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"Was soll ich denn noch groß sagen, mein Freund?", sagte Callindor nur mit schwacher Stimme und versuchte verzweifelt die Tränen zu unterdrücken.
"Hast du es denn nicht gesehen? Wie Nicolas sich mir in den Weg gestelklt hat und dafür mit dem Leben bezahlte? Wie konnte er nur so etwas tun? Mein Niocolas - wie konnte er nur!? Ich habe ihn geliebt, habe mich ihm hingegeben und so dankt er es mir. An diesem Tag ist nicht nur er gestorben. Auch ich bin in gewisser Weise in diesem Augenblick gestorben. Weil ich ihn noch immer geliebt habe, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen, dass uns trennte, keine Entfernung, keine Glaube, keine Profession. Wieso hat er das nur getan? Wieso war ihm sein Dierbesdasein wichtiger als ich? WARUM?"
Callindor konnte nicht mehr an sich halten und sank einfach in die willkommenen Arme des jungen Burschen da ihm gegenüber, der scheinbar auch nichts dagegen hatte, für einen Moment einen Augenblick der Geborgenheit zu schenken. Schluchzend und schniefend richtete sich Callindor wieder auf und richtete seine Kleider neu, wohl darauf achtend, Nero keinen Blick auf den verwundenden Kristall zu geben. Etwas anderes war nun viel eichtiger. Ein letztes Mal schnäuzte sich Callindor an dem Ärmel der Robe des Weißhaarigen, ehe er wieder seine Contenance fand und wieder ruhig und gesammelt erschien, nur der verheulte Gesichtsausdruck blieb.
"Doch das ist jetzt nicht wichtig. Vic ist nun alles, was mir geblieben, wenn er stürbe, wäre mein Leben wertlos geworden und ich hätte mein Ziel, den Schwachen und Wehrlosen zu helfen und beizustehen, verfehlt."
Natürlich war Vic weder schwach noch wehrlos, doch Callindor hatte eben einen etwas verstellten Blickwinkel auf die Dinge. So nahm der Magier das Buch wieder an sich und war in Gedanken schon bei Vic, wie er dort in Al Shedim in seinem Eisgefängnis vor sich hin vegetierte, abgeschirmt und geschützt. Doch ging es im Moment nicht anders.
"Ich werde Vic von seinem Dämon befreien und dieser Zauberspruch wird mir dabei helfen. Es muss einfach funktionieren. Die Wassermagier können ihn nicht ewig einsperren. Über kurz oder lang findet der Dämon in ihm einen Weg und dann wird er sich bitterlich an mir, an dir und an Vengard rächen. Für diesen Augenblick muss ich gewappnet sein. Hast du eine Idee, an wen ich mich wenden kann, um eine Fertigung einer Schriftrolle dieser Art in Auftrag zu geben?"
Callindor blickte erwartungsvoll zu seinem Freund herüber und war nun doch froh, darüber gesprochen zu haben, auch wenn es an seinem seelischen Schmerz nichts änderte. Was verstand Nero schon davon? Genau! Gar nichts ...
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Der Priester betrachete die Bemühungen seiner Schülerin. Das Feuer wehrte sich stark gegen den Willen der hohen Feuermagierin. Immer wieder trat der Wechsel von hohen zu niedrigen Flammen und wieder umgekehrt ein. Es war eindeutig festzustellen, wann sich der Wille seiner Schülerin in der Magie festgebissen hatte und wann sich die magische Energie wieder freirütteln konnte. Es war eben der Kampf Mensch gegen Naturgewalt und dieser Kampf war bis heute noch nicht zu Ende gekämpft. Diese kleine Schlacht war nur ein Teil des gewaltigsten Kampf der Geschichte. Lopadas wusste natürlich welche Schwierigkeiten frei gelassene Energie machte und deswegen behielt er seine wachsamen Augen auch immer auf das Feuer gerichtet, falls es zu einem Problem kommen sollte, würde er sofort eingreifen und selbst die Kontrolle zurückholen, schließlich war er den Umgang mit solchen magischen Größen gewohnt und auch seine Schülerin würde sich im Laufe der Lehre daran gewöhnen müssen, doch am Anfang war eine solche Aufgabe schon ein harter Brocken. Er hoffte auch so Yasmin etwas für die Magie sensiblisieren zu können, da sie oftmals einfach darauf zu ging, alsob sie schon meisterlich mit der magischen Kraft umgehen könnte.
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Den ganzen Tag über war Jil durch die magische Gartenanlage des Tempels gekrabbelt. Ihr in jener Hinsicht eher eingeschränkte Vater war einige Male versucht gewesen, ihr einen untoten Wächter hinterherzujagen, um sich ganz den Kräutergärten zuwenden zu können. Aufgrund der nicht gerade schwarzmagierfreundlichen Gegend hatte er jedoch davon abgesehen. Stattdessen nutzte er die kurzen Regenerationsphasen, in welchen sein Töchterchen neue Kraft schöpfte, um damit schliesslich wieder an seiner zu nagen. Aber Ceron war ein starker Mann, zumindest was die Belange seiner Tochter anbelangte. Und zu guter letzt war es sogar Jil gewesen, welche den Hohepriester auf die Idee gebracht hatte, sich einen kleinen Steckling mitzunehmen. Wie es der Zufall wollte, hatte Jil in einem unbeobachteten Moment nämlich genau von jenem Pflänzchen eine Handvoll abgerissen, welches ihren Vater am meisten fasziniert hatte. Purpurlilien, ein Gewächs welches man für gewöhnlich bloss auf Waldlichtungen antraf, gediehen im Kräutergarten der Feuermagier nämlich vorzüglich. Ihr einen strengen Blick zuwerfend und dabei den Finger hebend, nahm Ceron Jil den abgerissenen Stiel ab und liess ihn sogleich in seiner Robentasche verschwinden.
„Ist nicht gestohlen, meine liebe Jil… Ist hmmm, verfielfältigt“, erklärte er ihr auf dem Rückweg zur Herberge grinsend. Diesen freundlichen Magier Lopadas hatte er nicht erneut angetroffen und die Blicke, welche die tagsüber dort werkenden Novizen ihm zugeworfen hatten, hatten nicht gerade von solch überwältigender Gastfreundschaft gestrotzt, dass er sich entschieden hätte, dort noch zu speisen. Stattdessen wollte er das letzte Mahl in Vengard bei seinem Wirt im Tanzenden Hengst einnehmen. Bestimmt hatte dieser wieder einen weichen Schmaus für Jil und eine kräftige Mahlzeit für Ceron parat. Irgendwie liess ihn das Gefühl nicht los, dass der Wirt versuchte, ihm etwas mehr Leibesumfang anzuzaubern. Doch dagegen war Ceron geradezu teuflisch resistent. Nicht einmal monatelange Studien im Kastell bei wirklich aberköstlicher Verpflegung, vermochten seinen Bauch zu formen.
