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Seine Augen schlugen auf und er sah die abbröckelnde Farbe an der Zimmerdecke, welche nur schwach von einer weit heruntergebrannten Kerze beleuchtet wurde. Es dauerte einige Momente ehe der Magier seine Gedanken zu sortieren. Er hatte wieder diese seltsamen Bilder in seinen Träumen gesehen, an sich waren es keine Albträume oder schreckliche Erlebnisse, sondern es waren die Symbole und Farben, welche Lopadas vor einiger Zeit in der magischen Sphäre des Raumes gespürt hatte, in dem der alte Puppenmacher immer noch paralysiert vor sich hin vegitierte. Langsam richtete der Barbier sich auf und bemerkte erst jetzt, dass er sich in einem Bett befand. Normalerweise schlief er immer über irgendwelchen Büchern am Schreibtisch ein, aber diesmal war dies nicht der Fall. Etwas verwirrt über diesen Umstand in einem Bett zu erwachen, was für andere Menschen selbstverständlich gewesen wäre, erhob er sich und schlürfte zu der Waschmuschel hinüber, um sich frisch zu machen. Die magischen Phänomene gingen ihm nicht aus dem Kopf und immer am Ende des Farbenspieles der Magie stand dieses Symbol, welches der Diener Innos' an der Wand entdeckt hatte. Bis jetzt hatte er noch nicht in Erfahrung bringen können, um welches Symbol es sich dabei handelte und welche Bedeutung es hatte. Doch eines war ihm bewusst, dass dieses Zeichen etwas mit der alten Frau, die plötzlich verschwunden war und mit der Puppe zu tun hatte. Die Spielzeugtyrannin hatte sich schon seit einiger Zeit nicht mehr blicken lassen, das hieß dass keine Menschen mehr entführt wurden, aber die, die sie entführt hatte, blieben immer noch verschwunden und unauffindbar. Der Barbier war darauf versessen dieses Rätsel zu lösen, denn es gab sicherlich einen Ort auf in Gortahr oder Khorinis, an dem die Gefangenen waren. Die Puppe hatte zwar große Macht, aber keine göttliche, dass sie Menschen auf andere Sphären schicken könnte. Es war an der Zeit sich nicht nur auf öffentlichen Wege mit dem Thema zu befassen, denn von der Bevölkerung Gorthars, die Tag täglich über die Straßen liefen, wusste niemand über dieses Symbol bescheid, aber irgendwo in den finsteren Gassen Stadt, bei zwielichtigen Gestalten würde der Diener Innos' sicherlich etwas über die alte Frau, die Puppe oder deren überaus ungewöhnliche Magie in Erfahrung bringen können.
Nach der morgendlichen Pflege ging Lopadas hinab in den Schankraum, in dem er ein kleines Frühstück einnehmen wollte und mit Hilfe ein paar Goldmünzen dem Wirt einige Informationen entlocken wollte, die der Kerl eigentlich gar nicht hatte. "Innos zum Gruße, Wirt. Ich hätte gern einen großen Becher heißes Wasser, ein viertel Laib Brot und ein Viertel Käse." "Kommt sofort.", sagte der dicke Kerl. An sich war der Wirt immer sehr Wort karg, aber wenn man eine gewisse Summe ihm auf dem Tisch legte, konnte er reden wie ein Wasserfall. Nachdem Lopadas sein Frühstück erhalten hatte und dem heißen Wasser ein paar Kräuter hinzugefügt hatte, legte er einen kleinen Sack mit Goldmünzen so leise wie möglich auf den Thresen. "Ich benötige ein paar Auskünfte." Der Wirt öffnete den Sack und überflog mit den Augen die Anzahl der Münzen. "Für meinen besten Kunden gebe ich doch gern etwas preis.", sagte dieser und grinste, wobei man seine vorhandenen Zähne an einer Hand abzählen konnte. "Ich benötige ein paar Informationen über Personen, die in keiner Stadt gern gesehen werden. Irgendwelche zwielichtigen Wahrsager, Quaksalber oder ähnliches. Wo kann ich diese Leute finden und wer davon könnte am ehesten ganz brisante Informationen haben? Der Wirt runzelte die Stirn und sagte: "Solche Leute kenn ich nicht, habe noch nie von solchen gehört." Lopadas seufzte und legte noch ein mal ein paar Münzen auf den Tisch. Der dicke Kerl ließ diese mit einer Handbewegung in den Beutel fallen und beugte sich dann über den Tisch, um dem Magier etwas zu zuflüstern: "Ich weiß ja nicht, was du dort willst, aber wenn du unbedingt mit solchen Leuten sprechen willst, dann solltest zum Hafen gehen und dort die hinterste Ecke des Viertels suchen, dort wo kaum Menschen sich aufhalten und Schiffe schon seit Jahren nicht mehr anlegen. Dort findest du das ganze Gesindel, dass niemand direkt in der Stadt haben will, meist sind das Vogelfreie, die allein aus dem Grund nicht getötet werden, weil alle Welt denkt, dass auf ihnen Flüche und solche Dinge liegen. Ich würde mich da niemals allein hinein wagen, aber ich habe von einem Kunden gehört, dass es dort eine Wahrsagerin gibt, die angeblich alles wissen soll und was sie nicht weiß, kann sie durch Geister in Erfahrung bringen. Diese Frau soll sogar Beliars Kreaturen Angst einjagen, an deiner Stelle wäre ich ganz vorsichtig oder würde überhaupt nicht dahin gehen." "Wisst Ihr genauer, wo ich diese Frau finde?" "Das weiß keiner von uns, da musst du dich schon durchfragen, wenn dir die Typen nicht vorher schon den Hals durchschneiden, denn sie wissen, dass bei einem Magier immer etwas zu holen ist." "Danke für die Auskunft. Ich bezahlte jetzt, damit Ihr, falls ich nicht zurückkommen sollte, Euren Lohn bekommen habt." Nachdem der Wirt den Preis für die Unterkunft genannt hatte, bezahlte Lopadas das verlangte Gold und verließ das Gasthaus in Richtung Hafenviertel.
Die Stadt war groß, weswegen es einige Zeit dauerte bis er sich zum Hafen durchgeschlagen hatte, doch von dort aus konnte er schon ganz genau, das düstere Viertel am Rand sehen. Es hob sich schon allein aus jenem Grund ab, dass keine Menschenseele dort herumspazierte, denn sonst war der Hafen von Menschen überrannt, weil es immer frischen Fisch gab. Mit einem mulmigen Gefühl lief Lopadas in Richtung der dunkelsten Ecke der Stadt. Eigentlich war er nicht der Mann für solche Gebiete und suchte am liebsten den ungefährlichsten Weg, aber wahrscheinlich konnte er nur hier etwas in Erfahrung bringen, was ihm weiterhalf. Von einen Augenblick auf den anderen waren die vielen Menschenstimmen verstummt und der Barbier hörte seine Schritte auf dem Kopfseinpflaster hallen. Bedrückende Stille umgab ihm, es lag schon ein Gefühl der Gefahr in der Luft, etwas, was ihn die ganze Zeit umgab. Kein Mensch würde ihm jetzt helfen, wenn irgendjemand ihn überfallen würde, denn keiner wagte sich in dieses Viertel. Obwohl er allein über die Straße lief, fühlte er sich aus allen Richtungen beobachtet, doch nirgends war auch nur eine Menschenseele zu sehen. Wie sollte er so herausfinden, wo sich diese Wahrsagerin aufhielt? Ein Wirtshaus oder etwas in dieser Art schien es auch nicht zu geben, um eine Auskunft zu bekommen, müsste er an einer der verfallenen Hütten klopfen, aber davor hatte der Diener Innos' zu viel Angst. Sein Blick streifte durch die kalten Gassen und über die Straße, auf der er stand und oft fuhr ihm ein kalter Schauer durch die Knochen. Er war sich ganz sicher, dass er in dem Viertel stand, von welchem der Wirt gesprochen hatte. Lopadas wartete einige Minuten, doch kein Mensch ließ sich blicken, nicht einmal ein Dieb oder etwas ähnliches. Es war einfach nur still, wie ausgestorben.
Nach langer Zeit des Wartens spürte er die Anwesenheit eines lebendigen Wesens, was mit hohen Geschwindigkeit auf ihn zu raste. Schnell drehte er sich um und sah einen Mann mit einem Schwert bewaffnet auf ihn zu stürmen. Sofort beschwor der Magier eine flammende Wand, welche den Angreifer stoppte und zurückwich. Er entließ die beschworenen Flammen wieder ins Freie, sodass die Magie sich auflöste und knisternt in der Luft verschwand. Der Angreifer war, wie der hohe Feuermagier es gewollte hatte, unverschohnt geblieben und schaute Lopadas nur wütend an. "Haltet ein, Fremder. Ich möchte Euch nicht schaden, sondern möchte Euch um einen Dienst bitte." Der Mann schaute so, als hätte er kein Wort verstanden. Der Barbier beachtete dies gar nicht und holte das Blatt heraus, auf dem das Symbol zu sehen war. Der Schwertträger guckte verdutzt, aber sagte nichts. "Kennt Ihr dieses Symbol? Könnt Ihr mich vielleicht zu jemanden bringen, der sich mit solchen Dingen auskennt, vielleicht eine Wahrsagerin?" Der Angreifer blieb immer noch still und rührte sich auch nicht, nur seine Augen verengten sich. Einige Augenblick schien die Luft still zu stehen und Lopadas wusste nicht, was er unternehmen sollte, denn wenn er jetzt dem Kerl den Rücken kehren würde, wäre er wahrscheinlich tot. Dann plötzlich schrie der Kerl auf und rannte auf den Diener Innos' zu. Lopadas hatte keine Chance etwas zu unternehmen und wurde niedergeschlagen...
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Sein Schädel dröhnte und nur schwerlich konnte der Magier seine Augen öffnen. Eigentlich wollte er sie gar nicht öffenen, denn durch die Einflüsse der Umwelt würden sich die Schmerzen wahrscheinlich noch vergrößern, doch er musste in Erfahrung bringen, wo er gerade war. Wahrscheinlich lag er auf dem Boden seines Zimmers im Gasthaus und war einfach nur hingefallen und hatte sich den Kopf gestoßen. Doch dann sammelten sich wieder seine Gedanken, wodurch ihm bewusst wurde, dass er sich in diesem düsteren Viertel befinden musste, in welches er gegangen war. Nach kurzer Zeit konnte sich der hohe Feuermagier auch wieder daran erinnern, dass er niedergeschlagen wurde. Wahrscheinlich lag er immer noch auf dem Pflaster der Straße und bestimmt hatte der Angreifer alles mitgenommen, was der Diener Innos' bei sich hatte. Ein Glück, dass der Kerl ihn nicht umgebracht hatte. Vorsichtig ertastete er mit den Fingern den Untergrund, auf dem er lag. Komischerweise war dieser nicht aus Stein, wie er es angenommen hatte, sondern ließ sich eindrücken, wie ein Sack mit etwas Weichem gefüllt. Langsam öffnete er die Augen und blickte zuerst ins Dunkel, das hieß dass er sich in einem umschlossenen Raum befand, denn sonst hätte er den Himmel sehen können. Der Barbier hatte Angst sich zu bewegen, denn vielleicht warteten düstere Gestalten nur darauf ihn zu foltern oder ähnliches, denn er wusste selbst, dass nicht jeder Mensch Innos angetan war und einige auch gegen Innosgläubige vorgingen. Ohne den Kopf zu bewegen durchstreifte er mit sein Blick den Raum, welchen er von seiner Position aus, erkennen konnte. Langsam gewöhnten sich auch die Augen an die Dunkelheit und er konnte Umrisse von Deckenbalken erkennen, die aber ziemlich niedrig hingen. Lopadas musste sich in einer der kleinen Hütten in dem unheimlichen Viertel aufhalten, soviel war ihm bewusst.
Er blieb noch einige Zeit regungslos liegen und versuchte dabei irgendwelche Lebewesen in der Umgebung zu erspüren. Doch er hatte nicht das Gefühl, dass irgendjemand sich in diesem Raum befände, weswegen er sich langsam aufrichtete. "Na ausgeschlafen?", zischte eine Stimme aus der Ecke des Zimmers. Der Diener Innos erschrak und beschwor sofort eine Flamme, die in der Luft des Zimmers herumtänzelte und dieses halb ausleuchtete. In der Ecke konnte er wirklich eine kleine zierliche Gestalt wahrnehmen. "Warum denn so umständlich, werter Magier.", lachte die halblaute Stimme und mit einem Mal entzündeten sich ein paar Fackeln an der Wand. Lopadas ließ seine Flammen erlischen, denn er konnte nun ganz genau sehen, was sich in diesem Zimmer befand. An den Wänden standen viele Regale, in denen sich irgendwelches okultes Ritualzeug befand, von den der Barbier noch nie etwas gesehen hatte. Scheinbar stand die Gestalt auf solche Dinge oder befasste sich sogar mit solch alternativen, gefährlichen Magiebeschwörung. Er wusste, dass die magische Energie in jedem Zauber immer die gleiche war, aber die Art der Gedanken, mit denen die Magie versetzt wurde, war immer eine andere und konnte auch heilende oder zerstörende Wirkung haben. Bei solch einem okulten Gedankengut konnte der hohe Feuermagier nicht feststellen, welche Pläne mit der Magie betrieben wurden.
