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    Post [Story]Terror ist Schlecht

    [Bild: hsvIUJBPlJkdoJI9TerroristSchlecht2.jpg]

    Dunkle Nebelschwaden zogen durch die kalten Strassen Khorinis. Der Schnee bedeckte meterhoch die Umgebung. Einige der Holzhäuser im Hafenviertel hatten der Masse nicht standgehalten. Ein eisiger Wind pfiff durch die engen Gassen. Nicht mal die Wölfe hielten sich ausserhalb ihrer steinigen Höhlen auf. Die Stadtwachen sassen in den Türmen der Tore, wohl wissend, dass bei diesem Wetter keine Gefahr für ihre Stadt drohte. Oder besser gesagt, drohen sollte. Denn mitten durch die eisige Kälte, durch Sturm und Schnee, stampfte ein einsamer Wanderer. Wenn man ihn denn als solchen bezeichnen konnte. Er war nämlich bis auf eine plumpe, leichte Hose nicht bekleidet, trug weder Schuhwerk noch Schal oder sonst irgendeinen Schutz gegen die fehlende Wärme. Seine Haut war fahl, ja blass, und liess die schwarzen Hosen dunkler scheinen, die Augen von beunruhigender Dunkelheit und dort, wo sich ansonsten der rechte Arm befand, schwebte eine schwarze, nebelige Materie. Unbeeinflusst von Wind und Bewegung formte sich dort ein Schatten, ohne Licht, ohne festen Halt, sämtliche Dinge verschlingend. Das Gesicht des Fremden war von zahlreichen Narben übersät, von Falten war jedoch nichts zu sehen. Einen Bart hatte der Fremde auch, aber der rechte Teil des Schnauzes fehlte, dort schien kein Haar mehr zu wachsen.
    Der Wanderer stampfte durch das Osttor in die Hafenstadt. An allen Häuser vorbei, durch die menschenleere Gasse vor der Kaserne, kam er zum Hause des Abuyins, dem Tabak Händler von den Südlichen Inseln. Der Wanderer klopfte mit der linken Hand an die Türe.
    „Wer da?“
    „Schlecht. Von den Südlichen Inseln.“, antwortete eine schnarrende Stimme.
    Die Tür öffnete sich.
    „Ich bin Abuyin, Sohn des Djadir, Sohn des Omar Kalid, Sohn des Hadji al Sharidi. Willkommen in meinem Hause. Wen darf ich meinen Gast nennen? Ist dir nicht kalt?“
    „Ich bin die Kälte. Ich bin Schlecht, Sohn des Hadschi Ömer, Sohn des Omar Kalid, Sohn des Hadji al Sharidi. Sei gegrüsst, Cousin, Sohn meines Vaters Bruder!“
    Die beiden Männer verschwanden im Haus. Der Sturm jedoch tobte umso wilder.
    Geändert von Van Gorn (22.04.2024 um 23:55 Uhr) Grund: Zettel-Icon

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    „Wie hast du den Weg hierher gefunden, Cousin?“, fragte Abuyin. Er sass im Gästezimmer, auf einem der vielen Kissen. „Khorinis ist weit weg von unserer Heimat. Ich bin ja nur durch Zufall hierher geraten. Oder durch Tabak, haha…“
    Schlecht antwortete nicht. Er sass auch nicht. Er stand starr da, der Schnee an seinen Füssen war noch nicht einmal geschmolzen.
    Abuyin schlürfte genüsslich an seiner Tasse Tee, dann blickte er seinen unbeweglichen Cousin an. Da keine Antwort kam, plauderte er halt weiter. „Ich wollte ja eigentlich Tabakzutaten finden, da landete ich hier. Und kam dann nicht mehr weg, wieso auch immer. Ist schön hier, vielleicht ein wenig kalt. Als ich ging, warst du ja noch nicht auf der Welt, Cousin. Leben unsere Verwandten noch?“
    Schlecht nickte.
    „Alle? Mein Bruder? Deine Geschwister?“
    Schlecht nickte erneut.
    „Das sind ja gute Nachrichten! Vielleicht sollte ich mal wieder nach Hause segeln.“
    „Das wirst du nicht tun.“, sprach Schlecht. Seine Lippen bewegten sich kaum.
    Abuyin nickte und trank ein wenig Tee.
    „Wir haben viel Arbeit vor uns, mein Cousin.“ Schlecht blickte seinen Cousin an. Er wusste, dass es klappen würde.

    Der Sturm heulte, jaulte und donnerte durch die weiterhin verschneite Stadt. Viele der Bewohner hatten sich in der Taverne von Coragon versammelt. Einige sahen in dem anhaltenden Unwetter ein Zeichen der Götter, für den Rest war klar, dass der Winter eingekehrt sei. So sass auch Abuyin in der Taverne, am selben Tisch wie Valentino und Wulfgar.
    „Gestern morgen früh war da noch kein Schnee.“, meinte der einfache Wulfgar und hob sein Bier, um einen kräftigen Schluck zu nehmen.
    „Bist du dir da sicher? Nicht eine Flocke? Woher kommt denn da urplötzlich so viel von dem Zeug?“ Valentino hatte immer seine Freude daran, andere auf den Arm zu nehmen. Wulfgar bemerkte nichts davon. „Da wirst du wohl Vatras fragen müssen, der ist ja gleich dort drüben.“, antwortete er und deutete auf einen anderen Tisch. „Ich hab nämlich keine Ahnung von solchen Dingen.“
    „Hey, Vatras! Woher kommt der Schnee? Leert Adanos seinen Sumpfkrautbecher über uns aus? Hahaha.“, grölte Valentino laut.
    Vatras blickte hinüber, antwortete jedoch nicht. Dann stand er plötzlich auf und setzte sich gegenüber Abuyin hin.
    „Mein Freund der Visionen. Hast du was gesehen, in letzter Zeit?“
    „Nicht wirklich, nein. Warum fragst du? Hast du etwas Ungewöhnliches gesehen?“
    „Könnte man so sagen. Wegen dem Sturm übernachtete ich bei Hanna. Aber ich war unruhig und konnte nicht schlafen. Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich eine Spur, die durch den Schnee führte. Sie bog links bei dir ab. Ich hab sie nicht verfolgt, bei dieser Kälte wollte ich nicht nach draussen und am Morgen war natürlich nichts mehr zu sehen.“
    „Also mir ist nichts aufgefallen.“, meinte Abuyin gleichgültig und schlürfte ein wenig an seiner Tasse Tee.
    „Auch keine Vision? Ich hab da so ein mulmiges Gefühl.“
    „Dagegen kann dir etwas geben, Vatras. Ich besitze da so ein Tabak, der nimmt einem jegliches Unwohlsein in der Magengegend.“
    „Du weißt ich rauche nicht.“
    Abuyin zündete sich seine Pfeife trotzdem an und blies den Rauch genüsslich gen Decke. Wulfgar hingegen hatte sein Bier leer getrunken und erhob sich, um zur Kaserne zurück zu kehren.
    „Du hast da dieses seltsame Erzgebilde vergessen.“, meinte Valentino und deutete auf den Platz, wo der Milizsoldat zuvor gesessen hatte.
    „Das gehört nicht mir, muss wohl schon vorher dort gewesen sein.“, antwortete Wulfgar erstaunt und betrachtete das Erz. Es war schwarz und glänzte nicht. Die Form bildete einen perfekten Würfel. Bei genauerer Betrachtung fiel dem Soldaten auf, dass es hohl und durchsichtig war, und sich darin ein dunkler Nebel befand, der unbeeinflussbar strömte und seltsame Formen bildete.
    „Schau dir das mal an, Vatras.“
    Geändert von Van Gorn (22.04.2024 um 23:55 Uhr)

