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Nahe Gotha
Einige Augenblicke schaute Tavik dem jungen Mann ins Gesicht und seufzte dann, lächelte aufrichtig und nickte.
„Nun, dann ist es etwas vollkommen anderes. Du willst Rache nehmen und Klarheit über deine Geschichte haben. Deswegen helfe ich dir und deswegen gehen wir nach Gotha.“
Rethus schaute den Magier an. „Danke.“
„Keine Ursache. Es gibt nämlich einen Grund, warum ich dein Verlangen nach Rache unterstütze.“, begann der Novize und stocherte mit einem langen Stock im Lagerfeuer herum. „Ich komme eigentlich von Khorinis, der berühmten Insel. Dort hatte ich bis vor vielen Monaten einen Bauernhof, eine Familie und ein ruhiges Leben. Bis der Krieg kam und mit ihm alles, was nur die Bosheit des Krieges gebären kann. In meinem Fall waren es Banditen, Marodeure und die Visage eines Orks. Grobosh hieß er, glaube ich zumindest. Sie fielen über den Hof her, entfachten ein Feuer und raubten mir Frau und Kind, nahmen mich gefangen.
Viel möchte ich nicht darüber verlieren, es war eine beschissene Zeit und es erfüllte mich mit unglaublicher Genugtuung, als Pfeile von irgendwem den Orkbanditen spickten. Aber damit war nur der eine Arm des Monsters abgetrennt. Die Gruppe hatte zwei Anführer, dieser heißt Katak und lebt leider noch. Als ich seiner Spur folgte, erzählte er mir mit einem Lachen, dass meine Frau und mein Sohn an einem besseren Ort wären. Tot. Daher kommen meine Rachegedanken, das ist es, was mich antreibt. Zu allem. In den Orden Innos’ trat ich ein, um Rache zu nehmen. Die Magie lernte ich, um Rache zu nehmen. Dir helfe ich, damit du Rache nehmen kannst. Also Junge, pack deine Sachen und das Schwert. Gotha wird kein Spaziergang und deswegen sollten wir dort mit verdammter Vorsichtig vorgehen, wenn wir nicht als weitere Diener in Beliars Armee enden wollen. Bei Innos, ich schwöre dir, dass du zu dem Buch kommst. Und wenn ich dabei mein Leben lasse, dann muss es so sein.“
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Von der Herbstsonne gelb angeleuchtet sah man ein paar Leute auf dem größten Platz von Ardea, der nicht sonderlich groß war, im Vergleich zu Vengard. Shibuhya und Yasmin D'Ahara standen beide am Ende des Platzes unter einer großen Linde, wobei der Magier sogar auf einer Kiste stand. Anna verstand nicht, was sie redeten. Jedenfalls schienen einige arm aussehende Bewohner von Ardea und auch Soldaten gebannt oder auch gelangweilt zuzuhören. Die Arbeiter auf dem Platz und vorbeikommende Menschen mussten das zwangsläufig auch.
Das Mädchen saß bewegungslos auf einer Bank an einem Haus. Ihre brennende Kerze hatte sie vor sich, und sie war inzwischen wohl doch schon etwas kleiner geworden, wenigstens vermutete sie das. Ihre Augen waren ins Leere gerichtet und die Flamme flackerte, flackerte immer fort und war ganz klein und schwach. Sie musste weiter brennen. Aber irgendwann würde der Punkt erreicht sein, an dem sie tun konnte, was sie wollte.
Der Wind wehte ganz leicht über den Platz und zwischen den Häusern hindurch, und das Laub auf der Straße raschelte und bewegte sich wie eine große, lebendige Masse. Als Anna zu der Linde hinaufsah, sah sie mit der Zeit immer mehr einzelne Blätter auch von ihr herunterfallen, langsam. Sie waren gelb und würden bald braun im Dreck des Untergrunds sein. Ihr letzter Flug dauerte nur ein paar Sekunden an, auch wenn es aussah, als würden sie in Zeitlupe fliegen. Anna wusste schließlich, dass ihre Kerze erloschen war.
Sie blickte herunter und sah den schwelenden Docht, der eben noch gebrannt hatte.
Plötzlich stand Yasmin neben ihr. Sie betrachtete sie kurz mit ihren azurblauen Augen und zündete dann Annas Kerze magisch wieder an, was nur ein paar Sekunden dauerte. Wieder lächelte sie ihre Schülerin an. Die Kleine war sich nicht sicher, ob sie dachte, dass sie die Flamme allein ausgemacht hatte, doch würde sie es auch nochmal schaffen. Sie konnte es so oft schaffen, wie sie wollte.
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Der Glatzkopf maß den Magier mit geöffnetem Mund. Was der Kerl da sagte, zeugte nicht gerade von einem ehrenwerten Magier. Er benutzte sein Können in der Magie, um Rache zu nehmen. Dennoch war es auf der anderen Seite etwas Vernünftiges. Rethus konnte jetzt nicht widersprechen und ihm sagen, dass das kein Guter Gedanke war, Magie zu „benutzen“, um Rache zu stillen. Er selbst sann doch auf Rache.
Letzten Endes, als Tavik geendet hatte, war Rethus ihm aber äußerst dankbar dafür, dass Tavik mit ihm solch einen gefährlichen Weg gehen wollte.
Der Dieb hoffte nur, dass sie nicht umsonst in die Mauern der dunklen Burg gingen. Rethus beherrschte das Talent des Schleichens. Aber besaß Tavik dieses? Schließlich verständigten sich die Leute weniger untereinander, welche Diebesfertigkeiten, sie besaßen.
Nach ihrem Gespräch dachte Rethus noch etwas nach. Er kannte ja Gotha nicht. Wie war der Weg hinein und heraus? Wo war die Bibliothek? War der Orkvorposten direkt neben Gotha? Mussten sie an den Dämonen vorbei? Es waren zu viele Fragen. Dennoch mussten sie das Risiko eingehen. Rethus wusste nicht, wann er sonst noch einmal an dieser Burg vorbeikam.
Das Laub raschelte. Rethus erinnerte sich noch genau an die Worte Taviks letzten Abend. Ihr heutiges Ziel war Gotha. Der heutige Tag war sehr sonnig. Dennoch mussten sie ausgerechnet an diesem herrlichen Tag in die absolute Finsternis einkehren. Rethus hatte noch nie die schwarze Magie heimgesucht. An diesem Tag war es soweit. Beliar selbst sollte sie prüfen und Innos sie schützen.
„Vorsicht“, meldete sich Tavik. „Versteck dich da hinter dem Stein.“
Rethus schlich zu dem von Tavik verwiesenen Stein hinüber und lugte über den Rücken des Brockens hinweg. Neben ihm erschien dann auch sein Lehrer. Ein Bauernhof mit einer großen Mühle, die scheinbar nicht mehr im Betrieb war, lag auf der anderen Seite einer breiten Straße direkt vor ihnen. Und hinter diesem Gehöft erstreckte sich ein eine Stadtmauer nach Süden.
Sklaven wurden auf dem Hof zusammengehetzt, angebrüllt, einer sogar geschlagen. Doch waren es keine Orks, die mit diesen Sklaven so grob mit den Sklaven umgingen. Es waren Söldner der Orks.
„Montera“, flüsterte Tavik. „Ich hatte dir gestern davon erzählt. Hier sitzt eines der Regimenter der Orks. Werden wir hier entdeckt, sind wir augenblicklich tot. Wir müssen weit um die Stadt und auch um den Hof herum. Folge mir.“
Tavik ging denselben Weg wieder zurück, von dem sie kamen. Rethus folgte ihm. Sie waren ungefähr zehn Meter weit gelaufen, als sie wieder nach rechts abbogen und schnell an einer Felswand entlang pirschten.
„Wir haben es bald geschafft. Gotha ist nicht mehr weit.“
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Gotha
„Dort vorn sind sie“, sagte Tavik und wies auf einen Turm, unweit von Gotha.
„Warst du schon einmal hier?“ fragte jetzt Rethus.
