-
Mit geschlossenen Augen stand die junge Frau am Bug des kleinen Schiffes und genoss die warmen Strahlen der Sonne, die auf ihr Gesicht fielen. Es war seltsam, wie schnell sich die Landschaft veränderte. In Nordmar war es ziemlich kalt und windig gewesen. Nun so in der Wärme schwelgen zu können, war einfach nur herrlich und eine unerwartete Wendung.
Als Neraida so dastand und einfach nur entspannte, fiel es ihr plötzlich wie Schuppen von den Augen. Erschrocken blickte sie sich nach einem Mitglied der Schiffsbesatzung um. Verzweiflung machte sich in ihr breit.
Der Kahn segelte nahe an der Küste und Neraida konnte viele Dinge erkennen, vor allem, dass sie nicht an dem grünen Myrtana, sondern an Varant, der großen Wüste, entlang fuhren. Sie hatte die meiste Zeit der Schiffsreise geschlafen, da sie einfach nur erschöpft von den langen Wanderungen gewesen war und somit verpasst, dem Kapitän darum zu bitten, sie in Vengard abzusetzen.
Schnell lief Neraida auf einen Seemann zu, der sich gerade an einer großen Taurolle zu schaffen machte. Voller Panik und Furcht, wo sie landen würde, konnte sie nicht klar denken und wurde unter dem verwirrten Blick des Mannes immer nervöser.
" Ähm..hallo. Würde es etwas ausmachen, wenn wir noch einmal umdrehen könnten?" fragte die junge Frau ziemlich leise, woraufhin der Seemann laut zu lachen anfing.
" Wir ham `nen Zeitplan und da wird au nit wejn `ner Frau drin jum gefusch. Is dat klar?" erwiderte der Mann, der sich das Lachen nun verkneifen musste.
" Aber ich muss eigentlich nach Vengard. Ich war noch nie in Varant." Nun war Neraida wirklich verzweifelt und wusste auch nicht, was sie tun sollte. Für sie würde das Schiff bestimmt so schnell nicht mehr umdrehen. Da würde sie wohl darauf hoffen müssen, dass sie auf der Rückfahrt in Vengard abgesetzt werden würde.
-
Nun waren sie schon einige Zeit auf dem Meer und Nug ging es eigentlich gar nicht gut, anscheinend vertrug er das Geschaukel des Bootes nicht! Obwohl die Galeere recht ruhig im Wasser lag und das Wetter zudem auch noch günstig war. Auch sein Fuß, wo er in den Holzsplitter getreten war, schmerzte noch und war dicker als der andere Fuß. Vielleicht lag es auch an der Wunde, das er sich nicht gut fühlte und kalten Schweiß in seinem Gesicht hatte. So blieb der Ork meist auf einen Fass an Deck sitzen und kühlte seinen Wunde ab und zu.
Jedenfalls bemühte er sich niemanden zu zeigen das es ihm nicht gut ging und das würde ihm bestimmt auch gelingen, den die Orks, die im Takt ruderten, beachteten weder ihn noch sonst jemanden, einzig den Ork an der Trommel, der den Takt vorgab, interessiert sie.
Auch Nug war schon durch das steten Trommel wie hypnotisiert und bemerkte erst gar nicht, das auf ein mal der Käptn neben ihm stand und sagte:
"Soeben ist die Küste von Khorinis in Sicht gekommen! Werter Kriegsherr, wir geleiten dich bis zu Küste nördlich der großen Morrastadt Khorinis!"
"Das reichen mir Kapitän, ich sein dir dankbar für Überfahrt, du haben Gunst bei mir, wenn ich etwas machen sollen du nur sagen musst!"
Der Käptn, er war übrigens ein alter Ork und hatte tiefe Narben in seinem sonnengegerbten Gesicht und nahm Nugs Worte mit einem typisch orkfreundlichen nicken an.
Nun war auch der Kriegsherr von dem Fass auf dem er gesessen hatte aufgestanden und humpelte zum Bug des Schiffes, von dort sah er sich Khorinis an und war froh seine alte Heimat endlich wieder zu sehen.
-
Im Moment lag das Floß gut im Wasser und Raettich war guten Willens. Da Humpaaa das Ruder übernommen hatte, hatte er es sich kurz auf dem Floß gemütlich gemacht. Die See war grade recht ruhig und über ihnen war ein klarer Sternenhimmel zu sehen.
Raettich dachte an Myrtana. Er war noch nie dort gewesen, doch er hatte viel gehört. Er freute sich wie ein Lurker der auf einen einsamen Scavanger traf.
Nach einiger Zeit übernahm er das Ruder und löste somit Humpaaa von dieser Aufgaben ab. Zwar war es nicht einfach das Floß zu führen, aer doch gelang es ihm nach kurzer Zeit das ganze vernünftig zu steuern.
So blickten sie weiteren Abenteuern in Myrtana entgegen...
-
Es war eine pechschwarze Nacht, viel schwärzer, als man sie jemals an Land erleben konnte. Zwar erhellte eine kleine Laterne das Floß, dass sie nun für ein paar Tage beheimaten würde aber fernab von jedweder anderen Lichtquelle, wusste man erst, was wahre Dunkelheit bedeutete. In dieser Nacht erschienen die Sterne am Himmel so klar, dass man fast den Eindruck hatte, nach ihnen greifen zu können, was natürlich absolut absurd war, es brachte sie allerdings auf einen anderen Gedanken.
"Sagt mal, wie navigiert ihr eigentlich? Ist schon etwas anderes, über den Ozean den Weg zu finden, als wenn man einmal schnell über einen See fährt." fragte sie die Beiden, während sie sich ein Stück Käse und einen Laib Brot aus der Tasche nahm und ihren Begleitern als auch sich selbst, ein kleines Abendmahl richtete.
-
Nachdem sie das wohlschmeckende Nachtmahl hinter sich gebracht hatten, wollten sich Raettich und Humpaaa schlafen legen.
Es wurde beschlossen immer eine Nachtwache zu bestimmen, die einmal in der nacht abgelöst werden würde, um auf etwaige Schwierigkeiten reagieren zu können, sei es ein Sturm oder gar ein orkisches Kriegsschiff.
Corinna würde die erste Wache übernehmen, und Humpaaa die zweite, so beschlossen sie.
Raettich und Humpaaa legten sich also mittig des Floßes nieder, Corinna hockte sich, ebenfalls in decken gehüllt, da der wind auf dem Meer recht kühl war, in der nähe auf den Baumstammboden.
Die erste Nacht, das einschlafen fiel Humpaaa schwer. Er hörte das platschen des Wasser das an ihrem Floß vorbeirauschte. Raettich schien mit dem einschlafen keine Probleme zu haben, den seinen rhytmischen atemzügen nach zu urteilen war er bereits eingeschlafen.
