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    Drachentöter Avatar von Grimward
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    Grimward ist offline
    Grimward strich seinen Mantel mit einer beiläufigen, beinahe unterbewussten Bewegung ein wenig ab und entfernte gleichzeitig ein wenig Schmutz von seinem Umhang, als er sich erhob. Er legte den Kopf langsam in den Nacken und sein Blick ging zum undichten Blätterdach hinauf, über welchem sich der stahlgraue Himmel bedrohlich auftürmte. Ein Wassertropfen fiel ihm in sein geöffnetes Auge, machte ihm bewusst, dass es regnete und ließ ihn verärgert blinzeln. Er wandte dem Blick vom Himmel ab und zog seine Kapuze auf, um sich vor dem unerbittlichen Nass zu schützen. Die Welt schien heute farblos zu sein. Alles war grau, Grau hatte sehr viele verschiedene Stufen, manche ähnelten anderen Farben, doch der graue Stich blieb bestehen. Der Schmerz, den der Wassertropfen verursacht hatte, verging, doch der Regenguss blieb und so wandte er sich seinen Gefährten zu. Dansard lag mit geschlossenen Augen am Fuße eines Baumes und schien zu schlafen. Harlek und Navarro saßen schweigend nebeneinander und warfen andauernd wachsame Blicke zu dem ohnmächtigen Priester hinüber, welcher, der Länge nach ausgestreckt, auf dem Boden lag. Seine kostbare Robe war mit dunklen Flecken überzogen. Wie Grimward erst jetzt zum ersten Mal registrierte, hatten sie ausgerechnet jenen Priester "beschlagnahmt", mit dem sie vor kurzem ein Streitgespräch geführt hatten. Der Weißhaarige hatte sich, seit seiner Gefangenahme nicht mehr gerührt. Jenor würde es ihnen danken, denn wie Grimward nun gewahr wurde, hatte eben jener Priester auch das Urteil über den Jäger gefällt. Seine ohnehin latent vorhandene Wut flammte kurz wieder auf, um dann wieder zu einer ständig lodernde, doch einigermaßen kontrollierbaren Flamme zusammen zu schrumpfen.
    "Sie werden uns suchen und früher oder später auch finden", meinte Grimward völlig ohne Einleitung, eher laut denkend, seinem eigenen Gedankengang folgend, als wirklich an seine Begleiter gewandt.
    "Was?" warf Navarro alarmiert ein, sein Blick huschte hinüber zu der erloschenen Feuerstelle, so als befürchte er, dass in Flackern sie veraten könnte.
    "Die Einwohner des Dorfes! Sie werden uns finden", wiederholte Grimward und ging, Navarro gegenüber, in die Knie. Ohne es recht zu wollen, griff er ein klein wenig von der nassen Erde und zerrieb es zwischen den Fingern.
    "Dieses Land gehört ihnen, sie werden sich gut auskennen. Sie finden uns."
    "Wir haben nur ihren Priester. Vielleicht hoffen sie einfach, dass wir ihn freilassen", schlug Harlek blauäugig vor.
    Grimward zog ungläubig die Brauen hoch, wie konnte der Schatzsucher ernsthaft davon ausgehen. Immerhin hatten sie einen der ihren Getötet, nur weil er die Fremden zum Dorf geführt hatte, wenn auch gegen seinen Willen. Faktisch waren die Schatzsucher also Schuld an seinem Tod. Dieser Erkenntnis war nicht neu, doch mit jedem Male, schien sie schwerer zu wiegen.
    "Unsinn", schalt auch Navarro seinen Gefährten, "Grimward hat Recht, sie werden uns nicht davon kommen lassen, wenn wir einfach hier bleiben. Ein paar hundert Meter vom Dorf entfernt. Im Grunde ist es schon erstaunlich, dass sie uns bis jetzt noch nicht gefunden haben." Einen momentlang trat Stille ein, nur das Prasseln der tausenden Regentropfen, welche auf die Blätter des Waldes trafen, erklang im immer gleichen Rhythmus.
    "Was machen wir also?"
    "Weck Dansard", orderte Grimward, an Harlek gewandt.
    Wenig später saßen, oder hockten sie um die längst erkaltete Feuerstelle und beratschlagten, wie es weitergehen sollte.
    "Wir könnten Fliehen. Die Möglichkeit wird nie wieder besser sein", meinte Harlek, doch er klang nicht wahrhaftig überzeugt. Offenbar war sich der Schatzsucher nicht sicher, was überwog. Seine Angst, oder seine Gier. Zu jeder anderen Gelegenheit hätte der Barbier mit Verachtung auf Harlek hinabgeschaut, doch nun konnte er gut verstehen, was Harlek fühlte, denn
    ihm ging es ähnlich.
    "Sollen wir alles aufgeben? Wir haben zu viel auf uns genommen, um einfach wieder nach Hause zu fahren", erwiderte der Ritter Selerondars, als er feststellte, das kein anderer etwas sagte.
    "Was stellst du dir denn vor? Wir können nicht ins Dorf. Wir kommen nicht an den Schatz!" warf Dansard ein.
    "Wir warten."
    "Worauf denn?" fragte der ehemalige Waldläufer erregt, "Sie werden uns fangen!"
    "Wir warten", wiederholte Navarro, "Bis der Priester wieder zu sich kommt und vernehmen ihn. Dann werden wir ja sehen, ob wir noch an den Schatz kommen."
    "Das gefällt mir nicht", äußerte Dansard grimmig, doch auf seinen Widerspruch folgten keine weiteren Diskussionen. Die Schatzsucher saßen einfach schweigend im Kreis, sie alle lauschten dem stärker werdenden Regen und harrten der Dinge, die da kommen mochten.

  2. Beiträge anzeigen #22
    Held Avatar von Dansard
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    Dansard ist offline
    Mit erzürnter Miene und knirschenden Zähnen polterte Dansard an einigen Bäumen vorbei und würdigte den letzten vor der kleinen Lichtung sogar mit einem wütenden Faustschlag. Seine drei Gefährten sahen nur scheinbar desinteressiert auf und wandten sich daraufhin erneut ihren Beschäftigungen zu, welche sich mit dem Wort Faulenzen recht gut zusammenfassen ließen.
    „War wohl nichts, hä?“, kommentierte Navarro, ohne den Blonden anzusehen.
    „Du kannst ja deinen eigenen Arsch dort hinüber schwingen und es selber probieren“, gab Dansard wütend zurück. „Du Penner!“, fügte er noch hinzu, wobei er das Wort – und besonders das P am Anfang – abfällig ausspie. Er ließ sich unzufrieden neben Grimward auf den Boden fallen und brummte verärgert.
    Es brauchte nicht lange, bis Navarro und Harlek sich beide erhoben und die wenigen Schritte zum Baumstumpf zurücklegte, an dem der gefangene Priester nun gefesselt war. Die Gruppe war mit dem weißhaarigen Geistlichen im Schlepptau schon einige Meilen gereist und sollten sich nun ein wenig weiter vom eigentlichen Wohnort des Volkes befinden, das ihnen auf den Fersen war. Nun war es nicht mehr zu vermeiden – sie mussten den Priester verhören, um an die nötigen Informationen zu kommen. Wobei Verhören ein unpassender Begriff war. Foltern traf es eher. Dansard hatte sich, geleitet von seinen Rachegelüsten – als erster gemeldet und war an der Loyalität des Priester, die er seinem Volk entgegenbrachte, jämmerlich gescheitert. Stattdessen hatte er sich die Predigten des Irren anhören müssen. Und zwar in rauen Mengen. Es fing an bei Drohungen, ging über die Vollkommenheit Rhamutras, bis hin zu seiner Überlegenheit bezogen auf die herkömmlichen drei Götter und die Entstehung der Welt, welche sich aus dem Sternenstaub und Rhamutras Hörnern zusammensetzte. Ein Geschichte, die bei Kindern für einen gute Nacht sorgte. Hirngespinste einer unterentwickelten Kultur. Unglaublich, dass solche Märchen noch immer Loyalität und Hingabe dieses Ausmaßes entstehen ließen.

    Nach einem längeren Hustenanfall strich sich Dansard eine blonde Strähne hinters Ohr. Grimward erwachte an seiner Seite aus dem Halbschlaf. Die letzte Nacht musste ihn ganz schön mitgenommen haben. Schließlich war er es gewesen, der den gefesselten Priester, welcher noch immer die Kräfte fand, sich zu wehren, fast die ganze Strecke über getragen hatte. Nach genüsslichem Gähnen meldete er sich schließlich zu Wort:
    „Und? Neue Erkenntnisse?“, murmelte er undeutlich.
    „Hm?“ Dansard wurde aus seinen Gedanken gerissen und brauchte einige Augenblicke, um wieder im Hier und Jetzt anzukommen. „Ach so... Nein, zumindest keine Brauchbaren...“
    „Harte Nuss, was?“, hielt Grimward das Gespräch am laufen.
    „Ist er wohl, ja. Was mich aber beschäftigt, ist sein ganzes Gequatsche von seinem Gott. Ich meine, es wäre nicht verwunderlich, wäre es wirklich nur eine Gottheit, aber es scheint für ihn viel mehr zu sein...“, begann Dansard seinen Vortrag.
    „Nur weil du die Götter leugnest...“, widersprach Grimward.
    „Nein, daran liegt es nicht“, konterte Dansard schnell. „Es ist ein Gefühl, das mich verfolgt, wenn er von seinem Rhamutra redet... Ich kann es nicht recht beschreiben, aber es scheint nicht so, als redete er nur von einem Gott...“
    „Sondern?“, hakte Grimward nach. Er war wohl der nüchterne Kopf von den beiden.
    „Ich meine, wenn dich Wassermagier über Adanos aufklären, dann wirkt es so... endgültig. Es ist alles fest formuliert, weißt du, wie es schon seit Jahrhunderten gepredigt wird“
    „Und?“, sträubte sich Grimward noch immer gegen jede Erkenntnis.
    „Der Priester hier redet von seiner Gottheit aber wie Kinder von ihren Vätern. Fast wie die Bedienstete von ihren Herren. Es ist so, als wäre er vollkommen davon überzeugt, dass wir von Rhamutra bestraft werden. Er sagt es nicht nur vor sich hin, wie die winselnden Magier in Kriegszeiten. Er meint es so.“
    „Und nun?“, Grimward grinste. „Willst du zu ihrem Glauben übertreten?“
    Dansard warf ihm einen schiefen Blick zu. Grimward hatte bisher nicht viel mit dem weißhaarigen Alten zu tun gehabt. Ihm war es wohl noch nicht aufgefallen.
    „Ich bin nur der Meinung, dass wir höllisch aufpassen sollten, was wir tun. Wir sollten sein Gerede nicht als leeres Gerede hinstellen. Ich werde ihn jedenfalls im Auge behalten“, entgegnete der Blonde nachdenklich.
    „Dann fang schon mal an, ich stoße später vielleicht dazu. Solange du den Priester aber an die beiden dort verpachtest, könntest du ein Feuer einrichten.“
    Mit diesen Worten wandte er sich von dem noch immer grübelnden Dansard ab und rührte sich nicht mehr.

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    Mythos Avatar von Ferox
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    Ferox ist offline
    Nach einem unangenehm schwülen Tag ohne neue Erkenntnisse, verschlug es Ferox abends in die Umgebung außerhalb der Mauern. Felder lagen hier brach, in deren Mitten ab und an ein einsames Bauernhaus zu finden war. Der Streiter ließ dies alles hinter sich und wanderte bis in die Nacht hinein. Er dachte nach, über das Gespräch mit dem Kommandanten. Einige seiner Worte hatten den seltsamen Eindruck erweckt, viel mehr zu bedeuten, als der Mann zu sagen gewillt war. Es stimmte den Paladin alles sehr nachdenklich. Die nahezu leer anmutende Stadt, das völlig verriegelte Arbeitszimmer des Kommandanten und dass kein Feuermagier mit ihm, der immerhin doch irgendwie ein Großmeister der Paladine war, reden wollte.
    Ferox wusste nicht mehr, wie weit er gewandert war, bloß, dass die Stadt schon lange nicht mehr in seiner Sicht lag. Auch hatte es sich beunruhigend zugezogen und mit jedem Schritt sammelte sich dichterer Nebel zu seinen Füßen, der auch die Wirkung seiner Augen auf die nächste Nähe einschränkte. Der Weg stieg langsam an. Waren die Berge doch nicht so weit weg, wie er gedacht hatte? So musste es sein, das wusste Ferox. Doch trotz dieses Wissens, zog es ihn weiter in diese weiße Suppe hinein, von der er nur wusste, dass sie ihn wahrscheinlich nicht mehr so schnell entkommen lassen würde. Weder das störte den Mann jedoch, noch das Bewusstsein, sich zu verlaufen und somit das vereinbarte Treffen mit Kuratis zu versäumen.
    Und so verhielt es sich, nur kam es schlimmer, als erwartet. Obwohl es nicht regnete, rutschte Ferox an einer glatten Felswand aus und schlidderte an ihr, wie durch Innos’ Hand geführt, unbeschadet in eine unbekannte Tiefe hinunter. Den Blick noch getrübt, ging er am Boden umher. Von eine felsig glatten Wand zur anderen. Alles fühlte sich so gleich an in diesem See, einem Meer aus diesigem Weiß, das ihn erbarmungslos gefangen hielt. Er irrte umher, wie ein Schiff ohne Segel, nur vom Strom oder dem Wellenspiel angetrieben. Wo sind die Klippen? Wo die Riffe und Sandbänke? Wird er auflaufen? Fern erklang ein leises Geräusch. Er horchte auf, wandte ein Ohr in die Richtung, schloss seine Augen und folgte dem Klang in seiner eigenen Schwärze. Dann… „Was bei Adanos?“ Das Geräusch erstarkte, Ferox erfasste einen Griff und
    erwachte.
    Der Nebel schien im Vergehen als seine Augen sich öffneten. Weniger blinzelnd als mit zusammengekniffenen Augen versuchte er, in der Umgebung einen Anhaltspunkt für seinen Blick zu erhaschen. Etwas jedoch war immer noch eigenartig an der undurchdringlichen Nebelwand, die den Streiter umgab, etwas… Was bei Beliar ist das denn? Ferox rieb seinen pochenden Schädel. Außergewöhnlicherweise tat er das mit der linken statt der rechten Hand, weil diese - und das fiel dem Krieger erst in diesem Augenblick auf - bereits belegt war. Wieder presste er die Augen zu, drehte dann aber unvermittelt den Kopf in eine Position, in der er die Hand besser ansehen und auch das Schwert erkennen konnte, dessen Griff sich aus nicht unmittelbar erfindlichen Gründen in jene schmiegte. Es passte perfekt hinein, besser als alle übrigen Waffen jemals zuvor, sogar als Silivren. Und wie er es musterte, vom Griff aufwärts zur Klinge, über ihre matt glänzende Schneide, so fühlte er eine kalte, nebulöse Verbindung zu ihm aufkommen. „Glasklar.“, hauchte er ungläubig einen Atemfilm auf das Metall, der fast augenblicklich wieder verschwand. Und wo sich das Spiegelbild seines Gesichts befinden sollte, fand er einzig ein verzerrtes Abbild seiner selbst, dessen Existenz bloß durch das schwache Aufflackern seiner stahlblauen Augen wirklich bewiesen zu sein schien.
    Strengen Blickes musterte der Paladin den wundersamen Fund. Falls man dieses Schwert überhaupt so nennen durfte, weil es doch viel eher zu ihm gekommen war. Er drehte und wendete es und schwang es mit aller ihm vertrauten Kunstfertigkeit durch die Luft; erst zögerlich, schüchtern beinah, dann blühte er auf und fand sich nach einer Zeit in jener Lethargie wieder, die er jüngst nur noch selten erfahren durfte.
    Sie endete, indem er die Klinge, den Griff, fest und locker zugleich, mit beiden Händen haltend, parallel zu seinen Augen vor sein Gesicht hielt. Schweiß rann ihm von der Stirn, sein schwerer Atem benetzte die matte Klinge. Sanft streichelte er sie mit seinen Blicken von der Spitze bis zur Parierstange und erkannte kurz bevor er sie erreichte, für den Bruchteil eines Augenzwinkerns, das Wort „Nebelspalter“ im Metall eingraviert.
    Seine Konzentration endete und er sah sich in die Augen, die jetzt, als wären sie ihr Ebenbild, von der Klinge gespiegelt zu ihm zurückblickten. Die Klinge sank hinab. Er blickte ihr kurz hinterher, löste sich aber schließlich und betrachtete die Felsen um sich herum. Der Nebel hatte sich vollkommen aufgelöst und der Sonne Platz gemacht, die wie Innos selbst auf den Streiter hinab schien. „Nebelspalter.“, faselte er, halb in Gedanken, vor sich hin. Hast du das geträumt?
    Mit einem Blick vergewisserte er sich - da war nirgends etwas eingraviert -, dann besann und orientierte sich der Paladin. Er musste weiter. Er musste hier weg, zurück zu Kuratis. Irgendwo im Hintergrund wieherte etwas. Wahrscheinlich ein Pferd, folgerte Ferox in Gedanken, Womöglich nebst seines Herrn. Im selben Moment entschied er, dass er dem Geräusch folgen wollte.
    Im Gehen schwang er das Schwert immer wieder hin und her, vollführte einige Kombinationen, um sich abzulenken. Es fühlte sich an wie seins und ohne im Moment einen Gedanken daran zu verschwenden, wem dieses Schwert gehörte oder wie es in das Tal gekommen war, befand es der Krieger für sich zugehörig. Es lag einfach außerordentlich in seinen Händen, die auf einmal ein lange verloren geglaubtes Gefühl durch den Körper des Mannes fließen ließen. Ein Lächeln zeichnete seinem strengen Antlitz frühere, weiche Züge. Hoffnung lag in ihnen, Frohsinn und der Mut, nach Neuem zu streben, ebenso wie die Kraft, das bereits Gewesene endlich zu akzeptieren. Zu wem also würde dieser großartige Anderthalbhänder besser passen? Beide seiner Kampfstile würden sich perfekt in ihm vereinen, was sich durch die notwendige Übung weitaus besser herausstellen würde. Er plante im Geiste bereits Trainingmethoden, Übungen, Aufgaben, um aus einhändigem und zweihändigem Kampf die richtige Komposition und aus dieser einen gänzlich eigenen, einzigartigen Stil zu kreieren.
    Tatsächlich formten sich die Bilder selbst vor seinem geistigen Auge. Sie nährten Ferox’ Gedanken, so lange er beim Voranschreiten sein Schwert zwischen den Felsen schwang. Leise Luftgeräusche entstanden durch jede Bewegung. Ein schwacher Hauch wehte an ihm vorbei. Und fast verpasste er die Stelle, an der das Wiehern am lautesten war. Doch den Göttern sei Dank schreckte er aus den Gedankenspielen auf und begann die aktive Suche nach den Lauten; sie klangen irgendwie klagend, gleichwohl der Ritter keine Ahnung hatte, was das bei einem Pferd bedeutete.

