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  1. - Fan-Story: Der Pfad des Schattenkriegers - Part I #1  
    Abenteurer Avatar von Veyun
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    Einleitung


    Hallo, liebe Community.

    Mit diesem Thread möchte ich den ersten Teil einer von mir verfassten Kurzgeschichten-Trilogie offenbaren.
    Um die Übersicht zu wahren, werde ich die anderen beiden Teile der Trilogie mit der Zeit über zwei seperate Threads nachreichen und ferner über mehrere Posts die Seiteneinteilung des Originaldokuments (Word) beibehalten.


    Infos zur Geschichte: Ursprünglich habe ich diese Trilogie verfasst, um damit bei einem Schreibcontest des offiziellen Sacred2-Forums teilzunehmen. Die zeitlich beschränkte Bearbeitungszeit zwang mich damals aber zu Abkürzungen und Schlampereien, so dass ich beschloss, die Geschichte nach Wettbewerbsende noch einmal komplett zu überarbeiten.
    So habe ich die Urversion also fantasybegeisterten Freunden und Bekannten zu lesen gegeben, um Anregungen und Schreibstilverbesserungen zu sammeln, sowie um eventuelle Logik- und Rechtschreibfehler auszumerzen. Die Ausbesserungsarbeiten sind vor allem bei Part III immer noch nicht abgeschlossen, so dass es erst einmal genügen soll, Part I zur Lesung zu geben.


    Thema: Aufgabe des Schreibcontests war es, die Geschichte eines von den Toten zurückgekehrten Kriegers zu erzählen. Über jeweils ein kurzes Ingame-Video (Sacred 2) pro Part wurden die Grundbausteine des Inhalts festgelegt, die in den Geschichten eines jeden Autors in der ein oder anderen Form vorkommen mussten. Der Handlungshintergrund war frei gestaltbar.


    Anmerkung: Eure Meinungen und Gedanken, die jeweilige Kurzgeschichte betreffend, könnt ihr ja dann einfach direkt unter die Storytext-Posts setzen. Es kann auch gut sein, dass ich hier und da noch Kleinigkeiten ausbessere oder ändere.
    Darüber hinaus wäre es natürlich schön, wenn es auf dieser Seite mal eine extra Rubrik für Fanarts geben würde, so dass diese und alle hoffentlich folgenden Geschichten anderer nicht untergehen, sondern der "Nachwelt" (!^^) erhalten bleiben.


    Eure Meinung: Euer Feedback ist wohl der Hauptgrund, weshalb ich meine Geschichten überhaupt hier hereinstelle, also nur zu^^. Alle Kommentare dann bitte in folgenden Thread:
    http://forum.worldofplayers.de/forum...88#post7428588


    Jetzt bleibt mir nichts anderes mehr übrig, als euch viel Spaß beim Lesen zu wünschen!


    Mit besonderen Grüßen, Veyun

    Geändert von Veyun (11.10.2008 um 13:35 Uhr)
  2. #2  
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    Das Erwachen


    Part I der Trilogie - Der Pfad des Schattenkriegers


    Ein grausamer Aufschrei hallte durch die Kammern des Mausoleums und erschütterte die heilige Ruhe, welche diesem steinernen Grab sonst innewohnte. Etwas krümmte und regte sich dort auf einem der weißen, massiven Marmorsarkophage und stieß dabei immer wieder ein schmerzerfülltes Stöhnen aus.
    Ein Mann mittleren Alters war es, dessen blasser Körper von entsetzlichen Krämpfen heimgesucht wurde und dessen von großer Angst und Verwirrung zeugende Blicke vergeblich versuchten, Ort und Zeit seiner Umgebung zu bestimmen.
    Allmählich schienen die Schmerzanfälle schwächer zu werden, so dass er es offenbar wagen konnte, sich aufzurichten. In sitzender Position verweilend, rieb er sich immer noch zitternd das gequälte Gesicht und lauschte einige Momente lang seinen langsam ruhiger werdenden Atemzügen.

