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    Drachentöter Avatar von Skaddar
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    Post [Story]Die Bedrohung

    Prolog


    Die Trommeln kamen immer näher. Die Nordmänner in der Höhle drängten sich dichter an das Feuer, sie warteten. Normalerweise hatten Nordmänner keine Angst, aber dies war eine Ausnahme. Thord stand wieder auf, und lief zum Ausgang der Höhle. Was er dort sah, würde jeden Nordmann erschrecken: Fackeln zogen durch den Wald, animalisches Gebrüll vereinte sich mit metallischem Klappern. Orks! Zu hunderten zogen sie durch das Land, brandschatzend, unaufhaltbar. Sie kamen aus dem Nichts, angetrieben durch Hunger und Kälte. SIE würde keiner aufhalten können. Seufzend machte sich Thord das klar. Er drehte sich zum Feuer um. "Es sieht schlecht aus, sie haben Verstärkung bekommen!", verkündete er.
    "Verstärkung?! Wo, in Beliars Namen kommen diese Mistviecher her?!", meldete sich Grom zu Wort, ein Krieger des Feuerklans, den sie hier oben vor dem Tod gerettet hatten, als er verwundet in einer Gletscherspalte gelegen hatte. Er wusste, er würde keine Antwort erhalten, niemand kam lebend von dort oben, wo die Orks hausten, wieder zurück. Thord musste einen Entschluss fassen. Die Klans mussten gewarnt werden! Sie waren nur ein Spähtrupp, der die Gegend auskundschaften sollte. Die Klans mussten sich vereinen und gegen die Orks kämpfen! Thord besah sich die Truppe genauer: Grom vom Feuerklan, dann Egrim, Skjard und Fjort vom Wolfsklan. Thord hatte eine Idee. Von dieser Idee hing wahrscheinlich die Zukunft aller Nordmänner ab. Fjort war jung, und hatte noch nicht die Stärke eines erwachsenen Nordmannes erreicht. Er war schnell und ausdauernd, aber er würde ihnen im Kampf nicht helfen können. "Fjort", begann er," Ich habe eine wichtige Aufgabe für dich. An dir wird die Zukunft der Klans hängen!"
    Fjort horchte auf, er wollte immer schon ein Held sein. "Worum geht's?", fragte er, mit einem Blitzen in den Augen. "Du musst schleunigst von hier weglaufen! Warne den Hammerklan! Geh zu ihrem Anführer, und berichte ihn von den Orks! Er wird die anderen Klans benachrichtigen.", erklärte er seinen Plan. "Kommt nicht in Frage!", beschwerte sich Fjort," Ich will kämpfen! Ich kann euch helfen!", rief er und zückte sein Schwert.
    "Nein, wir werden hier sterben.", verkündete er. Thord führte Fjort an den Ausgang der Höhle. "Siehst du, dagegen haben wir keine Chance!", sagte Thord und deutete auf die Orks, die aus der Ferne auf ihre Höhle zugingen. Noch waren sie entfernt genug, damit sich einer unbemerkt aus der Höhle stehlen und weglaufen konnte. Fjort erbleichte, doch er sagte: "Dann werde ich eben mit euch sterben!" Doch Thord zog sein Schwert und stieß ihn hinaus. "Es tut mit Leid, aber du darfst hier nicht mehr hinein. Geh! GEH!", forderte Thord. Fjort versuchte vergeblich, sich an dem muskelbepackten Nordmann vorbei zu schieben, doch er wurde immer wieder zurückgestoßen. "Ein letztes Mal, geh!", forderte Thord. Da sah Fjort ein, dass es keinen Sinn hatte, gegen den Schrank anzurennen, und er machte sich verzweifelt und den Tränen nahe nach Süden, zum Hammerklan, auf.
    Geändert von MiMo (30.03.2017 um 15:27 Uhr)

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    Kapitel 1: Der Pass


    Er fror. Er war hungrig. Er war erschöpft. Immer einen Schritt nach dem anderen, immer so weiter, endlos. Fjort war zwar ausdauernd, doch dieser Gewaltmarsch zermürbte ihn, aber er durfte sich keine Pause erlauben, die Klans mussten gewarnt werden. Gestern war er Hals über Kopf davongestürmt, ein paar Orks waren ihm auf den Fersen gewesen, jedoch hatte er sie zu seinem Glück nach zwei Meilen Spurt abgehängt gehabt. "Liegt wahrscheinlich an deren Gebräu, das die die ganze Zeit saufen!", dachte sich Fjort. Der Weg ging über die Berge, die die Orklande von Nordmar trennten. Er freute sich schon auf das gute, alte, und vor allem warme Nordmar. Oben, in den Orklanden, war es kälter als in Nordmar, Wasser, das stand, gefror schon nach zwei Minuten. Doch er hatte es geschafft, er war schon an der Grenze zu Nordmar.
    Er marschierte über den Pass, der schon da war, als der erste Klan hier entstand. Doch Felsstürze und Lawinen machten ihn zu einer gefährlichen Gegend. Der Pass müsste so schnell wie möglich verbarrikadiert werden, sonst würden die Orks in Scharen nach Nordmar ziehen.
    Fjort war ein nachdenklicher junger Mann. Er war nicht so stark wie andere in seinem Alter, und deshalb wurde er oft ausgegrenzt. Auch missfiel den Anderen seine Wissbegierde, er war einer der wenigen in Nordmar, die lesen und schreiben konnten. Es wurden Gerüchte über ihn erzählt, dass er das Kind eines Feuermagiers des Klosters war. Völliger Unsinn! Fjort wusste, dass es den Feuermagiern verboten war, sich eine Frau zu nehmen. Und in einem Kloster der Feuermagier gab es überhaupt keine Frauen. Doch hätte er das erwähnt, hätten die Anderen ihn wieder ausgelacht. Aber dafür hatte er jetzt eine wichtige Aufgabe bekommen, während die anderen dasaßen und ab und zu auf die Jagd gingen. Er hatte hier oben schon zwei Orks erlegt! Ein zufriedenes Lächeln zog sich über Fjorts Gesicht, trotz der Kälte, trotz der Erschöpfung. Doch durch seine Tragträumerei entging ihm etwas sehr wichtiges: Oben löste sich ein Stein, prallte gegen einen anderen, der mehrere Steine mit sich riss. Als Fjort aufhorchte, war es zu spät: Eine Steinlawine rollte von oben heran! Fjort schrie erschrocken auf, und rannte, obwohl er wusste, dass es sowieso keinen Zweck haben würde. Eine Welle der Vernichtung rollte auf ihn zu. Da packte in eine Hand, und zog ihn in eine kleine Felsspalte.
    Geändert von Skaddar (27.02.2010 um 17:53 Uhr)

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    Kapitel 2: Der Fremde

    "Bist du verrückt?! Spazierst einfach so über den gefährlichsten Pass des Nordens, ohne aufzupassen?!", schrie ihn eine fremde Stimme an. Er bekam einige Ohrfeigen, womit er wieder hellwach wurde. Wo war er hier? Wieso tat sein Kopf so weh? "Wo bin ich?", fragte er stöhnend, und versuchte, sich aufzusetzen, was ihm wegen seiner Kopfschmerzen nicht gelang. "In meiner Hütte.", antwortete die Stimme mürrisch. Da wurde es ihm wieder bewusst: Er war auf dem Weg zum Hammerklan, er musste deren Anführer warnen! "Ich muss hier weg....muss zum Hammerklan!", stöhnte er und öffnete die Augen. Er blickte in ein zerfurchtes, bleiches Gesicht. Wirres, graues Haar umspielte die schmalen Züge. "W-wer sind sie?!", fragte Fjort, erschrocken von dem fremdländischen Aussehen des Mannes. "Das ist unwichtig. Was viel wichtiger ist, wer bist Du, und was wolltest Du auf dem Pass?" Durfte er dem Alten wirklich erzählen, was er für eine Aufgabe hatte? Vielleicht war es ja ein Spitzel der Orks! Aber er kam hier nicht mehr so schnell weg, und wie es schien, war er auf den Krauskopf angewiesen. "Ich bin vom Wolfsklan, Fjort ist mein Name. Wir waren drüben, in den Orklanden, als Spähtrupp, meine Gruppe und ich.", begann er.
    "Wo ist deine Gruppe?", fragte der Alte, er schien ziemlich neugierig zu sein.
    Fjort knirschte mit den Zähnen. "Sie sind alle tot. Wir lagerten in einer Höhle, als hunderte von Orks aus dem Nichts kamen. Ich wure mit dem Auftrag losgeschickt, zum Hammerklan zu gehen und dem Anführer zu erzählen, dass eine große Bedrohung von den Orklanden ausgeht.", brachte er schließlich hervor. Sein Kopf tat höllisch weh! "Aber ich habe auch eine Frage: Was ist passiert? Wieso tut mein Kopf so weh? Und wo sind wir hier?!"
    Der Alte runzelte die Stirn. "Du stellst ziemlich viele Fragen!", stellte er fest, "Aber nun gut. Ich konnte dich vor der Lawine gerade noch retten, indem ich dich in einen Spalt gezogen habe. Du kannst von Glück sagen, dass mir einen Tag zuvor die Pilze ausgegangen sind! Die Wunde hast du, weil dich noch ein ziemlich großer Stein erwischt hat. Nur meiner Pflege hast du es zu verdanken, dass du jetzt hier in meiner Hütte liegen und mich stören kannst!", erklärte er, wobei Fjort etwas tiefer in das Bett zurücksank, eingeschüchtert von den Worten des Alten. Ja, der Kopf tat zwar höllisch weh, aber so schlimm war es auch wieder nicht. "Und diese Hütte steht östlich vom Feuerklan, am obersten Rand von Nordmar."
    Der Alte stand auf und ging in ein Nebenzimmer. Erst jetzt besah sich Fjort die Hütte genauer: Er saß in einem gemütlichen kleinen Raum, in dessen Mitte ein Kamin flackerte. Der Boden war mit Bärenfellen belegt. Nach links ging es wahrscheinlich in die Küche, denn von dort kam ein Geruch, der Fjorts Herz schneller schlagen ließ: Suppe! Erst jetzt wurde ihm klar, dass er seit zwei Tagen nichts mehr gegessen hatte-Wie lange war er eigentlich schon hier? Nach rechts ging es in einen kleinen Raum. Fjort wurde neugierig, und schlurfte auf das Zimmer zu. Was er erblickte, ließ seine Kinnlade nach unten fallen: Bücher! Hunderte Bücher! In alten, verstaubten Regalen, auf Stapeln, auf dem kleinen Tisch! Und dann sah Fjort etwas, was er nur in einem Buch gesehen hatte: Ein Fenster, aber nicht irgendeines, wie üblich sondern eins aus-Glas! Fasziniert blieb er vor dem Fenster stehen, fasste es an. Was war das für ein Mann? Woher hatte er das Glas, die Bücher? Plötzlich spürte er den Atem des Alten auf seinem Nacken. Erschrocken fuhr er herum. Wie konnte der Alte sich so lautlos anschleichen?
    "Die Suppe ist fertig, na komm!", sagte er mürrisch.
    "Wo haben sie die Bücher her?", fragte Fjort, während er dem Alten in das Kaminzimmer folgte. "Woher? Wieso fragts du? Du kannst doch wahrscheinlich nicht einmal lesen!", erwiderte der alte Mann.
    "Ich kann sehr wohl lesen, und schreiben kann ich auch!", erklärte Fjort stolz. Der Alte drehte sich verwundert um. "Wirklich? Äußerst interessant!", sagte er, und seine Miene hellte sich ein wenig auf. "Wo haben sie sie her?", fragte Fjort noch einmal. Der Alte blickte aus dem Fenster, ein verträumtes Blitzen erschien in seinen Augen. "Da, wo ich herkomme. Aus Myrtana, dem schönen, grünen, warmen Myrtana!", antwortete er träumerisch.
    Myrtana! Im Norden hörte man seit langem nichts mehr von Myrtana. Nordmänner hielten nichts von Myrtana. Außer Fjort natürlich. In den Bücher, die er eifrig sammelte, wurde Myrtana oft gepriesen, als fruchtbares, friedvolles Land. Als das schönste Land aller Länder. Von dort kamen die Feuermagier, dort mussten wunderbare Kulturschätze lagern! Der Alte gewann bei Fjort vieles an Sympathie, endlich jemand, den nicht nur Orks, Wölfe und Stahl interessierte! "Jetzt aber auf zur Suppe, du verhungerst ja noch!", sagte der Alte und zog den jungen Mann mit sich.
    Geändert von Skaddar (27.02.2010 um 17:54 Uhr)

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    Kapitel 3:Flucht

    Es wurde Abend. Nach der Suppe fühlte Fjort sich gestärkt, er war aber auch hundemüde. Und die Stirn fing wieder an zu pochen. Der Alte hatte sich schon schlafengelegt, aber er konnte einfach nicht einschlafen. Was war mit seiner Aufgabe? Durfte er sie vernachlässigen? Durfte er hier herumliegen und nichts tun? Obwohl er sich hier wohl fühlte, seltsamerweise wohler als zuhause, er musste zum Hammerklan! Aber wie sollte er ohne Verpflegung und ganz allein, seiner warmen Kleider beraubt, durch den eiskalten Schnee zum Klan gelangen? Außerdem fühlte er sich noch schwach, es war gewagt, sich verletzt in die gefährliche Wildnis zu begeben.
    Doch er musste es. Er hatte immer davon geträumt, ein Held zu sein, es den anderen zu zeigen, dass er auch zu etwas nutze war, kein "schwacher Bücherfresser" war, wie sie ihn nannten. Wie würden sie schauen, er, als Retter des Nordens! Und er saß lieber hier herum, bereit, sich auszuruhen, als würde es ihn nichts angehen, wenn die Orks ohne Vorwarnung hier einmarschierten! Er dachte sich einen Plan aus. Heute nacht, wenn der Alte fest schlief, würde er sich etwas Verpflegung stehlen und fliehen.
    Vorher wollte er aber noch ein wenig schlafen, erschöpft und müde würde er sich nicht heraustrauen. Er nahm einen Krug Wasser, den der Alte neben sein Bett gestellt hatte, und trank ihn zügig aus. Seine Blase würde ihn in der Nacht schon wecken! Er lehnte sich zurück, und schloss die Augen. Beruhigt, einen Plan zu haben, schlief er auch sofort ein.



    "Deine Aufgabe! Du musst sie erfüllen! Es ist deine Pflicht!", sagte Thord zu ihm. Aber er wollte nicht. "Nein! Ich muss kämpfen! lass mich siegen!", antwortete Fjort. "Na gut, dann kämpfe wie ein Mann!", brüllte Thord und zückte ein gewaltiges Schwert. Doch er löste sich in Fackeln auf, die gemächlich durch den Wald auf sie zuliefen. Die Fackeln wichen Äxten, die sich zu einem Hammer zusammenfügten. Plötzlich sprach der Hammer zu ihm: "Komm zu mir! Deine Aufgabe! Deine Aufgabe!" Der Hammer schwang zurück-und flog auf ihn zu!
    "Meine Aufgabe!", keuchte Fjort und schreckte aus dem Traum hoch. Was ein grässlicher Albtraum! Sein rasendes Herz beruhigte sich allmählich, er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Etwas drückte in seinem Unterleib und da wusste Fjort, wa er zu tun hatte. Er stand mit wackeligen Beinen auf. Der Raum drehte sich ein paar Mal um ihn, doch der Schwindel verflog.
    Er schlich in die Küche und sah sich dort um. Eine Herdplatte, und ein Regal, in dem Vorräte gelagert waren. Er besah sich das Regal genauer.
    Dort waren eingelegte Pilze, gepökeltes Fleisch, alter Käse und fünf Laibe Brot. Wo bekam der Mann das Brot her? Hier im Norden gab es keinerlei Ackerbau, auf dem Schnee wuchsen nur Pilze und kümmerliche Pflanzen.
    Er nahm sich zwei Laibe Brot, ein Stück Käse, und massenhaft Fleisch. Zum Glück fand er einen vergilbten Rucksack, wo er alles verstauen konnte. Jetzt musste er nur noch seine Kleider finden. Er ging zurück in sein Schlafzimmer und sah sich um. Neben dem Kamin fand er eine kleine Tür, die er neugierig öffnete. Er befand sich in winzigen Raum, der mit Mänteln, Hemden, Hosen und Stiefeln gefüllt war. Er nahm sich wahllos einen Mantel und ein Paar Stiefel. Die Sachen waren ihm etwas zu klein, aber er war nicht sehr wählerisch. Sein Schwert und seinen Bogen fand er an sein Bett angelehnt.
    Nun war er bereit, loszuziehen. Er schlich sich an der Bibliothek vorbei, in der der Alte schlief. Er fand es schade, den alten Mann so zu erschrecken, doch er musste fort. Er verabschiedete sich in Gedanken von dem Alten, dann ging er weiter bis zur Tür nach draußen. Er atmete noch einmal tief durch, öffnete leise die Tür und schlich heraus. Die Kälte schlug ihn fast nieder, der Wind zerrte an seinen Kleidern. Was war das nur für ein bescheuerter Gedanke gewesen! Doch es gab für ihn kein zurück mehr, er hatte sich entschieden. Still stapfte er vorwärts. Er hatte sich am vorigen Tag anhand der Sonne orientiert, er marschierte ungefähr in Richtung Süden. Einige Zeit lief er so weiter, bis er an den Rand eines Waldes kam. Er schlüpfte in das Dickicht, hier war er etwas besser von Wind und Wetter geschützt. Fjort machte sich keinerlei Gedanken darüber, dass andere Wesen hier auch Zuflucht suchten, und nicht nur Hasen und Hirsche. Den Blick auf den Boden gerichtet, grübelte er über seine schwere Kindheit, sodass er nicht bemerkte, wie vor ihm ein Lagerfeuer auftauchte. Und dann geschah es: Flinke, kleine Hände packten ihn, während ihm jemand mit einem Knüppel eins überzog. Sofort wurde ihm schwarz vor Augen.
    Geändert von Skaddar (04.09.2010 um 16:14 Uhr)