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    Der Sturm war zu Ende und die Miliz hatte die Kaserne wieder auf Vordermann gebracht. Stolz blickte Lord Andre auf den Trainingsplatz, sauber, ohne die kleinste Schneeflocke. Trotz der Kälte übten sich einige Soldaten im Schwertkampf. Überall in Khorinis schaufelten sich die Bewohner Wege, Gassen und Pfade durch den Schnee. Coragon bot warmen Tee an. Auf dem Platz vor seiner Taverne brannte ein Feuer, wo sich einige Bürger wärmten.
    Lord Andre blätterte in seinem Buch über die Südländische Verteidigung. Alles nimmt seinen gewohnten Lauf, dachte er zufrieden. Bis auf eines. Der Paladin blickte verdutzt aus der Türe. Wulfgar stand nicht an seinem Platz.
    Das rüttelte Lord Andre wach. Die Zuverlässigkeit in Person nicht an ihrem Platz.
    Er marschierte zu den Betten nebenan. Vielleicht war Wulfgar ja krank. Doch da war niemand. Er schaute im Gefängnis, bei Ruga, bei Mortis in der Schmiede. Doch Wulfgar war nicht da.

    Hanna staunte nicht schlecht, als sie den Paladin Andre, ein so hoher Lord, die Kaserne verlassen sah. Irgendetwas war geschehen, etwas von Bedeutung. Den Paladin sah man ansonsten so gut wie nie.
    „Was ist los, Lord Andre?“, rief Jora, der gerade aus Hannas Herberge trat.
    „Mir fehlen Soldaten, Zivilist.“, meinte Andre schroff und blickte den Händler kalt an.
    „Fehlen? Die werden wohl gestern zu lang bei Coragon gewesen sein.“, meinte Jora kleinlaut, von der ungewöhnlichen Härte eingeschüchtert.
    Lord Andre marschierte weiter. Er wäre wohl zu Coragons Taverne gegangen, hätte er nicht plötzlich eine bekannte Stimme hinter sich gehört.
    „Wulfgar?“, brüllte er erfreut, merke jedoch dass sich solche Emotionen in der Öffentlichkeit für einen Paladin nicht gehörten und hängte an: „Daher!“
    Doch Wulfgar antwortete nicht. Er sass bei Abuyin und rauchte eine Wasserpfeife. Und trank Tee.
    „Warum bist du nicht an deinem Platz, Wulfgar?“, fragte Lord Andre, erstaunt über dies ungewohnte Verhalten.
    „Ich...ich komme gleich.“, meinte darauf der Waffenmeister. Dann zog er noch einmal genüsslich an der Pfeife, nahm einen letzten Schluck vom Tee und erhob sich. Seine Augen streifen die Abuyins, dieser nickte und Wulfgar spazierte in seiner typischen Art Richtung Kaserne. Andre marschierte mit.
    „Was ist nur los mit dir? Das ist das erste Mal, dass so was vorkommt. Und hast du nicht immer Bier getrunken und Tee gehasst?“, meinte der Paladin besorgt.
    „Bier ist nicht gut, es dämpft die klare Sicht.“, meinte Wulfgar. „Abuyin kennt sich da aus.“
    Da ist wohl ne Wasserpfeife schlimmer, dachte Andre.
    Bald stimmte das Bild Lord Andres wieder, Wulfgar trainierte die Miliz, jeder war an seinem Platz und er konnte sich wieder seinem Buch zuwenden.

    „Halt, wer bist du?“, rief die Wache den Wanderer vor dem Osttor an.
    „Ich komme vom Bauern Akil und will sehen, welche Händler Nahrungsmittel kaufen wollen.“
    „Na, das ist mal eine gute Nachricht. Aber zeig mir zuerst mal dein Gesicht, Freundchen.“
    Der Wanderer schob die grosse Kapuze vom Gesicht. Die Stadtwache blickte in ein zernarbtes, braungebranntes Gesicht. Unrasiert, aber von edlen Zügen. Der Fremde schien nicht sehr alt zu sein, hatte aber sicher schon vieles durchgemacht. Die blauen, klaren Augen sahen nicht wie die eines Bauern aus, sie schienen königlich zu sein.
    „Geh weiter.“, meinte die Wache, die dem Blick des Wanderers kaum standhalten konnte.
    Der Wanderer verdeckte sein Gesicht mit der Kapuze. Dann schritt er zu Coragons Taverne.

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    Vatras gefiel das familiäre Verhalten der Stadtbewohner. Vor der grossen Statue Adanos wärmten sich viele an einem grösseren Feuer. Coragon hatte einige Tische aufgestellt und so manches Bier wechselte den Besitzer gegen blanke Münzen.
    „Noch ein Bier!“, bestellte Valentino, der am grössten Tisch mit den meisten Leuten sass. Er wollte gerade erzählen, wie er zu der Beule an seinem Kopf gekommen war.
    „Letztens waren ich und Regis bei…oh, Wulfgar! Setz dich! Willst du ein Bier?“
    „Danke, Valentino. Aber ich glaub, ich nehme zusammen mit Abuyin einen Tee. Das dämpft die Sicht nicht so, wie das Bier.“, antwortete dieser.
    „Was wohl in den gefahren ist…“, sagte Valentino leise. „Was soll’s, wir kamen zu diesem Paladin, der seine Rüstung…schau mal einer an, da ist ja mein Bier! Danke Coragon!“
    „Bedanken kannst du dich wohl nur indem du bezahlst.“, sagte der Wirt genervt.
    „Schon gut, hier hast du dein Geld. Also der Paladin wollte eine neue Rüstung, da die alte ziemlich…Abuyin habe ich ja schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen! Gestern glaub ich. Was Wulfgar und Abuyin wohl zu besprechen haben?“ Die letzten Worte murmelte Valentino nur noch.
    Die beiden sassen zu zweit an einem Tisch und streckten die Köpfe zusammen. Und sie tranken Tee.
    Auch Vatras war das Verhalten Wulfgars aufgefallen. Seit dieser Zeit mit Abuyin verbrachte, verhielt er sich komisch. Der Wassermagier nahm seinen schwarzen Würfel hervor und betrachtete ihn nachdenklich. Dann steckte er ihn wieder weg.
    In einer dunklen Ecke sass ganz allein der fremde Wanderer mit den edlen Zügen und beobachtete das Treiben scharf. Weder die Worte Valentinos, noch das Verhalten Wulfgars waren ihm entgangen. Erst recht nicht Vatras und sein Würfel. Er wusste, dass es begonnen hatte. Das Spiel gegen die Zeit. Gegen ihn.

    Schlecht sass im Schneidersitz auf einem südlichen Teppich in Abuyins verstecktem Keller.
    „Du hast mir gar nie gesagt, dass du ein geheimes Versteck hast.“, sagte Wulfgar zu Abuyin.
    „Wenn ich dir dies erzählt hätte, wäre es nicht mehr geheim gewesen. Es warten viele Geheimnisse darauf, entdeckt zu werden. Besonders in dieser Stadt, mein Freund.“
    „Aber wir sind hier in Khorinis. Hier lebe ich schon mein halbes Leben lang!“
    Verstohlen blickte Wulfgar an das andere Ende des Kellers, wo Schlecht sass. Dieser hatte die Augen geschlossen und bewegte keinen Muskel.
    „Wer ist dieser Mensch?“, flüsterte Wulgar. „Den habe ich noch nie in Khorinis gesehen.“
    Schlecht antwortete langsam und monoton: „Wer ich bin ist nicht von Wichtigkeit. Wer bist du?“
    „Ich…ich bin Wulfgar.“, meinte der Waffenmeister. „Warum versteckst du dich hier? Ich muss dich den Wachen melden!“
    „Das wirst du nicht tun.“, antwortete Schlecht. Wulfgar nickte. Dann spürte er einen Schmerz am Hinterkopf, es wurde ihm schwarz vor den Augen.