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Die Flammen machten mehr oder weniger, was sie wollten. Naja, mittlerweile weniger, denn allmählich gewann Yasmin D'Ahara doch die Kontrolle über immer mehr Feuerteile und die Flächenvergrößerung pro Zeiteinheit wurde immer kleiner. Doch es erforderte einen erheblichen geistigen Kraftaufwand, um die zu bewerkstelligen und es würde einen noch größeren erfordern, das Ganze dann letztendlich zu stoppen, von verkleinern erst gar nicht zu sprechen.
Aber dies waren nur Details, um die Frau sich kümmern konnte, wenn es erst einmal so weit war. Vorerst jedoch konzentrierte die langhaarige Schönheit jedoch ihre Aufmerksamkeit darauf, dass Feuer zu kontrollieren und es in seine Schranken zu verweisen. Mittlerweile gelang ihr das auch ganz gut, hie und da meinte noch eine aberwitzige Flamme, tun zu können, was sie wollte.
Aber dies ließ sich die Hohe Feuermagierin nicht gefallen. Wie eine ungerechte, doch strenge Mutter wies sie diese Schwarzen Schafe darauf hin, dass es besser für sie wäre, sich auch den übrigen anzuschließen und ihren Willen dem der Magierin zu unterwerfen.
Allmählich wurde so das Ausmaß der freien Flammen geringer, die Ausweitung pro Zeiteinheit kleiner und schon bald war aus dem sich rasch ausbreitenden Feuersturm ein kleines brennendes Lüftchen geworden. Es erforderte nur noch eine kleines Quäntchen mehr geistige Kraft, eine Winzigkeit göttlicher Energie, um die Ausweitung endgültig zu stoppen.
Die junge Varanterin konzentrierte sich noch ein wenig mehr, steigerte ihre Anstrengungen noch etwas, so weit es eben ging, warf ihre ganze Willensstärke gegen das Feuer, gab noch einmal alles.
Die Flammen hörten auf, sich weiter über das Land auszudehnen und das Feuer brannte nur noch auf einer gleich bleiben Fläche.
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Yasmin schaffte es auch in den letzten freien Flammen den Willen zu rauben und die Kontrolle zu erlangen. Die Übung war anspruchsvoll, aber nicht unmöglich und dies hatte die hohe Feuermagierin bewiesen.
"Sehr schön. Du hast die Aufgabe gemeistert. Jetzt habe ich ein ungefähres Bild von deinen Fähigkeiten, sodass wir nun wirklich mit der Lehre beginnen können. Es war mir wichtig zu sehen, wie sehr sich deine Fähigkeiten seit der letzten Lehre verändert haben. Wenn du bereit bist und noch etwas Energie übrig hast, können wir auch gleich mit der nächsten Aufgabe fortfahren. Es ist zwar vom Grund auf nichts Neues, sondern mehr die gleiche Aufgabe, aber auf einem höheren Niveau.
Ich möchte nicht sagen, dass diese Aufgabe gerade leicht war, doch ist es ein erheblicher Unterschied, ob du freier Magie deinen Willen aufdrängen willst oder magischer Kraft, die bereits unter der Kontrolle eines anderen Magiers steht. Wir werden jetzt einfach ein kleines Spiel spielen. Ich werde einen Zauber beschwören, genau in den Raum zwischen uns. Du wirst versuchen den Zauber an dich zu reißen, in dem du deinen Einfluss auf ihn ausweitest. Natürlich werde ich ihn dir nicht einfach überlassen.
Fangen wir erst einmal an und sehen dann, wie es läuft."
Lopadas konzentrierte sich auf die seine Magie und beschwor eine Masse zwischen den beiden Innosanhängern.
"Ich werde dem Zauber keine Form geben, sondern du musst ohne optische Mittel auskommen."
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Tja, da war die Aufgabe dann doch auf einmal schneller erledigt gewesen, als gedacht. Aber gut, wenn stoppen reicht, dann reicht es halt. Auf geht's nur nächsten, auch wenn diese allmählich Formen annahm, die üblicherweise nur in der hochenergetischen Magie vorkamen. Oder war es doch die Astromagie gewesen? Egal, jedenfalls irgendeines dieser völlig wirren Forschungsgebiete der Magie, wo irgendwelche Hanselinnen anfingen, sich über die Bestanbteile der Magie zu unterhalten und so wirres Zeug von sich gaben, wie das Magie sowohl Teilchen- als auch Wellencharakter haben sollte. Was für ein Blödsinn, bisher hatte Yasmin D'Ahara in ihre Magie weder Kugeln, noch irgendwelche Wassermassen gesehen.
Doch um solche hochkomplexe Themen ging es jetzt erstmal nicht. Nun galt es, an die Aufgabe heran zu gehen und sie zu lösen. Willenstärke gegen Willenschwäche, Aufstrebende Magierin gegen länger dienenden, ständig in Bibliotheken einschlafenden Magier, Schönheit gegen, nun ja, als was auch immer sich ihr Lehrmeister bezeichnen würde. Irgendetwas war da zwischen ihnen, etwas, was frau dort sah aber gleichzeitig auch nicht, so, als wollte es sich dem Auge entziehen, ohne das es ihm jedoch immer gelingen würde.
Wenn die Hohe Feuermagierin sich jedoch in die Magie versenkte und nach solcher Ausschau hielt, konnte sie eine rosaner, umherwabbelnden Masse, ähnlich einem Wackelpudding, sehen, die da über dem Boden scwhabbelte. Aus irgendwelchen Gründen kam ihr der Begriff Flubber in den Kopf, aber ebenso auch, dass dieses Wort Unsinn war, da es etwas grünes beschrieb und auch etwas, dass nahezu lebendig war.
Doch wie auch immer, die junge Vengarderin konzentrierte sich nun auf dieses etwas, griff mit ihrer Magie danach und versuchte, es an sich zu reißen. Doch irgendetwas blockierte die Andockversuche ihrer Magie, versuchte, sie fernzuhalten von der magischen Masse, hielt sie von dem schwebenden etwas fern. Dies konnte eigentlich nur durch Lopadas verursacht werden. Aber gut, es würde ihr schon irgendwie gelingen, daran vorbeizukommen. Irgendwie.
