Nur eine kleine Geschichte.
Der Protagonist hat sich vor einiger Zeit in meinen Gehirnwindungen festgesetzt, und um ihn wieder los zu werden, blieb mir nichts anderes übrig, als ihn in einen Text zu bannen.

Danke MindWorm für die Vorlage zu dieser Geschichte, die Erlaubnis, deinen Screen verwenden zu dürfen, und natürlich für`s Korrekturlesen.


Sohn der sonne

Es geschah vor ungefähr 35 Jahren, dass in Hammerfell ein kleiner Junge das Licht der Welt erblickte.

Seine Eltern, beide angesehene Bürger ihres Dorfes, waren sich lange uneinig, welchen Namen sie ihrem Stammhalter geben sollten.
Was waren schon Namen wie Avik, Ataf oder Lakene. Jedes zweite Kind, das durch den Sand Hammerfells lief, hiess so. Ihr Sohn aber war etwas Besonderes, und das sollte jeder sofort am Klang seines Namens erkennen.
Wie „besonders“ er war, wurde seinen Eltern allerdings früher bewusst als ihnen lieb war, und es bewog sie zu der Entscheidung, keine weiteren Kinder in die Welt zu setzen. Noch mehr „Besondere“ hätten sie nicht ertragen können, aber davon später.

Der kleine Rothwardone war inzwischen fast ein Jahr alt, und immer noch ohne Namen, als endlich das geschah, was seine Eltern schon so lange herbei gesehnt hatten.
Ein Pilger betrat das Dorf.

Ein Mann, weiss wie Schnee, dünn wie die Läufe einer jungen Antilope und mit helleren Augen, als je ein Rothwardone sie gesehen hatte.
Seine Sprache war völlig unverständlich und tat den Dorfbewohnern in den Ohren weh. Hart, laut und abgehackt drangen die Worte von seinen Lippen, und er redete ohne Unterlass.
Nachdem klar geworden war, dass er nicht sobald weiterziehen würde, machten die Dorfbewohner es sich zu eigen, immer kleine Fellstückchen mit sich zu führen, die sie sich sogleich in die Ohren stopften, wenn der Mann in der Nähe war, doch seine Lautstärke durchdrang auch diese Barriere mühelos.

Dann endlich zog er weiter.
Das Dorf atmete auf und vergaß ihn schnell. Nur eines blieb den Dorfbewohnern: Sein Name.
Denn fortan hieß der kleine Rothwardone Karlheinz.


Karlheinz war, wie schon angesprochen, ein ganz “ besonderes“ Kind. Er weigerte sich lesen und schreiben zu lernen, spielte nicht mit den anderen Kindern, und war ständig verletzt. Seine Verletzungen resultierten aus seiner Besonderheit.
Er war fest davon überzeugt, fliegen zu können.
Immer wieder klaubten ihn die Dorfbewohner unter irgendwelchen Bäumen auf, auf die er geklettert war, um sich fliegend wieder gen Boden zu bewegen.
Keine Ermahnungen, Verbote oder Strafen hielten ihn davon ab, und wenn sein Vater ihm erklärte, dass er ja nicht flog wenn er vom Baum sprang, sondern einfach nur fiel, schaute Karlheinz ihn nur mit kugelrunden Augen an, und verstand, wie immer, kein Wort.

Eines Tages, jetzt schon fast erwachsen, wurde es Karlheinz zu bunt mit seinen Eltern, die einfach nicht begreifen wollten, dass er zu Höherem geboren war, und am nächsten Morgen ward er nicht mehr gesehen.
Seine Eltern klagten über den Verlust ihres Sohnes. Aber nur kurz.

***********

Nach langer Wanderschaft betrat Karlheinz ein Land, das ihn an etwas erinnerte.
Natürlich….
Der Pilger, der vor vielen Jahren das Dorf in Hammerfell heimgesucht hatte, sah genau so aus, wie die Menschen hier.
Also begann er nach dem Mann zu suchen, dem er seinen Namen zu verdanken hatte.
Warum schauten ihn nur alle so komisch an, wenn er fragte:
„Wo is`n Karlheinz?“

Einige gingen nur kopfschüttelnd weiter, andere wiederum begannen lauthals zu lachen.
Anfangs fragte Karlheinz sich : „Warum lachen die denn?“, aber dann wurde ihm blitzartig bewusst: Er konnte nicht nur fliegen, nein, er konnte noch viel mehr. Er war ein Komödiant, und konnte die Menschen zum Lachen bringen.
Das freute ihn so sehr, dass er anfing wirklich jeden, ob jung oder alt, Mann oder Frau, nach Karlheinz zu fragen, und immer, wenn wieder jemand zu lachen begann, lachte er mit.