„Nein, wieso?“
„Ich dachte, du könntest mir sagen, wie viele Orks das sind?“
„Nein, tut mir leid. Das kann ich nicht. Ich glaube, wir müssen jetzt den Hang hier hoch.“
Der Glatzkopf gehorchte und folgte Tavik durch das Unterholz hinauf auf eine kleine Anhöhe.
Der Turm, wo der Posten der Orks gewesen sein sollte, ragte, für jedes Auge sichtbar, unten am Hang, jedoch etwas weiter weg, weit nach oben.
„Wer führt denn die Grünhäute an?“ begann wieder Rethus und blickte zum Turm, auf dem zwei Armbrustschützen standen.
„Wahrscheinlich irgendein hohes Tier aus Faring. Sie brauchen die besten ihrer Männer, um den Dämonen von diesem Land fern zu halten.“
Die Beiden erreichten eine hohe Palisade, die schon ziemlich morsch aussah.
„Schau hier“, flüsterte jetzt Tavik.
Rethus kroch zu dem Magier heran und spähte durch einen sehr schmalen Spalt. Auf der Straße hinter der Palisade stolzierten hässliche Gestalten herum. Es waren unzählig viele. Skelette und Zombies. Manche trugen sogar noch eine kaputte Paladinrüstung.
„Ich hätte vielleicht gegen eines dieser Biester eine Chance, doch bin ich gegen diese Streitmacht von Untoten machtlos“, sprach der Lehrer leise. „Am besten, wir gehen hier drüben weiter.“
Der Glatzkopf folgte dem Magier nach links durchs Gebüsch. Nach ungefähr fünf Metern hielten sie wieder.
„Hier hoch“, sagte Tavik. „Hinter der Palisade hier, steht ein großes Haus. Dort können wir uns erst einmal verschanzen und planen, wie es weiter gehen soll. Wenn mehr als ein Untoter dort drinnen ist, müssen wir wieder raus. Kannst du schleichen?“
Der Dieb nickte.
„Das ist gut. Ich kann es nämlich nicht. Ich würde ja eigentlich immer voran gehen, weil ich der Kämpfer von uns beiden bin, dennoch bin ich nicht leise genug. Kundschafte du den Weg vor uns aus. Hier.“
Tavik faltete seine Hände in einander, um Rethus einen Sprung über die Palisade zu ermöglichen. Der Dieb setzte seinen rechten Fuß auf die gefalteten Hände Taviks und stieß sich über den Zaun hinüber weg.
„Geh du erst mal voraus, ehe ich dir über die Palisade folge.“
Nun war einmal mehr sein Können in der Diebeskunst gefragt. Dank Nils beherrschte er ja das Talent des Schleichens. Wieder einmal ging er in die Hocke und setzte seine Füße, um sicheren Halt zu erlangen, relativ weit auseinander. Dann machte er es, wie sonst auch: Ein Fuß vor dem anderen setzte er. Er gab besonders auf den Raum vor sich acht, denn dort standen einige Kisten gestapelt und direkt dahinter befand sich schon eine große Treppe zum Eingang der Burg. Etwas Angst verspürte der Dieb schon. Schließlich konnte er nur schleichen. Sollte er jedoch einem Untoten begegnen, würde er nicht sogleich wegrennen. Kämpfen würde er allerdings auch nicht. Wäre jedoch Tavik dabei gewesen, hätte er sich einen Kampf getraut. Schließlich hätten sie zu zweit eine reelle Chance gegen solch ein Monster, auch wenn Rethus über gar keine Fertigkeiten der Kampfkunst verfügte.
Er schlich langsam zur Seite in den Schatten des daneben liegenden Hauses. Es schien alles sicher gewesen zu sein. Um das Haus herum kam man wirklich nur über die Kisten. An dem Haus entlang zu laufen ging nicht, da eine alte Mauer den anderen Pfad versperrte.
Allerdings gab es eine Hintertür in das Haus. Leise pirschte sich Rethus an diese heran und lauschte. Er vernahm keine Schritte, die normalerweise laut auf den Dielen dieses alten Hauses gewesen wären. Ganz vorsichtig öffnete er die Tür und starrte in den Raum. So weit so gut. Die Tür nach vorn hinaus war verschlossen. Also wagte sich Rethus in das Zimmer hinein zu schleichen. Was für ein Glück sie nur hatten. Es gab keinen der Untoten in diesem Haus. Die Treppe wollte er noch nicht hinauf gehen. Zuerst folgte er seinem Weg wieder zurück durch die Tür, zur Palisade.
Ganz vorsichtig nahm er eine der Kisten, um nicht gesehen zu werden. Danach noch eine und noch eine. Diese stapelte er über einander und stieg diese hinauf.
„Komm hierher“, flüsterte er zu Tavik, der ein paar Meter rechts von ihm stand. „Dort drüben hinüber zu springen, wäre zu gefährlich. Sie könnten uns dort sehen.“
Der Lehrer schritt zu seinem Schüler hinüber und griff nach seiner Hand, um sich über die Palisade zu schwingen.
„Ist auch kein Untoter im Haus?“ fragte Tavik.
„Hier unten nicht“, antwortete Rethus. „Jedoch habe ich oben noch nicht nachgesehen. Es ist für mich sicherer, wenn du in meiner Nähe bist, falls ich einem Skelett begegne oder so.“
Der Magier wies ohne weiteres Wort auf die Tür.
Rethus pirschte voran in das Haus. Tavik blieb etwas weiter zurück, um keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Es stank fürchterlich in dem Haus nach Abfall und Totem. Dennoch kämpfte Rethus gegen das Übel an und schlich die Treppe hinauf zum oberen Zimmer. Was für ein Glück sie nur hatten. Es schien, als gäbe es keinen der Untoten in dem Haus. Vielleicht waren die einfach zu blöd eine Tür zu öffnen.
„Komm“, rief Rethus im Flüsterton zu Tavik hinunter, der augenblicklich gehorchte und so vorsichtig wie möglich die Treppe hinauf kam. Bei ihm musste Rethus fasst lachen. Die Dielen knacksten im Chor. Doch schien es kein Skelett oder Zombie mit zu bekommen. Vielleicht konnten sie auch nicht hören.
Als der Lehrer endlich oben war, schlossen sie die Tür und spähten vorsichtig zum Fenster hinaus, um die Straße und das Tor oben in der Mauer zu beobachten.
„Dort oben ist der Dämon drinnen“, flüsterte Tavik und wies auf das Tor.
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Es war ein wirklich schöner Tag, mit dem die Ritterin so gar nicht gerechnet hatte, einfach perfekt um zu reiten. Von Vengard waren sie Richtung Süden weiter gezogen, vor Ardea wollte sie dann weiter nach westen reiten. So sah der grobe Plan von Chiarah aus aber es kam ja so oder so immer anders als man dachte.
Noch spielte das auch gar keine Rolle, es ging nur darum, Feen das Reiten zu lehren und sie machte auch schon ganz gute Fortschritte.
Die Lehrmeisterin ritt bisher nur auf Wegen die einigermaßen befestigt waren. Unebenheiten waren eher von geringerer Natur.
So hatte sie aber die Möglichkeit sicherer zu werden und sich auch weiter an den Hirsch zu gewöhnen, der sich auch noch nicht so ganz sicher gab.
Führen musste Chiarah nicht mehr, behielt ihre Schülerin aber immer im Blick, in der Hoffnung noch eingreifen zu können, wenn es die Situation fordern würde.
Gerade hatten die beiden Frauen eine Rast hinter sich, Feen schien sich momentan in dem Sattel nicht sonderlich wohl zu fühlen. Die Ritterin wunderte das gar nicht, hatte das Problem wohl jeder Anfänger.
Genau darauf durfte sie aber auch keine Rücksicht nehmen, Feen musste sich daran gewöhnen und dazu musste sie wieder viel reiten.