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    Kapitel 4: Goblins und Magie


    Fjort versuchte, seine Augen zu öffnen. Vergeblich. Sein Kopf tat schon wieder sehr weh, und irgendetwas stach in seinen Rücken. "Ah! Saftigas Menschensfleischs!", quiekte eine krächzende Stimme direkt neben seinem Ohr. "Sonst bekommt ma' nur die fetten Menschens. Der hier ist bestimmt zart!", krächzte die Stimme belustigt. Ein kleiner Finger bohrte sich in seinen Magen, und er wurde sofort hellwach. Vor ihm stand ein kleiner grüner Goblin, eine Keule in der rechten Hand. Er wollte etwas erwidern, doch er war geknebelt. Warum, in Beliars Namen, war er geknebelt?! Wieso waren Goblins nur so bösartig? Der Goblin quiekte belustigt, als er sah, wie sich Fjort wand und versuchte, etwas zu sagen. "Quäl' ihn net so, das macht 'en zäh und trocken!", schimpfte ein schwarzer Goblin, der dazukam. "'Tschuldigung, Boss!"
    "Wie weit biste mitta Suppä?", schrie der Schwarze nach hinten.
    "Braucht noch ein wänig Zeit! Brauchä mehr Pilzä!", wurde zurückgerufen.
    Die wollten ihn essen! Er versuchte, seine Fesseln an dem Stamm abzureiben, an den er gefesselt war, doch das einzige, was er damit erreichte, war, sich selbst ins Fleisch zu schneiden. Verzweifelt sank er zurück. Er besah sich seine missliche Lage genauer: Er war an einen Baum gefesselt, geknebelt, während ein Goblin eine Suppe vorbereitete, in der er gekocht werden sollte. Das war abstrus, wie in einem der Märchen, die er zuhause hatte.Genauer gesagt, gehabt hatte. Sie hatten sie alle verbrannt. Dämliches Pack! Sie schätzten keine Bücher, und deshalb waren sie auch alle so ungebildet!
    Er seufzte. Wäre er doch nicht weggelaufen! Hätte er doch ein paar Tage gewartet, vielleicht hätte ihn der Alte sogar begleitet! Aber er musste ja den Helden spielen!
    "Suppä ist färtig! Ihr könnt den Menschens zubereiten!", rief der Koch.
    Panik brach in Fjort aus, als die zwei Goblins, der Schwarze und der Grüne, grinsend auf ihn zugingen. Der Schwarze zückte sein Messer. Langsam kam das Messer auf ihn zu, auf Halshöhe. Der Goblin nahm seinen Kopf in eine Hand und- er befreite ihn von seinem Knebel. Fjort schaute ihn ungläubig an.
    Wollte er ihn befreien? "Wir mögen es, wenn unser Opfer im Todeskampf schreit!", lachte der Schwarze, und machte somit seine Hoffnungen zunichte.
    Die beiden Goblins nahmen Knüppel zur Hand. "Wir schlagen unserä Beutä gern tot, da wird 'se schön zart!" Dann hieben sie auf ihn ein. Überall trafen ihn die Knüppel, unsägliche Schmerzen durchzuckten seinen Körper. Er schrie aus ganzem Halse. Doch nach einer Zeit spürte er die Schläge gar nicht mehr, sein Kopf baumelte leblos an seinem Hals, er erwartete seinen Tod. Der Schwarze hob triumphal seinen Knüppel zum Todesstoß.
    Plötzlich kam ein Ball aus Feuer auf ihn zu, er wurde schreiend wegkatapultiert. Der Grüne schaute verwundert nach der Ursache des Feuers, da wurde er auch schon erfasst. Der Koch lief schreiend davon, doch er wurde noch im Laufen erwischt. Eine Hand berührte seine Stirn, und schon durchzuckte ihn wieder Energie, nichts tat ihm mehr weh.
    Verwundert schaute er auf. "Was fällt dir ein, einfach so davonzulaufen? Du hattest Glück, dass ich es für notwendig hielt, dir nachzurennen!", schrie ihn der Alte an und durchschnitt seine Fesseln.
    Geändert von Skaddar (27.02.2010 um 17:58 Uhr)

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    Kapitel 5: Die Reise geht weiter


    "Das war das mit Abstand dümmste und naivste Verhalten, das ich jemals erlebt habe!", schrie der Alte.
    "Ich dachte, Ihr haltet mich fest."
    "Wieso sollte ich? Was interessiert mich das Wohlergehen eines lebensmüden Nordmannes? Nur Muskeln habt ihr, kein Gehirn!"
    "Wieso habt Ihr mich dann-"
    "RUHE! Wir haben keine Zeit zum Reden, los, los, wir müssen weiter!"
    Fjort wurde aus dem Alten einfach nicht schlau. Einerseits sagte er, Fjorts Leben bedeutete ihm nichts. Andererseits, warum hatte er ihn dann gerettet?
    Wie hieß der Alte überhaupt? Wo kam er her? Er hatte nur angedeutet, dass er aus dem Süden käme. Aus Myrtana? Und die Magie- war der Alte ein Feuermagier?
    Fjort blickte verstohlen zu dem Alten herüber. Der stapfte mürrisch voran, durch den Schnee. Als würde ihm die Kälte gar nichts ausmachen. Wie lange lebte er schon hier, im Norden, und wieso?
    "Danke, dass ihr mich gerettet habt"
    "Hör auf mit dem Ihr, Ihr, Ihr- Gehabe! Kennen wir uns nicht schon lang genug?", erwiderte der Alte.
    "Danke, dass du mich gerettet hast." Der Alte grummelte etwas Unverständliches. Kein großartiger Gesprächspartner. Aber wenigstens Gesellschaft, hier, in der Eiswüste, wo der Wind erbarmungslos an einem riss.
    "Wieso kannst du Magie wirken? Bist du ein Feuermagier?", fragte er schließlich, um die einsame Stille zu beenden.
    "Ich war nur ein Erleuchteter, mehr nicht.", wich der Alte seinen Fragen aus.
    "Und seit wann erlernen Erleuchtete Magie?"
    "Du stellst wirklich zu viele Fragen. Aber gut, diese werde ich dir noch beantworten. In Myrtana erlernen die meisten Gelehrten entweder Alchemie oder Magie. Die Alchemisten haben sehr viel zu tun, Magier haben ein ruhiges Leben. Normalerweise."
    Normalerweise? Was sollte das den heißen? Weswegen war er von Myrtana, wo er eine größere Machtstellung hatte, hier nach Nordmar gezogen?
    Doch der Alte beschleunigte seinen Schritt, sodass Fjort seine Gedanken vergaß. Sie erreichten eine Hügelkuppe. Unter ihnen breitete sich ein Tal aus, umkränzt von kleinen, krüppeligen Bäumen. Unten deutete sich ein Höhleneingang ab. "Ich glaube, dort werden wir schlafen.", erklärte der Alte.
    Wenn er es "glaubte", war es wohl ein Befehl.
    Sie stiegen hinab und schafften es noch in die Höhle, bis sie erschöpft umfielen. Eine Wanderung in Nordmar war etwas Anderes als ein gemütlicher Spaziergang durch die lieblichen Wälder von Myrtana. Bevor Fjort einschlief, hörte er ein leises Klappern, und ein Zischen, das sich nicht sehr menschlich anhörte.
    Geändert von Skaddar (28.02.2010 um 10:18 Uhr)

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    Kapitel 6: Crawler!


    Er fühlte sich, als würde er fliegen. Leichte Winde trugen ihn sanft über die Wolken, umspielt von einem lieblichen Duft. Honig floss um ihn herum, süß und klebrig, und er konnte sich nicht mehr bewegen, was er dennoch genoss. Er entspannte sich, und vertraute vollkommen auf die Arme, die ihn trugen. Er wurde hochgehoben, sanft unter den Achseln gepackt. Er wurde an den Gipfel des höchsten Berges geklebt, wo er friedlich schlummerte.
    Doch plötzlich wehte ihm ein fauliger Gestank entgegen, sodass er unverzüglich die Augen aufschlug, und in die Realität zurückkatapultiert wurde. Drei paar Augen blitzten ihm entgegen. Große, bleiche Zangen schlugen gegeneinander. Große, lange, dürre Beine strichen über seinen Körper. Crawler! Sie würden ihn fressen!
    Er versuchte, sich zu bewegen, doch er schaffte es nicht. Er hing an der Wand, einen Meter über dem Boden, sein Körper war mit einer klebrigen Substanz bedeckt. Honig. Das war der Honig in seinem Traum gewesen. Sie hatten ihn mir ihrem Sekret an die Wand geklebt. Ein normaler Nordmann hätte sich gewundert, doch Fjort wusste über die Essgewohnheiten der Minecrawler Bescheid. Sie klebten ihr Opfer mithilfe ihres Sekrets an die Wand. Das Sekret zersetzte die Kleidung, und die Minecrawler liefen nicht Gefahr, sich zu verschlucken und zu ersticken.
    Da er sowieso nichts machen konnte, besah sich Fjort die Höhle etwas genauer. Sie waren in einem kleinen Stollen, die Wände waren abgerundet, auf ihnen wuchsen Pilze. Einige Kristalle erleuchteten die Höhle mit ihrem weißen, kalten Licht. Auf der anderen Seite klebte der Alte. Er schien zu schlafen, sein Kopf hing lose herunter.
    Wieso hatte er immer so ein Pech? Lawinen, Goblins und jetzt Minecrawler. Irgendjemand schien ihn nicht zu mögen. Was hatte er denn Böses getan?
    Der Alte war zu unvorsichtig gewesen. Wieso hatte er nichts geahnt? Es war ganz allein seine Schuld, er selbst war ja noch zu jung, um so etwas zu ahnen.
    Um sich abzulenken, schaute Fjort nach den Crawlern. Sie liefen scheinbar sinnlos durch die Gegend, gruben ihre Zangen in den felsigen Grund. Neue Höhlen für Eier, neue Höhlen für ein größeres Herrschaftsgebiet.
    Fjort dachte an damals, wo das Leben noch einfach gewesen war.
    Einfach?! Nein. Diese dummen Inzuchtkinder hatten ihn jeden Tag gehänselt, weil er keine typische Nordmannstatur hatte. Sie hatten ihn einen schwachen Angsthasen genannt, nur weil er nicht dumm genug war, in der Wildnis rumzurennen und Wölfe zu töten, wie die Anderen. Dabei starben genug Halbstarke, und Fjort hatte es nie drauf angelegt, einer von ihnen zu sein. Er war der Schlauste von allen gewesen, und sie hatten aus Neid seine Bücher verbrannt. Die Erwachsenen hatten nichts getan, auch sie verachteten ihn. Oh, wie er sie alle hasste!
    Seine Gedanken wurden durch ein Krächzen unterbrochen. Ein großer, dicker Crawler betrat den Stollen. Die anderen wichen ihm aus, bildeten eine Gasse. Dieser Crawler war wohl so etwas wie ein Anführer. Langsam bewegte er sich auf jemanden zu. Auf den Alten. Fjort befiel die Panik, Schweiß lief ihm die klebrige Stirn hinab. Es war Essenszeit. Der Crawler wollte den Alten fressen! Fjort mochte den Alten trotz seiner mürrischen Art sehr, er war anders als seine sonstigen Bekanntschaften. Er war schlau, und er legte keinen Wert auf Muskeln. Sein Leben sollte jetzt nicht enden! Nein, nicht er, nicht der Mann, der ihm mehrfach das Leben gerettet hatte, nicht der Mann, der ihm auch in Zukunft helfen würde, wenn er überlebte. Nicht der Mann, der für Fjort in der kurzen Zeit wie ein Vater war! Eine Welle aus Wut durchlief seinen Körper, füllte jeden Winkel mit einer mächtigen Energie. Sein Blick fokussierte sich auf die Crawler, er runzelte seine Stirn. Er schrie, wie in seinem ganzen Leben noch nicht. Die Energie brach aus, überwältigte ihn selbst. Sie trat aus seinem Körper, in Form von Flammen, die Flammen sprengten seinen Kokon, breiteten sich im Stollen aus, versengten die Insekten, warfen sie um und verwandelten sie in Aschehäufchen. Dann war es vorbei. Sein Körper wurde schwach, er wollte schlafen, nach dieser Anstrengung einfach nur schlafen. Er fiel auf den Boden, doch im Fall schlummerte er schon.
    Geändert von Skaddar (28.02.2010 um 10:20 Uhr)

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    Kapitel 7: Ein verborgenes Talent


    Keuchend erwachte er. Allumfassende Dunkelheit. Er fühlte sich, als wäre er von drei Metern Höhe auf einen steinigen Grund gefallen. Einen noch dazu ziemlich übel riechenden steinigen Grund. Es roch nach verbranntem Fleisch. Er würde aufstehen müssen, den Ausgang dieses dunklen Flecks finden müssen. Müde reckte er seine Steifen Glieder, die dabei ungesund knachsten.
    Verdammt! Wenn das so weiter ging mit ihm, dann war er bald am Arsch. Dämliche Mistviecher. Wieso hatten sie ihn nicht bleiben und gegen die Orks kämpfen lassen? Dann wären ihm die Beschwerlichkeiten dieser Reise erspart geblieben. Behutsam stütze er sich an die kühle Höhlenwand und raffte sich hoch. Vorhin waren doch hier noch diese leuchtenden Kristalle gewesen! Was war mit ihnen passiert? Was war mit IHM passiert? Er hatte in der letzten Zeit wohl zu viele Schläge gegen den Kopf bekommen. Er verharrte. Er spürte den leichten Luftzug auf der Wange. Er war gerettet!
    Übereifrig rannte er los. Dumm und unvorsichtig wie er war, stolperte er sofort. Schmerzend prallte sein Körper gegen den Boden. Verdammt, das hatte weh getan! Plötzlich ertönte hinter ihm ein Stöhnen.
    "Wer ist da?", rief er ängstlich in die Dunkelheit. Abermals ertönte das Stönen. Es kam ihm irgendwie bekannt vor. Der Alte! Er war über ihn gestolpert. Er bückte sich, und ertastete den Boden nach seinem Begleiter.
    Als seine Finger an zerfledderten Klamotten hängen blieben, packte er zu.
    Fjort hiefte sich den Alten über seine Schultern, und lief dorthin, wo er den Ausgang vermutete. Nach abermaligem Anstoßen und Stolpern erreichte er eine kleine Kammer. Der Ausgang. Er war frei. Der Mond zeigte sich und verbreitete seinen silbernen Glanz. Die Kammer füllte sich mit Licht. Erschöpft ließ er sich sinken und legte den Alten neben sich.
    Er fühlte sich glücklich. Fjort war frei von Angst, eine wohlige Ruhe überkam ihn. Er war nie anspruchsvoll gewesen, er kam mit den rustikalsten Lebenslagen klar. Nach den Schrecken der Höhle wollte er nur noch schlafen.


    Als er erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Freudig schloss er die Augen und genoss das seltene Licht.
    "Danke."
    Die Stimme des Alten erhob sich leise.
    "Ich danke dir dafür, dass du mich gerettet hast."
    Das hätte Fjort von dem Alten nicht erwartet. Überrascht drehte er den Kopf. Der Alte saß an der gegenüberliegenden Wand der Kammer.
    "Ach, das war doch nichts. Du hast mir immerhin schon zweimal das Leben gerettet, und beide Male warst du selbstloser. Du hattest dich immer in Gefahr begeben, um einen Tölpel wie mich zu retten."
    "Vielleicht hast du Recht."
    Der Alte war in die Klamotten eines Feuermagiers gehüllt. Die Ausrüstung hatten die Crawler anscheinend liegen gelassen.
    "Von wegen Erleuchteter", grinste er den Alten an.
    "Ich muss zugeben, ich war nicht nur erleuchtet. Das könnten dir alle meine Feinde sagen, wenn sie noch lebten."
    "Dann musst du ja ein ziemlicher Raufbold gewesen sein."
    "Einer von den Schlimmsten" Beide brachen in Gelächter aus.
    Doch schlagartig wurde der Alte wieder ernst. "Ich muss mit dir über dein... besonderes Talent reden."
    Darauf hatte Fjort schon gewartet. "Man vermutet, dass ich der Sohn eines Feuermagiers bin"
    Der Alte starrte wie elektrisiert auf ihn. "Ein Feuermagier also....sehr...interessant", murmelte er.
    "Das erklärt wohl dein überaus großes Talent. Es muss gewaltig sein, denn du kanntest ja noch nicht einmal die Formel.", sprang er wieder zu ihrem ursprünglichen Thema zurück. Jetzt musste Fjort es sagen.
    "Kannst du mich unterrichten?"
    Der Alte wirkte erfreut. "Das war mein Vorschlag. Du bist etwas ganz Besonderes. Mit dem richtigen Lehrer- also mir- wird aus dir ein ordentlicher Magier."
    Er fühlte sich leicht. Er würde ein Magier werden, ein Feuermagier! Die Anderen müssten Respekt vor ihm haben müssen, er würde Bibliotheken aufsuchen, unter gleichgesinnten sein!
    "Jetzt müssen wir aber erstmal weiter.", unterbrach der Alte Fjorts Gedanken.
    Das hatte er ja total vergessen. Sie wandten sich zum gehen.
    "Übrigens, mein Name ist Cornam."
    Geändert von Skaddar (28.02.2010 um 10:22 Uhr)

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    Kapiel 8: Banditen!