Die Gestalt erhob sich aus der Ecke und wurde dadurch nur unwesentlich größer, es schien nur ein kleiner Mensch zu sein. Mit leisem Schlürfen kam die Person näher, welche immer noch leise in sich hinein kicherte. In den Schein der Fackeln trat eine zierliche Frau mit schwarzen zersausten Haaren, in denen sich schon viele Knoten und Verstrickungen gebildet hatte, weil diese wahrscheinlich nicht gekämmt noch gewaschen wurden. Außerdem trug die Frau mehrere zerrissene Kleiderfetzten übereinander, was ein wirklich chaotisches Bild ergab. Ihr Gesicht konnte der Diener Innos' nicht erkennen, da die zersausten Haare den größten Teil davon verdeckten. Die Hände hielt sie vor ihren Bauch und kratzte sich mit den langen, ungepflegten Fingernägeln über die trockene, schuppige, weiße Haut. "Wer seid Ihr und wo bin ich?", fragte Lopadas mit einer eher ängstlichen Stimme. "Warum ist das für dich von Bedeutung? Ich nehme an, dass du wegen einer anderen Sache zu mir gekommen bist, besser gesagt, ich weiß es!" Wieder fing die Frau an kreischend zu lachen und der Kleiderberg bebte. "Seit Ihr die Wahrsagerin aus diesem Viertel?" "Manche nennen mich so, manche nennen mich auch Hexe oder Hure, es ist mir egal, welchen Titel sie mir geben, aber warum fragst du solche belanglosen Dinge, wenn du doch wegen wichtigeren Angelegenheit zu mir gekommen bist." Sie schien jedes Wort mit einem zischen zu unterlegen, was ihre Glaubwürdigkeit nicht wirklich anhob, doch der Diener Innos' hatte keine Wahl, er musste sich zwangsläufig mit dieser Frau unterhalten, wenn sie denn überhaupt etwas wusste. Der Barbier griff in seine Tasche, um den Zettel herauszuholen, auf dem er das Symbol gezeichnet hatte, doch er war nicht mehr darin und überhaupt fehlte ihm all sein Hab und Gut. In seinem Rucksack waren viele für ihn wertvolle Dinge, welche keinen materiellen Wert hatte, aber dafür sehr hohen idellen für den Feuermagier. Trotzdem blieb er ruhig, denn er wollte sich erst darum kümmern, wenn er die Fragen beantwortet bekommen hat. "Wenn Ihr wisst, warum ich zu Euch gekommen bin, dann wisst Ihr auch, nach welchen Antworten ich suche." "Du bist kein schlauer Mann. Du suchst nach Mächten, mit denen du dich nicht einlassen solltest. Das Symbol nachdem du suchst, hat mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Hinter dem Zeichen stehen Kräfte, die gebündelt ganz Myrthana zerstören könnten. Leute, mit denen sich niemand abgeben will, weil diese Rituale vollziehen, die sich dem menschlichen Verstand entziehen." "Gute Frau, ich bin aber gewillt mich diesen Mächten zu stellen, also sagt mir, wo ich diesen Zirkel finden kann." "Überall kannst du ihn finden, wenn du nach ihm suchst, werden sie dich finden und du wirst sterben. Keiner hat es überlebt, keiner ist ihnen entkommen. Nur die, welche für sie nützlich sein könnten, bekommen eine Chance sich zu beweisen. Wärst du würdig, hätten sie dich schon angesprochen, aber du bist unwürdig! Unwürdig!" Das schallende Gelächter hallte durch den kleinen Raum und die Flammen schlugen schon bis an die Decke, scheinbar hatte diese Frau magische Fähigkeiten, die sie selbst kaum kontrollieren konnte.
Während sie sich noch in irgendeine Welt befand, die nicht mehr viel mit der Realität zu tun hatte. Ließ der Magier die Flammen kleiner werden, denn er hatte nicht die Absicht in dieser Hütte zu sterben, weil die Frau ihre Kräfte nicht kontrollieren konnte. "Gibt es einen geheimen Ort oder eine Chance den Zirkel zu finden, ohne dass er mich aufnehmen will?" "Du scheinst nicht zu verstehen über welche Macht sie verfügen, du kannst nicht einfach hineingehen und sie stören. Sie allein öffnen und schließen ihre Pforten." Auf diesen Weg kam Lopadas kein Stück weiter, weswegen er die Frau nun über die Puppe ausfragen wollte, aber sich keine wirklich sinnvolle Antwort erhoffte. "Eine andere Frage habe ich noch an Euch." "Keine andere Frage, du hast nur die eine, ich habe es gesehen." "Deine Fähigkeiten scheinen Euch zu trügen, gute Frau. Ich frage mich schon seit einiger Zeit, was es mit dieser Puppe auf sich hat, welche von allein gehen kann und auch über starke magische Kräfte verfügt." Der Körper seiner Gegenüber erstarrte und hinter den zersausten Haaren konnte er nun plötzlich ein Gesicht erkennen, welches von Angst nur so verzerrt wurde. "Du sagst, du hast sie gesehen?" "Nicht nur das, ich hatte auch schon die zweifelhafte Ehre die Kräfte dieser Puppe zu spüren." "Ist sie hier? Nein, nicht hier, darf nicht hier sein! Sie ist ein Bote von ihnen, aber als Bote noch mächtiger als einer von ihnen. Durch ihren Körper fließen die Gedanken von ihnen, sie wollen die Menschen nicht." Der Körper der Frau zitterte und ihr Kopf schwang von einer Seite zu anderen, alsob sie aus Angst ein Versteck suchte. "Du musst gehen, du darfst nicht hier bleiben, sie wird mich finden, mich töten, keiner hat sie überlebt. Du bist einer von ihnen! Du hast sie überlebt!" Die Flackeln an den Wänden wurden unkontrollierbar hoch und nagten schon an den Holzbalken, welche schnell Feuer fingen. Die Augen der Frau blickten starr auf den Diener Innos' und um ihn herum schlugen die Flammen immer höher. Lopadas nahm die Magie der Umgebung auf, um sich daraus ein schützendes Schild zu formen. Die Flammen, welche ihn fressen wollte, wurden nun zu seinem Schild, er ließ sich rund um von dem Feuer umschlingen und kontrollierte den Verlauf der Flammen. Diese zogen schützende Kreise um den Magier, doch nur mit Mühe konnte der Barbier die Flammen aus fremd gewirkter Magie kontrollieren. Durch eine Lücke konnte der hohe Feuermagier die Frau sehen, wie sie auf ihn zu ging. Dann blieb sie vor seinem Schild stehen, riss die Augen auf und griff durch die Flammen hindurch. Sofort verlor er sein Bewusstsein.
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25.11.2007 13:58
#343
Die Enttäuschung zog sich durch seinen ganzen Körper, nein, diesem Mann fiel auch nichts dazu ein, spontan hätte die Antwort kommen müssen, wie der berühmte Blitzschlag, die Idee, der Einfall, der Moment, der alles ins Wanken brachte und einem Wirbelsturm glich. Ein letztes Mal drückte er dem Mann die Luft ab, roch seine Angst, roch seinen Schweiß auf der Haut, sog sich mit dem befriedigenden Duft voll, ehe er seinen Griff lockerte und mit einer raschen Bewegung die Schulter des Mannes umdrehte.
»Wir kennen uns, ihr erinnert euch? Die Begegnung im Kastell der Spinner. Euer Name ist Seloron, nicht wahr? Mein Gedächtnis ist äußerst schlecht, aber ich überrasche mich hin und wieder selber. Das war ein guter Kampf, wenn ich mich recht erinnere. Einen guten Kämpfer zolle ich Respekt, darum möchte ich euch bitten, meinen kleinen Überfall zu vergessen und mir als Entschuldigung zu erlauben, euch in mein Haus einzuladen, eine gute Flasche Wein soll euer Schaden nicht sein. Kommt, gehen wir, es wird euch gefallen.«
Mit einer einladenden Geste deutete er ihm den Weg, zurück aus der Gasse, hin zum nahen Marktplatz, einzutauchen in saubere, wohlhabende Viertel, einzutauchen in die Dekadenz und Verschwendungssucht einer oberen Schicht Gorthars, die er ablehnte und doch indirekt unterstützte.
Der Wolf hatte für heute genug gespielt, sah sich einer guten Premiere präsentiert, das Publikum war abwechslungsreich und kritisch, so musste es sein. Ein Schattendasein, im sprichwörtlichen Sinne, das er führte, brandeten doch keine tosenden Wellen des Applauses zu ihm, sondern der Zwang, sich in den dunklen Ecken aufzuhalten, so, dass man ihn nicht sah. Ein Wolf hatte es nie leicht, wenn er unter Menschen war. Sie hassten ihn so sehr, dass sie ihn überall und jederzeit jagen würden. Ihren Hass wollte er begegnen, doch nicht heute, es blieb noch genug Zeit…
»Erlaubt mir die Frage, euch nach eurem Grund des Besuches zu fragen. Was,«, so erhob er neugierig die Stimme und sah den Kämpfer dabei mit schiefem Kopf und zusammengekniffenen Augen an. »führt euch in diese schöne Stadt?«, wobei er das Wort "schön" ganz bewusst betonte.
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Noch mal wurde ihm die Luft abgedrückt, Seloron rechnete eigentlich in diesem Augenblick mit seinem Ende. Eigentlich hätte Sel damit gerechnet, dass nun sein ganzes Leben an ihm vorbei zieht aber dem war nicht so. Er sah nur den orkischen Ahnengeist vor sich von dem er einst besessen war und der grinste ihn einfach nur blöd an, als wäre er voller Schadenfreude oder vielleicht freute er sich auch darauf Sel bald in einer anderen, neuen Welt begrüßen zu dürfen.
Plötzlich, lockerte sich der Druck um seine Kehle und Sel wurde ruckartig an der Schulter umgedreht.
Da stand er nun und wusste wieder nicht wie ihm geschah, eine Überraschung folgte der anderen, ob gut oder schlecht blieb mal da hin gestellt. Der Kerl der ihn überfallen hatte behauptete, ihn zu kennen, ein Kampf, das Kastell, da kam nur einer in Frage. Nachdem Sel realisiert hatte, dass es sich nur um eine Wolfsmaske gehandelt hatte und das eigentliche Gesicht sah erinnerte er sich auch wieder. Was der Überfall sollte war ihm allerdings immer noch nicht klar, dies wollte er jetzt aber doch mal zurückstellen. Solaufein, so hieß der Kerl und jetzt lud er den Arenakämpfer auch noch zu sich auf eine Flasche Wein ein. Sel war neugierig geworden und sagte spontan zu, jetzt wollte er auch wissen was das alles auf sich hatte, so langsam glaubte er nicht mehr an einen Zufall aber Sel hatte sich schon oft geirrt, vielleicht ja auch dieses mal.
Als Solaufein dann gefragt hatte was Sel hier in Gorthar machte wusste dieser nicht wirklich was er antworten sollte.
"Nun, ursprünglich war es wohl eher Neugierde, ich hatte schon viel gehört und wollte einfach mal sehen was davon wahr war. Noch da bin ich weil ich das seltsame Gefühl hatte, dass es einen Grund geben muss aber wirklich erklären kann ich es nicht. Vielleicht ist es einfach nur gut, dass ich gerade nicht auf dem Festland bin.
Und, ihr haltet euch schon lange hier auf?"
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25.11.2007 15:39
#345
Der Leichnam hatte eine solche Antwort kommen sehen, das ganze Verhalten des Kämpfers passte nicht zu jemandem, der einen Plan oder etwas vorhatte. Nein, Seloron war ein Fremder, hier, in Gorthar, war er ein Nichts. Doch noch schlimmer als ein Nichts zu sein war, wenn man nicht wusste, was man in Gorthar tat. Diese Stadt, so wusste er genau, war keine freundliche Stadt, keine Stadt, die die Menschen zu sich einlud. Dass sich dennoch die verschiedensten Völker und Kulturen hier tummelten, lag nur an zwei Dingen. Erstens der sehr günstigen Lage und zweitens der Hoffnungslosigkeit, der sich viele Menschen ausgesetzt sahen. Im Grunde war es sogar das Gegenteil, denn Hoffnung trieb viele gar erst hierher, vom Land und von der See kamen sie, in Gorthar ihr Glück versuchend, fast alle scheiterten, doch die, die es schafften, sahen sich in ihrem Glauben bestätigt, denn Gorthar bot tatsächlich die Möglichkeit, mit den richtigen Talenten zur rechten Zeit am rechten Ort reich und mächtig zu werden. Dieser Moloch einer Metropole dieser Zeit und mitten drin der fremde Kämpfer, der sich so leichtfertig hatte übertölpeln lassen. Oh ja, sein Können war genügend, doch auch das Können vieler Stadtwachen war bemerkenswert gut, taugte der Mann namens Seloron also nur zu einer Stadtwache?
»Gorthar ist meine Heimat, Fremder!« Er spie diese Worte aus, so als ob sich der Wolf in eine giftige Schlange verwandelt hätte und aus den scharfen Zähnen das Gift mitten ins Gesicht des Fragenden stürzte. Erst gegen Ende des Satzes wurde der Tonfall wieder milder, gar freundlich, die Unwissenheit in Schutz nehmend und sich kulant zeigend.
»Diese Stadt ist genau das richtige, wenn ihr versucht, Neugierde zu befriedigen. Sie ist eine Göttin im Befriedigen.« Für einen Moment hielt er inne und musterte das aufgescheuchte Gesicht Selorons, der wohl bei seinen Worten grinsen wollte, diese Regung aber nicht mehr zustande brachte, als er in die ernsten, nicht zum scherzen aufgelegten Augen des Kriegers blickte.
»Gorthar bietet euch alles, was euer Herz begehrt und sogar noch ein bisschen mehr. Kein Tag ist wie der andere, niemals werdet ihr alles gesehen haben und auch die Abwechslung kommt nie zu kurz. Jedoch.
Diese Stadt ist eine verlorene Stadt. Glaubt keinem der süßen Worte, lasst euch nicht von dem kindlichen Gesicht täuschen, der Charme wickelt euch jetzt schon um den Finger und ihr seid schon fast verloren. Ihr denkt, diese Stadt liebt euch? Oh nein, diese Stadt verachtet euch, durch und durch. Und wenn ihr nicht aufpasst, wird sich die nächste Schlägerei nicht mehr nur an eurem Nebentisch abspielen, sondern direkt an eurem Körper. Ihr durchquert den Hafen sorglos und mit einem Gefühl der Sicherheit? Dann verabschiedet euch schon einmal vom Blut eurer Kehle oder dankt den Göttern. Und das Armenviertel habt ihr bestimmt auch noch nicht besucht, nein? Ich rate es euch im Guten, macht nicht den Fehler, diese Stadt zu unterschätzen. Sie ist mit nichts, was ihr kennt, vergleichbar.«
Mit ernstem Blick vergewisserte er sich, dass Seloron auch zugehört und verstanden hatte, oh ja, seine Worte mochten abweisend und belehrend klingen, aber sie waren die Wahrheit. Natürlich konnte der Kämpfer sie in den Wind schlagen, doch dann musste er auch mit den Konsequenzen rechnen, die ihn erwarteten.
»So, da wären wir.«, meinte er anmerkend und ging ohne große Gesten oder Worte auf das prachtvolle Anwesen zu.
»D a s ist euer Heim?«, fragte der Mann ungläubig und Sol nickte.
»Ja und Nein.«
Der Knochen führte seinen Gast in das prächtige Kaminzimmer und bat ihn zu warten, während er selber in den Keller ging und von dort eine Flasche Wein hinauf holte. Noch immer lag der Geruch von Blut, Eingeweiden und dem Fleisch in der Luft, obwohl er alles weggewischt und gesäubert sowie ausreichend gelüftet hatte. Aber der Geruch des Todes ließ sich nicht so leicht vertreiben, damit musste er nun leben. Hätte sein Gast gewusst, was in diesem Haus vor einigen Tagen noch vorgegangen war, er wäre bestimmt nicht so ruhig gesessen.
»Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass ihr ausgerechnet jetzt nach Gorthar kommt und ich euch gesehen habe, findet ihr nicht?«
Der Krieger gab sich ganz als guter Gastgeber, reichte dem Mann einen seiner vielen Trinkkelche und schenkte dann ein.
»Ja, lasst eure Augen ruhig wandern, an diesem Ort gibt es eine Menge zu bewundern, wenn man ihn zum ersten Mal sieht. Auf das Wiedersehen!«
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Sel war ganz bestimmt kein Glücksjäger, mit seinem Leben konnte er soweit ganz zufrieden sein und noch einmal würde es niemand schaffen ihn so einfach zu überfallen. Was Solaufein erzählte klang aber sehr interessant, es war ganz sicher kein Fehler so viel wie möglich über die Stadt zu wissen. So ganz langsam ahnte der ehemalige Sumpfler, der sich immer noch nicht von seiner alten Robe trennen konnte, dass es vielleicht wirklich ein Grund gab, hier in der Stadt Gorthar zu sein. Vielleicht würde ihm ja schon die nähere Zukunft eine Antwort darauf geben.
Nachdem sie das haus erreicht hatten war Seloron beeindruckt, allerdings hatte ihn die Antwort seines Gastgebers etwas irritiert, entweder das Haus gehörte ihm oder nicht, Sel ließ sich aber nichts anmerken. Als Solaufein mit dem Wein aus dem Keller kam schaute sich Seloron immer noch um. Alleine der Stil des Hauses passte nicht wirklich zu seinem Gastgeber, das war aber nur sein subjektiver Eindruck und hatte wenig Aussagekraft.
"Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass ihr ausgerechnet jetzt nach Gorthar kommt und ich euch gesehen habe, findet ihr nicht?"
Sel wusste damit nichts anzufangen, da musste Solaufein sicher mehr wissen als er selber oder er hatte etwas vor mit dem Arenakämpfer. Sie stießen erst einmal auf ihr Wiedersehen an und Sel musste sich einfach noch etwas umschauen. Ei etwas seltsames Gefühl hatte er was das haus anging und das hatte nichts mit dessen Schönheit zu tun. Ein recht gutes Gespür hatte Seloron normal aber hier half es ihm nicht wirklich weiter. Vielleicht sollte er sich auch gar nicht darum kümmern, schließlich ging es ihm wohl kaum was an und wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen.
Er nahm noch ein Schluck Wein und wollte dann doch mal nachhaken was Solaufein gemeint hatte.
"Was meint ihr, mit dem Zufall, dass wir uns gerade jetzt treffen?"
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25.11.2007 17:01
#347
»Das wird sich zeigen. Warum solltet ihr ohne Grund einfach so nach Gorthar kommen und euch nun in meinem Haus befinden? Die Zusammenhänge erschließen sich mir noch nicht, denn anscheinend seid nicht ihr es, der das Geheimnis des Rätsels lösen wird, doch wer weiß, vielleicht spielt ihr schon bald eine Rolle in dem großen Ganzen? Es gibt keine Zufälle, Seloron, es gibt nur Schicksal. Und euer Schicksal scheint es gewesen zu sein, nach Gorthar zu kommen und mir zu begegnen. Denn überlegt, ist das Leben wirklich so spontan und planlos, so dass man einfach ohne Grund in eine weit entfernte Stadt reist, nur um dort in einer Hafenspelunke zu speisen und zu schlafen? Nein! Ist es nicht.«
Beschwingt von neuem Tatendrang stellte er seinen Kelch donnernd ab, so dass noch etwas Wein über den Rand schwappte und auf den Tisch tropfte. Doch was kümmerte den Leichnam der Tisch, wenn er ein riesiges Problem lösen musste, ein Problem, dass ihn noch immer beschäftigte und auf dass er keine Lösung wusste.
Eilig griff er nach dem Buch, das er bei dem Skelettmagier gefunden hatte. Das dicke Grundlagenbuch ließ er auf dem Tisch zurück, davon musste der fremde Kämpfer vorerst nichts wissen, es war seine letzte Möglichkeit, doch war es wirklich notwendig, dass er das riesige Werk noch einmal von vorne bis hinten durcharbeitete, nur um einen Hinweis zu finden, der vielleicht gar nicht dort war, den er aber ebenso gut übersehen haben könnte? Wie konnte man bloß das Rätsel lösen, den nächsten Schritt machen, das Buch so lesen, wie man es lesen musste, um zu verstehen.
Er blätterte und blätterte, dann war er endlich auf der richtigen Seite angelangt.
»Hört zu!«, er räusperte sich und las laut vor:
»Der, der gewillt ist allen irdischen Lastern zu entsagen und auf dem Pfad der Rechtschaffenen wandelt, soll wissen wo der Quell meiner Macht verborgen liegt. Auf dass er es nutzen möge die Ketten dieser Welt zu sprengen und sich würdig zu erweisen, es zu empfangen.«
Geschickt hatte er das Wort des Unaussprechlichen umgangen, nein, davon musste Seloron nichts wissen, außerdem wollte er sich hüten, dieses schauerliche Wort in den Mund zu nehmen.
»Und weiter:
Sieben Teile
Eines Immer Natürlichen
Keine Rettung Eilt In Sicht«
Er schloss das Buch wieder und ließ ein kleines Lächeln über sein Gesicht huschen, wusste er doch genau, was er mit der Reaktion Selorons anfangen musste. Ja, in der Tat, er wusste genau, dass dies dieselben Worte waren, mit denen er den Kämpfer "begrüßt" hatte.
»Und…? Fällt euch n u n etwas ein?«
Er reichte ihm das Buch und sah interessiert auf ihn. Es war zwar unwahrscheinlich, aber vielleicht sah der Mann tatsächlich etwas, was ihm bislang entgangen war. Der Kämpfer war noch nicht mit der ganzen Geschichte infiziert, er hatte keine Ahnung, um was es ging und welche Macht das Buch hatte, geschweige denn, welche Mühen es gekostet hatte, an es ranzukommen.
In der Tat schien Seloron etwas entdeckt zu haben. Er machte zwar nichts, aber er untersuchte die Seiten ganz genau und schien sehr konzentriert nachzudenken. Langsam wuchs die Anspannung in ihm, je länger es dauerte. Konnte es wirklich sein, dass er sich da einen wahren Glücksgriff ins Haus geholt hatte?
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Schicksal, ja das klang logisch für Seloron, an Zufälle hatte er auch noch nie wirklich geglaubt. Allerdings würde ihn ja schon brennend interessieren was das Schicksal mit ihm noch so vor hatte, auf einer Seite, auf der Anderen würde das Leben dann doch langweilig werden wenn er schon alles wüsste.
Viel zum darüber nachdenken kam Sel aber auch gar nicht, Solaufein stellte ihm erneut das gleiche Rätsel wie bei ihrer Begegnung, wenn man ihr zusammentreffen mal so nennen wollte.
Seloron wusste aber immer noch nichts damit anzufangen, ihm war auch gar nicht klar was das sollte. Sein Gastgeber reichte ihm dann mal ein Buch, dass er einfach mal an sich nahm.
Sel ging davon aus, in diesem Buch die Antwort auf das Rätsel finden zu können, ihm fiel kein anderer Grund ein warum er gerade jetzt, gerade in diesem Buch lesen sollte. Auf den Kopf gefallen war der Kämpfer sicher nicht aber so ohne Anhaltspunkte schien ihm das so gut wie unmöglich.
Nachdem er aber eine Weile in dem Buch gelesen hatte wurde er stutzig, und ging mal einer wagen Idee nach. Mehr war es noch nicht, mit etwas Glück aber sollte er so der Lösung auf die Spur kommen können.
Das war schon gar kein Rätsel mehr gewesen, einfach weil es absolut gar keinen Sinn ergab, zumindest für den ehemaligen Sumpfler nicht. Wenn er jetzt aber nur den ersten Buchstaben eines jeden Wortes nahm, ergab das schon ein Sinn. Wenn er nämlich die Anfangsbuchstaben aneinander fügte kam ein Wort heraus und das ergab wirklich einen Sinn, wobei er sich hier in Gorthar nicht ganz sicher war aber das sollte mal nebensächlich sein.
"STEINKREIS"
Seloron hatte keine Ahnung wo es hier einen solchen Steinkreis gab aber wenn dann wusste Solaufein das sicher, er kam ja schließlich von hier und dazu hatte er in dem Buch auch was gefunden, mit dem er aber nicht ganz zurecht kam.
Noch kur überlegte Sel aber wandte sich dann an seinen Gastgeber.
"Nun, ich habe keine Ahnung warum ihr mir dieses Rätsel gestellt hast. Die Worte ergaben auch absolut keinen Sinn, in dem Buch habe ich auch was gefunden. Daraus werde ich zwar nicht ganz schlau aber ich bin dadurch darauf gekommen von jedem Wort nur den ersten Buchstaben zu nehmen und da kommt >Steinkreis< heraus. Sagt euch das was?"
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27.11.2007 20:57
#349
»Steinkreis?«
Auf seinem Gesicht bildeten sich hunderte Fragezeichen, sie schienen so lange in sein Gesicht gemalt, geschnitzt, gebrannt und aufgeklebt zu werden, bis es unter der Last zusammenbrach und sie mit einem gewaltigen Impuls davon schleuderte.
Er nahm das Buch wieder an sich, ging nah an das Licht des Kaminfeuers und sah sich die seltsame, kaum zu verstehende Textpassage auf der rechten Buchseite noch einmal an. Er hatte es von Anfang an im Blut gehabt, daß dort, in diesem zwar Sinn gebenden aber doch bloß Unsinn aussagenden Stück ein Hinweis versteckt war.
»Die Großbuchstaben, natürlich!« Seine Hand klatschte ins Gesicht, kniff die Haut, wühlte über die Haare und ließ sich dann an der fettigen Haut herab sinken.
»Steinkreis, genau das ist es, ein nicht mal sehr versteckter Hinweis und doch, verborgen unter dem Schutz des Offensichtlichen, narrte er mich wie einen Anfänger, als ob das Buch gewusst hatte, daß es mich genauso drankriegen würde. Gut, Seloron, sehr gut. Schon jetzt seid ihr nützlicher gewesen, als ihr es euch jemals vorstellen werdet können, also versucht gar nicht erst die Ausmaße zu ermessen, die diesen Moment der Aufmerksamkeit und der Raffinesse geschuldet sind.«
Er schloss das Buch wieder, schritt mächtig zum Arbeitstisch, ließ es dort sorgfältig neben das Grundlagenbuch fallen und blieb stehen, fuhr über Kinn und Lippen, klopfte an Stirn und Schläfe.
»Sagt euch das irgend…-?«
»Schhhhhh!«
Harsch fuhr er den neugierigen Entdecker an, presste den Zeigefinger auf die Lippen und ging ein paar Schritte auf und ab.
»Sieben Teile Eines Immer Natürlichen… Sieben Teile… Natürlichen… natürlich… natürlich… sieben an der Zahl…hm… natürlich… natürlich… ja, ja, jaaaa… n a t ü r l i c h ! Hahahahaha!«
Sichtlich zufrieden schwang er sich zur Weinflasche und goss großzügig in die beiden Krüge. Dann reichte er Seloron den Seinen und stieß mit ihm an. Äußerst süß, noch süßer als der süßeste Zucker, schmeckte der Traubensaft, genoss er ihn doch mit unglaublicher Genugtuung.
»Teilt ihr die Freude mit mir?« Der Kämpfer machte einen hilflosen, leicht tumben Eindruck, ohne Elan und eigener Freude stand er da und musste ertragen, wie seine Entdeckung zur großen Nummer wurde, ohne daß er verstand, warum und für was.
»Oh ja, die Tragweite eurer Entdeckung, natürlich, natürlich. N a t ü r l i c h, oh ja, har!« Er schmeichelte sich und lächelte vergnügt und mit breitem Lippenzug.
»Ihr habt zwar den Hauptteil des Rätsels geknackt, doch die anderen Worte waren nicht bloß zufällig passend. Versteht ihr, kluger Mensch? Die Worte haben eine zweite Bedeutung! Kombiniert man das Schlüsselwort mit dem vermeintlich ersten Teil des Satzes, erfährt man, daß der Steinkreis aus sieben Teilen, vermutlich Steinen, besteht, denn sie sind "immer natürlich". Das schränkt die Suche natürlich stark ein, denn Steinkreise mit sieben Teilen dürfte es nicht wie Sand am Meer geben!«
In seinem Redeschwall musste er sich selbst zügeln, erhob die Hand zur eigenen Warnung, atmete tief ein und aus und verharrte für einen Moment, nur um es dann wieder aus sich herausbrechen zu lassen.
»Ja… genau… so läufts… genau so! Ich breche sofort auf!... Nein… lieber morgen. Ja! Morgen! Noch vor Sonnenaufgang, wenn es dämmert. Ich… Moment.« Schon waren die ersten Sachen gepackt, eine hektische Betriebsamkeit war eingekehrt, als er bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Ein Fremder war in seinem Haus. Ein Mann. Er trug Waffen. Ja. Er konnte damit umgehen, wäre ansonsten immer noch ein gutes Ablenkungsmanöver wert. Das auch diese Suche ihre Gefahren mit sich brachte, war schon jetzt in Stein gemeißelt. Sollte es ihn wirklich wundern, wenn wieder ähnliche Kreaturen auf ihn warten würden? Es war nie verkehrt einen Waffenarm an seiner Seite zu wissen. Der Mann war zwar kein Freund wie es Ritley war, doch er hatte den entscheidenden Hinweis geliefert, außerdem hatte er bestimmt Gold, was sich als nützlich erweisen könnte, zudem konnte er ihn im Gegenzug mit eben jenen Schätzen locken… für seine kurzen, knallharten Entscheidungen berühmt, hatte er sich in diesem Moment entschieden.
»Seloron war euer Name, nicht wahr? Ihr könnt kämpfen, das habe ich gesehen. Und ihr scheint nicht auf den Kopf gefallen zu sein… ihr könnt also kämpfen, seid klug, habt keine Pläne und keine Ziele, habt Gold und gleichzeitig nichts gegen etwas mehr. Kurzum, ihr sucht ein Abenteuer. Ich biete euch etwas Derartiges. Schlagt ein und ihr seid mein Begleiter, doch seid gewarnt! An Gold und Ruhm liegt mir nur wenig, ich möchte ein Narr sein…«, sprach der König von ihnen im Brustton der Täuschung. »… es euch zu nehmen. Allerdings, ohne mein Unternehmen die nötige Zungenspitze zu geben, wird es kein Zuckerschlecken. Mein Begleiter und ich sind beinahe verreckt, als wir dieses winzige Buch gesucht haben. Und es würde mich oh sehr wundern, sollte das nächste Objekt der Begierde einfach zu bekommen sein. Rechnet also nicht mit einem Spaziergang, oh mächtiger Kampfesmeister. Und noch etwas sei klar gestellt: Ihr macht, was ich euch sage! Verliert ihr im Kampf die Nerven, so betrifft mich dies zwar, doch euer toter Leib sei mir Befriedigung genug, jedoch, solltet ihr mitten während der Reise Anweisungen ignorieren oder ausrasten, habe ich keine Scheu, euch am nächsten Baum anzubinden und dort zu lassen. Wenn ihr diese Hürden überwindet, so greift meine Hand und wir werden morgen aufbrechen, der alten Welt ein neues Geheimnis zu entreißen!«
Aye! Er hatte gesprochen.
