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  1. #181
    Solaufein
    Gast
     
    Nun, für einen Moment war der Krieger gestern Abend etwas irritiert gewesen, das lange Schweigen war doch mehr als unüblich. Aber er war Ritley nicht sonderlich verärgert gegenüber, wie schon gesagt, langsam gewöhnte er sich an den Magier und seine teils eigenartige Sprache, selbst wenn er nicht sprach. Hätte er das mit dem Feuer wohl besser nicht erwähnen sollen? Eigentlich war es die logische Konsequenz, dass er das Feuer gestern Nacht nicht wieder hatte zum Brennen bringen können und sie so auch diese Nacht ohne Wärme verbringen mussten. Wenn selbst er es nicht schaffte – der alte Jägermeister, der schon in so vielen Wäldern aus so vielen Situationen ein Feuer entzündete – wie sollte es schon ein W a s s e r magier schaffen? Nun, sie hatten genügend klares Wasser, aber in der kalten Nacht wünschte er sich doch mehrmals, dass Ritley ein anderes Element gewählt hätte. Apropos Nacht. Diese Nacht schlief er wesentlich besser und wachte nur auf, wenn die Kälte mal wieder zu tief in sein Fleisch zu bohren drohte. Nichts Ungewöhnliches also.

    Am nächsten Morgen erfuhr er wenigstens etwas auf seine Frage von gestern, doch was er da hörte ließ ihn nur noch mehr rätseln. Was erzählte der Schwarzhaarige da? Festland? Varant? Al-Shedim? Besatzer? Vertreibung? Er verstand kein Wort. Nicht die geringste Bedeutung dieser Worte war ihm bewusst oder bekannt, war das wieder einmal eine weitere Nuance der Magiersprache, die ein einfacher Krieger nicht verstehen sollte oder konnte?

    Die restlichen Worte des Magiers gingen in seinem Gehör unter, er drehte sich von ihm weg und stampfte auf den Vorplatz zurück, wo ihn ein leicht wärmender Sonnenstrahl begrüßte. Doch die Güte des Himmels hatte momentan keinen Platz in seinen Überlegungen. Kopfschüttelnd ging er zur zerfallenen Mauerflanke und sah über das Minental, wo er heute eine herrliche Aussicht genießen konnte. Was war in der Zeit, an die er sich nicht mehr erinnern konnte, wirklich hier passiert?
    Plötzlich stand Ritley an seiner Seite und ließ ebenfalls seinen Blick über das Tal schweifen, ehe sich seine Zunge schneller löste.
    >>Sol…<< Der Gezeichnete unterbrach den Magier noch, bevor er seinen Namen voll aussprechen konnte. Scheinbar erwartete er irgendeine Antwort auf eine danach gestellte Frage, aber das war für ihn momentan nur sekundär von Bedeutung. Schnell fiel er ihm ins Wort.
    >>Ritley… Festland, Varant, Al-Shedim, Besatzer, Vertreibung… was sind das alles für Begriffe? Wovon – bei den Göttern – redest du? Was ist hier los?<<

  2. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #182
    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Ritley seufzte merklich auf. Scheinbar war dem Mann ihm gegenüber übel mitgespielt worden. Vor allem aber fragte der Wassermagier sich, wo er die letzten Tage, Wochen, ja, Monate verbracht hatte. Hier musste er scheinbar von ganz Vorne anfangen, dass war dem Schwarzhaarigen mittlerweile klar geworden. „Nun“, begann er langsam, da er nicht mit zu vielen Informationen gleichzeitig rausrücken wollte, die den Krieger nur wieder verwirrten, „es ist noch nicht lange her. Vielleicht drei Monate, womöglich auch nur zwei. Die Vorzeichen warnten uns schon, doch viele Menschen ignorierten sie einfach: die Orks kamen.“ Solaufein runzelte die Stirn, Ritley wusste, was der Mann gerade dachte. „Natürlich griffen die Orks auch schon früher an. Doch dieser Angriff, dieser Krieg war mit keinem zuvor zu vergleichen.“ Er schüttelte den Kopf wild. „Ach, was sage ich denn da? Es war kein Krieg. Es war ein blutdürstiges Hinrichten von Seiten der Orks. Wir hatten so gut wie keine Chancen, schafften gerade noch so die Flucht.“ An dieser Stelle unterbrach der Stabkämpfer einen Moment.