  4. Beiträge anzeigen #24
    Drachentöter Avatar von Grimward
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    Grimward ist offline
    Grimward schloss für einen Moment die Augen und strich sich eine lästige leicht gelockte Strähne aus dem Gesicht. Dabei fiel ihm ein, wie lange er die Haare nicht mehr geschnitten hatte. Mittlerweile waren sie, für seinen Geschmack, viel zu lang. Wenn er jemals wieder in die Zivilisation zurückfinden würde, so schwor er sich in diesem Moment, dann würde er sich darum kümmern. Schließlich öffnete er seine Augen wieder und seufzte:
    "Nichts? Keine Erkenntnisse? Wirklich nichts, nicht einmal ein Hinweis?"
    Harlek schüttelte mit ernster Miene den Kopf.
    "Wir haben diesen Mistkerl nun wirklich nicht mit Samthandschuhen angepackt, ich meine... also...",
    "Erspare uns bitte Einzelheiten", meinte Dansard, der wenige Meter neben Grimward da saß, er hatte es sich am Fuße einer großen Eiche bequem gemacht.
    "Nein, du verstehst nicht", erwiderte Harlek gereizt und machte ein wegwerfende Handbewegung in Richtung Dansard, "Navarro ist nur bei ihm geblieben weil... also... er. Bei allen Göttern, ist das schwierig, nunja er macht uns in gewisser Weise...", druckste Harlek herum.
    "Angst!" vollendete Grimward, einer Eingebung folgend, denn er erinnerte sich nun an das Gespräch welches er gestern Abend mit Dansard geführt hatte.
    Ich bin nur der Meinung, dass wir höllisch aufpassen sollten, was wir tun. Wir sollten sein Gerede nicht als leeres Gerede hinstellen. Ich werde ihn jedenfalls im Auge behalten, hatte Dansard gesagt.
    Offenbar litt er nicht bloß an einer Paranoia, was Grimward durchaus hätte nachvollziehen können. Wenn man bedachte, was der ehemalige Waldläufer durchgemacht hatte. Wenn er darüber nachdachte, wäre es ihm sogar recht gewesen, wenn Dansard bloß an Verfolgungswahn leiden würde. Denn die Alternative war nicht besonders einladend, denn nun war es ziemlich wahrscheinlich, dass irgendetwas mit diesem Priester nicht stimmte.
    "Nein... nicht Angst... oder vielleicht... Angst vor der Welt in der der Priester lebt. Angst vor dem, was passiert wenn seine Welt auf die wahre Welt trifft", doch es war nicht Harlek der antwortete. Überrascht drehte Grimward sich um, Dansard hatte diese Antwort gegeben.
    "Ich hab jedenfalls genug", sagte Harlek, und ließ sich auf dem Waldboden nieder. Erst jetzt fiel Grimward das Blut am Mantel des Schatzsuchers auf, reichlich Blut. Der Ritter Selerondars wandte den Blick ab.
    "Ihr dürft gerne weitermachen", setzte der Schatzsucher noch hinzu.

    Grimward ließ schon der bloße Gedanke daran, "weiterzumachen", frösteln. Er legte den Kopf in den Nacken und betrachtete einen momentlang das Spiel des Windes zwischen den Blättern der Bäume. Der Barbier war der letzte der vier Gefährten, der sich noch nicht an dem Priester versucht hatte und er spürte auch kein gesteigertes Bedürfnis es zu tun. Andererseits schien es unabdingbar zu sein. Zwar hatten sich am Vortage etwas vom Dorf entfernt, doch waren sie auch nicht zu weit geflohen, sondern viel im Kreis gelaufen, um ihre Spur zu verwischen. Noch hatte keiner der Schatzsucher ihr Ziel aus den Augen verloren. Grimward fragte sich ernsthaft, ob es blanker Wahnsinn, oder bloß konsequent war weiter nach dem Schatz zu geifern. Die Lösung lag wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Aber wenn sie schon danach suchten, wenn sie schon konsequent verrückt waren, musste dann nicht auch er, Grimward, alles versuchen um den Fund des Schatzes zu ermöglichen. Wenn es denn überhaupt einen Schatz gab. Navarro hatte sich letztlich noch immer nicht alle Informationen entlocken lassen. Trotzdem, der Bogenschütze hatte seinen Teil noch nicht geleistet. Also erhob er sich zu seiner vollen Größe und ignorierte Dansards verwunderten Blick.
    "Ich werde mich an unsrem störrischen Freund versuchen", murmelte er, mehr um sich selbst Mut zu machen, als seinen Begleitern etwas mitzuteilen. Diese nahmen es unkommentiert zur Kenntnis. Also machte er sich auf, den Priester zu verhören, welcher auf sein drängen hin, etwas abseits ihres Lagers an einen Baum gebunden worden war. Der Barbier hatte es nicht ertragen, dass Harlek und Navarro den Priester quälten, während dieser immer wieder die gleichen Phrasen drosch. Doch der Ort, an den sie den Priester gebracht hatten war nicht schwer zu finden. Harleks Abdrücke waren in der weichen Erde nur allzu deutlich zu sehen. Was es, wie es ihm durch Kopf schoss, auch Verfolgern denkbar einfach machen würde. Wenig später erreichte er die Stelle. Navarro kniete vor dem gefesselten Priester, hatte Grimward also den Rücken zu gewandt. Der Schatzsucher bewegte sich kein bisschen, sondern schien lediglich den Weißhaarigen, der mal wieder bewusstlos war, zu betrachten.
    "Navarro", rief Grimward und der Schatzsucher zuckte zusammen. Flüchtig meinte Grimward wahrzunehmen, dass Navarro irgendetwas auf dem Boden mit der Hand verwischte. Der Barbier runzelte die Stirn, doch er hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn Navarro sprang reglrecht auf und ging zu ihm hinüber. Der Schwarzhaarige bemühte sich um ein halbwegs freundliches Gesicht und lächelte dem Bogenschützen sogar beinahe zu. Grimward traute ihm nicht und das er in dieser angespannten Lage besonders freundlich war, passte nicht zu ihm.

    "Grim, mein Freund", begrüßte Navarro ihn auf seine unangenehm kumpelhafte Art, die er manchmal zu Tage förderte wenn er sich bei jemandem beliebt machen wollte, "Es ist zwecklos. Dieser Mistkerl lässt es einfach nicht aus sich rausprügeln. Ich habe mir jetzt gerade ein dutzend Lektionen über die Weisheit des einen Gottes angehört und ich muss sagen, ich muss wirklich sagen. Es regt mich kolossal auf."
    "Wir bekommen es schon noch zu hören", meinte Grimward und versuchte zuversichtlicher zu wirken, als er eigentlich war.
    "Sicher... sicher", murmelte Navarro, ungewöhnlich offen, "Kommst du um mich abzulösen?"
    Grimward nickte. Er war froh, dass der Schatzsucher diese Frage selbst gestellt hatte, denn der Barbier wollte alleine mit dem Priester sein. Früher oder später hätte er Navarro also weggeschickt. So war es einfach für alle.
    "Gut", erwiderte der Schatzsucher nur und trollte sich.
    Grimward kniete sich an eben jene Stelle, an der sich Navarro aufgehalten hatte und betrachtete den Waldboden, als die Schritte des Schatzsuchers auf dem weichen Boden verklungen waren. Der Schwarzhaarige hatte etwas in den Boden gezeichnet, die Tatwaffe, ein kurzer, schlanker Stock, lag noch dort. Der Ritter Selerondars versuchte mit gerunzelter Stirn zu entziffern was dort stand. Bloß ein Wort. Navarro hatte notdürftig versucht seine Spuren zu verwischen. Er erkannte ein O, direkt an erster Stelle. Es folgte etwas unleserliches, dann ein angedeutes f, woraufhin eine unleserliche Stelle folgte zu guter Letzt ein r. O_f_r. O_f_r. Was mochte das bedeuten. Erneut stürzten sich Grimwards Augen auf die fehlenden Stellen. Doch er kam nicht darauf, es war wirklich nicht zu erkennen. Warum hinterließ Navarro solche Spuren, wenn er doch nicht wollte, dass Grimward etwas erfuhr und wofür mochte O_f_r stehen? Welches Wort entstand daraus? Der Barbier beschloss, dass es nun an der Zeit war den Priester zu wecken. Irgendetwas musste Navarro aus ihm herausgequetscht haben. Es musste etwas mit diesem rätselhaften Wort zu tun haben. Aufregung machte sich in ihm breit. Er war dicht dran, etwas wichtiges herauszufinden, das spürte er. Doch gerade als er den den Priester wecken wollte, hörte er Schritte hinter sich. Ein hastiger Blick über die Schulter verriet ihm jedoch, dass es Dansard war, der da kam. Also fuhr Grimward in seiner Arbeit fort.