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Der Himmel war grau bedeckt, die Wolkendecke war so dich, dass die Sonne keine Chance hatte. Seloron wusste nicht warum er sich Solaufein angeschlossen hatte. Nach dem gestrigen Abend hatte er sich Gedanken gemacht. Er wusste, dass sie etwas suchen und ein Steinkreis dabei eine Rolle sollte. Erst wurde er überfallen und dann lud ihn der Angreifer zu sich nach Hause ein und das dann so was.
Musste er auch noch ein Rätsel lösen, Sel aber war danach auch nicht schlauer, das sollte ihm jetzt aber egal sein, er freute mal wieder ein Abenteuer erleben zu dürfen. Diese Nacht hatte er auch nicht schlafen können und so hatte Sel seine Ausrüstung kontrolliert, viel hatte Seloron nicht dabei. In seiner Tasche Kleidung zum wechseln uns Proviant, an Waffen waren da sein Schwert und sein Speer. Sein Wasserschlauch war gefüllt und sein Gold gut verstaut und zwar so, dass Diebe es schwer haben dürften ihm den Beutel ab zujagen.
Im Morgengrauen waren sie aufgebrochen und hatte somit den Schutz der der Stadt Gorthar verlassen. Nun waren sie auf sich alleine gestellt aber das waren sie ja eigentlich schon immer.
Seloron war gut gerüstet, sein Speer trug er in der rechten Hand, auf Überraschungen hatte er keine Lust. Der Wind fuhr durch sein langes, schwarzes Haar und veranlasste ihn, es sich im Nacken zusammen zu binden, sie wehten ihm sonst immer wieder in sein Gesicht.
Schweigend fuhren die Gefährten in dem Boot ihrer Nase nach, der Arenakämpfer verließ sich nicht gerne auf andere, hier aber kam er nicht daran vorbei.
Geändert von Seloron (28.11.2007 um 16:54 Uhr)
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Immer wieder spürte er die Hitze, welche von den zuckenden Flammen in der Hütte der Wahrsagerin loderten. Doch schmerzte keine einzige von ihnen, sie ließen seinen Körper nur erzittern, als würde jemand an ihm rütteln. Schon oft hatte der Feuermagier versucht die Augen zu öffnen, um zu sehen, wo er sich befand, denn er konnte nicht verbrannt sein, schon zu lange war er scheinbar der Hitze der Flammen ausgesetzt, dies musste ein Trick oder etwas ähnliches sein. Zum ersten Mal seit seiner Zeit in diesem Halbschlafzustand benutzte der Magier seine Magie. Er hatte bisher immer versucht durchzuhalten und die Flammen körperlich zu überstehen, dabei hatte er aber nie daran gedacht diese einmal zu bekämpfen und zwar auf magische Art. Wenn es keine echten Flammen waren, wovon der Diener Innos' ausging, dann waren es Trugbilder und diese waren leichter zu kontrollieren, man musste nur die Ursache dieser Phantome ausfindig machen. Schon seit Jahren war er ein treuer Diener Innos' und schon oft hatte ihn sein Glaube an das Feuer der Gerechtigkeit aus brenzligen Situationen gerettet, er war sich sicher, dass der Glaube an irgendetwas der Magie ihre Form verleiht. Lopadas wollte durch die Flammen hindurch sehen, die Macht dahinter erkennen und diese notfalls auch vernichten, wenn es sich nicht umgehen ließ, denn er war nicht darauf erpicht jahrelang dazuliegen und der Hitze der Flammen ausgesetzt zu sein, welche gar nicht real waren.
Mit der Kraft seiner Gedanken ließ er leichte Magieströme entstehen, die an sich nichts besonderes waren, da jeder Mensch Impulse im Gehirn hatte, die das Denken anregten, aber ein guter Magier wusste diese Impulse für sich zu nutzen und daraus magische Energie zu gewinnen. Ungeordnet kreiste das magische Gefüge um, durch und in seinem Kopf bis er es auf einen gewissen Punkt richtete. Immer wieder erkannte er einen dunklen Fleck in der Mitte der Flammen, eigentlich konnte er nichts sehen, da seine Augen geschlossen waren, doch er spürte die Anwesenheit dieser dunklen Stelle in Mitten der hellen Flammen. Die Magie gab ihm oft die Möglichkeit seine Umgebung magisch zu erfühlen, wenn er etwas nicht sehen konnte und dies nutzte er nun aus. Während sich die magischen Ströme aus dem Inneren seiner Gedanken verdichteten, löste sich langsam die Feuerwand vor eben dieser Stelle auf und der Barbier erkannte eine weißgekleidete Person in einem Sessel, welche durch die Flammen hindurch direkt auf ihn starrte. Es kam ihm fast so vor, als würde sie einfach in seinen Kopf hineingucken, sodass er schon mit dem Gedanken gespielt hatte, seine Gedanken vor ihr irgendwo anders zu verstecken, aber dies war natürlich absurd, wo sollten die Gedanken sonst rumschwirren, wenn nicht in seinem Kopf?
Von dem gefühlten starren Blick ließ sich der hohe Feuermagier jedoch nicht aus der Fassung bringen. Er beobachtete die ganze Situation einige Zeit und erkannte dann wie diese Illusion gewirkt wurde. Die Person starrte tatsächlich in seinen Kopf, doch nicht, um seine Gedanken zu lesen, sondern einfach nur um dort die Illusion zu wirken. Wenn die Person kurz blinzeltem, was seltsamerweise ziemlich selten der Fall, dann spürte Lopadas ein kurzes Abschwächen der Hitze, wahrscheinlich konnte die Person eine solche Illusion nur mit Blickkontakt übertragen, was an sich nicht gerade von hoher magischer Kunst zeugte. Die kleinen Gedankenmagieströme wurden von ihm gedanklich zusammengefügt. Er wollte die Person einfach ablenken, um dann durch die Illusion in die Realität zu brechen. Vor seinem geistigen Augen manifestierte sich ein kleines Flammengerüst, welches er auf direkten Weg auf die sitzende Person schnellen ließ. Sofort rissen die Flammen in seinem Kopf ab und er schlug die Augen auf. Der Barbier vernahm ein leises Stöhnen und richtete sich auf, um sich im Raum umzublicken. Es war nicht mehr die kleine Hütte, sondern ein geräumiger, gemauerter Raum. Als er sich zu dem Stuhl umdrehte, sah er die Person, wie diese sich gerade die Hand hielt, die Flamme hatte das Ziel nicht verfehlt.
Der Diener Innos' richtete sich auf und ging vorsichtig auf die Person zu, die plötzlich ganz still saß und ihn anstarrte. "Ich denke nicht, dass Ihr mich mit dem gleichen Zauber nocheinmal verwirren könnt und schon gar nicht, wenn ich bei Bewusstsein bin." Die weiße Person zischte nur und versuchte zu flüchten, doch Lopadas hielt den Umhang fest und dieser rutschte der Person vom Leib. Vor ihm stand die alte Frau, die er beim Puppenmacher gesehen hatte, bevor dieser paralysiert wurde. Ihre Augen leuchteten auch diesmal wieder strahlend hell. "Was geht hier vor?" "Das kann ich dir nicht so einfach erklären.", zischte die Alte, "Aber zu hast bewiesen, dass du das Zeug dazu hast, bei uns anzufangen. Manch anderer von uns hat nicht soviel magische Kraft wie du, wir könnten dich gut gebrauchen." "Ich habe nicht vor in Eure Gemeinschaft einzutreten, welche auch immer das sein mag." Die Alte lachte und hob den weißen Umhang wieder auf. "Du hast keine Wahl, entweder unsere Gemeinschaft oder der Tod! Du hast nach uns gesucht und wir haben die die Chance gegeben uns beizutreten, weil wir in die Potenzial sahen, welches wir schon lang nicht mehr gesehen haben. Aber wenn du bei uns nicht mitwirken willst, dann bleibt dir nur der Tod, denn du könntest Informationen über uns weitergeben, die niemand bekommen soll." Langsam schien der hohe Feuermagier zu verstehen von welchen Leuten die Wahrsagerin gesprochen hatte.
"Was muss ich denn über Eure Gemeinschaft wissen?", fragte Lopadas als wäre seine Neugier geweckt worden. "Erstmal noch gar nichts, wir werden dir Aufträge geben, um deine Loyalität zu beweisen und wenn du diese erfüllst, dann erfährst du alles. Versuch uns aber nicht rein zu legen, denn es wird immer jemand über dich wachen und eine falsche Bewegung ist ein Grund dafür dich zu töten." "Ihr scheint ja einiges verbergen zu wollen." Dann schwieg der Barbier. Er befand sich in einer Situation die auswegloser gar nicht hätte sein können. Niemals würde er in diesen Bund eintreten wollen, aber sterben wollte er auch nicht. Es gab nur eine Möglichkeit: er konnte versuchen etwas herauszufinden über die Puppe und dann zu fliehen. Diese Wände waren nur aus Stein und damit kein sonderlich großes Hindernis für den hohen Feuermagier, denn er hatte schon genug magische Erfahrung, um auch solche Wände zu durchschlagen. "Bevor ich mich auf die erste Aufgabe einlasse, würde ich gern erfahren, was Ihr mit der lebendig gewordenen Puppe zu tun habt?" "Solche Fragen beantworte ich dir nicht, Neuling!" "Ich ging der Annahme, dass Eure Gemeinschaft meine Fähigkeiten braucht, da dachte ich, dass Ihr mir ruhig schon etwas verraten könnt, wenn Ihr mich dabei haben wollt." Der Barbier hatte keine Ahnung, ob diese schlechte List funktionieren würde. "Gut, etwas erkläre ich dir: Die Puppe ist unser Feind, sie versucht uns aufzuspüren und zu vernichten, denn der Puppenmacher war einst ein Informant von uns, der dann aber ausgestiegen war. Wegen seiner damaligen Bekanntheit unter den Leuten konnten wir ihn nicht einfach so töten, dann wären Nachforschungen angestellt worden. Er versuchte uns auszulöschen, indem er sich magische Wesen erschaffen wollte, welche uns jagen sollten. Er baute natürlich eine Puppe, weil es einfach sein Beruf war und diese wollte er mit Hilfe von starker Magie beleben, aber eine genügte ihm nicht, weswegen er viele Puppen gebaut hatte und durch einen Zufall fand er den magischen Stein, aus welchem er der Anführerin Augen formte. Doch dieser Stein hatte sein Eigenleben und somit richtete sich die Puppe und ihre Verbündete nicht allein gegen uns, sondern gegen alles, doch jetzt wo die Steine vernichtet sind und die Puppe trotzdem noch lebt, ist der Wunsch des Puppenmachers in ihr zur treibenden Magie geworden, aber warum sie dich auch angreift bleibt mir ein Rätsel und ist mir auch egal. Nun hast du genug gehört, den Rest über unsere Gemeinschaft erfährst du, wenn du einiges erledigt hast, verstanden?" Der Barbier nickte. Endlich hatte er die Antwort auf die Frage, welches Ziel die Puppe nachging. Dass die Anführerin auch ihn angriff war ganz logisch, denn er hatte sie damals bekämpft und wahrscheinlich erinnerte sie sich noch daran und sieht den Feuermagier als Feind.
Die Alte winkte den Diener Innos' zu sich und die beiden verließen den Raum. Scheinbar wollte sie ihm zu denjenigen bringen, der ihm seinen ersten Auftrag erteilen würde. Lopadas wollte sich dies erstmal anhören und dann entscheiden, wie er weiter verfahren würde, denn laut seiner jetztigen Auffassung, war dieser Geheimbund gefährlich, sehr gefährlich sogar.
Geändert von Lopadas (09.12.2007 um 14:57 Uhr)
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„Wenn ich Euch nach all meinen Kräften helfe, lasst Ihr dann auch mich gehen, Mondträne?“, hakte Narya bei der Frau mit der Elstermaske und steckte Feuersturm weg. Sie glaubte mit ihrer Geste zumindest die Assoziation erwecken zu können, dass sie ihren Streit mit Kardâz wenigstens für die nächsten Stunden (oder Sekunden?) ruhen lassen würde. Innerlich brodelte es jedoch immer noch in ihr, denn schließlich hatte sie gehofft gemeinsam mit Frost diesem merkwürdigen Krieger den Gar aus zu machen.
Äußerlich ließ sie sich selbstverständlich nichts anmerken. Ruhig sah sie zu der bis vor wenigen Augenblicken noch so souverän wirkenden Diebin hinüber. Die Herrin des Schiffes schien ob der neuerlichen Bedrohung völlig die Nerven zu verlieren. Ihre Augen zuckten immer wieder unstet flackernd zu den Fenstern. Wann immer der pechschwarze Himmel von einem gleißenden Blitz erhellt wurde, jagten ihre Blicke fahrig über die dunklen Wolkenwände. „Ja, gewiss.“, versicherte sie der Lee und konnte ein Zittern in der Stimme kaum unterdrücken. „Nehmt nur eure Waffe wieder hervor“, setzte sie mit bemüht entschlossen klingender Stimme hinzu. Narya schüttelte den Kopf, verschränkte die Arme und wies den Befehl entschieden zurück. „Was für Frost gilt, gilt auch für mich. Fortan bin ich frei und werde keine Befehle mehr von Euch entgegen nehmen.“ Mondträne nickte. „Einverstanden“, sagte sie dann und erntete einen bösen Blick ihrer ehemaligen Söldnerin. „Interessiert mich nicht“, erwiderte die junge Frau mit überheblicher Miene, wandte sich ab und ging zum Fenster hinüber. Eigentlich war der Anblick, der sich einem bot, wirklich ein Grund in Panik zu verfallen.