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Gotha
Schwindelgefühle machten sich in dem Nordmann breit, so dass er sich an einem Holzbalken lehnen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Übelkeit, Kopfschmerzen und müde Knochen, alles Resultat dieser urbösen Kraft, die der Dämon dort im hohen Gemäuer innehatte. Selbst er, der Novize mit dem grundlegenden Magiegespür fühlte ihn. Den Gedanke, dass dies auch rückwirkend möglich war, dass der Dämon auch ihn spüren oder erfassen konnte, jagte ihm Angst ein. Er erzählte Rethus nichts davon, jedoch bemerkte dieser fragend den Zustand seines Lehrers.
„Alles in Ordnung?“
„Japp“ Tavik schluckte schwer und atmete tief ein, hielt sich davon ab auf den dunklen, alten Holzboden zu erbrechen. „Geht schon.“
„Sicher?“
„Ja, sicher. Mir bekommt nur dieser verdammte Gestank nicht, der über dieser Burg liegt. So etwas hab ich wirklich noch nie gerochen“, erklärte Tavik und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Obwohl es kalt war, schwitzte er wie verrückt. „Schau mal aus den Fenstern und find heraus, wie die Verteilung dieser abnormalen Kreaturen ist. Ob viele an diesem Haus hier sind.“
Verflucht, was hat dich geritten, Tavik? Rache? Willst du Rethus bei seinem Feldzug helfen, nur um einen sicheren Mitstreiter für den deinen zu haben? Riskierst du dafür dein Leben und auch seines?
„Etwas geht hier schief …“, murmelte der Hüne halblaut.
„Was?“ Kam Rethus’ Frage von einem der Fenster her.
Tavik schaute auf und blickte zu ihm hin, schüttelte den Kopf und grinste leicht. Plötzlich verschwand das Grinsen. Der Novize ließ sich zur Seite fallen und erbrach sich auf den Boden. Rethus kam zu ihm hin, half ihm auf.
„Verflucht, alles in Ordnung? Was ist denn los?“
„Nichts, gar nichts“ Der Königstreue wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und schluckte die bitter schmeckende Galle runter, rotzte auf den Boden, um den Geschmack loszuwerden. „Der Geruch, nur der Geruch.“
Ich habe Angst
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Es war ein furchtbarer Anblick. Tavik ging es überhaupt nicht gut. Er wälzte sich, wie ein Pferd im Staub, um Flöhe oder andere Parasiten abzuwerfen. Der Lehrer meinte immer wieder, es wäre der Gestank gewesen, der ihn so fertig machte. Aber konnte das denn sein? Ihn machte der Gestank überhaupt nichts aus.
Der Glatzkopf nahm dem Magier das Schwert und allerlei Krimskrams ab, damit dieser bequemer liegen konnte.
„Danke“, nuschelte Tavik und hüstelte etwas. „Nun schau, wie es draußen aussieht.“
Rethus ging wieder zum Fenster hinüber. Es waren so viele. Sie stanken erbärmlich. Ihre Zahl ließ sich nur schwer abschätzen. Manche kamen und gingen. Auf der Straße ging es ja noch. Dort humpelten in der Drehe zehn Untote. Auf der Treppe in die Burg dagegen gab es vielleicht doppelt so viele. Und wie viele gab es dort drinnen? Rethus vermag sich nicht auszumalen, was sie noch erwarten sollte.
Nun begann er das Tor zu begutachten, an dem es kein Vorbei gab. Sie mussten durch das Tor. Auf den beiden Seiten gab es nichts als Gestein, das Steil bis zu den Klippen hinaufführte.
Was hieß eigentlich sie? Rethus verspürte einen gewissen Hass gegen sich selbst. Wieso musste er nur hierher kommen? Sie hatten gerade noch die Chance das Dorf vor der Burg zu verlassen, gäbe es kein Zurück mehr. Und Tavik ging es nicht besonders gut.
„Und, wie sieht’s aus?“ fragte der Magier kränklich.
„Ich muss allein gehen“, antwortete Rethus entschlossen.
„Was sagst du da? Ich muss mit dir kommen.“
„Besser wäre es, ja, doch habe ich dich hier nur in Gefahr gebracht. Dass du krank bist, hast du wohl schon wieder vergessen, oder? Außerdem habe ich das Gefühl, dass es nicht an dem Gestank liegt. Kämest du mit, würden sie uns schneller sehen, als würde ich allein gehen.“
„Lass mich mitkommen.“
„Nein, ich gehe allein.“
Tavik setzte sich auf und hüstelte wieder.
Die Sonne begann unter zu gehen. Die Schatten waren lang genug, um sich in sie zu verstecken.
Der Glatzkopf verließ das Haus und griff nach einem Stein, den er fest umklammerte.
Danach ging er mit diesem zu der Mauer und spähte über diese hinüber. Dort befand sich ein alter Marktplatz, der ur so mit Spinnenweben verhangen war, als seinen es tatsächlich Leichentücher gewesen.
Nicht weit von Rethus befand sich ein Untoter. Jetzt musste alles klappen. Wenn nicht, wären sie tot gewesen. Rethus holte aus und warf so stark er konnte den Stein von sich weg. Er knallte mit voller Wucht gegen den Kopf des Untoten, der augenblicklich zusammenbrach. Diese Kreaturen besaßen also auch ein Bewusstsein. Nur gut für Rethus, dass der Zombie diesen gerade verloren hatte. Nur wenige Sekunden später tauchten viel mehr von den Untoten auf, die sich um den, scheinbar Bewusstlosen, stellten.
Rethus hingegen rannte zurück zu den Kisten. Wunderbar. Die Untoten besaßen vielleicht solch eine Langeweile, dass alle von ihnen von der Treppe zu dem Bewusstlosen rennen mussten.
Nur Glück für den Dieb, der nicht länger zögerte und wie von einer Blutfliege gestochen über die Kisten auf die Straße sprang und anschließend die breite Treppe hinauf raste. Er spürte wie ihn jemand folgte. Doch war es kein Untoter. Oben am Tor angekommen, hielt er. Hier ging es nicht weiter. Es waren einfach zu viele hinter dem Tor. Deshalb pirschte Rethus zum Hang links hinüber und begann über diesen hinweg zu kriechen, denn er führte auf die Mauer.
Auf der Mauer jedoch gab es keinen Zombie oder ein Skelett. Du fest wie nur möglich drückte sich Rethus auf den Boden, um nicht gesehen zu werden, denn eine ganze Armee von Untoten lag direkt vor ihm.
„Ich sagte doch, ich komme mit“, flüsterte jemand hinter ihm. Es war Tavik.
„Aber…“, wollte Rethus schon ansetzen.
„Kein Aber. Wir stehen das gemeinsam durch. Auch wenn ich mir nicht im Klaren bin, ob ich wirklich mein Leben so aufs Spiel setzen wollte.“
„Also ein Zurück gibt es nicht mehr.“ Rethus drehte sich um und entdeckte die Untoten, die an ihre ehemaligen Posten zurückkehrten.
„Wir können hinter den Häusern am Hang entlang laufen, und dann über die nächste Mauer. Sofern ich mich noch an Gotha aus einem unserer Bücher in Vengard erinnern kann, liegen ganz hinten in der Burg die wertvollsten Besitztümer. Damit sind aber im Eigentlichen Bücher gemeint. In der ehemaligen Festung der Paladine gab es nicht besonders viel Gold. Das wurde ja in Vengard gehortet. Aber genug der historischen Worte. Weiter…“
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Ein herrlicher Tag neigte sich seinem Ende zu. Die Herbstblätter tanzten im Abendwind, die letzten Sonnenstrahlen spiegelten auf sie einen goldenen Glanz. Die beiden Reiterinnen erreichten einen kleinen Bach irgendwo in der Küstenregion. Feen war erleichtert, der ganze Tag auf dem Rücken ihres Hirsches beanspruchte sowohl ihren Rücken, als auch ihr Gesäß. Jede Pause schien da wie Balsam für die Seele, wie ein warmes Bad nach harter Gartenarbeit. Aber mit jedem Tag, der verging, schien der Schmerz weniger zu werden und sich Reiterin und Reittier etwas näher zu kommen. Zwar begegnete Justin jedem Fremden noch mit Furcht, wodurch Chiarah und Feen abseits der Wege reiten mussten, um ohne zwingende Magie durchzukommen, aber wenigstens konnte die Seherin langsam schon alleine reiten. Es war noch kein Trab und wenn es einer werden würde, dann würde sie gewiss unsanft auf dem vom Herbstlaub bedeckten Boden landen. Doch man lief schon schneller als der gemütliche Wanderer, also konnte Feen zum ersten Mal davon provitieren, auf dem Hirsch zu reiten, statt selbst zu laufen.