Humpaaa legte sich auf den Rücken, es stellte sich heraus dass dies die für ihn angeneghmste Liegeposition war, den harten Holzboden mit einer Decke bedeckt, und schaute in den sternenklaren himmel.
Ein wunderschönes Bild, dass ihn bald die Umgebung vergessen liess, und ihm kurze zeit später den schlaf brachte...
-
Die erste Wache zu haben, hatte durchaus auch seine positiven Seiten: Man musste sich den Rest der Nacht nicht um die Ohren schlagen und konnte richtig lange ausschlafen! So war es bereits spät am Tag, als sie schließlich die Augen aufschlug und mitten in eine grell scheinende Sonne blickte. Sofort kniff sie ihre Augen wieder zu und schützte ihr Gesicht mit der rechten Handfläche, bevor sie sich aufsetzte und sich erst einmal ordentlich streckte.
"Morgen, meine Lieben, habt ihr gut geschlafen?" begrüßte sie die beiden Männer, die wieder einmal an Segel und Ruder saßen. "Eindeutig nicht so gut wie du, aber ja, ganz gut." antwortete Humpaaa, während Raettich nur grinsend nickte. Gut okay, hatte sie eben den ganzen Tag verschlafen, aber wer konnte es einem schon übel nehmen, bei diesem ultimativen Wasserbett? Für die beiden Männer, die wohl zu sehr an weichen Betten hingen, war der Boden des Floßes wohl noch gewöhnungsbedürftig, für sie hingegen war das kein Problem, hatte sie doch schon etwa ein Jahr nicht mehr in einem Bett geschlafen.
Erst allmählich dämmerte ihr, wie beunruhigend die Aussicht auf sie wirkte. Nicht nur, dass rund um sie herum nur Wasser zu sehen war, daran hatte sie sich bereits gestern vor Sonnenuntergang gewöhnen müssen, aber am Horizont düstere Wolken herauf zogen. Zwar waren sie noch ewig weit entfernt, für ihren Geschmack aber dennoch zu nah...
-
Corinna schien besorgt über die aufziehenden Wolken zu sein. Humpaaa, der ihre Überfahrt wie immer optimistisch bewertete, konnte ihre Sorgen nicht ganz nachvollziehen, das einzigste was ihn störte war der doch recht frische Wind, so dass er sich eine der Decken als zusätzlichen Mantel umband.
Die weitere Fahrt verlief ereignisslos, und Humpaaa schenkte den Wolken nichtmehr viel aufmerksamkeit. Raettich hatte das Ruder übernommen, und das Floß steuerte über den Ozean, der ein wenig unruhiger geworden war. Doch Humpaaa war sich sicher dass die Wolken vorrüberziehen würden, ohne ihnen gefährlich zu werden.
Er verliess sich dabei vollkommen auf sein bauchgefühl, und liess sich auch von Corinna, die immer wieder auf die dichte, den himmel verdunkelnde Wolkendecke hinwies, nicht aus der Ruhe bringen.
Zuerst sah es so aus als würde er recht behalten, doch am späten nachmittag wurde die See imemr unruhiger.
Sollte sein Gefühl, beeinflusst durch seinen Optimismus und seinen Stolz auf ihr geschaffenens Floß ihn getäuscht haben?
Langsam kamen ihm erste zweifel...
-
mit einem Plätschern schlugen die Wellen an das Schiff, auf welchem Berash sich befand. Er hatte dieses einfache, einem Händler gehörende Schiff im Hafen entdeckt, den Kapitän nach seinem Ziel gefragt, welches Vengard war. Nachdem sich der Verhüllte erkundigt hatte, was eine Überfahrt kosten würde und ein Preis genannt worden war, entschloß er sich, dieses Schiff zu nehmen.
Lange hatte der Verhüllte mit der Entscheidung gerungen, sich nach Vengard zu begeben, doch seine Wurzeln verlangten es. Er musste wissen, ob man ihn noch suchte, ob sein Vater, möge Beliar seine Seele quälen, auch beerdigt war. Die Entscheidung hatte er nun lange genug vor sich hergeschoben, nun hatte es sein müssen.
Sein Blick glitt über das Deck, während er es sich an der Reling gemütlich machte. Matrosen huschten über das Deck, jeder mit einer anderen Arbeit beschäftigt. Die einen schrubbten die von Salzwasser verkrusteten Planken, die anderen zogen das Segel straffer. Berash genoß die Luft auf dem Meer, wie sie erfüllt war mit dem Geruch von Salzwasser, Freiheit und erbrochenem. Erbrochenem?
Neben Berash hatte sich eine ziemlich fleischige Gestalt über die Reling gebeugt, ließ lautstark seinen Unmut darüber aus, mit einem Boot fahren zu müssen. Die Fische würden sich sicher über dieses außerplanmäßige Frühstück freuen, doch der Verhüllte war überhaupt nicht begeistert. Angewidert stand er auf und ging auf die andere Seite des Schiffes um dort seine Ruhe zu haben.
-
Schliesslich hatten sie den Anker gelichtet und die Segel gesetzt. Über ein genaues Ziel hatten die zwei Frauen noch nicht gesprochen. Blutfeuer wollte irgendwohin, wo es Wald gab. Als sie von diesem Vorhaben erzählt hatte, hatte Renya automatisch an Myrtana gedacht. Nun, da sie sich jenes Gespräch zurück in Erinnerung rief, war die schwarzhaarige Südländerin über sich selbst erstaunt.
Bei der Erwähnung von "Wald" hatte sie nicht an die waldigen Regionen ihrer Heimat, der Südlichen Inseln, gedacht, auch nicht an die von Urwald bedeckte Insel, auf der sie den Schmugglerschatz gefunden hatten. Erst jetzt, da sie sich das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen liess, sah sie auch diese Wälder vor ihrem Inneren Auge. Dennoch, irgendwie verband sie mit dem Wort "Wald" die dichten Wälder Myrtanas, durch die sie zusammen mit Redsonja gewandert war.
Wieder einmal fragte sich Renya, wie es der rothaarigen Kriegerin gehen mochte und wo sie war. Lebte sie überhaupt noch? Oder war sie elendig in der Wüste verdurstet... Renya hoffte, dass ihre ehemalige Gefährtin wohlauf war. Ein Teil von ihr sehnte sich beinahe schmerzlich danach, wieder in der Gesellschaft der jungen Kriegerin mit den grünen Augen zu sein. Aber ein anderer Teil wollte sie niemals wieder sehen. Sie hatte sie gemocht, ja ihr sogar vertraut! Und dann war Redsonja einfach verschwunden...