    Vatras spazierte durch die frei geräumten Strassen des Hafenviertels. An den Seiten häufte sich noch immer der Schnee. Aus den Schornsteinen der Dächer qualmte der Rauch der wärmenden Feuer. Der Wassermagier pfiff gemütlich ein Lied vor sich hin, als er plötzlich einen Schatten an einer Hausecke bemerkte. Wurde er etwa verfolgt? Unbewusst griff er nach seinem mysteriösen Würfel, den er in dem langen Ärmel seines Mantels versteckt hatte. Er schritt schnell weiter, blickte zurück und eilte am Quai entlang zu Girion. Dessen Paladine übten sich trotz der klirrenden Kälte im Schwertkampf. Als ob nichts passiert sei, fragte Vatras:
    „Girion, Freund, wie geht’s? Nimmst du dir nie frei?“
    „Jetzt ist keine Zeit für Freiheit, Vatras. Die Orks stehen zu Massen im Minental, bald wird Lord Hagen weitere Paladine los senden, um Erz zu bergen.“
    „Aber hier im Hafen ist doch alles ruhig, oder?“
    „Wie immer, mein Freund. Warum fragst du?“
    „Irgendjemand muss sich ja um die Stadt kümmern.“, wich der Magier aus. Girion lachte.
    „Ja, diese Magier. Immer um die Bevölkerung besorgt. Wir Paladine sehen schon zu Rechten.“
    „Dann ist gut. Ich spazier jetzt mal weiter. Man sieht sich!“
    Vatras eilte wieder zurück. An den Fischerständen und der roten Laterne vorbei. Als er gerade an Haralds Schmiede vorbei lief, sah er erneut einen Schatten vorbei huschen. Er ignorierte ihn. Bald war er wieder bei Hanna, wo er sich beruhigt in sein Bett legte.
    Geändert von Van Gorn (29.04.2011 um 16:16 Uhr)

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    Das Feuer vor Coragons Taverne erlosch langsam und die letzten Bewohner machten sich auf den Heimweg. Valentino trank noch sein Bier fertig, dann bezahlte er den Wirt und erhob sich. Er war wieder mal der letzte. So dachte er und spazierte langsam Richtung Oberstadt. Die gesamte Stadt war jetzt zur Ruhe gekommen und die Bewohner bekämpften die Kälte mit Betten, Kissen und Decken. Als sich Valentino zufällig noch einmal umdrehte, sah er eine weitere Gestalt, die sich Richtung Kaserne bewegte. Da die Person verhüllt war und sich in den Schatten der Häuser und Mauern fortbewegte, wurde der Schnösel aufmerksam. Er beschloss, ihr im Geheimen zu folgen. Bei Abuyins Haus bog der Verhüllte ab und bald öffnete er die Türe zu Hannas Herberge. Diese war nicht geschlossen, da zu dieser Stunde immer noch einige Gäste zurückkehrten. Valentino trat auch hinein.

    Als Vatras aufwachte, sah er eine grosse Gestalt, die in seinen Kleidern wühlte. Sofort sprang er auf und wollte schreien, als die Person ihn an der Kehle packte und der Wassermagier nur noch ein Röcheln hervor brachte. Da stürmte auch Valentino heran, den die verhüllte Gestalt jedoch mit einem gezielten Schlag in das Reich der Träume sendete. Dann hob er ihn auf und trug die beiden Männer und auch die Kleider Vatras aus der Herberge. Er brachte sie an der Kaserne vorbei in die Lagerhalle am Hafen. Dort blickte er Vatras an und befahl:
    „Du wirst kein Wort sagen, ausser ich erlaube es dir.“
    Als der Verhüllte die Hand von der Kehle des Wassermagiers nahm, wagte dieser wirklich kein Wort auszusprechen. Allein des Blickes wegen, mit dem der zernarbte Fremde, dessen Gesicht edel, ja königlich aussah, Vatras betrachtete.
    „Du bist ein Wassermagier?“
    „Ja.“
    „Du dienst keinem anderen Gott?“
    „Natürlich nicht! Ich diene Adanos…“ Vatras wurde unterbrochen.
    „Kein Wort mehr! Das reicht!“
    Der Fremde wühlte jetzt erneut in den Kleidern des Wassermagiers.
    „Wo ist der Ereb?“
    „Den kenn ich nicht. Wohnt er in Khorinis?“, fragte Vatras verdutzt.
    „Den Würfel meine ich!“
    „Woher weißt du…“
    „Wo ist er?!“ Der Fremde richtete sich gross und gewaltig vor dem Wassermagier auf. Dieser war eingeschüchtert und deutete stumm auf seinen Mantel. Er war sich nicht mehr bewusst, dass der Fremde gerade davor dort gesucht hatte.
    „Gib ihn mir!“
    Wie ein Hund mit eingezogenem Schwanz kroch Vatras zum Mantel und suchte den Würfel. Er war nicht mehr an seiner Stelle.
    „Er ist weg! Wo ist er hin, ich will ihn wieder!“, rief der Wassermagier aufgeregt.
    „Ruhe.“ Die tiefe Stimme liess Vatras verstummen.
    „Jemand war vor mir da. Er war vor mir da.“, murmelte der Fremde und setzte sich auf eine Kiste. Ganz vorsichtig fragte Vatras:
    „Wer war vor dir da?“
    Geändert von Van Gorn (29.04.2011 um 16:18 Uhr)

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    Wulfgars Kopf dröhnte wie das Brüllen eines Drachen. Der Waffenmeister versuchte vorsichtig, die Augen zu öffnen. Grelles Licht blendete ihn. Langsam gewöhnten sich seine Augen daran und er bemerkte, dass das Licht von einer gewöhnlichen Kerze kam. Und dass es ausserdem gar nicht so hell war. Er blickte sich um und stellte fest, dass er sich immer noch in Abuyins Keller befand. Seine Hände und Füsse waren frei, man hatte ihn nicht gefesselt. Wulfgar sprang auf und sah Abuyin und den Fremden an einem Tisch sitzen und Tee trinken. Der Fremde hatte den Würfel aus Coragons Taverne in der Hand. Diese Mistkerle hatten ihn umgehauen, dachte er und schnappte sich ein Holzknebel, der zum Anfeuern gedacht war. Dann stürmte er vorwärts. Die beiden reagierten nicht. Schon befand er sich unmittelbar davor, ihnen einen kräftigen Schlag zu verpassen, als der bärtige Soldat sich plötzlich nicht mehr bewegen konnte. Alle Muskeln waren aufs höchste angespannt und der schwere Mann kippte um wie eine Statue. Er war unfähig, sich zu bewegen.
    „Das versuchst du nicht noch mal!“, sagte der Fremde. „Ich bin Schlecht, der Cousin Abuyins und ich will dieser Stadt helfen.“
    Die Muskeln des Schwertmeisters erschlafften wieder.
    „Warum bin ich ohnmächtig geworden? Und was ist vorhin mit meinen Muskeln passiert?“, keuchte Wulfgar.
    „Etwas Böses ist in die Stadt eingedrungen. Das wird dich wohl kurz verzaubert haben. Das wegen den Muskeln tut mir natürlich leid, aber mich darf niemand angreifen.“
    „Dann bin ich nicht euer Gefangener?“, fragte Wulfgar erstaunt.
    „Aber nein, warum auch?“, antwortete Schlecht mit einem einigermassen freundlichem Lächeln. Abuyin blickte ihn erstaunt an.
    Hastig verliess der Waffenmeister das Haus Abuyins. Im Eilschritt stieg er die Treppen zur Kaserne rauf und begab sich sogleich zu Lord Andre.
    „Du bist zu spät heute, Wulfgar! Was ist los?“
    „Ein Fremder ist in der Stadt! Er versteckt sich, also kann er nichts Gutes im Sinn haben!“, antwortete Wulfgar keuchend.
    „Nun gut, ganz ruhig. Wo ist er zu finden? Ich denke, ich lass ihn vorerst verhaften.“
    Da veränderte sich Wulfgar ein wenig. Sein Gesichtsausdruck wurde leicht monotoner, die Augen verloren ihren Glanz und die Stimme wurde ein bisschen eintöniger.
    „Wo er ist weiss ich nicht, aber ich kann dir sagen, wie er aussieht. Er ist sehr gross, hat klare, blaue Augen und ein zernarbtes Gesicht. Man darf sich von seinen edlen Zügen nicht täuschen lassen! Er steht mit Vatras im Bund, ich habe die beiden zusammen gesehen.“
    „Mit Vatras?“, fragte Lord Andre ungläubig. „Der hat noch nie was falsch gemacht!“
    „Vielleicht denk er, dass Innos zu sehr erstarkt und hilft deshalb der anderen Seite? Ich bin mir sicher, dass der Adanosdiener nicht mehr an seinem Platz ist.“
    „Ich sende mal ein paar Soldaten hin. Wo hast du den Fremden gesehen?“
    „Eben bei Vatras, vor der Statue. Sie werden wohl wieder weg sein.“