    Vor seinen Augen tauchten die Bilder der vielen Toten und Verletzten auf. Überall war Blut, es roch nach Verwesung und gellende Todesschreie erfüllten die Tempel von Jharkendar, diesen einst heiligen Sitz der Götter. Er wurde entweiht, geschändet, in Brand gesteckt. Und doch hatten einige tapfere Magier und Priester geschafft, die Schriften sicher zu verschließen. Mit einem mächtigen Zauber, den nicht einmal die Streitmacht der Orks zerstören konnte. Aber die vielen Toten... Ritley sah seine Freunde sterben, war nicht in der Lage, etwas zu unternehmen. Diese Gefühl der Unnützigkeit, der Hilf- und Machtlosigkeit. Er wollte es nie wieder spüren, er würde es nie wieder spüren.

    „Ritley?“, fragte Solaufein nun, leise flüsternd, denn scheinbar hatte der Magier ihn in den Bann der Erzählung geschlagen. Mit kratzender Stimme erzählte er weiter: „Auf unserer Flucht schlossen wir uns mit den Piraten zusammen. Nach einem Sturm wurden wir von den anderen Flüchtlingen abgeschnitten und landeten an einem Sandstrand. Keiner wusste so recht, wo wir uns befanden. Ein paar Nächte zogen wir weder Erkundungen ein, noch machten wir uns sonderliche Gedanken über diesen unbekannten Ort. Es gab viele Verwundete zu versorgen, Tote zu begraben. Nach ein paar Tagen erst trafen wir auf Einheimische, freundlich gesinnt. Es waren Nomaden, Bewohner der Wüste. Sie erzählten und vom Festland, vom riesig großen Festland. Wir waren in einem Bereich eben dieses Festlandes angekommen, der sich Varant nannte – die ewige Wüste. Das Land wurde von König Rhobar regiert, von den Orks überrannt. Sie regieren das Reich. Obgleich diese Insel hier oder Festland, obgleich kleine Insel irgendwo oder größere, bekanntere. Sie haben sie fast alle unter ihrer Kontrolle. Könnt ihr mir folgen, Solaufein?“

  3. #183
    Solaufein
    Gast
     
    Orks… er hätte es wissen müssen. Zwar hatte er nie viel Kontakt mit den großen Grünhäutern gehabt, aber er wusste doch von den Erzählungen und Geschichten ganz genau, dass sie sich im Krieg mit den Menschen befanden und gar nicht so dumm waren, wie sie aussahen. Zwar waren sie sterblich und für einen guten Krieger nicht unbesiegbar, doch mischte sich zu ihrer naturgegebenen Wildheit und Urkraft auch noch ein gewisser Geist für Strategie und Taktik. Aber dass es nun auch Khorinis erwischt haben sollte… war doch all die Monde kaum etwas geschehen… was der Wassermagus da zu erzählen hatte, war wirklich unglaublich. Kein Zweifel dass er die Wahrheit sagte, merkte man ihm die emotionale Betroffenheit in Stimme und Haltung deutlich an.
    Die Orks, sie kontrollierten nun also diese ganze Insel… er wandte sich erneut von Ritley ab und sah über das weite Tal. Er sah keinen einzigen Ork hier… auch die Burg, sie war so leer, so friedlich… aber dass es die Grünhäute gab, dass hatte er selber feststellen können. War es also nur eine kleine Vorhut, ein Jägertrupp? Wimmelte es also von ihnen hier? Das Festland, viel größer als Khorinis sollte es also sein… was war das bloß für ein Land? Und Khorinis… waren sie die letzten Menschen hier?

