doch wenn man den Berg hinunter blickte, sah man Orks auf der Brücke stehen, als hätten sie sich dort zum Morgenappell versammelt.
    Kan stand ein wenig abseits und sah mürrisch auf das Geschehen herab, während Tarok gerade eine Art Ansprache beendete, der ungefähr ein Dutzend Orks gelauscht hatten: "Also lasst uns nun endlich aufbrechen und Jagd auf den Morra machen, der viele unserer ehrenvollen Brüder hinters Licht geführt und getötet hat!" Brüllend streckten die Orks ihre Waffen gen Himmel, wo heute tatsächlich einmal die Sonne zwischen den schneeweißen Wolken hindurchlugte.
    Die Orks schulterten lederne Taschen und machten sich zum Aufbruch bereit, während Tarok noch ein letztes Mal zu Kan hinüber ging, um mit ihm das Vorhaben zu besprechen, doch Kan winkte ab: "Es ist alles gesagt was gesagt werden muss, Tarok. Die letzte Spur des Morras endet in Silden. Finde und töte ihn und alle aufständischen Morras denen du begegnest!" "Jawohl", erwiderte Tarok demütig zu Boden blickend. Kan wandte sich ab, stieg die Stufen der Brücke hinunter und dann den Weg zur Burg empor.
    Tarok schulterte nun ebenfalls seine Ausrüstung und begab sich an die Spitze des Suchtrupps, der sich nun auf den Weg nach Montera machte, von wo sie über freies Land nach Silden weiterziehen würden.

    Milten stapfte währenddessen durch immer tiefer werdenden Schnee. Seine Robe war nass und klamm und der Mantel, den er eng um seine Schultern geschlungen hatte schien den eisigen Wind nicht mal annähernd von seinem Leid geplagten Körper abzuhalten. Doch er setzte einen Fuß vor den anderen in die weiße Masse und dachte gar nicht daran aufzugeben und umzukehren. Der Weg war weit und schwer, doch wenn er seinem Freund helfen wollte, musste er durchhalten.
    Ein vereistes Blatt klatschte gegen seinen Mantel und verwundert blickte Milten hinauf und sah eine steile Felswand, wozwischen ein Pfad seinen Weg nach oben suchte. Der Pass. Myrtana war nicht mehr weit. Noch ungefähr ein Tag und er war der Kälte entkommen. Ein Fauchen war von seiner rechten zu hören und ein Säbelzahntiger, den Milten in seiner Euphorie nicht wahrgenommen hatte, stürzte sich auf ihn.
    Milten duckte sich zur Seite weg und versuchte mit seinen klammen Fingern einen Zauber heraufzubeschwören, doch es gelang nicht. Er war zu verfroren und von der Reise zu erschöpft als dass er nun in der Lage wäre große Zauber zu wirken. Erneut sprang der Säbelzahntiger auf ihn zu und wieder entkam er ihm nur knapp.
    Er musste sich konzentrieren und er spürte wie Mana in seine Finger strömte und er wusste, dass er zumnindest einen Zauber schaffen würde. Doch welchen sollte er nehmen? Ein Feuerball würde nicht ausreichen, aber würde er etwas kraftvolleres schaffen?
    Das Untier stürzte sich wieder auf den Magier und diesmal kam Milten nicht rechtzeitig weg und musste sich mit seinem Stab verteidigen. Der Säbelzahntiger verbiss sich in dem Stab und Milten wurde von der Last des Tieres platt zu Boden gedrückt. Alles was er nun noch sah war das Maul des Untiers, das nur noch ein wenig Zeit brauchte um seinen Stab entzweizubeißen und ihn zu verschlingen. Doch da erinnerte sich Milten daran, dass er hier nicht versagen durfte und mit einer ungeheuren Kraftanstrengung schleuderte er den Säbelzahntiger von sich.
    Das Monster klatschte gegen die hinter einer dicken Eisschicht versteckte Wand aus Stein und das Eis bekam einen kleinen Riss. Milten hatte sich entschlossen lieber einen großen Zauber als drei Feuerbälle zu benutzen, sein Stab lag abgeknickt im Schnee neben ihm. Doch was wäre wenn er nicht treffen würde? Zweifel kamen in ihm auf während er sein ganzes Mana sammelte. Dann fiel sein Blick auf den Riss im Eis. Der Säbelzahntiger war nun wieder bei Besinnung und fauchte wütend.
    Milten wusste, dass es keinen besseren Moment geben konnte als diesen und ließ seine geballte magische Kraft frei. Ein Loch schien sich im Himmel aufzutun und ein flammender Meteor schoss heraus. Der Meteor traf weit von dem Säbelzahntiger, oben auf der steilen Felskante auf, doch Milten lächelte erleichtert. Es hatte geklappt. Der Meteor erschütterte den ganzen Abhang und überall breiteten sich Risse in dem Eis aus. Der Säbelzahntiger war durch das Knacken verunsichert stehen geblieben und in diesem Moment brachen riesige Eisschollen von der Felswand ab und schmetterten zu Boden wobei sie das Ungeheur unter sich begruben.
    Kein Tier, nicht einmal ein Oger hätte das lebend überstanden. Milten fiel keuchend auf die Knie, der Zauber hatte ihn in seinem schlechten Zustand doch mehr abverlangt als er gedacht hatte. Aber eine Pause kam für ihn nicht in Frage und so schulterte er seinen Stab und kletterte über die zerschmetterten Eisbrocken, um dem Pass Schritt für Schritt näher zu kommen.

    In Nemora war an diesem Morgen eine ganz andere Stimmung als in Faring oder Nordmar. Rhobar war mit seinen vielen verletzten Begleitern zurückgekehrt und überall sah man blutige Verbände und vom Fieber schweißnasse Gesichter. Die Wachen waren die einzigen, die noch ihrem geregelten Tagesablauf nachgingen. Alle anderen huschten zwischen den Krankenlagern umher, versorgten Wunden oder versuchten durch andere Tätigkeiten zu helfen.
    Rhobar beobachtete mit Gorn an seiner Seite sitzend das Treiben und machte sich Vorwürfe. Sie waren ihm treu gefolgt und was hatten sie am Ende davon gehabt? Sie waren alle verletzt und vergiftet worden und lagen nun mit verunreinigt brennenden Wunden und Fieber, das vom Gift getrieben immer schlimmer wurde da und warteten auf Gegengifte und Heiltränke, doch Treslott lag immernoch schwach und gebrechlich im Bett und war nicht im Stande sich zu bewegen, geschweige denn Medizin herzustellen. Sie brauchten einen Alchemisten und zwar schnell. Zu allem Unglück war ihnen auch noch Tufail mit dem Artefakt entkommen, sodass die Assassinen jetzt vor ihnen gewarnt sein würden.
    Rhobar erhob sich, schulterte seinen Bogen, prüfte ob sein Schwert noch stramm an seiner Seite hing und lud sich auch noch einen mit Pfeilen gefüllten Köcher auf die Schultern. "Wo willst du hin?", fragte Gorn, der ebenfalls aufgestanden war. "Ich geh einen Alchemisten suchen", erwiderte Rhobar leise und blickte Gorn eindringlich in die Augen, "Und niemand wird mir folgen, nicht mal du. Das ist etwas, was ich allein klären muss. Du solltest lieber das Lager beschützen, nur für den Fall, dass Tufail schon auf der Suche nach uns ist. Die Schlacht wird jedenfalls noch ein Nachspiel haben." Dann drehte Rhobar sich um und warf noch eine letzten Blick auf die Verwundeten, bevor er das Lager verließ.
    Gorn sah ihm hinterher und meinte zu wissen, was in seinem Freund vorging. Er machte sich halt viel zu viele Vorwürfe.
    Geändert von MiMo (13.07.2012 um 16:00 Uhr)

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    Kapitel X
    Intrigen in Ishtar