Grelle Blitze zuckten über den Himmel, wuchtige Sturmböen brausten umher, die das Schiff mit aller Macht vom Kurs abzudrängen versuchten, tiefschwarze Wolken, die sich wie eine Hand fest um das Schiff schlossen und im schlimmsten Falle einer lästigen Fliege gleichend zerquetschen würden und nun offenbarte sich auch noch ein gigantischer Schatten, den zumindest zwei Personen auf dem Schiff als einen Drachen identifizierten. Narya musste zugeben, dass es angenehmere Situationen gab. Sie erinnerte sich an ihren Kampf mit Altharion und wie dieser geendet hatte – ohne den Phönix Innos wäre sie wohl heute nicht mehr am Leben. Doch sie bezweifelte, dass der Lichtgott ihr auch diesmal seinen feurigen Beistand senden würde. Sie rief sich Altharions Worte über seine Kinder in Erinnerung. Es war gar nicht so unwahrscheinlich, dass sie einen Drachen ganz in ihrer Nähe hatten und wenn er genauso hungrig wie der ihr bekannte Drache war, dann würde ihnen ein heißer Tanz am eisigen Himmelsreich bevorstehen.
Die Kriegerin entschloss sich fortan den Blick aus dem Fenster zu vermeiden. In nur wenigen Augenblicken würde man ohnehin nichts mehr sehen, da der Regen sich wie ein graues Seidentuch vor den Blick legte und selbst dem schärfsten Auge die Sicht nahm.
„Was tun?“, stellte da auch schon einer von Mondtränes Handlangern die entscheidende Frage. Dem hoffnungsvoll auf eine Antwort Wartendem trat nur das Schweigen entgegen. Niemand wusste was der rechte Ausweg war. Hier und da sah man eine gekräuselte Stirn oder ein nachdenkliches Kauen auf der Unterlippe, doch alles in Allem blieb der Kreis der Gefragten stumm. Die Stille wurde nur ab und an von einem Stöhnen Kardâz unterbrochen. Der Hüne hielt das Steuer so fest mit beiden Pranken, dass seine Fingerknöchel weiß und seine Muskeln gut sichtbar hervortraten. Schweiß sammelte sich in kleinen Tröpfchen auf seiner Stirn. Man sah ihm an, dass der Wind immer stärker wurde und sich mit aller Gewalt gegen das Schiff warf.
Plötzlich stieß eine Frau einen spitzen Schrei aus und deutete mit weit aufgerissenen Augen zu einem der Fenster. Dort glitt ein mächtiger Schatten entlang: Narya konnte pechschwarze Schuppen erkennen an denen der Regen abperlte und in denen sich die Blitze zu spiegeln schienen. Ehe auch nur einer der Versammelten etwas zum dem Anblick sagen konnte, ging ein starker Ruck durch das Schiff und das See- und Wolkengefährt wurde mehrer Meter in die Höhe geschleudert. Alles schrie und purzelte durcheinander. Ein Hocker segelte durch die Luft und traf einen von Mondtränes Handlangern an der Schläfe, sodass er zusammensackte und gen Boden viel.
„Mistvieh“, schrie einer und irgendjemand behauptete, dass der Drache mit seiner Schwinge Schiff am Bauch erwischt habe. Narya wurde zum ersten Mal schlecht – wenn dieser Schlag eben wirklich nur von einer Schwinge gekommen war, dann wollte sie lieber nicht wissen, wie sich weitere Attacken eines Drachen auf das Schiff auswirken würden. Fraglich blieb vorerst nur, ob es sich bei ihrem Gegner wirklich um solch ein feuriges Ungetüm handelte.
Indes hatte Kardâz sichtbar große Mühe die Kontrolle über das Steuer zu wahren und zog ein Gesicht, das nicht nur Anstrengung, sondern auch tiefen Schmerz offenbarte. Das Steuer, das ohne seinen festen Griff wohl wild umherschleudern würde, schnitt so tief in das Fleisch seiner Hände, dass ein dünnes, rotes Rinnsal hervortrat. Sein Wimmern wurde vom Tosen des Sturmes und dröhnendem Donner übertönt.
Noch bevor alle wieder auf den Beinen waren, fegte ein zweiter, diesmal deutlich kräftigerer Schlag von schräg unten gegen das Schiff. Abermals gingen die Menschen im Bauch des Schiffes zu Boden, fielen durcheinander und gegen Gegenstände, doch diesmal reichte seine Kraft nicht aus: Kardâz musste das Steuer loslassen. Zügellos schlug es umher und das Schiff befand sich nicht nur augenblicklich in Schieflage, sondern schoss auch pfeilschnell auf die westliche Wand des Wolkenkorridors zu. Narya, die sich an einen Tisch klammerte, sah die dunkle Wolkenwand durch eines der Fenster immer schneller auf sich zurasen. Zuerst würde die linke Seite des Schiffes zerbersten, dachte sie nun selbst voller Panik und konnte den Blick nicht von dem schwarzen Tod nehmen, der rasend schnell auf sie zukam und seine gebogenen Krallen gierig nach ihr ausstreckte.
„Kardâz, das Steuer“, rief irgendjemand und für den Bruchteil von Sekunden glaubte sie Sheyra als die Rufende zu erkennen. Der Hüne ließ sich dies nicht zweimal sagen, stemmte sich hoch und versuchte das Steuer zu packen. Vergeblich, denn seine durch das Blut rutschig gewordenen Hände vermochten es nicht zu umgreifen.
„Schnell“, schrie Narya und sah voller Entsetzen das es nur noch wenige Herzschläge dauern würde ehe das Schiff auf die düsteren Wolken traf. Irgendjemand sprang dem Hünen bei, doch ehe sie die Kontrolle zurückeroberten, versetzte der gigantische Schatten dem Gefährt einen dritten, heftigen Schlag. Der neuerliche Stoß kam zwar nicht unerwartet, aber dennoch überraschend und so kam es, dass einer der Männer sich nicht mehr festhalten konnte. Er ließ los, schleuderte quer durch den Schiffsinnenraum und prallte gegen eine der Fensterscheiben. Klirrend ging diese zu Bruch und augenblicklich fegte der Wind hinein. Heulend, brausend und stürmend, packte er sein Opfer mit eiserner Hand und riss den Mann nach draußen, wo er als einer der Ersten Opfer der Wolken wurde. Sein gellender Todesschrei stach schmerzhaft in ihren Ohren und übertönte sogar das Dröhnen und Tosen des Sturmes.
Bruchteile von Wimpernschlägen später schlug auch die Nadeija mit der Breitseite gegen die pechschwarze Wolkenwand. Narya schloss im selben Moment die Augen und wartete auf den schmerzhaften Tod – doch dieser schien sich Zeit zu lassen.
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Einen Moment lang herrschte fast völlige Stille. Selbst der Wind schien gespannt in seinem Wüten innezuhalten.
Doch dann schlug er erneut zu - mit einer Gewalt, die das Schiff wie einen Kreisel herumwirbeln ließ. Regen prasselte durch das geborstene Fenster. Jemand schrie, als das gesamte Schiff zur Seite kippte (Sheyra glaubte, einen menschlichen Schatten vom Oberdeck stürzen zu sehen) und einer der Männer schlitterte unaufhaltsam auf das Loch in der Fensterwand zu, schaffte es jedoch im letzten Moment sich am Rahmen festzukrallen und sich nur die Hände aufzuschlitzen.
"Kardâz, unternimm irgendwas!"
Grunzend griff Kardâz mit einer Hand nach seinem Schwert und rammte es wie ein Hebel in das wie wild rotierende Steuerrad. Der darauf folgende Ruck lies alles was nicht festgeschraubt war, haltlos durch den Raum fliegen. Dem Mann, der sich am Fenster festgehalten hatte, rettete die Aktion das Leben, auch wenn er zwei Finger zurücklassen musste. Sheyra landete inmitten eines Knäuels menschlicher Körper in einer Ecke und stieß sich den Kopf an etwas, das sie als Stiefel zu erkennen glaubte.
Sie waren nicht an der Wolkenwand zerschellt. Stattdessen waren sie einfach hindurchgeglitten. Vielleicht direkt in Beliars Reich: Der Blick aus dem Fenster zeigte nichts als brodelnde Schwärze. Wobei Sheyra spürte, dass sie nicht allein waren. Etwas lag in der Luft. Ein Summen. Wie von Libellenflügeln. Nur größer. Unglaublich größer.
Und war der Sturm zwischen den Wolken brutal gewesen, so zeigte er hier sein wahres Gesicht.
"Albrecht, wir müssen hier--"
Donnerhall zertrümmerte den restlichen Satz. Der Erfinder klammerte sich mit Leibeskräften an einem Metallring fest, während er auf den seltsamen doppelten Globus vor dem Steuer starrte. Sein Gesicht war fast durchsichtig.
"Nach rechts!", brüllte er über den Lärm hinweg, "Wir müssen nach rechts!"
"Sicher?", rief Kardâz zurück.
"Nein!", kreischte Albrecht, "Ich kann nichts sehen, verflixtnochmal!"
Nichtsdestotrotz stemmte sich Kardâz gegen seinen improvisierten Hebel. Die Nadeija neigte sich bedenklich auf die Seite. Der verletzte Dieb schrie, als er sich abstützen wollte und mit den Fingerstummeln irgendwo hängenblieb. Mit wenigen Schritt war Mondträne bei ihm und riss Streifen aus ihrem Rock, um die Blutung zu stillen.
Sheyra spürte, wie sie hochgehoben wurde, als Frost versuchte, sie in Sicherheit zu ziehen. Ihre Glieder waren immer noch taub. Doch die in der Luft liegende Spannung schien auf ihren Körper übergegriffen und ihre Sinne geschärft zu haben. Was auch immer diesen Sturm nährte, musste so gewaltig sein, dass die bloße Nähe jede Faser ihres Körpers elektrisierte.
Für einen Moment lang wurde das Summen laut und schrill. Etwas klatschte gegen den Rumpf der Nadeija und dann in einen der Metallwirbel am vorderen Teil des Schiffes. Es gab ein lautes Wrrrrzzzt! und plötzlich war die Scheibe voller gelbbrauner Flüssigkeit. Keine Sekunde später zuckte ein Blitz haarscharf am Rumpf vorbei. Der Donner ließ Glocken in Sheyras Ohren läuten.
"Was zum Henker war das?", rief Mondträne.
"Ich bin mir nicht sicher", hörte sie Frost sagen, "Aber es hatte Flügel."
"Götter, ich will hier raus . . .", jammerte jemand.
"Nach links, Kardâz, nach links!", rief Albrecht, noch immer auf den hin und her schaukelnden Globus konzentriert.
Plötzlich durchbrach die Nadeija die Dunkelheit und taumelte in den Wolkenkorridor hinaus. Das Pochen im Inneren des Schiffes stabilisierte sich und der Flug wurde ruhiger. Vor dem Fenster weitete sich der Korridor langsam und zum ersten Mal seit gefühlten Ewigkeiten sah Sheyra am Horizont blauen Himmel.
"Ja!", jubelte Albrecht, "Wir leben!"
"Noch sind wir nicht draußen", knurrte Kardâz. Dennoch entspannte er sich sichtlich und schüttelte nacheinander die Hände aus. Einer seiner Finger bog sich in so unnatürlichem Winkel, dass er gebrochen sein musste.
"Sheyra, alles klar?", fragte Frost.
"Alles in Ordnung", sagte Sheyra.
Tatsächlich fühlte sie ihre Kräfte erstaunlich schnell zurückkommen.
"Narya?", erkundigte sich Frost.
Die Kriegerin nickte.
"Wie groß ist der Schaden?", fragte Mondträne.
Der verletzte Dieb hatte das Bewusstsein verloren, doch er schien ruhig zu atmen. Vielleicht hatte er Glück.
"Unmöglich zu sagen", antwortete Albrecht. "Jemand müsste hochgehen und nachsehen. Ich bestimmt nicht!"
Mondträne eilte zu einem der Kupferrohre an der Wand.
"Hallo? Hört mich da oben jemand?"
Schritte polterten die Treppe hinunter und eine ziemlich zerzaust wirkende Diebin stolperte herein.
"Mondträne, ich war draußen, als wir in die Wolken gestürzt sind. Da draußen ist irgendwas - und es ist größer als ein Wal! Und . . . noch andere Dinge. Eines von ihnen hat Nellas erwischt. Ich geh da garantiert nicht mehr raus!"
"Geht schon", sagte Sheyra, als sie sich auf die Beine stemmte und ihr Vater zur Hilfe kommen wollte.
"War es ein Drache?", schnappte Kardâz. Sheyra glaubte trotz des Schreckens bereits wieder Kampfeslust in seinen Augen funkeln zu sehen.
Die Diebin schüttelte entschieden den Kopf.
"Viel zu groß."
"Ein Dämon?", fragte Frost.
"I-ich weiß es nicht!"
Sheyra trat an das zerbrochene Fenster. Von den scharfen Kanten tropfte frisches Blut. Sie streckte einen Finger aus und ließ einen der Tropfen über die Fingerspitze rollen.
"Nein", sagte sie plötzlich, "Es ist der Sturm."
Ein Schatten legte sich über die Nadeija. Die Wolken zu ihrer Linken wölbten sich nach außen, als sich etwas unsagbar Großes durch sie wühlte. Anstatt Donnerhall erfüllte wieder das seltsame Summen den Raum und die Wolken schienen sich für einen Moment zu verdichten. Dann platzte die Wolkenwand auf um etwas freizulassen, das nur aus schimmernden Panzerplatten und Zangen größer als jedes Stadttor zu bestehen schien. Allein der Kopf des Monstrums war gewaltiger als alles, was Sheyra je zu Gesicht bekommen hatte.
Albrecht kreischte irgendetwas und stürzte zu Kardâz, um sich mit dem ganzen Körper gegen einen Hebel zu werfen. Die Zangen, von denen jede einzelne doppelt so lang wie das Schiff war, zuckten wie zu groß geratene Sensen vorwärts, als ein lautes Krachen zu hören war. Die Nadeija sprang schlagartig in die Höhe. Ein paar Dutzend Meter tiefer schlugen die Beißzangen mit einem Geräusch zusammen, als ob ganze Eichen wie dürre Zweige zerbrachen.
Das Ungeheuer selbst tauchte nach unten ab und wieder in die Wolken ein. Auf der Oberseite des Kopfes konnte Sheyra beulenartige Auswüche erkennen, jede einzelne vermutlich groß wie ein Haus. Aus manchen wuchsen lange und breite Fäden, die in allen Farben des Regenbogens schillerten und sich wie Algen in der Strömung bewegten. Ab und zu zuckten kleinere Entladungen zwischen ihnen hin und her. Was nach dem Kopf folgte, war ein nicht enden wollender Leib aus ineinanderwachsenen Panzerfragmenten, nicht unähnlich einem Insektenpanzer. Als Sheyra nach hinten blickte, sah sie den wurmartigen Körper in unregelmäßigen Abständen aus den Wolken hervorbrechen. Es musste Kilometer lang sein.