Schulterzuckend richtete Renya ihre Gedanken durch eine Willensanstrengung wieder auf das Thema, über das sie nachgedacht hatte, bevor ihre Gedanken abgeschweift waren. Sie war nur einige Monate in den Wäldern Myrtanas unterwegs gewesen, dennoch kamen ihr sofort diese in den Sinn, wenn sie sich Wälder vorstellte. Bedeutete das, dass sie Myrtana als neue Heimat angenommen hatte?
Eigentlich hatte sich Renya nie gross um so etwas wie Heimat gekümmert. Ein Zuhause, in dem sie von ihrer Familie erwartet wurde, hatte sie schon sehr lange keines mehr. Sie hatte ein Räuberleben geführt, stehts auf Wanderschaft. Die Südlichen Inseln waren ihre alte Heimat, aber irgendwelche besonderen Gefühle hegte sie nicht für jenen Landstrich. Ebensowenig wie für sonst ein spezielles Gebiet. Wahrscheinlich dachte sie beim Wort "Wald" einfach an Myrtana, weil es dort war, wo sie sich in letzter Zeit länger in Wäldern aufgehalten hatte.
Wie auch immer, bei all diesen Überlegungen über eine mögliche Heimat löste das nicht das Problem, wohin sie ihr Schiff jetzt genau lenken sollten. Nach den alten Karten, die sie hier auf dem Schiff gefunden hatten, und Renyas eigenen Erfahrungen gab es verschiedene mögliche Anlaufstellen, je nach dem in welche Richtung sie genau gehen wollten. Wenn sie einfach nach Norden segelten, würden sie schlussendlich der Ostküste Myrtanas entlangfahren. Dort lag Ardea und später Vengard. Diese Strecke war sie ja schon einmal gesegelt, zusammen mit Sinistro. Würden sie noch weiter nach Norden gehen, kämen sie nach Nordmar. Allerdings wusste Renya nicht, ob es dort auch ein Dorf an der Küste gab oder wie es da überhaupt aussah. Vielleicht erhoben sich auch nur hohe Steilklippen über dem Meer, so dass man überhaupt nicht an Land gehen konnte.
Vengard war zwar in der Hand der Menschen und nicht von Orks erobert worden, aber es war auch die grösste Stadt Myrtanas und voller Menschen in und um die Stadt. Also wohl kaum das, was Blutfeuer vorschwebte. In Ardea hockten die Orks, Renya war ja selbst schon dort gewesen. Ein verschlafenes Fischerdorf. Dort gab es auch keine nennenswerten Wälder in direkter Umgebung.
Eine andere Möglichkeit war, dass sie sich schon kurz nach Bakaresh nach Westen wenden würden. Dort reichte das Meer, oder besser gesagt ein Meeresarm, weit ins Landesinnere. Dieser Arm bildete eine natürliche Grenze zwischen Varant im Süden und Myrtana im Norden. Nicht weit dort hinein lag Kap Dun, das Dorf auf den hohen Klippen. Es hiess, dass dort die Orks einen grossen Kriegshafen errichtet hätten. Renya konnte sich wahrlich angenehmere Orte vorstellen. Am Ende des Meeresarmes mündete irgend ein Fluss, der von Nordmar durch Myrtana bis dorthin floss, ins Meer. An dessen Ufern erhob sich die Festung Trelis. Von dort aus konnte man gut weiter nach Norden Reisen. Naja, sie würde mal mit Blutfeuer über ihren Zielhafen reden.
Erst einmal gab es aber eine andere Angelegenheit, zu der sie ihrer Begleiterin noch ein paar Fragen stellen wollte. Momentan stand Blutfeuer am Steuer, Renya hatte sich vorne am Bug um den Anker gekümmert und dann eine Weile gedankenverloren übers Wasser gestarrt. Nun aber wandte sie sich um und ging über das schwankende Deck Richtung Heck, wo sich das Ruder befand. Dabei hielt sie aber einen gebührenden Abstand zu dem komischen Pferd, das ihre Gefährtin mitgebracht hatte. Wobei es ja anscheinend eher so war, dass sich das Pferd Blutfeuer aufgedrängt und angehängt hatte. Man konnte beinahe sagen, dass Wuschel Blutfeuer adoptiert hatte.
Das Tier war jedoch auch in anderer Hinsicht mysteriös. Renya konnte, wie es schien, mit ihren magischen Fähigkeiten keinen Einfluss auf das Pferd ausüben. Sie hatte es einmal kurz versucht, um das Tier zurückzuhalten, als es Blutfeuer nachsprang. Doch keine Wirkung war eingetreten. Und vor allem hatte auch Blutfeuer überhaupt keine Kontrolle über "ihr" Pferd. Es tat, was ihm grade passte. Renya wusste, dass sie mit einem solchen Pferd überhaupt nichts anfangen könnte, aber es war ja die Entscheidung ihrer Begleiterin. Sie musste es selbst wissen.
"Sag mal..." wandte sich Renya an Blutfeuer, während sie die wenigen Stufen zum Ruderdeck hinaufschritt und der Wind ihr kurzes schwarzes Haar über ihre Augen wehte, so dass sie es mit ihrer Hand zur Seite streichen musste "...wenn du sagst, dass ich auf gutem Weg bin, eine richtige Magierin zu werden..." Sie stellte sich neben ihre Gefährtin und schaute ihr zu, wie sie das Ruder handhabte. "Normalerweise erzählt man sich von Magiern doch, dass diese mit Bällen aus Feuer um sich schmeissen, Blitze aus ihren Fingern zucken lassen und so Zeug. Aber wir können sowas nicht..." Etwas misstrauisch suchte Renya den Blick der anderen Frau. Ehrlich gesagt wusste sie nicht, ob sie vielleicht nicht doch Feuerbälle erschaffen könnte. Nicht, dass sie das jemals tun würde, nur schon beim Gedanken daran überlief sie ein kalter Schauer, aber vielleicht verfügte sie ja doch über das mögliche Potential und Blutfeuer hatte ihr einfach noch nicht gezeigt, wie es zu machen war. Oder die andere Frau wusste es selbst nicht. "Wir gebieten den Pflanzen und Tieren. Ich hab mir überlegt, hat das vielleicht etwas mit den Göttern zu tun? Immerhin hast du behauptet, die Magie wäre ein Geschenk der Götter. Aber es gibt ja verschiedene Gottheiten. Innos, Beliar, Adanos. Wobei das eigentlich nur die hier vorherrschenden sind. Du selbst hast doch von der Göttin der Amazonen gesprochen, dieser Dona oder sowas. Wenn die Magie wirklich von den Göttern kommt, hat dann jeder Gott eine eigene Art von Magie? Und das würde dann ja auch heissen, dass ein bestimmter Gott uns... mich... ausgesucht hat. Irgendwie find ich diesen Gedanken... beängstigend..."