    Die Sonne brannte auf die endlosen Sandwüsten hinunter, obwohl der Morgen gerade erst gegraut hatte. Der vom heißen Wind in die Brunnen geblasene Sand verunreinigte das Wasser. Der Ort dieses unwichtigen Geschehens waren die Brunnen vor Ishtar.
    Tufail war hier nach dem Teleport angekommen und hatte sich erschöpft in eines der Betten geschleppt, wo er an diesem Morgen aufgewacht war. Nun hatte er seine zerfetzten Kleider so gut es ging zurechtgemacht. Den Großteil seiner Robe hatte er bei der Schlacht verloren, sodass er nun nichts hatte um die Brandwunden, die seinen nackten Oberkörper zierten, zu verbergen. Das Amulett hatte er in einen kleinen Lederbeutel gesteckt, damit niemand es sehen konnte.
    Jetzt, wo seine Begleiter tot waren, waren er und die Orks, die bei der Übergabe dabei gewesen waren, die einzigen, die wussten, dass dieses Artefakt in seinen Händen war und so würde es ein leichtes sein es zu vertuschen. Er wollte dieses Artefakt nicht an Zuben übergeben müssen. Aber was niemand weiß, macht niemanden heiß, dachte er, während er sein verbranntes Gesicht wusch.
    Er verzog das Gesicht als die Wassertropfen die Wunden an seinem Körper berührten und zum Brennen brachten. Er wollte von hier verschwunden sein, bevor Giacomo, Kafa und die anderen aufwachten und lästige Fragen stellten und so machte er sich auf den Weg nach Ishtar.
    Die Wachen waren sichtlich erstaunt über sein Auftauchen und sein Aussehen, sagten jedoch nichts. Er meinte zu spüren wie sich alle nach ihm umdrehten und zu tuscheln begannen, sobald er außer Hörweite war. Er betrat die prachtvolle und von Fackeln beleuchtete Halle, in der Zuben seinen prächtigen Thron hatte. Schon bald sah er den Herrscher über die Wüste, der steinalt und mächtig wie er war in seinem Thron saß: Zuben. Auch er wirkte überrascht und beunruhigt als er Tufail sah.
    Tufail kniete sich vor seinem Herrn nieder und Zuben ergriff das Wort: "Was ist geschehen? Wir haben dich noch lange nicht zurückerwartet." "Wir wurden auf dem Rückweg im Pass überfallen", erklärte Tufail, "Doch es waren weder Orks noch Nomaden. Es waren die Königstreuen, unter ihnen auch ein Magier, ein Paladin und jener Fremde von dem man behauptet, dass er die Barriere des Minentals von Khorinis zerstört hat." Zuben schwieg eine Weile bis er fragte: "Was wollten sie von euch?" "Das war nicht ersichtlich", antwortete Tufail den Blick immernoch demütig auf die Steinfliesen gesenkt. "Was ist mit deinen Begleitern?", fragte Zuben weiter. "Tot", sagte Tufail knapp, "Ich konnte ihnen mittels eines Teleportsteins entkommen." "Das ist schlecht. Es waren ein paar gute Männer bei deiner Truppe", sagte Zuben mit verbitterter Stimme, "Was haben die Orks zu unserem Beschluss gesagt?"
    "Sie waren in Aufruhr als ich ihnen davon erzählte und bestanden darauf, dass ich mit Kan darüber sprechen oder zumindest noch Bedenkzeit geben solle." "Das sieht ihnen ähnlich, diesen tumben Trollmutanten", lachte Zuben, "In weniger als einem Jahr werden wir Myrtana überrannt und eingenommen haben. Die Rebellen werden bis dahin von den Orks vernichtet worden sein und uns keine Probleme mehr bereiten und ehe wir uns versehen sind wir die einzige Kultur die man in Myrtana noch zu finden vermag." "Sie sagen es, Meister", pflichtetet Tufail bei und inzwischen taten ihm seine Knie weh.
    "Aber bis es soweit ist, bedarf es noch einiger Vorbereitungen", versicherte Zuben seinem Diener, "Jetzt wo wir uns den Orks feindlich gezeigt haben, müssen wir dafür sorgen, dass das Volk Verständnis für einen großen Krieg hat. Inzwischen sind zu viele zu gut mit den Orks befreundet." Zuben verließ nun seinen goldenen Sitzplatz und begann vor Tufail auf- und abzuschreiten: "Und da kommt uns dieser Angriff der Königstreuen gerade recht." Tufail verstand nicht was Zuben meinte und wagte es fragend aufzublicken.
    Zuben bemerkte die Bewegung und fuhr fort: "Wir werden behaupten, dass die Orks euch angegriffen haben, eben weil sie mit dem Zoll nicht einverstanden waren. Das ist von nun an die offizielle Version der Geschichte, die wir auch den Orks berichten werden. So gehen die Orks von Verrätern in den eigenen Reihen aus und werden sich eventuell sogar selbst bekriegen. Das Volk wird davon ausgehen, dass die Orks den Krieg angezettelt haben und nicht wir." Zuben lachte laut und boshaft.
    In Tufails Gesicht flammte Verständnis und Begeisterung für den Plan auf. Als Zuben sich wieder gesammelt hatte verteilte er mit nüchterner Stimme Anweisungen: "Tufail, du wirst dich nun neu einkleiden und medizinisch versorgen lassen. Ich kümmere mich darum, dass die Nachricht verbreitet wird. Du wirst dich noch heute per Teleport auf den Rückweg nach Braga machen. Ugrasal wird dir den entsprechenden Stein geben. Nun geh!"
    Tufail richtete sich auf. "Ach, haben die Orks dir eigentlich noch irgendeinen Tribut zur Minderung der Abgaben mitgegeben?", fragte Zuben da und Tufail fühlte sich kalt erwischt. "Nein", antwortete er und schaffte es fast gänzlich das Zittern aus seiner Stimme zu verbannen. "Schade", erwiderte Zuben enttäuscht, "Dann geh endlich."
    Tufail eilte hinaus und war froh, dass Zuben nicht bemerkt hatte wie ihm der Schweiß ausgebrochen war. Das wäre beinahe schief gegangen. Zuben kannte die Orks viel besser als er selbst und hatte ihre Bestechungsversuche also schon vorhergesehen. Die Hitze der Sonne brannte auf ihm, als er sich ihr wieder auslieferte. Hier draußen stank es nach Schweiß und nach Sand und Tufail hatte keine Lust hier noch länger zu bleiben. Er musste das Artefakt schnell vor Zuben in Sicherheit bringen.
    Geändert von MiMo (03.02.2010 um 22:34 Uhr)

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    Kapitel XI
    Der bessere Rhobar?


    Auf der Suche nach einem Alchemisten streifte Rhobar nun schon den ganzen Vormittag durch die Wälder vor Geldern, doch sein Ziel, das wie er wusste hier gut versteckt zwischen den Bäumen lag, hatte er noch nicht erreicht und so war er zuversichtlich dort einen geeigneten Helfer zu finden. Dann musste er bei dem Anblick, der sich ihm bot, lächeln.
    Er hatte hier viele Nächte verbracht in der Zeit wo er in Geldern sein Unwesen getrieben hatte. Vor ihm lag eine Hütte mit einem davor umzäunten Grundstück, das von dem Licht der Mittagssonne, das durch die Blätter gesprenkelt auf die Szenerie fiel, beleuchtet wurde. Es war das Lager von Torn, dem Druiden und seinen treuen Waldläufern. Es schien sich nichts verändert zu haben.
    Als er sich näherte, wurde er von ein paar Waldläufern entdeckt, die zur Sicherheit ihre Bogen zogen und einen Pfeil einspannten, diese jedoch freudig überrascht sinken ließen, als er so nahe gekommen war, dass sie ihn erkannten. Einer von ihnen rannte in die Hütte, kam jedoch kurz darauf wieder heraus, gefolgt von Torn, der mit seinem riesigen Druidenstab so aussah wie immer.
    "Was verschlägt dich denn hierher?", fragte Torn sich offensichtlich freuend und Rhobar auf die Schulter klopfend, "Setz dich und erzähl mir wie es dir in der Zwischenzeit ergangen ist." "Ich werde mich zu dir setzen, ja", erwiderte Rhobar und setzte sich zusammen mit Torn und den anderen Waldläufern, die gebannt lauschten ans Lagerfeuer, obgleich dieses leer von Feuer und Wärme war, was zu dieser Tageszeit auch wahrlich kein Wunder darstellte, "Aber zum Erzählen habe ich keine Zeit." "Nicht so hastig, warum tust du so als wäre eine ganze Orkarmee hinter dir her?", fragte Torn immernoch gut gelaunt, "Erzähl mir was in letzter Zeit passiert ist, wir haben ewig keine Neuigkeiten mehr bekommen."
    "Dann wisst ihr auch noch nichts vom Tode König Rhobars II.?", fragte Rhobar und an den Reaktionen erkannte er woran er war. Vorher war ausgelassene Stimmung gewesen, doch nun stand Entsetzen in ihren Gesichtern. Nicht dass Rhobar II. für sie ein Führer oder Freund gewesen war, aber selbst die Orksöldner mussten erschrocken gewesen sein, als sie gehört hatten, dass die Orks es geschafft hatten den zähen und robusten König, die Gallionsfigur und den Hoffnungsträger der Rebellen, zu töten. Doch da Rhobar wusste, dass einige von den Verletzten und Vergifteten oben in Nemora vielleicht nicht mehr lange aushielten, fuhr er rasch fort: "Ich bin zu seinem Nachfolger ernannt worden und erstmal in dem Rebellenlager oben in den Bergen untergekommen."
    "Du bist jetzt König der Menschen?", fragte Torn noch immer erschüttert. "Ja, aber...", weiter kam Rhobar nicht, denn Torn unterbrach ihn: "Du hättest den Titel nicht annehmen sollen." Jetzt war Rhobar doch verdutzt und vergaß ganz die Krise in der Nemora wegen ihm steckte: "Warum nicht?" "Regenten werden von ihren Untergebenen verhätschelt und von ihrer Macht geblendet", erklärte Torn ernst, "Sie werden größenwahnsinnig und vergessen, dass es nicht ihre Aufgabe ist sich an den Feinden zu rächen, sondern Frieden zu stiften, um ihr Volk zu retten, anstatt es in den Krieg zu schicken."
    Rhobar war eiskalt erwischt. Aus Habgier hatte er Nemora auf die Assassinen gehetzt und sie ins Messer laufen lassen. War er schon von seiner neuen Macht geblendet? Aber war es nicht etwas anderes gewesen das Artefakt zu begehren als Gold erbeuten zu wollen? Aber was war an dem Artefakt so besonders? Hatte er wirklich einen Beweis gehabt, dass es mächtig und für sie gefährlich sein würde? Selbstzweifel schlugen über seinem Kopf zusammen und drückten ihn nieder wie die Wellen einen Ertrinkenden. Doch er konnte jetzt nicht einfach aufhören König zu sein, nur weil er fürchtete einen Fehler begangen zu haben und Trotz kämpfte seine Selbstzweifel nieder: "Ich bin anders."
    Diese drei Worte lasteten schwer über der Gruppe von Leuten. Torn musterte ihn mit traurigem Blick. "Adanos gab dir die Macht entscheiden zu können", sagte Torn mit überzeugter, wenn auch wohlwollender Stimme, "Wenn ich jemandem diese Worte glauben kann, dann bist du es!" Rhobar wollte nicht noch mehr Zeit verlieren und kam deshalb endlich zum Punkt: "Und eben weil ich anders bin und weil ich für meine Leute sorge, bin ich hier. Einige Rebellen von Nemora wurden in einer Schlacht verletzt. Wenn wir nicht bald Hilfe eines Druiden bekommen werden die Wunden sich noch schlimmer entzünden und am Ende werden sie dann sterben. Unser Alchemist ist selbst betroffen, kann uns also auch nicht mit Tränken aushelfen. Wir brauchen DICH!"
    Torn dachte nach und schließlich stimmte er zu: "Gut. Ich werde dir helfen, weil du mir bewiesen hast, dass du anders bist. Du hast keinen Boten zu mir geschickt, sondern bist selbst gekommen, eben weil du Fehler gemacht, sie eingestanden hast und sie nun beheben willst. Ich werde dich nach Nemora begleiten." Torn erhob sich und Rhobar tat es ihm rasch gleich. "Passt gut auf diesen Hof auf", rief er seinen Gefolgsleuten zu und machte sich dann mit Rhobar an seiner Seite schnellen Schrittes auf den Weg nach Nemora. Rhobar wusste in diesem Moment nur eins: Torn musste wohlauf und rechtzeitig bei den Verletzten ankommen, egal ob er selbst nun anders war oder nicht.
    Geändert von MiMo (06.02.2010 um 18:48 Uhr)

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    Kapitel XII
    Kan in Aufruhr