Aber jetzt machten sie eine Pause und das tat ihr natürlich im ganzen Körper gut. Sie füllten die Wasservorräte und sammelten ein paar Pilze und Kräuter. Es war gut, dass sie noch keinem wilden Tier begegnet waren, wenngleich die meisten weder für Chiarah, die sich durchaus zu verteidigen wusste, noch für Feen, die mittels Magie agieren konnte, ein wirkliches Problem darstellen würden. Aber man musste es ja nicht provozieren...
"Wir müssen uns vor den Orkpatrouillen Kap Duns in Acht nehmen...", meinte Chiarah, während sie ein kleines Feuer machten.
Feen nickte: "Hoffentlich müssen wir nicht einmal rasch fliehen, das schaff ich bestimmt noch nicht..."
Da fiel ihr ein, dass sie eigentlich keine Angst zu haben brauchte. Die Natur würde sie schon warnen, wenn ihr ein Leid drohte, genauso, wie die Bäume Feen brauchten, wenn die Vengarder Holzfäller kamen. Und die waren hier wieder ziemlich aktiv geworden, vielleicht sollte man diesen Leuten mal zeigen, dass man so nicht mit der Schöpfung umgehen durfte. Aber wie würde Chiarah darauf reagieren?
Feen seufzte und blickte auf. Ihr Hirsch trank sich satt und begann zu äsen. Wenigstens er konnte ihr immerzu ein Lächeln auf die Lippen zaubern...
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Murrend rieb Griffin sich die schmerzenden Schultern. Ryu hatte entsetzlich lange Fingernägel bekommen und die wusste er geschickt einzusetzen. Mit schier unglaublichen Reflexen hatte der ehemalige Blauschopf den Angriff des außer Kontrolle geratenen Griffin abwehren und einen Gegenangriff starten können. Im ersten Moment hatten sie sich gegenseitig in die Augen gestarrt wie zwei wilde Tiere, die kurz davor waren in einem erbitterten Kampf herauszufinden, wer der stärkere war und wer von beiden den Anspruch auf das Territorium hatte. Der Blick in ihrer beider Augen hatte deutlich ein starkes Konkurrenzverhalten gezeigt. Aber dennoch hatten sie schnell voneinander gelassen, ihre Angriffsversuche beide zum Erliegen gebracht und den anderen freudig begrüßt. Hatten sie sich also schließlich doch noch getroffen. Hier. Mitten im Nirgendwo. Irgendwo in Myrtana. In der Nähe eines Ortes, den beide spürten, aber niemand jemals gesehen hatte.
Nach den üblichen Floskeln, Scherzen und freundschaftlichen Gesten hatten die beiden Männer schnell zu wichtigen Themen gewechselt und sich darüber unterhalten, was sie beide spüren mussten. Und tatsächlich bemerkten die beiden einen Sog in dieselbe Richtung. Und zwar in einer Intensität, wie sie es die letzten Monaten, Wochen und Tagen nicht mehr verspürt hatten. Allem Anschein nach, mussten sie dem Ziel ihrer Suche kurz bevor stehen.
»Erm… Griffin?«, fragte Ryu nach einer Weile, in welcher die beiden stumm umhergewandert waren. Der tierische Ausdruck war niemals aus seinen Augen gewichen, genauso wenig wie seine mehr als seltsamen Verhaltensweisen. Er rieb sich mit seinem Handrücken immer und immer wieder durch Gesicht, einmal hatte der junge Hüter sogar einen Blick darauf erhaschen können, wie sein ehemaliger Lehrmeister sich den Handrücken vorher angeleckt hatte. Der Sildener wollte gar nicht so wirklich wissen, woher dieses Verhalten rührte, er fragte sich nur, ob das, was Ryu dort tat, einen Sinn erfüllte. Ihm jedenfalls schien das ganze zu gefallen, denn in unregelmäßigen Rhythmen begann Ryu leise, vorsichtig und scheinbar unterbewusst zu… schnurren. Wie eine dieser Katzen von der irren Katzenlady begann der Templer zu schnurren und sich die Lippen zu lecken. Es war… befremdlich. Sehr sogar. Aber der junge Hüter verstand das Verhalten nur zu gut. Hatte er sich in letzter Zeit nicht auch oft tierisch verhalten? Wilder als sonst? Schneller? Agiler? Vielleicht hatte Ryu sich auch verändert und… schnurrte jetzt. »Kannst du es… kontrollieren?«, fragte Ryu und schaute fragend und neugierig zu gleich zu Griffin. Der jedoch winkte nur kurz ab.
»Wenn du damit meinst, ob ich es… hervorrufen kann. Nö. Es kommt, wann es will, ich kann es… eindämmen. Tu’ ich aber nicht.«
Sprachlos blieb der Hayabusa stehen und schaute schockiert zu Griffin. »Du…du… du lässt es zu?«, stammelte er verdutzt. »Ja, klar. Wieso denn nicht? Wenn ich mich dagegen wehre, hat es sowieso keinen Sinn. Früher oder später bricht es durch jede Blockade, das hast du auch schon gemerkt, nehme ich an. Wieso sollte ich es also unterdrücken? Wieso sollte ich nicht meinen Vorteil aus der ganzen Sache ziehen und mich so… stärker machen?«. Nach einer kurzen Pause, in welcher Ryu sich nachdenklich am Kinn gerieben hatte, fügte Griffin noch etwas hinzu, was ihm wichtig erschien. »Du kannst es ja mal probieren, wenn es wieder so weit ist. Du wirst überrascht sein, welche Möglichkeiten sich dir bieten. Es ist faszinierend die Welt durch die Augen eines anderen Wesens zu sehen. Alles anders wahrzunehmen. Anders zu riechen, zu schmecken, zu fühlen, zu… „denken“.«
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Reichlich unbeeindruckt von dem vergangenen Kampf streckte der junge Ork alle Glieder von sich. Nach dem, was er von diesem Dekker gesehen und gehört hatte, da hatte er sich schon ein bisschen mehr Action erhofft. Der Kampf war viel zu… einseitig. Es war ja wohl von Anfang an klar, dass dieser bullige, grobschlächtige Wurm keine Chance hatte gegen Dekker. Dekker, der zwar ebenfalls ein Wurm war, aber ein kleinerer, agilerer und geschickterer Wurm als dieses fette Stück aufgehäuftem Trollmist mit seiner Nagelfeile. Aber dennoch hatte Dekker ein paar eindrucksvolle Techniken zum Besten gegeben und den Hosenscheisser von Krieger mit Leichtigkeit in die Knie gezwungen. Der lag jetzt im Sand der Arena, rollte sich wilder herum, von links nach rechts und wieder nach links, hieb mit seinen mickrigen Händchen unkontrolliert auf dem Boden herum und flennte wie ein kleines Orkmädchen. Wobei… kein Orkmädchen würde so heulen, wie diese Made. Es war wirklich eine Affenschande, wie dieser Kerl herumschrie, zeterte und heulte. Schlimmer als jedes Orkmädchen. Viel schlimmer. Und wahrscheinlich sogar noch schlimmer als Morramädchen.
