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So eine arrogante eingebildete Ziege... dachte Estefania über die Schlitzäugige. Sie hatte sie wieder an einen der anderen Tische gesetzt, obwohl die Diebin eigentlich gemeint hatte sie solle an ihren Geburtsort zurück kehren. Das hatte sie wohl missverstanden.
Die ganze Situation schien Sinistro etwas aus dem Konzept gebracht zu haben. Estefania musste zugeben, etwas eifersüchtig war sie gewesen aber ihm machte sie gar keinen Vorwurf. Manche Frauen benahmen sich nun mal wie falsche Schlangen und dieses Exemplar schien zudem noch ein einnehmendes Wesen zu haben. Trotzdem ließ sie es sich nicht nehmen ihn auszufragen wie es zur der Situation gekommen war.
"Sag mal... mit was macht ein anständiger Hohepriester so eine Person auf sich aufmerksam?" Er versuchte gerade sich eine Entschuldigung einfallen zu lassen, wo er doch gar nichts gemacht hatte außer ein paar Schriften zu studieren. "Ach lass mal... ich bin dir doch nicht böse. Ich glaube nur in einem Punkt hat sie recht. Scheinbar muss ich besser auf dich acht geben..." zwinkerte sie ihm zu und grinste.
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Gerade hatte Elonhil ein paar Minuten Pause hinter sich, bisher verlief das Training überhaupt nicht gut für ihn.
Die Körperstöße mit dem Schild machten ihm doch schwer zu schaffen. Er selber konnte sie nur mit Mühe abwehren und wenn er selber mal einen ansetzen wollte verlor er sein Gleichgewicht, weil sein Lehrmeister ihn einfach ins Leere laufen ließ.
Vieles musste der junge Bursche bedenken, mit dem Schild und genau das fiel ihm doch noch schwer.
Erneut setzte er einen neuen Angriff an und diese Mal hätte er ihn fast selber abgebrochen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er wirklich mal Erfolg haben würde und war dadurch doch etwas geschockt gewesen.
Jetzt hoffte er aber den Dreh endlich raus zu haben, versuchte aber trotzdem erst mit dem Schwert eine Lücke bei seinem Lehrmeister zu finden. Er spürte natürlich, dass Odinson nicht alles gab, trotzdem musste er auf alles achten was ihm nur weiter helfen konnte. Jede Lücke in der Deckung nutzen und nach Möglichkeit auch seinen Gegner zu Fehlern zwingen, was nun aber nicht wirklich Möglich war.
Das Gewicht seines Schildes war er nun gewöhnt, so wirklich machte das ihm nichts mehr aus aber auch wenn er sicher nicht auf den Kopf gefallen war schien es einfach nicht ganz rund zu laufen.
Vielleicht kam ihm das auch nur so vor, Möglich wäre es ja schon aber glauben konnte und wollte er nicht so recht. Er durfte aber auch nicht zu viel nachdenken, Elonhil musste sich zwingend nur auf das Training konzentrieren, sonst würde es nie was werden.
Gerade musste er auch schon wieder einen Angriff abwehren und landete dabei fast noch auf seinem Hinterteil. Elonhil hatte sich aber noch fangen können und somit auch gleich einen Konter gesetzt. Diesen Augenblick musste er ausnutzen, auch wenn es ihm schwer fiel aber jetzt rechnete Odinson wohl am wenigsten mit einem Angriff. Nach einem diagonal geschlagenen Hieb wuchtete sich Elonhil mit voller Kraft gegen seinen Lehrmeister, seinen Schild nutzte er da sozusagen als Rammbock und der Angriff kam sogar durch.
Sicher keine Schwierigkeit für seinen Lehrmeister aber ihn selber baute das wieder enorm auf, es war ein richtiger Motivationsschub gewesen.
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Estefania wollte also besser auf ihn Acht geben? Irgendwie wusste Sinistro mit dieser Aussage nichts anzufangen, geschweige denn, dass er bis jetzt verstanden hatte, wieso sich die Frau mit den seltsamen Augen ihm so genähert hatte. Oder weshalb sie so amüsiert erschien, als sie Estefanias Reaktion auf ihren Annäherungsversuch bemerkt hatte. „Frauen sind und bleiben ein Rätsel“, dachte der Magus, doch ließ diese Worte in seinem Kopf und teilte sie nicht mit seiner Umwelt.
Wieder saß der Magier in der Taverne, er hatte die Schriftstücke vor sich aufgeschlagen und versuchte weiterhin, Zusammenhänge zwischen sich und dem Niedergeschriebenem zu erkennen. Er hoffte inständig darauf, den Mann zu finden, der ihn damals ausgebildet haben soll. Doch wusste er auch, dass jener schon sehr alt sein müsste. Vielleicht war er schon lange in das Reich Beliars eingegangen.
Der Magier blickte kurz von seinen Unterlagen auf und die junge Diebin lächelte ihn an. Sie hatte ihre Versprechung wahr gemacht und ihn heute kaum einen Augenblick alleine gelassen, sie grinste ihn an und lächelte das unschuldigste Lächeln, das der Hohepriester je gesehen hatte. Und zwangsläufig musste er auch selber Grinsen.
„So, genug gelesen für heute, oder was meinst du?“ Estefania nickte und machte den Vorschlag, dass man doch nun noch ein wenig essen sollte, sie zumindest hätte inzwischen tierischen Hunger und nach dem Frühstück, ebenso wie er, nichts mehr zwischen die Zähne bekommen.