    Ein Schrei zerriss die Stille an diesem Nachmittag in der Burg von Faring, die aufgrund eines wolkenverhangenen Himmels nur mäßig beschienen war.
    Kan schlug mit der Faust auf die Lehne seines Throns, sprang dann auf und stampfte durch den Raum. Er war wütend. Pranck, der als Gesandter aus Trelis zu ihm geschickt worden war, kniete in der Mitte des Raumes und behielt seinen obersten Feldherren ängstlich im Blick, als hätte er Angst getötet zu werden, nur weil er die Hiobsbotschaft überbracht hatte. Kan grollte vor sich her, schnaufte, keuchte vor Entrüstung und war schlichtweg außer sich. "Was soll ich Vak ausr...", setzte Pranck leise murmelnd an, doch Kan wurde erneut von seinem Zorn gepackt und warf einen goldenen Teller zu Boden, der verbeult wieder hoch sprang und dann klappernd liegen blieb. "Verschwinde!", brüllte Kan Pranck an, um seiner Wut Luft zu lassen. Pranck ließ sich das nicht zweimal sagen, hievte sich auf die Beine und eilte hinaus. Äpfel, die zuvor auf dem Goldteller geruht hatten, den Kan runtergeschmettert hatte, kullerten über den Boden und diese harmlose Bewegung brachte Kan wieder so in Rage, dass er die Äpfel mit einem Tritt zerstampfte, der in ganz Myrtana zu hören sein musste.
    Wie konnten sie es nur wagen? Wie konnten diese elenden, goldgierigen Morras es nur wagen Zoll von ihm zu verlangen? Er würde sie töten, jeden einzelnen, jeden würde er so grauenhaft zu Tode martern, dass die anderen sich gleich freiwillig ins Grab begaben. Doch Kan wusste, dass solch rohe Gewalt nicht durchzusetzen war. Er starrte aus dem Fenster, atmete tief durch und versuchte alles um sich zur Ruhe zu bringen, doch jedes Mal, wenn er daran dachte wie dreist diese Morras festgelegt hatten, dass jeder Ork, der nach Varant wollte 1000 Gold bezahlen musste, kochte seine Wut erneut hoch. Er musste etwas unternehmen.
    Alle Orks, die ihm zur Verfügung standen am Pass versammeln? Nein, die Morras würden mit Booten herüberkommen und die dann kläglich bewachten Städte im Nu erobern. Sollte er es einfach mit sich und seiner Rasse machen lassen, ihnen das Gold zahlen? Nein, er würde seine Rasse nicht zum Schoßhund der Morras degradieren. Sollte er die Ausgrabungen in Varant einfach stoppen? Möglich, die göttlichen Artefakte waren weg und die meisten Artefakte geborgen, doch es wäre bedauerlich auf die noch im Sande Varants versteckten Schätze verzichten zu müssen.
    Aber auch viele Assassinen waren in der vergangenen Zeit in Myrtana gewesen und waren es teils immernoch. Auch sie hatten von dem Bündnis profitiert. Was würden sie machen, wenn Kan das Bündnis unter den neuen Bedingungen beendete? Spekulationen brachten ihn aber nicht weiter. Er könnte Ali, den Assassinen, der hier ein- und ausging gefangen nehmen und verhören, eventuell sogar als Geisel benutzen.
    Ur-Gosh hatte Recht gehabt. Inzwischen waren ihre eigenen Verbündeten ihre größte Bedrohung geworden. Wenn es zu einem Krieg kam, würden auch viele Orks an den wirkungsvollen Giften der Wüste umkommen. Ur-Gosh musste sofort mit der Herstellung von Gegengiften beginnen, aber da war ja noch dieses andere Problem. Ur-Gosh war ja verschwunden. Das letzte was er erfahren hatte war, dass Gorok gesehen hatte wie Ur-Gosh runter in den Wald gegangen war, vermutlich um Pflanzen zu sammeln. War er vielleicht den überlebenden Morras aus Vengard zum Opfer gefallen? Und was war mit all den Söldnern, die über Nacht verschwunden waren? Hatten die Königstreuen ihnen allen einzeln aufgelauert und getötet, ohne dass es jemand bemerkt hatte?
    Wieder konnte er nur mutmaßen was geschehen war, doch stand er nun vor einem Problem. Sowohl die königstreuen Morras des Mittellandes, als auch die Morras der Wüste waren gefährlicher geworden als er es je für möglich gehalten hatte und er hatte keine Leute mehr. Jetzt wo ein Großteil der Orksöldner verschwunden, Ur-Gosh vermisst und Tarok mit den besten Orks der Stadt auf die Jagd gegangen war, war die ehemals so lebhafte Burg Faring wie leergefegt.
    Immerhin waren die jagenden Morras, die sie mit Fleisch aus Nordmar versorgten noch da. Aber so konnte das nicht weitergehen. Er würde mit Grok in Kontakt treten müssen. Geldern war eine starke und reiche Stadt und dazu noch in genau der richtigen Position, um Trelis zu unterstützen. Aber wie sollte er es anstellen Trelis Unterstützung zu schicken ohne dass die Morras Verdacht schöpften und misstrauisch wurden?
    Als erstes musste er in Auftrag geben, dass alle Assassinen Myrtanas strengstens bewacht würden. Es durfte auf keinen Fall geschehen, dass sie die Pläne der Orks verrieten oder sabotierten. Kan dachte einen Moment lang nach und beobachtete, wie Ali auf einer Bank sitzend ein wenig Wasser trank. Ihm war der Gedanke gekommen sie alle töten zu lassen, um den Assassinen zu zeigen, was mit ihnen geschehen würde, wenn sie sich seinem Willen nicht beugen wollten. Die Idee gefiel ihm. Aber noch nicht. Noch war es vielleicht auch so nicht zu spät, um in zähen Verhandlungen alles zum Guten zu wenden.
    Dann ließ er nach Pranck rufen, der auf seinem Weg zurück nach Trelis, den Statthaltern Potros und Varek eine Botschaft überbringen sollte, bevor er zu Vak zurückkehrte. Gorok würde sich währenddessen auf dem Weg nach Silden und Geldern machen, um dort alles nötige zu klären. Was Kap Dun und das restliche Küstengebiet anging, so würden sie dort neben Trelis die ersten sein, die den Assassinen zum Opfer fielen, wenn diese übers Meer kamen. Am liebsten würde er dort eine ganze Armee stationieren, aber er hatte hier im Moment zu wenig Leute.
    Es war Zeit sich gegen die Assassinen zu wappnen, anstatt sich mit dem kläglichen Rest der Königstreuen rumzuschlagen. Die waren besiegt gewesen als er ihren König ermordete. Deshalb schickte er zwei Orks aus, die Tarok und seine Leute sofort zurückholen sollten. Er brauchte jetzt jeden zur Verfügung stehenden Ork.
    Geändert von MiMo (11.11.2014 um 19:51 Uhr)

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    Kapitel XIII
    Aufeinanderprall der Gesandten


    Es war Abend geworden und Tarok war mit seinen Leuten in Montera eingekehrt, um dort sein Nachtlager aufzuschlagen. Pranck hatte es an diesem Nachmittag nur bis nach Gotha geschafft, wo er Potros die neuen Befehle von Kan überbracht hatte. Gorok war mit Pranck in Gotha geblieben und die anderen beiden Orks, die Tarok zurückpfeifen sollten, dachten gar nicht an eine Pause, denn dann würden sie Tarok nie einholen, der hatte immerhin einen halben Tag Vorsprung.
    So kam es, dass sie bei schwärzester Nacht auf dem Weg zwischen Gotha und Montera marschierten. In die entgegengesetzte Richtung, aber auf dem gleichen Weg, setzten Hengley, Dudley und Daryl ihren Weg fort. Sie hatten den Tag über bei Mason geschlafen, ihm aber vorsichtshalber nichts von ihrem Auftrag erzählt. Sie hatten aus der Ferne gesehen wie Tarok und seine Männer in Montera angekommen waren, dementsprechend froh als sie den Kornhof hinter sich gelassen hatten ohne von einem Ork oder einem ihrer Söldner entdeckt zu werden.
    "Es tut gut sich mal wieder nicht übermäßig viel Sorgen machen zu müssen von den Orks entdeckt zu werden", meinte Daryl und sah entspannt zum Mond hinauf. "Wenn wir erstmal an Gotha und Faring vorbei sind haben wir erstmal richtig Abstand zu den Städten der Orks und können uns in Ruhe auf die Suche nach den hoffentlich noch lebenden Flüchtlingen machen", fügte Hengley hinzu. "Seid leise", keuchte Dudley da auf einmal erschrocken.
    Er hatte etwas gesehen, was keiner von den anderen beiden bemerkt hatte. Zwei Schemen, die so groß und bullig wie die eines Orks waren kamen auf sie zu. Die Orks schienen sie aber noch nicht bemerkt zu haben, würden es jedoch jeden Moment tun. "Rennt", hauchte Dudley und machte ein paar große Schritte in den Wald hinein, der zu ihrer Linken begann.
    Jetzt hatten auch die Orks ihre Bewegungen erkannt und die Waffen gezogen: "Stehen bleiben. Wer seid ihr Morras?" Doch keiner gab ihnen eine Antwort. Hengley und Daryl waren Dudley hinterher in den Wald gefolgt, was die Orks jedoch bemerkt hatten und ein paar Sekunden später hatte einer von ihnen eine Fackel entzündet. Im Fackelschein waren die drei Flüchtigen klar auszumachen und so preschten die drei großen Orks mit Riesenschritten in den Wald hinein. Der Ork, der seine Hände frei hatte, zückte eine Armbrust und schoss ihnen Bolzen nach. Im Zickzack rannten die drei Rebellen durch die Bäume um den Bolzen zu entgehen, doch so kamen sie nicht schnell genug voran und die Orks holten sie Schritt für Schritt ein.
    "Na warte", schrie Hengley und nahm seinen Bogen vom Rücken. "Nicht", riefen ihm die anderen beiden zu, die schon ein ganzes Stück weitergelaufen waren als sie bemerkt hatten was Hengley vorhatte. Hengley spannte einen Pfeil in seinen Bogen und musste im nächsten Moment hinter einem Baum in Deckung gehen, in dem sich Sekunden später ein Klingenbolzen bohrte. Dann sprang er wieder hinter dem Baum hervor und erhob zeitgleich mit dem Orkschützen seine Waffe. In fünf Metern Entfernung zueinander schossen sie ihre Geschosse ab. Hengley war um längen flinker gewesen als der Ork. Bevor der Bolzen die Armbrust verlassen hatte, war der Pfeil in die Armbrust eingeschlagen und explodiert. Der Sprengpfeil hatte sein Ziel erreicht und die Orkarmbrust in Fetzen gesprengt.
    Der Ork war zu Boden gestürzt, zog nun jedoch seine Waffe und stürmte auf die Rebellen zu. Daryl und Dudley warfen sich ihm entgegen, wurden jedoch niedergeschleudert, wobei Dudley seine Waffen verlor. Der Ork, der losgestürmt war, schlug nun mit seiner Waffe nach Hengley, traf aber nur noch einen schmalen Baum, der von der Wucht des Schlages absplitterte und zu Boden krachte.
    Der zweite Ork, der die Fackel in den Boden gerammt hatte, hackte jetzt mit seiner Waffe auf Dudley ein, der unbewaffnet wie er war sich nur wegrollen konnte, um der Waffe zu entgehen. Daryl kam ihm zur Hilfe und parierte einen Hieb des Orks der sonst Dudleys Kopf gespalten hätte. Hengley wich der zerstörerischen Waffe seines Gegners immer wieder aus, sodass immer mehr Bäume ungewollt gefällt wurden.
    Daryl lieferte sich jetzt einen heftigen Schlagabtausch mit dem Ork und die Waffen gaben hell tönende Klänge beim Aufeinanderprall ab. Daryls Arm wurde allmählich lahm, denn es war wahrlich kein Zuckerschlecken Waffen aufzuhalten, die mit der Kraft eines Orks auf einen geschmettert wurden. Vollkommen unerwartet kam dann die Wende. Dudley hatte sich auf die Beine des Orks gestürzt, dieser kam ins Straucheln, sodass es für Daryl ein Leichtes war die Deckung des Orks zu durchbrechen und ihm mit dem Zweihänder, den Daryl meisterlich führte, durch die Brust zu stoßen. Ein jammervoll gurgelndes Geräusch und das dumpfe Krachen mit dem er aufschlug waren die letzten Laute, die der Ork von sich gab. Dudley schnappte sich nun die Fackel, um seine Waffe zu suchen und Daryl kam Hengley zu Hilfe.
    Der verbliebene Ork ließ rasend vor Zorn von Hengley ab und bearbeitete lieber Daryl, der mit seiner blutgetränkten Waffe ein ums andere Mal sein eigenes Leben rettete. Daryls Augen weiteten sich vor schreck als ihm seine Waffe aus den tauben Händen geschlagen wurde. Dudley ließ von der Suche nach seinem Schwert ab und starrte gebannt auf das was nun geschah. Der Ork erhob seine todbringende Waffe. Daryl starrte in der winzigen Sekunde zwischen dem Verlust seiner Waffe und dem Ausholen des Orks geschockt zu seinem Richter hinauf.
    Im nächsten Moment war er tot.
    Der Ork war tot.
    Und Daryl lebte, was ihm sein rasender Herzschlag bewies. Hengley hatte sich von hinten auf den Ork geworfen und ihn mit einem gezielten Dolchstoß gemeuchelt. Blut war aus der Kehle des Orks überall hingespritzt. Daryl saß immernoch mit pochendem Herzen da und starrte die Leiche an, die vor ihm ihre rote Flüssigkeit lautlos ausspie. Er selbst und Hengley waren von Kopf bis Fuß damit bespritzt.
    "Ist bei euch alles in Ordnung?", fragte Dudley mit zitternder Stimme. "Ich denke schon", erwiderte Hengley, "Zumindest ist das Blut nicht meins" Hengley half dem am ganzen Leib zitternden Daryl auf, der es endlich schaffte seinen Dank zu stottern: "D-Danke. I-Ich dachte echt ich würd' sterben." "Keine Ursache", tat Hengley den Dank ab, obwohl auch er ganz blass und erleichtert war. In den nächsten Momenten sprach niemand. Nur das Rascheln einer Fleischwanze im Unterholz und das des Windes in den Kronen der Bäume war zu hören.
    "Wir haben viel Lärm gemacht", sagte Dudley irgendwann, als sich alle wieder einigermaßen beruhigt hatten, "Lasst uns schnell gucken, ob die Orks Gold oder andere nützliche Dinge dabei haben und dann weitergehen, bevor hier noch mehr von denen eintrudeln." "Lasst uns nach Okara gehen", schlug Daryl vor und alle sahen ihn verdutzt an, "Vielleicht bekommen wir dort Neuigkeiten und in dieser Nacht würden wir es eh höchstens noch bis nach Gotha schaffen. Okara ist unsere letzte Chance mit anderen Rebellen zu reden, bevor wir bei den Ruinen von Vengard ankommen."
    Die anderen beiden nickten schweigend, nahmen den beiden Orks das bisschen Gold, das sie bei sich hatten ab und machten sich auf den Weg, wobei sie die beiden toten Orks zurückließen. Diese Orks würden Tarok nie erreichen und ihm nie mitteilen, dass er und seine Leute in Faring dringend gebraucht wurden.
    Geändert von MiMo (11.11.2014 um 20:11 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel XIV
    Mysteriöse Krankheit