    Auch Valentinos Kopf dröhnte, als er langsam sein Bewusstsein zurück gewann. Er lag zwischen vielen Kisten und Truhen. Und er hörte eine tiefe Stimme:
    „Er wacht auf. Kerl, warum hast du versucht, mich anzugreifen?“
    „Du...du hast doch Vatras…seine Kleider.“, stotterte Valentino verwirrt.
    „Vielleicht war der Schlag zu hart.“, murmelte der Fremde. „Wie dem auch sei, ich bin Ekkehard Thorwald, Königssohn des Herrschers der nordmarer Siedler auf den Südlichen Inseln.“
    Valentino bemerkte jetzt, dass auch Vatras da war, ungefesselt und wieder in seinen Kleidern.
    „Das tut mir natürlich leid, eure Hoheit. Das…das konnte ich nicht wissen.“, murmelte Valentino.
    „Was denkst du, Vatras, soll ich ihn fesseln?“, fragte Ekkehard.
    „Ich denke nicht, dass er was Böses im Schilde führte. Vielleicht kann er uns nützlich sein. Willst du uns helfen?“
    „Aber ja, natürlich! Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht könnte. Worum geht es?“
    „Als erstes könntest du mal herausfinden, ob mein Verschwinden aufgefallen ist.“, antwortete der Wassermagier.
    Geändert von Van Gorn (29.04.2011 um 16:18 Uhr)

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    Pablo marschierte durch die weissen Strassen Khorinis. Nur wenige Menschen befanden sich draussen, es hatte wieder angefangen zu schneien. Die Nachricht des Verschwindens von Vatras hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Trotz Schnee und Kälte hatten die Menschen sich in den Tavernen und Herbergen getroffen. Gerüchte, Erzählungen und Theorien machten die Runde.
    „Hast du schon davon gehört? Man sagt, Xardas will die Adanossphäre zerstören. Deshalb hat er Vatras brutal ermordet!“
    „Was du nicht sagst. Ich glaube nicht an solchen Mist.“
    „Das ist die Wahrheit!“

    Die Köpfe der Männer wurden bei Bier und Brot zusammengestreckt. Misstrauische Augen beobachteten alles. Jede noch so kleine Auffälligkeit wurde von einer Fleischwanze zum schwarzen Troll.
    „Ich glaube, Jora steckt dahinter! Er ist mir gestern aufgefallen. Der Kerl hatte eine neue Waffe im Angebot. Woher könnte die wohl sein?“
    „Vielleicht steckt er ja mit Xardas im Bunde.“

    Das Verschwinden ihres einst geliebten Predigers rüttelte die Bewohner auf. Unschuldige wurden schuldig, ehrliche Bürger wurden blutrünstige Mörder.
    „Vatras war zu ehrlich. Ein fremder Anhänger des Bösen hat ihn entführt! Ich glaube, Cornelius hat auch was damit zu tun. Er hat gestern einen Sumpfkrautstengel geraucht, bestimmt wollte er seinen Stress abbauen.“
    „Nein, Vatras ist ein mächtiger Magier. Niemand kann ihn entführen. Wahrscheinlich ist er Xardas höchstpersönlich!“

    Pablo hatte Schweigepflicht. Er sollte nach einem zernarbten Fremden mit blauen Augen suchen. Doch zu finden war da nichts. Denn die Bewohner der Hafenstadt hatten schon lange sämtliche Fremde ins Zentrum der Gerüchte gestellt, oft war auch von Xardas die Rede. Ja, es ging so weit, dass immer mehr Bewohner dazu aufriefen, den dunklen Magier ins Verhör zu nehmen.

    „Zeig dich doch den Leuten einfach. Erfinde was, sprich zu ihnen. Da draussen herrscht Panik!“ Valentino blickte den Wassermagier verzweifelt an.
    „Ich hätte jetzt Lust auf ein grosses Scavengersteak. Dazu vielleicht eine Feuerkrautsauce und einen Weidenbeeren Salat. Und ein Bier wäre auch nicht schlecht.“, murmelte Thorwald, während er gemütlich seine Pfeife rauchte. Er sass auf einer Kiste und lehnte sich an die Bretterwand.
    „Ich kann mich nicht zeigen, Valentino. Nicht mehr. Er hat schon zu viele unter seiner Kontrolle. Wir können keinem in Khorinis mehr vertrauen. Es wird das Beste sein, zu Xardas zu gehen. Er wird wohl Hilfe bringen können.“, antwortete Vatras. Valentino sagte nichts, aber sein verzweifelter Blick sprach Bände. Er war in etwas hineingeraten, das zu gross für ihn war.
    „Was weiss Xardas über die drei Götter?“, fragte Thorwald.
    „Wenn jemand etwas über die Götter weiss, dann er!“ Vatras mochte den Magier nicht. Aber wahrscheinlich war er wirklich die beste Lösung.
    „Dann begeben wir uns in der nächsten Nacht dorthin!“

    Pablo mochte diese ganze Sache nicht. Warum mussten in Khorinis immer solche Dinge passieren? Er machte kurz Halt bei der Roten Laterne, um Peck darauf aufmerksam zu machen, dass er zu arbeiten habe. Wenigstens das änderte sich nie.
    Viele Bewohner sprachen ihn auf seinen Kontrollgängen an, wollten Genaueres wissen. Die ruhigen Tage sind wohl vorbei, dachte er seufzend.
    Geändert von Van Gorn (22.04.2024 um 23:55 Uhr)

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    „Cedric, oh Paladin des Königs, sei gegrüsst.“, Gerbrandt schritt auf den Paladin zu.
    „Innos segne dich. Bist du nicht einer der Händler?“
    „Sehr wohl. Wulfgar sendet mich.“
    „Der Waffenmeister der Miliz, nicht wahr? Was will er von mir?“, fragte der Paladin erstaunt. Normalerweise wurde nur mit den höheren Paladinen über solche Dinge geredet.
    „Er bittet dich, ihn in einer heiklen Aufgabe zu unterstützen. Es geht um die Sicherheit der Stadt. Mehr hat er mir nicht mitgeteilt. Er möchte dich beim Osttor treffen, am frühen Nachmittag.“, Gerbrandts monotoner, lebloser Blick machte Cedrik ein wenig zu schaffen.
    „Nun gut, als Paladin des Königs bin ich gerne bereit, ihm Hilfe zu bringen! Teile ihm mit, dass ich da sein werde.“
    Cedric blickte dem Händler nachdenklich nach.