Sinistro legte die Stirn in Falten. Hatte er wirklich den ganzen Tag damit verbracht, die Pergamente zu studieren? Ein wenig befremdet blickte er sich um und musste erkennen, dass es hier in der Taverne inzwischen ebenso voll war wie jeden Abend. Und er musste erkennen, dass die Sonne lange untergegangen war. Ungläubig antwortete er seiner Begleiterin:
„Wieso… du hast doch nicht etwa… den ganzen Tag? Und wieso… mich nicht abgelenkt?“ So wirr wie seine Worte war auch sein momentaner Geisteszustand. Und weshalb Estefania nicht schon längst einen Ton gesagt hatte, ihn nicht längst hier sitzen gelassen hatte, verstand der Hohepriester nicht wirklich.
Geändert von Sinistro (30.09.2008 um 22:25 Uhr)
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Magier und ihre Schriften... dachte Estefania und grinste. Ja, sie hatte auf ihn aufgepasst. Aber eigentlich nur nebenbei, denn ihre Hauptbeschäftigung war gewesen mit einem Hütchenspiel die Gäste der Taverne abzuzocken. Immer wieder hatten die Männer darauf gewettet das sich der kleine rosa Edelstein unter diesem oder jenen Becher befand. Leider, oder auch zum Glück der Diebin, hatte keiner Recht behalten. Das Kuriose an der Sache war, dass Der Magier nichts davon mitbekommen hatte. Diese Schriftstücke mussten verdammt interessant sein.
"Es gibt Suppe, Säbeltiegerlendchen mit Rosenkohl, dazu Kartoffeln und zur Nachspeise das Himbeereis mit Schokosoße." Dieses Menü schlug die Bedienung vor weil es ja keine Karte gab. "Hey das hört sich doch gut an, nicht wahr?" fragte Estefania Sinistro. Er stimmte ihr zu und hatte an diesem Abend keine Sonderwünsche anzumelden. Vielleicht schmeckte es auch so gut wie es sich anhörte. Er bestellte noch eine Karaffe Wein und dann waren sie für eine Kurze Zeit wieder unter sich.
"Konntest du denn etwas herausfinden?" fragte die Diebin und ihr Blick galt den Schriftrollen, die Sinistro vorhin zur Seite geschoben hatte.
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„Hmm, leider nicht wirklich. Ich weiß, dass ich im Kloster nach einem Mann namens“, der Magier blätterte in seinen Unterlagen, „nein, einem Mann unbekannten Namens suchen muss, ich denke, er wird mich erkennen und nicht umgekehrt. Alles sehr…“, der Magus hielt einen Augenblick inne, „alles sehr kompliziert und ich weiß nicht, ob es gut ist, dich dort mit hineinzuziehen. Aber ich denke, dass ich es dir sowieso nicht lange verbergen werden kann, wenn du mich ins Kloster begleitest. Mein ehemaliger Mentor soll sich dort aufhalten und in diesen Schriften waren ein paar Informationen, die ich benötigen könnte. Mehr werde ich hoffentlich erfahren, wenn diese Reise zu einem Ende gekommen ist.“
Wenn sie denn zu einem Ende käme. Sinistro hatte das erste Mal seit langer zeit nicht das Gefühl, das Kastell zu vermissen, fühlte sich heimisch, wenn er mit Estefania zusammen war und genoss die Nächte mit der jungen Diebin, die so heißblütig waren, dass er den Frost um sich herum in dieser Einöde komplett vergessen hatte. Der Hohepriester grinste erneut und blinzelte Estefania zu. Ja, man konnte sagen, dass er sich auch auf diese Nacht wieder freute, darauf…
Er nippte an seinem Wein und wartete geduldig darauf, dass endlich ihr Mahl auf dem Tisch erschien. Andererseits- so langsam sollte sich der Magier ein wenig zurückhalten damit, Gold zu verschwenderisch auszugeben, er wusste nicht, wie viel er im Kloster noch brauchen würde.
„Aber lass uns das Thema wechseln, ich habe mich heute zu lange mit dem Kloster und der Vergangenheit befasst. Sag mir, wo siehst du deine Zukunft? Willst du den Rest deines Lebens frei und unabhängig die Welt erkunden, immer dort sein, wo es gerade etwas zu holen gibt auch noch im hohen Alter, alleine in den Wäldern schlafen und überleben? Oder denkst du darüber nach, dich irgendwo häuslich einzurichten, einen reichen Mann zu heiraten und- nun ja, ihn um sein Geld zu bringen?“ Wieder grinste der Magier, er hoffte, Estefania würde seine Art des Humors verstehen und es ebenso aufnehmen, wie er es meinte.
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Estefania verschluckte sich an dem Löffel Suppe den sie gerade schlürfte. Was war das denn jetzt gewesen? Ein Angebot den Rest ihre Lebens im Kastell zu verbringen? Zuzutrauen wäre es ihm, oder? Nein eigentlich nicht. Die Diebbin konnte nicht einschätzen wie erst diese Frage gemeint war. Gerade als sie sich eine Antwort parat gelegt hatte, stieß sie Jemand von hinten an den Kopf und sie duckte ihre Nasenspitze in den Suppenlöffel.
"Das haben wir gern. Erst uns über den Tisch ziehen und sich dann mit ergaunerten Gold gut gehen lassen." sagte einer der Spieler von vorhin. Estefania war sauer. Sie hier beim Essen zu stören war schon eine Unverschämtheit. Sie putzte sich ihre Nase und stand auf. Sinistro sah sie dabei etwas überrascht an, weil er ja von der Zockerrei nichts wusste.