Rok Shar erhob seine rechte Hand kurz zum Gruß und winkte Dekker zu sich heran. Wie ihm befohlen wurde, trottete der Orksöldner auf den Ork zu und ein breites Grinsen zierte sein Gesicht. »Ganz schönes Weichei, dieser Versager, was?«, fragte Dekker nach einer kurzen Begrüßung und setzte sich ungefragt neben Rok Shar auf die Bank. Dieser jedoch stand unmittelbar nach dem Setzen des Morras auf und sprach stehend weiter. Selbst, wenn dieser Dekker ein ehrenhafter Kämpfer war und Mut hatte, er war ein Morra und er blieb auch einer. Und zumindest in Roks Augen, hatte ein Ork nichts mit Orksöldnern zu schaffen. »Du besser nicht so abfällig reden über anderes Gewürm.«, brummte der Tätowierte scharf und schaute kurz zu Dekker runter. »Auch, wenn du Recht haben.«, fügte er freundlich hinzu und stieß dem Morra kurz mit seiner Faust gegen die Schulter. Auch, wenn er wusste, dass der Morra es nicht verstehen würde, so hielt er es doch sehr angebracht, dem Morra seine erlangten Ehren auch gebührend zu würdigen. »Du haben gut gekämpft, Morra. Wo du haben gelernt den Zahnstocher so zu schwingen?«, fragte der junge Ork neugierig, versuchte aber zumindest einen Teil dieser Begeisterung irgendwie zu verbergen. Er wusste selbst, dass er kein guter Schauspieler war und erst Recht nicht, nachdem er so begeistert war von dem Brief von Bollak. Aber Dekker musste ja nicht unbedingt wissen, dass Rok Shar sich mit einer Waffe nicht auskannte.
»Der Kerl war wirklich kein schwerer Gegner.«, rühmte Dekker sich weiter und machte es sich auf der Bank bequem. »Und um auf deine Frage zu antworten, ich habe das Kämpfen in meiner Heimat gelernt. Dort lernt jeder von einem Meister. Und so hat jeder die Möglichkeit, ebenfalls ein Meister zu werden und anderen das Gemeisterte beizubringen.«, erklärte der Morra und brachte Rok Shar damit zum Grübeln. Nachdenklich kratzte der Tätowierte sich an seinem Kinn. »Du meinen… Du bilden Morras aus?« Ein kurzes Nicken von Dekker. »Du haben ausgebildet Ork?« Stummes Kopfschütteln. »Gut, gut. Dann ich werde sein erster Ork, du ausbilden musst. Fühlen dich geehrt, Morra.«, sagte Rok Shar und verschränkte beiläufig die Arme hinter seinem Kopf. Das könnte ja was werden. Lernen von einem Morra, wie man kämpfte…
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Was redete Griffin da? Hatte das Tier schon solche Kontrolle über ihn genommen, dass er es für gut befand? Ryu seufzte lang und tief... Es ausprobieren, wäre "es" wieder so weit. Er war ziemlich froh, dass er Griffin getroffen hatte, so war diese Reise dann nicht mehr ganz so schmerzhaft und die Stimme war auch ein wenig mehr verstummt. Zumindest bekam sie nicht die selbe Aufmerksamkeit, wie zuvor. Nachdenklich schritt er mit seinem Freund und Kampfgefährten durch den immer dichter werdenderen Wald. Seine Gedanken flogen kreuz und quer. Ein Blick zu Griffin warf nur noch mehr Fragen auf. Er kratzte sich desöfteren unter den Ärmen, als ob sich dort irgend etwas eingemistet hatte... Das er den Meisterschützen nie wirklich hatte baden sehen, war ja nichts Neues, aber es machte sich ein komischer Verdacht in Bezug auf mangelnde Körperhygiene in Ryu breit. Dazu kam noch die Behaarung, die auf seinen Armen zugenommen hatte und dieser leicht affige Blick. Und als sie kurz eine Pause machten, kletterte der Kerl tatsächlich auf einen seltsamen Baum und pflückte sich ein krummes, gelbes, längliches Etwas, dass eigentlich recht lecker aussah. Irgendwie seltsam...
-Dein Freund scheint sich nicht gerade gerne zu waschen, Wirt. Aber Hunger hat er! Apropos Hunger... Riechst du den Scavanger dort hinter dem Gebüsch? Sein zartes, saftiges, blutdurchdrungenes Fleisch? Ein Gaumenschmaus, mein Lieber! Warum hörst du nicht auf deinen Leidensgenosse? Warum lässt du mir nicht die Kontrolle und lehnst dich zurück? Das Essen wäre so nahe...- hallte die Stimme in seinem Kopf wieder. Zähneknirschend ballte der Hayabusa die Faust. Am liebsten hätte er sich selbst in den Magen geschlagen, aber ob der Effekt so lohnen wäre? Wohl eher nicht. Immer wieder sprach die Stimme zu ihm. Sie provozierte ihn. Mit sarkastischen und ironischen Sprüchen wollte sie ihn hervorlocken und sie schien nur schwer Erfolg zu haben. Ryu jedoch fiel es noch schwerer, stand zu halten. "Halts Maul! Ich werde nicht auf dich hören, verdammt nochmal!" fluchte er vor sich hin, was nur einen seltsamen Blick von Griffin auf sich zog. Der Templer schaute seinen Kameraden ein wenig verdutzt an. "Ähm... Es... Es ist alles in Ordnung, Griffin... Ich führe... Ja ich führe nur Selbstgespräche, hehe..."
Wieder wanderte sein Blick zu Boden. Es war einfach zum Haare raufen! Wieder kamen Zweifel in ihm auf. Was wenn er auf Griffin hören würde? Wäre die Stimme wirklich so "stärkend"? Wohl kaum... Nein, das was da in ihm steckte, war ein hungriger Parasit, der nur ans Fressen dachte. Ryu würde stärker werden, keine Frage. Aber aus eigenen Stücken. Nicht, indem er faul zusah, wie sich der Parasit seiner bemächtigte, wenn dieser es so wünschte. Es musste eine andere Möglichkeit geben, sich "Vorteile" von diesem Monster zu ergattern. Der Templer würde einen Weg finden, aber aus eigenen Stücken. Ohne, dass er auf die Kraft dieser Bestie zurückgreifen würde. Zumindest wollte er es versuchen.
"Weißt du, Griffin... Ich könnte dem Mann, den ich im Wasser sehe, wenn ich hineinschaue nicht mehr in die Augen schauen, wenn ich daraus hinterrücks Vorteile ziehen würde. Sollte ich mir diese Kraft irgendwann zu Nutzen machen, dann will ich sie beherrschen und nicht unkontrolliert auf diese Welt loslassen... Dafür habe ich Mitmenschen, die mir zu wichtig sind... Du, Ornlu, meine Mädels..." er holte kurz Luft und schaute in den kühlen Nachthimmel. "Sylvie, auch wenn sie wohl nicht wieder kommt... Es muss einen Weg geben..."
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Shibuhya saß wieder in Yasmins Hütte und brütete über der Schatulle, besser gesagt über dem Schloss der selben. Die Ereignisse des Tages hatten ihn wie gewohnt von einem geregelten Training ferngehalten. Hatte er hier noch einem Menschen Mut zugesprochen, musste er dort schon wieder eine Predigt halten, um die Bürger Ardeas zu beruhigen. Viele wussten nicht auf welcher Seite sie nun standen, andere fürchteten sich vor einer erneuten Übernahme durch feindliche Verbände. Shibuhya hatte seine liebe Not damit, diese Bürger zur Ruhe zu rufen, sie waren eben einfach Wankelmütig.
Seit gestern Abend saß er nun an dieser kniffligen Aufgabe, und erinnerte sich stets daran, was er an Yasmins Bann gemerkt hatte. Der Zauber blockierte die Mechanik des Schlosses, soviel war klar, doch dies hinzubekommen, das war wieder was ganz anderes. Bis heute morgen hatte er nichtmal einen einzigen Fortschritt gemacht, doch dann hatte er seine Denkweise geändert. Es hieß, wenn man an einer Sache festhing, dann solle man seine Gedanken vereinfachen, um zur Lösung zu kommen. Ein anderer weiser Mann sagte, dass wenn man alle logischen Möglickeiten eliminiert, die unlogische die Lösung sei, und so hatte er herausgefunden, wie es ging. Doch bis jetzt hatte er nur knapp die hälfte, von dem was er wollte. Er konzentrierte sich, und beschwor in seiner hand eine kleine, wie immer blassgrüne, Aura und dachte an die Mechanik des Schlosses. Er ließ die Aura auf die Mechanik übergehen und verankerte sie zwischen den Zahnrädern, Stiften und Kolben. Es war schwierig, denn er musste das Schloss nicht mit der Aura ausstatten, sondern die Aura in das Schloss einarbeiten. Das Kribbeln war noch immer sehr stark, aber es schwächte von zauber zu Zauber ab, und bald würde es sicher ganz verschwinden. Die Aura war nun in der Mechanik verankert, hatte sich in den Zwischenräumen eingenistet und Shibuhya ließ sie erstarken.