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Er spürte wie Yasmin ihre magischen Finger nach der Masse ausstreckte. Sie hatte auch einen guten Ruck in ihren Gedanken, aber es reichte bei weilen noch nicht, dass sie ihm mit einem Mal die Magie aus seiner Kontrolle zu entreißen. Doch wollte der Lehrmeister seine Schülerin natürlich nicht demotivieren, sodass er hin und wieder seinen Griff um die wabbelnde Masse nachließ. Yasmin schien dies sofort zu merken, denn immer wenn er seine Kontrolle etwas locker ließ, zog die hohe Feuermagierin fester daran. Sie konnte schon gut einschätzen, wo ihren Chancen waren, aber vielleicht war es einfach nur Zufall, dafür wusste der Priester noch zu wenig über die derzeitigen Fähigkeiten seiner Schülerin.
Der Schriftgelehrte wollte die ganze Sache etwas interessanter machen und entschied sich dafür die Übung schneller werden zu lassen. Mit einem kräftigen, gedanklichen Ruck entzog Lopadas seiner Schülerin die Kontrolle über die magische Masse. Schnell rasten seine Gedanken durch seinen Kopf und übertrugen diese Geschwindigkeit auf die Magie außerhalb des Körpers. Die Masse veränderte die Form und zu einem Wind. Lopadas ließ die Magie im Umfeld der beiden Magiebegabten umher wehen, auch um den Kopf seiner Schülerin flog die Energie. Nun musste Yasmin nicht nur die Kontrolle an sich reißen, sondern sich auch noch auf einen nicht stabilen, magischen Gegenstand konzentrieren.
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Erst gestaltlose Massen, dann umherfliegende Winde, ihr Lehrmeister musste derzeit ziemlich viel Luft in seiner Birne haben. Aber gut, wenn er meinte, nun auch mit der Luft herumspielen zu müssen, sollte er das tun. Solange er die sich gerichtet bewegenden Gasteilchen dort beließ, wo sie sein durften, wenn nicht - nun, dann würde er dafür sorgen müssen, dass sich ein Feuer nicht ausbreiten würde.
Immerhin hatte die ganze Sache einen Vorteil, dadurch, dass die zu kontrollierende Oberfläche viel größere war als vorher, war es dementsprechend auch schwerer, diese auch komplett 'zu bewachen'. Zwar war es dadurch auch schwieriger, sie komplett zu übernehmen, aber gut, dass war vorerst auch egal. Es galt, überhaupt irgendwo Fuß zu fassen - oder sollte frau besser sagen, Magie zu fassen?
Wie auch immer, jedenfalls streckte Yasmin D'Ahara ihre geistigen Fühler aus, um zu sehen, wo die Magie sich herumtrieb, wie sie umherwirbelte und zwirbelte. Es war ein lustiger, aber auch wirrer Tanz von rosa Teilchen, mal hie, mal dort, mal fort, mal am Abort. Naja, dort eher nicht. Obwohl, bei der ganzen Magieansammlung, dies es heir gab, würde es sicherlich auch dort zu finden sein.
Doch da, wo sie waren, gab es keine Aborte, ein Umstand, der für Frauen schlimmer war als für Männer. Aber gut, irgendeinen Nachteil musste frau ja auch als Frau haben und wenn es halt nur war, dass frau sich für alle Geschäfte hinsetzten musste, dann passte das schon.
Allerdings waren die Gedanken der jungen Magierin nicht mit solchem Wirrwarr beschäftigt wie die der Autorin. Nein, sie konzentrierte sich voll auf ihre Aufgabe, riss hier ein bisschen Magie an sich, nahm sich dort ein wenig, verlor hie, siegte da. So gelangte sie immerhin zu ein wenig Magie, dass sie selber umherwirbeln ließ, während sie weiter versuchte, auch auf weitere Magie bereiche Kontrolle auszuüben. Die Frage war, wie lange sollte dieses Ringelreie Luftikus noch gehen - oder hatte sie etwas übersehen, was zu tun es noch galt?
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Yasmin schlug sich wirklich gut. Radikal konnte seine Schülerin nicht die Energie an sich reißen, aber stellenweise war sie kurz davor wirklich die Kontrolle zu übernehmen. Lopadas riss den Zauber in zwei Teilen und übergab den einen Teil eher unbemerkt an seine Schülerin, welche den Zauber aufrecht hielt. Der Priester ließ den magischen Wind auflösen und überließ den Rest der magischen Energie der hohen Feuermagierin. Er wollte sehen wie lang sie wohl benötigte, um fest zu stellen, dass der Barbier nicht mehr an der Übung beteiligt war. Yasmin ließ sich aber nicht lang lumpen, sondern wirbelte den Wind noch ein paar Mal zwischen den beiden Magiebegabten umher und löste dann auch diesen auf.
"Du hast dich wirklich gut geschlagen. Zwar konntest du noch keinen wirklich Erfolg davon tragen, doch ist auf jeden Fall sind deine geistigen Fähigkeiten groß genug um weiter trainieren zu können.
Doch für heute reicht diese Übung. Schließlich möchte ich nicht, dass du dich gleich am Anfang übernimmst, denn in der Lehre wirst du noch größere Hindernisse überwinden müssen. Ich denke, dass du dies schaffen wirst, aber trotzdem sollten wir es nicht übertreiben, sondern uns lieber langsam steigern, damit sich auch dein Geist an die höhere, magische Konzentration gewöhnt, sonst kann es zu den bekannten Gefahren kommen. Du kennst sicherlich schon meine langen Vorträge über die Gefahren im achtlosen Umgang mit der Magie."
Zusammen mit seiner Schülerin ging der Schriftgelehrte durch das Stadttor wieder nach Vengard hinein. Die Straßen waren trotz fortgeschrittener Dunkelheit noch nicht wirklich leer, nur liefen nun andere Menschen über das Pflaster als am Tage. Dies war dem Priester nicht geheuer, weswegen er seinen Schritt beschleunigte. Als die beiden wieder im Tempelviertel angekommen waren, drehte sich der Barbier zu seiner Schülerin um.
"Wenn du noch Fragen hast, dann stell sie gleich bevor du sie über Nacht vergisst und wenn du für heute keine Fragen mehr hast, beende ich für heute die Übungen."
Geändert von Lopadas (27.04.2009 um 23:39 Uhr)
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Wie es auch nicht anders zu erwarten war, hatte auch Nero nicht den Funken einer Ahnung, wer Callindor derlei Schriftrollen fertigen konnte. Doch hatte eben jener Magier auch keine andere Antwort von dem Weißen erwartet.