-
Müde trat Zerot an Deck. Er blickte hinauf zum riesigen Sternenhimmel. Wellen klatschten gegen den Bug des Schiffes, Wind blähte die Segel auf. Ja alles war wie es auf einem Schiff sein sollte, nur dass der junge Dieb einfach nicht einschlafen konnte. War es der Wellengang oder einfach nur die Ungewissheit die ihn wach hielt? Lauter Fragen spuckten in seinem Kopf herum. Fragen über Al Shedim, die Wassermagier und seine Vergangenheit, genauso wie über seine Zukunft. Er war voller Hoffnung seine Fragen in Al Shedim beantwortet zu bekommen. Der Gedanke, dass er nach nur so wenigen Tagen Bakaresh schon wieder verließ brachte ihn ins Grübeln. Die Wüstenstadt war an sich ganz schön, doch der Glaube an Beliar war noch nichts für ihn. Erst musste er wissen, wer die Schuld trug. Die Schuld daran, sein Leben den Berg hinabgestoßen zu haben. Er konnte nur hoffen die Antwort in Al Shedim zu finden. Warum dort wusste er selber nicht, doch das Neutrale, das Gleichgewicht das die Wassermagier versuchten zu halten, dass war es was er nun brauchte. Zerot seufzte und lehnte sich gegen den Mast. Die rhytmischen Bewegungen des Schiffes gefielen ihm. Und der Gedanke, am nächsten Tag womöglich schon in Al Shedim zu sein gefiel ihm noch mehr. Nachvollziehbar wie er fand. Immerhin hatte er sich einiges von dem Ort zu erhoffen. Nach Bakaresh konnte er immer noch, wenn er wusste wer seine Eltern ermordet hatte und welcher Glauben der wahre war. Doch seine jetztigen Pläne waren deutlich. Er wollte sich den Wassermagiern anschließen und seine diebischen Fähigkeiten verbessern. Dann konnte er vielleicht auch irgendwann etwas eigenes aufbauen.
Erst nach einer Weile fiel ihm auf, dass das Nachdenken ihn zum Dösen gebracht hatte. Vielleicht, dachte er, gelang es ihm jetzt in den Schlaf zu finden. Er schüttelte die letzten Gedanken, ob finster oder gut, ab und ging zu seiner Kabine. Wenn er am nächsten Tag aufstehen würde, wären sie vermutlich schon fast am Ziel. Ein Gedanke, der ihm zusätzlich dabei half einzuschlafen und endlich die Sorgen und Fragen, für eine Zeit zumindest, zu vergessen.
-
Am frühen Nachmittag war das kleine Schiff auf See gestochen. Andreas hatte ganze Arbeit geleistet, dass er in solch kurzer Zeit Boot als auch Mannschaft seeklar machen konnte. Da allerdings keine Standartbesetzung vom König als Crew eingesetzt werden konnte, war die Hand voll wackerer Helden auf sich allein gestellt. Ronsen konnte endlich die Chance nutzen und die erste Fahrt als Kapitän eines anständigen Kahns wagen. Mit dem Magier und Odinson war er bereits auf hoher See gewesen, von Bassi hatte er auch schon ein paar Dinge gehört, die restliche Mannschaft musste halt entweder auf ihn hören oder wurde Kiel geholt. Aber die meisten kannten Ronsens rauen Charakter und wussten mit ihm umzugehen. Wenn der Wind mitspielte, würde es bestimmt eine ganz angenehme Fahrt werden...
"So Schichtwechsel! Odinson, ich befördere dich zu meiner rechten Hand. Du hast jetzt die Aufsicht über die Männer. Was ich sage, dazu musst du sie bringen!"
"Aye, aye Kapitän!"
Sein Knappe grinste breit. Ronsen war froh, ihn dabei zu haben. Er schien eine Ausbildung hinter sich zu haben, viel mehr hatte der Ritter noch nicht von ihm gehört, aber dazu hatten sie jetzt lange genug Zeit.
Mit Speichel befeuchtete der Kapitän seinen rechten Zeigefinger und hielt ihn in die Luft.
"Achterlicher Wind, die Stärke nimmt auf zwei bis drei ab. Das wird eine gemütliche Fahrt. Odinson, setze Hiroga und irgendjemand anderen bitte an Fock und Großschot, die anderen können schlafen gehen."
"Geht klar!"
Der Knappe verließ den Steuerplatz des Kapitäns und befolgte lauthals dessen Befehle. Ronsen fühlte mit den Händen sanft über das Steuer. Es war ein tolles Gefühl! Früher war er es immer, der Odinsons Job hatte und auf Sir Uncle-Bin hören musste. Und jetzt war er sein eigener Kapitän! Auch wenn er den Lord schon seit längerem vermisste. Was wohl aus ihm geworden war? Der Ritter blickte in die ruhige Weite des Meeres. Jetzt war er wieder in seinem Element. An ihm hing das Leben vieler Menschen, er musste den Kahn durch das stürmisch ruhige, gleichmäßig und doch unberechenbare Meer führen. Und er spürte das Adrenalin durch seinen Körper sprudeln, herrlich!
"Hey Ronsen!"
Eine Stimme brachte ihn aus seinen Gedanken. Es war Hiroga.
"Ab sofort Kapitän Ronsen! Was gibt es denn? Wieso bist du nicht an deinem Posten?"
"Dein Knappe Odinson übernimmt ihn kurz, du wolltest mir doch mal erklären, was wir überhaupt vorhaben. Du kannst mich doch nicht auf ein Boot nehmen, ohne dass ich wisse, warum?"
Ronsen drehte sich wieder dem Meer zu. Kurz überlegt, dann antwortete er ruhig: "Nicht alles, was Innos uns vorgeschrieben hat, ist ergründbar. Genieße einfach die Reise nach Al Shedim, dort wird sich hoffentlich alles von selbst aufklären und wir können weitertrainieren!"
"Was ist mit meiner Rüstung? Muss ich Odinson jetzt noch etwas zahlen? So kurz vor knapp wie du die mir geholt hattest..."
"Nein", sprach Ronsen knapp, "die Rüstung ist kostenlos, jetzt wo du befördert wurdest!"
"Wurde ich das?", fragte Hiroga ungläubig.
Der Ritter drehte sich zu ihm um: "Ja, ich mach das im Namen von Cobryn, herzlichen Glückwunsch, Waffenknecht und Matrose!"
Hiroga blickte verdutzt auf die ihm ausgestreckte Hand.