Shib hatte bemerkt, das er die Magie fühlen konnte, als eine starke Präsenz, ein Wesen, das er nicht genau sehen konnte, nur innerhalb der blassgrünen Aura, doch er fühlte sie, und wenn er den Ursprung ausmachte, dann konnte er sie auch sehen. Er nahm den Schlüssel und steckte ihn in das Schloss. Es war schon stärker als in den vorherigen Versuchen, doch nach einigem Ruckeln und drücken gelang es ihm, das Schloss zu öffnen, er fluchte stumm, jetzt hieß es wieder, nachdenken, ausarbeiten und üben, üben, üben.
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Kurz war Dekker entsetzt, bei Jarvo hatte es ja ganz gut geklappt, das Ausbilden, aber bei einem Ork? Einer Kreatur, die ihn jeden Moment aushauchen konnte?
Er musterte den Ork von oben bis unten, ein Riese im Vergleich zu Dekker und auch im Vergleich zu Dekkers Gegner blieb dieser Ork ein Riese... Trotzallem war nciht abzustreiten, dass diese Möglichkeit hervorragend war, um mehr über Raddeck und seinen Mord herauszufinden.
Innerlich wog Dekker ab, der Ork hatte schon mit seiner 'leichten' Abreibung gehörigen Schaden bei Dekker angerichtet, einen heftigeren Zusammenprall würde er nicht überleben, er durfte es nicht darauf ankommen lassen...
Letztendlich hatte Dekker jedoch keine Wahl, er musste, ob er wollte oder nicht, diesen Ork ausbilden...
Knapp nickte er und suchte in dem Gesicht des Orks eine Regung... Und tatsächlich schien der Ork sich irgendwo zu freuen...
Dekker rang erneut sein Unbehagen nieder und stand dann auf, schaute dem Ork ins Gesicht und nickte dann erneut...
'Rok? Hast du eigentlich ein Schwert?'
Der Ork sah nicht mal aus, als könne er sich etwas zum Anziehen leisten und auch die Frage nach dem Schwert verneinte er nun...
'Du wirst nicht kämpfen lernen können ohne Schwert... Hast du wenigstens genug Geld für n ordentliches Haudraufding?'
Stumm nickte der Ork und setzte sich dann in Bewegung und Dekker trappelte brav hinter ihm her...
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Verdutzt kratzte Griffin sich am Hinterteil und starrte zu Ryu. Erst redete der Kerl mit sich selber, dann redete er gar nicht und dann kam er plötzlich auf Themen zurück, die sie vor Minuten angesprochen hatten. Was war los mit dem Ryu, den Griffin vor mehr als anderthalb Jahren kennen gelernt hatte? Mit dem Ryu, der immer offen, immer lustig und immer unbeschwert durchs Leben ging? Hatte dieser Ryu etwa plötzlich gelernt, was es hieß Verantwortung zu übernehmen? Hatte dieser Ryu gelernt, was es bedeutet, wenn man für andere Menschen da ist, wenn andere Menschen einem etwas bedeuten, wenn man selbst in der Lage war, andere zu beschützen? Hatte der unbeschwert lockere und immer lustige Ryu etwa nach langen Jahren wirklich den Ernst des Lebens kennen gelernt? Hatte er gelernt, was es hieß ein Erwachsener zu werden? Griffin konnte es noch nicht ganz fassen. Ryu… ein verantwortungsbewusster Kerl? Das, was ihnen beiden innewohnte und das, was ihnen beiden bevorstand, musste wirklich eine enorme Wirkung haben.
Griffin mochte Ryu, er mochte ihn wirklich. Er war ein hervorragender Kämpfer und ein wirklich absolut genialer Ausbilder. Aber eine Art des Sildeners war eben, dass er immer alles ausprobierte. Liebe mit einer Frau. Mit zwei. Mit drei. Mit fünf. Mit zweihudnertvierundzwanzig. Ein Ryu, der über alles nachdachte, sich Gedanken machte, etwas nicht ausprobierte… das war ein sehr ungewohnter Ryu.
»Das ist der Punkt, mein Lieber.«, erklärte Griffin. »Das Tier in dir darf nicht ausbrechen. Bricht es aus, fällst du binnen weniger Augenblicke in Ohnmacht…. Hoffe ich. Bei mir ist es noch nie so weit gekommen. Zum Glück. Ich weiß nicht, was passieren würde, aber ich denke, dass Körper und Geist als… Schutz… den Betrieb aufgeben. Alle Lichter gehen aus, du bist K.O. D as war’s. Die Geschichte ist aus. Beim nächsten Mal vielleicht. Wenn du dir aber der Kraft bewusst wirst und sie bei einem Ausbruch ein bisschen weniger in Ketten legst, kann das zu enormen Steigerungen deiner Fähigkeiten führen.«, erklärte Griffin seinem Waffenbruder und langjährigem Freund.
»Aber ich kann dich verstehen. Bisher war ich alleine unterwegs, da wäre bei einem Ausbruch nicht viel passiert. Aber jetzt, jetzt sind wir zu zweit. Wer weiß, was da passieren könnte.«, fügte er anschließend noch an und duckte sich mit Ryu unter einem Ast durch, ehe ihre beiden Blicke auf etwas fielen, das so gigantisch war… und doch fehlte. Oder vielleicht eben durch das Fehlen gigantisch wurde.
Vor ihnen erstreckte sich eine Schlucht, deren Boden Griffin nicht erkennen konnte. Auch nach links und rechts verlief sich das Ende der Schlucht im Nichts. Es schien unmöglich dort vorbeizukommen. Geschweige denn darüber.
Aber irgendetwas in Griffin verriet, dass sie beide gar nicht über die Schlucht drüber mussten.
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Erschrocken blieb der junge Ork stehen und blickte seinen… Ausbilder vorwurfsvoll an. Dachte dieser Morra wirklich, dass ein Ork kein Geld haben könnte? Nur, weil Rok Shar kein Oberteil trug und nicht bis an die Zähne mit irgendwas bewaffnet war, was er sowieso nicht benutzen konnte hieß das noch lange nicht, dass er einer dieser ärmlichen Morraschweinen war. Einer dieser dreckigen Söldner, die ihre Seele für einen Sack voll Gold verkaufen würden. Die sogar ihr ganzes Volk für eine Hand voll Goldmünzen verrieten. Nein, Rok Shar verdiente sein Geld noch mit ehrlicher Arbeit. Er diente dem orkischen Imperium und wurde dafür entlohnt, so, wie es sich gehörte. Und nebenbei hatte er noch ganz nette Nebeneinkünfte, wenn er zum Beispiel mit Gorbag und Tat’ank’Ka unterwegs war oder für Faren irgendwelche Morras herumprügelte, einschüchterte und ihre Miete einholte. Es gab eben Dinge, die mochte und ihm Geld brachten und es gab Dinge, die er nicht mochte und ihm Geld brachte. Aber beides musste getan werden, um einen anständigen Ruf bei den Orks zu erlangen.
»Ich haben genug Geld, machen dir keine Sorgen, Morra. Und du nicht denken müssen, dass ich brauchen einfaches „Haudraufding“ oder „Haukaputt“, nur weil ich nicht sprechen gut eure Sprache. Aber du haben Recht, Morra. Wir erst mal kaufen einfaches Waffe für mich. Meine Waffe geschmiedet werden soll von jemand, der Ahnung hat und nicht von Stümper-Morra, der alles kaputt machen.«, erklärte Rok Shar seinem neuen Ausbilder und folgte ihm wieder.