"Schipfen sich Freunde und dann so was ...", kam es ihm nur in den Sinn, doch wollte der Stabträger nicht länger mit Neros Unvollkommenheiten beschäftigen, davon gab es sicher mehr als genug, nein, er wollte nun endlich selber aktiv werden und hatte sich dafür an diesem Tage vorgenommen, ein wenig im Orden herum zu fragen, ob es nicht doch einen Menschen gab, der sich mit der Fertigung von Schriftrollen auskannte, schließlich war dies der einzige Strohhalm, den Callindor nochhatte, wenn es um die Errettung seines Schützlings ging.
Mürrisch wie eh und je begann Callindor also seine Suche und hoffte darauf, dass ihm eine glückliche Fügung, Schicksal oder pures Glück schon zu einem Ziel führen mögen, das Vic aus seiner misslichen Lage bei Zeiten zu befreien vermochte. Mit dem Stab rechter Hand und dem Büchlein über den Text der Einkerkerung links nahm der Feuermagier in den Straßen des Tempelviertels in Vengard Fahrt auf und hoffte auf günstigen Wind.
Viel mehr Optionen blieben ihm inzwischen nicht mehr ...
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"So, endlich fertig", murmelte Dragan erschöpft, aber gleichzeitig froh, als er die letzte Kiste abstellen konnte und sein Rücken sich langsam entspannte. Erstaunlich, dass er von den paar Kisten, die seinen ganzen Kram beinhalteten so erschöpft war. Aber nicht nur das, viel schlimmer war auch, dass er das alles nicht mal alleine getragen hatte. Zwei andere Novizen boten sich von selber an einem Magier des Feuers zu helfen, komisch. Drei Monate davor hätten eben diese ihn nicht ein Mal in seine Richtung übergeben, und nun wollten sie ja unbedingt helfen. Für Dragan nicht mehr und nicht weniger als verachtenswert, dennoch war er ihnen irgendwie dankbar, alleine hätte er viel länger gebraucht, als jetzt. Denn nun hatte er Zeit alles korrekt einzuräumen, auch wenn es nicht viel war. Ein paar Klamotten, ein paar Fläschen, ein wenig hier und davon, eigentlich schade, dass er nicht so viele Besitztümer hatte, die wirklich ihm gehörten. Okay, alles was der Raum beinhaltet, war nun sozusagen seins, doch in Wirklichkeit hatte er es nicht viel mehr als gepachtet. Ein schöner Kamin, mit etwas Feuerholz und dem dazugehörenden Schnickschnack, ein breiter, nicht all zu neuer Sessel, ein Tisch mit Stuhl. Ein Schrank, daneben ein Rega(nicht all zu viele Bücher, wahrscheinlich nur ein paar Abschriften der wichtigsten Sachen), tja, und sonst nichts. Nun ja, leben ließ es sich, wunderschön sogar. Die letzten Klamotten die er noch besaß wurden binnen weniger Sekunden eingeräumt, und ja, auch die Novizenrobe. Eine passende Feuermagierrobe lag nämlich schon über seinem Stuhl. Man konnte dieses unglaublich stolze Gefühl gar nicht mit Worten beschreiben, als er in vollkommener Stille die Novizenrobe abstreifte und die neue Robe anzog. Stolz, ja, das war das einzige Wort, das dieses neue Lebensgefühl beschreiben konnte.
Die restlichen, leeren Kartons positionierte er in eine Ecke des Raumes, dabei fiel ihm etwas besonderes auf. Im hinteren Bereich des Zimmers war eine Holztür, wo die wohl hinführen sollte? War es ihm überhaupt gestattet rumzuschnüffeln? Nein, wohl nicht, doch zum anderen war es nun ja sein Zimmer, sein neuer Lebensraum. Erstaunt, wie leicht diese vermeintlich schwere Tür aufschwang, sah er sich in dem neuen, quadratisch erscheinendem Raum um. Ringsherum eine Art Theke, diese noch völlig leer, während mitten im Raum ein länglicher Tisch war, genau so steril und leer, nun ja, wofür dieser Raum wohl gut sei..
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Abenteurer
„Alek ist tot? Innos sei ihm gnädig, er war ein anständiger Kerl.“
Godwin drehte sich weg, rückte die Brille auf seiner Nase zurecht und vertiefte sich wieder über das Buch, welches aufgeschlagen auf dem Tisch lag.
„Das war´s?“ Beóstram sah ihn fragend an. „Mehr Mitleid habt Ihr nicht aufzubieten? Ihr habt ihn behandelt, Euch um ihn gekümmert und für seine Gesundheit gekämpft. Wie könnt ihr das so einfach abtun?“
„Hör mal Jungchen. In meinem Leben habe ich schon viele, viele Menschen sterben sehen. Einige standen mir näher, einige waren meine Patienten, andere waren absolute Fremde. Würde ich mir jeden von ihnen so zu Herzen nehmen wie du es verlangst, wäre ich schon längst nicht mehr unter den Lebenden. Stress ist ebenfalls eine Krankheit und kann den Körper anknabbern wie dreckige Ratten einen Kadaver. Ein Barbier hat seine Pflichten, er erfüllt einen Dienst. Wenn ein Patient stirbt versuche ich aus meinen Fehlern zu lernen und es beim nächsten besser zu machen. Wenn ich aber weiß, dass ich alles in meiner Macht stehende getan habe, so kann ich mir keine Vorwürfe machen. Ein Leben mehr verwirkt, Vengard wird es überstehen. Und jetzt Ruhe, diese Lektüre ist wichtig, sie setzt für dich den Grundstein deiner Arbeit. Ich suche nur die richtigen Passagen, dann kannst du deine Nase in die Seiten hier versenken und versuchen deine Empörtheit und den Kummer unter nützlichem Wissen zu begraben.“
Der Dieb ließ sich rückwärts auf einen Stuhl fallen. Für ihn war diese Moralpredigt wie ein Schlag ins Gesicht. Es brachte ihn zu der Erkenntnis, wie ruchlos und unbekümmert er seine Gefühle unter dem Zaum würde halten müssen, wenn er einen guten Barbier abgeben wollte. Aber wollte er das immer noch?
„Wie viele Menschen kannst du heilen?“, fragte er seinen Meister.