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    Drachentöter Avatar von Grimward
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    Grimward ist offline
    Grimward seufzte entnervt, verdrehte die Augen und fuhr sich mit der Rechten durchs Haar. Der Abend war schon lange hereingebrochen und die Dunkelheit hatte sich über die gorthanischen Wälder gelegt. Abwechselnd, immer im zwei Stunden Takt, verhörten Dansard und der Ritter Selerondars den Priester. Ergebnislos. Lediglich ellenlange predigten über die Herrlichkeit des einen Gottes hatten sie vernommen. Stund um Stund saßen sie da und lauschten den sich langsam wiederholenden Phrasen des Priesters, doch auch der Bogenschütze konnte sich der Wahrheit in Dansards Worten nicht verschließen. Der Priester und seine Gottheit, Rhamutra, sie waren gefährlich. Selbst im zustand völliger Erschöpfung, war die Überzeugung des Priesters noch vollkommen, seine Worte entbehrten einer gewissen Kraft selbst dann nicht, wenn er mit gebrochener Stimme sprach. Die Priester Rhamutras mochten irre sein und einem falschen Glauben nacheifern, doch es waren gefährliche Irre. Da Grimward sich dagegen gewehrt hatte, waren sie bis jetzt einigermaßen ohne Gewaltanwendung ausgekommen. Doch trotzdem war ihre Verhör Methode, so gestand sich der Barbier ein, nicht weniger grausam, als die der anderen Schatzsucher. Sie ließen den Priester nicht schlafen, sie ließen ihn nichts trinken und erst recht nichts essen. Langsam zeigte ihre Methode jedoch Wirkung. Seit Stunden hatte der Priester, einst überheblich uns selbstsicher, nun ein zusammengestauchtes Bündel Elend, keine Äußerung mehr getätigt. Auf Fragen von Grimward hatte er nicht geantwortet. Die zwei Stunden Schicht des Bogenschützens war beinahe vorbei und er war müde. Dauernd musste er dafür sorgen, dass der Priester nicht schlafen konnte, Klatschte die Hände zusammen oder hielt lautstark lästerliche Reden, welche den einen Gott des Priesters verspotteten. Da, plötzlich, machte der Priester anstalten etwas zu sagen. Der Weißhaarige schluchzte, wimmerte und japste nach Luft.
    "Lass mich schlafen... nur ein bisschen, bitte", murmelte er schwach. Dann sackte sein Kopf zur Seite weg. Grimward klatschte die Hände neben den Ohren des gefesselten Mannes zusammen und dieser schreckte wieder hoch.
    "Es kann alles ganz einfach sein", behauptete der Ritter Selerondars, "Für dich, für mich, für alle. Sag uns bloß, was wir hören wollen!"
    "Die Weisheit des Einen wird mich leiten, seine Kraft wird die Ungläubigen... wird die Ungläubigen zerschmettern, auf... auf... auf das... das sie ewig brennen... brennen", stammelte der Priester reflexartig, doch es klang schwächer als je zuvor. Diesen Satz hatte der Barbier schon hunderte Male vernommen, doch bis jetzt hatte er klarer geklungen, entschiedener Grimward ignorierte die schreiende Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn wütend darauf hinwies, dass er einen wehrlosen Mann folterte, bloß um an einen Schatz zu gelangen und drang weiter auf den Priester ein.
    "Du weißt, was ich hören will, ihr würdet nicht so allergisch reagieren, wenn es keinen Schatz gäbe. Wo habt ihr ihn versteckt? Im Tempel?"
    "Vergib mir Herr, denn ich habe gesündigt", erwiderte der Priester Rhamutras halblaut und nickte wieder ein. Grimward schnippte ungeduldig mit den Fingern und weckte so sein Opfer. Der Spruch war neu. Warum hatte der Priester gesündigt? Es musste etwas mit Navarro zu tun haben... O_F_R. Auch Dansard hatte nicht gewusst, wofür dieses unvollständige Wort stehen sollte. Aber offenbar hatte der Priester etwas durchsickern lassen.
    "Was hast du gesagt. Komm schon, ich verspreche dir, du wirst schlafen. Du bekommst etwas zu essen, etwas zu trinken, wir sind nicht nachtragend", redete Grimward auf den Priester ein, doch in Gedanken war er noch immer bei den drei Buchstaben.
    Der Weißhaarige antwortete nicht auf seine Frage, Grimward musste ihm eine Ohrfeige verpassen, damit er nicht einschlief.
    "Soll ich übernehmen?"
    "Was...", Grimward wandte sich um, Dansard war aufgewacht und stand, die Hände in die Hüften gestemmt, hinter ihm, "Achso...nein. Ich bleibe wach. Er hat etwas gesagt. Dieses Ofr, ich bin mir jetzt sicher, dass es etwas mit ihm", der Barbier deutete auf den Priester und schnippte erneut mit den Fingern, um ihn wachzuhalten, "zu tun hat. Dieser Kerl hat sich bei seinem Gott entschuldigt. Er MUSS Navarro etwas gesagt haben."
    "Das bringt uns auch nicht weiter", antwortete der Blondschopf nüchtern und kniete sich neben Grimward. Dieser war einen momentlang wütend auf Dansard, denn er hatte ihren ersten Fortschritt innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden mit einer Bemerkung entwertet. Das schlimmste war jedoch, dass er Recht hatte. Der Bogenschütze beherrschte sich jedoch und konzentrierte sich innerlich auf die Lösung des Rätsels. O_f_r. So schwierig konnte es gar nicht sein.
    "Ich habe die Schnauze voll, irgendwo in der Wildnis, ein paar Fanatiker auf den Fersen, muss ich diesen sabbernden Priester vernehmen. Mir stinkts", fluchte Dansard und tätschelte den Weißhaarigen unsanft.
    "Manchmal muss man halt Opfer bringen", erwiderte Grimward gedankenverloren.
    "Warte mal....", Dansard sprang auf, plötzlich klang er hellwach. Wie wild schnippte er mit dem Finger und deutete auf Grimward.
    "Was machst du für einen Lärm, der Priester ist doch wach", sagte der Barbier verständnislos.
    "Nein, Grim, im Ernst, ich habs. Ich habs!"
    "Was denn zum Henker?"
    "Na Ofr, ich weiß was Ofr bedeutet, du hast es gerade gesagt! Es ist ja so einfach, wenn man einmal drauf gekommen ist."
    "Wer ich? Aber... ich hab doch keine Ahnung?
    "Ofr... Ofr! Junge, da fehlt nur ein P und E. OPFER! Navarro hat Opfer in den Boden geritzt."
    Grimward riss die Augen auf. Sein Freund hatte Recht. Opfer. Er bemerkte, dass der Priester wieder eingeschlafen war. Er weckte ihn und wandte sich wieder an Dansard.
    "Du hast Recht. Das muss es sein. Was kann es bedeuten? Warum sagt ihm der Priester etwas von einem Opfer?"
    "Hey, ich habe gerade ein Rätsel gelöst", sprach Dansard und ließ sich wieder neben Grimward nieder, "Jetzt bist du wieder dran."
    "Wir könnten Navarro fragen", schlug Grimward wenig überzeugt vor.
    "Er wird sich nicht in in die Karten sehen lassen, aber was ist mit dem Priester hier", meinte Dansard und schlug dem Weißhaarigen beinahe kumpelhaft auf die Schulter, was diesen zusammenschrecken ließ. Versonnen musterte Grimward den Weißhaarigen. Doch sein Gehirn weigerte sich, etwas Vernünftiges auszuspucken.
    "Versuch es weiter... aber gib ihm einen kleinen Schluck zu trinken, sonst stirbt er. Weck mich, in zwei Stunden, ich kann nicht klar denken, wenn ich so verdammt müde bin", meinte der Ritter Selerondars und ging einige Schritte von Dansard und dem Gefangenen weg, gerade weit genug, um nicht hören zu müssen, was Dansard mit ihm anstellte.

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    Held Avatar von Dansard
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    Dansard ist offline
    Mit breitem Lächeln wandte sich Dansard von dem Priester ab.
    „Warum nicht gleich so, alter Mann“, sagte er mit melodischer Stimme und warf ihm eine Wasserflasche und ein wenig vom übrig gebliebenen Trockenfleisch vor die Füße. Er war gefesselt und konnte sie vermutlich nicht erreichen, aber das kümmerte Dansard wenig, denn nun hatte er die nötigen Informationen aus dem Alten ausgepresst. Oder – falls der Geistliche gelogen haben sollte – war er der Lösung einen großen Schritt näher gekommen. Ein zweites Mal würde er wohl nicht lügen wollen, dafür würde er schon sorgen.
    Der Waldstreicher ging an einigen Bäumen vorbei und fand Grimward zusammengekauert zwischen einigen dicken Eichenwurzeln liegen. Mit einem sanften Tritt versuche er den Bogenschützen zu wecken.
    „Hoch mit dir!“, sagte er, als Grimward nur leises Gemurmel von sich gab.
    „Was?... Ist wieder meine Schicht?“, fragte er im Halbschlaf.
    „Nein, da muss ich dich leider enttäuschen“, entgegnete Dansard breit grinsend. Er konnte das Gold in seinen Händen förmlich fühlen. Er hörte es klimpern. „Der alte Sack hat endlich gesprochen. Ich weiß, wo wir das Versteck finden“
    „Wirklich?“, fragte Grimward und riss die Augen auf. Seine Müdigkeit war sofort verflogen und er sah Dansard mit gierigem Blick in die Augen.
    „Allerdings. Steh' auf, ich erzähl später, wohin wir nun müssen“, antwortete Dansard stolz und wartete, bis Grimward sich aufgerappelt hatte und sich zügig erhob.
    Die beiden rätselten einige Sekunden lang, in welcher Richtung sich wohl ihr eigentliches Lager befinden möge, hörten dann allerdings die Stimmen der beiden Schatzjäger in östlicher Richtung und folgten diesen. Dansard wollte zunächst vorangehen, wurde jedoch von Grimward eingeholt, der ihn neugierig mit Fragen löcherte.
    „Was genau hat er nun gesagt?“, fragte er ungeduldig.
    „Moment, ich will es nicht doppelt und dreifach erzählen. Ich sag's, wenn wir alle beisammen sind“, antwortete der Blondschopf genervt. „Was mich viel mehr interessiert ist diese Sache mit dem eingeritzten Wort und so weiter. Du weißt schon, das Wort da mit O-f-r.“
    „Opfer?“, fiel Grimward ihm ins Wort.
    „Ja, wenn es überhaupt das richtige sein sollte. Darüber hat mir unser Priester nichts erzählt. Ich denke wir sollten ihn...“
    „Psst!“, unterbrach Grimward seinen Kameraden erneut, als die beiden sich den anderen Schatzjägern näherten, und warf ihm einen warnenden Blick zu. Der Landstreicher verstand zunächst nicht, was es bedeuten sollte, vertraute Grimward aber schließlich und schwieg.
    Navarro und Harlek hatten die beiden derweil bemerkt und bauten sich erwartungsvoll auf.
    „Neue Erkenntnisse?“, fragte Harlek und biss sich auf die Lippe.
    „Ja“, antwortete Dansard trocken. Eine Pause entstand.
    „Jaa? Ich höre...“, meldete sich Harlek dann und blickte dem Blonden tief in die Augen.
    „Der Priester hat erzählt, wo die Reichtümer gehortet werden“, begann er. „Um genau zu sein werden sie dort geopfert. An diesen Rhamutra, versteht sich.“
    „Und wo ist es nun?“, frage Navarro nach.
    „Er sagte etwas von einer riesigen Höhle, die eine Art Saal innerhalb eines Berges bildet. Der Alte hatte begonnen, es mir zu erklären, aber an Sinn hatte es natürlich wenig. Wir haben ja nicht einmal eine Karte, genauso fehlt uns jede Ortskenntnis.“
    „Das heißt?“, hakte Navarro erneut nach.
    „Das heißt, er muss uns mehr oder minder führen. Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass wir erstmal zurück zum Dorf müssen. Von da aus führt ein Pfad den Berg hinauf, erzählte er. Dort sollten wir beginnen. Wir sollten ihn ohnehin mitnehmen. Wer weiß, ob er auch die Wahrheit spricht“, erklärte Dansard.
    „Hm“, gab Navarro nachdenklich von sich. „Wir müssen jetzt aufbrechen, damit wir bei Sonnenaufgang wieder weit genug vom Dorf weg sind, nur in der anderen Richtung, natürlich“, beschloss er. Zu Dansard Unbehagen hatte er Recht.
    „Gut“, antwortete Dansard und nickte zustimmend. „Aber diesmal schlagt ihr beide euch mit dem Priester herum.“

  7. Beiträge anzeigen #27
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    Dansard ist offline
    Der sausende Wind ließ Dansards Haar wild flattern, während er mit zusammengekniffenen Augen vom Gipfel des Berges in das Tal hinabblickte. Der Anblick, der sich ihm bot, bestätigte nicht nur eine ganze Reihe märchenhafter Klischees, er wies auch eine kitschige Note auf. Viele Meter unter dem blonden Jäger befand sich, versteckt zwischen verdorrten Bäumen und mager aussehenden Sträuchern, wie man sie sonst nur aus den sandigen Weiten Varants kennt, der Eingang in ein Höhlensystem. Wie aus dem Bilderbuch in Stein gehauen ließ sich am Fuße des nächsten Berges ein riesiger Kopf erkennen. Der Kopf hatte keine menschlichen Züge. Ebenso wenig war er einem Tier nachempfunden. Die spitz zulaufende Fratze war mit überdimensionierten Zähnen bewaffnet, welche eine Art Säulen darstellten, während das Maul selbst ein Tor ins Innere des Berges war. Weiter oben befanden sich tief sitzende Augen, in welchen wohl Fackeln brennen musste, die für das seltsame Flackern verantwortlich waren. Abgerundet wurde das Bild der Bestie durch fünf Hörner. Das erste war dabei mitten auf der Stirn platziert, flankiert von zwei weiteren, welche aus den Schläfen herausragten und durch eine Biegung dennoch vorne, oberhalb der Augen endeten. Ein ganzes Stück hinter den beiden entsprangen dem Schädel zwei weitere Hörner, welche alle anderen an Länge übertrafen und ihre Spitze irgendwo neben den Wangenknochen und dem Kiefer fanden.
    Beeindruckt atmete Dansard durch. Er drehte sich um und erkannte Grimward, welcher nun auch den Gipfel des Berges erreicht hatte und das Bild, das sich ihm bot auf sich wirken ließ. Etwa dreißig Schritt weiter hinten trotteten die beiden Schatzjäger, stets darauf bedacht, den Priester nicht aus den Augen zu lassen.
    „Ich kann es kaum glauben, worauf wir uns hier einlassen“, warf Dansard mit ernstem Unterton ein, um die Stille, die nur vom Sausen des Windes gestört wurde, zu brechen. Grimward sah ihn mit funkelnden Augen an, sagte aber nichts. Er seufzte leise und trat dann einige Schritte nach vorn.
    „Komm. Wir müssen einen Rastplatz suchen, an dem wir nicht vom Wind den Berg hinunter geschleudert werden“, sagte er schließlich, ohne sich umzudrehen.
    Dansard schnaubte. Erst jetzt wurde er von Harlek und Navarro eingeholt. Der Priester fluchte leise, als er den Eingang erblickte. Doch der Landstreicher hörte ihn nicht. Viel mehr beschäftigte ihn das seltsame Verhalten von Grimward. Was war mit ihm geschehen? Seit dieses Funkeln in seinen Augen aufgetaucht war, sprach der Bogenschütze nur noch wenig und ließ Dansard im Dunkeln tappen, wenn es um seine Ansichten und Ziele ging. Was es nur Gier? Konnte auch Grimward kaum erwarten, das Gold klimpern zu hören und die Steine funkeln zu sehen? Auf die Frage hatte nur er selbst eine Antwort. Möglicherweise hatte er sich von Navarro und Harlek anstecken lassen. Vielleicht ging es ihm auch um weitaus mehr als nur um das Gold. Wer vermag schon zu sagen, ob es nicht der Ort war, der ihn so in seinen Bann zog.
    Die mysteriöse Aura, die diesen Ort umgab, der Blick des steinernen Biestes, der sie scheinbar verfolgte, der hämische Gesichtsausdruck des Priester – alles flehte sie förmlich an, zu verschwinden, doch die Vernunft war noch nie Dansards Begleiter gewesen – und auch diesmal trieb sie sich woanders.

  8. #28
    Solaufein
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    … und am Ende bleiben nur die Schatten…

    »Einst, so erzählt man sich, lag die Welt in Schutt und Asche, der Krieg der Götter verschlang alles Leben und die Hoffnung war verloren. In ihrer dunkelsten Stunde entschied die vor Licht und Dunkelheit geschützte Eattida den Kampf, an dem sie bis dahin nicht beteiligt war. Als sie sah, was geschehen war, überkam eine tiefe Traurigkeit ihr Herz und sie begann zu weinen. Als die Tränen jenes Wesens auf die Erde fielen, reinigten sie das verdorrte und zerstörte Land und gaben dem Leben eine neue Chance, mehr noch, die Hoffnung war wieder geboren. Doch Eattida weinte nicht für das Licht oder gar die Dunkelheit, sie weinte, um ihre eigenen Schmerzen zu befreien, mit ihren Tränen löste sich der Fluch, der sich um sie gelegt hatte und sie kehrte zurück an jenen Ort des absoluten Gleichgewichts, von dem sie gekommen war.«

    Für einen kurzen Moment herrschte Stille, dann klatschten einige Hände und Münzen fielen in den Beutel der Spielleute. Eine Flöte begann einen traurigen Takt anzustimmen, nach einigen Sekunden folgte eine Trommel, dann hatte der Erzähler seine Laute gezupft und sang ein Lied über Eattida und den Krieg der Götter.

    Das Lied, so schön es auch war, drang nicht mehr zu ihm durch. Kaum einen Kieselsteinwurf von der Menge entfernt, berührten seine Knie den Boden und die Hände den kalten Stein. Sein Körper zitterte, aber sein Blick war stechend scharf. Nach und nach löste sich das Fleisch vom kalten Stein, gebannt blickte er auf jene Linien der Handteller, aus der so mancher Prophet das Leben eines jeden Individuums herauszulesen glaubte. Seine Hände… kalt, so kalt… und als die Spielleute schon einen neuen, tosenden Jubel empfingen, verstand er, was er nicht verstehen konnte.

    »Weinen… die Tränen…« Wie ein kleines Kind suchte er nach einer Mutter, einem Halt, doch wo all das nicht war, suchte er selbst vergeblich nach den Tränen. Tränen der Schwäche, Tränen der Aufgabe, einfach nur Tränen.
    Aber seine Hände empfingen kein warmes Nass, sondern blieben rau und trocken.
    »Und der stechende Schmerz ist alles, was mir bleibt. Wie Feuer in meinen Augen, die Schlösser sind zu, den Schlüssel gibt es nicht. Alles nur eine Lüge! Alles nur ein falsches Spiel! Niemals eine Chance gehabt, niemals Hoffnung. N i e m a l s!«

    Kalte Wut, die schlimmste aller Aggressionen, war entfesselt. Keine kurze, tosende Böe, sondern ein sich langsam und nur vorsichtig nach vorne fressendes Feuer, das – wenn einmal einen Scheitelpunkt überschritten – nicht mehr zu kontrollieren war. Es gab keine Heilung mehr! Keine Vernunft. Keine Hoffnung…

    Der Schrei des Todgeweihten schreckte die Menge auf, der Spielleute Instrumente gar übertönend, aber der Wutentbrannte hatte seine ganze grazile Art verloren, sich nicht längst in eine Gasse verkrochen, sondern ward Opfer der dutzend Blicke der Gaffer.
    Das Zittern verschwand noch in der Bewegung, der kalte Griff seines Schwertes, die Klinge stützte ihn, half ihm zu neuer Größe. Fort vom Boden, fort vom Staub, hin zur letzten Tat.
    Die wandernden Blicke verscheuchte er mit dem Blick des Todgeweihten, kein noch so tapferes Auge hielt ihm stand, niemand wagte sich in seinen Weg zu stellen.