    >>Alles unter Kontrolle, ja… das sind schreckliche Neuigkeiten! Was ist mit der Stadt passiert? Ist sie… ja, sie ist gefallen, nicht wahr? Und die Menschen? Wisst ihr was mit Gorthar und Drakia passiert ist? Und auf dem Festland, wie sieht dort die Situation aus? Wer führt die Orks und was wollen sie? Und was tun die Menschen dagegen?<<

    Die Fragen sprudelten nur so aus ihm heraus, es gab so viel zu erfahren, so viele Informationen, so viel Wissen, notwendiges Wissen das er nicht besaß. Zwei oder drei Monde also? So lange war er also nicht mehr Herr seiner Gedanken gewesen, vielleicht noch länger.

    >>So viele Fragen Ritley… aber fahrt doch bitte fort. Ich muss alles wissen, was ihr mir sagen könnt!<<

  4. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #184
    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Was sollen die Menschen schon sonderlich dagegen unternehmen?, wiederholte er die Frage des Mannes in Gedanken. „Sie leisten Widerstand.“, war daher seine einfache Antwort, die aber natürlich nicht zufriedenstellend war. „Auf dem Festland gibt es Rebellen. Viele Männer und Frauen der ehemaligen Garde Innos' haben sich ihnen angeschlossen und dienen dem König noch immer treu ergeben. Sie kämpfen gegen die Horden der Orks, zeigen dieses Mal genau so wenig Erbarmen und Mitleid wie die Grünhäuter beim Töten ihrer Kameraden.“

    Nachdem er einen Schluck aus seinem Wasserbeutel genommen hatte, fuhr er fort. „Außerdem gibt es in Varant, der Wüste, die Nomaden. Sie sind ein Kriegervolk, kennen sich in der Wüste aus wie nirgendwo sonst. Sie leisten den Orks soviel Widerstand wie nur irgend möglich. Es würde euch bestimmt erfreuen, ja, sogar erstaunen, ihnen beim Kämpfen mit zwei Schwertern zuzusehen. Außerdem sind noch die Nordmarer, die die Orks abschlachten wo sie nur können. Ja, es gibt durchaus einen Widerstand. Zu befürchten ist aber dennoch, dass der Krieg nicht von den Menschen gewonnen wird. Soweit ich weiß werden die Orks von ihrem obersten Kriegs- und Feldherrn Kan angeführt. Sein Hauptsitz ist derzeit in Faring, einer Hochburg der Orks, die von den Menschen gemieden wird. Zumindest den meisten Menschen.“

    Bei jedem Satz hatte sich das Gesicht des Kriegers mehr verdunkelt, seine Augen waren wie in tiefe Höhlen gefallen. Ritley wollte die Gunst der Stunde nutzen um ihm wenigstens noch eine aufmunternde Nachricht zukommen zu lassen. „Doch auch hier auf der Insel Khorinis gibt es noch Menschen, die Widerstand leisten, gegen die Besatzer aufbegehren. Drakia ist vollkommen orkfrei. Davon konnte ich mich selbst überzeugen. Und auch die Stadt Gorthar soll von keinem Ork betreten werden können. Im Herzogtum sollen aber auch sie schon in größeren Gruppen gesichtet worden sein. Der Krieg ist noch nicht verloren, Solaufein, so leicht haben wir Menschen noch nie das Tuch geworfen.“

  5. #185
    Solaufein
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    >>Tja…<<, murmelte er leise vor sich hin. Aufgeben oder das Handtuch werfen, das hatte er auch nicht vor und das würde er auch nie tun. Nicht vor einem Menschen und erst recht vor keinem Ork. Dennoch waren es mehr als schlechte Nachrichten, die er da zu hören bekam. Trotz allem konnte er sich noch kein richtiges Bild machen von dem, was Ritley sagte, seine Worte nicht richtig visualisieren. Er musste es selbst sehen, die Insel, die ehemaligen Hochburgen der Menschen, die Zerstörung und den Tod. Und er musste Drakia und Gorthar sehen, vor allem Gorthar würde er bald besuchen müssen. Aber wenn dort noch kein Krieg und keine Zerstörung tobte, so würde sich die Stadt auch noch ein paar Tage gedulden können. Aber auch dieses neue, schier unendlich große Festland würde ihn interessieren. Er würde so bald es ging diesem fremden Land einen Besuch abstatten, sofern es in seiner Möglichkeit lag, aber in seinem Zustand war eine Reise ins Ungewisse ein Selbstmordunterfangen.
    Allerdings schien es ja auch gute Nachrichten zu geben, scheinbar gab es noch genügend Menschen, die sich am Leben halten konnten. Gut, gut, dachte er, so war wenigstens noch nicht Alles den Bach heruntergegangen, während er der Welt den Rücken zugekehrt hatte. Scheinbar war er genau zum richtigen Zeitpunkt aufgewacht. Mal wieder ein Schicksalswink?