So stapfte Karlheinz freudig durch Himmelsrand, und bald kannte ihn jedes Kind. Die meisten Menschen fingen schon an zu grinsen, wenn sie ihn nur sahen.

Nur einmal hätte es ihn fast erwischt, als er in Weißlauf vom Dach des Jarlpalastes über die Landschaft fliegen wollte.
So hart war er noch nie aufgeschlagen, und nur seine großartige Konstitution, und ein riesiges Gebüsch, in das er fiel…äh…flog, retteten ihn vor dem sicheren Tod.
Nachdem er einige Wochen in stationärer Behandlung bei Danica verbracht hatte, schwor er sich, erst mal seine Fliegerei zu perfektionieren, bevor er wieder das Dach eines Palastes betrat.

***********

Irgendwann im Herbst, Karlheinz lief durch die Gegend und erfreute die Menschen mit seinem Anblick , traf er mitten in der Wildnis auf einen Mann, der ihn grimmig anblickte, und einen Streitkolben trug.
Auch seine Frage:
„Wo is`n Karlheinz?“
fand der Typ überhaupt nicht witzig, sondern ging sofort streitkolbenschwingend auf ihn los.
Nun, der Typ hatte nicht damit gerechnet, dass Karlheinz so hoch springen konnte – Flugtraining hat halt auch was Gutes – und schon lag er am Boden, und Karlheinz, 120 Kilo schwer, saß auf seiner Brust.
Keuchend und wie festgenagelt ruderte der Typ wie wild mit Armen und Beinen um sich zu befreien.
Karlheinz sah sich das Ganze an, stand kopfschüttelnd auf und sagte:
„Nee, so geht das nich. Fliegen musst du in derLuft üben, und nich, wenn du da unten liegst.“
Der Typ, ein Bandit wie sich bald herausstellte, rappelte sich hoch, schaute Karlheinz an wie eine Gans wenn`s donnert, und vergaß sogar, seinen Streitkolben wieder aufzuheben.
„Wer bist du denn?“ fragte er, und schüttelte sich den Staub von seiner Hornrüstung.
„Ich bin Karlheinz, und wie heisst du?“
Der Bandit hob seine Stirn in Falten, und schien noch verwirrter, aber langsam machte sich in seinem Gesicht ein Grinsen breit, das in lautem Lachen endete.
„Du bist richtig“, prustete er „ und du bist stark. Komm mit. Leute wie dich können wir immer gebrauchen.“
Karlheinz, hocherfreut einen neuen Freund gefunden zu haben, lachte mit, trottete ihm hinterher und fand sich bald darauf in einem großen Lager wieder, das von Männern und Frauen in glänzenden Hornrüstungen nur so wimmelte.

Der Anführer des Lagers war allerdings nicht sehr erfreut darüber, dass einer seiner Männer einen Fremden anschleppte.
Er musterte Karlheinz ausgiebig, rollte ein wenig die Augen, als er seine schäbige Kleidung sah, und hob erstaunt eine Augenbraue ob der Tatsache, dass Karlheinz keine Waffen trug.
„Wer bist du?“ fragte er.
„Ich bin Karlheinz, und komme aus….“
„Jaja, schon klar, dass du aus Hammerfell kommst, so schwarz wie du bist, oder hast du dich nur nicht gewaschen?“
Karlheinz war empört. Waschen war ja wohl das Normalste der Welt. Zumindest Hände und ab und zu Gesicht.
„Türlich bin ich gewaschen!“ antwortete er wütend. „ Was kann ich dafür, dass du so….weiss bist.“
„Nanana, mal nicht frech werden“, erwiderte der Anführer. „ Du hast mir Respekt zu zollen, wenn du bei uns bleiben willst. Hier wird getan, was ich anordne, und ich mag es auch nicht, mit „du“ angesprochen zu werden.“
Karlheinz Gehirn begann fieberhaft zu arbeiten.
„Was is denn Respekt?“ dachte er, „ und `zollen` kenn ich auch nich.“

Pause…….