"Wie? Du machst das? Ist das denn auch offiziell?"
"Zweifel nicht an den Worten eines Ranghöheren. Es ist alles so abgesprochen!"
Hiroga schlug lächelnd ein: "Nun dann, danke!"
"Schon gut. Und nun mach dich wieder an die Fock, wir kriegen gleich ein paar Böen!"
"Aye, aye, Kapitän!"
Ronsen grinste und legte das Boot leicht geneigt in den Wind. Ja, das Meer, endlich hatte es ihn wieder!
-
Ein stärkerer Wind wehte. So ruhig war dann Fahrt dann doch nicht, wie Ronsen es gesagt hatte, fand Odinson. Er stand nun an der Fock und schaute hinaus aufs Meer. Er hatte sofort zu grinsen angefangen, als ihm klar wurde, dass Ronsen mit fahren würde. Im war ein Stein vom Herzen gefallen. Nun waren sie schon mal drei Krieger. Und er nicht mehr allein unter Magiern und Magierinnen.
Einzelne Böen ließen seine Haare tanzen und der salzige Duft des Meeres streifte die Nase des Knappen. Auch er genoss die Fahrt übers Meer. Es war lange her. Seit seiner Rückkehr von Khorinis war er nicht mehr mit einem Schiff gefahren. Sein Herz schlug schneller, als er dem Spiel der Wellen zuschaute. Er genoss jede Sekunde, da er sich auch sicher fühlte mit Ronsen als Kapitän. Außerdem war er die rechte Hand. Und das erhob ihn schon einmal etwas über den anderen und lies seinen Stolz lächeln.
Wie es wohl sein musste in Al Shedim. Schon dieser Name kam Odinson so was von ungewohnt und fremd vor. Es klang geheimnisvoll und gefährlich zu gleich. Er kratzte sich am Kinnbart. Neben ihm klimperte eine Lampe. Es war schon ziemlich dunkel. Hiroga ließ sich ganz schön Zeit. Hoffentlich drückte er sich nicht vor der Wache. Ewig wollte er eigentlich nicht hier herum stehen und in das graue Nichts um ihn herum starren. Doch dann kam überraschend Abwechslung. Er hörte Schritte auf dem Deck, jedoch waren sie eher sanft und langsam. Nicht die Schritte eines Kriegers. Trotzdem dachte Odinson es wäre Hiroga und so meinte er nur:
„Na, wird ja Zeit!“ etwas brummig.
„Was meint ihr?“ kam eine weibliche Stimme zu ihm herüber geweht. Odinson riss die Augen auf.
„Oh verzeiht, ich dachte…ich…ähm...pfff“ er amtete aus, er musste sich zusammenreißen!
„Ich dachte“, setzte er erneut an, „Ich dachte ihr seid Hiroga, der eigentlich jetzt eben hier Wache halten sollte! Vergebt mir!“ Eine etwas ruchartige Verbeugung. Innos, war ihm das peinlich.
„Hm, ich hätte eh keine Wahl, als euch zu vergeben, schätze ich!“
„Nein, denke ich nicht, edle Frau!“
„Nennt mich bitte, Eila!“ sie trat einen Schritt vor, in den Lichtkegel der Öllampe. Ihr blondes Haar leuchtete auf.
„Aber sehr gerne, ich bin Odinson!“
„Das weiß ich!“ Sie lächelte immer noch. Warum kannten ihn immer alle und er keinen?
„Warum schlaft ihr nicht?“
„Ich konnte es noch nicht, ich muss mich erst einmal wieder an die See gewöhnen!“ Odinson nickte mitfühlend.
„Kann ja nicht jeder ein Seebär sein!“
„Nein!“ Viel redet sie ja nicht gerade, dachte sich der Nordmann. Aber es lag Kraft in ihrer Stimme. Sie war keine eingeschüchterte Hausfrau. Das mochte der Knappe. Hoffentlich lies sich Hiroga noch etwas Zeit. Er setzte von neuem an ein Gespräch hinzubekommen.
-
Eila war äußerst verwundert, wie erstaunlich gut sie sich noch an Odinson erinnern konnte. Beinahe bildlich konnte sie ihn vor sich sehen, als sie mit der Strafexpedition nach Nordmar unterwegs gewesen war. Für einen Augenblick drohte sie in den Erinnerungen an diese Reise zu versinken, konnte sich dann aber wieder losreißen und blickte kurz auf das Meer hinunter, auf die Wellen, die sich undeutlich unter ihr kräuselten und, begleitet von gleichmäßigem Rauschen, gegen das Schiff schlugen.
„Ich hoffe nur, dass die See nicht noch unruhiger wird.“, meinte die blondhaarige leicht besorgt. In ihrem Bauch hatte sich nämlich schon ein flaues Gefühl breit gemacht und mit beunruhigtem Gesichtsausdruck fiel ihr die Überfahrt von ihrer Heimat nach Vengard wieder ein. Die war alles andere als erheiternd gewesen. Damals war sie wenigstens der einzige Passagier gewesen, aber bei den vielen Leuten, die nun auf dem Schiff waren, war die Chance wesentlich geringer, den Mageninhalt halbwegs unbemerkt über Bord zu bringen.
„Könnt Ihr mich eigentlich aufklären, warum genau wir diese Reise machen?“, wollte die junge Novizin wissen und sprach bewusst etwas leiser. Musste schließlich nicht gleich jeder wissen, wie uninformiert sie eigentlich war. „Ich wurde heute Morgen nämlich einfach aus dem Bett gerissen und hab da noch nicht all zu viel mitbekommen.“, fuhr sie fort und hoffte, von Odinson etwas aufgeklärt werden zu können.
-
Das Unwetter näherte sich dem kleinen Floß immer schneller und die Wellen wurden immer höher. Der Himmel verdunkelte sich und Blitze zuckten. Von der Idylle der letzten Nacht war nichts mehr geblieben. Die drei Passagiere hatte starke Probleme sich festzuhalten.
Und plötzlich kam eine Welle und Raettich verlor den halt und flog direkt ins Meer. Mit mühe und Not konnte er sich über Wasser halten und er versuchte wieder dasloß zu erreichen. Doch plötzlich sah er in dem Licht der Blitze, wie eine riesige Welle das Floß anhob, es durch die Luft wirbelte und auf der Meeresoberfläche zerschellte. Raettich erschrak. War Corinna und Humpaaa irgendwas passiert? In diesem Moment sah er Humpaaas Kopf aus dem Wasser gucken und etwas weiter entfernt sah er auch Corinna.