    Auch wenn der körperliche Schmerz nachgelassen hatte, so tobte im Geist des Mannes ein Sturm aus Ungewissheit und Verzweiflung; er verstand einfach nicht, wieso er hier war und durch welche Gewalt er dem warmen Traum der vollkommenen Zufriedenheit entrissen worden war.
    Wilde Sehnsucht nach dem schönen Ort, den er selbst weder mit Bild noch mit Wort wiedergeben konnte, durchstach sein Seelenheil und lies eine klaffende, ernüchternde Leere zurück.
    Doch er war noch nicht vollends von dort abgeschnitten- etwas von seinem Wesen schwebte noch zwischen den Bewusstseinsebenen und glitt, vom Sog der Realität angezogen, in einem stärker werdenden Strom zurück in die gestaltlosen Hallen seines Gedächtnisses.
    Es waren unzählige Erinnerungen an seine Existenz vor dem Traum. Sie enthielten das Wissen und die Erfahrungen eines vom Kampf geprägten Lebens- seinem Leben. Sein Name war es schließlich, der ihm als erstes wieder einfiel: Hekeus.

    Es dauerte einige Zeit, bis es Hekeus gelang, der betäubenden Wirkung der Gedankenflut auf seinen Verstand zu widerstehen, so dass er eine erste wage Ordnung in das Erinnerungschaos bringen konnte.
    So wusste er jetzt, dass er sein Dasein der Verteidigung der eigenen Heimat in zahlreichen Schlachten gegen einen erbarmungslosen Feind aufopfernd hingegeben hatte. Als einfacher Söldner beginnend, hatte er es bis zum ruhmreichen Heerführer der Streitkräfte des Landes gebracht.
    Er war einst in einem kleinen Bauerndorf aufgewachsen, in welchem er ebenfalls zur letzten, Frieden findenden Ruhe gebettet worden war, nachdem er bei der Erfüllung seiner Aufgaben und Pflichten als Soldat im Zweikampf gegen eine dunkle Ausgeburt gefallen war; und genau dort befand er sich im Augenblick: In seinem eigenen Grab, auferstanden von den Toten.
    Da es Hekeus fortwährend schwer fiel, sich vollständig an alle Dinge zu erinnern und gelegentlich drohte, Gewonnenes wieder zu verlieren, wuchs in ihm der starke Drang, den wohl mittlerweile verblassten Spuren seiner Vergangenheit zu folgen, indem er zu aller erst seinen nahen Geburtsort aufsuchen würde. Er erhoffte sich, Aufzeichnungen oder sogar Menschen dort vorzufinden, die ihm vielleicht dabei halfen mehr Licht in die unklaren Tiefen seines Geistes zu bringen.

    Geändert von Veyun (10.10.2008 um 21:04 Uhr)
  3. - Seite 2 #3  
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    Der heitere Gesang der Vögel und das sanfte Rauschen des Blattwerks der Bäume und Sträucher im leisen Wind umspielten Hekeus’ kalte Sinne. Die sommerlich wirkende Luft beschrieb einen hellen, in der Mitte der Zeit stehenden Tag.
    Nach einem kurzen Blick zurück auf das weiße Gemäuer des Mausoleums, in dessen Grabkammern sein gestorbener Leib eigentlich hätte ruhen sollen, bis dieser zu Staub zerfallen worden wäre, betrachtete er neugierig sein eigenes Äußeres.
    Er konnte noch nicht allzu lange auf dem Sarkophag gelegen haben, da seine Haut neben der leichenhaften Blässe sonst keinerlei Verwesungsspuren aufwies. Offenkundig war auch, dass er dereinst durch keine gewöhnliche Waffe niedergestreckt worden war, denn Hekeus suchte seinen Körper vergeblich nach Wunden jüngster Art ab, wenn gleich er einige Narben von weitaus älteren Kampfverletzungen entdeckte; eine davon zeichnete den rechten Teil seines Gesichts.
    Eine wunderschön verzierte aber kaum schützende Lederrüstung, samt Bein- und Armschienen, waren ihm zur letzten Ehre angelegt worden. Im Krieg, so erinnerte sich Hekeus wage, hatte er meistens schwere Kettenhemden und Rüstungsteile aus Eisen getragen, daher diente dieser Harnisch wohl eher zeremoniellen Zwecken.
    Einfaches Sandalenschuhwerk bekleidete seine Füße und zu guter Letzt schmückte ein dünner, schlichter Silberreif das kurze, rabenschwarze Haar auf seinem Kopf.