»Wenn wir einmal unterwegs, wir müssen kaufen Anziehen für mich. Im Moment reicht noch, aber für Winter es könnte werden etwas kühl.«, sagte der Tätowierte mit einem Lächeln, welches sein Ausbilder erwiderte. Dieser Morra war kein schlechter, wahrlich nicht. Auch, wenn er sich noch manchmal mit dem Verhalten gegenüber einem Ork schwer tat, so war er im Grunde doch endlich mal ein Morra, den das orkische Imperium gebrauchen konnte. Wenn dieser Morra sich anstrengen würde, dann könnte er eines Tages mal einen sehr ansehnlichen Ruf bei dem Orks erlangen. Rok Shar zumindest hielt schon jetzt große Stücke auf ihn. Ein Söldner, der sich gegen seinen Bezahlenden auflehnte und sich selbst dem härtesten Kampf stellt ohne zu kneifen und vor Angst zu bibbern, der hatte es wahrlich verdient als jemand anerkannt zu werden, der mehr wert war als die meisten der anderen Orksöldner.
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Bauernhof
Ulrich hatte den Kampf letzten Abend also gewonnen, der Anführer hatte keine Chance, genauso wie Matthew sich die Sache vorgestellt hatte. Nun sollten die Rebellen die Bauernhöfe bewachen, 6 Stück pro Hof. Der Bauer war zwar zu Beginn nicht begeistert von der Idee, doch nachdem Ulrich noch mal mit dem Bauer gesprochen hatte war er einverstanden sich beschützen zu lassen. Diesen Befehl nutzte der Waffenschmied und Rebell natürlich aus um es sich einfach nur gut gehen zu lassen. Einen Bauernhof bewachen war die einfachste Arbeit die er sich im Moment vorstellen konnte. Klar würde es eine ernste Angelegenheit werden wenn Banditen oder Orks auftauchen würden, aber warum Stress machen? Sie waren nicht da und wenn sie kommen würden dann wäre es gut schön ausgeruht zu sein. Diesen Tag über hatte Matthew nichts anderes getan als sich auf die faule Haut zu legen und sich auszuruhen. “ Willst du nicht mal mit anpacken?” Hatte der Bauer zur Mittagszeit gefragt. “ Bist du irre, jetzt kommt mal eine Minute die Sonne raus und ich bin nicht am erfrieren und da redest du von Arbeit!” Hatte Matthew gemeint und zu Colodis hinüber geschaut. Sein stämmiger Freund war nämlich auch nicht nach Arbeit, und da der sowieso nur eine art Gast war maulte man ihn auch nicht an.
Doch zu Essen gab es hier trotzdem nur wenig, die Banditen hatten wohl einiges geklaut, und die Belagerung war auch nichts für die Bauern. “ Na ja, wenigstens müssen wir nichts tun…” Meinte Matthew achselzuckend und erhob sich nun endlich mal. “ Falko, Colo, wir machen jetzt mit dem Training weiter, ihr habt schon viel zu viel gefaulenzt! Falko, du hattest zuletzt das Klettern nicht? Gut, dann wollen wir heute mal was anderes probieren. Heute wollen wir mal testen wie viel Mut du hast und wie viel Kraft in deinen mickrigen Beinchen steckt. Du kletterst auf…” Der Anwärter sah sich um. “ Diesen Baum da! Siehst du den Ast? Der Ast der da so alleine aus dem Stamm wächst? Da haste viel Platz zum springen ich will das du da hoch kletterst. Nun mach schon!” Falko rannte los.
“ Nun zu dir mein Dicker…” triezte der Lehrer den Nordmann. “ Du meinst zwar du hast im Nahkampf schon einiges drauf, aber das stimmt nicht.” Colodis sah ein wenig wütend drein, doch Matthew grinste nur und fuhr fort. “ Gegen unbewaffnete Gegner weist du was zu tun ist, das ist schon mal was, gegen bewaffnete Angreifer kannst du auch schon etwas ausrichten. Das ist auch schon mal nicht schlecht. Aber dir muss klar sein das du noch viel üben musst bis du die Sachen perfekt drauf hast, ich kann dir zeigen wies geht, es beherrschen musst du selbst. Ich hoffe das ist klar?” Colodis wirkte überrascht über diese Rede, nickte aber. Das brachte den jungen Waffenknecht zum grinsen. “ Gut, dann wollen wir heute mal etwas neues Testen.” Matthew lies Colodis kurz stehen und erklärte Falko was er machen musste:” Du hüpfst jetzt immer zuerst vorwärts und dann rückwärts von dem Ast. Versuch dich so abzurollen wie wir es schon geübt haben.” Falko begann sofort mit seinem Training. “ So Colodis, du schnappst dir jetzt die Schubkarre und kommst mit.” Matthew führte seinen gut eingekleideten Freund zu dem Haufen Müll den die Bauern heute schon entsorgt hatten. Es waren kaputte Werkzeuge, undichte Fässer, alte Pfannen, Ketten und noch viel anderer Schrott dabei. “ Alles aufladen!”
Befahl der Lehrer und wartete darauf das Colodis dass ganze Zeug zum Rand des Hofes schaffte.
Einige Minuten später war der ganze Unrat am Rand des Hofes, also Ketten, Fässer und kaputtes Werkzeug. “ Was soll ich mit dem Schrott?” “ Das mein Freund kann dir eines Tages das Leben retten!” Meinte Matthew, während er das sagte dachte er noch mal genauer nach und meinte dann:” Nun ja, das vielleicht nicht aber es ist auf jedenfall nützlich das mal zu machen.”
Der Anwärter nahm sich eine Kette aus dem Haufen, wickelte sie sich um die Faust und demonstrierte Colodis das man mit einer Kette um die Faust effektiv zuschlagen konnte. “ Du kannst das ganze Zeug hier prima als Waffe benutzen, und zwar so gut wie alles. Wir werden jetzt ein par Runden gegeneinander Kämpfen, nach jeder Runde werden wir ne neue “Waffe” nehmen. Gut, ich fang mit der Kette an, wähle deine Waffe!”
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Ardea
Der Admiral beobachtete mit einem zufriedenen Lächeln wie nach und nach ein Baumstamm nach dem anderen in die kleine, verfallene, ja fast schon Ruinenstadt gebracht wurde. Die Männer waren eifrig, sowohl die Bewohner Ardeas, als auch Leute aus der Bürgerwehr, Rebellen, Soldaten und sogar ein paar starke Hände aus Nordmar. So viel Trubel wie jetzt hatte das kleine Fischerdorf gewiss seit Generationen nicht erlebt; es ging förmlich auf in Betrieben und Arbeit. Schmiede hämmerten Tag und Nacht an neuen Werkzeugen, Schreiner sägten die Stämme in handliche Bretter und ein Baumeister organisierte den Wiederaufbau von Hütten, Lagerhäusern, einem Spähturm und natürlich des beschädigten Haupthauses.
Wenngleich Ronsen nicht mit raus zu den Holzfällern gegangen, sondern scheinbar faul in der Stadt geblieben war, so hatte er dennoch ein wachsames Auge über alle Fortschritte im kleinen Dorf und half schon hier und da mal mit anzupacken. Eine gute Zeit aber nutzte er auch dafür, wieder an seinem Zweihänder zu trainieren. Irgendwann würde Medin ihn auf die Probe stellen... und dann musste er bereit sein!
Und wie es schon immer war und auch immer sein würde, so trainierte er gerne in den Abendstunden und genau dann, wenn irgendein Bote kam und ihm etwas unglaublich wichtiges sagen musste. Er senkte das mächtige Krummschwert zu Boden, wischte sich über die verschwitzte Stirn und wies den jungen Knappen mit einer Geste an, er solle schnell machen und ihn dann in Ruhe lassen. Der Bursche begann zu sprechen.