    Pablo war auch diesen Morgen auf den Strassen unterwegs, um die Bürger Khorinis vor möglichen Gefahren zu schützen. Sein wachsames Auge streifte über die Häuser, Fenster, Türen und dunklen Ecken. Er befand sich gerade bei Bospers Bogenladen, als dem Soldat eine besonders dunkle Ecke, gerade unter den Treppen zum Oberen Viertel, auffiel, die irgendwie stark anziehend auf ihn wirkte. Langsam näherte er sich dieser Dunkelheit. Umso näher er an der Ecke war, umso mehr verschwamm seine Sicht. Langsam verlor er die Orientierung, sein Kopf dröhnte und drehte. Er hörte nichts mehr. Er schien federleicht zu sein. Wie im Traum torkelte Pablo in Richtung der Finsternis.
    Kurz darauf war sein Geist von ihm gewichen, ein monotoner Körper blieb übrig, einen dunklen Würfel in der Hand haltend. Der Soldat bewegte sich langsam und leblos zur Kaserne.

    Cedric stocherte mit dem Löffel in Gedanken versunken im Fleischwanzenragout. Was wohl da vor sich ging? Warum sollte er Wulfgar helfen? Da war ja noch Lord Andre. Oder Girion. Er war ja nur der Einhandwaffentrainer der Paladine. Vielleicht brauchte er ja Hilfe bei etwas, wo diese Fähigkeit notwendig war? Nur was, fragte sich der Paladin. Kurz darauf marschierte er zum Osttor, in voller Paladinrüstung. Die Menschen schauten den Ritter erstaunt an. Nur selten zeigte sich ein Paladin im Unteren Stadtviertel.

    „Ah, Cedric! Es ist mir eine Ehre!“ Wulfgars Stimme tönte kratzig, als ob der arme Kerl erkrankt sei.
    „Sei gegrüsst, Wulfgar. Was ist dein Anliegen?“
    „Ich erkläre dir dies am Besten, während wir in Richtung Kloster laufen. Die Sache ist kompliziert…“
    Die beiden marschierten los.
    „Es ist etwas Böses in die Stadt eingedrungen.“
    „So müssen wir es bekämpfen, bei Innos!“, rief der Paladin.
    „Moment. Das ist nicht so einfach. Wir brauchen die Hilfe der Feuermagier.“
    „Warum nicht direkt und offen mit dem Schwert kämpfen? Wo hält es sich auf? Und warum hast du nicht mit Lord Andre gesprochen?“
    „Dieses Böse ist mächtiger als irgendetwas, das mir bekannt ist. Es ergreift den Besitz über den Verstand der Menschen und kontrolliert sie. Wo genau es sich jetzt aufhält, weiss ich leider nicht. Lord Andre ist schon unter der Kontrolle dieses Bösen.“
    „Das ist ja erschreckend! Nun gut, aber wir hätten besser Lord Hagen informiert.“
    Die beiden kamen gerade unter der Brücke vorbei, wo dereinst ein fahrender Händler überfallen wurde. Da sprangen plötzlich Peck und Mika aus dem Gebüsch, die blanken Schwerter gezückt.
    „Was soll das? Bei Innos! Wulfgar, wir werden überfallen!“, rief der Paladin laut und zog sein gesegnetes Schwert. Mit einem kräftigen Hieb streckte er Mika nieder und wandte sich Peck zu. Auch Wulfgar zog das Schwert. Aus dem Augenwinkel bemerkte Cedric, dass dieser seine Waffe zum Schlag gegen ihn hob. Da begriff er die Situation vollends und sprang ein paar Schritte zurück, um beide Gegner vor sich zu haben. Wulfgar griff den Paladin mit einer gekonnten Hiebkombination an, die dieser jedoch abwehrte. Als hingegen auch Peck angriff, traf ihn der Waffenmeister am linken Arm. Die Klinge durchdrang die Rüstung und warmes Blut floss aus der Wunde. Der Paladin presste die Lippen zusammen. Dann packte ihn die Wut und er stürmte auf Peck zu, dem er das Schwert gezielt in den Bauch stiess. Dann zog er das Schwert wieder aus dem Körper und blickte Wulfgar an.
    „Was ist in dich gefahren?“, schrie er ihn an. „Was soll das Ganze?“
    Wulfgar antwortete nicht.
    „Ich bin ein Paladin des Königs!“
    Sie umkreisten einander, beide bereit den anderen seine Klinge spüren zu lassen. Doch plötzlich fühlte Cedric unglaubliche Schmerzen im Rücken. Als sich sein Blickfeld schon drehte, erblickte er noch einen weiteren Soldaten. Dann starb der grosse Recke. Pablo zog das Schwert raus und blieb bewegungslos stehen.
    Aus dem Gebüsch kam langsam eine Gestalt, den Oberkörper unbedeckt, das Gesicht voller Narben. Anstelle des rechten Armes befand sich ein dunkler Nebel. Auch wenige Teile des Gesichtes fehlten, nur Finsternis ersetzten sie. Seine Augen blickten auf den Paladin nieder. Schlecht lächelte.
    Geändert von Van Gorn (29.04.2011 um 16:21 Uhr)

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    Lord Hagen blickte finster in die prasselnden Flammen des Kaminfeuers. Einer seiner Paladine war ermordet worden. Die Nachricht machte sicher schon in der ganzen Stadt die Runde und die Überlegenheit der Ritter Rhobars wurde wohl wieder einmal angezweifelt. Als Wulfgar in den Raum trat, hatte der Lord die Arme verschränkt, ein Kunststück angesichts der Tatsache, dass er eine schwere Paladinrüstung trug. Ein Ritter meldete den Waffenmeister an:
    „Erhabener Lord Hagen, der Milizsoldat, der den Paladin im Kampfe unterstützt hat, ist zu Diensten.“
    Lord Hagen antwortete nicht. Er dachte an Lothar. Die Paladine waren bedroht und zwar in ihrer Würde und Glaubwürdigkeit. Entschlossen drehte er sich um.
    „Du hast gemeinsam mit Cedric gegen die Banditen gekämpft?“
    „Ja, oh Lord!“, antwortete Wulfgar.
    „Erzähl mir, wie er gestorben ist.“, sagte der grosse Paladin.
    „Ich beginne am besten am Anfang. Der ehrbare Cedric kam zu mir und sagte, er bräuchte mich, da auch ich mich in der Kunst des Schwertes verstehe. Er sprach von den Söldnern, die irgendetwas gegen unsere Stadt planen. Dann sagte er, ich solle ihm folgen…“
    „Halt! Cedric hat deine Hilfe aufgesucht? Warum sollte ich das glauben?“
    „Nun, ihr könnt die anderen Milizsoldaten fragen, einige waren dabei. Hmm, Pablo, glaub ich, und Peck, genau!“
    „Nun gut, ich glaube dir. Fahre fort!“ Lord Hagen blickte trotz den Worten skeptisch.
    „Wir liefen in Richtung Onars Hof, durch das Osttor. Er war recht schweigsam und wenn ich etwas fragen wollte, so unterbrach er mich und sagte was von einem Würfel der herrlichen Macht und einem dunklen Schleier. Wir kamen jedoch nicht allzu weit, denn unter der Brücke in der Nähe der Taverne „Zur toten Harpyie“ wurden wir von elendem Gesindel angegriffen. Wir wehrten uns tapfer, der gute Cedric rettete mir gar das Leben, als er einen Hieb eines Hünen parierte, der mich gespalten hätte. Mit dem Schwert war er nicht besiegbar, da wurde er feige von hinten mit einem Speer erstochen. Ich konnte ihm nicht helfen, da ich selbst drei Gegner gegen mich hatte. Ich konnte knapp entkommen, denn als die Banditen den Paladin sterben sahen, beachteten sie mich kurz nicht. Ich nutzte die Gelegenheit und sprang davon. Dann verfolgte ich die Kerle, sie waren nur noch zu sechst. Ich erstach einen nach dem anderen aus dem Hinterhalt, bis ich die letzten beiden im offenen Kampf besiegte und so Cedric rächte. Ihre Körper verbrannte ich. Bei Cedric hingegen fand ich diesen Würfel. Ich weiss nicht, was es mit ihm auf sich hat, aber ich denke in Ihren Händen, oh Lord, ist er wohl besser aufgehoben.“
    Der Hochmeister des Ordens der Paladine nahm fasziniert den dunklen Würfel in seine ehernen Handschuhe. Für einen kurzen Moment vergass er den Tod Cedrics. Für einen kurzen Moment dachte er, etwas wirklich Wichtiges gefunden zu haben. Dann jedoch legte er den Würfel weg und sprach: „Wulfgar, du bist würdig genug, unserem Orden bei zu treten. Wenn du willst, kannst du einer meiner Berater werden. Wir müssen herausfinden, was die Söldner planen, wem genau Cedric auf der Spur war!“