"Ich sage dir mal was! Wenn du deine Augen nicht von meinem Ausschnitt lösen kannst um genau auf die Becher zu gucken ist das dein Problem."
Diese Antwort wurde von den anderen Anwesenden begrölt und er gab sich geschlagen und zog ab. Sinistro hingegen forderte eine Erklärung. Mit einem recht ernsten verständnislosen Blick sah er die Diebin an.
"Wer nicht verlieren kann der sollte nicht spielen!" war Estefanias Kommentar dazu und sie kaute herzhaft das Stück Fleisch in ihrem Mund. Ab jetzt konzentrierte sie sich nur noch auf ihren Begleiter. Schmunzelnd beobachtete sie ihn, jede seiner Bewegungen, wie er an seinem Wein trank... sie freute sich schon wahnsinnig auf den Nachtisch... und nicht nur auf das Himbeereis mit Schokosoße...
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Im Schein einiger Fackeln dauerte das Training immer noch an. Elonhil war eigentlich schon am Ende seiner Kräfte, wurde aber immer weiter gefordert. Das Schild spielte eine immer größere Rolle und das gefiel dem jungen Burschen.
Die Abwehr war momentan nur sekundär, sein Schild nutzte Elonhil mehr als Waffe, um seinen Gegner zu schwächen. In diesem Fall war sein Gegner auch sein Lehrmeister und da hatte er natürlich keine guten Karten aber er machte sich.
Elonhil wurde immer sicherer, immer mehr Angriffe von ihm kamen durch, wobei er aber sicher davon ausging, dass Odinson nicht alles gab. Leider bekam er auch noch sehr viele Hiebe mit und das schmerzte auf Dauer doch sehr.
Eigentlich musste er bei einem Angriff aber auch in der Defensive gleich vorgehen wie bei einem Schwertkampf. Ein fester Stand war wichtig wenn er einen Angriff abwehrte und flexibel musste er sein wenn er selber angriff. Immer noch wurde sein linker Arm nach einiger Zeit schwer und das Training fiel ihm natürlich nach einigen Stunden auch immer schwerer. Das war aber normal und würde sich mit der Zeit immer weiter verbessern. Elonhil holte wirklich alles aus sich heraus, ging gar über seine Grenzen um das Training zu überstehen.
Ihm war ganz klar was von diesem Training alles abhing und das gab ihm noch einen extra Schub Motivation, ohne diesen hätte er vielleicht sogar schon aufgegeben, so aber hielt er durch und würde sich sogar auch ständig verbessern.
Schnell musste er sein, mit dem Schild immer in einer Position, die ihm erlaubte anzugreifen und zu verteidigen. Da half ihm sicher seine Akrobatikausbildung aber alles war das natürlich nicht. In seinem Kopf ging er alles durch was er bisher gelernt hatte und versuchte dies eins zu eins umzusetzen. Ganz gelang ihm das noch nicht aber Elonhil war sich sicher, dass er in den nächsten Tagen auch da Fortschritte machen würde.
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Einen kräftigen Hieb hatte der junge Bursche gegen seinen Kopf bekommen und war daher einige Zeit außer Gefecht gesetzt gewesen. Jetzt ging es aber wieder und er wusste genau was er zu tun hatte. Er wollte seinem Lehrmeister zeigen was er wirklich konnte und auch wenn der Schädel noch etwas brummte dachte er positiv.
Mit dem Schild an sich war er schon recht vertraut, heute kam aber eine neue Übung dazu und daher versuchte er immer etwas Abstand zu behalten. Mit einem Ausfallschritt versuchte er sich schnell zu nähern und dann mit seinem Schild zuzuschlagen. Immer noch würde er gegen seinen Lehrmeister nicht gewinnen können, darum ging es aber auch nicht. Der junge Sildener musste lediglich die ihm gestellte Aufgabe gut rüber bringen und das versuchte er natürlich auch.
Er war durchtrainiert und fit, trotzdem verlangte das Schildtraining einiges von ihm ab, mit dem er so nicht gerechnet hätte. Sein starker Wille und die Tatsache, dass es nicht seine erste Ausbildung war, waren sicher von Vorteil aber auch wenn er es nicht so wirklich wahrhaben wollte hatte er körperliche Schwierigkeiten.
Weiter hielt er mit seinem Schert seinen Lehrmeister auf Abstand um dann im richtigen Augenblick schnell nach vorne zu stoßen und die Distanz schnell überwand um den Schwung zu nutzen und effektiv mit dem Schild zuschlug.
Das wiederholte sich immer wieder aber trotzdem musste er die Angriffe seines Lehrmeisters Odinson erst einmal abwehren. Das war alles andere als einfach und Elonhil musste alles aufbieten was er so drauf hatte.
Übermütig durfte er nicht werden, das war ihm klar, immer im Hinterkopf haben was er konnte und eben genau dies so gut es nur ging in die Tat umsetzen. Was ihm dabei so gut gefiel, was es aber eben auch umso schwerer machte war, dass der Schild so vielseitig einzusetzen war. In erster Linie sicher um Angriffe des Gegners abzuwehren. Im gleichen Atemzug dann aber auch um den Gegner in die Defensive zu drängen.