"Beim Schatten Beliars", durchbrach Kardâz die nachfolgende Stille.
Frost sog scharf die Luft ein und schüttelte fassungslos den Kopf. Egal, welche Schrecken er auch überlebt haben mochte - dieses Monstrum sprengte zumindest in Sachen Größe jegliches Maß.
"Wir werden alle sterben", wimmerte jemand in der Ecke.
Diesmal fand niemand den Mut oder die passenden Worte, um etwas dagegen zu sagen.
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Gelangweilt lehnte der hohe Feuermagier an der Steinmauer seines Zimmers. Er war nur schon eine lange Zeit in diesen Gemäuern, die die Geheimbundler als "heilige Mauern" bezeichnen. Sie huschen durch die dunklen Gänge und gehen scheinbar irgendwelchen mysteriösen Geschäften nach. Lopadas wusste nicht, was er davon halten sollte, denn schließlich war bis jetzt noch nichts passiert, dass ihm hätte gefährlich werden können. Er saß den ganzen Tag nur allein in dem abgeriegelten Raum- wie ein Gefangener. Doch er war nicht wirklich einer, denn immer wieder kamen Bundmitglieder, welche ihn nach seinen Wünschen fragten, selten kam auch die Alte in ihrem weißen Umhang und sagte wieder Dinge, die einfach keinen Sinn ergaben. Der Barbier fragte sich jedes Mal, warum sich Menschen nicht klar und deutlich ausdrücken können oder wenn sie etwas verheimlichen wollen, dies einfach tun und nicht Unwissende mit sinnfreien Reimen zu belegen. Lopadas war selbst jemand der gern ein hohes Sprachniveau nutzte, da er anderen Menschen gegenüber Respekt voll auftreten wollte, aber er sprach, seiner Meinung nach, immer so, dass jeder seiner Gesprächspartner es verstehen konnte. Diese Fähigkeit war irgendwelchen zwielichtigen Gestalten nicht eigen, wahrscheinlich wussten diese Personen selbst nicht, was sie sagen wollten, aber sie hatten die Absicht düster und geheimnisvoll zu erscheinen und dies gelingt am besten, wenn man etwas sagte und eben nichts sagte.
Der schwere Eisenriegel wurde von außen zur Seite geschoben und die alte Zauberin stand wieder in der Tür. "Ich hoffe dir geht es soweit gut, denn nun werde ich dich zu deiner ersten Prüfung führen. Wir haben entschieden deine Fähigkeiten zu testen bevor wir dich auf deine erste Mission schicken.", sprach die Alte mit krächzender Stimme zu ihm. "Für diese Entscheidung habt Ihr mehrere Tage benötigt? Ich finde mich ungerecht behandelt, wenn Ihr meint, dass Ihr meine Kräfte benötigt, dann sollte ich auch besser behandelt werden.", antwortete Lopadas gewollt arrogant. "Unsere Mitglieder fragen dich immer wieder nach deinen Wünschen, die fehlt es doch an nichts." "Was ist mit meiner Freiheit. Den ganzen Tag verbringe ich in diesem Zimmer und komme nicht heraus, das ist nicht gerade eine angebrachte Art für einen Gast." Der Barbier verstellte sich bewusst, um der Frau ein falsches Bild von sich zu geben und um hier endlich raus zu kommen, denn lange wollte der Diener Innos' nicht mehr in diesem Rattenloch festsitzen, welches um einiges schlimmer war als die Höhle welche er ganz früher bewohnt hatte, bevor er in den heiligen Orden eingetreten war. "Ich werde mich mit den anderen beraten und dann werden wir dich deinen Umständen entsprechend behandeln, aber nun komm zu deiner ersten Prüfung."
Die alte Zauberin ging einen langen Gang entlang, der scheinbar kein Ende finden wollte, versetzt hingen ein paar Fackeln, die nur spählich Licht in das Gemäuer brachten und an den Wänden hingen alte Bilder, auf denen Dinge zu sehen war, die wahrscheinlich nur der Maler selbst verstehen konnte, außerdem zierten viele Spinnweben den alten Gang. Jeder Schritt der beiden Personen verhallte, als wolle das Echo nicht aus dem Gemäuer heraus, sondern für immer darin herumspuken. Als die beiden Personen an einer großen Holztür angekommen waren und diese geöffnet wurde, verscheuchte das laute Knarren der Schaniere das Echo der Schritte, sodass wieder Ruhe in den Gang einkehrte. Lopadas stand nun in einem Raum, der von vielen Kerzen beleuchtet wurde und es roch stark nach Räucherwerk welcher Sorte auch immer. In der Mitte saßen einige von den Gestalten, welche ihn immer nach Wünschen fragten und alle hatten sie eine graue Kutte an, sodass sich die Alte durch ihr strahlendes Weiß hervorhob, als sie in die Mitte der Jünger trat. "Nun komm schon näher. Deine erste Prüfung ist es, hier mit den anderen zu meditieren. Aus der Meditation nehmen wir unsere Kraft." Für den Barbier war meditieren nicht gerade eine schwere Prüfung, aber er wusste nicht wie lange er hier sitzen musste, vielleicht saßen diese Gestalten hier auch schon sein geraumer Zeit. Vorsichtig setzte sich der hohe Magier auf eins der Kissen, welche als Sitzunterlage im Raum verteilt waren. Die alte Zauberin erhob darauf das Wort: "Ich möchte euch mitteilen, dass ich ab heute auf eine Mission gehe und erst demnächst wieder komme. Bis dahin beauftrage ich euch damit auf den Neuankömmling aufzupassen und ihn schon so langsam an das Leben hier bei uns im Orden zu gewöhnen. Gutes Gelingen." Sofort lief sie schnellen Schrittes aus dem Raum und schloss die Tür knallend hinter sich. Nachdem das laute Echo ihrer Schritte im Gang vor der Tür verstummt war, blieb es still in dem Raum. Keiner rührte sich oder machte auch nur einen Laut. Es wirkte als wären diese Gestalten Puppen oder vielleicht sogar tot.
Lopadas wollte nicht meditieren und stand vorsichtig auf. Die Kapuze seines Nebenmannes drehte sich herum und ein durchdringender Blick starrte ihn an. "Setzt dich wieder hin.", zischte es aus der Kapuze leise. Der hohe Feuermagier war anfangs erschrocken und setzte sich mit einem mulmigen Gefühl im Bauch wieder hin. Am liebsten wäre er aufgestanden und hätte das Weite gesucht, doch irgendeine Aura hinderte ihn daran. Es fühlte sich gezwungen an hier zu sitzen, irgendjemand hatte ihn den Gedanken in den Kopf gelegt, dass diese Menschen hier gar nicht sitzen wollten, sondern einfach nur Angst vor den Konsequenzen des Aufstehens hatten, dabei war die alte Hexe verschwunden. "Die alte Frau ist gegangen, warum steht Ihr nicht auf, keiner bewacht mehr Euer Tun. Ich habe das Gefühl, dass Ihr hier überhaupt nicht sitzen wollt. Warum geht Ihr nicht einfach?", flüsterte der hohe Feuermagier seinem Nachbarn zu. "Sie beobachtet uns immer, auch wenn sie nicht anwesend ist. Sie besitzt starke, magische Kräfte, die unsere Macht weit überschreiten, deswegen bleiben wir hier sitzen.", flüsterte die Stimme zurück ohne dabei den Kopf zu bewegen. Mit ein Mal hatte der Diener Innos' auch das Gefühl beobachtet zuwerden. Vorsichtig schaute er sich im Raum um, doch konnte er nichts erkennen, auch hatte er nicht das Gefühl eine magische Aura zu spüren, wie konnte diese Zauberin trotzdem anwesend sein, wenn sie gerade gegangen war. Lopadas blieb ruhig sitzen und versuchte in seinen Gedanken eine Antwort auf dieses Problem zu finden.
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Die alte Magierin war immer noch nicht in den Zirkel zurückgekehrt, was sehr zu Gunsten des Feuermagiers war, denn so konnte er sich in Ruhe umsehen und die Gemäuer erkunden. Doch immer wieder warnten ihn die Jünger, welche alles taten, was ihnen die Hexe auferlegt hatte, denn sie hatten Angst bestraft zu werden. Lopadas hingegen fühlte sich weder beobachtet noch verängstigt, er konnte sich vorstellen, dass die Angst der Zirkelnovizen nur psyisch war und keine Berechtigung hatte, wahrscheinlich hatte die Alte ihnen einen kleinen Zaubertrick demonstriert, sodass diese erkannten, dass sie magische Kräfte besaß und den Rest hatte die Zirkelanführerin mit Psychologie erschaffen. Wenn man die richtigen Worte fand, musste man keine große Kraft besitzen, um Leute einzuschüchtern und schwache Geister zu unterdrücken. Dies war wirklich keine große Kunst, wenn man die richtigen Menschen fand, aber noch wollte der Barbier den Jüngern seine Theorie nicht offenbaren, weil diese es wahrscheinlich nicht ohne weiteres glauben würden, es fehlten ihm Beweise für diese Theorie, die stichhaltig genug waren, um die Jünger aus diesem Wahnsinn zu befreien. Jedenfalls war so seine Theorie, aber was wäre wenn die Novizen auch schon über starke magische Kräfte verfügten und dieser Zirkel in Wirklichkeit doch gefährlicher war, als es Lopadas gerade für möglich hielt.
Wieder saß er zusammen mit den Novizen des Zirkels in dem dunklen Raum, in welchen sie jeden Tag gingen, um dort mehrmals zu meditieren. Hier konnte der hohe Magier des Feuers keine Magie vernehmen, auch den Rest Tages konnte er nie etwas spüren, was sich auch nur halbweg magisch war. Als die Gruppe wieder einmal den Meditationsraum verließen, erhob er das Wort und brach das Schweigen, welches meist mehrere Stunden anhielt. "Es gibt eine Sache, die mich interessiert." "Die Meisterin hat gesagt, dass wir dir alle Fragen beantworten sollen, also fahr fort, was möchtest du wissen?", sagte einer der Jünger in einem sehr monotonen Tonfall. "Ihr habt mir jetzt schon viel gezeigt in diesen Gemäuern, aber ich hab noch nie Eure magischen Kräfte bestauen dürfen. Eure 'Meisterin' meinte, dass sie hier starke Magier um sich sammelt, doch bis jetzt konnte ich noch keine magischen Ströme erkennen. Könnt Ihr keine Magie wirken oder seit Ihr solch mächtige Magier, dass Ihr Eure Ströme vor anderen Magiern verstecken könnt." Der Jünger wurde nervös, aber versuchte ruhig zu bleiben, er blieb still stehen und verzog keine Miene, doch Lopadas hatte schon viele Erfahrungen mit Menschen gesammelt und konnte spüren wie sich die Nervösität innerhalb des Jüngers steigerte, aber auch die anderen blieben nicht mehr so kühl wie sonst immer. Sein Gegenüber räusperte sich und versuchte ohne sich etwas anmerken zu lassen zu antworten: "In die großen Geheimnisse oder Gemeinschaft wirst du erst eingeführt, wenn du bereit dafür bist." Diese schwache Antwort genügte dem Diener Innos nicht. "Ihr solltet mir doch all meine Fragen beantworten, warum lasst Ihr mich jetzt mit einer solchen Ausrede hier stehen. Antwortet mir Wahrheits getreu, wovor habt Ihr den Angst?" "Wir haben vor gar nichts Angst.", brüllte ein Jünger aus der Gruppe und wurde sofort von den anderen durch ein gemeinschaftliches "Pssst" zum Schweigen gebracht. "Es ist richtig, dass wir deine Fragen bezüglich des Zirkels beantworten sollen," ,fuhr der eine fort, "aber alles können wir dir noch nicht offenbaren, dafür bist noch nicht lang genug dabei, aber du wirst noch früh erkennen, was es mit unseren Zirkel auf sich hat." Dies war wieder eine solche Ausrede und die Nervösität in den Jüngern stieg mit jedem Wort, Lopadas konnte es schon förmlich spüren.
Der Barbier erkannte die Angst des Novizen hinter jedem Wort, wenn er schon so nicht sprechen wollte, dann müsste der hohe Feuermagier dessen Angst etwas schüren, auch wenn er nicht gern zu solchen Mitteln griff. Doch hatte der Diener Innos' nicht vor den Rest seines Lebens in diesen Gemäuern zu verbringen. Stumm starrte Lopadas die Gruppe von Jüngern an, die durch den Blick noch nervöser wurden, dass sich sogar Schweißperlen, auf deren Stirn bildeten. Es war eine Gruppe von einfach gestrickten Menschen, die sich vor allem fürchteten, was sie nicht kannten. Der Magier des Feuers wandelte seine Gedankenströme in magische Energie um, da er in diesen Mauern keine andere magische Quelle fand, welche er hätte anzapfen können. Seine Gedanken flossen zu immer größeren Strömen zusammen, würden seine Gegenüber über magische Kräfte verfügen, hätten sie dies schon längst bemerkt, doch diese waren immer noch vom Blick verunsichert. Die Magie verließ den Körper des Magiers und kroch auf die Gruppe zu, welche schon nach kurzer Zeit von der magischen Masse umschlossen wurde ohne es zu bemerken. Ein kurzer Gedanke an den Gott des Lichts gegnügte, um die inhomogene Masse in Flammen aufgehen zu lassen. Ein kurzer Feuerschwall durchzog den Gang ohne etwas zu verbrennen oder zu zerstören. Doch selbst diese harmlose Magie zeigte ihre Wirkung, die Jünger schmissen sich gemeinschaftlich auf den Boden und wimmerten.