„Nun, ich weiß was du hören willst. Jeden, willst du hören. Du willst hören, dass es ein Allgemeinrezept für alle Krankheiten und Morbiditäten dieser Welt gibt, willst hören, dass ich jeden, so schwer seine Leiden auch sein mögen, auf den rechten Pfad bringen kann.
Nun, die Antwort zu deiner Frage ist: Längst nicht so viele, wie ich gerne würde. Und doch erfreut mich jedes Schicksal, jeden kleinen Jungen, jede werdende Mutter und jedem alten Greis dem ich zur Besserung verhelfen kann mit innerer Genugtuung. Ohne mich, wären viele arme Seelen verlöscht, das kann ich dir sagen. Und darauf gebe ich dir mein Wort, Beóstram… Ah, hier ist eine gute Einleitung:
Der menschliche Körper. Ein Gerüst von blanken Knochen, zusammengehalten von Ligamenten und Kapseln, ummantelt von Muskeln, welche gespannt sind durch Sehnen. Eine galertartige Hülle umgibt diesen Corpus.
Arterien und Venen transportieren den roten Lebenssaft Blut, der dem Körper die Essenzen nahe bringt, die für das fortwährende Leben notwendig sind.
Von außen umgeben durch die Haut, welche partiell mit Haaren bewachsen ist, schützt sich der Körper vor dem Eindringen unerwünschter Fremdkörper in den Organismus.
„Halt, aufhören. Ich verstehe nur die Hälfte von dem, was Ihr da vortragt. Was sind Ligomerte und Kapseln? Was für eine Masse umgibt was? Was heisst partiell?“ Ratlos blickte Beóstram seinen Lehrmeister an und sah sich schon das Handtuch werfen. Die erste medizinische Lektion und es kam ihm vor, als würde sie in einer anderen Sprache gelehrt.
Godwin lachte nur leise und legte das gütige Lächeln zutage, welches der Dieb schon vermisst hatte.
„Ich kann dich beruhigen. Viele fremdartige Ausdrücke und Fakten, die dir wie wirres Geschwätz vorkommen sind ganz normal am Anfang. Keine Sorge, ich werde es dir schon nahe bringen. Einen toten Menschen hast du schon einmal gesehen, oder?“
Beóstram nickte.
„Hast du ihn auch schon aufgeschnitten und analysiert?… nein, wohl eher nicht. Nun, wir werden langsam beginnen.“
Godwin stand auf und befahl seinem Schüler, ihm in den kleinen Schuppen zu folgen, in dem Beóstram auch seine Nächte verbrachte. Der Barbier öffnete einen Schrank und brachte ein zugedecktes mannshohes Gebilde zum Vorschein. Als er das Tuch entfernte, wich der Dieb zurück. Ein menschliches Skelett, zusammengehalten von rostigen Drähten, stand vor ihm und grinste ihn aus hohlen Öffnungen an.
„Ein altes Minenarbeiterskelett. Hier oben siehst du noch, wo ihm ein Gesteinsbrocken den Schädel eingeschlagen hat. Mit diesem Knochenhaufen wirst du deine ersten anatomischen Erkenntnisse sammeln. Komm, hilf mir ihn hinzulegen.“
Sie legten die klappernden Knochen auf den Tisch und Godwin begann zu erzählen. Bei den Füßen fing er an, hielt einen kurzen Abriss über das Knie und wie es als Bindeglied zwischen Unter- und Oberschenkel fungierte, verwies auf das Becken, ließ Beóstram die Rippen abtasten, zeigte ihm wie das Schultergelenk funktionierte und bat in, die Handwurzelknochen abzuzählen, bis er alle acht beisammen hatte.
Mehr oder weniger fasziniert blickte der Schüler nun auf den Menschen als Studienobjekt und schob jegliche moralische Zweifel dienens der Medizin beiseite.
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Der Magier spielte gedankenversonnen mit der kleinen Phiole an seinem Hals herum. Sie enthielt das Blut Camilles, der Untoten die sie alle unter ihre Kontrolle gebracht hatte durch dieses Blut. Er rieb sich müde die Augen, die Studien um das Buch des Schwarzmagiers gingen einfach nicht voran. Wie man es auch drehte und wendete, immer wieder waren die unlesbaren Zeichen im Weg, wer auch immer dieser Sprache mächtig war, Nero war es nicht. Wahrscheinlich konnten Schwarzmagier das Buch lesen, doch war es schwer hier einen Schwarzmagier zu finden, und Nero hatte gerade seinen Sachen ausgepackt und würde so schnell eigentlich nicht wieder verreisen solange es noch Hoffnung auf eine bessere Lösung in diesem Problem gab. Während er so nachgedacht hatte, hatte er die kleine Phiole entkorkt und sich einen Tropfen Blut auf den Finger geträufelt, es war schwarz und schimmerte nur leicht rot. Hinter ihm, so dachte er, schien etwas zu explodieren. Der Tropfen rollte vom Finger und platschte laut auf das Buch. Seine Aufsicht hatte genießt. Nero lächelte ihm zu, er lächtelte auch und Nero wandte sich wieder seinem Buch zu, nahm schon ein Tuch um das Blut abzuwischen, doch es war keins mehr da. Er schaute sich den Tisch um das Buch an, keine Spur von Blut, auf seiner Robe nicht und auch nicht auf dem Fußboden. Der Magier kratzte sich den Kopf, das war doch nicht möglich. Gerade wollte er kurz aufstehen, als ihm etwas ins Auge fiel, die Schrift hatte sich verformt. Er rückte näher an das Buch heran, das Blut, das war die Lösung! Er träufelte noch mehr darauf, erst blieb es stehen, dann sogen die Blätter das Blut auf und die Schrift wurde klarer. Immer mehr Blut floss in die Seiten, bis schließlich das Blut aufgebraucht und die Schrift leserlich geworden war. Nero machte große Augen, es erforderte Blut, wenn nicht sogar das von Untoten, um die Schrift sichtbar zu machen. Er blätterte kurz durch das Buch, auf allen Seiten war nun mehr oder weniger Schrift zu sehen, vielleicht könnte er mit Daryns Blutsphiole mehr sichtbar machen, doch vorerst reichte das um wenigstens zu erfahren was darin stand. Er blätterte zurück und suchte die Seite, bei der er die Vision von dem Irrlich hatte und las den Absatz der leserlich war.