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Ruhig war es hier und vor allem kalt, zumindest wenn man sich nicht ständig in Bewegung hielt, oder in irgendwelchen Räumen rumlungerte. Letzteres wurde mit der Zeit doch langweilig, vor allem in der Taverne. Ständig die gleichen, teils mürrischen Gesichter in die man blickte, wenn man sich umschaute. Kein Wunder, hier in Nordmar war nun mal alles etwas anders, ein langer strenger Winter stand bevor. Das was hier zur Zeit an Wetter herrschte, empfanden die Einheimischen noch durchaus als angenehm, sie sprachen von einem weißen Herbst. In Myrtana würde man schon von extremen Bedingungen reden, so hatte eben Jeder seine Sichtweise. Ein alter Nordmann erklärte Ulrich, das es nicht mehr lange dauern würde, bis das milde Wetter umschlagen würde. Der Kommandant ersparte sich den Kommentar, fasste dies mehr als wohlgemeinten Rat auf. Scheinbar wusste der Alte, das der Paladin hier sicherlich nicht überwintern wollte, oder er ahnte es. Jedenfalls spendierte Ulrich einen Schnaps, Freundlichkeit sollte man belohnen, gerade hier oben eher eine Seltenheit. Vielleicht war die Aussage des Alten eine Art Zeichen, erholt hatte sich Ulrich die letzten Tage zur Genüge, also könne es wieder zurück nach Myrtana gehen. Den Frauen dürfte es vermutlich auch recht sein, wirklich wohl schienen sich die Beiden hier auch nicht zu fühlen.
Den letzten Abend im Hammerclan wollte Ulrich aber noch sinnvoll nutzen, es wäre sicherlich keine schlechte Idee mal zu testen, wie weit Jennay und Jurdace mit ihren Schwertkünsten tatsächlich fortgeschritten seien. Immerhin wäre er mit den Frauen alleine unterwegs, da sollte man vielleicht wissen, in wie weit man auf seine Reisebegleitung im Zweifelfalle, bauen könnte. Wie erhofft, waren die beiden Schülerinnen auf dem Trainingsplatz anzufinden, das erleichterte die Sache ungemein, so konnte es gleich zur Sache gehen. „Nabend meine Damen“ grüßte der Lehrmeister freundlich und schritt zur Mitte des Übungsplatzes. „Ich habe ein gute und eine schlechte Nachricht“ sagte er, während er sein Schwert blank zog. „Die gute ist, das uns Morgen auf den Rückweg machen..., die schlechte ist, das ihr jetzt zeigen müsst, was ihr bisher gelernt habt“. Mit einigen Sätzen war Ulrich schnell bei Jennay und schlug einmal seitlich gegen ihr Schwert. „Na los, nicht träumen, kämpfen..., ich will was sehen“.
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Es war wieder einer dieser langweiligen Abende an denen sich die beiden Frauen auf dem Trainingsplatz herumtrieben. Zwar hatte sich Jennay mittlerweile an den Schnee und den stets grauen Himmel gewöhnt, dennoch zählte sie seit ihrer Ankunft schon die Tage, bis es soweit war, dass sie dieser Einöde wieder entfliehen würden.
Als der Kommandant nun tatsächlich vor ihr stand und davon sprach, dass sie am nächsten Tag aufbrechen wollten, machte das Herz der Rothaarigen vor Freude einen Sprung. Endlich hatte das Warten ein Ende und es würde Richtung Heimat, in wärmere Gefilde gehen, wo man sich keine Sorgen um halberfrorene Körperteile machen musste - zumindest nicht in dieser Jahreszeit.
Umso erschrockener war die Kleine, als sie von dem Haken an der Sache erfuhr. Der auffordernde Hieb von Ulrichs Schwert war eindeutig - der Kommandant wollte sehen, was die beiden Frauen in der Zwischenzeit gelernt hatten, und was eignete sich da besser als ein Duell zwischen Lehrmeister und Schülerin?
Das Adrenalin peitschte augenblicklich in Jennays Adern als sie Ulrichs unmissverständlichen Blick auffing. Der meinte das doch tatsächlich ernst! Aber nun hiess es Ruhe bewahren und zu zeigen, was in einem steckte. Ob das überhaupt der Rede wert war, wusste die Kleine in diesem Moment auch noch nicht so richtig. Bisher hatte sie fast nur gegen Übungspuppen oder Schneebälle gekämpft. Aber nun stand plötzlich ein richtiger Gegner vor der Rothaarigen, noch dazu einer, der ihr weit überlegen war.
Kämpfen, nicht Träumen ... waren das nicht gerade seine Worte gewesen? Jennay schreckte hoch und zog beinahe automatisch ihr Schwert, so dass es immernoch zu Boden zeigte. So lief sie eilig einige Schritte zur Mitte des Übungsplatzes und drehte sich dann zu Ulrich, der ihr mit gezogener Waffe gefolgt war. Hier war genug Platz, so dass weder die Blonde noch etwaige Zuschauer im Weg stehen würden.
Ohne abzuwarten holte Jennay zu einem diagonalen Schlag aus und ließ das Schwert auf Ulrichs Schulter niedergehen, jedoch wurde der unüberlegte Schlag bereits abgewehrt, bevor er auch nur in die Nähe seines Zieles kommen konnte. Die Anspannung stand dem Mädchen ins Gesicht geschrieben, doch ging sie ohne zu zögern zum nächsten Angriff über, dieses Mal auf die andere Schulter, in der Hoffnung, dass der Kommandant seine zum Blocken gehaltene Waffe nicht so schnell würde wenden können. Aber weit gefehlt. Jennays Schläge waren einfach noch zu langsam, geradezu vorhersehbar, wenn man wie der Lehrmeister wusste, welche Kombinationen sie zuvor trainiert hatte. Aber zunächst sollte sich die Rothaarige noch etwas in Sicherheit wiegen und Selbstvertrauen gewinnen, indem Ulrich sie den Kampf führen ließ, um dann dafür gewappnet zu sein, wenn sich in wenigen Augenblicken das Blatt wenden würde und sich die Rothaarige plötzlich verteidigen müsste.