    Aufgrund der Tatsache, dass sich das Mausoleum und der rundherum angelegte Friedhof auf einem hohen Vorgebirgsausläufer befanden, nahm Hekeus die Gelegenheit wahr, sich einen besseren Überblick über das Land zu verschaffen und kletterte dazu soweit auf einen Fels ganz in der Nähe, dass er über die Spitzen des dichten, vollen Fichtenwaldes, der die Berghänge bewuchs, hinwegsehen konnte.
    Vor ihm lag ein flaches, weitläufiges Tal, das sich, stets von Vorgebirgsanhöhen und den dahinter liegenden, nebelverhangenen Hochgebirgszügen umrandet, bis zum fernen, gebirgigen Horizont hinaufschlängelte und sich dort schließlich in schleierhaften Weiten langsam verlief.
    In die entgegengesetzte Richtung blickend, verlor das Randgebirge des Tals mit größer werdender Entfernung immer weiter an Höhe und verschmolz schließlich mit den schier unendlich erscheinenden Ebenen eines kargen Steppenlandes.
    Ein Anflug des Missmuts überschattete Hekeus’ Herz beim Anblick jenes Ödlandes- sein Gedächtnis verband das tiefe Elend des Krieges mit diesen Bildern und entfachte in ihm erste Funken des Zorns.
    Ohnehin wurde ihm bewusst, dass der erdrückende Verlust der traumhaften Ewigkeit seines Geistes und der brennende Wunsch nach dessen Aufklärung alle anderen Gefühle in ihm zu ersticken schienen; sie machten ihn rastlos und verdunkelten seinen Verstand- der Preis für seine widernatürliche Rückkehr aus dem Jenseits.

    Hekeus lies seinen Blick ein letztes Mal über die Tallandschaft schweifen und entdeckte dabei ein kleines Dorf nahe des Flusses, der dem Verlauf des Tals folgte.
    Da er keinerlei andere Städte oder Ansiedlungen im näheren Umland ausmachen konnte, war er sich absolut sicher, dass es sich hierbei um sein Heimatdorf handeln musste und trat ungehalten den Abstieg ins Tal an.
    Er durchwanderte die üppigen, schwarzgrünen Hangwälder, erreichte schließlich den Fuß des Berges und betrat dann einen breiteren Landpfad, der ihn auf direktem Wege durch das frühlingshafte Flachland des Tals in Richtung des Flusses bringen würde. Die saftigen, von einem weichen, moosartigen Gras überzogenen Weiden zu beiden Seiten des Pfades glichen einem riesigen, dunkelgrünen Teppich, der hier und da mit buschigen Blumenschwärmen, die im schönsten Weiß, Weinrot und Violett erblühten, gesprenkelt war.

    Geändert von Veyun (10.10.2008 um 21:06 Uhr)
  4. - Seite 3 #4  
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    Nach etwa zwei Tagesstunden erblickte Hekeus die mit Fichten, Laubsträuchern und Schilf bewachsenen Ufer des Tal-Stroms.
    Über eine kleine Steinbrücke gelangte er auf die andere Seite des Flusses und war nur noch wenige Wegeslängen von der Bauernsiedlung entfernt, als ihm ein stechend fauliger, ihm allzu bekannter Gestank in die Nase stieg.
    Verwundert schaute sich Hekeus zu allen Seiten um und bemerkte eine seltsame Erhebung auf dem Landpfad weiter zum Dorf hinauf. Er trat näher heran und schaute erstaunt auf den verwesenden Kadaver einer Kuh, der in der aufgewühlten Erde lag. Eine Heugabel war in die Flanke des Tieres gerammt worden und aus der dadurch zugefügten, blutverschmierten Wunde quollen bereits einige gelbweiße Fliegenlarven.
    Panik ergriff den einstigen Heerführer, ausgelöst von der Angst, dass jede Chance auf Antworten in diesem Dorf ausgelöscht sein könnte.
    So schnell ihn seine untoten Beine trugen, rannte Hekeus zu der Siedlung und stoppte auf dem Brunnenhof in dessen Zentrum.

    Er kam zu spät. Die fleischlichen Überreste der getöteten Dorfbewohner und des erschlagenen Viehs aus den Ställen lagen überall auf dem erdigen Boden verstreut, lehnten zusammengekauert an den dadurch blutverfärbten Wänden der Fachwerkhäuser oder trieften von eigens dafür aufgestellten Pfählen und trieben die stinkende Fäulnis in der Luft damit ins Unerträgliche.
    Grenzenlose Enttäuschung überwältigte Hekeus’ Sinne wie ein plötzlich ausbrechendes Fieber, zwang seinen Leib kraftlos auf die Knie und entlockte seinen Augen die bitteren Tränen der Verzweiflung.