    Die Sonne, die Stunden zuvor noch vergeblich an dem ewigen Eis von Nordmar geleckt hatte, wärmte ihn nun und so sah Milten erfreut nach vorne, als er die Kuppe des Passes erreicht und nun freie Sicht über die Wälder bei Silden hatte. Ganz in der Ferne konnte er das kleine Fischerdorf mit seinem Sklavenlager sogar erahnen. Nun, wo es so schön warm war im Vergleich zu Nordmar, ging die Reise viel leichter voran und Milten trabte in einem unfreiwilligem Laufschritt den gewundenen Pfad den Pass hinunter. Er wusste, dass sich hier auch Orks rumtrieben, die den Pass bewachten und so war er sehr vorsichtig, als er in den Wald eindrang.
    Zwischen den Ästen war die inzwischen untergehende Sonne zu erkennen und Milten machte sich als er das sah Gedanken um einen Schlafplatz für die Nacht. Er hielt es für unklug hier im Wald allein zu schlafen, wo er doch wusste, dass hier hin und wieder Orks patrouillierten. Er kannte sich in der Gegend auch nicht so gut aus, dass er eine für gewöhnlich leere Höhle kannte, in der er schlafen konnte, wie es noch in Nordmar gewesen war. Aber sollte es hier tief im Wald versteckt nicht Rebellen geben? Die würde er aufsuchen. Dort war er als Vertreter Innos sicher gern gesehen und auch sicherer als allein.
    Und so streifte er durch den Wald, an den Heilpflanzen, von denen er gelegentlich eine mitnahm, und den Morgentauen, von denen es so viele gab, dass es ihm sinnlos erschien welche mitzunehmen, vorbei auf der Suche nach den Rebellen, während die Sonne immer tiefer wanderte und sich Dunkelheit breit machte. Wenn er die Rebellen nicht bald fand, befürchtete Milten am Ende noch einem hungrigen Schattenläufer auf der Jagd zu begegnen, worauf er wenig Lust hatte. Kaum hatte er seine Befürchtung zu Ende gedacht, erblickte er zu seinen Füßen eine Brücke, die eine kleine Erdspalte überdeckte.
    Die Orks hätten niemals etwas so zierliches als Brücke gebaut. Also mussten die Rebellen sie erbaut haben, was hieß, dass sie hier auf dem Weg zu ihrem Lager entlang mussten, denn sonst hätten sie sicher nicht Zeit und Kraft für eine Brücke aufgebracht. Als er über die Brücke gegangen war und dann um den großen Felsen, der ihm zur Linken lag schauen konnte, erblickte ein paar Hütten, Kisten und einen Zaun, der das alles umschloss.
    Das musste das Rebellenlager sein und froh es gefunden zu haben, ging er direkt darauf zu. Im Lager war die schattenhafte Gestalt, die zuerst nur von Milten zu erkennen war, ein Auslöser für große Unruhe. Es konnte eigentlich nichts anderes ein Ork oder einer ihrer Söldner sein, denn seit kurzem hatten sie all die kleinen Rebellenposten zu einem großen zusammengeführt, um sich besser verteidigen zu können, falls die Orks sie tatsächlich mal finden würden. Doch als Milten ganz ruhig und ohne ein Anzeichen eines Angriffs in den Schein ihrer Fackeln trat, beruhigten sie sich wieder. Über den Besuch eines Feuermagiers aus Nordmar freuten sich die meisten sogar.
    "Sei gegrüßt, Feuermagier", begrüßte Freman ihn, "Ich bin Freman und du bist offensichtlich ein Feuermagier. Was verschafft uns die Ehre?" "Ich bin nur auf der Durchreise", erwiderte Milten, "Man nennt mich Milten und ich suche lediglich ein Nachtlager. Draußen im Wald ist es gefährlich." "Du darfst bei uns bleiben solange du willst", sagte Freman und hielt Milten seine Pranke von einer Hand hin. Milten schlug ein und schüttelte sie: "Wenn das so ist möchte ich dir als Anführer des Lagers einen Heiltrank aus dem Kloster Innos schenken."
    Er holte einen Trank hervor und merkte im gleichen Moment wie die Stimmung umgeschlagen war als er das Wort "Anführer" verwendet hatte. "Ist etwas?", fragte Milten irritiert. "Ich bin nicht der Anführer dieses Rebellenlagers", presste Freman mit leidgetränkter Stimme hervor. Milten war verdutzt: "Warum ist euer Anführer dann nicht hier und begrüßt einen Neuankömmling?" Das sagte Milten nicht, weil er sich für besonders wichtig hielt, sondern weil ihm so langsam dämmerte, dass hier etwas nicht richtig war. "Ich bring dich zu ihm", brummte Freman, "Vielleicht kannst du ihm helfen." Milten spitzte seine Sinne um jede einzelne Nuance in dem Verhalten der Rebellen zu erkennen und herauszufinden was los war. Sie begaben sich zu der am stabilsten wirkenden Hütte.
    Freman blieb neben dem Eingang stehen und schickte Milten mit einem Nicken hinein. Als Milten das Zimmer betrat fiel ihm sofort ein Gestank von Schweiß auf. In der Hütte saßen zwei Männer. Einer saß auf einem Hocker und sah ihn verwundert an. Er trug eine Art Orksöldnerrüstung, die wie Milten ahnte nur zur Tarnung gut war. Neben ihm lag ein Harnisch, der ganz klar, der eines Rebellen war. Doch die zweite Person die im Bett lag, war es, die seinen Blick von Anfang an angezogen hatte.
    Sie trug keine Rüstung und glänzte am ganzen Körper vor Schweiß. Sein Hemd klebte an ihm und obwohl er zu schlafen schien, bewegte er sich krampfhaft und stöhnte immer wieder laut auf. Aber noch etwas anderes war an ihm merkwürdig. Es ging Magie von ihm aus.
    "Er ist krank", sagte Freman, der hinter Milten die Hütte betreten hatte, schroff. "Habt ihr es schon mal mit einem gegen Krankheiten wirkenden Trank versucht?", fragte Milten ohne den Blick von der kranken Person zu nehmen. "Ja, wir haben alles ausprobiert was wir kannten", antwortete Freman und man hörte ihm an, dass Milten seine letzte Hoffnung war. "Helfen Sie meinem Bruder", es war eine gebrochene Stimme, die vom Schlafmangel schwach und von der Sorge brüchig war. Sie kam von dem Mann, der auf dem Hocker saß.
    "Keine Sorge", beruhigte Milten ihn, "Die Krankheit ist magischer Natur, ähnlich einem Fluch, das merke ich" Milten konzentrierte sich und legte dem Mann die Hand auf die Brust. Das Fieber rührte ganz sicher von einem Zauber her, doch wusste er nicht wie... "Was ist geschehen kurz bevor er krank wurde?", fragte Milten. "Nichts", erwiderte der Mann auf dem Hocker, "Der Tag war ruhig und niemand hatte etwas geahnt ehe er urplötzlich zusammenbrach. Wir schleppten ihn in sein Bett, das er bis heute noch nicht wieder verlassen hat."
    Milten antwortete nicht. Das war beunruhigend. Das hieß, dass die Orks, wahrscheinlich mittels eines Rituals, einen Weg gefunden hatten Krankheiten auf Menschen zu legen, die meilenweit entfernt waren. Wahrscheinlich war es Grompel, der Schamane aus Silden gewesen. Er würde Rhobar hiervon unbedingt berichten müssen und wenn sich auf der Reise die Möglichkeit erwies würde er Grompel abpressen wie er das geschafft hatte. Das erschien ihm äußerst wichtig, denn wenn die Schamanen anfingen haufenweise Leute zu verfluchen, musste er als der magische Berater des Königs etwas dagegen unternehmen.
    Aber nun musste er erstmal dem Rebellenführer helfen. Er baute einen Manafluss auf, der genau entgegen dem feindlichen Manafluss wirkte und ließ ihn murmelnd in den kranken Körper fließen. Milten nahm wahr wie sich die Strömungen gegenseitig neutralisierten und der Patient machte ein Geräusch als hätte man ihm plötzlich einen dicken Stein aus dem Hals entfernt. Er lag nun ruhig da und sein Gesicht war nicht mehr von Schmerz verzerrt.
    "Jetzt muss er sich nur noch erholen", sprach Milten, "Er wird bald wieder ganz gesund sein." Jubelschreie kamen nicht nur aus den Mündern von Freman und dem Mann in der Orksöldnerrüstung, sondern auch von all den anderen Rebellen, die die die Prozedur von draußen gespannt beobachtet hatten. Milten musste lächeln. Es tat gut zu helfen.
    Geändert von MiMo (11.11.2014 um 20:31 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel XV
    Aufschwung