Ohne es zu merken hatte Jennay die Grundstellung eingenommen und versuchte bei jedem Schlag, den Kommandanten einen Schritt rückwärts zu treiben, nur dass dieser nicht wie erwartet vor seiner Schülerin zurückwich, sondern stattdessen seine Position ohne große Mühe verteidigte. Davon unbeirrt griff Jennay weiter an und versuchte immer dort einen Schlag anzubringen, wo sie eine Lücke in der Deckung ihres Lehrmeisters vermutete.
Trotz der Kälte hatten sich mittlerweile kleine Schweissperlen auf der Stirn der Kleinen gebildet. Egal, was sie versuchte, Ulrich schien ihr stets einen Schritt voraus und wehrte jeden Schlag ohne größere Probleme ab. Die halb ängstliche Überraschung in Jennays Gesicht war inzwischen einem Ausdruck von Verbissenheit und Kampfeswillen gewichen, so dass Ulrich nun den Augenblick gekommen sah, in die Offensive zu gehen und den Verteidigungskünsten seiner Schülerin auf den Zahn zu fühlen.
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„Nicht schlecht für den Anfang..., du musst nur entschlossener sein, dann hast du automatisch mehr Kraft in den Schlägen, dadurch sind sie auch schneller“ kommentierte Ulrich kurz, bevor er in den Angriff über ging. Viel brauchte er nicht zu machen, um Jennay gleich in Bedrängnis zu bringen, sie ging gleich in eine ständige Rückwärtsbewegung. „So wird das nichts, du hast doch nicht immer soviel Platz“ brummte der Lehrmeister und ging wieder in die Mitte der kleinen Arena. „Konzentrier dich auf mein Schwert, achte auf die Armbewegungen, dann kannst du sehen, wohin ich schlagen will“. Die nächsten beiden Hiebe konnte die Kleine blocken, wenn auch nur mit Mühe, fast wäre sie dabei ins Straucheln geraten. „Halt die Klinge höher, dann ist die Wucht nicht so groß, versuch eine Bewegung gegen den Angriffsschlag“. Der Kommandant beschränkte sich eine Weile nur auf Hiebe von oben, damit die Schülerin den Dreh in Ruhe herausfinden konnte, sah am Ende auch ganz gut aus.
„In Ordnung..., pass auf, jetzt baue ich die anderen Schläge mit ein“ warnte Ulrich vor, mit ein paar schnellen Seitwärtshieben drängte er Jennay zurück. „Draufschlagen oder zur Seite ablenken..., nicht wegrennen..., man darf im Kampf nie zuviel Platz verschenken“. Der Lehrmeister nahm das Tempo etwas raus, war wohl doch noch etwas viel für den Anfang, danach klappte es dann auch einigermaßen. „Jetzt das volle Programm, halt deine Waffe mit zwei Händen, dann brauchst du nicht ständig umdenken“. Der Kommandant ließ ein Salve wuchtiger, aber nicht zu schnelle Schläge auf seine Schülerin nieder, dabei baute er immer wieder die Seitwärtshiebe ein. Jennay bekam immer mehr Sicherheit, fand den richtigen Rhythmus, der Übungskampf erinnerte schon er an einen Tanz, so gleichmäßig führte Ulrich die Schläge aus. Zum Abschluß brachte der Paladin etwas Abstand zwischen sich und der Kleinen, nur um daraufhin sein Schwert in eine achtförmigen Bewegung zu bringen und damit die Schülerin anzugreifen. Wie vermutet wusste sie nicht entsprechend zu reagieren, geriet schnell ins straucheln und landete kurz darauf im Schnee.
„Gut“ brummte der Lehrmeister, „das hat ja ganz gut geklappt, du darfst nur nicht die Konzentration verlieren. Das war übrigens der neue Angriff, den ihr fleißig üben solltet. Eine sehr effektive Variante, mit der man sich einige Gegner vom Hals halten kann. Es ist schon spät, wir sollten uns noch ein paar Stunden Schlaf gönnen, unterwegs wird sich wohl noch eine Gelegenheit ergeben, die Künste von Jurdace zu testen. Wir treffen uns Morgen an der Taverne, vergesst nicht genügend Proviant einzupacken“.
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Die Sachen waren gepackt, was fehlte war die Reisebegleitung, entweder war Ulrich zu früh, oder die anderen zu spät, das sollte aber nicht wirklich eine Rolle spielen. Der Kommandant blieb gelassen, Eile war ja nicht geboten, da kam es auf ein bisschen Zeit nicht an. Ergab sich doch so die Gelegenheit noch ausgiebig zu speisen und zwei, drei, von diesen teuflischen Rachenputzer runter zukippen. Nach dem fettigen Essen das Beste was man tun konnte, sonst lag einem das Wild äußerst schwer im Magen. Tobir war der erste, der sich in der Taverne einfand, kurz darauf erschien Grafio, beide setzten sich an den Tresen und genehmigten sich einen Schnaps.