Mit Mühe und Not schwam er zu den Teilen des zerborstenen Floßes und klammerte sich dort fest. Er konnte noch Corinna und Humpaaa sehen wie sie sich ebenfalls an Holzstücke klammerten, doch der Wind war zu laut um ihnen zuzurufen. Im moment galt bloß das reine Überleben...
-
Müde schlenderte Andras über das Deck des halbwegs ruhig hin und her schaukelnden Kahns. Seit der Abreise in Vengard hatte es einiges zu tun gegeben, sodass jedes Mitglied der Reisegemeinschaft einen guten Teil an körperlicher Kraft hatte geben müssen. So kam es, dass, egal in welches Gesicht man sah, die Müdigkeit kaum zu übersehen war, wobei die beiden Damen, welche mit von der Partie waren, noch mit Abstand am Erholtesten aussahen, was jedoch ganz klar darauf zurück zu führen war, dass man sie mit harter körperlicher Arbeit so Weit wie möglich verschont hatte. Nun hatte der Novize endlich einen freien Augenblick, welchen er nutzen konnte, um die vergangenen und bevorstehenden Ereignisse ein wenig zu ordnen.
An oberster Stelle stand hierbei mit Sicherheit die Fortführung der Bogenausbildungen, welche sowohl Thara als auch Odinson sehnlichst zu erwarten schienen. Hierbei hatte Andras seinen Trainingsplan vorerst ein wenig umstellen müssen, denn soweit möglich wollte er die Gegebenheiten der unruhigen Schifffahrt nutzen, um damit den Vorstoß in die Feinheiten der Bogenkunst zu eröffnen. Der Nordmann Odinson schien stets darauf zu brennen, endlich mit der Ausbildung fort fahren zu können, doch hatte sich bis jetzt keine Gelegenheit dazu geboten. Auch der Anwärter Thara schien mit absoluter Begeisterung auf eine Fortsetzung zu brennen, doch scheiterte dies an einem kleinen, doch sehr bedeutenden Punkt, welcher es Andras aktuell nicht ermöglichte, gewinnbringenden Unterricht mit dem jungen Mann durch zu führen.
Schon seit einiger Zeit hatte der Novize seinen Schüler immer wieder beobachtet, um etwas über den Lebenswandel des jungen Ordenbruders heraus zu finden. Hierbei war er über die wenig erfreuliche Tatsache gestolpert, dass nichts, oder zumindest sehr wenig, in seinem Leben eine Verbundenheit zwischen diesem und dem Gott Innos, oder wenigstens dessen Kirche erkennen lies. Nicht ein einziges Mal hatte er den Schützen beim Gebet oder gar im Tempel angetroffen, wohingegen er um einiges öfter allzu weltliche Umgänge hatte mit ansehen dürfen. Selbstverständlich war Andras sich bewusst, dass es nicht in seinen Aufgabenbereich viel, Sorge für die Anwärter zu tragen, doch hatte er ein überaus deutliches Gefühl, dieses Mal besser seine Gewalten als Novize walten zu lassen, und dem Anwärter so eine kleine Glaubensprüfung auf zu erlegen. So verbrachte er schon den gesamten Vormittag damit, eine geeignete Prüfung zu ersinnen, welche den jungen Mann ausreichend auf die Probe stellen, jedoch gleichzeitig nicht überfordern würde.
Plötzlich vernahm er eine wohlbekannte Stimme hinter sich, welche ihn aus den Gedanken riss. "Ah Andras, wollen wir nicht mal endlich mit der Ausbildung fortfahren?" Langsam drehte der Novize sich herum, ehe er in das Gesicht seines Schülers starrte. Endlich war ihm die geeignete Idee gekommen, welche er jetzt nur noch an Thara übermitteln musste. "Nun.. nein!" Die Reaktion des Anwärters war erwartungsgemäß alles andere als begeistert. Schon wollte er zu heftigen Widerworten anheben, als Andras jedoch ruhig und gebieterisch die Hand hob. "Lass mich ausreden! Ich werde dich ausbilden, doch zuvor gilt es etwas zu klären!" Nun war das erste Entsetzen aus dem Gesicht des Schülers gewichen, doch hatte Verwunderung dessen Platz eingenommen. "Siehe, ich beobachte dich nun schon lange, und was ich sah, lässt mich ernsthafte Zweifel an deinem Glauben entwickeln! Du scheinst nicht gewahr zu sein, dass jener Pfad, welchen du für deine Leben durch den Eintritt in die Kirche Innos ausgewählt hast, dich irgendwann zu einem Vertreter des allmächtigen Gottes auf Erden machen wird!"
Allem Anschein nach hatte der Anwärter nichts dergleichen erwartet, denn blankes Erstaunen, gemischt mit ein wenig Entsetzen, sprach aus seinem Gesicht, während er den Mund öffnete, ohne jedoch etwas zu sagen. So fuhr der Novize fort, denn es war nicht sein Ziel, den jungen Mann einzig und allein zu erschüttern. Er wollte ihm den Pfad der Kirche weisen, um so dessen Verbindung zu selbiger her zu stellen. "Ich habe mich entschieden, dich auf die Probe zu stellen. Die junge Andrea, welche uns begleitet, ist, wie ich kürzlich Erfuhr eine Priesterin unseres allmächtigen Gottes. Somit verkörpert sie die höchste Vertretung des Selbigen auf Erden! Ihr Wort, ihr Segen soll mir genügen, um deinen Glauben an zu erkennen." Plötzlich schien der Anwärter die Sprache wieder gefunden zu haben, doch wollte Andras nicht diskutieren. Seine Entscheidung stand fest, und erst mit dem Beweis des Glaubens würde er eine weitere Ausbildung in Angriff nehmen. So beendete er seine Rede mit klaren Worten. "Sicherlich wird sie ihn dir nicht einfach so geben, also hol ihn dir! Ich will keine Widerworte hören, du hast einen Auftrag eines Vorgesetzten, also gehe hin und erledige diesen!"
-
Die See als "rauh" zu bezeichnen wäre eine glatte untertreibung gewesen, nein, sie waren mitten in einen Sturm geraten. Sie klammerten sich alle an das kleine Floß, das nurmehr ein Spielzeug der Wellen war.
Plötzlich, der moment verlief vor Humpaaa's Auge wie in Zeitlupe, verlor Raettich den halt und flog in hohem Bogen vom Floß.
Ein Blitz zuckte auf, und erhellte die sowieso schon gespenstische Situation zusätzlich. Gerade wollte Humpaaa den Mund öffnen um zu schreien, als das gesamte Floß von einer riesiegen Welle angehoben wurde.
Man hörte es kaum über das tosen des Windes, als das Floß auf der Meeresoberfläche zerbarst. Humpaaa wurde unter wasser gesogen, paddelte jedoch so schnell es seine nasse Kleidung zuließ wieder zur Meeresoberfläche.