    Andererseits, so wusste der Krieger genau, würde es wohl auch für ihn anders werden, vielleicht sogar schwieriger. Bislang hatte er sich erfolgreich dagegen gewehrt, für irgendeine Seite die Partei zu ergreifen, für eine Seite zu kämpfen oder einem Banner die Treue zu schwören. Auch hatte er sich aus den ganzen Streitigkeiten der verfeindeten Bündnispartner herausgehalten… vielleicht, ja vielleicht war dies nun nicht mehr so leicht möglich…
    Sol senkte für einen Moment den Kopf und ballte die Hand zu einer Faust, in seinem Kopf brodelte es noch, ehe sich die Verkrampfung langsam löste und er sich wieder entspannen konnte.

    >>Unsere Vorräte gehen heute zuneige… wir sollten morgen aufbrechen und die Augen nach neuer Beute offen halten. Nachdem was ihr mir erzählt habt, sollten wir nicht darauf bauen, irgendwo nette Menschen zu finden, die uns etwas anbieten können…<<
    Er sah kurz über die ganze Burg, wie bei einem Abschied, doch dann fielen seine Blicke auf die ganzen Leichen, die noch immer hier herum lagen und spätestens bei der nächsten Erwärmung anfangen würden zu verwesen. Kurz überkamen ihn Zweifel, aber dann sagte er überzeugend:
    >>Aber zuvor sollten wir die Männer und Frauen hier begraben, solange es noch hell ist... helft ihr mir, Magier?<<

  6. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #186
    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Überrascht hob der Magus die Augenbrauen. Zwar wurde er vom Krieger nicht zum ersten Mal überrascht, aber diese Geste der Menschlichkeit verwunderte ihn dennoch ein wenig. Es war gut zu wissen, dass er mit keinem herzlosen Mörder unterwegs war, der stets nur auf sein eigenes Wohl achtete. Das Wohlbefinden des Magiers stieg erheblich an, obgleich sie nun zu einer Aufgabe überschritten, die dieses Gefühl verbannen wollte, es sogar mit den größten Recht durfte. „Gerne helfe ich euch.“, antwortete er schließlich mit ruhiger Stimme.

    Während er seinen Mantel zur Seite legte, um ihn nicht mit Erde schmutzig zu machen, beobachtete er den Krieger einen kurzen Moment lang. Er näherte sich den Toten mit einem solchen Respekt, dass der Magier eine spürbare Gänsehaut auf die Haut gezaubert bekam. Seine Bewegungen, die Art und Weise der Blicke, mit denen er die Toten bedachte. So konnte wahrscheinlich nur ein Mensch handeln, der dem Tod schon Auge und Auge gegenüber gestanden hatte. Erst wenn man das Leben zu schätzen wusste, konnte man auch die wahre Bedeutung des Todes verstehen.