    Als er das verfluchte Heim erreichte, jenem bizarren Prachtbau, drehte sich sein Blick fast gespenstisch. Hinter ihm brannte es, der Untod wandelte auf seiner Spur, Blut floss aus seinem Körper und deutete die Spur.

    … und am Ende bleiben nur die Schatten…




    Kaum hatte er die Tür hinter sich verschlossen und den Flur passiert, hin zum Weinkeller, wo der Schmerz betäubt werden sollte, gab es einen Donnerknall.

    Die Eingangstür wurde wüst aufgestoßen, nein, aus den Angeln gehoben und teilweise splitterte das Holz. In seinem Rücken kribbelte es und seine Augen sahen den wütenden Mob, die Stadtwachen, nun war es also vorbei, sie kamen, um ihn für all das bezahlen zu lassen, was er nie getan hatte. Sie kamen, um ihn mitzunehmen, sie kamen, um ihn zu hängen!

    Mit einem triumphalem Lächeln auf den Lippen drehte er sich um, er hatte gewonnen, er und nur er alleine.
    Doch erneut hatte das Schicksal andere Pläne!
    Noch bevor der Schädel voll gerade ausgerichtet war, hatte das Lächeln seine ganze Kraft verloren. Nun zerlief es wie Butter in praller Sonne. Und jeder, der diesen Anblick schon einmal gesehen hat, wusste, was aus seinem Gesicht wurde. Es bekam einen irren, angsterfüllten Ausdruck.
    Sein Herz setzte aus, der Nacken kribbelte, sein Magen rebellierte.

    »Du?«

  9. Beiträge anzeigen #29
    Drachentöter Avatar von Grimward
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    Grimward ist offline
    Seit zwei Tagen kampierten die Gefährten nun am Eingang der Höhle und besprachen was zu tun sei. Im Schutze des Berges waren sie einigermaßen windgeschützt, doch das ließ die Szenerie keineswegs gemütlich oder gar einladend wirken. Das Monster selbst, welches den Eingang zum Höhlensystem symbolisierte und gleichzeitig auch zu bewachen schien, überschattete alles und ließ die Gefahr in der sich die Schatzsucher befanden, nur allzu deutlich werden. Der Eingang der Höhle glich der Fratze eines grässlichen Monsters, welches aus Beliars Reich heraufgestiegen sein musste, um die Menschen heimzusuchen. Das zumindest war es, was Grimward sich dazu dachte, auch wenn er wusste, dass einige seiner Begleiter diese Vorstellung wohl kaum teilen würden. Vornweg natürlich der Priester Rhamutras, welcher sie, an den Händen gefesselt und über Nacht an einen Baum gebunden, noch immer begleitete. Dieser würde die Fratze des Grauens wohl als eine der vielen Schöpfungen seines Herrn und Meisters, des Gottes Rhamutras deklarieren. Vielleicht war diese Höllenbestie sogar die Vorstellung der Dorfbewohner, vielleicht sah Rhamutra in der Vorstellung der Menschen die an ihn glaubten so, oder so ähnlich aus. Grimward hatte sich bei dem Briester noch nicht danach erkundigt. Dann war da aber auch noch Dansard, der in seiner stoischen Art die Existenz der Götter verneinte und in einer Welt zu leben schien, die völlig die Möglichkeit von übernatürlichen Dingen negierte. Vielleicht würde er in den nächsten Tagen eines besseren belehrt werden. Zumindest hatte auch er sich gebührend von dem Eingang der Höhle beeindrucken lassen, den selbst Dansard hatte sich nicht dazu durchringen können, die Höhle einer genauen Betrachtung von innen zu unterziehen. Die Stimmung unter den Gefährten wurde zunehmend gereizter, da keiner den Sprung in das Höhlensystem wagte. Auch die Anwesenheit des Priesters, der in stündlich wachsender Selbstgefälligkeit in die Runde blickte und sich an ihrer Unentschlossenheit erfreute, war nicht besonders hilfreich. Wenn der Priester sich unbeobachtet fühlte und glaubte, dass alle schliefen, dann sprach er hin und wieder auch merkwürdige Laute und blickte dabei zum riesigen Schädel auf, er schien diesen Höhleneingang anzubeten.

    Nun saßen sie in einem lockeren Kreis um ein Lagerfeuer herum, sprachen nicht oder nur sehr wenig mtieinander und jeder hing wohl seinen eigenen Gedanken nach. Grimward starrte in die kümmerliche Flamme die sie entfacht hatten, betrachtete den Funkenschlag und lauschte dem ununterbrochenen Flackern und Lodern des Feuers. Eigentlich war es nicht nötig gewesen ein solches Feuer zu entzünden. Die Sonne strahlte auf sie hernieder, bildete einen untypisch strahlenden Kontrast zu der düsteren Grundstimmung und ließ die Szenerie fast surreal wirken. Der Ritter Selerondars hatte das Feuer im Grunde auch nur entfacht, um sich ein wenig abzulenken. Denn je mehr er nachdachte, desto mehr Erkentnisse, die er lieber nicht gemacht hätte, wurden ihm gewahr. Eine Erkentnis war zum Beispiel, dass sein Draht zu Dansard sich täglich, ja beinahe stündlich zu verschlechtern schien. Der ehemlaige Waldläufer schien ein wenig das Interesse an dem Schatz verloren zu haben, so bildete sich Grimward ein. Vielleicht war er auch einfach mit der Art und Weise, wie sie handelten nicht einverstanden. War ihm gar das Verhalten gegenüber dem Priester zu hart? Wohl eher nicht, überlegte Grimward, immerhin war es Dansard gewesen, der den Widerstand des Priesters gebrochen hatte, sodass dieser sie hierhergeführt hatte. Doch was war es dann? Grimward kam nicht auf die Idee, das er selbst es sein könnte der sich veränderte, denn just in diesem Moment, fasste er einen endgültigen Entschluss.

    Der Ritter Selerondars erhob sich und warf seinen Begleitern ein gegrunztes:
    "Mir reichts", zu. Er griff einen Holzscheit vom Stapel und entzündete ihn am Lagerfeuer. Dansard blickte, der bis dahin gedankenverloren am Verschluss seiner Trinkflasche gespielt hatte, blickte überrascht auf, machte jedoch keine Anstalten sich zu erheben, die anderen beiden Schatzsucher schreckten erst hoch, als Grimward grob den Priester auf die Beine riss.
    "Was soll das werden?" fragte Harlek.
    "Ich geh mir das jetzt mal ansehen", meinte Grimward und versuchte entspannter zu klingen als er sich fühlte. Seine Gefährten ließen diese Aussage unkommentiert und sahen wortlos dabei zu, wie der Bogenschütze den Priester auf die Beine zwang. Im Grunde versuchte er den Eindruck zu vermitteln, als sei dies ganz natürlich und so die Tatsache zu überdecken, dass sie seit geschlagenen zwei Tagen wie die Kaninchen vor der Schlange dasaßen und darauf warteten, das Rhamutra sie erschlug.
    "Rhamutras Zorn wird dich treffen wenn du über diese Schwelle schreitest", meinte der Preister, der offenbar nicht mehr damit gerechnet hatte, dass sich die Schatzsucher noch einmal aufrafften, panisch.
    "Jaja, is ja schon gut", murmelte Grimward, eher an sich selbst gewandt und schubste den Priester vorwärts auf den riesigen Schlund des Ungeheuers zu. Es war fürchterlich. Die einzelnen, aus Stein gehauenen Reiszähne des Ungeheuers waren fast so groß wie ein Mann und durch dieses fürchterliche Kunstwerk wurde der Eindruck geschaffen, dass man sich von einem gigantischen Monster fressen ließ. Vor ihm die Dunkelheit, in seinem Rücken das gleißende Licht der Sonne, welches seinen Nacken zu verbrennen drohte. Grimward stieß den Priester in die Dunkelheit, atmete tief durch und machte einen Schritt hinterher.

  10. Beiträge anzeigen #30
    Drachentöter Avatar von Grimward
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    Grimward ist offline
    Das Licht der Fackel erhellte den Raum nur unzureichend. Denn aus irgendeinem Grund wurde das Licht der Sonne von einer unsichtbaren Wand reflektiert, so schien es zumindest, denn kein einziger Lichtstrahl drang durch das Maul des Höhleneingangs. Grimward konnte sich zwar umdrehen und auf die strahlend helle Welt, die draußen lag, blicken, doch das Licht gelangte nicht hinein, etwas versperrte den Strahlen den weg. Er war an einem fürchterlichen Ort. Es war als würde die Dunkelheit den flackernden Schein seiner Lichtquelle ebenfalls absorbieren. Grimward sah die schmächtige, leicht gebeugte Gestalt des, an den Händen gefesselten, Priesters vor sich und machte zwei Schritte zu ihm hin und packte ihn mit seiner freien Hand an der Schulter. Dann versuchte er sich in der Höhle zu orientieren, doch das Licht der Fackel ließ ihn weder die Decke, noch irgendwelche Wände erkennen. Der Raum musste wahrlich riesig sein, denn egal wohin er blickte, irgendwann verschwand auch das letzte bisschen Helligkeit und eine alles verhüllende Schwärze legte sich über sein Sichtfeld.
    "Was ist das für ein Zauber", flüsterte Grimward, dem die Angst eiskalt den Rücken hinunterlief. Er war einen Moment lang sogar überrascht, dass wenigstens seine Stimme noch ganz normal, wenn auch durch die Größe des Raumes merkwürdig verzerrt klang. Die allumfassende Schwärze vermittelte den Eindruck sich in einem Raum zu befinden der völlig losgelöst von den Gesetzen der Welt da draußen existierte. Wenn er nun nicht mehr hätte sprechen können, dann wäre er nicht sonderlich erstaunt gewesen. In diesem Augenblick fiel es dem Ritter Selerondars sehr schwer, an die Nicht-Existenz des Gottes Rhamutra zu glauben, denn eines stand fest, seine Untergebenen besaßen große Kräfte. Vielleicht war es ja alles nur eine heimtückische List Beliars?
    "Den Ungläubigen ist der Weg versperrt, ihre Augen werden langsam erblinden, ihre Ohren werden sich verschließen und schließlich werden auch ihre Herzen aufhören zu schlagen", verkündete der Priester lautstark, mit veränderter, selbstbewusster Stimme.
    "Na danke", knurrte Grimward und zog sein Schwert, der laut mit dem es aus der Schwerscheide fuhr, erklang unnatürlich klar und laut. Der kühle feste, lederne Griff, gab ihm ein wenig Sicherheit zurück, es wahr gut wieder etwas völlig irdenes in der Hand zu haben. Er stach dem Priester die Schwertspitze in den Rücken, um ihn daran zu erinnern, dass Rhamutra ihn noch nicht gerettet hatte und das der Ritter Selerondars immer noch Herr der Lage war.
    "Wie bekomme ich Licht ins Dunkel?"
    "Den Ungläubigen ist der Weg versperrt, ihre Augen werden langsam erblinden, ihre Ohren werden sich verschließen und schließlich werden auch ihre Herzen aufhören zu schlagen", wiederholte der Priester, im Wortlaut völlig gleich. Doch die Wirkung der Worte war diesmal eine völlig andere. Die Stimme des Priesters tönte nun voll und tief, klang in Grimward Kopf nach und schien sich direkt in sein Gehirn zu fressen. Der Barbier bekam fürchterliche Kopfschmerzen, vor seinem inneren Augen tauchte kurz das Bild der fürchterlichen Dämonenfratze auf, die Augen des Ungeheuers glühten rot wie Fackeln. Grimward ließ das Schwert auf den Boden fallen vernahm den dumpfen laut, als Stahl auf Steinboden fiel, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und ging in die Knie. Sein Atem ging schwer und er war gerade noch genug Herr seiner Sinne um die Fackel zu umklammern, denn ohne sie, so hämmerte es durch seine Gedanken wäre alles verloren, er wäre verloren. Der Bogenschütze sah zu dem Priester, der noch immer da stand, dem Rücken ihm zugewandt und nun die Hände hob.
    "Den Ungläubigen ist der Weg versperrt, ihre Augen werden langsam erblinden...", rief er ein drittes Mal.
    "Grimward", ertönte eine vertraute Stimme von irgendwoher und unterbrach den Spruch des Priesters. Dansard, es musste Dansard sein. Es war merkwürdig, so als würde auf einmal bleierne Gewichte von ihm abfallen, die er vorher gar nicht wahrgenommen hatte und die doch sein Denken gelähmt hatte. Mit einem Mal war Grimward wieder Herr seiner Sinne. Er spürte seinen Körper wieder, wusste wo er war, war sich seiner Kraft auf einmal wieder bewusst. Seine Finger schlossen sich wieder um den Griff seines Schwertes. Er kehrte zurück aus einer dunklen Welt, in die er nur einen kurzen Blick geworfen hatte und an welcher er trotzdem beinahe zerbrochen wäre. Grimward richtete sich wieder auf, der Priester wirbelte herum, wollte in die Dunkelheit fliehen, doch Grimward hielt ihn fest.
    "Netter Versuch", keuchte der Barbier und wandte sich zum Höhleneingang um. Das Licht noch im Rücken, den Fuß nicht über die höllische Schwelle gesetzt, stand dort der Umriss seines Freundes. Dansard.
    "Komm hierher", rief Grimward. Doch keine Reaktion.
    "Grimward?!" rief Dansard einige Augenblicke später wieder. Er hatte den Ruf des Barbiers nicht vernommen, obwohl der Ritter Selerondars und seine Geisel nur gut zehn Schritt von Dansard entfernt waren.
    "HIER!" schrie Grimward und wedelte mit der Fackel.
    "Wo zur Hölle bist du?" brüllte Dansard, der ihn offenbar weder hören noch sehen konnte, dann tat er einen Schritt in die Dunkelheit und war verschwunden, Grimward konnte ihn nicht mehr sehen. Panisch lief er auf den Eingang zu. Dansard hatte keine Fackel, ohne Grimward wäre er verloren. Der Priester folgte ihm. Plötzlich stieß der Ritter Selerondars gegen etwas und fiel vor schreck zu Boden. Sein Schwert und seine Fackel fielen ebenfalls zu Boden. Glücklicherweise erlosch die Fackel nicht. Er packte sie wieder, sprang auf und blickte Dansard ins Gesicht.
    "Himmel auch", murmelte Grimward und atmete tief durch.
    "Was ist das hier?" fragte der Blondschopf.
    "Das ist Rhamutras Reich auf Erden", meinte der Priester, schnippte mit dem Finger und es wurde Licht in der Höhle...
    Geändert von Grimward (23.06.2008 um 23:09 Uhr)

