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"Eigentlich schon", meinte Dragan und stimmte dann in das schallende Lachen Taviks ein. Es tat gut, endlich mal wieder Leute um sich rum zu haben, mit denen man lachen und reden konnte. In der letzten Zeit war der Novize oft allein, er hatte genug Sachen, um die er sich kümmern musste, und war außerdem seit dem Krieg nicht in der Stimmung, irgendwas zu veranstalten."Nun ja, wie du weißt, heiße ich Dragan. Von Beruf her bin ich Goldschmied und Novize, wenn man letzteres überhaupt so betiteln darf. Aber vergleich mich bloß nicht mit den ganzen Tellerwäschern und Kammerfegern, das letzte Mal, als ich irgendwas sauber gemacht habe, ist gut und gerne ein halbes Jahr her. Selbst das war auch in meinem eigenen Haus. Genauer gesagt, das hier." Wortlos deutete Dragan auf seine alte Schmiede. Wenn man sie so von außen betrachtete, bekam man erst mit, welches Glück er damit hatte, dass sie nicht zerbombt wurde. Allerdings war sie immer noch so alt und ausgestattet wie eh und je, aber das würde sich sicher bald ändern. "Komm herein, und lass dich nieder, willkommen in meiner Schmiede!"
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Es war in diesem Moment etwas wunderbares, ein großes und unerwartetes Glück, einer so einfachen Sache, wie dem Laufen auf der Straße, nachzugehen und doch empfand Neraida es als etwas ganz besonderes, im Treiben der Menschen Vengards unter zu gehen. Vor kurzem noch war sie sich noch nicht einmal sicher gewesen, ob die Menschen den Kampf um das letzte freie Stück der Küstenregion gewonnen hatten und nun schlenderte sie an lachenden Kindern und geschäftigen Arbeitern und Mägden vorbei, während sie diesen Augenblick pries, wo sie vor Freude strahlend durch das Viertel der Händler und Handwerker lief.
Als der Schatten des großen Tores, das in Richtung Nordmar blickte, auf die junge Frau fiel, blieb Neraida in der Nähe der wachsamen Torwachen stehen, beobachtete die bewaffneten Männer für einen flüchtigen Moment und ließ sich schließlich auf einer Kiste direkt an der Mauer nieder. Die Paladine Innos` und Gardisten des Königs hatten es geschafft, Vengard vor dem Untergang zu bewahren und somit wieder Platz für Hoffnung in den Herzen der Menschen geschaffen. Nachdenklich betrachtete die Waffenmagd die Bauern, die mit ihren Karren gerade entweder dabei waren, die Stadt durch das Tor zu verlassen, oder diese durch eben jenes zu betreten. Das Umland mit seinen Gehöften und Feldern war vom Vormarsch der Orks nicht verschont geblieben. Bauern hatten ihre Höfe verloren, das Hüttenviertel außerhalb der Mauern war vollständig zerstört worden und die nähere Umgebung Vengards immer noch übersät mit den Spuren des feindlichen Heeres. Auch viele Häuser waren innerhalb der Stadt zerstört worden und nur durch die Gespräche mit Einwohnern würde Neraida niemals den Schrecken nachvollziehen können, den die Bürger durch zu stehen gehabt hatten, doch erkannte sie auch, dass einige der Menschen durch die erfolgreiche Verteidigung neue Kraft geschöpft hatten. Vielleicht war ja genau dieser kleine Sieg überhaupt überlebt zu haben die Wende in diesem Krieg. Neraida hoffte es von ganzem Herzen.
Noch eine Weile lang beobachtete die junge Frau die Menschen, die am Tor ein- und ausgingen und ließ ihren Blick auch auf die umliegenden Häuser streifen, von denen einige immer noch von den Hämmern ihrer Besitzer bearbeitet wurden. Die Spuren des Kampfes würden so schnell nicht vollständig beseitigt werden können.