"Wollt Ihr mir jetzt vielleicht meine Frage Wahrheits getreu beantworten?" Ängstlich schaute einer der Novizen des Zirkels nach oben und nickte. Diese Männer schienen wirklich keine gebildeten Leute zu sein, denn jeder der nur halbwegs etwas mit Magie zu tun hatte, wäre nicht sofort zusammengebrochen. "Ich werde dir jetzt alles sagen, was du wissen willst, auch wenn die Meisterin uns dafür bestrafen wird. Wir sind nicht freiwillig hier, keiner von uns! Wir waren alle normale Bürger von überall aus dem Land und haben einfache Berufe ausgeübt, wir sind weder gebildet noch können irgendeine Art von Magie wirken. Die Meisterin hat uns gegen unseren Willen hierher gebracht, denn sie hatte gedroht unsere Familien und auch uns zu töten, wenn wir nicht gehorchten. Wir sind doch nur einfache Leute, was sollten wir denn gegen eine solch mächtige Frau unternehmen? Jetzt sind wir schon seit Jahren hier in den Gemäuern, machen irgendwelche niedrige Aufgaben und führen die Neuen in ihre Aufgaben ein." Die Theorie des Magiers hatte sich also bestätigt, aber dennoch nagte in ihm noch eine andere Frage: "Wisst Ihr was Eure 'Meisterin' im Schilde führt und wozu sie Eure Hilfe benötigt?" Die Männer zuckten mit den Achseln. "Einer von uns hat nur durch Zufall etwas über einen alten Puppenmacher aufgefangen, aber sonst sind wir von ihren Plänen ausgeschlossen." Lopadas nickte. "Ihr werdet Eurer 'Meisterin' nicht davon berichten, dass Ihr mit mir geredet habt und ich versuche Euch irgendwie hier rauszuholen." "Bist du wahnsinnig? Keiner kann sie besiegen, sie ist eine sehr starke Magierin, die sich in deinen Kopf hereinschleichen kann und dort allerlei Unfug treibt, dass hat sie bei uns auch schon gemacht und keiner möchte das nochmal durchmachen. Leg dich bloß nicht mit ihr an, sie weiß eh was wir tun und das wir gerade mit dir geredet haben, denn sie sieht und hört alles. Jetzt aber genug davon, wir gehen jetzt essen, komm!" Schweigend trottete Lopadas der Gruppe hinterher, aber ein Lächeln konnte er sich nicht verkneifen, denn die Alte hatte gute psychologische Arbeit geleistet, die Männer glaubten alles, was sie diesen an Dummheiten auftischte.
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Als Israa das Zimmer betrat sah sie etwas unfassbares. Im Bett Lag ihr Vater mit aufgeschlitzter Kehle und auf dem Boden lag ohne Kleider am Leib ihre Mutter. Ihr war eben falls die Kehle durch geschnitten worden. Israa konnte es nicht fassen warum hatten die Diebe ihr das angetan. Gerade an dem Heutigen Tag. Normal liebte Israa das Weihnachtsfest und das beisammen sein mit der Familie doch ab heute hasste sie es, denn dies war der Tag an dem ihre Eltern um kamen. Die Stille die sie spürte war nicht besonders gut, warum hatte keiner die Schreie ihrer beiden eltern gehört. Warum ist keiner der Dienstboten ihnen zu Hilfe gekommen. War dies alles geplant und warum war sie dann noch am leben? Fragen über fragen die sie nicht beantworten konnte. Nun musste sie erst einmal dafür sorgen dass die Leichen ihrer Eltern einbalsamiert werden und auf dem Friedhof begraben werden. Danach würde sie die Stadt verlassen und sich auf die Suche nach den Dieben und den Drahtziehern der Sache umsehen. Sie ging langsam wieder aus dem Schlafzimmer ihrer Eltern und machte sich auf den Weg zu den Behausungen der Dienstboten und Dienern. Als sie dort angekommen war weckte sie die Belegschaft auf und erklärte ihnen was vor gefallen war. Nach dem diese nun auch in Kenntnisse gesetzt worden waren. Ging einer der Dienstboten zu den Stadtwachen und berichtete von dem Vorfall damit sich diese auf die Suche nach dem Diebesgut machen. Israa wollte es nicht aber ihr Zimmermädchen schloss sie in ihrem Zimmer ein und sagte "Es ist besser für sie wenn sie hier bleiben! Ich lasse nachher einen Pfarrer zu ihnen kommen damit sie ihm alles erzählen können und er ihnen Hilft mit der Situation zu recht zu kommen." Israa lies sich auf ihr Bett fallen und tat so als hätte sie das was ihr Zimmermädchen ihr gesagt hatte nicht gehört hätte. Als die Tür wieder in Schloss fiel und man das klingen des Schlosses hörte. Warf sich Israa das Kopfkissen über den Kopf und fing an darunter zu weinen. Sie weinte so lange bis sie sich schließlich in den Schlaf geweint hatte.
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Mittlerweile war ein Tag seit dem Auffinden der Leichen vergangen und Israa hatte in der Zeit die Beerdigung der Leichen, die Kirche für ihre Eltern engagiert. Unter anderen hatte sie auch die Geschäfte ihres Vaters weiter geführt mit der Unterstützung ihres Lehrers. Israa machte die Arbeit Spaß da sie dort voll und ganz vergaß was mit ihren Eltern passiert war, aber gleichzeitig wusste sie dass es kein Trost sein wird das Leben nur mit Arbeiten zu bringen. Trotzdem hatte sie diese Methode schon angewandt und verdrängte damit ihre Trauer um den Tod ihrer Eltern. Aber ihr wurde schon an dem Tag bewusst als sie die Leichen sah dass sie hier nicht ewig leben konnte. Aber sie musste die erst ein paar Monate hier in der Stadt bleiben und dann könnte sie sich weitere Gedanken darüber machen wo sie später einmal hin gehen sollte.
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Die Leichen ihren Eltern waren in der Familiengruft beigesetzt worden und sie hatte im Stillen von ihnen Abschied genommen. Nach dem die Gruft verschlossen worden war, war die junge Frau zurück in das Haus ihrer Eltern gegangen und begann ihre Sachen zusammen zu packen. Als ihr Butler ins Zimmer kam und dies sah fragte er sie "Was haben sie denn vor meine Dame?" Israa beachtete ihn nicht und packte weiter ihre Kleider in einen Koffer und verschloss diesen dann. Noch einmal fragte der Butler "Was machen sie denn da?" Wieder gab Israa keine Antwort sie ging aus der Tür und sah wie der Butler immer noch in der Tür stand dann drehte sie sich nochmals um und sagte "Ich werde von hier weg gehen, ich werde mit einem Schiff in die Ferne fahren auf das mich dort ein besser Leben erwarten möge als es hier der Fall sein wird. Ich nehme nicht die gesamten Reichtümer mit die wir besitzen sondern nur ein paar damit ich überlebe. Das Restliche Vermögen bleibt sicher verwart an einem Geheimen Ort." Mit diesen Worten verlies sie ihr Gemach und kurz darauf auch das Haus in dem sie auf wuchs. Langsam schritt sie mit dem Koffer in Richtung Hafen und hoffte das dort bald ein Schiff ablegen würde mit dem sie reisen konnte.
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Lehrling
"Humm!", rief Buck mit vor Schmerzen verzerrter Miene, "Humm, Humm, Humm!"
"Wir sind ja gleich da!", gab Humm keuchend zurück. "Du musst durchhalten!"
Häuserschluchten und Gesichter, die den Ernst der Lage noch nicht begreifen konnten, flogen an ihnen vorbei.
"Humm!", rief Buck erneut. Er schien die Schmerzen kaum noch auszuhalten. "Ich kann nicht mehr. Du musst mich zurücklassen."
"Buck!", schrie Humm, "Wir sind gleich da! Du kannst nicht aufgeben - nicht so kurz vorm Ziel!"
"Du musst alleine weitergehen", stöhnte Buck, als er zusammenbrach. "Es war schön mit dir, Bruder. Wenn du meine Frau triffst, sag ihr . . . "Hallo"."
"Naaaaaaaaaaaaaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!", rief Humm, fiel neben Buck auf die Knie und streckte die Hände gen Himmel, während um ihn herum Schrapnelle niedergingen.
Eigentlich handelte es sich dabei um Kieselsteine, die ein Handwerker über ihnen von seinem Baugerüst schüttete, nachdem er festgestellt hatte, dass er sie eigentlich gar nicht brauchen konnte.
Aber das hätte nicht halb so dramatisch geklungen.
"Naaaaaaaaaaaaaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!", rief Humm also weiterhin im Schrapnellhagel, "Du kannst mich jetzt doch nicht allein lassen! Wir sind so weit gekommen . . ."
Liebevoll strich er dem treuen Freund eine Haarsträhne aus dem vom Bauschutt mittlerweile ganz grauen Gesicht. Zufällig bog gerade ein Dudelsackspieler um die Ecke, der eine seltsam vertraute Melodie spielte. Zumindest kam sie Humm seltsam vertraut vor - eigentlich logisch, sonst hätte ich es kaum erwähnt.
Egal, jedenfalls fühlte Humm seine Brust zusammen mit der lauter werdenden Musik anschwellen. Fast ohne sein Zutun hob er die geballte Faust gen Himmel und rief:
"Wenn du nicht weiterlaufen kannst, dann werde ich dich halt tragen!"
Sprach's, hievte sich Buck auf den Rücken und lief weiter. In Schlangenlinien. Eigentlich war es eher ein Torkeln. Torkeln in Schlangenlinien. Mit kurzen Verschnaufspausen. Genau.
"Gleich sind wir da", schnaufte Humm, der sich langsam wunderte, ob Buck in der letzten Zeit nicht ein paar leckere Fladenbrote mit Fleischfüllung zuviel verdrückt hatte. Jedenfalls drückte sein Genosse ganz schön aufs Kreuz.
"Gleich . . . nur noch . . . ein paar . . . Schrit- . . . -te . . . !"
"Humm", nuschelte Buck in Humms Ohr, "Ich . . . ich glaube, ich kann ein Licht sehen . . ."
Mühevoll hob Humm den Kopf. Was gar nicht so einfach war, weil Buck ihm im Nacken saß.
"Ich kann es auch sehen, Buck", sagte Humm, wobei er sich durch den Bart strich. "Gleich haben wir es geschafft!"
Und das hatten sie tatsächlich. Mit einem erleichten Seufzer taumelte Buck auf Humm in den Hinterhof der khorisianischen Innoskirche. Nicht minder erleichtert lud Humm seinen Freund ab und sprang mühsam beherrscht auf der Stelle auf und ab. Buck ging es nicht besser: Seine Hände hatten sich über dem Unterleib verkrampft.
"Freeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiihaaaaaaaaaaaaaaaaaaaiiiiiiiiiiiiit!", riefen sie gemeinsam, als sie wie auf Kommando in die Hose griffen (jeder natürlich in seine eigene), was bei Humm gar nicht so einfach war, weil sein Bart fast bis zu den Knien reichte und man sich da schon mal leicht vergreifen konnte. Doch gerade in dem Moment, als sie loslegen wollten, kam Buck eine Idee.
"Haaaaaaaalt!"
"Was denn?!", rief Humm gequält.
"Das ist ein historischer Moment", sagte Buck. "Den sollten wir für die Nachwelt dokumentieren."
"Was willste denn da dokumentieren?", fragte Humm genervt, "Mir platzt hier gleich die Hose!"
Doch Buck hob schlau den Finger.
"Na, wir erfüllen die optimalen Bedingungen, um einen neuen Weltrekord aufzustellen!"
Das leuchtete Humm ein.
"Brilliant!", rief er.
"Dazu müssen wir aber erst die Startvoraussetzungen festhalten."
"Hmmmmmm", machte Humm zusammen mit dem entsprechenden Ritual. "Das waren jeweils . . . zwei Maß Belcher Rülpser . . . öarm . . ."
Das war gar nicht so einfach, wenn man sturzbetrunken war.
". . . und anderthalb Flaschen Schwarzer Blasenfischer."
"Den Tee von Elfriede nicht vergessen", warf Buck ein.
"Und den Tee von Elfriede", nickte Humm, "Kamillentee."
"Zwei-komma-drei Liter", wusste Buck.
"Zwei-komma-drei Liter", bestätigte Humm. "Und dann der Fladen mit leckerer Fleisch- und Gemüsefüllung vom Südländer an der Hafenecke."
"Der ist wichtig", kommentierte Buck, "Wegen den Elektrolyten."
"Genau", bestätigte Humm, "Das hat schon der beste Freund Karl gewusst."
"Selig möge er sein", sagte Buck.
"Hmmm", sagte Humm, "Was meinste, wie weit wir kommen?"
"Bis nach Khorinis", lachte Buck, "Mindestens!"
"Hmmm . . . der letzte Rekord liegt bei 57.974343 Fuß", las Humm die letzte Markierung auf dem Platz. "Von einem gewissen Harald J."
"Uff . . . können die nicht beim metrischen System bleiben? Wer kommt denn auf so nen Scheiß?"
"Naja, war wohl betrunken", meinte Humm schlau.
"Egal, das toppen wir leicht", meinte Buck mit einem kameradschaftlichen Schulterklopfer, durch den Humm fast zu früh losgelegt hätte. "Komm - wir stellen uns einfach mal . . . vier Meter dahinter auf. Dann können wir immer noch weiter weg."
"Das machen wir", stimmte Humm zu.
"Auf die Plätze", sagte Buck an, "Fertig . . . los!"
Mit fachmännischer Präzision und wahnsinniger Geschwindigkeit zogen sie. Humm drückte trotzdem schneller, weil Buck so lange zurückgehalten hatte, dass er Startschwierigkeiten hatte. Zudem hatte Buck irgendwie ohnehin immer leichte Ladehemmungen, wenn er neben anderen Leuten zog. Aber das wusste niemand. Nicht einmal Humm, der sonst alles wusste.
"Huaaaaaaaaaaaaaargh!", machte Humm, ziemlich erleichtert. "Volltreffer! Neuer Rekord!"
Das konnte man wohl sagen. Buck und Humm konnten sich glücklich schätzen, den Abstand vergrößert zu haben, denn der Spritzschaden war enorm.
"Humm?", unterbrach Buck Humms Siegestanz mit leicht quengelnder Stimme.
"Hmm?", machte Humm.
"Ich glaub, ich kann's nicht mehr halten!"
"Abbrechen, abbrechen!", schrie Humm, die Gefahr realisierend.
Doch zu spät.
Was jetzt kam, war gewaltig. Wie eine Sintflut kam es über die Kirchenmauer. Zuerst in leichter Parabel, dann direkt horizontal. Es kam dick und es kam mit Wucht. Grashalme wurden hinfortgerissen, die Mauer begann zu bröckeln. Hoch und runter ging es quer über die ganze Wand, ja, sogar direkt durch eines der Fenster, weil es dem Druck nicht standhalten konnte. Hätten sich Bucks Stiefel nicht längst zentimetertief in den Boden gedrückt, wär er einfach umgefallen.
Doch es kam noch viel, viel mehr.
"y = x²!", rief Humm.
"Es ist zu stark!", kreischte Buck, der mit beiden Händen versuchte, dem Treiben Einhalt zu gebieten.
Da passierte es: Einer von Bucks Schnürsenkeln ging auf. Er rutschte aus dem Schuh und fiel um. Ab ging der Strahl und hoch hinaus! Knapp am Kirchturm schoss er vorbei - so dicht, dass der Storch, der es sich dort oben bequem gemacht hatte, panisch das Weite suchte.
"Oooooooooooooooooooooooohhhhh!", seufzte Buck, als der Druck langsam nachließ.