    Xardas blickte Thorwald wortlos an. Vatras und Valentino ignorierte er vorerst. Er spürte, dass der einstige Nordmarer auf der Seite Innos stand. Doch er spürte auch eine fremde Macht, unbekannt und verdeckt. Sie schien nicht wirklich in ihm zu sein, er war jedoch vermutlich einmal mit ihr in Berührung gekommen.
    „Vatras meinte, du kennst dich mit den Göttern aus. Nun, mir ist etwas Seltsames passiert, das ich dir erzählen muss.“, sagte Thorwald. Xardas nickte nur. Er versuchte sich zu erinnern. Die Macht war nicht ganz fremd, er hatte sie nur noch nie erlebt.
    „Ich komme von den Südlichen Inseln und bin der Sohn des Königs der normarer Siedler. Mein Name ist Ekkehard Thorwald.“
    Es war ein Buch! Xardas hatte in einem Buch von der Macht gelesen.
    „Vor einigen Monaten bin ich in eines der einheimischen Dörfer gereist, um den Tribut einzutreiben, denn wir Nordmarer haben die Bewohner in der nahen Umgebung unterworfen. Ein gewisser Hadschi Ömer, Sohn des Omar Kalid, Sohn des Hadji al Sharidi war der Anführer des Stammes, zu dessen Zelten ich mich begab. Er brachte mich in sein Zelt, um mir ein Mahl zu geben, wie es Sitte ist unter diesen Völkern. Wir sassen also dort, assen und sprachen von belanglosen Dingen, bis er über die Götter sprechen wollte. Er sagte, seine Familie habe eine wichtige Entdeckung gemacht, die unser aller Leben verändern sollte. Das hatte mich natürlich neugierig gemacht. Ömer rief seinen Sohn her und befahl ihm, mir den Ereb zu zeigen. Der Sohn gefiel mir nicht, er hatte unehrliche Gesichtszüge, einen nervösen Blick und schien nicht sonderlich kräftig zu sein.“
    Xardas wusste wieder, wie das Buch hiess. ‚Die Götter und die erste Sphäre’, ein altes, längst in Vergessenheit geratenes Buch eines Einsiedlers, der sämtliche Dinge hinterfragte. Ein sympathischer Mann, fand der Schwarzmagier.
    „Wir liefen durch den dichten Wald und kamen an eine kleine, überblickbare Wüste, in deren Mitte ein hoher, schwarzer Felsen aus dem weissen Sand ragte. Schlecht, so hiess der Sohn, stampfte geradlinig auf den Felsen zu und ich folgte ihm. Er erzählte mir, dass seine Familie den Felsen für einen heiligen Ort hielt und ihn schon seit Generationen hütete. Jeden der Familie habe dieser Stein gebunden und in den Bann gezogen. Wir kamen bald an den Felsen und er zeigte mir, dass es eine Höhle gab, in deren Mitte sich ein perfekter Würfel befand. Dies sei der Ereb, erklärte mir Schlecht. Der Würfel war etwa halb so gross wie ein erwachsener Mann. Ein dunkler Gedanke erfasste mich beim Anblick des Würfels, meine Gefühle wühlten sich auf. Der Ereb wirkte zwar anziehend, aber mein Wille gegen die Dunkelheit war grösser und ich rannte aus der Höhle. Wütend rief Schlecht, dass sich niemand dem Ereb entziehen könne. Doch dann brüllte er erschrocken auf und ein gewaltiges Beben liess mich auf die Knie sinken. Der Würfel sendete einen Gedanken aus, ich hörte in meinem Kopf die Worte ‚Es ist Zeit.’. Unmenschlich und mächtig klangen die Worte in meinem Kopf. Der Felsen explodierte und Schlecht wurde weit von ihm geworfen. Splitter hatten auch mein Gesicht getroffen, daher die vielen Narben. Der Sohn Hadschi Ömers jedoch war ohnmächtig, als ich zu ihm taumelte. Es fehlte ihm der rechte Arm und sein Gesicht war verunstaltet. Da wurde auch mir schwarz vor Augen und ich fiel…“ Thorwald zögerte, denn soeben hatte Xardas ein Buch aus dem Regal genommen und aufgeschlagen. Der Nordmarer blickte fragend zu Vatras. „Erzähl weiter.“, sprach da der Schwarzmagier ohne vom Buch auf zu blicken.

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    „Auf Befehl Lord Hagens, seines Zeichens Hochmeister des Ordens der erhabenen Paladine des Myrtanischen Königs, seiner Majestät Rhobar der Zweite, darf niemand die Stadt verlassen! Sämtliches verdächtiges Verhalten muss der Miliz oder den Paladinen gemeldet werden! Wir haben einen Mörder in unserer Stadt, der gefunden und gehängt werden muss! Wer mit den Söldnern im Bunde steht, wird erhängt! Der Mörder ist Nordmarer und vermutlich mit dem Wassermagier Vatras verbündet. Der Nordmarer ist gross, hat ein zernarbtes Gesicht und blaue Augen! Wer mit ihm, oder den Söldnern, im Bunde steht, wird erhängt!
    Auf Befehl Lord Hagens, seines Zeichens Hochmei…“
    Die Bürger Khorinis standen mit erschrockenen Gesichtern vor dem Verkünder. Alt und Jung, Reich und Arm, die Menge wurde immer grösser. Mitten unter ihnen befand sich auch Valentino, den diese Nachricht am meisten traf. Er musste unbedingt aus der Stadt und den anderen von dieser Neuigkeit berichten.