Die Tür ging auf, herein kam ein Nordmann, den der Paladin vom sehen her kannte, zielstrebig hielt der Clanler auf ihn zu. „Nabend, ihr wollt nach Myrtana?“, der Kommandant schaute etwas verdutzt, beantwortete dann die Frage mit einem knappen „ja“. „Mein Weg führt auch dahin, wir könnten zusammen marschieren“ meinte der Normann, „hm, zögerte der Kommandant, der noch nicht recht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. „Stylios, ich habe mit Lord Ferox verhandelt und will nun dem Konvoi folgen“. „Ah“ murmelte der Paladin, jetzt wurde ihm einiges klarer, „ich heiße Ulrich, meinetwegen, ich hoffe du hast es nicht eilig, wir haben Frauen dabei“, „verstehe, kein Problem“ erwiderte der Nordmann. Endlich trudelten auch Jennay und Jurdace ein, nun waren alle beisammen. Die Männer zahlten ihre Zeche, leerten noch schnell ihre Krüge, dann machte sich die kleine Gruppe auf den langen Marsch.
Geändert von Sir Ulrich (03.10.2008 um 22:26 Uhr)
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Immer wieder das Gleiche, Elonhil wiederholte verschiedene Bewegungsabläufe so oft es eben sein musste. Diese zu kombinieren war sein Problem und daran musste er einfach arbeiten. Vor allem mit der letzten Aufgabe hatte er Schwierigkeiten. Den Ausfallschritt kannte er ja vom Schwertkampf aber der in Kombination mit dem Schild machte ihm wieder Probleme.
Natürlich wollte er seinen Lehrmeister nicht enttäuschen aber am wichtigsten war einfach, dass er das für sich selber hinbekommen musste. Längst war es dunkel geworden und wirklich empfindlich kalt. Tagsüber war es ja noch auszuhalten aber sobald die Sonne weg war schützte den jungen Burschen sein Umhang nicht mehr wirklich. Durch Bewegung und die eine oder andere kurze Pause am Feuer ging es aber doch irgendwie.
Wie ein innerer Kampf gegen den eigenen Schweinehund war es. So kam ihm das Training in diesem Augenblick vor. Verzweifelt versuchte er die Übung richtig hinzubekommen.
Viele Stunden schon trainierte der junge Bursche aus Silden und spät war es inzwischen geworden aber er hatte nicht aufgegeben und das war auch gut so.
Auch wenn er nur kleine Fortschritte machte, so waren es Fortschritte und so näherte er sich nach und nach seinem Ziel.
Den Schwung, den er durch den Ausfallschritt bekam setzte er inzwischen schon recht gut um und somit bekam sein hieb mit dem Schild noch mal mehr Wucht. Die Koordination war auch wesentlich besser geworden. Den Schwung wusste Elonhil jetzt wesentlich besser umzusetzen, landete nicht mehr im Schnee, sondern traf mit seinem Schild dann auch wirklich den Gegner. Anfangs war das wirklich noch ein Problem gewesen aber inzwischen hatte er sich mit dem Schild angefreundet, nahm es als Teil seiner hin, genauso wie sein Schwert auch.
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Spät war es geworden und damit auch immer leerer in der Taverne. Seufzend betrachtete Drageny die letzten Gäste des Gasthauses, während sie ein paar Krüge spülte. Eigentlich war es seit Tagen schon leer, seit der Trupp nach Vengard aufgebrochen war. Und wieder einmal hatte die Orktöterin den Abreisenden neidisch hinter her gesehen, doch etwas hielt sie hier fest. Sie konnte nicht weg, noch nicht.
Erst einmal musste sie die letzten Tage verarbeiten, es war so viel passiert. Es kam ihr vor, als ob man die Ereignisse von einem Sommer in die vergangenen Tage gelegt hätte und das war einfach zu viel für Drageny. Schließlich sagt einem nicht jeden Tag der beste Freund, dass er einen liebt und man trifft nicht immer Menschen wieder, die man für tot geglaubt hat und man wird nicht alle Tage von einem Freund verlassen. Vor allem das letzte schmerzte noch in der Brust der Orktöterin. Sie kam sich so alleine vor. Wen hatte sie hier denn noch? Zurzeit ja niemanden, alle sind ja aufgebrochen, um nach Vengard zu reisen. Auch stellte sich die Frage, was aus der Taverne werden würde. Sie konnte ja nicht wirtslos sein, so wie ein Schiff nicht kapitänslos sein kann.
So als ob Jordan die Gedanken der Frau lesen konnte, fragte er: „Du machst dir Gedanken um die Taverne, oder?“ Und Drageny schaute ihn mit großen Augen an und nickte stumm.
„Jetzt, wo Versos nicht da ist, müssen wir das halt packen! Ja, das mein ich ernst. Ich hab dich und Versos immer bewundert und deshalb möchte ich, dass du die Wirtin bist und ich weiterhin dein Koch!“ Die Augen der Orktöterin füllten sich vor Rührung mit Tränen. Jordan war so ein lieber und netter Mensch.
„Danke!“ war das einzige, was Drageny in diesem Moment heraus brachte. Vor Freude umarmte sie den Koch herzlich.
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Drageny hatte einfach nicht schlafen können. Die ganze Nacht schwirrten ihr Gedankenfetzen durch den Kopf, die die Orktöterin nicht aus ihrem Schädel verbannen konnte, es war einfach zu viel passiert.
Dementsprechend müde und missmutig schleppte sie sich am nächsten Tag in die Taverne, ihre Taverne. All das war jetzt ihrs. Es war kaum zu glauben. Und wie es sich für einen guten Betrieb gehörte, war auch schon der Mitarbeiter da. Als dieser seine Arbeitgeberin sah, legte er die Stirn in Falten.
„Ach, Drageny? Was ist denn los?“ fragte er besorgt.