    Das Wetter war schön, locker, leicht und unbeschwert, genau wie das Leben in Nemora nun zu sein schien. Sie hatten natürlich noch immer alle einen Haufen Probleme, doch seitdem Torn die Verletzten geheilt hatte, waren alle wieder mit neuem Eifer an ihre Arbeit gegangen. Rendell und ein paar andere Jäger hatten heute so viele Ripper erwischt, dass sie sich vorerst keine Sorgen mehr ums Essen machen mussten, Russels Schmerzen von seiner Niederlage gegen Gorn waren endgültig verflogen und die anderen reparierten fleißig die morschen Holzkonstruktionen oder besorgten Werkzeuge und Rohstoffe. Treslott mischte eifriger Tränke denn je und trotzdem wurden seine Vorräte dank der engagierten Helfer nicht weniger.
    Rhobar stand mit Russel und Gorn im Hintergrund auf der mittleren Etage am Ausgang und blickte auf das muntere Treiben hinab. Es war schon erstaunlich wie eine plötzliche Wiederbelebung des Großteils des Lagers sich auf die Moral der Männer auswirkte. Alle waren einfach nur froh, dass keiner einen schweren Preis für ihres Königs Begier nach dem Amulett bezahlen hatte müssen. Rhobar riss den Blick vom Geschehen und wandte sich dem Grund dafür zu, dass Gorn und Russel bei ihm standen.
    Torn stand ihm gegenüber und wollte sich verabschieden, denn jetzt wo es allen wieder besser ging, wurde er von seinen Waldläufern wieder dringender gebraucht als von den Bewohnern Nemoras. Russel hatte es sich als Führer Nemoras nicht nehmen lassen am Abschied teil zu haben, während Gorn sowieso selten die Seite seines Freundes verließ.
    "Ich werde mich dann jetzt auf den Weg zurück zu denen begeben, denen Adanos das Begier nach seinen Fittichen schenkte", unterbrach Torn das Schweigen. Rhobar sah ihn an und versuchte Worte zu finden, die ihm ausnahmsweise mal fehlten: "Ich danke dir." Diese schlichten Worte waren ein Versuch das auszudrücken, was Rhobar fühlte. Ohne die Hilfe des Druiden wären vielleicht viele wegen seiner eigenen Habgier umgekommen. Er wusste nicht, was er gefühlt hätte, wenn es tatsächlich so gekommen wäre, aber eins war sicher: Er hätte sich nie wieder in ein Rebellenlager getraut. "Wenn du mal Hilfe brauchst, dann werde ich höchstpersönlich kommen und dir helfen", fügte Rhobar noch hinzu und streckte dem Druiden seine Hand zum Abschied entgegen.
    Ihre Augen trafen sich und er wusste, dass der Druide an ihr Gespräch bei den Waldläufern dachte. "Du schuldest mir nichts", erwiderte Torn zur Überraschung aller und erhob nun auch seine eigene Hand, "Wir Kinder Adanos standen in deiner Schuld, für all das, was du für uns getan hast. Diese Schuld habe ich nun beglichen." Dann schlug er ein und schüttelte dem König die Hand. Rhobar musterte Torn und fragte sich, ob dieser seine Worte so meinte, oder ob dieser sich Sorgen machte, dass er nun von Tag zu Tag gefährlicher würde und sie am Ende zwingen würde in eine Schlacht zu ziehen und sich deshalb von ihm distanzierte.
    "Sag trotzdem Bescheid, wenn ich euch helfen kann", wiederholte er sein Angebot. "Das werde ich", antwortete Torn, wandte sich der freien Wiesenlandschaft zu, holte einen weißen Stein hervor und verwandelte sich in einen Snapper, der dann mit schnellen Schritten über die Wiesen preschte. Wegen dem Rückweg des Druiden machte Rhobar sich keinerlei Sorgen. Er war so sehr gut getarnt.

    Dort wo das sandige Korn von Varant und das saftige Grün von Myrtana sich trafen und sich zu dürren Geästen vermischten, versammelten sich währenddessen Assassinen. Es gab dort nun einen hohen Bretterzaun und ein großes prachtvolles Zelt. In dem Zaun war eine schmale Öffnung, durch die höchstens drei Orks nebeneinander gehen konnten. Ein paar Assassinen standen wahllos verteilt in der Nähe dieses Tores und rauchten beim Reden genüsslich einen schwarzen Rhobar oder tranken Wein, den sie der letzten Orkpatrouille abgekauft hatten.
    In dem ausladendem Zelt, das von zwei Elitekriegern der Wüste bewacht wurde, fläzte Tufail sich auf einem Stapel der teuersten Seidenkissen, die man in Varant finden konnte. Seit des Überfalls im Pass hatte er sich als erstes Oberhaupt der Zollstelle einsetzen lassen. Trotzdem war er noch immer Statthalter von Braga, was hieß, dass er nun zwei hohe Ämter innehatte, was ihn sehr erfreute. Er war jetzt der mächtigste Mann im Nordwesten Varants, was er zugegebenermaßen auch schon vorher gewesen war. So vor sich hin denkend lag Tufail in seinen Kissen und hasste die straffen Verbände, die nun um seine verletzte Brust geschlungen waren. Doch da horchte er auf.
    Er hörte schwere Schritte und das Geklirr von Waffen. Sich streckend erhob er sich, um nach draußen zu gehen und seine neue Macht zu demonstrieren. "Halt!", hörte er einen seiner Leute rufen. "Was willst du Morra?", knurrte ein Ork missgelaunt zurück. "Das macht dann 4000 Gold", sagte Tufail, als er aus dem Zelt hinausgetreten war und mit einem schnellen Blick die Orks gezählt hatte, die vor dem Bretterzaun standen. "Wie bitte?", fragte ein anderer Ork verdutzt.
    "Ach, wisst ihr noch gar nichts davon?", hakte Tufail gekünstelt verwundert nach. "Rede Morra oder ich breche dir alle Knochen!", drohte der Ork, der als erstes gesprochen hatte. "Nun, es ist so", begann Tufail und konnte mal wieder ein zufriedenes und selbstgefälliges Grinsen nicht unterdrücken, "Von nun an habt ihr Orks kein freies Geleit mehr in unser Land. Jeder ist jetzt verpflichtet 1000 Gold zu zahlen, wenn er über den Pass möchte, egal ob er aus Varant raus oder rein will."
    "Jetzt hör mal zu", erzürnte sich der Ork, "Wir haben die Artefakte der Ausgrabungen der letzten Tage nach Geldern gebracht und wussten nichts von dieser unschicklichen Änderung eurer Gesetze. Wir haben keine 4000 Gold und selbst wenn wir sie hätten, würden wir sie dir sicher nicht geben! Lass uns jetzt endlich durch!"
    "Willst du mir drohen?", Tufails Stimme war nun nicht mehr amüsiert, sondern schneidend kalt. Er fand die Situation zwar immernoch herrlich, doch war es nun an der Zeit den Orks Respekt einzuflößen, "Wenn ihr euch gegen uns auflehnen wollt, dann tut das. Keiner von uns fürchtet eure Äxte." Die Orks waren 1:5 unterlegen und sie wussten, dass sie die Assassinen nicht verärgern durften. "Na gut", knirschte einer der Orks, "Wir ziehen uns zurück. Aber lass dir eins gesagt sein, Morra: wenn Kan davon erfährt, dann gnade euch Beliar!"
    "Ja, wir stehen in der Gnade Beliars und deshalb machen wir uns auch keine Sorgen. Einen schönen Tag noch", verabschiedete Tufail die Orks ohne seine Arme auch nur ansatzweise aus ihrer Verschränkung zu lösen. Die Orks stierten sie noch einmal feindselig an und wandten sich dann zum Gehen. "Perfekt", murmelte Tufail und kehrte in sein Zelt zurück.
    Geändert von MiMo (17.02.2010 um 13:58 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel XVI
    Besuch von einem alten Bekannten


    Als es an diesem Abend graute bekam Silden Besuch. Die Besucher stapften mit ihren großen schweren Füßen über die freien Wiesen, durchwateten den Fluss, passierten dann das Fischerviertel, wo Hatlod sie mit erstaunten Augen anstarrte. Sie setzten ihren Weg unbeirrt fort, kamen an der Arena vorbei, dann sprach einer von ihnen kurz mit Denpok und schon waren sie im oberen Viertel von Silden, wo die Orks sich verteilten und nur ihr Anführer, Tarok, zu Umbrak ging.
    Kurz darauf kam er wieder heraus. Umbrak hatte keine Neuigkeiten für ihn gehabt. Ihre Stammesangehörigen in Nordmar hatten gesehen, wie dieser Morra den Pass nach Silden benutzte, um Nordmar zu verlassen, doch hier in Silden war er niemandem aufgefallen. Sie mussten also ohne jeden Anhaltspunkt weitersuchen. Entweder war er von hier aus in Richtung Montera gegangen oder er hatte sich nach Geldern aufgemacht. Sie selbst kamen gerade von Montera und dort durchkämmten die Orks die Wälder sowieso schon seit einiger Zeit auf Vareks Befehl hin, denn das Rebellenlager Okara hatte er immernoch nicht gefunden.
    Es wäre also klüger nun in Richtung Geldern zu suchen. Oder aber er steckte hier noch in der Nähe. Es dämmerte schon und es würde sich nicht lohnen heute noch mit der Suche zu beginnen, doch morgen würden sie sich die sildischen Wälder vornehmen. Wenn sie nichts fänden, ginge es danach weiter nach Geldern. Dort konnte er dann weitersehen.