    Lord Hagen sass allein in seinem Gemach und betrachtete nachdenklich den dunklen Würfel. Er dachte an Wulfgar, an dessen Dienst am Königreich. Warum wohl Cedric genau ihn gebraucht hatte? Ein Paladin war ja sicherlich zu mehr fähig! Es hatte ja viele Paladine hier, die alle freiwillig mit Cedric in den Tod gegangen wären. Wieso also ein normaler Milizsoldat? Wegen seinen Kenntnissen von Einhändern? Der Lord war überzeugt, dass viele Paladine besser waren. Vielleicht war der Kerl ja ein Lügner! Und seine ganze Miliz mit ihm! Er hatte ja als Waffenmeister viel Einfluss. Lord Hagen lachte leise vor sich hin. Solche Dinge passierten nicht. An solche Verschwörungen glaubten nur Fanatiker, er war der Hochmeister der Paladine und er würde alle Gegner des Königs vernichten. Und Wulfgar war ein braver Bursche, der nichts für das mysteriöse Verhalten Cedrics konnte. Sobald der Mörder seiner Paladine gefunden war, würden sich die Dinge klären und es konnte wieder Frieden herrschen, in Khorinis. Es war an Wichtigeres zu Denken als an einen kleinen Mörder weit weg vom Festland. Zufrieden betrachtete er den Würfel, der sich mittlerweile in seiner Hand befand. Was auch immer dieser Würfel war, er war gut, dachte Hagen.
    Das Quietschen der ungeölten Holztüre liess den Paladin zusammenfahren. Er hielt den Ereb ein wenig fester und blickte misstrauisch in das Gesicht Ingmars.
    „Was willst du?“
    „Tut mir Leid für die Störung, Lord Hagen. Wir haben einen Verdächtigen gefangen, der aus der Stadt fliehen wollte.“
    Lord Hagen erhob sich und blickte den Paladin erfreut an.
    „Nun gut, lasst uns den Kerl betrachten.“
    Er hatte es ja gewusst, bald würde alles klar sein. Den Würfel nahm er sicherheitshalber mit.
    Geändert von Van Gorn (22.04.2024 um 23:56 Uhr)

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    "Das ist alles Lug und Trug!", schrie Valentino den neu ernannten Paladin an. "Thorwald ist unschuldig. Du stehst in der Macht von diesem Schlecht, das weiss ich genau! Du Heuchler!"
    "Du magst es wissen, aber dies nützt dir gar nichts.", lachte Wulfgar. Irgendwie hörte sich das Lachen in den Ohren Valentinos unnatürlich an. "Schlussendlich geht es nur darum, was Lord Hagen weiss. Und das ist genau nichts."
    Die Türe ging knarrend auf und das Reiben der Scharniere einer schweren Rüstung löste beim Gefangenen ein Schaudern aus. Lord Hagen trat ein, dicht gefolgt von Ingmar.
    "Da haben wir also den Mörder, nicht wahr, Wulfgar?" fragte der Lord lächelnd. Er hatte gewusst, dass nichts den aufmerksamen Augen seiner Paladine entkommen konnte. Ingmar hingegen blickte den verpönten Schnösling erstaunt an. Dass Valentino ein Mörder war, konnte er sich nicht vorstellen.
    "Sehr wohl, Lord Hagen! Der Kerl scheint eine Menge zu wissen! Er behauptet, der Nordländer sei unschuldig. Also muss er ihn kennen!", meinte der Waffenmeister.
    "Du kennst den Nordländer, Valentino?", fragte Hagen.
    "Ehm...ja schon. Aber er ist wirklich unschuldig! Es gibt da noch einen Fremden in der Stadt. Ihn sucht ihr in Wirklichkeit! Er hat die Leute unter seiner Kontrolle!"
    "Hast du diesen Fremden denn schon gesehen?"
    "Nein, das nicht. Aber Thorwald kennt ihn!"
    "Ich gehe richtig davon aus, dass du Thorwald kennst, den fremden Bösewicht aber noch nicht gesehen hast? Du behauptest, ein mysteriöser anderer schleiche unbemerkt durch die wachsamen Augen meiner gesegneten Paladine durch die Stadt und ermorde irgendwelche Menschen?"
    "Aber..."
    "Kein aber! Wulfgar hat diesen 'Thorwald' ja gesehen. Der Kerl hat Cedric ermordet!" Zorn überkam Lord Hagen und er blickte Valentino wütend ins Gesicht. "Du wirst erhängt. Vielleicht versucht Thorwald ja, dich zu retten, dann haben wir diesen Mistkerl auch gleich in unseren Händen."
    Ingmar runzelte die Stirn. Lord Hagen war ansonsten besonnen und ruhig. Er hatte den Tod vieler Männer und Freunde gesehen. Dass er sich so leicht aus der Ruhe bringen würde, hatte der Paladin nicht gedacht. Ihm fiel ein, dass der Lord bei seinem Eintreten einen komischen Würfel verborgen hatte. Ingmar seufzte. Er würde den Würfel wohl klauen müssen. Und vielleicht Xardas danach fragen. So verpönt der Magier auch war, sein Wissen war enorm.
    Geändert von Van Gorn (29.04.2011 um 16:07 Uhr)

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    "Ruhe!!", brüllte der Verkünder die Menge an. Die Gespräche verklangen und die Menschenmenge richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Galgen. Darunter stand mit gebeugtem Kopf Valentino. Eine einsame Träne kullerte über sein Gesicht. In der eisigen Kälte des frühen Morgens legte sich eine beängstigende Stille über den Platz. Der Galgen war frisch vom Tischler im Hafenviertel, das Holz noch hell und nicht vom Wetter gekennzeichnet. Die Windstille und das Fehlen von menschlichen Stimmen brachte in Valentino ein Gefühl von Unnatürlichkeit hervor. Alles schien weit weg zu geschehen und für einen Moment vergass er, dass er unter dem Galgen stand.
    Dann fiel seine Träne mit einem leisen, klatschenden Geräusch auf die hölzernen Dielen. Der Verkünder räusperte sich.

    "Im Namen Ihrer erhabenen Majestät, König Rhobar dem zweiten, Herrscher über Myrtana und dieser Stadt, verkünde ich das Urteil Lord Hagens, Paladin Ihrer Hochwürden, dem Vollstrecker des Rechts in diesem Teil des königlichen Reiches über Valentino, ehemals Bürger dieser Stadt, Verräter an den Instanzen, welche vom König über ihn gesetzt wurden. Verurteilt wird besagter Bürger aufgrund der Beihilfe zu einem hinterhältigen Mord an dem ehrenwerten Paladin Cedric. Ausserdem wird Valentino verurteilt, da er sich weigert, den Ort..."
    Ein Donnern unterbrach den Verkünder. Bei klarem Himmel und sonstiger Stille, erbebte die Erde. Thorwald trat auf den Podest, hinter ihm Vatras und Xardas. Die Menge erschrak und erstarrte, weder Soldat noch Paladin schien fähig, auf das Erscheinen des Fremden zu reagieren. Vatras und Xardas schienen dabei sehr konzentriert zu sein, bei beiden zeichneten sich Furchen auf der Stirn, während die Fäuste geballt waren.
    Thorwald erhob die Stimme: "Bürger von Khorinis! Ein schlimmes Übel hat sich in eure Stadt geschlichen. Unbemerkt. Hinterlistig. Menschen verhalten sich eigenartig und Freunde benehmen sich anders als sonst. Zwei Fremde haben eure Stadt betreten, einer davon bin ich. Und während ihr bei mir Schlechtes und Böses vermutet habt, hat eine Krankheit um sich gegriffen. Freundeskreise lösten sich auf, Verwandte schienen Fremde zu sein. Doch ein Teil von euch ist noch heil und hat sich dem Bösen, dem zweiten Fremden, wiedersetzt. Ein Teil den ich jetzt aufrufe: Wehrt euch! Lasst nicht ein solches Unrecht zu! Lasst den armen Mann, den Menschen den ihr nie als Böse erlebt habt, nicht zu Unrecht sterben!"
    Coragon trat hervor und rief: "Der Mann hat Recht! Valentino mag ein unverbesserliches Schwein, verzeiht den Ausdruck, sein, doch böse ist er nicht! Was ist los hier?"
    Weitere Stimmen erhoben sich, während der grössere Teil der Menge jedoch einen monotonen, glanzlosen Blick annahm und still wartete.
    "Was ist los mit dir?" Harald schüttelte Thorben, während dieser mit steinernem Gesicht geradeaus blickte. Auch andere wandten sich an ihre Freunde und versuchten mit ihnen zu sprechen.