    Nun waren sie schon vier Tage unterwegs und der Feuerklan rückte immer näher. Auch in Nordmar gab es einen Frühling, wenn schon nicht so warm wie in südlicheren Gefilden. Doch Die Sonne zeigte sich un verbreitete ihre wohligen Strahlen. Keine Wolke traute sich, diese Idylle zu zerstören. Ja, Nordmar war einfach wunderbar! Fjort genoss es regelrecht, durch den Schnee zu stapfen, über Pässe zu marschieren und Täler zu durchqueren. Da merkte man doch, dass er Nordmar'sches Blut in sich hatte. Jeder Myrtaner hätte sich wohl über schneidende Kälte beschwert. Nun ja, der Schnee lag immer noch, doch die nächsten Monate würde es nur noch sehr selten schneien. Laut jauchzte er.
    "Ha! Nur ein Nordmarer kann solches Wetter genießen. Als wäre es ein Sommer in Myrtana!", meldete sich Cornam. Dieser Alte war wirklich ein Griesgram. "Ich finde dieses Wetter einfach herrlich. Die Feuerwurzeln, die aus dem Boden sprießen, das Sonnenkraut, die Wärme-"
    "Wärme?! Ein Sommer in Myrtana ist warm, was meinst du, wie viele Pflanzen dort wachsen? Der ganze Boden ist voll davon!"
    Alles voller Pflanzen...das konnte sich Fjort überhaupt nicht vorstellen. Wie wäre es wohl, durch eine hüfthohe Wiese zu laufen und die Blumen zu riechen? Ach, er war ein Nordländer, einer der Ignoranten. Damit musste er sich abfinden.
    Das erste Zeichen der Zivilisation zeigte sich. Eine verlassene Hütte lag links von ihnen am Wegesrand. Hinter der Hütte erstreckte sich ein großer Wald, der Nordwald, wie ihn die Nordmarer nannten, der nördlichste den Nordmarern bekannte Wald. Ein oder zwei Tagesmärsche, weiter war es nicht mehr bis zum Feuerklan. Cornum setzte sich auf eine Bank, die jemand vor die Hütte gestellt hatte. "So, ich bleibe hier und ruhe meine müden Glieder aus. Es wäre sehr freundlich von dir, uns ein Mittagsessen zu besorgen.", sagte der Alte keuchend. "Nun, wenn es sehr freundlich ist, sollte ich deine Bitte wohl nicht abschlagen.", erwiderte Fjort mit Ironie.
    Der Alte lächelte verschmitzt.
    Fjort nahm seinen Eichenbogen zur Hand und ging in den Wald.
    Die Bäume des Nordwaldes waren für ihre Größe bekannt, Die meisten Stämme waren so dick, dass zwei Männer den gleichen Baum umarmen konnten, ohne sich an den Händen zu berühren. Leichtes Spiel für einen guten Jäger. Der Wolfsklan war für seine meisterlichen Jäger bekannt. Auch wenn Fjort keinen Wolf bei sich hatte, konnte er doch seine Beute mit Gehör, Auge und Nase aufspüren. Der Jagdinstinkt erwachte in ihm, machte seine Stimme schärfer, gab ihm ein raubtierhaftes Antlitz.
    Seine feinen Ohren hörten Schritte von Rechts. Blitzschnell drehte er sich um und tötete das Tier mit einem Schuss zwischen die Augen. Das Wildschwein sackte röchelnd zusammen, seine Augen drehten sich nach oben. Mit einem Messer häutete er das Wildschwein und schnitt ein paar Brocken Fleisch heraus.
    Plötzlich sirrte etwas von der Seite heran und verfehlte in haarscharf. Der Pfeil bohrte sich sirrend in den Baum, vor dem er stand und wackelte noch ein paar Mal. Der Jäger war zum gejagten geworden. Er hechtete zur Seite, noch ein Pfeil verfehlte ihn. Der Gejagte versteckte sich hinter einem Baum und wartete auf den Jäger. Schon kam dieser brüllend mit erhobener Axt um die Ecke. Keine Deckung! Was ein Idiot!
    Fjort stach sein Messer in den Hals des Mannes, woraufhin der seine Axt fallen ließ und zusammenklappte. Fjort nahm die Axt des Mannes. Er wusste, den Bogenschützen hatte er noch nicht erwischt. Er machte einen Sprung seitwärts und sah sich um. Er erblickte den Schützen, der gerade einen Pfeil auf die Sehne legte, und warf die Axt auf ihn.
    Die Axt schlug in seine Brust ein, und der Mann wurde von der Wucht des Wurfs zurückgeschleudert.
    Keuchend von der Aufregung stütze sich Fjort auf die Knie. Was waren das für Menschen? Banditen? Es hatte noch nie Banditen in Nordmar gegeben, jedenfalls nicht in den letzten hundert Jahren. Er ging auf den Bogenschützen zu. Der hatte sich an einen Stamm gelehnt und machte seine letzten Atemzüge. "Wer bist du?"
    "Ich bin ein einfacher Bandit. Noch nie einen gesehen?"
    "Ehrlich gesagt, nein. Wieso raubt ihr Menschen aus? Wieso macht ihr Jagd auf sie? Es gab doch sonst auch keine Banditen!"
    "Gold. Man gibt uns Gold für jeden toten Nordmarer."
    Wer gab so etwas in Auftrag? Welches Monstrum?
    "Wer gibt euch das Gold?"
    "Mein Auftraggeber würde mich umbringen, aber-" Der Bandit deutete auf die Axt, die in ihm steckte. "Das macht nun nichts mehr, haha!", brachte der Bandit ein röchelndes Lachen zustande.
    "WER war euer Auftraggeber?"
    "Irgend so ein Ork. Bist du so gnädig und bereitest mir ein schnelles Ende?"
    Wütend zog Fjort die Axt aus dem Leibe des Banditen hervor und schlug sie ihm in den Kopf. "Das ist für Thord, du Verräter!"
    Zornig und verwirrt machte er sich auf den Rückweg. Das Fleisch hatte er total vergessen. Die Orks bezahlten Menschen, damit diese Jagd auf Nordmarer machten. Was war mit der Welt nur los? War die Menschheit nun schon so verrucht, Verrat an ihrem eigenen Volke zu begehen? Er verstand diese Menschen einfach nicht. Wenn es so weiterging, dann war eins klar: Nordmar würde fallen.
    Geändert von Skaddar (04.09.2010 um 16:16 Uhr)

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    Kapitel 9: Der Feuerklan

    Gerade noch so konnte er sich aus dem Wald schleppen, dann brach er schon vor den Füßen des Alten zusammen. Die Enttäuschung über seine Landsleute machte ihm zu schaffen. Cornam sah ihm in die Augen, er fühlte sich bloßgestellt, gelesen vor, als wäre er ein Buch, aus dem ein jeder beliebig lesen konnte. Das Gesicht seines Gegenübers verzerrte sich zu einer Zornesfratze: Die Stirn legte sich in Falten, die Haut über der Nasenwurzel kräuselte sich, der Mund verzog sich.
    "So weit kommt es noch mit unserer Welt! Ich verzeihe dir den Mord an dem wehrlosen Opfer, solchen Abschaum verdient die Menschheit nicht!"
    Fjort konnte nichts anderes tun als zu schlucken und ins Nichts zu starren. Wenn die ganze Menschheit so bestechlich war, dann war Nordmar, sein Heim, zerstört. Auch wenn er hier nicht akzeptiert wurde, das konnte er nicht zulassen. Wenn es sein musste, würde er auch kämpfen. Er würde über Leichenberge steigen, um Nordmar zu retten. Seine Existenz war mit diesem Land verknüpft, seine Identität. Waren die Klans ausgelöscht, so war er auch nichts mehr. "Ich verstehe, was du fühlst. Ich kämpfte im Krieg uf Myrtana, als das Land unter Wellen von Orks, Fanatikern und Assassinen zerstört wurde. Ich musste zusehen, wie mein Land zerstört wurde, wie Frauen vergewaltigt und Kinder verstümmelt wurden. Ich sah mein Heim brennen, meine Familie erhängt und verbrannt. An diesem Tag schwor ich mir, jeden Ork, der mir über den Weg lief, zu töten, meine zerstörte Identität zu rächen. Ich musste ins Exil gehen. Nach einigen Jahren ergriff König Rhobar der Dritte die Macht. Nun konnte ich wieder in mein Heim ziehen, doch mein vorheriges Ich war nicht mehr. Ich konnte die Erinnerung an den Schmerz nicht mehr ertragen und lief fort, weit fort von Myrtana. Doch nun sehe ich mich durch dich an mich erinnert, und ich weiß, ich muss Myrtana vor einer neuen Invasion bewahren, sonst sind meine letzten Erinnerungen verschwunden." Cornam sprach offen, zeigte sein Innerstes. Seine Rede und seine Wut bewegten Fjort. Dieser Mann sprach ihm aus der Seele.
    Der Alte half ihm auf. "Mach dir keine Sorgen um das Fleisch, wir werden uns auch von Beeren ernähren können."
    Fjort fühlte sich erleichtert, dass ihm der Alte seine Zerstreutheit nicht schwer nahm. Seine Augen wurden eins mit dem Horizont, Weite war nun nicht mehr, er selbst war die Welt, konnte jeden Weg schreiten, erreichte immer sein Ziel.



    Es wurde langsam Abend, doch Cornam ließ sie gnadenlos marschieren. Das Ziel war wohl nicht mehr weit. "Nun kommt wohl der Zeitpunkt, an dem ich dich über Magie aufklären sollte. Doch nun erstmal, was weißt du über Magie?" Der Alte sprach nun endlich die Worte, auf die er schon lange gewartet hatte. "Nun ja, Magie ist die Kraft des Geistes, die, wenn sie geschult ist, jedwede Elementarerscheinung annehmen kann.", sprach er voller Übereifer.
    "Falsch. Ich weiß nicht, aus welchen Schriften du dies vernommen hast. Magie kommt aus der Göttersphäre. Der Magier benutzt seine mentale Kraft, um auf die Göttersphäre zuzugreifen und die erwünschten Kräfte von dort auf sich zu lenken. Je mehr er sich anstrengt, desto größer wird seine Kraft und somit auch die Mächtigkeit der Zauber, die er beherrscht. Und gleichzeitig wird der Magier befähigt sein, auf stärkere und komplexere Magiegebilde zuzugreifen und so wahrlich großartige Magie zu benutzen. Wenn man in einen Feuerorden eintritt, so wächst die magsiche Kraft in einem, denn Frömmigkeit und die Einhaltung der göttlichen Ordnung sind wichtige Faktoren im Umgang mit der Magie."
    Fjort schämte sich für seinen Fehler, doch freute er sich zugleich über die neue Erkenntnis. "Je mehr man dem fleischlichen Leben entsagt und es den Göttern widmet, desto mächtiger lassen sie dich werden?"
    "Genau. Ein räudiger Straßenlump wird sich niemals einem mehr oder weniger frommen Bürger geistig entgegenstellen können."
    Fjort war sich da nicht so sicher- immerhin konnte auch ein räudiger Straßenlump schlau und fromm sein, auch wenn er zu Beliar betete.
    "Es gibt drei Arten von Magie: Feuermagie, die populärste, Wassermagie, die ausgeglichene Naturmagie und die dunkle Magie, die gefährlichste und grausamste. Die Feuermagie verbraucht mehr geistige Stärke als die Wassermagie, doch dadurch ist sie mächtiger und dient dem Angriff. Die Wassermagie steht mit der Natur im Bunde, sie verbraucht vergleichsweise weniger Kraft, und bedient sich der Tiere und der Gegebenheiten der Natur. Zum Beispiel kann sie Wasser zu Eis gefrieren, kann Gegner mit Wurzeln festhalten. Einige mächtige Magier der Wüste, wie auch Saturas, konnten sogar die Wüste in einen Strudel verwandeln, der den Gegner in die Tiefe sog. Die Beliarmagie ist waghalsig für Magier, erstens brauchst du viel Kraft, um die Diener der dunklen Kräfte für dich zu gewinnen, andererseits läuft man Gefahr, in der Beliarssphäre verrückt zu werden- versuche dich keineswegs an ihr, die Hölle ist schrecklich, und die Dämonen könnten in deinen Körper eindringen oder dich schreckliche Sachen tun lassen, wenn du nicht mächtiger als sie bist."
    Gierig sog er alles in sich ein. Dieses Wissen war unglaublich!
    "Die Lehrstunde ist für heute beendet-wir sind da!"
    Er hatte gar nicht bemerkt, dass es dunkel geworden war. Der Abend hatte eine dunkelblaue Farbe angenommen. Vor ihnen erhob sich ein großer Berg, an dem viele Brücken zu unterschiedlichen Höhlen führten. An der Spitze des Berges standen große Hütten, dort lebte der Adel. In jeder Behausung brannte ein warmes Licht, es sah fantastisch aus, als würde der Berg aus orangegelbem Licht bestehen, welches im Kontrast zum dunklen Himmel stand. Ein überwältigender Anblick.
    Geändert von Skaddar (11.09.2010 um 17:13 Uhr)

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    Kapitel 10: Problematik

    Sie waren entkräftet im Feuerklan angekommen. Die Wachen waren angesichts der beiden zerschlissenen Gestalten etwas misstrauisch gewesen, doch als Cornam seinen Namen nannte, entspannten sie sich und ließen sie passieren. Er hatte die Gegend vor lauter Müdigkeit nicht mehr betrachten können. Sie waren bis an die Spitze des Klanberges gelaufen, wo sie in ein Haus geleitet wurden, in dem sie sich erst einmal ausschlafen sollten.
    Nun lag er hellwach in seinem mit Fell gepolsterten Bett und starrte an die Decke. "Wie angenehm! Endlich wieder ein gemütliches Bett, eine warme Hütte und etwas gescheites zu essen!", dachte er sich und griff in eine Schale voller Schinkenstreifen, welche er sich gierig in den Mund stopfte. Cornam schlief noch, schließlich war er alt und hatte Ruhe besonders nötig. Nach einiger Zeit wurde es Fjort jedoch langweilig, also verließ er sein gemütliches Bett, zog sich eine mit Pelz ausgestattete Lederkluft, die für ihn bereit lag, an und trat vor die Tür. Ein breiter Weg führte von hier aus den Berg herunter. Sie befanden sich auf der Spitze des Berges, neben dem Palast des Klanführers. Auf dem Platz unter ihm befanden sich die Häuser der Reichen, der Kämpfer, Schmiede, Händler und der Ältesten. Eine Etage darunter befanden sich die Häuser der Jäger und Köche und die Lagerhäuser. Darunter folgten die Wohnhöhlen der Wachen. Die Höhlen befanden sich seitlich des Weges, sodass sie einen recht kurzen Weg zum Arbeitsplatz hatten. Arme gab es keine, denn Arbeit gab es immer genug und die wurde angemessen bezahlt. Boten oder Gäste hatten ein gesondertes Haus, sie wurden höflich behandelt, da Besuch in diesen einsamen Höhen sehr selten war, außer zur Zeit der Reife. Einmal im Jahr fanden sich die Jugendlichen, die als Erwachsene gelten wollten, zusammen und wurden unter den Klans ausgetauscht, um bei den Klans, bei denen sie waren, verschiedene Aufgaben zu erledigen. Das diente dazu, dass die baldigen Männer in der Gegend herumkamen, so das Land und die einzelnen Klans kennen lernten und sich so in Nordmar gut auskannten. Außerdem tauschten sich so die Gene der Klans untereinander aus, sodass es kaum Inzest gab.
    Beim Gedanken an den Austausch musste Fjort schmunzeln. Wieviele Frauen hatte er näher "kennengelernt"? Er schätzte die Zahl auf zwei oder drei.
    Ein Klangardist, dessen Aufgabe darin bestand, den Klanführer zu beschützen, bemerkte ihn und sprach ihn an. "Soll ich dich im Klan herumführen?" "Nein danke, von Austausch her kenne ich ihn noch gut.", erklärte er, denn er war hierher geschickt worden. Der Gardist nickte und stellte sich wieder auf den Posten. Fjort ging den verschneiten Weg herunter, der sich in Serpentinen um den Berg schlängelte. An den Seiten, an denen ein tödlicher Sturz in die Tiefe möglich war, war der Weg mit einem Zaun begrenzt. Auf dem Weg begegnete er vielen Klankriegern, die das rote Flammenemblem des Feuerklans auf dem Harnisch trugen. Dies waren die stärksten Krieger der ganzen Klans, groß, stämmig und mit Äxten bewaffnet.
    Ihre Rüstung bestand aus Beinschienen, Armschienen, einem dicken Eisenharnisch und mit Metall benieteten Schulterplatten. Ihre Hosen waren aus Büffelleder, auch trugen sie einen mit Stahl verstärkten Rock. Der Feuerklan war für seine Krieger bekannt. Sie mussten immer wieder Orkangriffe aus dem Norden abwehren, weshalb sie auch Orkschlächter genannt wurden. Die anderen Klans hatten zwar Orkjäger, doch diese waren eher auf Hinterhalte und Fernkampf spezialisiert. Der Hammerklan sorgte für die besten Waffen und Rüstungen. Der Wolfsklan jedoch sorgte für Leder und Fleisch. Die Jäger der anderen Klans sorgten eher für kleine Fleischlieferungen innerhalb des Klans und besondere Wünsche.
    Er kam am mittleren Platz an. Hier standen die meisten Häuser und viele Menschen liefen beschäftigt hin und her. Fjort kam an den Händlerständen vorbei, und ihm stiegen die Gerüche von Kräutern, Beeren, geräucherten Bärenschinken, Holz, Horn und Weihrauch entgegen. Gierig sog er sie auf, dies war der Geruch der Zivilisation. Er ging an den Rand des Südseite und blickte über eine Schlucht, in der ein dichter Wald wuchs. Er lehnte sich an den Holzzaun und schloss die Augen und dachte an Myrtana. Ein gedämpfter Schrei zerriss seine Träume erbarmungslos. Erschrocken drehte er sich um. Ein bulliger Mann, der etwa in seinem Alter war, drückte eine braunhaarige Frau gegen die Rückseite eines Hauses und steckte ihr seine Zunge in den Hals. Die Frau versuchte verzweifelt sich gegen ihn zu wehren, kratze ihn und trat ihn, was dem Bär jedoch nichts auszumachen schien. Wild verdrehte sie die Augen. Er musste etwas tun! Er stellte sich hinter den Bären, tippte ihm verzagt auf die Schulter und räusperte sich.
    Der drehte sich wütend um, während er der Frau mit einer Hand den Mund zu hielt und fuhr ihn an. "WAS?!"
    "Ähm...lassen Sie die Frau in Ruhe!" Das schien den Mann nur noch wütender zu machen. "DU WURM WAGST ES, MIR BEFEHLE ZU ERTEILEN?!", brüllte er ihn an. Sein Atem roch ziemlich nach Schnaps. "Äh...gehen Sie weg!"
    "Na warte, kleiner, dich mach ich einen Kopf kürzer!", erwiderte der und zog eine gewaltige Axt. Fjort wich zurück, doch der Mann folgte ihm, vor Wut schnaubend. "Da habe ich mir ja was eingebrockt!", dachte Fjort.
    Der Mann brüllte laut, holte mit der Axt aus- und rutschte aus. Er war auf Eis getreten. Er fiel in den Zaun, der unter dem Gewicht zusammenbrach. "Oh nein!" Das hatte er nicht erreichen wollen. Er lief vorsichtig auf die Klippe zu und blickte nach unten. Der Mann hatte es noch geschafft, sich mit einer Hand festzuhalten. "Jetzt glotz' nicht so blöd! Hilf mir!", schrie ihm der Mann entgegen. "Nur, wenn sie die Frau dann auch in Ruhe lassen." "Ja, ja. Jetzt hilf mir verdammt noch mal hoch!" Fjort reichte ihm die Hand, merkte aber gleich, dass er diesen Koloss nicht hochziehen konnte. Er zog und zog, bekam ihn aber nicht wirklich nach oben. Da packte ihn der Mann am Bein und zog. Fjort wurde fast von den Beinen gerissen, doch er hielt sich an einem Baum fest. Der Mann zog sich von selbst nach oben. Keuchend marschierte er an ihm vorbei. "Das ist ja gerade noch mal gut gegangen." versuchte Fjort, die Frau aufzuheitern. "Du hättest ihn umbringen sollen, du Feigling! Und so was nennt sich Mann!", schnauzte die ihn an und marschierte ebenfalls davon. Verwundert trat er wieder auf den Platz und sah ihr hinterher. Manchmal verstand er die nordmarer Frauen einfach nicht.
    Der stämmige Gardist von vorhin tauchte auf und sprach ihn an. "Der stellvertretende Klanführer verlangt, dich zu sprechen. Bitte folge mir."
    Grübelnd gab Fjort der Bitte nach.
    Geändert von Skaddar (28.02.2010 um 10:28 Uhr)

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    Kapitel 11: Ignoranz!