    Der gleiche Sonnenuntergang, der von Tarok in Silden betrachtet worden war, wurde auch von einem Feuermagier betrachtet, der in den Bergen von Geldern gerade sein Nachtlager aufschlug. Unweit von ihm war ein Abhang unter dem man Geldern sehen konnte. Milten hatte leider einen ziemlich anstrengenden Tag hinter sich. Er hatte steile Felswände hinaufklettern müssen, um an Geldern vorbeikommen zu können. Geldern lag zwischen zwei Felswänden, sodass es unmöglich war an der Stadt vorbeizulaufen und das Betreten der Stadt kam für Milten sowieso nicht in Frage. Deshalb war ihm nichts anderes übrig geblieben als den Aufstieg in die Berge zu wagen.
    Er murmelte ein paar Worte und der Feuerball, der sich in seinen Händen entfaltete, erleuchtete die Gegend. Dann entzündete Milten die aufgehäuften Äste zu seinen Füßen und ließ den Feuerball wieder erlischen. Das Feuer verschlang prasselnd das dürre Geäst, doch da war noch ein anderes, ebenso leises Geräusch.
    Milten durchstreifte mit seinen Augen die Bäume und Büsche, die auf diesem Hochplateau wuchsen, um zu erkennen von wo das Geräusch gekommen war. Milten hatte sein Feuer extra auf der Geldern abgewandten Seite eines Felsens entfacht, sodass es in Geldern nicht zu sehen war. "Keine Angst. Ich tu dir nichts" Milten wirbelte total erschrocken herum und zog seinen Kampfstab. Die Stimme war nur knapp ein Meter hinter ihm gewesen und er hatte nichts bemerkt! Tatsächlich stand da in dem Dickicht ein Mann, der keine Waffe gezogen hatte und sonst auch kein Anzeichen von Feindseligkeiten machte.
    "Wer bist du?", fragte Milten, während sich sein Puls langsam beruhigte, doch er erkannte den Mann als er diesen genauer musterte, "Ich kenne dich. Du bist doch dieser..." "...Lares", ergänzte der Mann und setzte sich ans Feuer, "Ich bin doch auch mit der Esmerelda nach Myrtana gekommen, genau wie du." "Ja, ich erinnere mich", sagte Milten immernoch ein wenig skeptisch, während er seinen Stab wegsteckte, "Wie hast du mich gefunden? Du kannst nicht von meinem Feuer hierher gelotst worden sein, dafür warst du zu schnell hier." "Nein, das Feuer dürfte so geschickt wie du es platziert hast nicht in der Stadt zu sehen sein", stimmte Lares zu, "Du hast Spuren hinterlassen. Abgeknickte Äste, weggebrochene Felsvorsprünge und all sowas. Ich hab mich gefragt, wer sich auf einen so unbequemen Weg in die Berge macht und ob es vielleicht Banditen sind, die ich erleichtern könnte, doch ich fand dich."
    "Und warum hast du dich dann so angeschlichen?", fragte Milten gereizt. Er nahm es Lares weiterhin übel, dass dieser ihn so erschreckt hatte. Lares seufzte: "Wärst du ein Bandit gewesen, hätte ich mir gleich mein Grab schaufeln können, wenn ich lärmend durchs Unterholz gezogen wäre. Ich musste mir erst sicher sein, dass du kein Feind bist und es war in dem Wald schon ziemlich dunkel. Man erwartet ja auch nicht gerade einen Feuermagier zu treffen, der sich lieber die Berge hochschleppt als sich zu teleprtieren." "Ich hab keinen Teleportstein für diese Gegend", erwiderte Milten von dem Spott stoisch gestimmt. "Was machst du hier eigentlich?", wollte Lares mit einem interessierten Blick wissen. "Ich bin auf dem Weg zu Rhobar III. Ich soll ihn unterstützen und beraten.", erklärte Milten, ohne dass er glaubte, dass Lares wusste, wer der neue König ist.
    "Ach was, unser Teufelskerl kriegt das doch auch so hin!", meinte Lares zuversichtlich und holte einen kleinen stinkenden Beutel hervor. "Du weißt, dass er der neue König ist?", platzte Milten heraus. Er war bestürzt. Wie konnte diese Nachricht an eine Stadt der Orks gekommen sein. Wussten die Orks schon davon? "Mach dir nicht in die Robe", erwiderte Lares locker, "Der neue König hatte nämlich eine bessere Idee als hier hoch zu klettern, um an der Stadt vorbeizukommen. Er hat mich um Hilfe gebeten und kurz darauf hatte ich ihn erfolgreich durchgeschmuggelt."
    Schon wieder hatte Lares eine spöttische Bemerkung über ihn beiläufig in seinen Satz eingefügt. Doch so war Lares nun mal. "Weißt du wo Nemora ist?", fragte Milten und sah zu wie Lares sein Beutelchen aufschnürte. "Ja, klar weiß ich das. Ich habe unseren Kumpel bis nach Nemora begleitet. War das erste Mal, dass ich ihn getroffen habe seit er aus Geldern geflohen ist als es ihm hier zu heiß wurde.", antwortete Lares beiläufig, ganz darauf kozentriert die Sumpfkrautpflanzen, die er aus seinem Beutel gefischt hatte, zu einem Stengel zu verdrehen.
    "Kannst du mich hinbringen?", Milten hatte beschlossen Lares zu vertrauen, denn offensichtlich tat Rhobar das auch. Lares sah ihn mit seinen blutunterlaufenen Augen an: "Du weißt nicht wo Nemora ist?"-ein böser Blick von Milten strafte ihn für diesen Spott-"Ah ja, du bist ja gleich in den Norden abgehauen, als ihr in Ardea fertig wart. Da wirst du wohl nicht allzu viel von Myrtana kennen gelernt haben. Ich denke ich kann dich sicher zum König bringen, sofern er noch in Nemora ist. Der bleibt ja nie lange an einem Ort." "Danke", sagte Milten erleichtert, denn Lares ersparte ihm damit eine eventuell langwierige Suche.
    "Hey, ich hab nur gesagt, dass ich es kann, nicht das ich es mache. Aber wenn du ein wenig Gold für mich dabei hast" -ein empörter Blick von Milten brachte ihm von diesem Kameradenschweintrip wieder runter- "War nur'n Witz", beendete Lares den Satz und hielt seinen fertig gedrehten Stengel in die Flammen bis dessen Ende hell glühte.
    Geändert von Laidoridas (10.02.2010 um 18:38 Uhr) Grund: Sig aus

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    Kapitel XVII
    Finstere Pläne


    Es war dunkel in der Bucht vor Trelis, von wo aus man den Tempel sehen konnte, in dem das Artefakt gefunden wurde, das nun im Besitz von Tufail war. Und obwohl die Ausgrabungen am Tempel schon längst beendet worden waren, brannte ein Feuer in ihm. Ein Söldner streifte mit einer Fackel durch die engen Gänge des Tempels.
    Irgendwann hielt er inne, genau in dem Moment, in dem er vor einem schlichten Torbogen, der sich wie eine Verzierung in die Wand einfügte und doch seine Aufmerksamkeit erweckt hatte. Er betrachtete diesen Torbogen genauer. Es war der Torbogen, den Kamak freigelegt hatte, kurz bevor er das bläuliche Artefakt geborgen hatte. Der Mann wusste, dass dieses Artefakt etwas sehr besonderes sein musste, obwohl er sich mit Magie nicht auskannte. Dieses Artefakt war sogar besser geschützt gewesen wie das göttliche Artefakt und soweit er wusste waren die göttlichen Artefakte die mächtigsten bekannten Artefakte.
    Er trat durch den Torbogen und strich mit seiner Hand an der Wand entlang, wo Schriftzeichen eingeritzt waren, die er weder verstand, noch vollständig entziffern konnte, denn die Schrift war von der Verwitterung undeutlich geworden. Der Gang war zu Ende und der Söldner stand in einem kreisrunden Raum, an dessen Rand große Statuen der Vorfahren errichtet worden waren, wahrscheinlich lange bevor der Söldner das Licht der Welt erblickt hatte. Er sah sich um.
    In der Mitte war eine Steinsäule, auf der das Artefakt gefunden worden war. Um sie herum waren die Spuren von Kamaks ersten Versuchen an das Artefakt zu kommen zu sehen. So ragten an einer Stelle spitze Stacheln aus dem Boden hervor, die einen Orkleichnam durchbohrten, woanders lag ein Ork, der von einem Pfeilschauer durchlöchert worden war. Ein weiterer Ork lag zerquetscht unter einem schweren Felsbrocken. Noch keiner der Orks hatte es geschafft diese Säule zu berühren. Kamak hatte zuerst die magische Abwehr durchbrochen und das Artefakt dann mittels eines Telekinesezaubers zu sich gerufen. Der Mann wusste nicht, was er hier überhaupt wollte.
    Er wollte mehr über dieses Artefakt wissen und vielleicht ein noch mächtigeres Artefakt finden. Außerdem war ihm langweilig gewesen, denn seit er sich in diesem Tempel versteckte, hatte er lange nichts interessantes mehr erlebt. Er ließ noch einmal seinen Blick schweifen und wandte sich dann zum gehen. Er wollte stärker werden und dabei würde ihm dieses Artefakt sicher helfen können. Er strich über seine Klinge, ein gut geschärftes Bastardschwert, und dachte an diesen Kerl. Der hatte immer alles zunichte gemacht und jetzt wo er sich bei den Orks so verdient gemacht hatte, würde er nicht zulassen, dass der Kerl wieder das Regime der Orks kippen würde.
    "Wo warst du, Thorus?", wurde er grimmig von einem Ork begrüßt, der allgemeinhin als Tempeck bekannt war. "Wenn ich aus den Tiefen des Tempels auftauche, habe ich eben diesem wohl einen Besuch abgestattet", erwiderte Thorus gelassen und ließ sich an dem Feuer nieder, das in der Eingangshalle des alten Gemäuers brannte. Außer ihm und Tempeck saßen noch zwei weitere Orks am Lagerfeuer. Der eine war Milok, der Schmied aus Trelis und der andere war Kapotth, der ehemalige Anführer der Orks, die an dem westlichen Bauernhof Untersuchungen angestellt hatten. Sie alle drei hatten sich um Thorus geschart als dieser ihnen seinen Plan erklärt hatte. In erster Linie wollten sie den Verbanner des Schläfers töten, was in den Augen der Orks viel Ehre einbrachte, weshalb sie ihm gefolgt waren. Da dies kein offizieller Auftrag war und Vak es ihnen sicher nicht gestattet hätte, waren sie eines Nachts heimlich aus Trelis verschwunden. Seitdem versteckten sie sich tagsüber in diesem Tempel und gingen nachts heraus, um die Gegend nach Rebellen abzusuchen, die ihnen einen Hinweis auf den Drachentöter geben könnten.
    "Es wird Zeit", murrte Kapotth und erhob sich, "Es ist nun dunkel genug." "Du hast Recht. Gehen wir", stimmte Thorus dem Ork zu und richtete sich auf. Tempeck und Milok taten es ihm gleich und schon bald spürten sie die hohen Gräser, die hier wucherten an ihren Beinen entlangwischen. Schon seit einer Woche suchten sie die Gegend ab und Thorus hatte die Hoffnung schon aufgegeben seine Zielperson hier zu finden. Bald würden sie weiterziehen und es woanders versuchen.

