Kapitel 1- Der Neue

Ich erwachte früh am Morgen und war immer noch schläfrig. Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. Draußen rief jemand: „Ein neuer Tag und nichts hat sich verändert“. Ich stimmte im Gedanken zu. Hier im alten Lager passiert nicht viel. Und doch hat sich etwas verändert. Ein neuer gefangener ist reingeworfen worden. Ich nahm mir vor, später mit ihm zu sprechen, vielleicht wird er ja ein guter Freund, so wie Diego, Gorn, Milten, Lee, Lester und Thorus.
Ich gähnte herzhaft und stand auf. Meine Hütte war eine der besten im Lager. Rechts neben dem Eingang stand das Bett an der Wand. Dann ein Eckschrank, 2 Truhen und ein Tisch mit einem Hocker. Neben dem Tisch stand mein Kamin und Kochstelle mit einem Kessel darauf.

Ich nahm mir aus einer Truhe eine Flasche Bier und trank erstmal einen kräftigen Schluck. Das erfrischte ungemein. Dann stellte ich die Flasche auf den Tisch und schüttete zwei Wasserflaschen in den Kessel. Ein Feuer wurde von mir darunter entzündet und ich stellte einige Sachen auf den Tisch: Ein kleines Beutelchen geraspelter Heilkräuter, ein Messer, ein paar tote Fleischwanzen, Pilze, Reis und Waldbeeren. Ersteres schüttete ich gleich in den Kessel. Dann schnitt ich die Fleischwanzen und die Waldbeeren klein und schmiss sie auch hinein und der Reis folgte. Das frische Fleischwanzenragout ala Snaf, von dem ich das Rezept hatte (er versteht sein Handwerk), war fast fertig und musste noch eine weile kochen.
Ich wollte derweil ein bisschen frische Luft schnappen und ging vor die Tür. Ich bemerkte jemanden, den ich noch nie gesehen hatte, von rechts kommen. „Bist du der neue?“ sprach ich ihn an. Er schreckte zusammen und starrte mich ängstlich an. „J-Ja.“ Stammelte er hervor. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Nervös, was? Mir ging’s auch so als ich das erste Mal hier war. Hast du Diego getroffen? Er kümmert sich normalerweise um die Neuen.“ Die freundliche Behandlung schien Mut in mein Gegenüber einfließen zu lassen. Er antwortete deutlich sicherer: „Ja. Er sagte, er wollte zum neuen Lager und hat mich zu jemandem geschickt der Fontis heißt. Kennst du ihn?“ „Und wie ich ihn kenne. ICH bin es selbst.
Also verschwindet der einfach und lässt mich die Arbeit machen. Naja, macht nichts. Mach ich gerne. Und wie heißt du?“ „Ich bin Fahrim! Mich haben sie heute reingeworfen. Von wegen schwarze Magie! Ich bin Schlosser und Tischler aber kein Schwarzer Magier!“
„Tja. Wenn man als hohes Tier jemanden loswerden will, hängt man ihn was an und schwups, ist er weg. Das ging Lee, dem Anführer der Söldner im neuen Lager, genauso.“
Ich hörte ein Brodeln aus meiner Hütte. „Verdammt!" rief ich und rannte schnell in meine Hütte. Das Ragout kochte und lief fast über! Ich nahm schnell den Kessel herunter.
Ich steckte meinen Kopf aus der Tür und sah, das Fahrim immer noch da stand. Ich rief: „Komm rein!“ und er kam langsam auf die Hütte zu. Er schaute hinein und sagte leise: „Wow“ „Nicht wahr? Gehört zu den besten Hütten des Lagers!“ Deine Hütte müssen wir aber noch aufmöbeln.“ „Meine Hütte? Aber ich hab doch kein Geld um sie zu bezahlen.“ Er sah sehr traurig aus. Er dachte wohl, er müsse im Freien schlafen. Ich lachte, jedoch nicht über ihn. „Du musste doch deine Hütte nicht bezahlen! Jeder bekommt eine. Auch du. Ich glaub, die gleich neben mir ist frei geworden. Ich frag später mal Fletscher.“ „Fletscher?“ Ich erzählte ihm, das Fletscher für den Teil des Lagers zuständig sei. „Er ist ja noch ganz in Ordnung. Aber Jackal und Bloodwyn hetzten jedem der kein Schutzgeld zahlt irgendjemanden auf den Hals.“ Sagte ich und nahm dabei aus dem Schrank zwei Schüsseln und Löffel, sowie eine Kelle heraus. "Warte hier!" sagte ich und kam mit einem zweiten Hocker wieder. Setz dich und iss. Du siehst ja ganz abgemagert aus.“ „Ja. Ich hatte seit Monaten nichts Anständiges zu essen. Was ist das?“ fragte Fahrim. „Fleischwanzenragout.“ „Was? Sind Fleischwanzen nicht diese kleinen Käfer?“ „Genau. Die, die es nicht essen, verpassen aber etwas. Versuch erstmal!“ Und mit diesen Worten lud ich ihm eine Kelle auf und mir ebenso. Ich begann gleich, fröhlich loszuessen, aber Fahrim zögerte noch. Dann überwand er sich jedoch und nahm einen Löffel in den Mund. Ich sah gespannt auf seinen Gesichtsausdruck. Er kaute, schluckte, sagte: „Man, ist das gut.“ und verschlang in Windeseile seine Portion, sodass ich ihm noch mal auftun musste. „Bier?“ fragte ich nach dem Essen und holte eine Flasche heraus. „Ja, gerne. Ich weiß nicht wie ich dir danken soll!“
„Aach keine Ursache. Aber, du hattest erwähnt du seiest Schlosser und Tischler?“ „Ja.“
„Gut. Ich mach dir einen Vorschlag: Ich helfe dir beim aufmöbeln deiner Hütte, und du hilfst mir, hier ne Tür einzubauen. Was meinst du?“ „Alles klar.“ Sagte Fahrim. „Das ist das mindeste was ich tun kann.“