    Schellender Lärm riss Hekeus aus seinem Heulkrampf und noch bevor er herausfinden konnte, woher dieser kam, brach eine der hölzernen Haustüren auf und krachte mit einem lauten Knall gegen die Hauswand.
    Die Gestalt eines alten Mannes, zu einem unkenntlichen Elend zusammengeschlagen, kam stolpernd aus der Tür gefallen und versuchte vergeblich wieder hochzukommen. Eine in einer fremdartig scharfen Sprache grunzende, blassgrünhäutige Kreatur kam dem alten Mann gefolgt und trat weiter auf sein wehrloses Opfer ein.
    Berstende Wut kochte in Hekeus auf; ihm war, als förderte dieser Anblick die gesamte aufgestaute Pein seiner Seele zu Tage, um in einem Gewitter aus blindem Zorn, purer Frustration und dem Hass auf das, was ihn zurückgeholt hatte, über diese Welt hereinzubrechen.
    Mit wenigen schnellen Sätzen war Hekeus auf die Kreatur zugestürmt, packte nun dessen Waffenarm und brach ihn mit einer brutalen Hebelbewegung am Ellenbogen durch. Das laute, knackende Bersten der Armknochen wurde nur vom ohrenbetäubenden Schmerzgeschrei der Bestie selbst übertroffen.
    Erbarmungslos lies Hekeus seinem Feind keinen weiteren Atemzug: In einem nächsten, reflexartigen Manöver hob er den abgebrochenen Holztürbalken des nahen Bauernhauseingangs auf und rammte ihn der Kreatur von hinten her wuchtvoll durch Hals und Kehle. Gurgelnd ging das Biest zu Boden und verblutete.

    Natürlich erkannte Hekeus sein altes Feindbild wieder. Die Kreatur, die er gerade niedergestreckt hatte, wurde von den Menschen seines Volkes als Ork bezeichnet und gehörte damit jener blutrünstigen, barbarischen Rasse an, die sein Heimatland im Verlauf der Zeit immer und immer wieder heimgesucht und verwüstet hatte.
    Die Orks waren den Menschen äußerlich gar nicht so unähnlich, die auffälligsten Unterschiede waren jedoch der grotesk vorgebaute, mit Hauerzähnen besetzte Unterkiefer und die aschgraue bis grünliche Hautfärbung. Oft trugen ihre Krieger das meist schwarze Haar ungebändigt und rückenlang.

    Geändert von Veyun (10.10.2008 um 21:08 Uhr)
  5. - Seite 4 #5  
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    Eilig wand sich Hekeus nun dem alten Mann zu, der den ganzen Kampf über, auf dem Rücken liegend, fast regungslos dort auf der Erde verharrt hatte.
    Als er den schwer Verletzten vorsichtig an den Schultern berührte, drehte dieser scheinbar unter größter Kraftanstrengung seinen mit Prellungen und Platzwunden übersäten Kopf vom Boden weg, um sehen zu können, wer oder was da über ihn beugte. Der alte Mann bekam die zugeschwollenen Augen kaum auf und brachte zunächst nur röchelnd einige stockende Laute über die Lippen seines blutgeschwemmten Mundes.
    Gerade als Hekeus glaubte, ein erstes verständliches Wort herausgehört zu haben, zerfetzten die schrillen Ausrufe mehrerer herannahender Orks die eben erst zurückgekehrte Ruhe in der von Leichengestank erfüllten Luft.