    Die Nacht war seine liebste Tageszeit. In der Nacht brannte keine Sonne auf das schimmernde Eis Nordmars herunter und entlarvte ihn, wenn er mal wieder einen Fuß vor sein Zuhause setzte. Er mochte es, wie das Eis in der Dunkelheit mysteriöse Lichtreflexe von irgendwelchen Leuchtkristallen auf den Schnee projizierte, durch den er gerade eher watete als normal zu gehen.
    Vor ihm erstreckte sich nun das Ende dieser Schlucht, wo ein Höhleneingang zu erkennen war, an dem zwei Nordmarer Wache standen. Die Fackel, die einer von ihnen trug, erlosch plötzlich und die Leuchtkristalle wurden von einer Schneeverwehung zugedeckt. Er ging weiter, nun wo es stockfinster war, konnten diese törichten Krieger ihn nicht mehr wahrnehmen. Miteinander redend hatten diese die Köpfe zusammengesteckt, ganz verdutzt über das plötzliche Erlischen ihrer Lichtquelle und der Kristalle. Die Flamme flackerte wieder auf und einer der Nordmarer hielt sie nichts ahnend wieder in die Höhe.
    Doch der für das Erlischen Schuldige war längst an ihnen vorbei in die Höhle gehuscht. Erzadern zogen sich hier über die Decke, den Boden und die Wände. Neben ihm, am Boden eines tiefen Abgrunds floss glühendes Gestein. Keine Menschenseele war hier zu entdecken. Keiner der die Erzbrocken aus der Wand hackte oder die bereits geschürften fortschaffte. Endlich sah er sein Ziel vor Augen. Hier hatten sie sich alle versammmelt und aßen an warmen Feuer gebratenes Fleisch.
    Kaum hatte er dies gesehen, flackerten die Feuer auf und erloschen dann zischend. Die Männer fragten verwundert nach der Ursache und sogleich entbrannten haarsträubende Diskussionen. Doch keiner rechnete damit, dass ein fast gänzlich unbekannter Mann, den sie nur von den Lagerfeuergesprächen her kannten, plötzlich aus dem Zwielicht in ihre Mitte trat. Die Lava erleuchtete die Höhle mit einem rötlichen Dämmerlicht und verzerrte die Züge des Neuankömmlings. Dennoch wurden die Nordmarer bleich, als sie ihn sahen und sofort wussten, wer er war. Doch im nächsten Moment waren alle tot. Alle waren sie hinterrücks von Skeletten erstochen worden, die plötzlich um sie herum scharenweise aufgetaucht und ebenso schnell wieder verschwunden waren.
    Noch bevor der letzte Körper zu Boden gesackt waren, hatte der Mann seinen Weg fortgesetzt. "Xardas, der Dämonbeschwörer...", keuchte einer der Sterbenden, doch der Schwarzmagier trat mit seinem Fuß gegen den Kopf des Mannes. Xardas stand vor der Erzschmelze Nordmars, wo sein kleiner Lakai vor einiger Zeit auf seinen eigenen Befehl hin die göttlichen Artefakte zerstört hatte. Aber das war wieder nur ein kleiner Teil seines großartigen Plans gewesen.
    Sein Lakai, oder wie er heute genannt wurde, Rhobar III., hätte ihm mit diesen Artefakten gefährlich werden können, weshalb er ihm eine Lüge aufgetischt hatte, wonach er sie zerstören solle. Doch dem armen kleinen Mann war nie in den Sinn gekommen, dass er damit bewirkt hatte, dass die Artefakte derartig zerstört worden waren, dass nur noch er selbst, der Dämonenbeschwörer, sie wiederherstellen konnte. Auf diese Art und Weise war gewährleistet, dass nur noch er diese Artefakte benutzen konnte. Rhobar hatte durch die Zerstörung seine einzige wirklich starke Waffe unbrauchbar gemacht und gleichzeitig dem Schwarzmagier, dem er vertraut hatte die Macht gegeben, das ganze Festland in Schutt und Asche zu legen. Bei diesem Gedanken lächelte Xardas still vergnügt.
    Endlich war es soweit. Er würde sich nun unbesiegbar machen.
    Geändert von MiMo (17.02.2010 um 14:02 Uhr) Grund: Korrekturarbeiten

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    Kapitel XVIII
    Einzelkämpfer


    Wieder einmal schienen die weiten Hochebenen um Nemora menschenleer zu sein, doch wenn man genau hinsah, konnte man umgeknickte Grashalme erkennen. Diese hätten einen geschickten Jäger auf die Spur von Milten und Lares gebracht, die früh aufgebrochen waren.
    "Ist es dort drüben?", fragte Milten mit einem Mal und deutete in die Ferne. Lares sah wo sein Begleiter hinzeigte: "Ja, das ist Nemora!" Es war zwar bisher nur als eine Art kleine Kuhle zu erkennen, doch konnte man auch sehen, wie Menschen hin- und herliefen und ihren Beschäftigungen nachgingen.
    Andersherum waren auch Milten und Lares vom Lager aus als kleine schwarze Gestalten zu erkennen, die Rendell, der mal wieder Wache schob, sofort entdeckte. "Da kommt wer", murmelte er und huschte dann in die Tiefen Nemoras, um seinem König sofort Meldung zu erstatten. Eine gefühlte Sekunde später kam Rendell wieder hinaufgesprintet, gefolgt von Rhobar.
    "Was sollen wir tun?", fragte Rendell, begierig einen Befehl entgegenzunehmen. Rhobar starrte in die Ferne, wo die Gestalten immernoch nicht scharf zu erkennen waren. Allmählich bemerkten die Rebellen was los war und versammelten sich neugierig am Nordausgang. "Ich werde vorausgehen. Ihr wartet hier auf mein Signal. Sind es Orks werden wir mit ihnen fertig, sie sind ja nur zu zweit." Und schon hatte Rhobar das Lager verlassen und eilte mit großen Schritten über die Ebene.
    "Ist das denn nicht gefährlich?", fragte Rendell niemanden bestimmtes, doch Gorn antwortete ihm trotzdem: "Lass ihn, wenn er Spaß dran hat, oder willst du an seiner Stelle gehen?" "Warum muss denn überhaupt einer gehen? Und warum allein? Das ist doch Wahnsinn! Wenn das wirklich Orks sind..." Gorn lächelte: "Komm runter. Er macht das schon. Und es ist doch klar warum mindestens einer vorauf laufen muss, oder?" Rendell schüttelte langsam den Kopf. Gorn verfolgte Rhobar mit seinen Augen, während er Rendell antwortete: "Gesetzt dem Fall, dass das Orks sind, werden sie doch sofort die Flucht ergreifen, sobald sie sich sicher sind, dass das hier Nemora ist. Orks sind nicht dumm, sie würden nie den Fehler machen zu zweit gegen fünfzig Menschen anzutreten und sie wüssten auch wie wichtig es ist, dass ihre Entdeckung zu ihrem Oberst gelangt. Und wenn sie fliehen, dann müssen wir sie daran hindern. Das würden wir von hier aus nicht mehr rechtzeitig schaffen. Rhobar wird es von seinem jetzigen Aufenthaltsort jedoch hinkriegen. Warum er allein geht? Nun ja, das macht er immer so. Aber das ist jetzt ja auch nicht mehr wichtig." Rendell verstand nicht warum das jetzt nicht mehr wichtig sein solle, doch dann sah er, was Gorn schon vor ihm gesehen hatte.
    Rhobar begrüßte die Neuankömmlinge, die jetzt ganz sicher als Menschen zu identifizieren waren, mit einem Schulterklopfen. "Wer...", wollte Rendell eigentlich fragen, doch da musste er feststellen, dass Gorn gar nicht mehr neben ihm stand, sondern auf die Gruppe von Leuten zusteuerte, die auf der Wiese stand. "Lares! Milten!", rief Gorn erfreut, als er sie erkannte und begrüßte sie begeistert. In diesem Moment dachte keiner daran jetzt einen Schlachtplan zu entwerfen oder andere wichtige Dinge zu besprechen. Jetzt wollten sie einfach mal Spaß haben.

    Eine Fleischwanze kroch in ein Loch in dem modrigen Waldboden. Das Loch war komplett senkrecht und nur eins von vielen. Würde man die Löcher mit einer Linie verbinden, würde diese Linie die Form eines Ovals haben, das an einer Seite an einer Hütte entlangführte. Früher hatten in diesen Löchern Holzbretter gesteckt, die zusammen einen Zaun gebildet hatten.
    Torn kniete allein in der Mitte seines Lagers und rammte ein Kreuz in frisch umgeschaufelte Erde. Das Kreuz bestand aus den Brettern des Zauns, genau wie die anderen Kreuze, die überall um ihn herum leicht windschief im Boden steckten. Ein Kreuz für jeden. Er hatte den Zaun zerstört, um genug Bretter für jedes einzelne zu haben. Torn erhob sich und sah sich um. Nun lag kein Waldläufer mehr mit starrem Blick auf dem Waldboden.
    Blut war auch nicht mehr zu sehen, denn um die Gräber auszuheben, hatte er fast die ganze Lichtung umgegraben.
    "Möge Adanos sie in sein Reich aufnehmen", murmelte Torn tief traurig. Als er in Nemora gewesen war, hätte er nie im Leben damit gerechnet, dass in eben dieser Zeit die Orks sein ehemaliges Zuhause finden würden. Nun waren sie alle tot. Jeder einzelne. Kein Waldläufer hatte diese Schlacht überlebt. War das ein Zeichen von Adanos, dass es gefährlich war Rhobar zu helfen? Eigentlich hätte ihn diese Frage brennend interessiert, doch im Moment konnte er sich auf nichts anderes als die Toten konzentrieren. Der Tod war etwas schreckliches.
    Er würde den Orks dieses Vergehen heimzahlen. Dreizehn Waldläufer waren ihnen zum Opfer gefallen und er würde nicht eher ruhen wie er dreizehn Orks getötet hatte. Dies schwor er bei seinen Gefährten, die in wenigen Wochen nur noch Gerippe sein würden. Dieser Beschluss befriedigte ihn. Er würde nun selbst in die Schlacht ziehen. Er würde sie rächen, sie alle. Doch er würde sich nicht opfern. Er würde nicht nach Geldern stürmen und anfangen wild um sich zu schlagen. Er würde es geschickter machen. Er würde nur kleine Orkpatrouillen angreifen. Und sie töten. Sie alle.