    Fjort folgte dem Gardisten den Berg zum Gebäude des Klanführers hinauf. Oben angekommen, betraten sie das Gebäude durch ein großes Tor, das mit Runen und Zeichnungen über die Geschichte des Feuerklans verziert war. Die zweischneidige Axt, eine Spezialität der Orkjäger, tauchte immer wieder in den Leibern von toten Orks auf. "Einseitige Berichterstattung. Es steht nichts darüber geschrieben, wie viele Orkjäger bei solchen Jagden verstarben", dachte sich Fjort. Schon betraten sie die weitläufige Halle, in dessen Zentrum eine ausgestreckte Tafel stand, an der mit den Gildenführern über das Geschick des Klans beraten wurde. Heute jedoch war die Tafel leer, nur die Flecken des letzten Essens zeugten von ihrer Benutzung. An der Spitze der Tafel jedoch stand ein reich mit Flammensymbolen verzierter Thron, in dem ein bulliger Mann mit kantigen Gesichtszügen und einer großen Narbe quer über das Gesicht saß. "Na, das kann ja was werden. Der scheint nicht gerade intelligent zu sein.", dachte Fjort.
    Vor dessen Thron stand Cornam, den Kopf zu Boden gewandt. Anscheinend hatten sie auf ihn gewartet, damit die Unterredung beginnen konnte. Der Gardist verabschiedete sich und stellte sich wieder vor das Tor. "Nun, da jetzt alle anwesend sind, kann die Unterredung, um die ihr mich gebeten habt, beginnen. Ich hoffe jedoch, dass der Grund meiner Störung gewichtig genug ist, um keine Zeitverschwendung zu sein.", sprach der Führer sichtlich arrogant.
    "Darf ich fragen, O Herr, wieso nicht wie üblicherweise auch Eirik vom Feuerklan hier auf diesem Throne sitzt?", fragte Cornam.
    "Er ist auf einer Besprechung betrefflich des Handels zum Hammerklan gereist, wo sich momentan alle Führer der Klans zusammenfinden. Ich, Bork, Meister der Streiter Innos' des Feuerklans, habe seinen Platz für diese Zeit eingenommen. Mir könnt ihr alles erzählen, was ihr auch ihm zu erzählen hättet."
    "Nun gut. Euer Klan wird von Orks bedroht.", begann Cornam.
    "Orks? Von denen werden wir schon lange bedroht. Mit denen werden wir schon fertig.", lachte Bork verächtlich.
    "Ihr versteht mich nicht. Eine gewaltige Streitmacht marschiert aus dem Norden heran, zu tausenden werden sie hier einfallen, und uns vernichten, wenn ihr jetzt nicht die anderen Klans informiert, in den Süden zu den Engpässen zieht und eine Streitmacht bildet!" rief Cornam.
    "Wieso sollte ich euch glauben, euch, der ihr aus dem Feuerkloster Innos' ausgetreten seid? Ihr seid ein Heuchler, ein Lügner!", schrie ihm Bork entgegen. "Ihr dürft euren Glauben nicht vor alles andere Stellen! Nur weil ich aus dem Kloster ausgetreten bin, heißt das noch lange nicht, dass auf meine Informationen kein Verlass ist!", rief nun Cornam, von der Ignoranz des stellvertretenden Klanführers erzürnt. "Mein Glaube an Innos stellt sich über alles andere. Ich werde deinetwegen nicht meinen Glauben aufgeben!"
    Fjort musste etwas tun. Die Situation schien zu entgleisen. Dieser verblendete Narr wollte Cornam nicht glauben, nur weil der anscheinend irgendwann aus dem Kloster ausgetreten war. Er fasste einen Entschluss. Er griff in seine Tasche und warf das Bündel Orkgold, dass er immer noch besaß, vor die Füße Borks, wobei ein Teil des Goldes kullernd aus dem Beutel sprang. "Dieses Orkgold haben wir Banditen abgenommen. Sie haben Menschen für die Orks gejagt. Wenn ihr nicht sofort etwas tut, werden wir alle in Grund und Boden gestampft!" Der stellvertretende Klanführer sah ihn fassungslos an. Dann verzog sich sein Blick misstrauisch. "Ach so ist das. Wer sagt mir, dass ihr nicht von den Orks bestochen worden seid? Das erklärt auch dein Auftauchen, Cornam. Du hast dich deinem Glauben abgewandt und bist ein Anhänger Beliars. Ihr wolltet, dass meine Armeen gen Süden in Erwartung von Hilfe ziehen, und dann werden wir auf dem Weg scheinbar zufällig von Orks angegriffen und alle getötet. Guter Plan, doch ich habe euch durchschaut!" Bei den letzten Worten war er aufgesprungen, er legte die Hand an den Schwertgriff, doch plötzlich sackte er auf seinen Thron zurück und schnarchte leise. Neben ihm stand Cornam. "Das einzige, was diesen Narren für eine Weile ausschalten konnte, war eine Priese Schlaf. Bei seinem Temperament hatte er ihn sowieso nötig gehabt. Die Erholung wird ihm gut tun."
    "Was machen wir jetzt?", fragte Fjort besorgt.
    "Nun, da hier nicht mit vernünftigen Leuten zu sprechen ist, werden wir zum Hammerklan ziehen müssen. Gut, dass dort alle Klanführer versammelt sind, dann wird die Nachricht schneller davongetragen."
    "Nun gut. Aber versprich mir eins: Bring mir auch diesen Schlafzauber bei!"
    "Dir hat er also gefallen? Gut, aber erstmal musst du einfachere Zauber lernen." Das enttäuschte Fjort ein wenig, doch er wusste, wenn er sich genug anstrengte, würde er es schaffen. Sie verließen die Halle wieder durch das Tor und schritten an dem Gardisten vorbei, der anscheinend nichts gemerkt hatte. Und so verließen sie den Feuerklan wieder.
    Geändert von Skaddar (28.02.2010 um 10:30 Uhr)

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    Kapitel 12: Eine weitere Lehrstunde


    Das Land fiel nun steil ab und war von zerklüfteten Klippen und schmalen Schluchten geprägt. Der Feuerklan lag nämlich im Hochland, das nach Süden steil abfiel. Man mochte es kaum glauben, aber der Hammerklan stand schon fast in einer Ebene. Doch hier war der Weg nun beschwerlich, und sie mussten aufpassen, nicht auszurutschen und in große Einschnitte im Gebirge zu fallen. Es zeigten sich immer wieder ein paar Bäume, es wurde wärmer. Gelegentlich erspähten seine Augen auch den einen oder anderen hektischen Schneehasen, der vergnügt über das Eis lief. Cornam beachtete diese Pracht nicht. Er grübelte still und stieß manchmal leise Flüche aus. Die Begegnung von Bork machte ihm wohl immer noch zu schaffen. Fjort hatte auch noch nie eine solche Anballung von Ignoranz erlebt. Wegen diesem Idioten hing die Zukunft der Klans an einem dürren Hasenfell! Er hoffte, er würde es noch zum Hammerklan schaffen, bevor die Orks hier einfielen. Nur wenn die Klans sich sammelten, was in der Geschichte Nordmars ihr größtes Problem war, würden sie die Orks aufhalten können.
    Der Weg, der mit großen, bemalten Steinen ausgelegt war, führte sie nun in die lange Schlucht. Diese reichte sehr lange, etwa dreißig Meilen lang war der Einschnitt im Gebirge. Die Krieger vom Feuerklan dachten, dass hier Innos einst gegen Beliar gekämpft und ihn hier niedergeworfen hätte. Durch den heftigen Kampf sei die Schlucht entstanden. Was ein Schwachsinn! Wusste doch jeder, dass Borik, der große Jäger des Nordens, hier auf der Suche nach dem ersten weißen Hetzer einen Pfeil von der Sehne gelassen hatte, als er meinte, ihn erblickt zu haben. Dieser war jedoch ausgewichen, und der Pfeil war tief durch das Gebirge gedrungen.
    Cornam stieg den Weg herunter und brummte: "Ach Beliar, was hast du unserer Welt nur angetan?"
    "Was? Du auch? Du glaubst auch an diese Lüge? Weißt du denn nicht, dass hier Borik der Jäger des-"
    "Schweig! Glaube nicht an diesen Schwachsinn! Das ist ketzerisches Geschwätz! Diese Götter des Nordens gibt es nicht!"
    "Und woher weiß ich, dass es Innos gibt?"
    "Daher, dass der Glaube an ihn kein Aberglaube so wie deiner ist."
    "Wenn die alten Götter Aberglaube sind, dann ist Innos auch Aberglaube."
    "Hach, ich muss dich noch viel lehren. Ich sehe schon, obwohl du es nicht wahrhaben willst und alle Einwohner Nordmars als Barbaren beschimpfst, haben sie doch auf dich abgefärbt."
    Darauf fiel Fjort nichts mehr ein. Er widerstrebte sich, es zu glauben, doch in seinem Innersten wusste er, dass der ehemalige Feuermagier Recht hatte.


    Der Abend legte sein tiefblaues Band über Nordmar, schickte Mond und seine treuen Begleiter, die Sternenschiffe, auf ihre Reise am Firmament. Der Schnee bekam eine bläuliche Färbung. Er liebte die Abende in Nordmar, diese erhabene Schneewelt unter dem Sternenhimmel. Blau und Rot vermischten sich in der Mitte der Schlucht, erzeugten ein flackerndes Farbspiel. Fjort rückte ein wenig näher an das Lagerfeuer. Cornam seufzte und wandte sich ihm zu. "Ich glaube, jetzt wird es Zeit für deine nächste Lehrstunde."
    Freude machte sich in ihm breit. "Gut. Worum geht es?"
    "Erst einmal der theoretische Teil." Fjort ächzte, doch war er auch interessiert. "Na gut. Fang schon an."
    "Eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass du dich beim Zaubern nicht von Wut leiten lassen solltest. Sie macht deine Zauber zwar stärker, doch unkontrolliert. Sie könnten auf dich zurückgehen und dich anstatt deines Gegenübers in eine wandernde Flamme verwandeln. Deshalb behalten die Magier immer Ruhe. Auch wenn es schwer scheinen mag, du musst dich konzentrieren, um einen starken Zauber hervorzubringen. Gut, jetzt habe ich dich hinreichend gewarnt. Jetzt kommt dein erster Zauber...", er machte eine Kunstpause, "Licht."
    "Licht?!", fragte er ungläubig.
    "Licht.", sagte Cornam bestimmt.
    Fjort murrte ein wenig. Licht war der uninteressanteste Zauber, den es gab. Aber ihm blieb wohl keine andere Wahl. "Wie erschaffe ich Licht?"
    "Gute Frage. Du musst dich konzentrieren. Denke nur an Licht, wie Licht aussieht, in welcher Form es auftritt, wie es deinem Körper entspringt."
    Fjort tat, wie ihm geheißen. Er achtete nicht mehr auf den erwartungsvollen Cornam, nicht mehr auf das Feuer, fühlte keinen kalten Boden unter ihm.
    Licht, Licht. Denke nur an Licht. Wie sieht es aus? Welche Form? Licht. Weiß...Licht...durchscheinend...Kugel...
    Er fühlte, wie eine kleine Tür in ihm geöffnet wurde. Sogleich ergoss sich in seinem Körper eine warme Energie. Er musste sie sammeln. in seine Fingerspitzen locken.Licht...Licht...LICHT! Die Kraft verließ ihn, mächtig und groß. Was erwartete ihn vor seinen Augen? Langsam und gespannt öffnete er sie. "Gar nicht schlecht!", lobte ihn Cornam. Fjort blickte auf seine Hand. Etwa drei Fingerbreit über ihr schwebte eine faustgroße Kugel aus reinem Licht. Er war enttäuscht. Hatten die Magier auf den Bildern nicht immer Lichtkugeln, die genauso groß wie sie selbst waren, erschaffen? Dies hier war nur eine kümmerliche kleine Kugel. "Mist."
    "He, du brauchst dich nicht zu ärgern. Für einen Anfänger bist du gar nicht schlecht. Im Kloster gab es Novizen, die erst nach einigen Versuchen eine nicht mal vergleichsweise große Lichtkugel erschaffen konnten." Fjort beruhigte sich ein wenig . Er musste sich klar machen, was er eben getan hatte: Er hatte gezaubert!
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    Kapitel 13: Die lange Schlucht

    Langsam wurde Fjort wach. Nicht, dass es hell wäre, nur gegen Mittag schwand das Zwielicht. Nein, er meinte, irgendetwas gehört zu haben. Ein leises Knarzen auf dem Schnee. Er setzte sich auf, rieb sich die Augen und blickte sich um. Nichts zu sehen. Im Dämmerlicht verschwammen die Umrisse einzelner Felsbrocken und bildeten eine graue, stille Armee. Nachdem sich eine Weile nichts getan hatte, legte er sich wieder hin. Vielleicht hatte er nur geträumt. Fjort verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah in den Himmel. Dunkelgraue Wolken bedeckten diesen, und machten kleinste Hoffnungen auf ein wenig Licht zunichte.
    Was würde er machen, wenn er die Nachricht überbracht hätte? Würde er kämpfen müssen? Bestimmt. Jeder Mann wurde gebraucht. Aber er hatte keine Lust, in die Schlacht zu ziehen. Die Nordmänner hatten ihm das Leben zur Hölle gemacht, und er mühte sich auch noch ab, diesen Barbaren eine wichtige Nachricht zu bringen. Was hatten sie jemals für ihn getan? Nichts. Vielleicht würde er gar nicht mit ihnen in die Schlacht ziehen, vielleicht würde er auch gar nicht mehr im Norden leben wollen. Er könnte ja zum Beispiel nach Myrtana gehen. Wie war es überhaupt in Myrtana? Wer regierte? Seitdem vor etwa hundert Jahren ein Felssturz das Übersteigen der Pässe nahezu unmöglich gemacht hatte, und da die Nordmänner eine Abscheu gegen das Königreich wegen seiner früheren Besetzung von Nordmar hegten, war nun nichts mehr über Myrtana bekannt. Einzelne Wanderer wie Cornam hatten es über den Pass geschafft, aber hatten es wohl nicht für nötig gehalten, den Nordmarern etwas über das Königreich zu berichten, zumal diese sich sowieso nicht dafür interessierten.
    Ein leises Stöhnen unterbrach seine Gedankengänge und ließ ihn herumfahren. Cornam rappelte sich auf und rieb sich die Arme. Sie hatten auf festem Schnee geschlafen, da Tiere auf ihrer Wanderung diese Schlucht durchqueren mussten. Kaum war der Alte aufgestanden, schnauzte dieser ihn schon an. "Was liegst du hier herum? Wie haben schon genug Zeit vertrödelt. Wir müssen uns jetzt beeilen! Die Orks warten schließlich nicht." Eilends stand Fjort auf und folgte dem schnell davonstapfenden Alten tiefer in die Schlucht hinein.