  11. Beiträge anzeigen #31
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    Erschrocken sprang Dansard zurück und zückte dabei sein Schwert. Grimward dagegen stürmte mit dem Schwert in der Hand auf den Priester zu, der sich durch eine unbedeutende Bewegung mit den Fingern auch von sämtlichen Fesseln befreit hatte. Das strahlende Licht, welches den Priester umgab, warf Grimward aber zurück. Er prallte gegen die Wand und sah gemeinsam mit Dansard keuchend zu, wie der Priester sich verzog. Er schnellte tiefer in die Höhle, welche nach nur wenigen Metern in einem Abgrund zu enden schien. Der leuchtende Zauberer verschwand darin mit einigen Worten in einer unverständlichen Sprache.
    Dansard atmete schwer auf. „Und nun?“, fragte er schließlich leise.
    „Nun...“, Grimward war noch immer außer Atem. „Nun holst du die beiden Knalltüten noch hier rein und wir folgen ihm.“
    Eine Antwort, mit der Dansard nicht unbedingt gerechnet hatte. Die Endgültigkeit und Entschlossenheit, die in Grimwards Gesicht geschrieben stand und in seiner Stimme zu hören war, schloss aber jegliches Hinterfragen aus. Dansard nickte kurz und drehte seinen Kopf nach rechts, in Richtung Ausgang. Dort schien sich nichts verändert zu haben. Noch immer schien die Sonne und verlieh der Szenerie eine fast schon idyllische Atmosphäre. Dansard schniefte leise und machte einige Schritte in Richtung Ausgang. Er durchschritt die Schwelle und damit auch die seltsame Barriere, welche die Höhle umgab. Vom Licht der Sonne zunächst geblendet, hielt er Ausschau nach den beiden Schatzjägern. Als sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er die beiden bekannten Gestalten zu seiner Rechten. Navarro und Harlek hatten sämtliche Verpflegung und Ausrüstung in ihre Taschen gepackt und schienen gerade abreisen zu wollen. Das Feuer, dass noch Minuten zuvor gelodert hatte, als Grimward den Entschluss gefasst hatte, die Höhle zu betreten, war nun nur noch ein leicht rauchendes Häufchen Asche. Zuletzt fielen Dansard die verwunderten Gesichtsausdrücke der beiden Männer auf.
    „Wo wollt ihr hin?“, fragte er verdutzt.
    „Wo... Wo hast du denn so lange gesteckt?“, gab Harlek die Frage zurück mit einer ebenso verdutzten Miene. „Wir haben schon jede Hoffnung verloren, einen von euch noch einmal zu sehen.“
    „Wie bitte?“, antwortete Dansard, als er es plötzlich begriff. Er hatte es sich doch nicht eingebildet, wie es schien. Als der Priester sich in der Höhle gerade befreit hatte, hatte der Landstreicher einen kurzem Blick auf den Ausgang geworfen. Seltsamerweise war es draußen außerordentlich dunkel gewesen. Was er vor einigen Minuten als Hirngespinst abgestempelt hatte, bekam nun aber einen neuen Sinn. Wie es schien, verhielt sich nicht nur der Raum innerhalb der Höhle eigenwillig. Auch die Zeit spielte verrückt. Während der wenigen Minuten, die Dansard innerhalb der Höhle Rhamutras verbracht hatte, musste hier ein ganzer Tag vergangen sein.
    „Für Erklärungen haben wir keine Zeit!“, sagte Dansard schließlich entschlossen und begriff erst hinterher die Ironie in seiner Aussage. Wenn sich das Verhältnis der Zeit innerhalb der Höhle zu der außerhalb nicht ändern würde, wäre die Zeit, die hier für eine ausführlichste Erklärung von Nöten war, nur ein Augenblick für den wartenden Grimward. Doch Dansard wollte sich in das ganze komplizierte System der Zeit gar nicht erst vertiefen, weil er genau wusste, dass es ihn wahnsinnig machen würde, wie alles andere, was er nicht vollends verstehen konnte. „Kommt schnell mit hinein, der Priester ist geflohen!“, fügte er einen Moment später hinzu und ging schon einmal voran, während Navarro und Harlek einander verwirrte Blicke zuwarfen.

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    Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah sich Dansard um. Er schnappte sich eine Fackel, die an einer Halterung in der Wand steckte und wechselte einen kurzen Blick mit Grimward, welcher daraufhin zustimmend, aber kaum merklich, nickte. Er nahm seine eigene Fackel, welche lediglich ein Scheit Feuerholz mit brennendem Ende darstellte, hielt sie einen Augenblick über der scheinbar bodenlosen Schlucht, die sich vor ihnen erstreckte, und ließ dann los. Die Flammen erleuchteten den Weg der fallenden Fackel nur spärlich, aber man konnte deutlich erkennen, dass diese gar nicht so tief herunterfiel, wie die Schatzjäger befürchtet hatten. Schon nach wenigen Augenblicken des freien Falls traf das Holzscheit auf den steinernen Boden und zerbarst dort in viele glühende Punkte. Zudem hatte Dansard eine Art Stufen erkannt, die in die Wand eingeritzt waren. Es ähnelte einer Leiter aus massivem Fels, die in der ebenso massiven Felswand gehauen war.
    Einige Augenblicke nachdem die Fackeln unten angekommen war, sahen sich die vier Eindringlinge an. Die Frage, die im Raum stand, brauchte nicht ausgesprochen zu werden. Sollten sie dort hinunter steigen? Es war gut möglich, dass sie sich in ihr Verderben herabließen. Mehr oder weniger entschlossenes Nicken seitens Grimward, Harlek und Navarro überwog schließlich und Grimward kletterte als erster mit den Beinen voran hinunter. Ihm folgten Navarro und Harlek. Nach kurzem Zögern hatte auch Dansard sich getraut und trat auf die oberste Stufe der merkwürdigen Leiter. Das Absteigen an einer Leiter, welche direkt an der Wand befestigt war, erwies sich als nicht ganz einfach und einige Fehltritte trieben Dansard das Adrenalin bis in die Haarspitzen.
    Endlich unten angekommen, trat Dansard nachdenklich auf die Glut der zersplitterten Fackel und das Leuchten erlosch.
    „Und nun?“, fragte Harlek leise. Er schien neben Dansard der einzige zu sein, der zumindest einige Zweifel gegenüber dem Unterfangen hegte, was als wahnsinnig am ehesten zu beschreiben war.
    Navarro drehte sich zu ihm um und schwieg einen Augenblick, bevor er entschlossener als erwartet antwortete.
    „Wir gehen weiter.“
    Vor ihnen lag nun ein etwa fünfzehn Schritt langer, enger Gang, an dessen Ende ein Licht zu sehen war. Helles, strahlendes Licht. Woher es aber kam, ließ sich nicht zuordnen, da die Öffnung, durch die es fiel noch kleiner zu sein schien, als der Eingang, der auch nur knapp mannsgroß war. Dansard lief es kalt den Rücken hinunter. Er hatte zwar nicht unbedingt Platzangst, aber fühlte sich in derart engen Räumen dennoch nicht wohl. Zusammen mit der Tatsache, dass die Reise jederzeit ein abruptes, bitteres Ende nehmen konnte, dürfte es recht unangenehm werden, sich durch einen dunklen, engen Tunnel zu quetschen.
    Als die Vier den Durchgang aber hinter sich gelassen hatten, verschlug es allen gleichermaßen die Sprache. Das Gewölbe, in welchem sie sich nun befangen war einfach kolossal. Es war ein runder Raum mit einer rauen Steindecke und zwei Stockwerken, welche aber nur am Rand entlang liefen, in der Mitte schwebte über einem seltsamen Symbol auf dem Boden ein seltsamer Dunst, der den Raum zu erhellen schien. Je höher man hinaufsah, umso heller schien dieser zu werden, bis er ganz oben weiß glühte und den gesamten Raum mit gleißendem Licht ausfüllte. Dansard und seine Begleiter befanden sich auf dem zweiten Stockwerk vor einem dicken Geländer und sahen hinunter auf ein seltsames Zeichen, dass auf dem Boden des ersten Geschosses gezeichnet war. Es war eine Art Ornament, gezeichnet mit blutroter Farbe. Jedenfalls hoffte Dansard, dass es sich um Farbe handelte.
    „Seht!“, brach Navarro schließlich flüsternd das Schweigen. „Da ist doch unser Freund, der Priester...“

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    Grimward hatte keine Ahnung wie lange er nun schon an der Spitze der Gruppe lief, Dansard dicht hinter ihm, die beiden Schatzsucher im Schlepptau. Er wusste nur, dass er deutlich zu lange nicht mehr geschlafen hatte und seine Beine langsam müde wurden. Das Höhlensystem, so hatten die Gefährten mittlerweile längst realisiert, hatte geradezu lächerlich große Ausmaße, wirkte fast wie ein Ameisenbau, unter einem Berg, nur eine Sache war erstaunlich. Es gab fast keine Verzweigungen, die Gänge und Hallen, welche allesamt völlig spartanisch eingerichtet waren und nur mit einigen Fakeln versehen wurden. Keinerlei Hinweise auf Rhamutra, keine Fallen. Die Spuren des Priesters hingegen waren kaum zu übersehen. Immer wenn sie an eine der wenigen Verzweigungen kamen, hinterließ der Priester ein Zeichen aus frischem Blut. Offenbar verletzte er sich selbst und heilte sich dann wieder. Eine wirklich makabere Variante die Schatzsucher auf dem richtigen Weg zu halten. Vor allem erkannte Grimward den Sinn in diesem Katz und Maus Spiel nicht. Warum ließ der Priester sie nicht einfach durch dieses Höhlensystem irren, bis sie verhungerten. Auch wenn es nicht viele Abzweigungen gab, ein einziges Mal falsch abzubiegen, mochte reichen, um sie in den sicheren Tod zu leiten. Auch stellt der Priester ihnen überhaupt keine Hindernisse in den Weg, auch wenn der Ritter Selerondars sich ziemlich sicher war, dass dies durchaus in der Macht des Weißhaarigen lag, nun wo er sich befreit hatte und seinem Gott so Nahe war. Kurzum, der Barbier hatte keine Ahnung, was dieser Priester, dessen Namen, wie Grimward in diesem Augenblick verdutzt regestrierte, er noch immer nicht kannte, vorhatte. Und das machte ihm Angst. Denn in einem Punkt war er sich sicher. Der Priester hatte nicht ihr Bestes im Sinn, sondern trachtete ihnen nach dem Leben. Und vielleicht führte er sie auch nur durch die Höhlen, da er sich sicher war, dass am Ende ihrer Wanderung ihr Tod liegen würde. Grimward warf einen Blick über die Schulter, Dansards Gesicht verdunkelte sich stündlich und auch die Anderen wirkten nicht gerade elanvoll oder hoffnungsfroh. Dem Bogenschützen war natürlich die ganze Zeit klar gewesen, dass er nicht von Narren umgeben war und die anderen wahrscheinlich auch schon ihre Schlüsse aus dem Verhalten des Priesters gezogen hatten und daher war es nur natürlich, dass sie auch nicht besserer Laune waren, als Grimward. Vor ihnen tat sich nun das Ende des Ganges auf, welcher sich bisher schnurgerade in das innere des Berges hineingebohrt hatte. Doch plötzlich blieb der Ritter Selerondars stehen und zog scharf Luft ein, als Dansard auf ihn auflief.
    "Grimward... was zum........... verdammt", artikulierte der Blondschopf, der nun auch gesehen hatte, was Grimward erblickt hatte. Zu ihrer Rechten, keine zwei Meter vom Ausgang aus dem Tunnel entfernt, war wieder ein blutiges Mal. Opfer, stand dort in großen roten Lettern.
    "Opfer", zischten Grimward und Navarro gleichzeitig. Der Ritter Selerondars schritt hinüber zum Wandstück und betrachtete den Schriftzug genauer, befingerte das dunkle Blut mit den Fingern. Dieser Schriftzug war schon verblasst, unheimlich alt. Der Priester hatte ihn nicht angebracht, er hatte dafür nicht geblutet und Grimward war froh, dass er nicht genau wusste, wer an der Stelle des Priesters dafür geblutet hatte. Denn diese Person musste eine Menge Blut verloren haben, so groß wie das Wort angebracht worden war.
    "Bei Innos", murmelte Harlek.
    "Eher Beliar", bemerkte Grimward altklug.
    "Oder Rhamutra", erwiderte Dansard.
    "Schluss mit dem Geschwätz, wir müssen weiter", meinte Navarro kalt und als Grimward kurz Blickkontakt zu dem Schwarzhaarigen aufnahm, sah er dieses entschlossene Funkel, welches er in seiner Magengrube zu verspüren glaubte. Sie waren nicht so weit gekommen, um jetzt aufzugeben. Sicherlich hatte er Angst, doch er versuchte sie zu verdrängen.
    Dansard meldete sich zu Wort, er zog Grimward zur Seite, und bedeutete den Schatzsuchern auf sie zu warten.
    "Willst du das wirklich, ich meine ist es dir wirklich so viel Wert?"
    Grimward hatte ihn bisher eigentlich nicht für einen Skeptiker gehalten, eher für riskofreudig. Genau diese Tatsache gab ihm zu denken. Normalerweise war er es, der Bedenken äußerte. Wenn Dansard jetzt diesen Part übernehmen musste, hatte er es dann zu weit getrieben? Er beschloss, sich zumindest anzuhören, was Dansard zu sagen hatte.
    "Ich meine, ihr könnt doch alle lesen oder? Ihr wisst doch noch was Opfer bedeutet? Du weißt doch, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass wir diejenigen sind, die auf dem Opfertisch landen, wenn wir durch diese Pforte dort", er deutete heftig auf die Öffnung,"schreiten. Das könnte sehr gut unser letzter Schritt sein."
    "Der Schatz. Dansard, der Schatz, denk doch nur was wir alles damit anstellen können", erinnerte Grimward seinen Gefährten.
    "Was ist bloß los mit dir?" antwortete Dansard erregt, "Du geiferst schon mit diesen Navarros und Harleks um die Wette. Werd klar im Kopf."
    "Ich bin völlig klar verdammt", Grimward machte sich nicht mehr die Mühe halblaut zu sprechen, sodass die anderen ihn nun hören konnten. Was erlaubten sich Dansard da, "Ich bin so klar, dass ich genau weiß, dass ich wieder zurückwill, zurück zur Garde. Zurück in die Armee. Aber das dürfte ziemlich schwierig werden, wenn ich nichts einzubringen haben. Momentan ist es verdammt noch mal viel wahrscheinlicher, dass mich die Rotröcke in Scheiben schneiden, wenn sie mich erblicken", sprach er, "Und ich muss dich wohl kaum daran erinnern, warum es so gekommen ist", fügte er hinzu, obwohl, nein gerade weil er wusste, dass es furchtbar ungerecht war. Dansards Reaktion fiel wie erwartet auf, seine Augen verdunkelten sich, seine Züge verhärteten sich, doch er erwiderte nichts mehr. Schon jetzt schämte Grimward sich für sein Handeln, doch es gab kein zurück, er ruckte mti dem Kopf in Richtung des Höhleneingangs und Dansard folgte ihm.
    "Zieht eure Waffen", orderte Navarro. Alle taten wie ihnen geheißen. Außer Grimward trugen nun alle ihr Schwert in der Rechten, der Ritter selerondars griff wie immer auf seinen Bogen zurück. Seit an Seit betraten sie die Höhle.
    Die Höhle war überraschend hoch und groß, sie wurde von riesigen Stützpfeilern getragen und dutzende Fackeln erleuchteten den Raum. Zwei Statuen standen am hinteren Ende des Raumes und oben, gut fünf, sechs Meter über ihnen, am gegenüberliegenden Ende des Raumes, war ein Loch in der Wand. Leiterstufen schienen in die Wand eingelassen. Von einem Opfer war nichts zu sehen...
    "Da ist er", schrie Dansard plötzlich, Grimward wirbelte herum.
    "Willkommen... Willkommen", lachte der Priester, der hoch oben, am gegenüberliegenden Ende des Raumes aufgetaucht war. Grimward spannte schnell einen Pfeil auf die Sehne und feuerte. Doch sein Schuss ging fehl und der Priester lachte bloß noch lauter.
    "Ich werde heute nicht das Opfer sein... sondern ihr werdet dem Herrn geopfert werden!"
    Geändert von Grimward (26.06.2008 um 19:29 Uhr)