Kurz blickte Neraida vorsichtig in ihren Goldbeutel, zählte im Kopf die goldenen Münzen machte ihn darauf schnell wieder zu und erhob sich von ihrer Kiste, um ihren Weg ins Tempelviertel fortzusetzen. Sie hatte bei ihrer Ankunft in der Königsstadt versprochen, als Dank den Dienern Innos` eine großzügige Spende zu geben und dies würde nun auch pflichtbewusst geschehen.
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Der Schneider nähte eine Jacke zusammen, die eine besonders hohe Größe hatte. Immer wieder kamen Leute vorbei. Aber keiner schien zu dem Schneider in den Laden zu wollen. Rethus wartete und wartete. Minute um Minute verging. Doch dann kamen zwei edlere Herren, die gegen einander diskutierten und dabei auf eine Leine zeigten, die sie gemeinsam in den Armen hielten. Rethus machte sich bereit. Sobald diese zwei Personen seinen Standort erreichten, und tatsächlich in den Laden wollten, musste Rethus sofort aufspringen können.
Es kam auch so, wie Rethus sich das gedacht hatte. Die zwei Herren bogen in den Laden ein. Dabei mischte sich Rethus sofort unauffällig unter sie.
„Ah, guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen?“ begann sogleich der zierlich gebaute Schneider, der die Jacke sofort zur Seite gelegt hatte.
„Äh, ja“, stotterte einer der fremden Leute, hinter denen auch Rethus stand. „Könnten Sie uns dieses Loch stopfen? Aber am besten so, dass man das ursprüngliche Loch nicht mehr wieder erkennt.“
„Wann brauchen Sie es wieder?“ fragte der Schneider sogleich und zückte Feder und Pergament.
Rethus entdeckte den Zugang zum Keller drei Schritte neben sich.
„Wir benötigen die Leine ab nächster Woche.“
„Gut.“ Der Schneider senkte sein Haupt und schrieb ein paar Stichpunkte auf seinen Zettel. Diesen Augenblick nutzte Rethus. Sofort ging er in die Hocke und schlich durch die Tür neben ihm auf die Kellertreppe. Dort hielt noch einmal kurz und lauschte.
„Gut“, wiederholte der Schneider. „Äh, Moment. Waren Sie nicht zu dritt in meinen Laden gekommen?“
„Hä, zu dritt? Wir sind zu zweit hier erschienen.“
„Hm, ich werde alt. Machen Sie’ s gut.“
Damit schlich Rethus nun den Rest der Treppe hinunter. Einige Kerzen hellten den Keller auf. Überall hingen Kleider, Jacken, Wams, Trachten, sogar Ritterkutten. Aber auch einige Wolldecken, die Rethus gesucht hatte. Sogleich fiel er über ein Regal her, in dem zahlreiche Decken lagen. Er wühlte in ihnen herum. Manche waren zu hart, andere zu weich, weitere leicht zu zerreißen, und manche zu teuer. Die teuren hätte er nehmen können, jedoch würde das auf den Straßen sehr auffallen.
Er suchte weiter, bis er zwei Decken fand, die zum Schlafen geeignet waren, und auch im Winter warm halten sollten. Sogleich wickelte er die Decken zu einer Rolle auf und packte sie unter den Armen.
Danach blies er jede einzelne Kerze in dem Keller aus, sodass der Keller anschließend in Dunkelheit gehüllt war. Kurz darauf ging er zurück zur Tür. Alles war geplant, was er tat. Auch den Stoß gegen die Kleiderständer. Wie im Dominoeffekt fielen einige der Kleiderständer um. Es polterte laut.
„Was soll das? Hab ich wieder Ratten im Keller?“
Wutentbrannt kam der Schneider die Treppe hinunter.
„Warum sind die Lichter aus?“
Er bemerkte nicht, wie sich Rethus hinter ihm die Treppe hinauf schlich.
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