    Geschwind suchte Hekeus seine Umgebung nach einer nützlichen Klinge ab, da er einer ganzen Meute von Orks gewiss nicht unbewaffnet entgegentreten wollte. Bei der Leiche einer der Wachen der Dorfmiliz fand er schließlich eine schlichte Schneide und rüstete sich somit gegen den bereits durch die Gassen der Bauernsiedlung stürmenden Feind.
    Mit gut gezielten Schwertstichen bewältigte Hekeus die ersten fünf Orks, die das Pech hatten, den Brunnenhof vor allen anderen zu betreten. Er setzte anschließend einige Schritte zurück, um nicht den Überblick über die aus dem Fehler ihrer Vorgänger lernenden, nun zu den Flanken ausweichenden Orks zu verlieren.
    Allesamt nur mit Leder und Leinen geschützt und mit einfachsten Stichwaffen ausgerüstet, stellten die Grünhäute dem erfahrenen Kriegsveteranen gegenüber keine wirkliche Bedrohung dar. Sie fielen durch Hekeus’ weit ausgeholte, Halbkreise zeichnende Schwertschwünge wie das Korn vor der Sense.
    Kurz gegen Ende des Gemetzels, als nur mehr zwei fliehende Feiglinge der anfangs siebzehnköpfigen Schar übrig waren, sprangen plötzlich drei auf riesigen Wölfen reitende Orks zwischen den Häusern hervor und hielten mit hocherhobenen Stabsicheln auf Hekeus zu. Den ersten Reiter enthauptete er mit geschleuderter Schwertklinge, warf den Zweiten mit einem Sprungangriff von der Höhe seines Streitwolfes und brach diesem dabei das Genick, während ihm der dritte Kontrahent mit einem vorbeirauschenden Waffenschwung den Rücken aufschlitzte- ein brennender Schmerz, schlimmer als jedes Feuer.
    In der Zeit, als der letzte Orkreiter zum erneuten Sturm Anlauf nehmen musste, erlegte Hekeus die beiden dunkelbraunen Großwölfe der bereits getöteten Reiter mit den Waffen ihrer eigenen Herren und bereitete angeschlagen aber gefasst den letzten Angriff vor.

    Ein schallender Donner jagte durch das Dorf. Holzsplitter und herausgeschlagene Trümmerteile des Bauernhauses zu Hekeus’ Rückseite flogen von hinten her durch die Luft und begruben den fast in Schlagreichweite gekommenen Orkreiter samt Streitwolf lärmend unter sich.
    Völlig aus der Konzentration gerissen, war Hekeus fluchtartig zur Seite ausgewichen, hatte sich ruckartig umgedreht und starrte überrascht auf die körperlichen Ausmaße eines monströsen Kolosses.
    Der schwer gebaute Riese ähnelte auf den ersten Blick dem Antlitz eines viel zu groß gewachsenen Orks, hatte aber eine gelblich-blasse Hautfarbe und einen leicht stierähnlichen aber hörnerlosen Kopf. Eine Rüstung aus Eisenplatten und trophäenartig anmutenden Gebeinen, die vor allem in Schulterpanzer und Großhelm eingearbeitet worden waren, schützten seinen mit Muskeln aufgetürmten Leib. Als Waffe diente ihm ein am vorderen Ende mit vielen Axtklingen bespickter, dünner Baumstamm, mit welchem er gerade wütend ein weiteres Stück der Häuserfassade herausschlug.

    Geändert von Veyun (10.10.2008 um 21:09 Uhr)
  6. - Seite 5 #6  
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    Geschickt entfloh Hekeus den herabstürzenden Mauerbruchstücken und startete mit der Stabsichel von einem der toten Orkreiter eine Reihe von Gegenangriffen, die vergeblicher Art waren, da er aufgrund der gefährlichen Waffenschwünge des Riesen ständig dazu gezwungen war, auf gesunder Distanz zu bleiben.
    Aus seiner Blindwütigkeit heraus, blieb dem Hekeus mittlerweile wieder als Oger bekannten Ungetüm irgendwann die Waffe nach einem zu starken Schlag im Boden stecken und bot dem einstigen Heerführer eine einmalige, wenn auch flüchtige Gelegenheit: Mit hohem Sprung und schneller Sichel durchtrennte er den Hals des Ogers, welcher nur wenige Momente später blutüberströmt nach hinten wegkippte und mit dumpfen Hall in die Erde stürzte.