"Welche Sauuuuuuuuuuuuuuuu!", erscholl es da auch schon von der anderen Seite der Kirche.
"Notfallplan B!", rief Humm.
"Welcher ist das?", fragte Buck.
"Sofortige Evakuierung!"
Mit einem leichten Leck, aber deutlich erleichtert, ließ es sich auch gleich viel besser laufen.
Geändert von Gorthanische Garde (04.01.2008 um 03:20 Uhr)
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Frost war sich nicht sicher, was bedrückender war: Das plötzliche Schweigen oder das gigantische Monster, das soeben eindrucksvoll demonstriert hatte, wie mickrig und unbedeutend ein Mensch im Vergleich zu einer Naturgewalt aussah. Denn um nichts anderes handelte es sich. Diese Kreatur bewegte sich jenseits jeder von Wissenschaft definierten Grenzen.
Irgendwie kam er sich lächerlich vor, wie er mit dem Schwert in der Hand auf diese Manifestation einer Urgewalt starrte. Als ob sich dieses Biest einfach so bekämpfen lassen würde.
Aber was sollte er sonst tun?
Er kam sich unnütz vor. Das Schwert versprach Rückhalt. Vielleicht war es das Einzige was ihn davon abhielt, ebenfalls zu Boden zu sinken und angesichts der Hoffnungslosigkeit der Lage zu verzweifeln.
Also tat er das, was er am Besten konnte.
Er übernahm das Kommando.
"Jemand muss nachsehen, ob draußen noch mehr Ungeheuer sind. Narya, Sheyra, ich werde eure Hilfe brauchen."
Auf viel Begeisterung stießen seine Worte nicht. Doch es reichte, um die Besatzung aus der Starre zu reißen.
"Ihr wollt wirklich da raus gehen?", fragte die Frau, die mit Nellas draußen gewesen war. Trotz der Angst in ihrer Stimme sah Frost etwas in ihren Augen, das ihn beunruhigte. Hoffnung. Wie einfach es doch war, in solch einer Stunde ein Held zu werden.
"Wir können nicht zulassen, dass das Schiff weitere Schäden davonträgt", antwortete Frost. "Ich mache mir keine großen Hoffnungen, aber immerhin sind wir noch am Leben. Fragt sich nur, wie lange das so bleibt, wenn wir weiter tatenlos herumsitzen."
"Passt auf dass der rot--, ich mein, das Ding, das den ganzen Rauch ausspuckt, ja heil bleibt!", rief Albrecht. "Und dass den Luftrudern bloß nichts passiert! Diese kreisenden Metalldinger? Ohne die fallen wir wie ein Stein vom Himmel!"
Wasauchimmer, dachte Frost.
"Ich komm mit", meldete sich eine quäkende Stimme von der Tür. Frost erkannte das runde Männlein, das sie in der Zelle besucht hatte. Im Vergleich zu den restlichen Besatzungsmitgliedern schien er von all den Geschehnissen relativ unbeeindruckt. Sofern man aus all den Falten überhaupt irgendeine Emotion herauslesen konnte.
"Mir egal", sagte Frost. "Solang du nicht im Weg stehst."
Er warf Mondträne einen bedeutungsvollen Blick zu.
"Kümmer du dich darum, dass uns dieses Biest nicht das Schiff unter den Füßen wegknuspert."
Mondträne schien ihre Fassung wiedergefunden zu haben und gab nur einen kühlen Blick zurück.
"Ich werde versuchen, es abzulenken. Aber ich weiß nicht, wie oder ob es auf meine Magie anspricht."
"Ich komm auch mit", meldete sich ein schlanker Kerl mit schulterlangem Haar und Oberarmen, mit denen er bei Bären sicher mächtig Eindruck schinden konnte. In der Hand hielt er den Grund dafür: Eine Armbrust, die ebenso fies wie groß aussah. "Wilhalm mein Name. 's eine Ehre."
Sie eilten über die Treppen an stampfenden Maschinen und pfeifenden Ventilen vorbei, bis sie die Tür zum Mitteldeck erreichten. Eine Frau und ein Mann duckten sich ängstlich in den engen Gang und hielten ihre Bögen bereit. Was auch immer sie da draußen gesehen hatten, hatte ihren Mut in die Kniekehlen rutschen lassen. Frost fragte sich, was schlimmer sein konnte als ein kilometerlanger fliegender Wurm.
Bevor ihn Zweifel zernagen konnten, trat er nach draußen.
Zuerst fiel ihm die Kälte auf. Sie schien ihm die Haut vom Gesicht schneiden zu wollen. Und das Atmen fühlte sich seltsam an. Anstrengender. Kaum zu glauben, dass ihn die paar Treppen so geschafft hatten.
Egal.
Auf dem Deck keine Bedrohung. Die Metallflügel unbeschädigt - bis auf ein gerissenes Segel.
Er bewegte sich langsam vorwärts.
Kaum noch Wind. Dafür Blut, quer über das Deck, bis zur Reling. Donnergrollen in der Ferne. Überall Pfützen und Planken glatt wie Eis.
Moment - die Planken waren gefroren.
"Vorsicht", warnte Frost die Nachrückenden, "Arschglatt."
"Vielleicht sind wir ohne es zu merken in Beliars Reich gefahren", murmelte jemand.
"Schwachfug", brummte Wilhalm.
Frost berührte vorsichtig die Reling mit den Fingerspitzen.
"Unglaublich . . ."
Als er sie zurückzog, haftete an den Handschuhen Rauhreif. Mit einem flauen Gefühl im Magen blickte er über die Reling auf das Monstrum, das sich dutzende von Metern unter ihnen durch die Wolken schlängelte. Das Summen der schillernden Libellenflügel schien sich auf das gesamte Schiff zu übertragen. Der Kopf war zwischen den Wolkenmassen nicht auszumachen, doch irgendwo dort draußen lauerte er, bereit, seine Beute endlich zu zermalmen. Frost wünschte sich, zu dem Zeitpunkt möglichst weit weg zu sein.
Bloß wohin?
Er könnte springen. Wie lange würde der Sturz wohl dauern? Ein paar Minuten? Stunden? Er versuchte es sich vorzustellen. Schwerelos der Erde entgegenzutaumeln. Oder vielleicht dem Ozean. Irgendwann der Aufprall, aber der war dann auch schon egal. Würde er das Bewusstsein verlieren? Womöglich ein gnädigerer Tod, als von diesem Ding zerfetzt oder von einem Blitz erschlagen zu werden.
Er riss sich von Reling und Gedanken los. Führte doch zu nichts. Was würde Sheyra nur von ihm denken?
"Was ist hier draußen passiert?", fragte Frost über die Schulter hinweg.
"Da waren diese . . . Dinger", sagte der Bogenschütze, der sich inzwischen bis zur Tür getraut hatte.
"Geht es etwas genauer?"
"Sie waren plötzlich da, als wir in die Wolken stürzten. Sind wie ein Schwarm Fliegen über uns her! Nellas hat's nicht geschafft."
"Frost! Sieh dir das an."
Sheyra stand an der Reling und deutete in die Tiefe. Frost folgte mit dem Blick und fühlte seinen Mut sinken. Dort, wo die Panzersegmente des Wurms überlappten, war Bewegung zu erkennen. Im Vergleich winzige Schemen krochen unter dem Panzer hervor, um in die Tiefe zu stürzen. Doch nach kurzem Sturz entfalteten sie schillernde Flügel und schraubten sich in die Höhe. Und nahmen Kurs auf die Nadeija.
Großartig, dachte sich Frost. Darin unterschied sich der Kommandant vom einfachen Soldaten: Er sprach das, was er dachte, nicht laut aus.
"Sind die Geschütze intakt?"
"Glaub schon", sagte Wilhalm. "Aber ich kenn mich damit nicht aus."
"Narya? Sheyra?"
"Corwen hat mir mal gezeigt wie man mit sowas umgeht", erwiderte Sheyra. "Er hatte dieses selbstgebaute Ding auf einem Hundeschlitten, das er zur Drachenjagd nutzen wollte. Hätte mir fast das Bein zerquetscht, weil es beim Feuern umkippen konnte, sobald das Gelände leicht abschüssig war. Ist aber lange her."
"Muss reichen", murmelte Frost, dem beim Gedanken, dass seine Tochter mit einer von Corwens berüchtigten Erfindungen herumspielte, ziemlich übel wurde. "Helft ihr beim Ausrichten."
"Haben wir überhaupt eine Chance, damit so ein Biest zu treffen?"
"Das werden wir nicht wissen, bis wir es zumindest versuchen."
Frost blickte zum Heck des Schiffes. Albrechts Maschine spuckte immer noch genug Qualm, dass die Nadeija ihre eigene schwarze Wolke hinter sich herzog. Frost hatte keine Ahnung ob das gut war, aber irgendwie war es beruhigend. Er versicherte sich, dass sich die Luftruder, wie sie Albrecht genannt hatte, noch immer drehten. Schienen ja wichtig zu sein. Wichtiger als die Flügel?
Ach, zum Henker mit Albrecht und seinen Erfindungen...
"Stimmt das so?", fragte der Dieb, der Sheyra beim Ausrichten der Balliste half.
"Etwas nach rechts . . . Halt!"
Tchwoap! und der Pfeil schoss davon. Auf welches der anfliegenden Monster Sheyra auch gezielt hatte - sie verfehlte es meterweit.
"Scheiße!", fluchte der Dieb und wich zurück, um an seinem Köcher herumzufummeln.
Frost zählte acht der Monster. Wie der Riesenwurm waren ihre Körper länglich und gegliedert, mit großen Libellenflügeln und unzähligen Auswüchsen, an denen ab und zu Entladungen umhersprangen. Das Summen ihrer Flügel vermischte sich mit dem Lärm der Maschinen.
Wilhalm stand währenddessen in der Nähe der Treppe und zielte in aller Seelenruhe auf das nächste Biest. Als es vielleicht noch zwanzig Schritt entfernt war, drückte er ab. Der fliegende Wurm zuckte zurück, krümmte sich und stürzte in die Tiefe.
"Blattschuss", murmelte Wilhalm und machte sich ans Nachladen.
Ermutigt hob auch der Bogenschütze seine Waffe. Doch ging der Pfeil ins Leere, als der Schwarm plötzlich auseinanderstob.
"In Deckung!", rief die andere Bogenschützin und flüchtete sich in Richtung Treppe.
Zumindest versuchte sie es. Einer der Würmer stieß nach unten. Der Schwanz zuckte nach vorne und einen Augenblick später steckte die Diebin auf den Stacheln. Der Wurm versuchte wieder an Höhe zu gewinnen und krümmte sich dabei auf groteske Weise zu einem Kringel, weil er gleichzeitig versuchte, seine zappelnde Beute mit den Kieferklauen zu erwischen.
Frost fluchte und wollte lossprinten, als das Summen über ihm lauter wurde. Er ließ sich zur Seite fallen, schlug blindlings zu und rutschte ein Stück über das eisglatte Deck. Aus dem Augenwinkel sah er einen Wurm durch die Luft taumeln. Sein Körper war vom Schwanz bis kurz unter die Flügel gespalten und verteilte eine beachtliche Menge von gelbbraunem Blut über das Deck.
Der Bogenschütze hatte sein Schwert gezogen und sprang seiner Kumpanin zur Hilfe. Der Panzer des Wurms knackte unter den Hieben, als er dank seiner Last nicht schnell genug an Höhe gewinnen konnte.
"Lass sie los, du Mistvieh!"
Die Klinge traf einen der Flügel und zerfetzte ihn wie Papier. Zappelnd klatschte der Wurm aufs Deck und der Dieb drosch in blinder Wut weiter auf ihn ein. Über die schnurartigen Auswüchse tanzten blaue Flammen. Dann, ein Knall und der Dieb flog quer über das Deck. Zwei-, dreimal zuckte er krampfhaft.
Frost, der nur wenige Schritt entfernt gewesen war, schüttelte benommen den Kopf. Da war ein leises Ringen in seinen Ohren. Er fluchte. Glaubte er zumindest, denn er hörte nichts. Er schüttelte nochmal den Kopf, doch die Taubheit blieb.
Verdammt.
Es roch nach gebratenem Fleisch. Die Diebin schien noch zu leben, auch wenn ihre Bewegungen schwächer geworden waren. Wurm und Bogenschütze lagen still.
Wilhalms Mund bewegte sich, doch konnte Frost ihn nicht verstehen. Instinktiv zog er den Kopf ein und spürte einen Lufthauch an seinem Ohr. Wilhalm schoss auf einen Gegner außerhalb seines Sichtfeldes.
Wo war Sheyra?
Er entdeckte sie gerade in dem Moment, als sie einem vorstoßenden Wurm auswich und ein zweiter ein gutes Stück Fleisch aus ihrem Arm riss. Frost rief etwas, was er selbst nicht verstehen konnte, stürmte vorwärts und wollte den Wurm zerhacken, als er erneut Elmsfeuer sah. Er brach den Angriff ab und duckte sich gerade rechtzeitig um zu sehen, wie sich ein kleinerer Blitz von dem Wurm löste und in einen der stählernen Flügel des Schiffes einschlug. Entladungen liefen über das Metall und eines der Seile, die ein Segel hielt, löste sich.
Frost wandte sich Sheyra zu. Die stand kerzengerade hinter ihm und starrte einem der Biester hinterher. Blut lief in dicken Strömen an ihrem Arm hinab. Frost wollte sie gerade wegziehen, als Sheyra eine Hand nach dem fliehenden Wurm ausstreckte. Ihre Lippen bewegten sich sanft und ihre Züge schienen sich zu entspannen, als sie die Hand langsam schloss. Im selben Maß wurden die Bewegungen des Wurmes langsam und steif, bis er in der Luft stehenzubleiben schien. Das Schillern der Flügel wurde stumpf und der Panzer rissig - als würde er innerhalb weniger Sekunden versteinern.
Schließlich zerfiel der Wurm vollends zu feinem Staub, der vom Wind davongerissen wurde.
Etwas knackte in Frosts Ohr und plötzlich konnte er wieder hören.
"Sheyra, was hast du getan?!"
Fassungslos starrte er auf ihren Arm, der zwar immer noch blutverschmiert, aber sonst unversehrt war.
"Nein, nein - mir geht's gut", sagte Sheyra völlig verwirrt.
Frost hörte das Summen in seinem Rücken im selben Moment, in dem er die Warnung hörte.
Ohne zu überlegen wirbelte er herum und schlug mit der Faust zu - mitten zwischen die Kieferklauen, die ihm hungrig entgegenkamen. Der Schlag schleuderte den Wurm auf das Deck und direkt vor die Füße Naryas, die ihn stilsicher zerhackte.
Frost schüttelte die Hand aus. Harte Nuss.
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