„Weißt du, ich hab total schlecht geschlafen, eigentlich ja gar nicht“ sprach Drageny bekümmert, während sie ein paar Gläser in die Hand nahm, um diese zu polieren.
„Ich glaube, ich brauche einfach etwas Abstand von allem. Einfach mal raus hier, ein paar klare Gedanken fassen.“Jordan lächelte sie aufmunternd an. „Das ist doch gar keine schlechte Idee! Ich pack das zurzeit auch alleine hier. Ist ja nicht viel los. Mach du dir ein paar schöne Tage!“ Sprach der Koch und nahm Drageny das Glas aus der Hand, um sie zur Tür zu schieben. „Es wird das Beste für dich sein!“
Etwas irritiert stand die Orktöterin ein paar Augenblicke im Schnee, bevor sie sich in Windeseile in ihre Hütte begab, ein paar Dinge einpackte und dann mit Unia den Clan verließ. Wohin auch immer sie die Hufen ihrer Stute bringen würden.
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Die Tage vergingen, einer so eintönig wie der andere. Es war sinnlos, auf gut Glück durch diese Schneelandschaft zu wandern, wenn man keine Ahnung hatte, wonach man suchte. In einer Gruft war sein Ziel wohl zu finden, jedenfalls glaubte James, sich an dieses Detail erinnern zu können. Also musste er jemanden finden, der wusste, wo es in Nordmar eine Gruft gab. James könnte ja hier bei den Einheimischen herumfragen, aber was würde dies in einer Gegend, in der sich die Leute an den Glauben an Innos klammerten, für einen Eindruck machen? Ein Schwarzmagier auf der Suche nach einer Gruft, ja, vielen Dank. Vielleicht war er noch nicht von der Allgemeinheit als Beliardiener identifiziert worden, aber seine Kleidung sprach doch eine einigermassen klare Sprache. Und gepaart mit der skeptischen Haltung gegenüber Fremden, die an solchen Orten normalerweise anzutreffen war, sorgte das dafür, dass James vermutlich nicht einfach so unterstützt wurde.
Trotzdem fragte er hier und da nach einem Ortskundigen, der gegen ein gewisses Entgelt seine Dienste als Fremdenführer zur Verfügung stellen würde. Bis anhin noch ohne Erfolg.
Leicht deprimiert hockte der Hohepriester in dieser Schänke und wartete darauf, dass endlich Abend wurde, er essen und schlafen gehen konnte. Vermutlich dauerte es noch ein, zwei Tage, bis er auf eigene Faust losziehen würde. Vielleicht meldete sich ja in dieser Zeit jemand.
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Raettich schwang seine Axt und schaute sich danach auf dem Trainingsploatz um. Er hatte wieder begonnen ein bisschen zu trainieren, doch ohne Trainer würde er keine neuen Techniken lernen können. Noch ein mal ging er die Schritt- und Schlagabfolge durch, doch danach packte er seinen Kram zusammen und ging wieder zu der Sammelbaracke der Kundschafter zurück. Vor der Hütte saßen einige Leute um ein Feuer zu denen sich Raettich dazugesellte. Es waren alles Kundschafter die Raettich von den Wachposten her kannte. Er grüßte sie und sieg mit in das Gespräch ein. Nebenbei säuberte er seine Streitaxt, welche voller Schlamm und Holzspähne war.
Der Kundschafter nahm seine Laute und begann ein Lied über Freudenhaus auf der Insel Khorinis zu singen.
"Mach auf die Türen
und zeige mir die Freude
oh guter Mann
zeig mir die Mädchen heute
Die mit roten Lippen
und großem Busen
ja an diesen da
will ich mich schmusen
Mach auf das Kleid
mach auf das Haar
denn ich bezahle
dich auch in bar
Für dieses Gold
sollst du auf meinen Lenden wippen
oh Mädchen zeige mir
Deine großen ... ähh ... Augen"
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Die letzte Bastion der Menschheit...
Dies war das etwaige Bild, das Deloryyan, nach seiner Flucht, von der Stadt Vengard erhalten hatte. Damals schien es ihm dennoch nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es dem verhassten Feind gelingen würde, auch sie zu Fall zu bringen. Doch die jüngsten Ereignisse um dieses Stadt, deren Ausmaße er noch vor wenigen Tagen erlebt hatte, sprachen eine andere Sprache.
So sehr sich die Orks auch bemüht hatten, so sehr sie an der Festung gerüttelt zu haben schienen, es war ihnen nicht gelungen, sie zu stürzen. Waren ihre "Verbündeten" doch noch dazu in der Lage, sich der Übermacht ebenso wie sie zu erwehren?
Leider hatte er nichts über die Umstände erfahren, unter denen die Belagerung aufgegeben worden war. Jeder, mit dem er gesprochen hatte, schien ihm eine alternative Geschichte des "Wunders" erzählen zu wollen, ohne jedoch die leiseste Idee davon zu haben, was denn nun wirklich geschehen war. Doch dies zählte für ihn momentan ohnehin nicht, die Orks, die Herrscher Myrtanas, hatten eine schwere Niederlage erlitten, von der sie sich erst einmal erholen mussten...
Ein dumpfer Knall riss ihn unvermittelt aus seinen Gedanken, im Hier und Jetzt saß er an der Theke von Versos' Taverne und sah sich nun einem gut gefüllten Humpen gegenüber.