    Einzelne Lichtstrahlen trauten sich die steilen Wände des Einschnittes hinab und verbreiteten ein wenig Helligkeit. Nicht taghell, aber genug, um einzelne Details zu erkennen. Da waren vereinzelte Steine, mit einer dünnen Schicht Eis überzogen, seltsame, verschlungene Pilze und bizarre Nischen in den Wänden. Leben schien es hier außer ihnen nicht zu geben, jedenfalls sah Fjort keines. Er hob etwas Schnee vom Boden auf, wärmte ihn und steckte ihn in den Mund. Erschrocken spuckte er ihn wieder aus. Dort hatte wohl ein Tier vor längerer Zeit seine Notdurft verrichtet. Angeekelt rieb er sich die Zunge am rauen Stoff seines Mantels. Er sollte wohl immer erstmal hinschauen, bevor er den Schnee aß. Wenn es eine Regel in Nordmar gab, dann diese: Iss niemals den gelben Schnee.
    "Ich denke, es täte dir gut, wenn du an deinem Lichtzauber feilen würdest.", sprach der Alte, ohne ihn anzusehen. Auf gut Nordmer: Lern' doch den Zauber, du hast doch sonst nichts zu tun. Also gut. Er rief sich die Lektion von gestern in Erinnerung: Wie sieht Licht aus, in welcher Erscheinungsform tritt es auf, wie entspringt es deinem Körper. Fjort sammelte seine Konzentration. Beachte das Knarzen der Stiefel auf dem Schnee nicht, spüre nicht das Federn deiner Füße, höre nicht das leise...Was war das? Blitzartig drehte er sich um. Wieder nichts. Steine, einzelne Pilze, Schnee. Nichts, worum man sich Sorgen machen müsste. "Ist was?", fragte ihn Cornam besorgt. "Nein, hab gedacht, ich hätte etwas gehört." Cornam sah ihn noch ein wenig an, dann drehte er sich wieder um und ging weiter. Aber er war sich sicher: Er hatte etwas gehört. Irgendetwas folgte ihnen.


    Langsam ermüdete er. Er hatte das Licht noch zweimal zustande bekommen, doch jetzt konnte er nicht mehr. Zaubern war schwerer, als er es gedacht hatte. Dennoch strengte sich Fjort an. Komm schon, noch ein einziges Mal! Das kann doch nicht so schwer sein. Er runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen. In seinem Kopf herrschte nur ein Bild: Eine runde, helle Kugel aus strahlendem Licht, über seinem Kopf schwebend. Das Bild wurde größer, wurde deutlicher. Wieder strömte Wärme aus seinem Körper, flutete durch seine Adern bis in seine Fingerspitzen. Noch ein bisschen...ja...LICHT! Er entspannte sich und öffnete die Augen. Über seinen Fingern schwebte- kein Licht. Resigniert ließ er seine Hand fallen. Es hatte keinen Sinn. Seine magische Energie war aufgebraucht. Inzwischen war es schon fast wieder Abend; das Licht nahm ziemlich schnell ab.
    "Was ist eigentlich ein Erleuchteter?", fragte Fjort. Das hatte ihm schon längere Zeit auf dem Gemüt gelegen.
    "Ein Erleuchteter?", sagte Cornam, überrascht wegen der plötzlichen Frage. "Nun...Damals, vor vierzig Jahren, da hatte der König von Myrtana, Jephes der Zweite, große Probleme mit dem Volk des Südens. Die Assassinen, eine kriegerische Elitetruppe des freien Varantiner Königreiches, ermordeten immer mehr wichtige Generäle an den Südposten. Aus Angst vor diesen Dienern Beliars desertierten viele Bauern in der Armee Jephes des Zweiten und flohen nach Norden. Das führte zu zunehmendem Truppenverlust, und plötzlich sahen sich die Grenzposten durch Bogenschützen und Wüstenkavallerie bedroht. Es waren Menschen mit magischen Fähigkeiten gefragt, denn an denen mangelte es am meisten. Die Menschen, die sich dafür entschieden, als Erleuchtete der Armee beizutreten, von denen ich einer war, erhielten innerhalb weniger Wochen eine sehr kurze Ausbildung als Feuermagier. Wir zogen nach Süden und kämpften erbittert gegen eine große Übermacht. Die Truppen wurden nach einer Niederlage versprengt. Ich bin durch die Gegend gezogen, habe ein unstetes Leben geführt. Innerhalb dieser Zeit- das waren viele Jahre- habe ich es geschafft, meine magischen Fähigkeiten aufzubauen, sodass sie dem Titel eines Feuermagiers gerecht wurden. Doch ich traf eine Person wieder und..." Cornam richtete den Blick traurig zu Boden und verstummte.
    "Was ist eine Wüste...ääh...ACH DU SCHEIßE!!", schrie Fjort plötzlich. Hinter Cornam tauchte ein großes Tier auf. Es bewegte sich langsam auf sie zu, gefährlich langsam. Im schwachen Licht blitzten zwei riesige Zähne auf, gebogen und spitz. Der Rücken war gekrümmt und die Haare des Tieres sträubten sich. Seine Augen drückten Blutrünstigkeit aus, und sagte ihnen, dass sie sich auf ihr Ende gefasst machen sollten. Ein Säbelzahn! Cornam erstarrte. Auf seinem Gesicht zeigte sich der Ausdruck blanken Entsetzens. "Ah...dieses Vieh...halt' mit dieses Vieh vom Leib!" Fjort wollte schon seine Bogen vom Rücken nehmen, doch dann hörte er hinter sich ein Knurren. Langsam drehte er sich um. Da war ihr Verfolger. Er hatte sie in eine Falle gelockt. Gerissene Jäger waren sie, diese Säbelzähne. Ruhig griff Fjort in sein Köcher und erschrak. Nur noch ein Pfeil. Wenn er einen erschoss, würde ihm ein anderer in den Rücken fallen. Aber er musste es wagen. Langsam spannte er die Sehne und besah sich sein Ziel. Dieses setzte bereits zum Sprung an. Nur noch wenige Sekunden. Eins, dachte er und spannte die Sehne. Das Tier wedelte mit dem Schwanz, in Erwartung frischer Beute. Zwei. Er zielte auf das rechte Auge des Säbelzahns. Der Räuber machte sich bereit. "Drei!", rief er und ließ den Pfeil von der Sehne.
    Das Tier sprang gleichzeitig, wurde aber direkt vom Pfeil getroffen und sackte zusammen. Fjort zog sein Schwert und drehte sich auf dem Absatz. Der Tiger sprang ihm direkt ins Schwert. Von der Wucht des Aufpralls getroffen fiel er auf den Rücken, das noch lebende Tier auf ihm drauf. Warm besudelte ihn Blut und drang in seinen Mantel. Das Tier fauchte ihn gehässig an, doch wurde es immer schwächer und starb schließlich in dieser Umarmung des Todes. Keuchend rollte er das Tier von sich herunter und zog das Schwert aus dem Leib des Tieres.
    Das war knapp gewesen. Zu knapp. Er musste Borik dem Jäger dafür danken, dass er seinen Pfeil ins Ziel gelenkt hatte, und Ragnor dem Kämpfer, dass er sein Schwert tödlich gemacht hatte. "Lobet Innos, dass er uns die Kraft gab, diese Ausgeburten Beliars zu bezwingen.", richtete Cornam sein Gebet an seinen Gott. Fjort verkniff sich die Bemerkung, dass eigentlich nur er diese Viecher bekämpft hatte. Er besah sich seine Opfer. Eigentlich schlaue Tiere. Aber jeder kämpfte um sein Überleben. Hier in Nordmar galt das Gesetz des Stärkeren. Er wandte den Blick ab und sah dorthin, wo ihr Weg sie hinführte: Gen Hammerklan.
    Geändert von Skaddar (28.02.2010 um 10:33 Uhr)

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    Kapitel 14: Am Ziel


    Ermüdet von den Strapazen der langen Reise ließ sich Fjort an einem versteinerten Baumstumpf nieder, der hier wohl schon seit Urzeiten stand, jedenfalls sagte man dies von ihm. Er war am Ziel. Jedenfalls fast. Hinter ihm gähnte der Spalt der Schlucht, finster und bedrohlich. Er lud ein zu einer Reise ohne Wiederkehr. Doch sie hatten es geschafft. Sie waren auf der Hochebene des Hammerklans. Hier gab es dichte Wälder, viel Wild und eine weite Aussicht. Fjort konnte schon die flache Spitze des breiten Klanberges in der Ferne erahnen. Der Hammerklan. Der jüngste, doch der größte Klan des eisigen Nordens. Tiefe Minen, glänzendes Erz, starke Schürfer, erfahrene Schmiede, dafür war er bekannt. Wenn Ausländer eines über Nordmar wussten, dann dies: Dort stand der Hammerklan, und der machte die verdammt noch mal besten Waffen der großen weiten Welt.
    Er war schon einmal im Klan gewesen, aber bei diesem Besuch nur im unteren Heim, dem Fuß des Berges. Dort lebten die Holzfäller und Jäger des Dorfes. Er hatte ein paar Felle liefern müssen, denn die Jäger dort waren nicht unbedingt die besten. Dafür gab es dort unglaublich begabte Schläger, die ihm den Erlös für die Waren aus den Taschen geprügelt hatten. Ohne Geld und verbeult war er im Wolfsklan angekommen, wo er wiederum ein paar Hiebe für den unerfüllten Auftrag bekommen hatte. Diesmal passiert mir das nicht. Mit einem Magier als Begleitung werden die sich hüten, mich anzugreifen. Ansonsten kann man ja ihre Fähigkeiten als menschliche Fackel ausprobieren. Fjort lächelte verschmitzt über seinen Einfall.
    "Träumst du etwa schon wieder? Du wirst doch so kurz vor dem Ende unserer Reise nicht schlapp machen?" schnauzte ihn der Alte wie gewohnt an.
    "Ich denke nur nach. Darüber, was passiert, wenn wir dort ankommen, und was passiert, wenn die Nachricht überbracht ist."
    Ein warmes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Magiers. "Du tust gut daran, über die Zukunft nachzudenken. Vorsicht ist besser als Nachsicht. Wir werden schon sehen, was geschieht.", antwortete Cornam in einem für ihn ungewohnt freundlichen Tonfall, nur um wieder in die alte Ruppigkeit zurückzufallen. "Aber jetzt Abmarsch!" Fjort musste grinsen. Man wurde aus dem Altein einfach nicht schlau. Langsam erhob er sich und blickte noch ein letztes Mal zurück. Seltsamerweise fühlte er ein wenig Traurigkeit über das Ende der Reise. Ja, sie war beschwerlich gewesen, und manchmal war er dem Tod etwas zu knapp entronnen, doch es war eine schöne Zeit voller Abenteuer gewesen. Seufzend riss er sich von seinen Gedanken los und trat seinem Ziel entgegen, das sich nun immer deutlicher am Horizont erhob.


    Die Sonne neigte sich gen Horizont und färbte den wolkenlosen Himmel rot. Die Dächer der Westseite des Hammerklans reflektierten das Licht und sandten es in alle Himmelsrichtungen aus. "Welch ein überwältigender Anblick! Das Dorf scheint ja zu brennen!", sprach Fjort seine Gedanken laut aus. "Rede keinen Unsinn. In Nordmar brennt nichts gut außer den Essen der Schmieden und den Lagerfeuern", zerstörte Cornam Fjorts Sentimentalität. Unglaublich. Wie schaffte es der Magier bloß, seine Stimmung mit wenigen Worten zu senken?
    Sie gingen auf die Wachen des Dorfes, die an Anfang und Ende einer einen Graben überspannenden Brücke standen, zu. Diese beäugten sie schon misstrauisch. Die Hellebarde auf Fjorts Brust gesenkt, sprach ihn ein grimmiger Mann an, der als Rüstung einen Erzharnisch und erzbeschlagene Stiefel und Beinschienen trug, an. Mit diesem Kerl sollte man sich nicht anlegen. "Wie ist dein Name, Earsling?" Ein Earsling war das, was ein Tier von seinem verdauten Essen zurückließ.
    "Ich bin Fjort Björliksson", beeilte er sich, seinen Namen auszusprechen.
    "Bücherssohn?", brummte der Krieger und zog die buschigen Brauen zusammen. Dann verstand er und lachte gehässig. "HAHAHA! Dann muss ich wohl einen Schwächling melden!" Fjort senkte den Kopf. Er wollte es nicht auf einen Streit ankommen lassen. Der Krieger strafte ihn noch mit einem verächtlichen Blick, dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem Alten zu, von dem er wohl keine Gefahr erwartete. "Wie ist dein Name, Alterchen?"
    Cornam sog bei dieser Respektlosigkeit scharf die Luft ein. "Ich, der ich ein Magier des ehrenwerten Innos bin, Cornam aus Montera, der Überlebende der Schlacht von Remros, der ich Großmeister des Klosters von Nordmar und Hüter des heiligen Buches über die Offenbarung Rhobars des Ersten bin, mich wagst du mit so einer Respektlosigkeit zu belästigen? Fürchtest du nicht meine Vollmacht, dich in die Zellen des Klosters von Lyftis zu bringen, wo dich schmerzvolle Verhörstunden und eine Anklage wegen Ketzerei erwartet? Begebe dich zu Seite, oder Innos' gerechtes Feuer wird über dich kommen und dich in einen nichtswürdigen schwarzen Fleck am Boden verwandeln!", sprach der Magier in einem furchteinflößenden Ton. Bei jedem Wort schien der Krieger weiter in den Boden zu versinken. "Ich- ich wusste nicht, dass ihr ein Magier des ehrenwerten-"
    "Schweig! Ich wiederhole nicht noch einmal meine Forderung!"
    Ängstlich wich die Wache zur Seite und machte Platz. Hochnäsig stolzierte Cornam als erster über die wackelige Brücke. Danach kam Fjort, der nur mit Mühe einen Lachanfall unterdrücken konnte. Als er die Wache passierte, funkelte ihn diese mit einem Blick an, der sagte: Wäre dieser verdammte Arsch nicht gewesen, wärst du Feuer für meinen Kamin!


    "Das war wirklich unglaublich! Wie dieser Bastard im Boden versunken ist, wunderbar!", prustete Fjort los. Sogar Cornam musste grinsen. "Das ist der Vorteil am Magiersein: Stellt sich dir irgendjemand in den Weg, dann fege ihn mit der Macht deines Amtes hinweg!" Fjort kicherte noch ein bisschen, als sie den mühsamen Weg hinauf zu Spitze des Berges erklommen. Sie sahen dicht an dicht gedrängte Hütten, brodelnde Kessel, beschäftigte Handwerker, und hektisch brüllende Schmiede. Dieser Ort faszinierte ihn. Diese vielen Menschen, die vielen Tätigkeiten, der ganze Lärm, der in jeden Winkel des Dorfes drang. Dort wurde ein allzu lästiger Gast aus einem Wirtshaus geschleudert, hier erbrach sich ein Mann vor lauter Nebelgeist in den Schnee, da drüben verprügelte eine rabiate Hausfrau ihren nicht gehorsamen Mann. Sie sahen viele Krieger, alle in die unvergleichlich harten Erzrüstungen gesteckt. Auch ihre Schwerter und Äxte strahlten einen matten Glanz aus. Dies waren die am besten gerüsteten Krieger in ganz Nordmar. Hierher kamen die Beläge für die Pfeile des Wolfklans, von hier stammten die Zweihänder und Äxte der Streiter Innos' des Feuerklans. Dies war die Quelle der Macht aller Nordmänner. Fiel der Hammerklan, fielen mit ihm auch die anderen Klans. Deshalb und weil der Hammerklan von den anderen Dörfern auch leicht zu erreichen war, tagte hier die Ratsversammlung, wie auch in diesen Tagen. Die Ratsversammlung- wie würde sie auf die Nachricht reagieren? Würde sie weise handeln, oder so wie Bork vom Feuerklan? Er hoffte, dass sie richtig entscheiden würden. Sonst wäre Nordmar dem Untergang geweiht.
    "Wir sind bald da", sagte Cornam, und er hatte Recht: Etwa fünf Meter über ihnen erhob sich die letzte Plattform. Dort stand, erhaben und prächtig, der Palast des Klanführers. Er war am Ziel. Das Ende seiner Reise war in greifbarer Nähe.


    Entkräftet von seiner Reise und dem Aufstieg quälte sich Fjort die letzten Stufen zum Eingang hinauf. Die Stufen waren mit vielen Symbolen verziert. Sie erzählten die Geschichte von Gatherk, dem Begründer des Hammerklans und auch erster Schmied desselben. Er hatte die Technik des Schmelzen von reinem Erz erfunden, bei der die magische Kraft nicht verlorenging. Schließlich war er da. Keuchend hob er den Blick. Vor ihm standen zwei Wachen in Plattenpanzer und mit riesigen Hellebarden. Fragend blickten sie ihn an. Ihr Blick war eindeutig: Wer bist du? Was willst du? Ist dein Anliegen wichtig genug, um die Ratsversammlung zu stören?
    Cornam trat vor. "Ich erbitte um Einlass", sagte er, worauf die Wachen wie selbstverständlich zur Seite wichen. Der Magier war hier wohl berühmt.
    In der wohlig warmen Halle, die von einem Kaminfeuer erhellt wurde, saßen drei Männer an der Tafel. Firsk vom Wolfsklan links, Eirik vom Feuerklan rechts. Sie verstummten, als die beiden eintraten. An der Spitze der Tafel, ganz am Ende der Halle, saß ein ruhiger Mann, der in den älteren Jahren zu sein schien, da sich an seinen Schläfen ein grauer Haaransatz zeigte. Seine Augen blitzten freudig auf, als er den Magier erblickte. "Oh, wie schön, euch zu sehen, mein ehrenwerter Feund Cornam. Was verschafft mir die Ehre, euch in meinem bescheidenen Haus zu empfangen?"
    Cornam nickte ihm freundlich zu, schaute ihm jedoch fest und ernst in die Augen. "Seid gegrüßt, Aelswir vom Hammerklan. Ich schicke euch einen Boten. Dieser hat eine wichtige Nachricht, von der die Zukunft der Klans abhängen könnte." Aelswir nickte bedächtig und blickte Fjort fragend an.
    "Los, Fjort, sage ihm, weswegen du gekommen bist."
    Er holte tief Luft und trat hervor.