"Für den König, Sir. Ich bringe Nachricht vom Hafen. Ein Diplomat der Wassermagier fragt nach den Waren, die wir unseren Bündnispartnern versprochen haben."
Ronsen nickte grummelnd. Als hätte er es geahnt.
"Du kommst direkt aus Vengard? Ist er noch da?"
"Ja Sir!"
"Gut...", der Admiral fuhr sich durch den wuschigen Bart, "Gib das an Lefty weiter: Er soll dafür sorgen, dass der Herr sich noch ein paar Tage geduldig in der Stadt aufhält. Die Fällaktionen sind bereits im Gange, demnächst wird eine Fuhre Stämme nach Vengard kommen, die fahr ich mit ihm dann runter nach Al."
Er überlegte kurz, dann fügte er hinzu: "Du kannst ihm auch sagen, dass die militärischen Forderungen erfüllt werden. Er wird wissen, was gemeint ist. Alles klar?"
"Ja Sir."
"Wegtreten."
Ronsen blickte dem Burschen noch nach bis er zwischen den engen Winkeln der Stadt verschwunden war, dann seufzte er.
'Verdammte Pflichten...', und er nahm den Zweihänder und trainierte weiter...
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Es war spät geworden, Dekker und Rok stapften durch die Gassen Monteras auf der Suche nach einem anständigen Schlafplatz und unterhielten sich dabei, wobei sich Dekker eine komplette Vorgeschichte für einen Orksöldner einfallen lassen musste...
'...aus Gothar, dort stammt meine Familie her, dort hab ich früh gelernt zu kämpfen, bis meine Eltern plötzlich nach Vengard aufbrachen, wir fuhren per Schiff, doch kaum in Vengard wurde mein Vater von den Stadtwachen verhaftet und meine Mutter musste nun allein für mich aufkommen... Doch dieses Joch konnte sie nicht lange tragen, ein halbes Jahr nach unserer Ankunft starb sie, drei Monate später krepierte mein Vater im Gefängnis... Ich war allein... Ne Weile hab ich mich durchgeschlagen, ehe ich mich in die Wildnis begeben habe, dort traf ich dann letztendlich einige Söldner, schloss mich ihnen an und bestand einige Abenteuer mit ihnen... Bis wir, nachdem wir ein paar Händler ausgenommen hatten in Streit gerieten, plötzlich hauten wir uns gegenseitig die Köpfe ein... Und letzten Endes landete ich hier, weil ich der Letzte war, der stehen konnte und kurz darauf ein lukratives Angebot von einem Söldnerführer erhielt...'
Irgendwie fühlte sich Dekker mit Rok verbunden, vor einigen Tagen hatten sie sich getroffen, aber nur kurz, hart und flüchtig, und jetzt liefen sie gerade einmal ein paar Stunden durch die Stadt... Vorhin hatten sie sich noch am Markt ein Schwertchen für Rok andrehen lassen -das Ding war deutlich größer, schwerer und länger als Dekkers Schwert, er konnte es kaum heben, geschweige denn führen... Aber Rok führte es wie einen Zahnstocher- und seitdem erzählten sie sich voneinander.
Dekker traute sich noch nicht an das Thema Raddeck heran, zu unsicher war er noch in seiner Rolle, er wollte Rok erst darauf ansprechen, wenn dieser voll und ganz von ihm überzeugt war... Dann konnte er loslegen...
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Den ganzen Tag streiften die Rebellen durch die Gegend, von einem Bauernhof zum anderen, Ziel des Kommandanten war es, auf jedem Hof einige Männer zu stationieren. Doch das war leichter gesagt als getan, die meisten Bauern wollte nicht, zumindest Anfangs nicht. Für sie waren Banditen und Rebellen das gleiche, wer wollte es ihnen verdenken. Die letzten Plündrereien waren da alles andere als hilfreich, hatte die Leute noch misstrauischer gemacht als sie ohnehin schon waren. Sie hatten es wahrlich nicht leicht. Erst mussten einige für die Orks schuften, die anderen hohe Abgaben an Vengard aufbringen. Dann verloren sie während des Krieges fast alles. Viele Gebäude waren beschädigt worden, ein Großteil der Ernte von Orks zerstört, als die Armee sich ihren Weg nach Vengard bahnte. Dann kamen die Banditen. Kein Wunder das die Bauern missmutig und ablehnend waren. Einige konnte Ulrich durch Gespräche überzeugen, das die Rebellen wirklich nur Gutes im Schilde führten. Keine Bezahlung, keine Gegenleistung, nur das Essen für die Männer, die abgestellt würden. So wurde die meisten Verträge, wenn man sie so nennen wollte, bis zur nächsten Ernte, per Handschlag abgeschlossen. Dann müsste man neu verhandeln und schauen was die Bauern möglicherweise noch abzweigen könnten.
Am Ende waren dann doch alle zufrieden, die Bauern hatten ein Gefühl von Sicherheit und die Männer der Rebellen eine neue Aufgabe. Mit denen die keinen Schutz wollten müsste man irgendwann noch einmal reden, vielleicht war das direkt nach den Überfällen einfach der falsche Zeitpunk, so der Gedanke des Paladins. Kurz vor Reddock entließ er die Männer ins Lager, er selbst marschierte weiter Richtung Ardea. Dort wollte er sich mal umschauen und eventuell einem Befehlshabenden über die Lage im Küstengebiet informieren.
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Gotha
Die kalte Steinwand im Rücken, schaute Tavik zum Nachthimmel hoch und ließ wirklich den Gedanken zu, dass dies hier ihr Grab werden könnte. Obwohl, nicht einmal das war hier so sicher. Wahrscheinlicher war eher die Annahme, dass sie nicht viel von ihrem Ableben haben würden. Doch nicht nur der Tod durch den Untod war hier möglich, nein, auch Mutter Natur trug ihr übriges bei, schenkte ihnen gerade jetzt einen Hang, an dem sie entlanggehen mussten, der aufgeweicht und schlammig vom letzten Regenfall war.
„Entweder die Zombies erwischen uns oder wir stürzen in die Tiefe“, meinte Tavik und lachte bitter. Rethus grinste nur, konzentrierte sich mehr auf seine Füße. „Keine rosigen Aussichten.“
Nach einigen Minuten erreichten sie einen Abschnitt der Mauer, der stellenweise eingestürzt war. Die sollte ihr hoffentlich totenfreier Eingang in das dunkle Schloss sein.
„Was hat die Mauer zum Einsturz gebracht, Tavik?“
„Gute Frage. Vielleicht der Dämon oder, was mir um einiges lieber wäre, die Orks bei ihrer Belagerung.“ Auf den fragenden Blick von Rethus fügte er hinzu: „Nun, wenn der Dämon hierfür verantwortlich ist, kann man neben seinem enormen magischen Potenzial auch von einer ungeheuren körperlichen Kraft ausgehen. Wahrscheinlicher ist aber wirklich, dass die Mangen der Grünhäute dafür verantwortlich sind.“
Problemlos krochen sie den Schutthaufen hoch und lugten vorsichtig über den Rand von Steinen, modernden Holzbalken und dem ein oder anderen Skelett.
„Alles sauber“
„Bei Innos“ Rethus schaute seinen Lehrmeister seitlich an. „Schau dort hoch. Siehst du den Aufgang dort an der Seite. Und den Raum dort. Das ist unser Ziel, das ist diese gottverdammte Burgbücherei.“
„Heißt das also, wir müssen da hoch?“
„Natürlich heißt es das. Wir können nur hoffen, dass dort oben nichts Untotes rumlungert oder die Treppe bei unserem Gewicht zusammenbricht.“ Tavik richtete sich auf, unterschätzte jedoch leider immer noch die einwirkende Kraft des Dämons. Er schwankte etwas, konnte sich gerade noch halten. Die Ausgeburt Beliars war nahe, sehr nahe. Das Aufstellen der Nackenhaare, ein fahler Geschmack auf der Zunge und ein erneuter Übelkeitsschwall verrieten das.
„Los Junge, hoch dort.“
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