    Der Staub des Kampfes hatte sich gelegt. Unter starken Schmerzen, ausgehend von der Schlitzwunde am Rücken, begegnete Hekeus erneut dem alten Mann am Boden.
    Der Zustand des schwer verwundeten Greises hatte sich kaum verändert- schwacher Atem hielt seine Existenz nur mühsam über der Schwelle des Todes. Diesmal bemerkte er Hekeus’ Anwesenheit ohne dessen Zutun, ergriff dessen Hand und quälte seine letzten Gedanken mit gebrechlicher Stimme in Worte:
    „Mein alter Freund... und Held... haben dich die hohen Mächte von den weißen Feldern zurückgeschickt, uns zu helfen?
    Sag mir, wieso bist du hier und streitest noch nach dem Tode gegen unseren verhassten Feind?“
    Hekeus wusste nicht so recht, was er dem alten Mann antworten sollte, an den er sich, obwohl dieser ihn einen Freund nannte, nicht zurückerinnern konnte. Doch dem Alten entging Hekeus’ Zögern nicht und sprach deshalb weiter:
    „Ach, was spielt das für einen alten Narren wie mich noch für eine Rolle... auch wenn es für mich nun Zeit ist... zu gehen... so danke ich dir dennoch für dein Einschreiten... der Gerechtigkeit willen.“
    Der alte Mann musste nun einige Male schmerzhaft aufstoßen und vergoss dabei spuckend Blut über Mund und Kinn, ehe er fortsetzen konnte.
    „Gehe nun, ob nun Geist und Einbildung oder wahrhaftig Auferstandener, und räche unsere genommenen Leben- die Leben deiner alten Kameraden, Freunde und deiner... Familie... .“
    Hier verlies den alten Knaben der dünne Lebenshauch entgültig. Sein Handgriff erschlaffte und verkündete damit das Ende.

    Der letzte Satz des alten Mannes hatte Hekeus schlagartig erstarren lassen; er hatte sich die ganze Zeit über nicht an das erinnert, was ihm im Leben einst das Allerwichtigste gewesen war- seine Familie.
    Völlig desorientiert und innerlich von den verschiedensten Gefühlen in alle Richtungen gezerrt, suchte Hekeus das Haus, welches er früher sein Heim genannt hatte. Er platzte in einige Wohnhäuser des Dorfes hinein und stürmte in der Erwartung, irgendwann mal auf etwas Vertrautes zu stoßen, wie wild durch jedes Zimmer, bis schließlich ein kleines, bescheidenes Holzhaus am Rande der Bauernsiedlung die volle Aufmerksamkeit seines Erinnerungsvermögens auf sich zog.
    Stunden verflogen, in denen Hekeus die Habseligkeiten des Hauses durchstöberte und nach und nach auch die letzten groben Gedächtnislücken mit Erinnerungen an die schönen Zeiten füllen konnte, die er mit seiner Frau Ilena und seiner kleinen Tochter Rya verbracht hatte, wenn er nach Monaten des Krieges hatte heimkehren können - Momente der Glückseligkeit, die seine tief vergrabene Liebe zu diesen beiden Menschen wieder aufleben ließen und den dunklen Schatten seiner zurückgezwungenen Seele zu lichten vermochten.
    Diese Liebe war jedoch von grausam zweischneidiger Natur: Hekeus wusste ja bereits um seinen Verlust und die Gewissheit, dass er die Menschen, die er gerade wieder lieben gelernt hatte, nie wiedersehen würde, befiel ihn mit niederschmetternder Trauer.

    Geändert von Veyun (10.10.2008 um 21:09 Uhr)
  7. - Seite 6 #7  
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    In der Nähe eines kleinen Weihers, kaum hundert Schritte von seinem Haus entfernt, fand Hekeus schließlich die leblosen Körper von Ilena und Rya. Beide lagen aufgeschlitzt und in seltsam verdrehter Haltung im hohen Schilfgras- die Wolfsreiter hatten sie wohl während der Flucht aus dem Dorf abgefangen und abgeschlachtet.
    Beißender Zorn schäumte mit neuer Kraft in Hekeus auf, denn ähnlich dem Anblick des gepeinigten alten Mannes, der, wie er jetzt wusste, ein Kriegsveteran und guter Freund seines Vaters gewesen war, so versetzten ihn auch diese Bilder in hasserfüllte Raserei. Jene Gefühle drohten, alles bisher Dagewesene in ihm unmenschlich zu übersteigen- aus dem Gewitter wurde ein grollender Sturm der Rachsucht.
    Es gab jetzt nur noch ein klares Ziel für den Zurückgeholten: Er würde sich an diesen elenden, grünhäutigen Kreaturen rächen, würde einen Ork nach dem anderen zu Tode richten, bis er entweder allesamt ausgelöscht hätte oder selbst im Kampf fallen und endlich in das warme Licht der Erlösung zurückkehren würde.


    Anhang:

    *Hekeus (gesprochen: hekéus)
    *Rya (gesprochen: ria)

    Geändert von Veyun (11.10.2008 um 13:35 Uhr)

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