Magischer Bote
Sollte ein Magier gewillt sein einen anderen Menschen mit einem Fluch zu belegen oder ihm durch einen Zauber Schaden zuzufügen, sich jedoch nicht zu der Person begeben können, durch Gefahr oder Körperleiden etwa, hat die Möglichkeit einen Boten für sich zu erwählen und über ihn diesen Zauber zu übertragen. Dies wird ausgeführt durch eine einfache Berührung, der Bote ist somit ein Träger für Magie. Nur sehr mächtige Magier können diese Technik anwenden und durch sie zum Erfolg gelangen. Besonders geeignet sind Irrlichter. Um einen Boten zu kreiren *+~'#.....
Mehr konnte man im Moment noch nicht lesen, doch war nun bewiesen das Daryn unter einem Fluch oder einer anderen Art der magie stand. Nero stand auf, ließ das Buch wieder einpacken und verschwand aus dem Studierzimmer, nur um dann in seiner Kammer eine Zigarette zu entzünden. Dies war ein großer Durchbruch in Neros Forschungen um die seltsamen male seines Freundes. Jetzt galt es Daryn zu finden und mit seiner Hilfe noch mehr leserlich zu machen und vielleicht sogar eine klare Antwort zu erhalten.
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Unterkunft im Tempelviertel
Mit einem Ruck stand Ribas auf seinen Beinen, der Weinkelch, eben noch sicher in seiner Hand, lag mit ausgeschüttetem Inhalt neben dem Tischbein auf dem Boden. Mit einem Schritt war der Novize bei seinem neuen Mitbewohner und half ihm wieder auf die wackeligen Beine. Behutsam führte er den gebrochenen Mann zurück zu seinem Hocker, bevor er sich wieder ihm gegenüber fallen ließ und erstmal versuchte das Geschehene zu verarbeiten. Shakuras hatte gerade einen Ausbruch an Wut und Zorn gehabt; und dieser Ausbruch hatte sich in dem Kaminfeuer manifestiert. Das konnte doch nicht sein. Wie sollte das gehen, bei einem Magieunkundigen? Wie konnte er, ein alter Mann, der erst seit kurzer Zeit im Orden Innos' war und keinerlei Erfahrung im Umgang mit der Magie hatte, wie konnte er ein Kaminfeuer dazu bringen so heftig zu reagieren? Irgendwas stimmt hier nicht. Nein, irgendetwas stimme da ganz und gar nicht.
Der Alte schien sich beruhigt zu haben, er atmete zumindest wieder wesentlich gleichmäßiger, aber er wirkte jetzt noch älter, als er es ohnehin schon tat, noch gebrechlicher … zerbrochener. Der Untergang Khorinis zerrte heftig an ihm, doch Ribas war jetzt nicht in der Verfassung darauf Rücksicht zu nehmen. Dafür brannte das Feuer der Neugier zu stark in ihm und ließ sich auch nicht durch einen, zwei, drei Schlücke Wein löschen; im Gegenteil, es brannte immer stärker und stärker. Er wollte jetzt die Wahrheit über diesen alten Mann hören, und die Wahrheit hatte Shakuras ihm ja auch versprochen, am Boden liegend, am Boden zerstört …
„Ich danke Euch, dass Ihr mir die Fragen gewährt, trotz Eurer offensichtlichen Trauer um Eure alte Heimat. Khorinis schien Euch wirklich viel bedeutet zu haben … sagt mit bitte, was es Euch bedeutet hat. Was habt Ihr auf Khorinis getan? Ihr spracht von den Paladinen, vom Rat der Drei, von den Schrecken des Minentals … Ihr wisst zu viel für einen einfachen Bauern. Und Ihr seid gebildet, gewiss ein sehr schlauer Mann. Woher stammt dieses Wissen? Ich muss gestehen, das ist es nicht einmal, was mich so neugierig macht. Ihr habt mich erschreckt. Das Kaminfeuer bei Eurem Wutausbruch, von Euch schien wirklich eine ungeheure Macht auszugehen in diesem Moment, eine magische Kraft. Ich frage Euch noch einmal und bitte Euch, sagt mit dieses Mal die volle Wahrheit, denn Ihr wisst es bestimmt selber, dass ein Diener Innos nicht lügen sollte. Also, ich frage Euch: Wer seid Ihr?“
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"Ich habe kein falsches Zeugnis gegeben. Ich lüge nicht - das habe ich nie!" Hießen die Worte voll der Inbrunst eines aufrichtig Klagenden. Und nach Diesen wich der Blick ab von Ribas und der Kopf sackte zurück auf das Brustbein. "Mein Name ist Shakuras. Nur Shakuras. Und meine Geburtsstätte Khorinis. Nicht aber meine Heimat. Und ich bin ein Bastard." Seine Augen fuhren die Maserungen des Tisches entlang, der nun teils in Rot gegossen war. Wie dünnes, fades Blut. Wie es wohl auch das Blut eines Bastards sein mochte, aber das war nicht sein Leid, nicht seine Schande, die er als solche empfand. Sie lag woanders und auch nicht im nachfolgendem.
"Mein Vater war Iberiath, Priester Innos' und sein Gnaden des Klosters zu Khorinis." Sein Gnaden - ein alter Titel, ein altes Amt, nun ein unbekannter, verschlossen für die Unwissenden, aber gleichzusetzen mit der mächtigen Position eines Obersten Feuermagiers, welche derweil eine Frau namens Francoise - die Shakuras lange und noch länger hat aufziehen und wachsen sehen - führte. "Er hat eine Frau geliebt, dessen Namen ich nicht weiß. Meine Mutter. Und er wurde dafür bestraft und meine Mutter nach meiner Geburt zu Tode. Er hatte sich des Eidbruchs schuldig gemacht, meine Mutter der schwarzen Magie, so stand es geschrieben." Die zwei gefrorenen Seen, unter deren dicken Schichten aus trüben Eis Leben glomm, tasteten sich zu den Händen seines Gegenüber weiter. "Damals herrschte eine Zeit, die mit der heutigen kaum noch zu vergleichen ist. Der Orden ist offener geworden, weniger strikt und nicht so sehr mehr gebunden an den altehrwürdigen Traditionen unserer Vorväter. Nur mit dem Erlass, dieser Offenheit, wurde es auf verworrene Art auch der Glaube und ..." Shakuras schaute Ribas jetzt tief in die Augen. "Manches Mal frage ich mich, ob das gut war und .. wohin der Weg uns nun führen mag" Stille ... Ob Zweifel oder Sorgen, waren sie berechtigt?! Er glitt wieder ab und starrte auf den verschütteten Wein.