    Durch die Menge schritt langsam Schlecht. Seine nackten Füsse liessen den Schnee nicht schmelzen und auch kein Knirschen ertönte. Doch die Menge machte ihm schweigend Platz. Nur wenige waren bei vollem Bewusstsein und wichen erschrocken zurück. Der Rest bewegte sich kontrolliert und mechanisch. Diese nahmen Waffen hervor, Schwerter, Äxte, Speere und Hämmer. Schlecht lächelte, sofern man seinen Gesichtsausdruck noch als Lächeln bezeichnen konnte.

    "Wer immer bei Bewusstsein ist, mir nach!" brüllte Thorwald und lief rückwärts vom Platz weg. Valentino hatte er befreit und die Zauberer und manche Bürger folgten ihm.

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    Knirschend löste sich der Zahn aus Wulfgars Mund, als die Faust Thorwalds dessen Gesicht verformte. Ein paar Blutspritzer färbten den Schnee. Der heftige Schlag des stämmigen Milizsoldaten wehrte der Nordmann ab und brach dem Kerl dabei die Hand. Dann wandte er sich grimmig Pablo zu, packte den Burschen und warf ihn auf Gerbrandt. Den nächsten Angreifer wehrte er nur knapp ab, ein Schwert streifte seinen Arm. Wütend packte er einen Besen und schwang ihn gegen die grösser werdende Meute, welche ihm ans Leben wollte. Knochen brachen, Männer flogen in Bögen davon, wütende Schreie erklangen. Thorwald wütete unter dem Mob, den Arbeitern und Milizen gleichermassen.

    Ein paar wenige Paladine standen ebenfalls unter dem Einfluss von Schlecht, doch der grössere Teil hatte eine schützende Wand aus Stahl um die Verbliebenen freien Bewohner Korinis gebildet. In dessen Mitte bildete sich langsam ein Portal, welches Xardas beschwur. Einzig Thorwald kämpfte mit blosser Faust und dem Besen gegen den verrückt gewordenen Haufen. Wie ein Sturm tobte er.

    "Thorwald!"

    Eine Stimme übertönte das laute Rufen und Schreien der Meute.

    "Das Portal ist bereit! Flüchte!"

    Thorwald wandte sich in Richtung des Paladin-Kreises und hieb sich einen Gang durch die Menge. Er erblickte Lord Hagen, welcher wie ein Wahnsinniger die Meute rumkommandierte, während ein weisser Schaum sein Mund umgab. Zornesadern prangten an seiner geröteter Stirn. Als er Thorwald sah, schrie er ihn an. Doch nur kurz und die eiserne Faust des Nordmarers beförderten den Hochmeister der Paladine ins Land der Träume. Thorwald schulterte den Paladin mitsamt seiner Rüstung, als ob er ein Sack Kartoffeln tragen würde und schritt durch den Ring der Paladine. Die letzten noch freien Bürger durchquerten soeben das Portal. Die Paladine begannen ebenfalls hindurch zu schreiten, bis nur noch die Zauberer, Lord Hagen und Thorwald fehlten. Unzimperlich warf der Nordmarer den Paladin durch das Portal, hieb dem angreifenden Wulfgar die Faust in den Magen, brüllte die Menge zornig an und schritt dann hinter den beiden Zauberer durch die blaue Sphäre.

    Zurück blieb ein wütender Mob und Schlecht, welcher gelassen das verschwindende Portal betrachtete.

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    Reges Treiben herrschte an Onars Hof. Der Bauer schaute stirnrunzelnd auf die vielen Bewohner Khorinis, welche emsig lange Gräben aushoben. Die Klänge von Äxten und stürzenden Bäumen hallten aus den umliegenden Wäldern und Bennets Hammer schmiedete unaufhaltsam neue Waffen. Onar dachte daran zurück, als sich plötzlich vor der Schmiede ein Portal gebildet hatte, und diese städtischen Schnösel durchgerannt kamen. Als dann noch Paladine aufkreuzten, war ihm der Kragen endgültig geplatzt und diese überfütterten Fleischbüchsen bekamen von seinen Jungs heftigst aufs Maul. Ein wenig musste er grinsen, als er daran dachte. Doch dann hatte Lee eingegriffen, da in der Stadt scheinbar schräge Dinge geschehen waren und die Machtverhältnisse waren seither nicht mehr wie gewohnt auf seinem Bauernhof. Lee, so unglaublich das klingen mag, hatte tatsächlich für die Freilassung der Paladine plädiert, und jetzt standen alle Zeichen auf Krieg mit gewöhnlichen Bürgern und Milizsoldaten der Stadt.

    Verschwitzt und wirr blickte Lord Hagen den stämmigen Mann an, der ihm gegenüber sass und mit finsterem Blick betrachtete.

    "Erzähl mir von dem dunklen Würfel, der in deinem Besitz gewesen sein muss.", befahl Thorwald dem Meister der Paladine. Dieser machte einen unrühmlichen Eindruck, da er nicht nur Teile seiner Rüstung verloren hatte, sondern der Schweiss ihm auch in den Strömen von der Stirn lief. Der nervöse Blick und seine undeutlichen Worte liessen darauf schliessen, dass er nicht mehr ganz sich selbst war.

    "Wo ist... wer hat... Hast du gewagt, mir meinen Würfel zu nehmen?! Wo ist er? Ich brauche ihn. Khadar… Ich wollte doch gar nicht, aber…"

    Lord Hagen rüttelte an seine Fesseln, während wieder schwarzer Schaum aus seinem Mund trat. Thorwald wandte den Blick traurig ab. Dann trat er hinaus und suchte nach den Magiern und Lee, dessen Spitzel in der Stadt fleissig Berichte von dem Vormarsch Schlechts überbrachte.


    Schlecht betrachtete sein eigenes Gesicht in dem Spiegel. Der Wirt Orlan von der Taverne „Zur toten Harpyie“ stellte ihm ein kühles Bier hin. Sein monotoner Blick erfasste natürlich nicht, dass es für Schlecht unmöglich war, noch Getränke zu sich zu nehmen. Wenn es ihm möglich gewesen wäre, hätte Schlecht über die Ironie der Sache gegrinst, doch dort wo zuvor sein Mund und Kiefer gewesen waren, befand sich mittlerweile eine dunkle Masse an Rauchschwaden.
    Schlecht verliess die Taverne und lief Richtung Onars Hof. Die Zeit für Thorwald war jetzt gekommen.

    Ingmar betrachtete den grossen, nordmarischen Hühnen nachdenklich. Wusste er, was er tat? Es schien Ingmar, als hätte der Mann die Sache nicht ganz im Griff. Ausserdem hatte er einen ziemlich ungehobelten Umgang mit Lord Hagen zu Tage gelegt, wo doch dieser vor allem ärztliche Hilfe benötigte. Zudem sprach Thorwald immer wieder von dieser fremden Macht, wo doch jeder vernünftige und gebildete Mensch wusste, dass es nur Innos, Beliar und Adanos gab. Vermutlich würde er nochmals überprüfen müssen, ob er wirklich auf der Seite dieses Thorwalds kämpfen könnte. Ingmars Hand ruhte auf der kühlen Oberfläche des glatten Würfels in seiner Seitentasche.

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