Dort angekommen holte er tief luft, nachdem er das geschluckte Wasser ausgespuckt hatte, und klammerte sich an einen Balken das Floßes, um nicht unterzugehen.
Suchend tasteten seine Augen die Wasseroberfläche ab. In einiger entfernung konnte er Raettich ausmachen, auch er an einen Balken geklammert, Corinna trieb ganz in seiner Nähe, und war gerade damit beschäftigt eines der Bruchstücke zu fassen zu kriegen.
Die nächste Welle. Humpaaa ging mit ihr, und seinem Balken zuerst auf, dann wieder hinab. Erneut blickte er sich um. Die Welle schien sie näher zueinander getrieben zu haben.
Ein Hoffnungsschimemr?
Würden sie doch nicht getrennt werde?
Alle drei unternahmen anstrengungen und paddelten mitsmt ihren hölzernen schwimmbarren aufeinander zu.
Die Fluten amchten die beschwerlich, doch es war fast geschafft...
-
Zufrieden zog der Novize von dannen. Sowohl sein Vortrag, als auch die Aufgabe selber, waren in seinen absolut angemessen und gut gelungen. So konnte er nun endlich seine Konzentration auf die Ausbildung seines alten Freundes richten. Seit Tagen schon ruhte dessen Waffe, was zwar nicht weiter schlimm, jedoch auch nicht unbedingt erstrebenswert war. So machte er sich eiligen Schrittes auf den Weg zu seinem Schlafplatz, wo er seinen Bogen sowie Pfeile hervorkramte. Alles was nun zur Fortsetzung der Ausbildung fehlte war ein geeignetes Ziel, doch hatte Andras sich in dieser Hinsicht darauf verlassen, auf diesem Schiff etwas Geeignetes zu finden. Aufmerksam umherblickend machte er sich daher auf den Weg quer durch das Innenleben des Schiffes, welches sie nach wie vor stetig über das unruhige Meerwasser transportierte.
Einige Zeit verbrachte der Wüstensohn damit, alle möglichen Ecken des Schiffes zu durchsuchen, ehe er endlich über ein altes Strohziel stolperte, welches zwar nicht im besten Zustand war, jedoch für seine Zwecke ausreichen war. Mit dem letzten Utensil bewaffnet machte er sich daher auf den Weg zurück auf Deck, wo er das so ebene Gefundene in einer geeigneten Position anbrachte. Lange dauerte dieser Vorgang nicht, doch wiederum lang genug, damit Odinson auf ihn aufmerksam geworden war, und nun bereits fertig bewaffnet vor ihm auftauchte. "Endlich geht’s weiter, dachte schon das wird nie was!" gab er grinsend von sich, als Andras den Freund bemerkt hatte. Der Novize musste unweigerlich ebenfalls grinsen, ehe er auf Distanz ging, sich in Schussposition brachte, um anschließend einen einfachen Probeschuss sicher in der Mitte der Scheibe zu platzieren. Alles war bereit, sodass er nun mit der Erklärung an Odinson beginnen konnte.
"Also gut, jetzt wirds ernst!" Der Nordmann begann zu grinsen, setzte jedoch sofort danach das Gesicht eines aufmerksamen Zuhörers auf, welche darauf vorbereitet war, einen relativ langen Vortrag zu hören zu bekommen. "Nun gut, wir betreten nun das Feld der höheren Bogenkunst. Vorerst wirst du dabei mein einziger Schüler sein, da ich Thara ben Nathan erst weiter ausbilden werde, wenn ich von seinem Glauben absolut überzeugt bin." Zwar schien Odinson aufgrund dieser Entwicklung recht überrascht, jedoch murmelte er etwas, das sich stark nach "Seltsame Magier!" anhörte. Zufrieden ob der ausbleibenden Unterbrechung konnte der Meisterschütze daher fortfahren.
"Du wirst lernen nicht nur aus dem Stand zu schießen, sondern egal in welcher Lage Meister über diese Waffe zu sein. Auch wirst du lernen dich beim Umgang mit dem Bogen nicht allein auf deine Augen zu verlassen. Zu guter letzt werden wir noch einen kleinen Exkurs in die weiteren Möglichkeiten, welche diese Waffe bietet, wagen, jedoch wirst du vieles davon erst nach der Ausbildung durch Erfahrung erlernen." Ein leichtes Leuchten hatte sich in den Augen des Knappen gebildet, welcher allem Anschein nach eine unglaubliche Begeisterung für das was ihn erwarten würde hatte. So war Andras glücklich den Freund endlich wieder schießen zu lassen, wenn auch unter schwierigeren Verhältnissen. "Deine Aufgabe wird es sein, diese Zielscheibe dort zu treffen. Wie du dir wohl denken kannst ist das ganze bei diesem Seegang nicht ganz so leicht, wie auf einem befestigten Übungsplatz. Schätze dich selber ein, ich will aber nicht, dass du alle meine Pfeile über Bord schießt, also geh nicht zu weit weg!" Der Nordmann nickte erneut. So entfernte der Lehrmeister sich ein Stück, ehe er sich nieder lies, um seinen Schüler zu beobachten, welcher sich darauf vorbereitete, endlich wieder zu schießen..
-
Endlich ging es weiter, die Prüfung lag ja schon einige Tage zurück, und seit diesen hatte der Knappe keinen einzigen Schuss abgefeuert. So stand er nun lächelnd, aber konzentriert auf dem sich bewegenden Deck des Schiffes und versucht ordentlich zu zielen. Er hatte schon die Angst gehabt, dass er noch ein Buch hatte durchlesen müssen. Doch das war zum Glück ausgeblieben. Odinson versuchte das Gleichgewicht zu halten und das Schwenken einfach zu ignorieren, sich also nicht dagegen zu lehnen. Er hatte ja keine Ahnung, wie er das eigentlich anstellen sollte, bei diesem Seegang in die Mitte der Zielscheibe zu schießen. So musste er es einfach irgendwie versuchen.
Und seine erste Variante war eben, dass er mit den Wellen mitging. Erwartete den richtigen Moment ab, an dem das Schiff in der Waagerechten war und zielte schnell und schoss. Doch natürlich ging der Pfeil vorbei und blieb knallend in der Reling stecken.
„Ups!“
„Macht nichts, versuch es weiter!“ forderte ihn Andras auf. Und so verschoss Odinson noch ein paar Pfeile, jedoch kam der beste gerade mal in den mittleren Ring. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er auf das Ziel und kratzte sich am Kopf. Gar nicht so leicht wie er gedacht hatte. Andras holte die Pfeile und gab sie ihm zurück.