    Mit andächtiger Miene hörten ihm die Klanführer zu, und atmeten laut ein, als er von den Banditen erzählte. Wütend hieb Eirik vom Feuerklan auf den Tisch, als er erfuhr, was sein Stellvertreter angerichtet hatte. Als Fjort geendet hatte, wurde es still in der Halle. Nur das Knistern des Feuers im Kamin war zu hören. Schließlich erhob Aelswir, den Blick auf den Tisch gerichtet, seine Stimme. "Das sind ernstzunehmende Sachen, die du mir da erzählst. Kann ich dir denn glauben?", fragte er und blickte auf, direkt in Fjorts Augen. Dieser nickte.
    "Gut. Ich glaube dir. Es muss sofort etwas geschehen. Nur was..." Der Rest seiner Worte verlor sich im Gemurmel.
    "Das ist unfassbar! Wir treiben diese Orks mit allem, was wir haben, zurück, und sie sammeln sich um uns zu töten! Es muss einen Ausfall geben!", rief Eirik. "Nein. Ein Hinterhalt muss her!", rief Firsk, worauf eine heftige Diskussion über die neue Vorgehensweise entbrannte. Aelswir starrte ins Leere und sagte kein Wort.
    Fjort dachte nach. Das war es. Seine Reise war vorüber, seine Nachricht überbracht. Er war aus dem Schneider. Erleichtert atmete er aus, ungeachtet der sich nähernden Bedrohung.
    Die Zeit floss an ihm vorbei, er achtete nicht mehr darauf, wie lange er in der Halle stand. Nach langer Zeit legte sich der Streit. Es gab noch kein Ergebnis. Alle starrten erwartungsvoll auf Aelswir. Dieser saß noch eine Zeit lang da. Doch dann stand er plötzlich auf und lief hin und her.
    "Schwierige Zeiten sind dies für die Klans. Machen wir uns nichts vor. Unsere Macht ist verloren. Früher segelten wir noch auf das Meer, jeder Fischer zitterte schon bei dem Gedanken an die Mannen des Nordens. Und heute, heute kennt uns niemand mehr. Unsere stolzen Tage sind vorbei. Unsere Klans schwinden. Langsam, aber sicher. Und nun kommen die Orks. Ich will nicht lügen. Wir haben keine Chance. Wir werden gegen die Orks verlieren, unser Name wird von der Welt getilgt."
    Die beiden anderen Klanführer protestierten lautstark. "Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein! Wir sind stark! Stärker als diese Monster aus dem Norden!"
    "Bringen wir diese Bastarde um!"
    Aelswir hob die Hand, und die beiden verstummten. "Es gibt da eine einzige Möglichkeit, einen schwachen Schimmer am Horizont. Wenn wir uns nicht mehr alleine verteidigen können, dann brauchen wir Beistand."
    Die beiden Klanführer starrten ihn ungläubig an.
    "Nein!"
    "Du meinst doch nicht..."
    "Doch. Hilfe, aus dem Süden."
    Fjort horchte auf. Erst verstand er nicht recht, dann dämmerte es ihm, er riss die Augen auf. "Etwa...", keuchte er.
    Der Führer des Hammerklans wandte sich ihm zu. "Fjort. Möchtest du einmal die weiten Felder von Myrtana sehen?"
    Geändert von Skaddar (05.09.2010 um 13:28 Uhr)

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    Kapitel 15: Pause

    Fjort konnte nicht einschlafen. Zu viele Gedanken sausten ihm durch den Kopf und hinderten ihn daran, Ruhe zu finden. Er würde Myrtana sehen! Damit hatte er niemals gerechnet. Einerseits war er froh, da er nicht würde kämpfen müssen, andererseits war er unglücklich über die neuen Beschwerlichkeiten, die nunmal bei jeder Reise auftraten. Er wusste selbst nicht, was er von seiner Situation halten sollte. Auch war er ein wenig traurig, dass ihm die Mystik von Myrtana genommen war. Was war besonders daran, wenn man so leicht dort hinkam? Eigentlich hätte er Luftsprünge machen müssen, aber ihm war nicht ganz wohl bei der Sache.
    Schließlich, als die Sonne schon ihre ersten Strahlen über den Horizont schickte, fiel er in einen unruhigen Schlaf.


    Der Geruch frisch gebratenen Fleisches und Tofenknollen weckte ihn. Tofenknollen waren würzige, weiche Pilze, die ausschließlich unter Tofenkiefern wuchsen, was ihnen den Namen verlieh. Ihr erdiges Aroma zog ihm in die Nase und reizte ihn mit dem Versprechen auf ein wunderbares Mahl. In freudiger Erwartung schlug er die Augen auf.
    "Guten Tag!", begrüßte ihn Cornam freundlich. Seltsam. Er schien sich auf Myrtana zu freuen, die Heimat war ihm trotz der schrecklichen Ereignisse in seiner Vergangenheit wichtig.
    "Tag?", fragte Fjort, noch ein wenig verschlafen.
    "Sieh' mal aus dem Fenster, dann weißt du, was ich meine."
    Fjort wandte den Blick zu Seite und erschrak: Die Sonne stand hoch am Himmel und schenkte der Welt ihr goldenes Mittagslicht, das sich auf den schneebedeckten Dächern brach. "Wieso hast du mich nicht geweckt?", fragte Fjort ein wenig beschämt. Es war ihm peinlich, dass er so lange geschlafen hatte und Cornam die Güte besaß, etwas zu kochen. "Ich denke, wir sollten gut ausgeruht für die Reise sein. Es ist gefährlich, in Nordmar abseits der Klans müde zu sein. Und da wir sowieso einen Tag Rast machen, habe ich dich schlafen lassen", antwortete ihm Cornam mit einem warmen Blitzen in den Augen. Wahrlich, in so guter Stimmung hatte ihn Fjort noch niemals gesehen. "Aber jetzt nimm doch bitte Platz, das Essen wird kalt." Fjort kam der Aufforderung bereitwillig nach. Das Essen wurde auf einfachen Holztellern serviert, die auf einem groben Eichenholztisch standen. Die Hütte, in der sie sich befanden, war für die Klangäste bereitgestellt. Der Eingang war mit Fellen verhangen, und die Einrichtung für nordmarer Maßstäbe regelrecht luxuriös: Große, wenn auch unbequeme Betten, ein großer Tisch, Kostbarkeiten aus den Klans und Bisonhörner als Krüge befanden sich in einem großen Raum.
    Während sie aßen, fiel Fjort eine Frage ein. "Was ist denn eigentlich eine Wüste? Ich kenne nur die Wujst, die große Einöde hinter dem Feuerklan."
    Cornam war belustigt über die Frage. "Nun, die Wüste ist auch eine karge Einöde, nur hat sie eine besondere Eigenschaft: Sie besteht aus Sand."
    "Sand?", fragte Fjort verwirrt. Er hatte noch nie von Sand gehört. "Was ist Sand?"
    "Sand sind gemahlene Steinchen, winzig klein. In der Wüste ist es sehr trocken, und der Sand saugt die Hitze der Sonne in sich auf und speichert sie. Sand hat in etwa die Farbe eines jungen Säbelzahns."
    Fjort war erstaunt über diese wunderliche Geschichte. Doch waren seine Gedanken schon weitergewandert. "Was ist dieses Volk von Varant, von dem du erzählt hast?"
    "Als das Volk von Varant bezeichnet man die Anhänger Beliars, die dort ihr Königreich erbaut hatten. Vor langer, langer Zeit hielt sich ein Myrtaner Gladiator, das heißt Arenakämpfer, für den Erwählten Beliars, der ihm angeblich den Auftrag gab, sein Königreich in Varant zu gründen. Damals war es noch unter myrtanischer Herrschaft. Zuben aber erzählte dem Volk Lügen, dass die Diener Innos ihnen ihre Freiheit rauben würden, dass sie kleingehalten würden. Er sprach, dass allein sie die Ehre verdient hätten, über die Welt zu herrschen, und dass ihnen die Macht dafür nur von Beliar verliehen würde, dessen Erwählter er sei. Diese Narren glaubten ihm, und er zettelte den großen Bezoischen Bürgerkrieg an, benannt nach der Garnisonsstadt Bezoa, in der er hauptsächlich stattfand. Es gab ein furchtbares Gemetzel, und die Truppen des Königs mussten abziehen. Schließlich hatte sich die Herrschaft Zubens gefestigt. Nur ein Volk wagte es, seinem Herrschaftsanspruch zu widersprechen: Die Nomaden. Sie waren das erste Volk in Varant, und ihnen gehörte es. Das brachte den König in Erklärungsnot. Doch er löste den Konflikt, in dem er die Nomaden als Ketzer bezeichnete, die die Macht Beliars nicht anerkennen wollten. Der erste Glaubenskrieg des Volks von Varants begann. Aber sie standen vor einem Problem: Die Nomaden kannten sich in der Wüste perfekt aus und legten den Heeren, die sie schon von Weitem sahen, Hinterhalte. Doch, wie schon so oft, kam Zuben zu einer schlauen, doch grausamen Lösung: Er beantwortete diese Hinterhalte mit einer neuen Spezialtaktik: Er bildete Assassinen aus, Auftragsmörder ohne Skrupel. Sie schwärmten alleine aus, verstanden sich perfekt auf Tarnung und Gifte. Das Volk nennt sie Söhne des Todes, denn den verbreiten sie wie Bauern die Saat auf die Felder. Die Assassinen werden auf der Straße ausgelesen, entführt und mit Sumpfkraut vollgepumpt. Dann beginnt eine spezielle Ausbildung, über die noch heute nichts bekannt ist. Durch das Sumpfkraut werden sie gefügig und kennen kein Erbarmen mehr. Sie würden unter dem Einfluss der Drogen sogar ihre eigene Familie töten! Deshalb mussten sich die Nomaden in die Berge zurückziehen. Und ich weiß nicht, ob ihre Verstecke schon entdeckt wurden. Ich selbst habe einmal einen Assassinen erblickt. Und ich kann mich glücklich schätzen, das nun zu erzählen."
    Nach diesen Worten wurde es still. Cornam versuchte, das Erzählte zu verdrängen, und Fjort rätselte über das seltsame Volk.
    Dann erhob sich Cornam und erklärte, dass er einen Spaziergang machen wolle. Fjort blieb zurück.


    Fjort wurde unruhig. Die Sonne färbte den Himmel schon rötlich, und der Alte war immer noch nicht zurück. Wo blieb er denn? Nach einiger Zeit entschloss er sich, draußen nach dem Rechten zu sehen. Die Sonne schien fröhlich auf sein Haupt, doch er war zu besorgt, um sich darüber zu freuen. War dem Alten etwas geschehen? Bei diesem Gedanken musste er schlucken. Er mochte den Alten sehr gerne, mit ihm konnte man sich wenigstens gut unterhalten, auch wenn er manchmal sehr mürrisch war. Fjort suchte das ganze obere Viertel ab, doch konnte er den Magier nirgends entdecken. Auch im Händlerviertel war er nicht zu sehen. Er war doch nicht etwa...Nein! Im Kneipenviertel konnte er doch nicht gewesen sein. Der Magier war doch nicht dumm. Trotzdem wollte Fjort dem Viertel einen Besuch abstatten. Die Leute sahen ihn unfreundlich an, Schwächlinge waren hier wohl unerwünscht. Als er sich das ganze Viertel angesehen hatte, wandte er sich wieder um. Da hörte er gehässiges Geschrei. Ahnungsvoll blickte zur Rückseite einer Kneipe. Er erbleichte. Zwei Kräftige Männer hielten Cornam an den Armen fest, während einer auf ihn einschlug. Wie hatten sie ihn überwältigt? Fjort musste eingreifen. Und diesmal nicht so zögerlich wie bei dem Vorfall im Feuerklan. Er stapfte wütend heran, und bevor die zwei Kerle den Schläger warnen konnten, wurde ihm mit einem Holzpfahl eins übergezogen. Vom Schlag getroffen, blieb er liegen. Die Kerle blickten verdutzt auf ihren ausgeschalteten Kumpanen. Der eine wurde gleich darauf an die Wand der Kneipe gedrückt und mit dem Holzpfahl geschlagen, bis er winselnd am Boden lag. Der letzte nahm bei dem schrecklichen Anblick, der sich ihm bot, Reißaus.
    Vor Wut kochend, beugte sich Fjort zum Alten herunter. Dessen Gesicht war angeschwollen, aus seinem Mund lief Blut und ein Auge war blau.
    "Was ist passiert?" Cornam ließ sich aufhelfen und stützte sich auf Fjort.
    "Diesen Bastarden schien es wohl nicht zu gefallen, dass ich ihre ketzerischen Ansichten verbesserte und ihnen Innos als einzig wahren Gott anvertraute. Heidnisches Pack! Man sollte sie verbrennen!", schrie er, voll Zorn über die grausame Tat. Fjort hatte großes Mitleid, auch wenn er die Ansicht des Magiers nicht teilte. Er wusste, wie es war, verprügelt zu werden. Umso besser, dass sie hier schnell wieder weg kamen.
    Cornam stützend machte sich Fjort wieder auf den Weg zu ihrer Hütte.
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    Kapitel 16: Wegbegleitung


    Fjort wurde durch ein jähes Pochen an der Hüttenwand geweckt. Verdutzt quälte er sich aus dem Bett und lief zum Eingang ihrer Unterbringung. "Wer ist da?", fragte er verschlafen und ein wenig wütend. Eine Unverschämtheit, ihn um diese Stunde zu wecken! Klappernde Geräusche bestätigten seinen Zorn: Die Jäger füllten ihre Köcher und gürteten sich, bereit, ihre Arbeit vor dem Sonnenaufgang aufzunehmen, wenn die meisten Tiere noch schliefen oder gar die Schattenläufer noch unterwegs waren, müde von der nächtlichen Jagd. Es ziemte sich nicht, solch wichtige Boten wie sie, ihn und Cornam, so früh zu wecken.
    "Mein Name ist Firsk vom Wolfsklan. Aber ich denke, meinen Namen kennst du nur zu gut", meldete sich der Klanführer zu Wort.
    Fjorts Ärger verflog. Er mochte Firsk, er war ein intelligenter und stiller Mensch und wenn er ihn um diese Uhrzeit weckte, dann hatte das einen bestimmten Grund. Fjort schob das Fell, das den Eingang bedeckte, zur Seite. Unter ihm stand der voll ausgerüstete Clanführer in seinem berühmten weißen Schattenläuferfell, das er eigenhändig erbeutet hatte, umgeben von seiner fünfköpfigen Leibwache. Fjort verbeugte sich eilig und erntete dafür ein Schmunzeln.
    "Was ist Euer Begehr, warum weckt Ihr mich um diese Stunde?"
    "Ich denke, der Tag ist noch jung, genau die rechte Zeit, um einen langen Ritt gen Wolfsklan zu beginnen. Wenn ihr Glück habt, seid ihr noch vor Sonnenuntergang an den Schneegipfeln." Die Schneegipfel waren das Gebirge, das Myrtana von den Klans trennte.
    Fjort verstand schnell. Er murmelte ein "Geduldet euch bitte noch ein wenig" und eilte zurück in die Unterkunft. Gerade wollte er Cornam wecken, da prallte er schon fast mit diesem zusammen. Die Verletzungen, die ihm die Schläger verliehen hatten, waren schon fast alle verheilt. Jedoch sah man einen deutlichen Riss in seiner Lippe.
    "So schnell schon fertig?"
    "Nicht jeder trödelt so wie du. Also Abmarsch! Zieh dir gefälligst gescheite Klamotten an!", gab ihm der ungeduldige Magier zurück.
    Überrascht machte sich Fjort auf, dem Befehl Folge zu leisten.
    Sie traten nach draußen, wo sie schon erwartet wurden. Ein kurzes Zeichen von Erschrecken huschte über Firsks Gesicht als er Cornam sah, verbarg es aber gleich wieder. Firsk führte sie zu ihren Reittieren: Speziell gezüchtete Pferde, unglaublich teuer. Die Pferde waren klein und dünn, aber dafür schnell und ausdauernd. Die Leibwächter nahmen ihnen ihre Beutel ab und banden sie an zwei Lasttiere. Und dann ging es auch schon los.