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    Dansard ist offline
    Das wahnsinnige Lachen des Priesters füllte den riesigen Raum völlig aus. Grimward wartete einige Augenblicke, bis der Magier seinen Kopf triumphierend hochriss und schoss dann. Der Pfeil zischte in flachem Bogen direkt auf den Priester zu, welcher aber weiterhin unbekümmert die Decke anlachte. Doch nicht lange. Die sich drehende Spitze des Pfeils traf ihn mitten in den Bauch. Sein Körper erbebte. Er senkte seinen Blick auf den Schützen und biss wütend die Zähne zusammen. Während er etwas unverständlich murmelte, zog er den Pfeil aus seinem Fleisch und warf ihn auf den Boden. Der blutenden Wunde schien ein Licht zu entspringen, welches sich verstärkte, als der Priester sein Gewand an der Stelle zur Seite schob und man freie Sicht auf die Wunde bekam. Sie sprudelte förmlich Blut, doch nicht lange. Die heilende Hand des Magiers senkte sich auf die Verletzung und als er sie wieder wegbewegte, war von Blut oder gar einer Wunde keine Spur..
    „Ihr könnt mich nicht verletzen!“, schrie der Priester fanatisch. „Nicht hier! Denn dies ist das Reich, das nach unseren Regeln lebt!“
    Er wollte fortsetzen, doch ein weiterer Pfeil, der seine Schulter traf, raubte ihm die Stimme. Dansard knirschte mit den Zähnen. Diesmal war er der Schütze gewesen. Der Kurzbogen befand sich in seiner zittrigen linken Hand, als er erblickte, dass der Pfeil das Ziel um einige Zentimeter verfehlt hatte. Wütendes Brummen lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf den Priester. Der Pfeil wurde aus der Wunde gerissen, doch nicht von des Geistlichen Hand. Er schien ihn gar nicht zu berühren. Das Geschoss hatte die Schulter verlassen und schwebte nun dicht über seinem Kopf. Mit einem Mal fixierte er Dansard mit seinem Blick, zuckte mit den Augenlidern und schon setzte sich der Pfeil in Bewegung. Er überbrückte die Entfernung, die er vor einigen Sekunden schon einmal zurückgelegt hatte, in einer absolut geraden Bahn und hielt nun auf den blonden Schützen zu. Als Dansard das erkannt hatte, sprang er verzweifelt zur Seite. Er hatte der blutigen Pfeilspitze nicht ganz ausweichen können, aber er kam immerhin mit dem Leben davon, wenngleich sein Oberschenkel vor Schmerz zu explodieren schien. Noch immer in der Hocke sah er an sich herunter und bis sich beim Anblick auf die Lippe. Der Pfeil hatte sein Bein durchbohrt und ragte nun zu beiden Seiten heraus. Der Schmerz ließ alles um Dansard herum einen Moment lang kreisen, aber er fing sich wieder. Als er dann den Pfeil unter Schmerzen komplett durch das Bein durchschob und entfernte, wobei er abermals nur knapp bei Bewusstsein geblieben war, nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Sein Blick schwenkte sich nach rechts und was sich da vor seinen Augen abspielte ließ ihn vor Wut nahezu überschnappen. Harlek und Navarro waren nicht mehr hinter ihnen. Beide hatten die Sekunden der Ablenkung genutzt und erklommen nun die letzten Stufen der Leiter, welche zum Loch in der Felswand führte, das sich zwischen den beiden Statuen befand.
    Gerade als er sich zu Grimward drehte, um einige Flüche loszuwerden, blieb Dansard jedoch der Atem weg. Der Priester, welcher vor einigen Herzschlägen noch auf dem Boden gestanden hatte, schwebte nun in der Luft in der Mitte des Raumes. Doch das war noch nicht alles. Was Dansard wirklich Sorgen bereitete war, dass er sich um seine eigene Achse drehte und sich mit jeder Wendung mit immer mehr Licht umgab. Genauer gesagt war es gar kein Licht. Es sah eher aus, als hätte man ein riesiges Stück Gold in ein Schmiedefeuer gelegt, welches immer heißer wurde und das Gold immer heller Glühen ließ. Genau so sah auch der Priester aus. Seine Kleider wurden ihm vom Leib gerissen, sein Körper hatte sich golden gefärbt und war aufgrund der irre schnellen Drehungen nicht mehr als solcher zu erkennen. Zudem kam es Dansard vor, als würde er stetig wachsen und seine Gestalt verändern.
    „Bei Innos!“, brachte Dansard schließlich heraus. „Was... Was macht er dort?!“
    Doch auf eine Antwort wartete er vergeblich.

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    Grimward blinzelte in das gleißende Licht und schützte seine Augen mit seiner Linken vor der kleinen Sonne in die sich der Priester zu verwandeln suchte. Flüchtig erkannte er Navarro und Harlek, die die Leiter erklommen, und Panik flutete sein Denken. Jede Zelle seines Körpers bebte, er fror und schwitzte zugleich. Seine Hände zitterten so heftig, dass sein Bogen drohte auf den Boden zu fallen. Er war nicht mehr Herr der Lage, die Dinge gerieten endgültig außer Kontrolle. Neben ihm kniete Dansard, ein Pfeil in seinem Oberschenkel, bluteten und ächzend, vor ihm die beiden Schatzsucher, nur auf ihren eigenen Gewinn bedacht. Und über ihm der dämonische Priester. Welcher sich immer schneller um die eigene Achse drehte und immer heller erstrahlte.
    "Spürt den Zorn Rhamutras", ertönte plötzlich eine unnatürlich laute und dunkle Stimme, die zum Priester gehören musste, vielleicht sprach auch Rhamutra aus seinem Mund.
    "Unsinn, Rhamutra ist eine Erfindung", murmelte der Ritter Selerondars grimmig, doch im gleichen Moment beobachtete er, wie Navarro und Harlek durch den Raum geschleudert, völlig losgelöst von der Leiter die soeben versucht hatten zu erklimmen und sicherlich ziemlich unsanft auf dem Boden landeten. Ihre Schmerzensschreie verklangen ungehört, Grimward konnte ihnen nicht helfen. Erneut zwang in diese unerklärliche Macht in die Knie, die er schon in der Eingangshalle gespürt hatte. Er kniete nun neben Dansard, fast ehrfürchtig blickten die beiden Freunde hinauf zum Priester, dessen Rotation unvermindert schnell fortgesetzt wurde.
    "Sterbt Ungläubige", erklang die Stimme des Priesters erneut unatürlich verzerrt und auf einmal spürte Grimward, mehr als das er es sah, dass sich der Raum verkleinerte.

    Gleichzeitig schossen meterhohe Stacheln aus dem Boden hervor, die den Rückweg versperrten, sodass sie nicht zurück konnten. Dann hörte er es auch, die Wände röhrten regelrecht auf, als sie langsam begannen sich aufeinander zuzubewegen. Sie waren geliefert, der Priester würde verhindern, dass sie nach oben gelangten, ihr einziger Fluchtweg wurde von einem einzigen, alten und körperlich fast wehrlosen Mann versperrt, die Hand des Barbiers ballte sich unwillkürlich zur Faust. Wie hatte er nur so dumm sein können? So gierig. Sein Blick schweifte nach Rechts und links, seine Gefährten knieten oder lagen auf dem Rücken, offenbar alle unfähig noch zu Handeln, ihre Gruppe waren geschlagen, ihre Trümpfe verspielt und ihre Asse gestochen. Gleich würde es enden, auch wenn sich die Wände in schleppend langsamen Tempo bewegten. Ein weiterer Blick nach oben verriet ihm, dass der Priester nun wieder in seine normale Gestalt zurückgekehrt war. Er beschwor etwas goldenes, das in etwa wie ein Spinnennetz aussah und befestigte es über den Leitersprossen, sodass es nun gänzlich unmöglich war, die Leiter zu überwinden und nach oben zu gelangen.
    "Nun sollt ihr den Preis für eure Vermessenheit zahlen", rief der Priester und Grimward sah gerade noch wie er den Gang entlang rannte um dann völlig aus ihrem Sichtfeld zu verschwinden. Noch immer bewegten sich die Wände aufeinander zu, mittlerweile war die Größe des Raumes bedenklich geschrumpft, bald würden sie zu einer sehr ekligen Masse zerquetscht werden und der Bogenschütze verspürte keinerlei Antrieb mehr, sich dagegen zu wehren, es war sinnlos. Plötzlich spürte er erneut einen kalten Schauer der Angst. Seine Klaustrophobie hatte sich schon lange nicht mehr gemeldet, doch jetzt schlug sie erbarmungslos zu, sein rationales Denken setzte aus er wimmerte und schloss die Augen. Was sollten sie bloß tun, die Wände kamen näher, seine alte Wahnvorstellung wurde Wirklichkeit, oder war dies alles nur ein Traum? Würde er gleich aufwachen, schweißgebadet und keuchend, doch unversehrt? Er wünschte sich nichts sehnlicher.

    "Grim, schnell zur Leiter", Dansard. Da war er auf einmal und streckte ihm die Hand entgegen, Grimward ergriff sie wie einen rettenden Strohhalm und fühlte wie ein Teil von Dansards Lebenswillen in ihn überging. Sein Sichtfeld erweitertete sich wieder, auch wenn die Angst nicht schwand, so erlangte er doch Kontrolle über seine Sinne zurück. An der Hand seines Freundes zog er sich hoch und neben ihnen tauchten Navarro auf, Harlek im Schlepptau, so wie es schon immer gewesen war. Es gab nichts mehr zu reden, unter ohrenbetäubenden Lauten schob sich die Wand immer näher auf sie zu, wenn sie durch das goldene Netz gelangt konnten sie den Wänden entrinnen und damit dem bedauerlichen Schicksal, welches diese Kammer für sie bereit hielt. Der Blondschopf war der Erste welcher die Leitersprossen erreichter, hinter ihm kam Grimward, auf ihn folgte Navarro und als letzter Harlek. Sprosse für Sprosse erklommen sie die Leiter und schließlich war Dansard oben angekommen. Er veruchte sich hochzuziehen, doch das goldene Netz verhinderte dies. Er schlug mit seinem Schwert nach dem Netz, doch es war sinnlos, es gab nicht nach. Grimward hatte Dansards Stiefel im Gesicht, versuchte ein wenig weiter nach oben zu gelangen, selbst etwas zu tun, irgendwie durch das Netz zu gelangen, doch es war sinnlos. Sie würden sterben, in einem ohnmächtigen Taumel warf er einen Blick zur Seite, die Wände waren kaum noch einen halben Meter entfernt, die Höhle zu einem bedrückend engen Gang zusammengeschrumpft, der sich weiter verkleinerte.
    Unter ihm murmelte Navarro plötzlich etwas... das wie Opfer klang und ein wahnsinniger Unterton lag in seiner Stimme, Grimward drehte sich wieder nach vorne und zog sich noch eine Sprosse nach oben, um irgendwie an Dansard vorbeizugelangen, um selbst das goldene Netz zu bearbeiten.
    Plötzlich ertönte ein Schrei, der eindeutig nach Harlek klang, der Ritter Selerondars wollte sich umblicken, doch dann schrie auch Dansard auf.
    "Grim... das Netz es verschwindet... schnell, nach oben jetzt", der Blondschopf machte einen Klimmzug und war oben, Grimward flog die letzten Sprossen förmlich hinauf, zog sich hoch und war gerettet, hinter ihm kam Navarro noch hoch... wenige Augenblicke später knallten die Wände mit einem lauten Rumms, aufeinander und die Todesfalle schnappte zu, denn Harlek war verschwunden. Grimward schloss die Augen, in seine Erleichterung mischte sich ein schaler Beigeschmack, Harlek war dem Priester zum Opfer gefallen. Zumindest war es das, was der Ritter Selerondars im ersten Moment glaubte, dann warf er einen Blick auf Navarro und sah das blutige Schwert in seiner Rechten.

    Sein Atem ging ruckartig schneller und er stieß Dansard, der mit geschlossenen Augen auf dem Boden lag, an. Navarro selbst stand aufrecht, das blutige Schwert immer noch gezogen vor ihnen und wischte sich mit dem Ärmel über seinen Mund.
    "Wir habens geschafft", murmelte Dansard und öffnete die Augen, "Wo ist Har-", nun sah auch der Blondschopf das beschmutze Schwert in der Schwerthand des Schatzsuchers. Einige Augenblicke herrschte drückende Stille, die sie zu ersticken drohte, eine meterhohe Wand baute sich zwischen Navarro und den beiden Freunden auf. Grimward konnte es noch immer nicht fassen, es war so unglaublich. Was hatten Navarro bloß getan? Was hatten sie bloß zu verantworten. Kein Brudermord könnte schändlicher sein.
    "Opfer", stieß Dansard kurzatmig hervor, "Dieser Mistkerl hat Harlek geopfert!"
    "Ich musste es tun", sagte Navarro plötzlich und seine Stimme klang absolut emotionslos und nüchtern, "Sonst wäre das Netz niemals aufgegangen. Gebraucht einmal euren Verstand. Wir alle wären jetzt Tod, wenn ich ihn nicht erschlagen hätte."
    "Geopfert, wie ein Schlachtvieh", murmelte Dansard fassungslos. Grimward war sich darüber im Klaren, dass Navarro mit ihm oder Dansard genau so verfahren wäre, wenn sie sich zufällig hinter ihm befunden hätten.
    "Es war nötig", wiederholte Navarro und diesmal lag sogar so etwas wie zartes bedauern in seiner Stimme, "ärgerlich aber nötig und nun, lasst uns diesen Priester erledigen."
    "Bastard", knurrte Dansard, doch Grimward legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sie mussten weitermachen. Navarro schritt aus, an den beiden Freunden vorbei, den Gang entlang, auf den Spuren des Priesters. Grimward erhob sich und folgte ihm.
    "Wie kannst du noch mit ihm zusammenarbeiten? Er hätte uns genauso geopfert!"
    Grimward antwortete, ohne sich umzudrehen und vor allem ohne nachzudenken:
    "Das Leben Harleks ist ihm nicht mehr wert als der Schatz. Dir etwa?"
    Kurz darauf vernahm er Schritte hinter sich.
    Geändert von Grimward (26.06.2008 um 22:44 Uhr)

  16. Beiträge anzeigen #36
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    Grimward ist offline
    Schweigend, unter Hochspannung stehend und der Dinge die da noch kommen mochten harrend, marschierten die verbliebenen Schatzsucher durch den Gang, für welchen Harlek mit dem Leben bezahlen musste. Grimward kämpfte mit seinen widerstrebenden und vor allem ständig wechselnden Loyalitäten und Gefühlen. In einem Augenblick fühlte es sich fürchterlich falsch an, dass Navarro Harlek geopfert hatte und sie jetzt mit ihm gemeinsame Sache machten. Er spürte Gewissensbisse und fragte sich, ob er den Tod des grauhaarigen Schatzsuchers nicht irgendwie hätte verhindern können. Im nächsten Moment schon, wurde ihm gewahr, dass der Tod Harleks im Grunde kein großer Verlust war. Weder menschlich noch technisch hatte der Grauhaarige viel für die Gruppe geleistet und dem Ritter Selerondars schoss sogar einmal der Gedanke durch den Kopf, dass Harlek nun wenigstens einmal etwas sinnvolles für die Gruppe getan hatte. Gleich im nächsten Augenblick schämte er sich bereits wieder für dieses Gedankengut und schließlich versuchte er einfach, gar nicht mehr darüber nachzudenken, da feststellte, dass diese Grübeleien es nur noch schlimmer machten. Harlek war tot, Grimward hatte ihn nicht getötet und nun musste er sich wieder seinem Ziel, ihrer Aufgabe zu wenden. Dieser verfluchte Priester sollte sterben und der Schatz sollte ihnen gehören. Der Schatz. Er musste ihnen gehören. Dann plötzlich erblickte er etwas, was sein Herz einen Schlag überspringen ließ. Der Bogenschütze beschleunigte seine Schritte und zog an Navarro und Dansard vorbei, nun die Gruppe anführend, blickte er stur geradeaus, denn der Gang endete vor ihnen und Grimward musste sehen, was es damit auf sich hatte, das der Gang plötzlich einfach endete. Das konnte nicht sein. Mit den Fingern tastete er die solide und scheinbar undurchdringliche Steinwand ab. Es war unmöglich, es hatte keine Abzweigung gegeben, nur diesen einen Weg. Hinter dieser, womöglich dünnen, Steinplatte die ihnen garstig den Weg vertrat, musste sich der Priester befinden, der Himmel und Hölle in Bewegung setzte um sie aufzureiben. Hinter ihm ertönte das scharfe Klirren eines gezogenen Schwertes und mit einem Mal wurde ihm Angst und Bange, er wirbelte herum, nur um festzustellen, dass Dansard sein Schwert gezogen hatten und verdächtig nahe an Navarro heranrückte. Grimward versicherte sich mti einem flüchtigen Blick, dass keine Gefahr erkennbar war, dann fragte er:
    "Was soll das Dan?"
    "Ich versichere mich nur, dass dieser feine Herr hier nicht auf die Idee kommt, irgendwen zu opfern", knurrte Dansrad und er klang durchaus ernst, obwohl die Situation oberflächlich betrachtet einer gewissen Prise Humor nicht entbehrte, kam auch Grimward kein Lächeln über die Lippen.