„ Hat es dir die Sprache verschlagen?“ wieder der Anführer.
Karlheinz Züge erhellten sich, denn soeben war bei ihm der Septime gefallen.
„Ich respekte nich, und ich zolle auch nich. Dafür kann ich fliegen, und Leute zum Lachen bringen.“

Was tatsächlich geschah, denn alle Banditen, die sich neugierig um den Anführer und Karlheinz geschart hatten, begannen zu lachen und sich auf die Schenkel zu klopfen. Ein so seltsames Geschöpf war ihnen noch nie begegnet, und es versprach lustig zu werden, sollte dieser Karlheinz vor den Augen ihres Meisters Gnade finden.

„Ruhe!“ schrie der Anführer, worauf schlagartig Stille eintrat.
Dann fragte er mit merkwürdig ruhiger Stimme:
„ Soso, du kannst also fliegen?“
„Ja“, strahlte Karlheinz, „ ich bin sogar schon vom Palast in Weißlauf geflogen. War noch n` bisschen hoch für mich, aber ich probier immer weiter.“

Die Banditenmeute brach erneut in Heiterkeitaus, und der Mann, der Karlheinz mitgebracht hatte, trat vor.
„ Er kann uns gute Dienste leisten“, sagte er, " dieser Mann ist stark, und wie mir scheint, sehr furchtlos.“
Er trat noch näher und flüsterte dem Meister ins Ohr:
„Außerdem ist er dumm wie Brot. Er wird sicher wenig Fragen stellen, und immer schön tun, was ihm aufgetragen wird.“

Der Anführer dachte kurz nach, trat dann dicht an Karlheinz heran, und sprach:
„Ok, du kannst hierbleiben. Du wirst allen Befehlen Folge leisten, und dafür darfst du essen und trinken so viel du willst. Alles, was du erbeutest, wirst du mir geben, und wage es nicht, etwas für dich zu behalten…….ach ja….und deine Flugstunden machst du gefälligst draußen.“
Den Umstehenden rief er zu:
„Gebt ihm etwas Ordentliches zum Anziehen und eine Waffe.“

Karlheinz war zufrieden. Jetzt durfte er auch eine glänzende Rüstung tragen, und diese komische Keule, die ihm jemand in die Hand drückte, würde er eh nicht brauchen.

***********
Viele Jahre verbrachte Karlheinz bei denBanditen.
Alle mochten ihn, weil sie jede, noch so unliebsame, Aufgabe auf ihn abwälzen konnten, und er sie ohne Murren erledigte.
Bald schon war er der oberste Latrinenwächter, was ihn besonders freute, weil der Meister selbst ihm diesen ehrenvollen Titel verliehen hatte. Sogar eine kleine Medaille bekam er, mit einem geprägten Eimer drauf. Der Schmied hatte sie extra angefertigt, und Karlheinz trug sie mit stolzgeschwellter Brust.
Seine zweite wichtige Aufgabe war das Ausnehmen der Tiere, die von anderen erlegt wurden.
Er selbst ging nie jagen.
Töten lag ihm einfach nicht.

Alles in Allem führte Karlheinz ein ruhiges und beschauliches Leben, bis zu dem Moment, in dem alles anders kam.

***********

Es war ein heller Tag im Frühling. Die Sonne schien warm, und brachte ihm die Erinnerung an seine Kindheit in Hammerfell zurück.
Karlheinz beschloss, wieder etwas fliegen zu üben. Von Bäumen und Dächern funktionierte es ja schon, aber er wünschte sich so sehr, einmal, wie ein Vogel, direkt vom Boden abheben zu können. So lief er also wahllos und mit schwingenden Armen über die Strasse in der Nähe ihres Lagers. Dieses Mal hatte er ein Schwert dabei, denn er hatte am Tag zuvor einen Kumpel sagen hören:
„ Es ist so erhebend, ein Schwert in der Hand zu halten.“
„Hmm, erhebend ist doch wie heben“, dachte Karlheinz, „ und wenn ein Schwert erhebend ist, dann kann es mich vielleicht auch heben.“
Graziös schwang er sein Schwert während er hüpfend und stolpernd den Flug des Adlers übte.
Leider ohne Erfolg. Seine Füße wollten einfach nicht den Boden verlassen.

Gerade sah er einem Falken hinterher und dachte:
„ Naja, ich bin ja noch nich alt, und hab noch Zeit,“
als ihm am helllichten Tag auf offener Strasse ein Vampir-Assassine begegnete…..










Ende