    Der Ritt erwies sich als außerordentlich langweilig. Es wurden nur wenige Worte gewechselt, und diese handelten von Wegen und der Ankunftszeit. Firsk war kein sehr gesprächiger Mensch. Die Hälfte seiner Jahre hatte er in den Wäldern verbracht, nur selten war er in den Klan zurückgegangen, um seine Beute dort zu verkaufen und die Waffen zu wechseln. Bis er einen legendären weißen Schattenläufer erlegt hatte. Weiße Schattenläufer waren die seltensten Tiere im ganzen Norden und die rätselhaftesten dazu. Niemand wusste, woher sie kamen und wohin sie gingen. Und nur die wenigsten ließen sich erlegen. Wer im Wolfsklan mit einem weißen Schattenläuferfell auftauchte, wurde sogleich zum Führer erhoben.
    Dabei schien es so, als ob Firsk es nicht darauf angelegt hätte. Niemand wusste so recht, was Firsk vorhatte oder was in ihm vorging. Er war so gesprächig wie ein Stein.
    Sie ritten an Bergen vorbei, durch Täler und Wälder. Sie folgten den Wegsteinen, die mit farbigen Symbolen in die Richtung des nächsten zeigten. Wer keinen Orientierungssinn hatte, der verirrte sich hier oben und die Wahrscheinlichkeit, zur "Zivilisation", falls man die Bevölkerung des Norden so nennen konnte, zurückzukehren, war außerordentlich gering.
    Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt schon längst passiert, als ihr Weg plötzlich nur noch bergab führte. Das sprach dafür, dass sie sich dem Wolfsklan näherten. In seiner Nähe fiel das Land steil ab, bis die Schneegipfel abrupt aus dem Boden wuchsen. Die Gegend war hügelig und bewaldet, man hörte vereinzelt die Rufe von Hirschen und das Zwitschern von Vögeln.
    Nach einiger Zeit inmitten der Wälder brachte Firsk sein Pferd plötzlich zum Stehen. "Ich denke, wir sollten hier eine kleine Rast einlegen", sagte er nur und sprang von seinem Reittier herunter. Er war einer der besten Reiter in Nordmar, wie man sich erzählte. Man packte die Vorräte aus. Es gab hartes Brot und Bärenschinken. Fjort ließ sich das herzhafte Mahl schmecken, sie hatten seit ihrem Aufbruch nichts gegessen. Eine Feldflasche Nebelgeist wurde herumgegeben. Die Männer tranken in großen Schlücken, rülpsten anschließend und wischten sich lächelnd über den Mund.
    Fjort besah die Flasche misstrauisch und roch an ihr. Der markante Geruch stieg ihm in die Nase und ließ ihn zurückschrecken. Als er die erwartungsvollen Gesichter um ihn herum sah, sammelte er seinen Mut und nahm einen Schluck. Sogleich wusste er, dass er es hätte lassen sollen. Das Zeug brannte wie Feuer. Hustend reichte er die Flasche weiter. Alles um ihn herum lachte, nur Cornam und Firsk waren in ein angeregtes Gespräch vertieft und schienen sie nicht zu bemerken. Fjort wurde auf den Rücken geklopft. Zum ersten Mal fühlte er sich akzeptiert in diesen barbarischen Landen, er war glücklich.
    Die Bande aus Leibwächtern fing ihr eigenes Gespräch an. Fjort rückte enger in den Kreis.
    "...Und dann war's für mich klar: Volles Pfund auf's Maul!", berichtete ein bärtiger Kerl grinsend und erntete Gelächter.
    "Kennt ihr schon den neuen Schnaps vom Hammerklan? Innos' Wut wird er genannt, und wisst ihr was? Das passt! Das Zeug haut einen mehr um als die Pranke vom Uglutz!" Gemeint war Uglutz Fettwampe, ein berühmt-berüchtigter Oger aus alten Tagen.
    "Pah, Uglutz ist ein Witz gegenüber meiner Alten! Dieses Beliarsweib hat mir mehr Wunden zugefügt als alle Scharmützel mit den Scheißorks zusammen!"
    "Orks, Orks, Orks, immer nur die Orks! Gibt's denn keine anderen Feinde mehr? Ich hab' schon lange keinen Oger mehr gesehen! Was waren das noch für Zeiten damals, als man sich noch so schön mit denen prügeln konnte."
    "Genau! Die Orks, das sind doch eh nur alles versoffene Schwächlinge, die hau' ich mit meiner Linken um!", rief ein Mann mit langen, roten Locken und schlug wild in die Luft. Fjort wunderte sich, dass er niemanden auf diesem engen Raum traf.
    Nach einer Zeit wurde Fjort langweilig, denn die Gespräche drehten sich immer nur um Kloppereien oder Schnaps. Also verließ er die Gruppe und ging ein wenig näher zu Cornam und Firsk. Er nahm nur einige Fetzen wahr.
    "Die Truppen sollten sich unverzüglich sammeln, das ist klar, denn..."
    "...ja, aber wo sollen sie denn hin? Nordmar ist nicht gut zu verteidigen, es gibt zu viele Pässe..."
    "Das Kloster..."
    "...nicht euer Ernst sein!"
    "...Einzige Möglichkeit, sonst..."
    "Euch muss klar sein, was ihr tut!"
    Die Beiden bemerkten ihn und beendeten ihre Debatte.
    "Hast du etwas gehört?", fragte ihn der Klanführer.
    "Nein! Nur Fetzen!", antwortete Fjort ehrlich. Der Blick des Klanführers bohrte sich tief in sein Innerstes, doch dann wandte er sich schließlich ab.
    "Ich denke, es ist an der Zeit zu gehen", sagte er und schwang sich aufs Pferd. Und er hatte Recht, der Himmel hatte sich schon rot gefärbt.


    Rot war Purpur gewichen, als sie den Wolfsklan erreichten. Firsk wendete sein Pferd. "Ihr müsst wissen, die Zukunft der Klane hängt vom Gelingen eurer Mission ab, sie darf einfach nicht scheitern. Und ich darf auch nicht zulassen, dass sie auf des Messers Schneide gelegt wird. Deshalb werden euch zwei meiner Krieger, denen ich mein vollstes Vertrauen entgegenbringe, begleiten. Keine Sorge, Proviant stelle ich ihnen bereit", sprach er, ganz zu Cornams Freude, der sich sofort verneigte und seinen Dank aussprach. Zwei Krieger traten hervor, der Rothaarige von vorhin und ein schmaler, braunhaariger, kleiner Mann, der finster dreinblickte.
    "Ihr müsst mir nicht danken. Die Frage ist, ob ich euch die Krieger auch gegeben hätte, wenn sie euch nicht nötig gewesen wären! So nützt es mir ja auch etwas, und dafür sollte man mir nicht danken", lachte Firsk.
    Damit verabschiedete er sich und ritt davon.
    Die Gruppe, die sie jetzt waren, drehte sich in Richtung Südwesten. Dort, in der Ferne, waren schon die ersten schneeverwehten Gipfel zu erkennen, die im letzten Tageslicht zu brennen schienen. Und dahinter? Wer wusste schon, wie es dort war.
    Geändert von Skaddar (04.09.2010 um 16:33 Uhr) Grund: Storytechnische Wandlung des letzten Absatzes

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    Kapitel 17: Rand des Gebirges

    Der Schnee am Boden des Tannenwaldes dämpfte die Schritte ihrer Pferde und die Geräusche um sie herum, während ihr Atem in kleinen weißen Wölkchen durch die Luft tanzte und zu den weißen Wipfeln der am tiefblauen Sternenhimmel aufragenden Bäumen stieg und sich mit den leisen Windböen vermischte, auf eine Reise geschickt, eine Reise ins Unbekannte. Der Wolfsklan hatte Fjort die Liebe zu den dichten Wäldern der Gegend beigebracht, wenn er sich in Nordmar irgendwo zuhause fühlte, dann war das hier.
    Ihre Beigleiter zeigten sich ziemlich gegensätzlich: Während der ruhige, dessen Name Hjalf Grimm hieß, starr geradeaus blickte, ritt der rothaarige Leif neben ihm daher und sprach über die Götter und die Welt, unbeachtet, dass Hjalf ihn gar nicht zu hören schien. Cornams Miene war undruchdringlich, doch Fjort schien es, als denke er nach.
    Schließlich war Leif es leid, mit sich selbst zu sprechen und lenkte sein Pferd zu Fjort herüber. "Da kann ich ja gleich mit einem Baum reden!", begrüßte ihn der rothaarige Nordmarer fröhlich. Fjort musste grinsen.
    "Du bist also derjenige, der die Nachricht von der Orkarmee gebracht hat, richtig?"
    "Ja, das stimmt. Doch woher...?"
    Leif fing an, herzlich zu lachen. Dabei streckte er seine monströse Brust hervor und ließ sein lockiges Haar um sein Gesicht tanzen.
    "Junge, du kommst aus dem Norden mit der Botschaft, die größte Orkinvasion seit den Tagen vom verschissenen Scheißrhobar stünde bevor, und du erwartest allen Ernstes noch, das errege keine Aufmerksamkeit? Mir scheint, du unterschätzt die Beredsamkeit des Nordens."
    Fjort war erstaunt, er hatte nicht damit gerechnet, dass sich Neuigkeiten so schnell über die verschneiten Berge und vereisten Pässe Nordmars verbreiteten. Doch Leif wechselte schon wieder das Thema.
    "Wie kommt es eigentlich, dass nur du vom Spähtrupp zurückgekommen bist? Waren das nicht vier, die losgeschickt wurden?"
    Wieder stutzte Fjort über das Wissen des Nordmarers.
    "Nun, als wir die Orks bemerkten, war es zu spät, um gemeinsam zu fliehen, deshalb..."
    "hast du dich verpisst und deine Kameraden im Stich gelassen?!", fiel ihm Leif ins Wort, nun mit einem zornigen und verächtlichen Gesichstausdruck. Unglaublich, dachte Fjort, der Kerl wechselt seine Launen genauso schnell wie das Thema!
    "Nein, so war es nicht. Thord, der Gruppenführer, befahl mir, dass ich weggehen und die Nachricht über die Armee verbreiten soll. Ich wollte anfangs kämpfen, doch bei ihm gab es keine Widerrede."
    Leif machte ein nachdenkliches Gesicht. "Tja, einerseits war es feige, was du getan hast, andererseits muss man dem Häuptling immer gehorchen, also hast du das richtige getan, denn es wäre ziemlich arschig gewesen, uns diese Nachricht nicht mitzuteilen, denn sonst hätten wir nicht die Gelegenheit gehabt, uns darauf vorzubereiten, diesen Orks in ihren fetten Hintern zu treten. Ich weiß zwar nicht, wie die Schwächlinge von unten uns dabei helfen sollen, aber nun gut."
    "Du scheinst deiner Heimat sehr ergeben zu sein.", bemerkte Fjort.
    "Ich?", Leif klopfte sich auf die Brust, "Ich bin ein echter Nordmarer, und die Orks sollten sich vor mir und meiner Berta in Acht nehmen!" Er tätschelte seine Streitaxt, auf die in unleserlichen Runen "BERTAH" geschrieben war. Fjort verkniff sich ein Kommentar zu dieser recht eigenwilligen Schreibung des Namens.
    Nun kam ein regelrechter Schwall aus dem Mund des Rothaarigen, sodass sich Fjort auf gelegentliches Kopfnicken oder ein schlichtes "Mhm" beschränkte, während ihre Pferde langsam durch den Wald stapften.


    Spät in der Nacht verkündete Cornam ihnen, dass sie jetzt eine Rast machen und sich schlafen legen würden. Fjort seufzte erleichtert auf, der Tag war sehr lang und anstrengend gewesen. Sie machten ein Feuer an, um wilde Tiere abzuschrecken und legten Felle aus. Erschöpft schlief Fjort ein.


    Der nächste Tag begann früh, mit einem lauten Gähnen und einem mächtigen Schulterklopfer, der Fjort aus dem Schlaf schrecken ließ. Das erste was er sah, war das grinsende Gesicht Leifs. "Na, Kumpane, gut geschlafen?"
    "Ja, bis eben gerade.", knurrte Fjort grimmig.
    "Du hast ja auch am längsten gepennt, Schlafmütze. Grimm ist wohl schon länger wach, jedenfalls ist sein Lager kalt. Ach, da kommt er schon!", rief Leif und lief seinem Freund entgegen.
    Hjalf schleppte einen gefüllten Beutel über der Schulter. Dem Geruch nach zu urteilen war er mit irgendwelchen Tieren gefüllt. "Frühstück", brummte Hjalf und ließ den Beutel fallen. Ein weißes Ohr schaute heraus. Hasen also. Schon bald saßen sie an der Glut des restlichen Abends und brieten die kleinen Tierchen, so gut es ging. Cornam aß nur wenig und regte sich immer wieder unruhig. Kaum hatten sie den letzten Bissen in den Mund gestopft, stand er auf.
    "Es ist Zeit, weiterzuziehen."
    "Ha! Für ein gutes Frühstück ist doch immer Zeit!", rief Leif mit vollem Mund und erntete einen tödlichen Blick, der selbst einen Ork zum Zittern gebracht hätte. "Na gut" murrte er und lief den anderen hinterher.
    "Warum haben wir es so eilig?", fragte Fjort etwas verwirrt.
    Cornam drehte sich erst nicht um. "Alles hat seinen Grund. Außerdem spüre ich, wie sich das Heer in Bewegung versetzt."
    "Wie kannst du denn so etwas spüren?"
    "Magie. Zaubersprüche sind nicht die einzigen Fähigkeiten eines Magiers, nur die sichtbaren. Nach der Zeit wirst du auch lernen, diese einzusetzen. Doch jetzt solltest du erst einmal am Licht feilen."
    "Jetzt?"
    "Ich kann nicht immer die Zeit hernehmen, um dich gemütlich beim Feuer zu unterrichten. Der gute Schüler lernt auch während seiner Freizeit."
    Fjort zog sich wieder zurück und versuchte, sich das Licht wieder in den Kopf zu rufen. Er merkte, wie seine Kräfte langsam wuchsen, oder wie er lernte, die Energie in seinem Innern besser einzusetzen. Diesmal musste er sich nicht lange auf das Bild des Lichtes konzentrieren, sein Geist hatte sich das Gefühl eingebrannt und konnte es ohne wenig Zutun seiner selbst wieder hervorrufen. Schon bald öffnete sich die Tür in seinem Inneren und die Magie strömte durch ihn hindurch, verband sich mit dem Bild des Lichtes und schoss in einem Glücksgefühl aus ihm heraus. Er öffnete die Augen und strahlte fast so wie die große Kugel vor ihm. Sie war größer als sein Kopf. Ein Schrei brachte ihn aus der Konzentration und ließ die Kugel zu seinem Leidwesen verschwinden.
    "W-was war das?", flüsterte Leif, verängstigt zitternd.
    "W-was hast du...?"
    "Magie", antwortete Fjort leichtfertig, "Magie."
    Das schien den stämmigen Nordmarer nicht gerade zu beruhigen. "Bleib mir bloß mit deinem Zauberkrams vom Hals, du zündest uns noch alle an!"
    Fjort musste grinsen. Der furchtlose Krieger machte sich wegen einer Lichtkugel in die Hosen.
    Fjorts Blick fiel auf Hjalf. Dieser schaute ihn interessiert an und nickte kaum merklich. Was geht nur in diesem Kopf vor?, rätselte Fjort über den stillen Jäger.
    Etwas berührte ihn am Arm und Fjort fuhr herum. "Gut gemacht", lobte ihn Cornam. Fjort lächelte, die Wärme der Anerkennung erfüllte ihn. Er hatte es geschafft, er hatte den Lichtzauber errungen. Das war der erste Schritt zum Feuermagier, mit dem Licht fing alles an, genau wie die Erschaffung der Welt, wie es in der Chronik der Flamme stand, das heiligste Buch Innos'. Was kam danach? Flammenpfeil? Feuerball? Schon allein der Gedanke erfüllte ihn mit einem euphorischen Glücksgefühl. Aber für einen neuen Zauber war jetzt keine Zeit. Sie waren am Rand des Gebirges, der Weg ging fast nur noch bergauf und die verwehten Gipfel wachten über sie. Oder lachten sie dabei aus, wie sie eines der tödlichsten Gebirge des Weltenrunds ersteigen wollten.
    Geändert von Skaddar (04.09.2010 um 16:34 Uhr)

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    Kapitel 18: Der grimmige Krieger


    Die Luft wurde zusehends dünner, immer öfter mussten sie Verschnaufpausen einlegen, wobei sie kostbare Zeit verloren; es war, als ob das Gebirge sich gegen sie stemmen und versuchen würde, sie vom Übergang abzuhalten. Der Weg war im dichten Schneegestöber kaum zu erkennen, einmal waren sie eine Stunde herumgeirrt, ohne einen Wegstein zu finden. Warum muss man es so schwer machen? Es wäre viel einfacher, lege man die Steine in einem Abstand von fünf Manneslängen., dachte Fjort. Wobei hier sowieso niemand herumwandert, wieso auch? Nur Verrückte wagen es über diese lebensfeindlichen Gipfel.
    Besorgt blickte Fjort zu Cornam herüber, dem es sichtlich am schlechtesten ging. Seine Finger waren blau angefroren, das Gesicht vor Schmerz und Anstrengung verzerrt. Die Pausen, kurz genug, um nicht zu erfrieren, reichten dem Magier nicht, um wieder zu Atem zu kommen. Sein Alter zeigte sich allmählich. Aber vielleicht machte sich Fjort zu viele Sorgen. Cornam war zäher, als er aussah, das hatte Fjort oft gesehen.
    Leif jedoch schien die Kälte nichts auszumachen, unbeirrt sprach er weiter, wie sonst auch. Keine noch so trübe Zukunft konnte den Nordmann davon abhalten, seinen Mitteilungsdrang voll und ganz auszuleben, unglaublich. Es wunderte Fjort, dass Leif nicht sogar im Schlaf sprach, womöglich deshalb, da er vor von lauter rumorösem Schnarchen, das sogar einem Troll einen Gehörsturz bescheren würde, verhindert war. Hjalf blickte geradeaus, wo auch immer das war.
    Da das monotone Wackeln seines Pferdes Fjort ermüdete, lenkte er es zu den beiden Nordmarern herüber. Nur ein kaum wahrnehmbares Kopfnicken seitens Hjalf ließ erkennen, dass der ihn überhaupt bemerkt hatte.
    "Ganz schön kalt hier.", begann Fjort das Gespräch zaghaft. Hjalf zuckte mit den Schultern.
    "Pah! Hier ist es doch höchstens ein wenig frisch! Damals, vor dreiundzwanzig Zyklen, da ist meinem Alten der Strahl beim Pinkeln eingefroren. Was haben wir gelacht!", meldete sich Leif zu Wort. Wer sonst. Fjort fand diese Art von Humor ein wenig makaber.
    "Das wird ihm aber missfallen haben."
    "Miss-was?!"
    "Das wird ihn aber geärgert haben, so über ihn zu lachen.
    "Sag das doch gleich. Nö, der hat ja am lautesten gelacht." Das brachte den sorgenvollen Fjort doch noch zum lachen. Das war Nordmar: Harte Kerle und eine ordentliche Portion Selbstironie.
    Das Gelaber des Rothaarigen war Fjort dann doch etwas zu viel, also entfernte er sich wieder.