    Stattdessen tastete er die Steinwand ab, bis er plötzlich auf eine kleine Vertiefung stieß. Sie war genau groß genug für einen seiner Finger. Innerlich jubelte der Ritter Selerondars, er hatte sich nicht geirrt, und sie hatten sich nicht täuschen lassen, sondern waren noch immer auf dem richtigen Weg. Der Priester hatte lediglich eine weitere Sperre eingebaut, vielleicht um sich Zeit zu verschaffen um die Abwehr für den finalen Kampf vorzubereiten. Denn ein finaler Kampf stand ihnen sicherlich bevor. Dieses Gewölbe konnte ja nicht ewig weiter in die Tiefen hineinführen und Grimward spürte, dass sie nun am Ende ihrer Verfolgungsjagd angekommen waren. Er legte den Zeigefinger hinein und ein leises Klick ertönte, dann ein ebenso diskretes rauschen und Grimward erblickte rechts von sich einen Vorsprung der sich gerade aus der Wand geschoben hatte. Eine kleines Dreieck hatte sich gebildet, welches an einer Kante offen war, sodass man etwas hineinstecken konnte. Offenbar verlangte diese Steintür Weg zoll. Nachdenklich legte er eine Münze hinein, doch wie er erwartet hatte er keinen Erfolg. Nichts geschah.
    "Opfer", murmelte Navarro hinter ihm erneut. Die Instinkte des Ritters von Selerondar schlugen Alarm, genau das hatte Navarro auch vor Harleks Ermordung gesagt. Blitzschnell wirbelte er herum und zog währenddessen sein Schwert, welches er auf den Schatzsucher, welcher nun von zwei Waffen bedroht wurde, richtete. Navarro schmunzelte. Hass flammte in Grimward auf, wie konnte dieser Mistkerl dar stehen und lachen, als wär dies alles nur ein Spiel.
    "Was soll das?" fragte Grimward, "Wolltest du testen ob unsere Nerven blank liegen?"
    Navarro schüttelte den Kopf, "Du hast es immer noch nicht verstanden oder? Ich habe kein Interesse an dir oder", er ruckte mit dem Kopf in Richtung Dansard, "ihm. Ich hatte auch kein Interesse an Harlek, oder sonst irgendwem, mich interessiert nicht einmal dieser dämliche Priester. Ich will den Schatz. Nur den Schatz. Und wenn ich alle Menschen töten muss, die zwischen mir und dem Schatz stehen, dann soll es eben so sein. Wenn ich dich oder Dansard opfern muss, dann werde ich es tun. Aber momentan, seit ihr mir von Nutzen. Und ich bin bereit euch einen Teil der Beute zu überlassen, wenn ihr bis zum Schluss nützlich und lebendig seit."
    "Wir überaus großzügig", bemerkte Grimward trocken.
    "Was ich aber eigentlich sagen wollte", fuhr Navarro fort, ganz so, als hätte er Grimwards letzte Bemerkung überhört, "Ist, dass wir wohl etwas blut in diesen Vorsprung träufeln müssen."
    Gesagt getan. Es klang glaubwürdig. Rhamutra schien Opfer besonders zu mögen. Also schnitt sich der Ritter Selerondars in den Finger und ließ ein paar Tropfen Blut in das Behältnis tropfen. Kaum hatte er dies getan, ertönte ein lautes grollen und die vorher so undurchdringliche Steinwand glitt langsam zur Seite.

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    Einige Zeit musste vergehen, bevor Ferox das Tier finden konnte. Einsam kauerte es auf dem Boden, die vorderen Hufe lagen unter einigen mittelgroßen Steinen begraben. Es musste einen Erdrutsch gegeben haben. Der Streiter sah an den Felsen hinauf in den Himmel, betrachtete dann das umliegende Gebiet. Überall verteilt lagen Geröllhaufen im Weg und im Nachdenken schob er das neue Schwert in seinen behelfsmäßigen Waffengurt. Das Pferd wieherte laut. Je näher er kam, desto heftiger trat es mit den Hinterbeinen nach ihm aus und zwang ihn, ein Stück zurückzuweichen. Ferox fühlte sich unwohl. Er hatte sich noch nie weitergehend mit Pferden beschäftigt, außer im Bereich der Schlachtenführung. Und dabei bloß, um die Reiter einzuplanen, sie zu positionieren; und das Ganze nicht einmal oft. - Aber obwohl sein Interesse an Reittieren in der Vergangenheit nicht nennenswert groß gewesen war - Pferde und das Reiten an sich hatten eher albern auf ihn gewirkt -, spürte er ein völlig gegensätzliches Gefühl in sich aufkeimen. Diesem hilflosen Geschöpft musste geholfen werden, von ihm. Denn sonst war niemand hier.
    Oder doch?
    Der Krieger wagte den zweifelhaften Versuch, die tierischen Klagelaute zu ignorieren, und horchte, hielt die Augen fest, konzentriert geschlossen, doch… nichts. Nur stellte sich die Frage, wie das Pferd überhaupt hierher gekommen war. Darüber hinaus ein derartiges, gänzlich weißes Tier, die, seines beschränkten Wissens zufolge, eher seltener vorkamen und dementsprechend kostenintensiv waren. Zudem schien es gekämmt - oder wie man das nannte - weil sein Fell im Sonnenlicht einen glänzenden Schimmer aufwies.
    Kühlender Wind kam auf, durchwehte des Paladins strähniges Haar. Sein Umhang flatterte, als er versuchte, im größtmöglichen Bogen zur Kopfseite des Pferdes zu gelangen. Gleichwohl sich das als ungeahnt schwierig erwies, das Tier schien immer ängstlicher zu werden, gelang es Ferox schließlich, ihm in die großen, makellos schwarzen Augen zu sehen. Er fühlte die Angst förmlich, sah sie in den Augen seines Gegenübers. Es war Todesangst. Er kannte diese Angst, diese Furcht vor etwas, von dem man genau wusste, dass es da war und Beliar anfechten würde, einen zu ihm zu holen, wenn man alleine wäre, hilflos. Und in diesem Augenblick dachte der Streiter, eines Menschen Blickes auf dem seinen zu spüren. Den Blick eines jungen Kameraden, der seine erste Schlacht erlebte, den es zu beruhigen galt. Ohne Worte, nur mit den Augen, denn ein einzelner Laut würde allen Feinden sofort den Aufenthaltsort preisgeben. Spannung durchzog die windige Luft.
    Das Pferd wurde ruhiger, noch bevor Ferox überlegen konnte, wie er dies anstellen sollte.
    Erstaunen packte ihn. Er sah das lange Gesicht des Pferdes, das schnelle Aufblähen der Nasenlöscher und wie es langsam an Hektik verlor. Es schnaufte. Langsam näherte sich Ferox ihm. Es zuckte weg, kurz bevor der Streiter ihm seine Hand auf den Kopf legte. Dann ließ es sich streicheln.
    Dennoch blieb die Frage, wie es befreit werden konnte. Und während Ferox verloren nachdachte, fasste er die Entscheidung, jemanden herzuholen, der ihm helfen konnte. Vielleicht war ja doch irgendwer in der Nähe, irgendwann mussten die Berge schließlich enden. Vielleicht war da ein Bauernhof, gleich einige hundert Meter von ihm entfernt, am Ausgang dieses Passes.
    Ich komme wieder, dachte er und sah das Pferd an. Es schien zu verstehen, denn es blieb ruhig. Rückwärts entfernte er sich, bis er sich umdrehte, um im Laufschritt seine Suche zu beginnen.
    Die lange Reise und besonders der Sturz, mit dem sie ihren Anfang nahm, hatten dem Streiter sehr zugesetzt. Als er seine Laufgeschwindigkeit bis zum Stillstand verringerte, horchte Ferox nach den Stimmen, die er zu hören glaubte. Zwar pochte ihm das Herz bis in den Kopf, was das Hören zu einer Sache großer Konzentration machte, doch gelang es dem Krieger schließlich, eine Richtung auszumachen. Er fand die richtige Weggabel. Die Stimmen konnten nicht mehr weit weg sein, hinter einer der nächsten Kurven womöglich schon anzutreffen. Und so war es.
    Ferox fand die drei Männer, um ein kleines Feuer sitzend, vor einem Höhleneingang, zu dessen Seiten sich gestapelte Kisten befanden, sowie ein alter, unbrauchbar aussehender Karren. Sie zuckten zusammen, als der Streiter ein lautes „Heda!“ zur Begrüßung erklingen ließ. Einer verschluckte sich. Dennoch schreckte Ferox nicht davor zurück, sich den Fremden zu nähern, deren Köpfe nun allesamt in seine Richtung gedreht wurden. Bei genauerer Betrachtung allerdings und je näher er den Dreien kam, zeigte sich allerdings, dass sie doch nicht so fremd waren, wie vorerst angenommen: Es waren die drei Banditen aus dem Wald, die jetzt, etwas bleich, ihres Vertreibers gewahr wurden.
    „Hey, äh.“ Ihm wollte spontan nichts Anderes einfallen. „Ihr nehmt mir das im Wald doch nicht übel?“ Ferox bemerkte, wie sie, gleichzeitig verunsichert und irritiert, aus den Augenwinkeln einander anblinzelten. „Wie hättet ihr euch verhalten?“, fragte er und wartete keine Antwort ab. „Ich brauche jedenfalls eure Hilfe. Wenn ihr sie mir nicht geben wollt, ziehe ich ab. Ohne ein weiteres Wort.“ Weder Blick noch Verhalten der Banditen änderten sich bezeichnend. Er musste einen Moment die Augen schließen. Diese beunruhigende Mischung aus Zorn und Unverständnis wollte der Paladin nicht aus sich ausbrechen lassen. Etwas verkrampft schüttelte er langsam den Kopf, um wenigstens seinen Missmut auszudrücken. „Nun gut.“, fuhr er fort, „Ihr müsst mir helfen, ein Pferd unter Felsen zu befreien. Weit hinten im Pass.“ Erneutes Schweigen.
    Schließlich erhob sich der, der ihm am nächsten saß, kam langsam auf ihn zu und streckte ihm seine Hand entgegen. „Mach’ keinen Scheiß.“ „So war’s gedacht.“, erwiderte der Streiter, indem er die Hand griff und schüttelte. „Ich bin übrigens Ferox.“, stellte er sich unförmlich vor. „Jim, das sind Zar und Wotan. Kommt Jungs, wir helfen ihm.“ Seine Stimme klang brummig. Missmut lag in den Augen der Beiden so unverhohlen, dass jeder ihn bemerkt hätte.
    „Folgt mir.“ Der Krieger nickte allen zu, ging dann voran denselben Weg zurück.
    Sie schwiegen, bis die Stelle erreicht war. Dort unterbrach Ferox die Stille.
    „Habt ihr Ahnung von Pferden? Ich nicht, aber ich glaube, es vertraut mir.“
    Zar wies ihn daraufhin an, das Pferd zu beruhigen. Und der Mann tat sein Bestes, dem wieder wild gewordenen Tier mittels Blickkontakt Ruhe zu vermitteln. Es dauerte eine Weile, schien aber schließlich zu gelingen, so dass erst Ferox, dann Zar seine Hand auf seinen Kopf legen und es streicheln durfte.
    „Räumt jetzt das Geröll weg.“ Der Mann sprach mit bedachter Stimme. Wotan, ein etwas kräftigeres Typ, winkte dem Paladin, ihnen bei dem größten Brocken zu unterstützen. Es erforderte die gesamte Kraft der drei Männer und mehrere Anläufe, ihn wegzuschaffen. Für die übrigen Steine genügten meist einer, seltener zwei von ihnen. So lichtete sich das Feld allmählich, so dass die endgültigen Befreiung des Pferdes nicht mehr lange auf sich warten ließ.
    Mit der Wiederkehr seiner Kraft, machte das Tier einen pompösen Satz nach vorne. Vom eigenen Gewicht erdrückt, ging es jedoch gleich zu Boden. Die Vorderbeine mussten unter dem Geröll derart gelitten haben, dass sie weniger zu tragen vermochten, als ihr Inhaber gewohnt war. Und schon gar nicht das durch einen Sprung vervielfachte Gewicht seines massigen Pferdekörpers.
    Mühselig erbrachte es die nötige Kraft sich aufzurichten und folgte dem Felsenweg, gestützt von Zar und Jim.
    „Wisst ihr einen Weg hier raus?“, setzte der Paladin an, schaute dabei kurz zu Wotan, der neben ihm ging und das Treiben seiner Kumpane offenbar konzentriert beobachtete.
    Seine Antwort belief sich auf ein knappes „Ja.“ Jim erläuterte, dass sie vorerst ihre Höhle besuchen wollten, um die Vorderbeine des Pferdes zu bandagieren. „Denk nicht, dass wir jetzt Freunde wären.“, fügte Jim hastig hinzu, „Es geht hier nur um ihn.“, wobei er dem Pferd an den Kopf klopfte. Ferox fand das eine sehr eigenartige Geste, aber vielleicht mochten Tiere so was ja. Wann hatte er schon jemals näheren Kontakt zu einem Tier gehabt, als durch sein Schwert als Vermittler?
    Die Nacht brach bereits an, als das Gespann die Höhle erreichte. Zar und Wotan wickelten Bandagen aus Leinen, das erklärten sie ihm, um beide Vorderbeine, womit der Halt des Pferdes etwas sicherer wurde. Auch seine Augen bekamen einen leichten Schimmer. Ferox dachte an ein Gefühl der Hoffnung, das auch ihn zu erfüllen begann. Bald jedoch konnte er die schwarzen Augen nicht mehr von dem Schwarz der Umgebung unterscheiden. Langsam legte es sich über alles und machte ein kleines Feuer vor dem Höhleneingang zum einzigen lichten Objekt in der Umgebung. Neben Mond und Sternen, die sich großteils hinter den Felswenden verbargen. Nur ein kleiner Teil des nächtlichen Firmaments schickte sein schimmerndes Leuchten auf den Paladin hernieder. Er saß müde am Feuer. Die drei Banditen hatten sich schlafen gelegt und ihm die Feuerwache übertragen. Anderes besprachen sie nicht. Nicht wohin es ging oder gar wann eine Ablöse kam.
    Allein mit mir selbst also, dachte der Mann und senkte seinen Blick ins flackernde Feuer. Etwas Trübes lag darin; es mochte der Müdigkeit entspringen. Vielleicht entsprang es der Sehnsucht nach Hause, von der der Paladin in stillen Momenten erfasst wurde. Oder dem grauen Schatten, der einige Schritte von ihm entfernt auf dem kalten Felsboden schlief und ruhig vor sich hin atmete. Wer konnte das wissen.
    Ob es ihm gut geht?