"Zum Wohl", merkte sein Gegenüber an, doch statt wie gewohnt zu verschwinden, neigte er sich ein Stück über die große Holzfläche zu ihm herüber. Sein Blick wanderte über Deloryyans Schulter in Richtung eines Mannes, der dem Rastlosen merkwürdigerweise noch garnicht richtig aufgefallen war, trotzdem er, vor allem aufgrund seiner Kleidung, total aus der üblichen Menge an Gästen hervorstach.
"Hast du den schonmal hier gesehen?"
Der Nordmann warf noch einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel hinüber, ehe er mit dem Kopf schüttelte.
"Kümmert mich auch nicht im Geringsten..."
"Irgendwie ist der mir nicht geheuer, sucht nen Ortskundigen, vielleicht könntest..."
Deloryyan unterbrach den begonnenen Satz der Bedienung mit einem erneuten Kopfschütteln, griff nach seinem Humpen und erhob sich. Dennoch war sein Interesse trotz aller Widrigkeiten geweckt, er konnte sich den Typen zumindest mal aus der Nähe ansehen...
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Deloryyan nahm einen kleinen Schluck, ehe er den Humpen wieder senkte, um seinem Tischnachbarn direkt in die Augen zu blicken. Der schwarzhaarige Mann, welcher sich knapp als James Bond vorgestellt hatte, sah nüchtern zurück. Zwar hatte er den Nordmann in sein Anliegen eingeweiht, in der Hoffnung, seine Hilfe zu gewinnen, doch selbst unter diesen Umständen schien er sich äußerst bedeckt zu halten und ließ sich nicht in die Karten schauen.
"Selbstverständlich würdest du für deine Hilfe entlohnt werden", brach sein Gegenüber das Schweigen und zog einen kleinen Beutel hervor, welcher beim Aufprall auf die Tischplatte ein klimperndes Geräusch verursachte.
Deloryyan schnaubte ein wenig verächtlich, versuchte der Fremde, ihn zu kaufen? Oder war ihm tatsächlich einfach nur etwas daran gelegen, rasch einen fähigen Führer zu finden? Was es auch war, er wusste scheinbar nicht, dass man sich in Nordmar nicht allzu viel aus Gold machte. Dennoch konnte es ihm später vielleicht einmal etwas nutzen, verschlagene Individuen wie seinen alten Freund konnte man mit einem Geldbeutel stets um einiges leichter aufspüren. Seine Entscheidung hing jedoch keineswegs an diesem für manch einen verlockenden Angebot.
"Nun denn, bei Sonnenaufgang erwarte ich dich am Eingang der Mine, lass mich dort nicht zu lange rumstehen..."
Mit diesen Worten griff er nach dem kleinen Gegenstand auf dem Tisch und verließ die Taverne. Irgendwie hatte jener Mann sein Interesse geweckt, doch es war nicht dieser Umstand allein, welcher ihn zu äußerster Vorsicht mahnte...
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James hatte zwar keine genaue Vorstellung davon, wann hier in Nordmar die Sonne aufging, aber er schaffte es trotzdem, zur angegebenen Zeit aufzustehen, rasch seine Sachen zu packen, und das kleine Gasthaus zu verlassen. Bezahlen musste er nichts mehr, der Inhaber der Schänke bestand jeweils darauf, im Voraus das Gold zu erhalten.
Während sich der Hohepriester durch die Kälte zum Mineneingang schleppte, fragte er sich, wer sich ihm da als Führer angeboten hatte. Er sah jedenfalls so aus, als wäre er in der Lage, hier im Norden zu überleben. Vielleicht bedeutete die Narbe in seinem Gesicht auch gerade das Gegenteil, aber James entschied sich für ersteres. Wenn das auch nicht der Fall war, so musste der Beliardiener eben um zwei Leben besorgt sein, statt nur um seins. Zumindest solange, bis sie sein Ziel erreicht hatten. Darüber hinaus hatte er keine Verwendung für den Kerl. Wie hiess er noch gleich?
Viel Zeit zum überlegen hatte James Bond nicht, denn er hatte den Mineneingang erreicht und sein Nordmar-Touristenführer war bereits da.
"Guten Morgen, De Lorean." Beim Namen nuschelte der Hohepriester und war der Ansicht, das würde schon passen.
"Am besten wir gehen gleich, ich erkläre dir dann auf dem Weg, was ich suche."
James kannte sich in der Mentalität jener Leute nicht aus, aber er vermutete, dass es sich hier gleich verhielt wie bei sonstigen, eher primitiven Eingeborenenvölkern. Ein Fremder mit Gold war der König und konnte die Eingeborenen, die er dafür angeheuert hatte, herumkommandieren. Da er aber als Beliardiener in Nordmar eher nicht willkommen war, und er auch keine wirkliche Notwendigkeit dazu sah, hier den kleinen Herrscher zu spielen, verzichtete er darauf, diese Theorie in die Praxis umzusetzen.
Als sie diesen Hammerclan verliessen, versuchte James seinem Führer zu erklären, wonach er suchte. Dass er es nicht wusste, wollte er Deloryyan nicht wissen lassen, sonst hielt ihn dieser noch für durchgeknallt (was James zwar grundsätzlich Wurst wäre), was für die Suche sicherlich keine positiven Auswirkungen hätte.
"Ich war noch nie hier im Norden. Ich suche eine Höhle, genauer gesagt eine Gruft, die mit meinen Ahnen in Verbindung steht."
Der zweite Teil war zwar frei erfunden, aber immerhin enthielt ein ein gewisses Motiv, sodass Deloryyan sich in seinen Gedanken eine eigene Version der Ziele seines Begleiters entwickeln konnte.
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