"Ich war auf der Welt und wurde gepflegt von fremden Gesichtern, erzogen von fremder Hand und geliebt in den seltenen Schreiben meines Vaters aus dem Kloster, die heimlich zu mir entsandt worden waren. Als junger Mann, ich mochte ... 15 gewesen sein, beschloss ich den Hof, auf dem ich meine Kindheit im Stillen verbracht hatte, zu verlassen und meinen Vater, von dem ich dann wusste, dass er ein Magier des Feuers war, wieder von Selbst in die Arme zu schließen." Er atmete einmal kräftig durch und winkte dann ab. Seine Augen ruhten wieder auf Ribas, gleichmäßig.
"Ich war dann eingeschlossen in der Barriere. Sie war nicht meine Geburtsstätte, aber meine Heimat, und ich kämpfte mich durch! Ich wurde ein wahrer Erwählter Innos', unseres Herrn." Jetzt trank er wieder einen Schluck aus dem Kelch, um seine trockene Kehle zu benetzen.
"Ich sollte das hier wegwischen.", meinte er nur und schaute Ribas da Cunha entschuldigend an. Dann machte er sich auf und wollte sich erheben...
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Taverne -> Innere Burg
Das Wetter plagte den Glatzkopf. So goss es schon lang nicht mehr. Der Regen hatte jegliche Unterrichtsstunde mit Lodrick unmöglich gemacht. Sie fanden sich für den ganzen Tag wieder in der Taverne ein, um den Plan noch einmal durch zu gehen. Sie mussten definitiv erst einmal nach Silden. Dort wäre Rethus hingegangen, wenn er ein fahrender Händler gewesen wäre. Allerdings hätte er auch den Weg über Montera und Trelis nach Varant nehmen können. Wie man es machen wollte, man machte es auf jeden Fall verkehrt. Doch der Auftrag ließ sie etwas in Eile. Ulrich hatte ihnen mehrere Pergamente gegeben, die sie bei der Suche unterstützen sollten. Das war ja wie der Feuerkelch im Schatz des Drachen, oder noch eher als die Nadel im Heuhaufen bekannt.
Nach ein paar Stunden, trotz des verfluchten Wetters, nahm sich der Gardist die Zeit, zu Cobryn zu gehen, der ihm bei der Garde willkommen heißen sollte, sofern der Glatzkopf Ferox richtig verstanden hatte.
Lodrick folgte ihm nur zeitweilig. Schließlich wollten die zwei wieder nach Reddock aufbrechen. Also konnte sein Schüler schon einmal die Sachen zusammenräumen und zum Südtor gehen.
Rethus fand sich in der inneren Burg wieder. Ein Innosschrein schmückte den Hof vor dem Hause Rhobars. Kaum zu glauben, dass er diesen Alten noch nie gesehen hatte und trotzdem für ihn bis zum Tote kämpfen wollte.
Neben einer Traube von Gardisten und Rittern, stand ein Mann, der wie eine wichtige Persönlichkeit wirkte. Womöglich war es Cobryn. Das Beste war es, ihn einfach nach seinem Namen zu fragen…
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“Der Boden ist verschlammt. Die Karren bleiben stecken.”
„Kein Wunder, bei diesem Platzregen“, erwiderte Cobryn auf die Meldung des Gardisten vom Nordtor.
„Solange es trocken ist macht der Boden hinter dem Torbogen keine Probleme, aber bei solchem Wetter werden die Händler ungehalten, wenn sie stundenlang auf ihre Kontrolle warten müssen, weil ein Wagen stecken geblieben ist. Und den Jungs gefällt es auch nicht“, führte John weiter aus.
„Ich schicke gleich ein paar Milizsoldaten mit ein paar Brettern runter. Das sollte für den Moment reichen. Ansonsten werde ich mal nachhaken, ob wir Material für eine Pflasterung haben.“
„Besseres Wetter wäre auch nicht schlecht“, fluchte John und blickte zum Himmel.
„Ich bin dein Vorgesetzter. Für höhere Angelegenheiten gehst du in den Tempel … aber jetzt erst einmal zurück auf deinen Posten. Wegtreten!“
„Sir.“
Cobryn wandte sich von dem Gardisten ab und wollte schon den vor Kälte und Nässe rettenden Eingang des Palasts ansteuern, als ein weiterer Mann vor ihn trat, der ihm noch unbekannt war. Der Hauptmann hatte eigentlich kein Interesse daran etwas zu ändern, aber dieser Kerl schien etwas von ihm zu wollen.
„Gibt es etwas? Ich habe zu tun, also fass dich kurz.“ Cobryn seufzte. Er hatte immer zu tun.
Medin
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Innere Burg; Cobryn
Das Wetter schien jedem in der Stadt zu nerven. Dieser Cobryn trug kein freundlicheres Grinsen im Gesicht als die Wachen am Tor.
„Darf ich den Vorschlag machen, dass wir uns zu dieser Angelegenheit irgendwo unterstellen?“ fragte der Glatzkopf. „Ihr seid nicht der Einzige, dem das Wetter nicht bekommt.“ Cobryn machte ein Nicht - in - diesem - Ton - Bürschchen - Gesicht, doch bedeutete dem Schwertmeister ihm unter ein Vordach zu folgen. Darunter zog sich Rethus erst einmal den Umhang vom Körper, um ihn so gut es ging aus zu ringen.
„Nun, worum geht es?“ fragte der Vorgesetzte erneut.
„Ja, schon gut. Mein Name ist Rethus. Um es noch kürzer zu machen:
Der Großmeister der Paladine Ferox hat mich für die besonderen Dienste beim Kelchzug mit einer Beförderung zum Gardisten entlohnt. Ich bin gekommen, um mich nun bei Euch offiziell zu melden.
Zusätzlich muss ich Euch noch hinzufügen, dass meine Befehls- und Gardegewalt im Rebellenlager von Sir Ulrich liegt. Dort wurde ich bereits einpositioniert. Ich kann mich also für einen Posten in der Stadt nicht zur Verfügung stellen. Dennoch komme ich vorbei, um Euch die Gewissheit zu geben, dass es nun noch einen neuen Gardisten unter Euren und den anderen Vorgesetzten gibt. Außerdem wollte ich noch die Pflichten und den ganzen Rest erfahren, die ich als Gardist zu wissen habe.“
Mann, scheiß Wetter…
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Die Sterne funkelten am Nachthimmel ueber Vengard. Ein frischer Wind wehte vom Meer her, es war deutlich kuehler als in den vorangegangenen Naechten.
Gwendor stand auf dem Wehrgang der Burg und zog seinen Mantel enger zusammen. Die Hand hatte er auf dem Schwertknauf an seiner Seite gelegt, er schaute von oben in die leeren Gassen der Stadt.