    Soweit Fjort das in diesem Gestöber erkennen konnte, war es ziemlich dunkel. Sie alle waren erschöpft, Leif hatte sogar aufgehört zu reden, was an ein Wunder grenzte.
    Sie fanden eine kümmerliche Baumgruppe um eine Grube am Wegsrand, das Beste, was sich jetzt finden ließ. Sie schlugen ihr Lager am Fuß dieser Senke auf, Leif hackte ein wenig Brennholz und schon bald saßen sie alle zusammengedrängt vor dem mickrigen Feuer, das aufgrund des Schneefalls nicht recht brennen wollte. Leif trank eine beträchtliche Menge an Nebelgeist, was seinen Geist bald vernebelte und ihn zum einschlafen brachte. Cornam starrte stur in die Flammen und etwas in seinem Blick hielt Fjort davon ab, ihn anzusprechen. Kurz darauf schlief der Magier schon einen unruhigen, kalten Schlaf. Blieb also nur noch einer. Hjalf.
    "Wie steht es mit dir und dem Krieg gegen die Orks?", fragte Fjort.Dämlicher Gesprächsanfang.
    Trotzdem wurde Fjort vom grimmigen Krieger mit einer führ ihn beträchtlichen Anzahl von Worten überrascht.
    "Scheißkrieg. Er bringt Zerstörung für unsere beiden Völker. Wir könnten friedlich zusammenleben. Er ist unnötig.", knurrte er.
    Fjort stutzte. "Wie meinst du das?"
    "Es ist nicht unser Krieg. Platz ist genug da. Nein, es ist der Krieg der Götter. Innos gegen Beliar. Auch die vielen neuen Hirngespinste von Göttern können nicht darüber hinwegtäuschen. Auch mit dem Verschwinden der Götter hat sich nichts geändert. Niemand achtet mehr auf die Mitte, den Frieden. Dämliches Volk."
    Nun verstand Fjort, wieso Hjalf mit zweitem Namen "Grimm" hieß.
    "Glaubst du denn wirklich nicht an die Götter oder Innos?"
    Nun blickte Hjalf ihn mit tödlichen Raubtieraugen an, was Fjort zusammenzucken ließ.
    "Pass auf, was du sagst. Meine Ahnen hätten dich dafür umgebracht." Nun war Fjort verwirrt.
    "Wer sind denn deine Ahnen?" Hjalf musste man aber auch alles aus der Nase ziehen.
    "Ich bin Nachkomme der alten Wolfssippe, Gründer des Wolfklans, allesamt Volk Adanos', ich bin der letzte, führe meine Vorfahren bis auf den Hundsmann zurück. Bin ein Wolf, genau wie er."
    "Ein Wolf? Ein WER-wolf? Daran glaube ich nicht." Nun fletschte Hjalf seine spitzen Zähne.
    "Noch einmal so eine Beleidigung und ich töte dich. ich bin ein Gestaltenwandler, ein Druide, wie Myrtaner sagen."
    "Ein Druide? Und ich dachte, solche gibt es nur in Sagen."
    "Nein. Doch unserer gibt es nur wenige. Ich bin der letzte Wolf, von meinem Volk ist keiner mehr übrig. Die heutigen Bewohner des Wolfklans sind allesamt Barbaren." Hjalf blickte ihn mit traurig großen Augen an. "Außer, ich finde jemanden, der dieser Gabe würdig ist, doch bis jetzt habe ich keinen solchen gefunden."
    Jetzt verstummte Hjalf wieder und starrte in die verlöschende Glut. Nach einiger Zeit wurde auch Fjort müde und er kuschelte sich in die Felle,so gut es ging.
    Geändert von Skaddar (04.09.2010 um 16:35 Uhr)

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    Kapitel 19: Schwäche und Magie


    Fjorts Kleider waren vom Schnee völlig durchnässt und hielten nun nicht mehr warm. Zitternd zog er den Mantel noch enger zu sich, in der Hoffnung, trotz allem ein wenig gewärmt zu werden. Seine Beine waren steif und trotzdem seltsam wackelig, auch schmerzten sie seit einiger Zeit. Seine Zehen fühlte er schon nicht mehr. Es war sehr ungewöhnlich, dass im Sommer solche Schneemassen fielen, selbst hier, auf einem der höchsten Gebirge Nordmars. Die Berge wehrten sich mit allen Mitteln: Der Pass, den sie hatten überqueren wollen, war durch einen enormen Schneerutsch unpassierbar geworden. Nun machten sie einen großen Bogen um die Himmelsmauern, eine massive Bergwand und hofften, einen etwas höher gelegenen Pass ersteigen zu können. Fjort zweifelte bereits, ob ihnen dies überhaupt gelingen würde. Wahrscheinlich würden sie vorher erfrieren und zu menschlichen Eiszapfen werden.
    Hjalf stapfte mit seiner für ihn typischen grimmigen Miene durch den Schnee, den Blick in unbestimmbare Ferne gerichtet, die nur er sehen konnte. Leif schien die Kälte nichts auszumachen, mit einem unbeirrten Lächeln lief und lief er, ohne sich gelegentlich die Finger zu reiben oder die Kleider enger zusammenzuziehen.
    Doch Cornam litt sichtlich unter der Kälte. Sein Gesicht war blau angelaufen, laut schnaufte er und schien sich für jeden Schritt zu zwingen. Trotzdem beharrte er darauf, nur kurz zu verharren, vielleicht deshalb, da sie dann erfrieren könnten. Manchmal machten seine Gelenke ungesunde Geräusche, die Fjort zusammenzucken ließen. Er war sehr besorgt um diesen alten Mann, der sich wie ein Vater um ihn kümmerte. Wie ein Vater, den er niemals gehabt hatte. Fjort stellte sich vor, wie es wohl wäre, mit Cornam in Myrtana zusammenzuleben. Tags würden sie an seiner Ausbildung zum Magier arbeiten und abends würden sie sich vor das Haus setzen und die Sterne beobachten. Fjort entwich bei dieser für ihn wunderbaren, ja paradiesischen Vorstellung ein wohliges Seufzen. Ja, sie waren schon fast so etwas wie eine Familie, hatte er das Gefühl, denn eine Familie sorgte sich umeinander. Seltsam, dass man in einer so unbarmherzigen und kalten Umgebung so warme Gedanken haben konnte. Für einen kurzen Moment war Fjort in seinen Gedanken versunken und vergaß, wo er sich befand. Erst als Cornam unter einem Ächzen die Hand hob und sich auf einen kleinen Schneehügel setzte, wurde er in die Wirklichkeit zurückgerissen. Sie blieben stehen und machten einen ungeplanten Halt. Einer von vielen, die bald kommen würden.


    Sie hatten die Bergwand umrundet und liefen jetzt in eine für sie unsichtbare Lücke zwischen den Bergen, die sich laut Cornam zusehends verenge, bis sie nur noch ein kleiner Spalt zwischen den Höhen wäre. Fjort fragte sich, wie der Magier das sagen konnte, ohne die Lücke zu sehen. Sie waren in einem dunklen, grauen und weißen Schneegestöber, die Sicht reichte kaum einen Steinwurf weit. Er verbannte seine Gedanken ziemlich schnell, das letzte, was sie hier oben gebrauchen könnten, war ein Panikanfall. Sie marschierten ein Stück weiter.
    "Halt", sagte Cornam schwach, fast unverständlich im Getöse des Windes. Synchron hörten sie auf zu laufen und standen ratlos herum. "Wo ist diese Lücke, von der du uns erzählt hast? Und überhaupt, igrendwie habe ich das Gefühl, dass wir ein wenig stark bergauf laufen", meldete sich Leif zu Wort. Cornam sah keuchend und außer Atem auf. "Ich bin hier der Führer. Wenn du es besser weißt, dann pack' deine Sachen und lauf alleine weiter!", sagte der Magier leise, doch mit einem scharfen und barschen Ton. Das Wetter schien ihn zu reizen und wahrscheinlich hatte er sich diese Fragen schon selbst gestellt. Zornig zogen sich Leifs buschige Augebrauen zusammen und bildeten eine geknickte Linie. Doch überraschenderweise sagte er nichts, sondern starrte Cornam wütend an.
    "Hört auf. Streit können wir hier wirklich nicht gebrauchen, sowas raubt nur kostbare Kraft. Wir sollten uns wieder vertragen und weitergehen, sonst frieren wir hier noch fest." Fjort fühlte sich berufen, die beiden auseinanderzubringen. Er mochte keinen Streit, er ging ihm, wenn möglich, immer aus dem Weg, selbst, wenn er dafür Kompromisse ziehen musste. Also machten sie sich wieder auf den Weg, ahnungs- und orientierungslos.


    Leif hatte Recht. Es ging wirklich ein wenig zu steil bergauf. Auch war von der sich verengenden Lücke nichts zu sehen. Sie hielten sich direkt neben einer Felswand, in der Hoffnung, so doch noch den Pass zu erreichen. Wer wusste schon, was das Schicksal für sie bereit hielt?
    Cornam ging es immer schlechter, gelegentlich gab er ein nasses und röchelndes Husten von sich. Seine Beine bewegten sich wie in Zeitlupe und sein Gesicht war wie festgefroren, seine Augen blickten auf den Boden vor seine Füßen. Man sah ihm an, wie sehr er mit sich und dem Gebirge zu kämpfen hatte. Sie mussten den Pass schnell erreichen und möglichst bald wieder herabsteigen, sonst...
    Fjort glitt auf einem Stück besonders glitschigem Eis aus und rutschte einer sich plötzlich anbahnenden Klippe entgegen. Er sah sein Ende auf ihn zurasen und griff panisch um sich, um irgendwo Halt zu finden. Vergeblich. Die Klippe brach ab und er befand sich in der Luft. Unter ihm war kein Boden zu erkennen und Fjort zweifelte keinen Augenblick daran, dass es dort ziemlich weit herunterging. Er machte sich auf seinen Tod gefasst, doch dann blieb seine Hand doch noch an etwas hängen. Erstaunt blickte er auf. Seine Finger schlossen sich um einen steinernen Schnabel. Irgendetwas dünnes schlängelte sich aus diesem heraus, umgeben von kleinen, spitz aussehenden Zacken. Sein Blick wanderte aufwärts und er erschrak: Ihm blickte eine dämonische Fratze entgegen. Nun erkannte er, was die seltsamen Verzierungen im Schnabel darstellen sollten: Eine gespaltene Zunge und zwei Reihen spitzer, blutrünstiger Zähne. Das grauenvolle Gesicht mündete in einen vereisten Rumpf und schlanke Beine mit Krallen. Oben zweigten sich muskelbepackte Arme mit Klauenhänden vom Oberkörper ab, flankiert von großen, finsteren Flügeln. Was machte diese Statue hier in einer Felsenniesche, über einem riesigen Abgrund?
    Egal, erst musste er wieder aus dieser brenzligen Situation herauskommen.
    "Hilfe!", schrie er. "Hilfe!"
    Kurz darauf erschien zu Fjorts Freude Leifs breites Gesicht. "Wolltest wohl mal frische Luft schnappen und die Weite der Berge genießen, wie?", fragte Leif grinsend. Fjort fand das gar nicht lustig, immerhin ging es hier um sein Leben. "Hör' auf zu grinsen und zieh' mich gefälligst hoch!", rief Fjort verärgert.
    "Kein Problem."
    Leifs Pranke erschien über ihm und Fjort streckte ihm seine freie Hand entgegen. Die überraschend warmen Finger des Nordmarers schlossen sich um sein Handgelenk und zogen ihn herauf. Oben angekommen, blieb Fjort erst keuchend liegen. Es war erschreckend, wie schnell ein Leben enden konnte. Man musste höllisch aufpassen, hier oben.
    "Danke", sagte er, Doch Leif war schon wieder bei den anderen, also rappelte Fjort sich auf und lief zügig, doch wachsam hinterher, darauf bedacht, nicht noch einmal abzurutschen. Dabei überkam ihn ein Gedanke: Wieso war hier eine Klippe, wenn die Berge sich doch zu einem Spalt verengen sollten?


    Der Schreck war nun komplett verflogen, dafür legte die Müdigkeit ihren Schleier über ihn. Er war sich trotzdem bewusst, dass er sterben würde, schliefe er jetzt ein. Nur ein Feuer hielt einen bei solch einer Kälte am Leben, wenn man ruhte. Apropos Feuer - hatten sie überhaupt Brennholz dabei? Und wenn, war es nicht jetzt zu durchnässt, um es anzuzünden? Wie sollten sie diese Reise überstehen?
    Ein lautes Stöhnen ließ Fjort aufschrecken: Cornam krümmte sich und brach zusammen. "Verdammt!", entwich es Fjort und er rannte zum Alten, der sich nicht mehr rührte. Er drehte den kalten Körper auf den Rücken. Cornams Gesicht war ganz blau und eiskalt, der Körper war ersteift. Das Schlimmste ahnend hielt Fjort ein Ohr dicht an das Gesicht des Alten. Doch es gab noch einen Hoffnungsschimmer: Fjort vernahm den rasselnden Atem des Magiers. Sie mussten so schnell wie möglich eine Höhle finden.
    Leif und Hjalf eilten schon herbei.
    "Was...?", fragte Leif, doch dann fiel sein Blick auf Cornam und er verstand.
    "Ist er...?"
    "Nein, bei Innos, zum Glück nicht, er lebt noch. Aber wir müssen so schnell es geht einen Unterschlupf finden, sonst ist es um ihn geschehen!"
    Leif drehte sich um. "Gut. Komm, beeilen wir uns und suchen in dieser Wand links nach Höhlen! Irgendwo muss es doch eine geben."
    Und so machten sie sich auf, Hjalf und Leif voraus, dahinter Fjort mit dem erkalteten Körper Cornams auf dem Rücken.


    Die Zeit verging quälend langsam, immer wieder musste sich Fjort vergewissern, dass Cornam noch lebte. Der Alte hielt stand, doch wie lange noch? Den Blick auf die Wand gerichtet bewegten sie sich vorwärts, seltsamerweise bergauf. Sie waren bestimmt schon längst vom Kurs abgewichen.
    "Hier! Ich hab' was gefunden!", rief Leif von irgendwo vorne im Schneegestöber. Fjort beschleunigte seine Schritte und ging in etwa die Richtung, wo er Leif vermutete. Bald erblickte er die beiden Nordmarer vor einem finsteren, niedrigen Loch.
    "Was meint ihr? Gehen wir rein?"
    "Was anderes bleibt uns ja nicht übrig", knurrte Grimm.
    Also zogen sie die Köpfe ein und liefen in den Spalt im Gestein. Nach wenigen Schritten schon stieß Fjort mit den anderen zusammen.
    "Was ist?"
    "Hier geht es nicht mehr weiter." Dann musste dieser Platz ausreichen. Von draußen fiel ein klein wenig Licht herein, gerade genug, um den Boden zu erkennen. Hjalf lief zum Eingang und schichtete eine kleine Schneemauer auf, die den Eingang fast ganz verschloss, aber genug Raum ließ für einen Spalt, durch den ein wenig Luft kam.
    "Habt ihr Feuerholz?", fragte Fjort. Dann hörte er aus Leifs Richtung etwas rascheln. Ja. Ist aber ein wenig nass und kalt. Ich denke, mit unseren Feuersteinen kriegen wir das nicht an", verkündete Leif besorgt.
    Fjort wurde bleich, sofern er das in der Dunkelheit beurteilen konnte. "Nein." Die Hoffnung verließ ihn und ließ ihn in der Finsternis zurück. "Nein!" Tränen kullerten seine Wangen hinab. Nein, Cornam durfte nicht sterben! Er, der so viel für ihn getan hatte. Der Magier durfte keinen so normalen Tod sterben. Da fasste er einen Entschluss. Einen sehr gewagten und kühnen Entschluss.
    "Leif, reiche mir bitte das Feuerholz", sagte er mit fester Stimme.
    "Aber das kriegst du doch sowieso nicht..."
    "Bitte!"
    "Na gut, aber ich habe keine Ahnung, wie du das zum Brennen kriegen willst."
    Fjort lächelte. "Du wirst schon sehen."
    Fjort nahm das nasse Holz entgegen und schichtete es in einem Kreis auf. "Hast du auch Steine?"
    "Natürlich." Fjort nahm dieselbigen um formte mit ihnen einen Kreis um das Holz. Nun konnte er beginnen. Er würde es anzünden. Mit Magie.
    Er blendete die Umgebung aus, hörte Leif gar nicht mehr, der ihn brummend fragte, was das ganze sollte. Er dachte an Wärme, nein, mehr noch, an Hitze. Nicht nur an das Licht, nein, brennendes Licht. Sengend, wie Innos. Ja, Innos war das Licht. Und nun fühlte Fjort, wie der Glaube in ihm wuchs. Denn die nordischen Götter hatten eine Schwachstelle: Es gab zwar Götter der Jagd, des Kampfes, des Erzes, der Natur und viele mehr, aber es gab keine Gott der Flamme und des Lichtes. Und dass diese trotzdem existierten, ließ Fjort keinen Zweifel mehr an Innos' göttlicher Präsenz. Er dachte an Cornam und was er alles in dieser doch langen Zeit mit ihm erlebt hatte. Er fühlte eine Wärme aufkommen, wie er sie auch bei seiner Vorstellung mit Fjort als Familie gehabt hatte, nur stärker. Es war Zuversicht und etwas, das Fjort nicht recht benennen konnte. Das Gefühl wurde immer stärker und pulsierte in ihm, stärker als sein Herz. Sein Gedanke wurde eins mit dem Gefühl und wurde immer klarer. Licht und Feuer. Wärme und Zuversicht und... INNOS! Die Wärme zuckte in seinem Körper, spannte sich und wanderte in seine Fingerspitzen. Das Glück schwappte über ihn, als er der Kraft freien Lauf ließ und sie sich schließlich entlud. Schlagartig wurde er in die Wirklichkeit zurückgeschickt.
    "Ah! Was war das?!", rief Leif erschrocken, sprang auf und stieß sich den Kopf. Fjort öffnete die Augen. Dort, im Innern der verzweigten Äste, flackerte ein kleines Licht. Feuer.
    Geändert von Skaddar (04.09.2010 um 16:36 Uhr)

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