„Nun pass auf!“ Er zog blitzschnell einen Pfeil aus dem Köcher und legte an. Kurz glich er die Schwankungen aus und zielte. Der Pfeil zischte an Odinson vorbei genau in die Mitte des Zieles.
„Jetzt wieder du! Ich hoffe du hast mir gut zu geschaut!“
Oh ja, das hatte er. Wieder ging Odinson in Positur und holte einen Pfeil aus seinem Köcher und legte an. Doch irgendwie verschwamm das Ziel und bewegte sich so stark, das Odinson ganz schwindelig wurde. Er setzte ab und starrte nach vorne. Seekrank war er nicht. Wieso wackelte dann das Ziel so und warum fühlte er sich so komisch? Andras stupste ihn an und schaute ihn verwundert an. Der Knappe schloss daraufhin kurz die Augen und zielte erneut. Er ignorierte das Gefühl in sich drinnen, doch sein Schuss ging einen Meter vorbei.
„Mensch, Odinson, was ist denn mit dir los?“
„Leine Ahnung, Andras. Irgendwie ist alles so verschwommen und ich kann mich einfach nicht auf das Ziel konzentrieren. Dabei hab ich alles genauso gemacht wie du!“
„Naja fast, aber eigentlich war es technisch nicht unbedingt schlecht und eigentlich hätte daher auch ein besseres Ergebnis herauskommen sollen.“
Odinson schaute seine Hände an. Sie sahen normal aus. Er schaute wieder zum Strohziel und dachte für einen Moment, etwas Rotes gesehen zu haben. Doch als er blinzelte war es weg und so dachte er, dass er sich auch das eingebildet hatte. Er schüttelte den Kopf und nahm zu einem neuen Versuch anlauf.
-
Nun hatte Thara genug zu tun, er musste sich einen Segen von Andrea verdienen, damit Andras ihn weiterhin unterichten würde. Das Andras Zweifel an seinem Glauben hatte, war verständlich. Er hatte in letzter Zeit nicht wirklich oft zu Innos gebetet.
Thara hatte bereits mit Andrea gesprochen, die ihm aufgetragen hatte, dass er zuerst einmal einen Tag und eine Nacht in stillem Gebet und Gedanken an Innos verbringen solle. Diese Aufgabe gedachte er nun zu erfüllen und um diese 24 Stunden durchzuhalten hatte er ersteinmal eine Kleinigkeit gegessen.
Nach dieser Stärkung schritt Thara in die Kajüte der Mannschaft, wo alle Personen, bis auf Ronsen, der der Kapitän war, untergebracht waren. Hier setzte sich der Ben Nathan vor seine Hängematte im Schneidersitz hin.
Doch wie sollte er beginnen? Eigentlich sollte es ihm leicht fallen, dies zu tun.
War er wirklich ein Zweifler an Innos?
Schokiert sprach Thara diesen Gedanken aus.
"Aber das kann doch nicht sein! Innos hat mich gerettet und mir dieses Leben geschenkt! Wie kann ich nicht ein Innos-Gläubiger sein?", sprach Thara leise vor sich hin.
Coryl saß neben ihm und gab ihm nickend recht.
Sogar der Vogel war gläubiger als er, das konnte Thara kaum Glauben.
So war es kein Wunder, dass er bisher keine Beförderung erhalten hatte, man zweifelte zutiefst an seinen Glauben. Wie konnte dies nur möglich sein?
Es war ein Zwiegespräch, dass sich nun in Tharas Geist verbreitete, auf der einen Seite die Meinung, die meinte, Thara hätte immer und überall seine Gläubigkeit gezeigt, auf der Anderen der Gedanke, er hätte sich nie genug zu Innos gesonnen gezeigt.
-
Einen Tag lang waren sie nun bereits schon unterwegs und leider war das Wetter nicht besser geworden. Der Seegang war dafür immer schlimmer geworden. Aber das war natürlich auch nichts ungewöhnliches. Nach der Erfahrung von Andrea wurde der Seegang eigentlich immer schlimmer, so bald man sich ein Stück von der Küste entfernt hatte.
Als sie sich vorsichtig, langsam an der Bordwand entlang bewegte, erkannte sie, dass die meisten der Anderen sehr müde aussahen. Einzig Eila sah noch etwas wacher aus, als der Rest. Aber auch das war natürlich kein Wunder. Schließlich hatten die Anderen Eila und auch Andrea bei den anstehenden Arbeiten immer geschont. Belustigt hatte die junge Frau dies zur Kenntnis genommen. Anscheinend gab es doch noch einige Vorteile an ihrem neuen Äußerem, die sie bisher noch nicht herausgefunden hatte. Möglicherweise war es doch gar nicht so schlecht im Körper einer Frau zu stecken. Jedenfalls vorübergehend.
Mit diesen Gedanken beschäftigt wanderte Andrea noch ein Stück an der Reling entlang und ließ sich dann neben Eila, die interessiert Odinson und Andras zusah, die sich mit Bogenschießen beschäftigten.
Eine Weile lang sah Andrea schweigend zu, bevor sie sich an Eila wandte.
Findest du das interessant?
Oh ja. Es ist einfach faszinierend. Ich würde es gerne mal selbst ausprobieren.
Belustigt sah Andrea die junge Novizin an. Eine solche Begeisterung hatte sie länger nicht mehr gehört.
Du kannst aber auch mithilfe von Magie einen Pfeil beeinflussen. Und das teilweise auch noch besser, als ein normaler Bogenschütze.
Jetzt hatte Andrea es geschafft die Aufmerksamkeit von Eila auf sich zu lenken.
Ach ja?
Ja.
Andrea grinste breit.
Pass auf ich zeig es dir.
Während Odinson weiter Pfeile abschoss, konzentrierte Andrea sich und streckte ihren Geist, nach dem Pfeil aus, den Odinson gerade auf die Sehne legte. Als der Knappe ihn abschoss, ließ sie kurz einen Windstoß auf den Pfeil wirken und warf den Pfeil so aus der Bahn. Genauso verfuhr sie auch mit den nächsten Pfeilen. Eila folgte den Bahnen der Pfeile mit interessierten Blicken und warf zwischen durch immer wieder Seitenblicke auf Andrea. Möglicherweise spürte sie die Manipulationen, die Andrea im magischen Gefüge vornahm.
Wie genau machst du das?
Oh, ich wende meine Kenntnisse über Luftmagie an.
Und warum machst du das?
Zur Übung und außerdem macht es riesigen Spaß. Sieh dir mal an, wie Odinson aussieht.
Verstohlen grinste Andrea der jungen Novizin zu und wartete die Reaktion von Eila ab.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|