    Die Nachmittagssonne brannte auf sie herab, als Rhobar und seine Freunde, die er schon seit der Zeit der Barriere kannte, sich dazu entschieden zur Sache zu kommen. Zu diesem Anlass hatten sie das volle und ungemütliche Nemora verlassen und sich auf und zwischen dem Gerippe eines uralten Tieres, das riesengroß gewesen sein musste, niedergelassen.
    "Dann lasst mal hören, was wollt ihr hier?", fragte Rhobar, nachdem er auf der Wirbelsäule des Tieres Platz genommen hatte. "Ich hab Milten nur hergeführt. Mehr wollt ich gar nicht.", erwiderte Lares lässig gegen eine Rippe gelehnt.
    "Ich wurde zu dir geschickt", antwortete Milten, der sich lieber auf einen Stein in der Nähe gesetzt hatte, "Von Altus. Ich soll Karryptos alte Stelle als magischer Berater des Königs einnehmen." "Kingt gut", meinte Rhobar. "Hast du auf dem Weg hierher irgendetwas interessantes gesehen?", fragte Gorn. Er hatte sich auf den Kopf des Skeletts gelegt. "Allerdings", Milten nickte und suchte nach Worten, die Anogs damaligen Zustand treffend beschrieben, "Ich war in Anogs Rebellenlager."
    "Ach ja?", Rhobar war verdutzt, "Was wolltest du denn da?" "Nur die Nacht verbringen", entgegnete der Magier, "Doch das ist jetzt eher unwichtig. Anog war schwerkrank." "War?", fragte Lares, der sich mal wieder einen Stengel drehte, "Ist er tot?" "Nein!", erwiderte Milten, in der Hoffnung, dass ihn nun keiner mehr unterbrechen würde, "Ich konnte ihn heilen. Aber das Merkwürdige daran war, dass die Krankheit magischen Ursprungs war, ähnlich einem Fluch."
    Lares vergaß seinen Stengel weiterzudrehen, während er nun konzentriert zuhörte. Gorn hatte sich aufgesetzt um Milten besser im Blick zu haben und Rhobar runzelte leicht die Stirn. "Ich glaube ein Orkschamane hat ihn damit belegt", fuhr Milten fort, "Wahrscheinlich der aus Silden, Grompel. Aber die anderen Rebellen haben mir erzählt, dass sie schon ewig nicht mehr mit Orks gekämpft hatten und das heißt, dass Grompel, sofern er es war, nicht in der Nähe seines Opfers sein muss, um ihn krank zu machen, was ich sehr beunruhigend finde." "Allerdings", stimmte Rhobar ihm zu, "Hast du noch mehr herausfinden können?"
    "Nein", erwiderte Milten, "Nur, dass es einen einfachen Gegenzauber gibt, man ohne magische Kräfte jedoch aufgeschmissen zu sein scheint. Die anderen Rebellen meinten sie hätten schon alles andere ausprobiert."
    Milten machte eine kleine Pause und sammelte sich für das, was er jetzt sagen würde: "Schick mich zurück nach Silden. Zusammen mit den Rebellen dort werde ich einen Weg finden Grompel zu entführen und so herauszufinden, wie er das gemacht hat! Ich glaube das ist sehr wichtig!" Milten sah Verständnis in den Augen von Rhobar und er wusste, dass dieser auch erkannt hatte was für eine Gefahr diese Krankheit darstellen konnte. "Gut", sagte Rhobar und nickte, "Heute wirst du dich noch ausruhen und deine Vorräte auffüllen. Morgen wirst du abreisen."
    Dann warf Rhobar einen Seitenblick auf Lares: "Und vielleicht kann Lares dich..." "Ist gut. Ich bring ihn schnell und sicher an Geldern vorbei und werde danach wieder in die Stadt zurückkehren und so tun als wäre ich nur kurz in Trelis gewesen. Das wolltest du doch, oder?", sagte Lares und drehte seinen Stengel endlich zu Ende. "Ja, genau darum wollte ich dich bitten", Rhobar konnte sich ein Grinsen dabei nicht verkneifen.

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    Kapitel XIX
    Das letzte Ritual am Schmelzofen


    Der Schnee rieselte sanft von oben auf den Wolfsclan herab und verdickte die schon vorhandenen Schneeschichten auf den Dächern. Eine der dicken Flocken landete in der Glut eines fast erloschenen Feuers und verdampfte zischend. Der Mann der vor dem Feuer saß, öffnete seine Augen. Seit Wochen hatte er sich nicht mehr bewegt. Er wusste, dass es für ihn Zeit war zu sterben und der weiße Hetzer war auch besiegt. Der Mann wartete schon seit einer Ewigkeit nur noch darauf, dass sein Nachfolger zu ihm kam. Wenn dieser vor ihm stünde, würde er ihn erkennen, doch so wusste Bogir nicht wer es war und konnte nur warten. Dies tat er nun schon eine lange Zeit. Seine Mitmenschen hatten anfangs versucht ihn zu einer Jagd zu ermuntern, doch er hatte immer wieder abgelehnt. Bevor er seine letzte Jagd antrat, musste er den Nachfolger des Wolfssteins getroffen haben.
    Doch in dieser Nacht hatte er noch ein ganz anderes Gefühl. Ein Gefühl der Bedrohung. Er saß ganz allein hier draußen. Außer ihm war nur noch der Eisgolem im Dorf, die anderen, auch die Wölfe, waren in den Hütten und schliefen. Ach ja. Einer stand noch unten am Dorfeingang mit dem anderen Eisgolem Wache. Deshalb wusste er auch nicht, warum er dieses Gefühl der Bedrohung verspürte. Er hatte unzählige Nächte allein hier gesessen, nur von dem Gedanken an den Nachfolger am Leben gehalten. Doch dieses Gefühl der Bedrohung war ernst zu nehmen. Er musste jetzt handeln, sofort! Er erhob sich und spürte wie seine Knochen im ersten Moment knackten, dann jedoch wieder so stark wie die eines Jünglings waren, als würden sie sich über die Bewegung freuen. Das Schicksal würde schon dafür sorgen, dass sein Nachfolger in den Besitz des Steins kommen würde. "Bogir? Was machst du da?", fragte da eine Stimme hinter ihm. Er wandte sich um und sah Grim, das Oberhaupt des Clans. "Ich werde mich nun verabschieden, Grim. Es war schön bei euch", verabschiedete Bogir sich mit vom langen Schweigen geschwächter Stimme. "Warum tust du das?", fragte Grim offensichtlich nicht erfreut über den Beschluss des Druiden zu gehen. "Ihr werdet wissen warum. Ich werde bei dem Versuch umkommen euch alle zu beschützen", versuchte Bogir zu erklären und gleichzeitig wollte er damit ausdrücken, dass er nicht aufgehalten werden wollte.
    "Was soll das für eine Gefahr sein? Mit den scheiß Orks werden wir auch so fertig, also setz dich wieder hin!", versuchte Grim die Gründe wegzuwischen. Bogir versuchte zu lächeln, was ihm nicht so ganz gelang: "Es sind sicher nicht die Orks, doch was es ist, weiß ich nicht. Der Wolf wird mich führen." Und dann zog er einen weißen Stein aus seiner Druidenrobe. Im nächsten Moment stand an seiner Stelle ein Wolf. "Pass auf dich auf", warnte Grim ihn, doch Grim war klar, dass dies Bogirs letzte Jagd sein würde, die er schon so lange zuvor angekündigt hatte. Der Wolf wandte sich ab und wetzte in die Dunkelheit. Ein starker Wind fuhr durch Grims fellbehängte Rüstung. Er war aufgestanden, weil er ein komisches Gefühl gehabt hatte. Nun war ihm Elend zumute.

    Das Licht der Schmelze beleuchtete Xardas Profil unfeierlich, während die Lava blubbernde Geräusche von sich gab. Er spürte die Energieströme der göttlichen Artefakte. In dem Moment, wo diese Energie ihre Körper verloren hatten, war die Energie an das einzige zur Verfügung stehende Objekt übergegangen: der Schmelzofen, der schon seit Jahrtausenden hier im Herzen der Eradern und der Lava dem Alter trotzte. Nun holte Xardas einen Beutel heraus, den er aufschnürte und dann Gegenstände aus ihm hervorzug. Als erstes nahm er einen Dolch heraus. Dann einen Ring, gefolgt von einem Erzklumpen und einem mitgenommenem Amulett.
    Dann zog er unter seinem Umhang noch einen unauffälligen Bogen hervor. Diese Dinge legte er in einem bestimmten Abstand zueinander in einer Reihe auf den Boden vor den Schmelzofen. Dann schloss Xardas seine ohnehin blinden Augen. Es wurde so still in der Erzschmelze, dass nur noch die Lava zu hören war. Eine Stunde saß er da ohne sich zu bewegen, doch plötzlich kam Bewegung in das Ritual. Ein großer Riss platzte am Erzofen auf. Etwas bläulich schimmerndes trat daraus hervor. Xardas begann gezielt mit seinen knorrigen Händen durch die Luft zu fuchteln und diese bläuliche Substanz in Bahnen zu lenken.
    Er konzentrierte den Strom auf den ganz linken Gegenstand, den Dolch, während der Riss im Erzofen sich vertiefte und kleinere Nebenrisse entstanden. Der Dolch schwoll an. Er wurde länger, schärfer, dunkler. Der Griff wurde größer und Rubine wuchsen aus ihm hervor. Anstelle des Dolchs lag nun ein gefährlich scharfes Schwert, welches nun fast der Klaue Beliars glich.
    Doch Xardas öffnete seine Augen nicht, um das Schwert zu begutachten, sondern lenkte die Energie nun auf den Ring. Der Ring verlor seinen goldenen Glanz und der darin eingelassene Edelstein wurde schwarz, obgleich etwas Mysteriöses in ihm funkelte.
    Als nächstes war der rohe Erzklumpen an der Reihe. Er wurd von der Energie zu einem flachen Sechseck geschliffen, in dem das gleiche Glimmen wie in den Edelsteinen des Rings und des Schwerts aufleuchtete. Der Erzofen war nun über und über mit Rissen übersäht, doch die Energie die ihm entwich wurde allmählich weniger und Xardas lenkte diese nun auf das ramponierte Amulett.
    Das Amulett erwachte wieder zu altem Glanz, doch blieb es nicht dabei. Es wurde noch prachtvoller als es je zuvor gewesen war. Die ersten kleinen Bröckchen prasselten von der Schmelze hinunter und die Risse breiteten sich jetzt sogar auf den Berg aus, in den dieses alte Monument erbaut worden war.
    Xardas wusste, dass er sich beeilen musste und ließ die letzte Energie in den Bogen fließen. Der Bogen wurde länger und seine Sehne stabiler. Seine Kraft nahm deutlich zu und gerade in dem Moment, wo der Energiefluss vom Schmelzofen versiegte, war auch dieses Artefakt fertiggestellt. Der Ofen erlosch für immer und obwohl die Risse nun nicht mehr wuchsen, bröckelten immer größere Splitter aus dem Ofen und dem Berg. Xardas war erfreut. Mit einer Handbewegung rief er die fünf göttlichen Artefakte zu sich. Freilich waren es nun nicht mehr die fünf göttlichen Artefakte Adanos', sondern die Beliars. Er hatte einfach die Energie der ursprünglichen göttlichen Artefakte, die sich an die Schmelze gebunden hatte mithilfe von schwarzer Magie auf fünf neue Gegenstände übertragen.
    Endlich war es so weit. Beliar hatte gesiegt. Nun war es endgültig besiegelt. Beliar war der Herrscher über das Festland. Und er, Xardas, war sein irdischer Stellvertreter.

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