Seine Nachtschicht hatte gerade erst begonnen und ein ermuedender Wachdienst bis zum Morgengrauen lag vor ihm. Obwohl ihm sein Lehrmeister geraten hatte, mit den Uebungen vor einem naechtlichen Wachdienst etwas kuerzer zu treten, hatte er es natuerlich nicht lassen koennen wieder einmal bis buchstaeblich zur letzten Minute auf dem Uebungsplatz die Klinge zu schwingen.
Belohnt wurde er damit, dass ihm die Folge von Schlaegen, Stichen und Abwehrbewegungen immer leichter von der Hand ging. Aber das lange Training hatte auch seinen Preis: Es fiel ihm bereits jetzt schwer die Augen offen zu halten und er konnte ein Gaehnen nicht unterdruecken. Der Wachdienst war aufgrund der Erschoepfung deutlich schwerer durchzustehen.
Der Anwaerter kannte so einen starken Ergeiz von frueher gar nicht. Seit seinem Training im einhaendigen Schwertkampf war eine merkwuerdige Veraenderung mit ihm vorgegangen. Er hatte fast das Gefuehl seine wahre Berufung erst jetzt entdeckt zu haben.
Ein Geraeusch erklang aus Naehe des Tores.
Schweren Herzens wendete er sich von seinen Gedanken ab und konzentrierte sich wieder auf seinen Wachdienst.
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Unterkunft im Tempelviertel
„Bleibt sitzen.“ Es war kein Befehl und es klang auch nicht wie einer. Es war eine Bitte an den Mann mit den undurchdringlichen Augen, und der Mann, anscheinend noch immer trauernd, ob der Geschichte seines Lebens oder der des Ordens wegen nicht auszumachen, gewährte Ribas auch diese Bitte. Eben noch im Begriff sich zu erheben saß er jetzt wieder fest auf seinem hölzernen Hocker und blickte er ihm direkt in die Augen. Der Novize vermochte nicht zu sagen, was in dem Kopf des Alten vor sich ging, der kalte blaue Blick war undurchdringlich, das Eis in seinen Augen ließ sich nicht schmelzen und wich nicht von der Stelle, es war undurchdringlich und fest, egal wie sehr Ribas das Feuer seiner Gedanken in sie lenkte und versuchte sie zu deuten, es gelang ihm nicht. Aber Ribas wich dem Blick auch nicht, hielt ihm stand. So saßen sie einen Moment und schauten sich gegenseitig in die Augen, jeder Versucht in denen des anderen zu lesen. Dann erhob Ribas sich, um die Weinreste auf dem Tisch, für die Shakuras sich mit Blicken hatte entschuldigen wollen, obwohl es keiner Entschuldigung bedurfte, zu entfernen. Langsam schlossen sich seine Lider und verwehrten es ihm von diesem Moment an Ablenkung zu suchen in den so viel sagenden Blicken seines Gegenübers. Er wurde ruhiger, konzentrierte sich nur auf sich und ließ sein Herz die unbändige Kraft Innos' durch seinen Körper pumpen, die er dann auf der Tischplatte konzentrierte. Er konnte nichts sehen; aber er spürte den Wein, wie er langsam durch die Unebenheiten des einfach gefertigten Tisches floss und sich so immer weiter verteilte. Dann, Kraft seiner Gedanken, hoben sich die kleinen Weinpfützen in die Luft, schwebten dort über dem Tisch, bewegten sich durch die Luft, bildeten immer wieder merkwürdige Formen, ehe diese in sich zerflossen und aus ihren Überresten neue entstanden. Dann hatte Ribas genug des Schauspiels, der Wein flog jetzt in das Kaminfeuer hinein und ward niemals wieder gesehen. Der Gläubige öffnete die Augen und erblickte sofort wieder die des anderen Gläubigen. „Der Wein, entstanden durch Innos' Gabe des Lebens, soll nun zurückkehren in sein Reich, so wie alles irgendwann in seinen Ursprung zurückkehren wird. Asche zu Asche, Staub zu Staub. So wie alles Wasser eines fernen Tages wieder in das große Meer zurückkehren wird, so wie alles, was aus der Dunkelheit Beliars kam, sich irgendwann wieder in seine Schatten zurückziehen müssen wird, und so wie alles weltliche aus der Erde kam und wieder dorthin zurückkehren wird, so wird unser Feuer des Lebens auch eines Tages erlöschen und in die heiligen Hallen des Allmächtigen zurückkehren, von wo er es einst entsandt hat. Zweifle nicht an ihm, dem Allwissenden, denn er ist es, der uns alle auf den rechten Weg leitet. Du bist Dir unsicher über den Weg, den die Kirche beschreitet, verstehst nicht die Veränderungen der Jahre. Zweifelst Du an dem Weg der Kirche, zweifelst Du an dem Weg Innos, und dann zweifelst Du an Innos selbst. Und ich bin mir sicher, dass Du nicht an dem Einen zweifelst. Dann zweifle aber auch nicht an seinem Weg! Er ist weise und gerecht, so weise und gerecht, dass wir, einfache Sterbliche die wir sind, ihn nicht immer verstehen können; Glaube heißt vertrauen. Vertraust Du Innos, dass er uns, die wir seine heiligsten Jünger auf Erden sind, den richten Weg leitet? Ich bin mir sicher, dass Du das tust. Und dann zweifelst Du auch nicht an dem neuen Weg der Kirche, denn der Weg der Kirche ist der Weg Innos.
Die Welt hat sich verändert in den letzten Jahren, so viel hat sich verändert … nur wir Menschen verändern uns nicht. Nein, Menschen verändern sich niemals. Und genau deshalb bin ich mir sicher, dass Du, eins ein Erwählter unsres Herrn, Dich auch nicht verändert hast. Dein Glaube an Ihn ist ungebrochen! Und dieser Glaube wird Dir die Kraft geben, die Zweifel, die ewig an Dir nagen wie das Alter es an den Fesseln unseres Körpers tut, zu überwinden und dem Weg Innos, dem Weg der Kirche, wieder vollständiges Vertrauen zu schenken.“
Und er ließ sich wieder auf seinen Hocker fallen, nahm den Kelch und sprach: „Entstanden durch die Lebenskraft Innos' wird dieser Wein eines Tages mit mir zurückkehren in sein Heiliges Reich. So wie alles wieder zurückkehrt an seinen Ausgangspunkt. Ein ewiger Kreislauf ... Zum Wohl.“ Und er leerte den Kelch.
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