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    Mythos Avatar von Ferox
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    Ferox ist offline
    »Wer gegen die Nacht verliert, ist der Sieger des Tages.« -
    So der Wortlaut eines alten Sprichwortes, das Ferox einige Augenblicke nach dem Erwachen in den Sinn kam. Das Letzte, an das er sich erinnerte, war das Erscheinen Wotans, der sich zu ihm ans Feuer setzte. Er hatte von irgendetwas gesprochen, das es schon nicht mehr in den Kopf des Paladins geschafft hatte. Auf der Stelle hatte ihn der Schlaf übermannt, an eben dieser Stelle musste er auf die Seite gefallen und bis gerade eben liegen geblieben sein. Kritisch beäugten ihn zwei Augenpaare aus ihrer stehenden Höhe. „Aufstehen?“, fragte die eine, viel grimmiger als am Morgen gewöhnt. Überhaupt war Ferox doch meistens derjenige, den es zum Morgen zuerst aufraffte. Eigentlich war er auch immer derjenige, der am wenigsten Schlafenszeit für sich verbuchte. Es mussten die warmen Tage sein, sie ermüdeten ihn. Hinzu kam eine nie da gewesene körperliche Einsamkeit, die er bisher nur im Geist zu spüren bekam. Einsamkeit wirkte sich nicht positiv auf seinen Organismus aus. Er musste Kuratis wieder finden und nach Myrtana zurück. „Wie müssen weiter, steh endlich auf!“, grollte von irgendwo her. Ferox kniff Augen und Ohren zusammen, hob aber schließlich den Kopf, um Jim als Rufenden auszumachen. Dieser streichelte das leuchtende Fell des Pferdes, das schweigend zu ihm herüberblickte. Ferox vermochte nicht, seine Augen zu sehen; dennoch wirkte es glücklich, dankbar beinahe. Nie hatte er etwas Derartiges bei einem Tier bemerkt. In diesen Landen schien vieles anders zu sein.
    Also raffte er sich auf, streckte die schmerzenden Glieder und stand schließlich wieder in voller Größe auf den Beinen. „Na endlich.“, raunte es aus Jims Richtung. Das Pferd schnaubte und wieherte. Jim sagte etwas zu ihm, so leise, dass der Streiter es nur als ein Flüstern wahrnahm. Nicht einmal der Tonfall dieser Worte drang zu ihm, lediglich der finstere Blick ihres Sprechers. Ferox zog die Augenbrauen zusammen. Nachdenklich schweigend trottete er den Banditen hinterher. Manchmal vergaß er, dass sie letztlich nichts anders waren als die Entführer seines Freundes und sicherlich keine guten Seelen. Aber warum hatten sie dem Pferd geholfen, was hätte sie dazu getrieben haben sollen?
    Während die Welt dem Paladin immer seltsamer vorkam, erreichten sie das Ende des Felsenpasses und damit ein Land voller saftiger Wiesen und Felder. Das Tier, das vorne neben Jim lief, musste einen geistigen Freudensprung machen. Wiehernd machte es sich los und setzte seinen Weg auf dem Gras fort, von dem es immer wieder etwas abriss und verspeiste. „Wohin gehen wir eigentlich?“ Die Frage kam so unvermittelt, dass sie Ferox selbst überraschte. Zar antwortete: „Zu unserer Pferdezucht.“
    „Pferdezucht?“ Der Streiter gab sich überrascht.
    „Jawoll, es ist zwar keins von unseren, aber dort kann es besser versorgt werden. Wem gehört es eigentlich?“
    „Das kann ich nicht sagen, ich habe es im Pass gefunden.“
    Auf einen bösen Blick ihres offenkundigen Anführers Jim nickte Zar nur und beendete das Gespräch. Sein Groll gegen ihn war wohl unüberwindbar. Mögen die Menschen die Paladine nicht mehr? fragte er sich etwas betrübt, verlor sich dann jedoch in der Betrachtung der Landschaft. Es kam ihm komisch vor, wie hier alles blühte, erinnerte er sich doch an die kargen Landschaften vor der Stadt der Feuermagier. Erneut verfiel er in Überlegungen, bis ihm Innos persönlich einen Geistesblitz schenkte:
    „Sagt, seid ihr Anhänger des Wassers?“
    Diverse Augen blickten ihn an, besonders Jims und erstaunlicherweise die des grasenden Pferdes. Als ob es die Spannung witterte, die sich anbahnte.
    „Oh ja, das sind wir.“
    „Ist das der Ursprung eures Ärgers gegen mich?“
    Ein knappes Nicken. „Der Krieg gegen die Feuermagier hätte uns fast umgebracht!“
    „Aber ich bin nicht von hier. Ich habe nie meine Klinge gegen euer Land erhoben.“
    „Paladine sind alle gleich.“
    Das traf den Krieger. Er schwieg. Und bis sie den Hof der Männer erreichten, blieben seine Worte aus. Irgendwann hatte sich das Pferd neben ihn gesellt und ihn angeblickt. Ferox hatte es gestreichelt, seine Hand blieb auf der weißen Schulter liegen.
    Gegen Mittag erreichten sie den Hof.
    „Weib, wir sind zurück.“, rief Jim über den Platz, woraufhin sich die Haustür öffnete. Heraus kamen zwei Frauen sowie ein junger Mann, der kurz stockte und einen Blick auf den Paladin warf. „Götterfunken!“, rief er nach einigen Augenblicken, womit er nicht Ferox meinen konnte. Sein Blick ging nach rechts. Das Pferd, seinen Herrn offenbar erkennend, war versucht, seinen Kopf hinter Ferox’ Rumpf zu verstecken. „Wo warst du nur, alter Junge?“, sprach der Mann weiter, als er den Kopf des Tieres streicheln wollte. Dieses schnaubte unwillig. „Das ist mein Pferd!“, raunte er Ferox zu. „Gebt es her.“
    Was will der denn? „Zügelt eure Zunge, ihr sprecht mit dem Finder dieses Pferdes. Es klemmte unter Felsen im Pass.“ Der Blick des Mannes streifte Jim, der nur nickte. Sie kannten sich scheinbar. „Ich will es euch nicht nehmen, sondern bloß zurück nach hause. Nehmt es, ich gehe nun meiner Wege. Ein großer Abschied wird wohl nicht nötig sein.“
    Etwas pikiert wandte der Streiter sich um, den Hof wieder zu verlassen. Seine Pflicht war getan, das Pferd würde jetzt versorgt werden und es wahrscheinlich gut haben. Vielleicht auch nicht, dachte er und wandte seinen Blick noch einmal dem Mann zu, bevor er ging.
    Eine weibliche Stimme rief ihn zurück. „Esst mit uns…“ Ihr Blick ging in die Runde. „...Ferox!“ Niemand schien sich der Frau zu widersetzen. So kam er zurück, bedacht mit finsteren Blicken seitens Jims und dem Pferdebesitzer, dem sein Pferd nicht gehorchen wollte. Es schnaubte und trat aus, wehrte sich vehement. Erst als Ferox seine Hand auflegte, beruhigte es sich ein wenig und verfinsterte den Blick des Mannes.
    Dann fanden sich alle am Essenstisch, der mit warmen Speisen gedeckt war, von denen der Streiter sich geben ließ. Er sollte aus einem goldenen Kelch, verziert mit allzu bekannten Symbolen, trinken. Doch er führte ihn nicht zum Mund.

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    Ferox ist offline
    „Was ist?“, fragte man ihn misstrauisch.
    „Wenn ihr erlaubt: Woher stammt dieser Kelch?“
    „Er war ein Geschenk.“
    Ferox wartete ab.
    „Vom Magier der Winde.“
    „Ist er euer Freund?“
    „Jedermanns Freund ist er.“
    Ein Gefühl von besonderer Eigenart beschlich den Paladin. Er musterte den Kelch, betrachtete die Flammensymbole darauf, die Innos preisenden Runen. Sanft berührte sein Zeigefinger das Gold, was eine leichte Wärme vom Finger aus den ganzen Körper einnehmen ließ. Sie wurde stärker, als er den Kelch mit der ganzen Hand ergriff. Langsam sprach er:
    „Dies ist ein Feuerkelch, von Innos geschmiedet, zu bringen die Magie unter seine Anhänger.“
    Ferox bemerkte, wie fanatisch er wirken musste. Er ließ die Reliquie zurück auf den Tisch und aus der Hand sinken. Da war schon wieder dieses unbekannte Gefühl gewesen, das doch nicht fremd wirkte. Ob das die… nein. Unmöglich.
    „Dieser Magier muss ihn den Paladinen entwendet haben. Vielleicht ist das…“ Er stockte kurz.
    „Was?“, fragte man energisch nach.
    „Äh… vielleicht ist das der Anlass des Krieges.“
    Verschwiegenheit lag im Raum.
    „Ich brauche den Kelch, dringender als ihr euch vorstellen könnt.“
    „Nehmt ihn!“, quetschte die Frau heraus. „Wieso sollten wir dir glauben?“ Jims Einwand war berechtigt. Aber bevor Ferox etwas sagen konnte, brach Wotan in das Gespräch ein. „Hör mal, Jim, er hat uns nichts weiter getan, als seinen Freund zu retten. Er kommt nicht von hier. Wir sollten ihn ziehen lassen. - Außerdem mag Götterfunken ihn. Er muss einer von den Guten sein.“
    „Jetzt willst du ihm mein Pferd schenken?!“
    „Es kann dich sowieso nicht leiden. Wieso ist es wohl weggelaufen?“
    Alle schwiegen erneut.
    „Ich muss zum Magier der Winde.“
    „Götterfunken kennt den Weg.“
    „Dann breche ich sofort auf. Habt ihr ein Tuch?“
    „Wofür?“, meinte Jim.
    „Um den Kelch darin einzuwickeln.“
    Wotan hob die Hand, um Jim zum Schweigen anzuhalten. „Mira, wasch den Kelch aus und wickle ihn ein.“ Sie erhob sich, kam nach einigen qualvoll langen Momenten des Schweigens zurück und überreichte ihn dem Streiter.
    „Habt Dank.
    Ferox Irritation war nicht mehr mit ihm bekannten Worten zu beschreiben. Wotan erhob sich. „Ich bring ihn raus. Keiner folgt uns.“
    Es blieb still im Raum, als sie ihn verließen. Sie gingen zu Götterfunken, der auf der anderen Seite des Hofes aus einer Tränke trank.
    „Ihr tragt den Aquamarin des Wassers.“
    Sichtlich überrascht hob der Streiter die Hand.
    „Könnt ihr reiten?“
    „Nein.“
    „Nun, dann geht zu Fuß. Götterfunken wird euch sicher zum Magier geleiten. Geht nun. Der Krieg muss ein Ende haben. Worte bewirken nichts.“
    „Nun… dann gehabt euch wohl. Und überbringt allen meinen Dank und meine Entschuldigung. Dies alles war… nicht so von mir gewollt. Ich will nur nach hause.“
    Wotan nickte und machte kehrt.
    „Dann gehen wir wohl, hm?“, sagte er zu Götterfunken und kam sich dabei weit weniger komisch vor als erwartet. Freiwillig ging das Pferd neben ihm her, etwas langsamer und stockend wegen der Bandagen, dennoch kamen sie gut voran.

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    Held Avatar von Dansard
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    Dansard ist offline
    Unsicheren Schrittes wagten sich die drei in den Raum hinter der steinernen Tür. Es war ein ovalförmiger Raum, an dessen spitzem sich die Tür befand, durch welche das Trio soeben gegangen war. An den beiden langen Seiten war ebenfalls je eine Tür zu finden, während am gegenüberliegenden Ende des Raumes nur etwas wie ein Altar zu sehen war. Ohne zu zögern schritt Grimward vorwärts. Navarro folgte ihm, Dansard tummelte hinter den beiden her, ständig hin- und herschauend, darauf bedacht, die nächste Falle, die zweifellos nicht lange auf sich warten lassen würde, möglichst früh zu erkennen, um sich in Sicherheit bringen zu können. Ganz entgegen dem gewohnten Bild der Reisen, die er mit Grimward unternommen hatte, bestand seine Rolle diesmal nicht darin, möglichst viel Profit zu schlagen, während Grimward das Rückgrat und die Vernunft verkörperte. Wie es schien, hatten sich die Rollen diesmal vertauscht, sodass Dansard sich nicht wohl dabei fühlte, ständig aufzupassen, dass Grimward nicht von seiner Gier geleitet in den Tod rennt. Ein plötzliches Aufstöhnen riss Dansard aus seinen Überlegungen. Er sah auf und konnte gerade noch erkennen, wie Grimward in zufrieden angrinste. Bevor er einen Zahn zulegte und geradewegs auf die Tür zu seiner Rechen zu marschierte.
    „Na, wer sagt's denn?“, murmelte er breit lächelnd. Er blieb vor der Öffnung einen Moment lang stehen, um die beiden anderen Männer herbeizuwinken, ging dann aber ungeduldig als erster herein. Navarro eilte hinterher, während Dansard noch immer unsicher im Hintergrund blieb. Ein lautes Knarren und Pauken, das sogleich ertönte, als Grimward verschwand, kündigte nichts Gutes an. Navarro war keine fünf Schritt entfernt gewesen, als sich das Gestein über dem Türspalt in Bewegung setzte und ein riesiger Riegel heraubfiel und den Weg versperrte. Plötzlich erkannte auch Dansard, dass es wohl Zeit warm etwas zu unternehmen. Er rannte zu Navarro heran, der geschockt da stand und das Gestein anstarrte. Wäre er nur eine Sekunde schneller gewesen, hätte Rhamutra auch sein Blut gekostet. Er ließ den heranstürmenden Dansard wortlos an sich vorbei und beobachtete, wie jener mit aufgerissenen Augen gegen die Steinplatte schlug.
    „Grim?!“, schrie der Landstreicher und ignorierte den aufwallenden Schmerz in seiner Faust. „Grim!“
    Keine Antwort. Lediglich das Knarren, welches das Unglück angekündigt hatte, ertönte erneut und schien aus dem Raum hinter dem Stein zu kommen.
    „GRIM!“, schrie Dansard erneut, stemmte sich zunächst mit dem Rücken gegen die Tür und glitt dann an ihr herunter zu Boden.

    „Aber, aber...“, ertönte eine melodische Stimme. Dansard sah auf und erkannte in der Nähe des Altars den Priester. Er war wieder in silberne Tücher gehüllt und sah wahnsinniger aus als jemals zuvor. „Ihr seid ja gar nicht mehr vollzählig“, fügte er hinzu und schmollte theatralisch.
    Dansards Augen weiteten sich. Er biss die Zähne zusammen und sein Kopf begann zu zittern. Alles schien wie im Traum, in einen dunkles Rot getaucht.
    „Du!!!“, schrie er, sodass sich seine Stimme überschlug. „Du wirst für alles bezahlen!“
    Er sprang auf die Füße, zog sein Schwert und rannte ihm entgegen.
    Als er die Halle in einem unglaublichen Sprint zurückgelegt hatte, bewegte der Priester lediglich konzentriert den Kopf und später die Fingerspitzen. Dem Landstreicher riss es den Boden unter den Füßen weg und er wurde brutel mit dem Rücken gegen die Steinwand geschleudert. Vor seinen Augen verschwamm zunächst alles, bevor es sich in der Schwärze auflöste.
    Geändert von Dansard (01.07.2008 um 16:47 Uhr)

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