    Sich eine rostige Schaufel packend schlug er deren Spitze in den Boden und hob zusammen mit Solaufein innerhalb kürzester Zeit das erste Grab aus. Der Boden war leicht, die Schaufeln stoßen aber immer wieder auf Widerstände in Form von Knochen und anderen menschlichen Überresten. Die Sonne ging nun aber schneller unter, als die beiden zuerst gedacht hatten und so meinte Ritley vorsichtig: „Solaufein. Ein Grab für einen jeden von ihnen bekommen wir heute auf keinen Fall mehr geschaufelt. Wir sollten sie... zusammen begraben. Zwar so, dass dennoch genügend Platz ist, aber einzelne Gräber sind zuviel, glaubt mir.“ Solaufein warf dem Magier einen leeren Blick zu. Dieser konnte nur schwerlich nachvollziehen, was gerade im dürren Mann vor sich ging. „Vielleicht wäre es so am besten, ja, vielleicht...“

    „Habt ihr etwas dagegen, wenn ich ihnen Adanos' Segen mit auf den Weg gebe?“, fragte der Wassermagier. Es würde den Seelen helfen, sich in dieser neuen Welt zurecht zu finden und sie konnten Ruhe erlangen, das irdische Sein hinter sich lassen. Solaufein schüttelte den Kopf und packte den ersten Mann an der Schulter, Ritley ihn bei den Füßen. Langsam ließen sie ihn in das Grab hinab. „Möge Adanos deine Seele auf den rechten Wegen zum rechten Ort geleiten, aufdass alle irdischen Werte hinter dir gelassen werden und du einkehren kannst in das Reich, dass niemals endet. Adanos wird allzeit ein wachendes Auge über dich halten, so ruhe auf Ewig in Frieden, Sohn der Götter.“

  7. #187
    Solaufein
    Gast
     
    Es war gut dass Ritley mithalf, denn zu zweit ging die Arbeit wahrlich leichter voran als nur mit zwei Händen. So konnten sie mit dem rostigen Werkzeug, dass es in dieser Burg wahrlich zugenüge gab, in relativ kurzer Zeit das erste Grab schaufeln, als aber schon der Einwand des Magiers kam. Ja, sie würden es nicht schaffen, dennoch gefiel ihm die Idee eines Massengrabes nicht. Er kannte die Menschen nicht, die hier vor einiger Zeit erst ihr Leben aushauchten und deren Faden von den Nornen durchtrennt wurde und er war sich sicher, dass einige von ihnen wahrlich richtige Bastarde waren, denen er niemals ein Grab geschenkt hätte, wenn er sie einmal kennen gelernt hätte, aber so waren es alles namenlose Krieger und einem Krieger musste man ein würdiges Grab liefern können.

    Schon hatten sie den Körper ins Erdreich gehievt und der Magier sprach seine heiligen Worte. Sol hatte sich von ihm weggedreht, so dass Ritley ihn nicht sehen konnte, während er das nächste Loch direkt daneben buddelte. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Adanos… hah! Es waren unterschiedliche Glaubenslinien, die die beiden Männer unterstützten. Er erinnerte sich noch gut an die Zeit seiner Kindheit, wo einige Menschen aufgrund ihres Glaubens gejagt und vernichtet wurden. Adanos… hätte wohl dazugehört. Aber der junge Dunkelhaarige war anders als die meisten seiner Brüder und Schwestern. Auch wenn er nichts übrig hatte für die drei großen Gottheiten, die auf dieser Insel, die nicht seine Heimat war, verehrt wurden, so respektierte und tolerierte er sie doch, so gut es eben ging. Aufgrund dieser Philosophie lebte und handelte er. Aus seiner Sicht konnte Ritley an das glauben, woran er wollte. Adanos, Innos, Beliar, oder an seine Götter, die den meisten dieser Insel eher fremd waren… oder auch an welche einer ganz anderen Kultur. Er respektierte den Glauben jedes anderen, auch der Orks und anderer Schreckenskreaturen. Aber hätte der Wassermagier s e i n e Götter missachtet oder beleidigt, so hätte er ihm ohne zu zögern den Kopf abgeschlagen…

    >>In Ordnung Ritley, wir graben nur eine Grube für alle… aber sie sollen alle „ihr“ Grab bekommen. Wir trennen die einzelnen Gräber mit Holzbalken ab, ein primitiver Sarg…<< Sol wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah sich nach Holz um…
    >>Eventuell gehen auch Steine… ja… Steine… sie liegen hier ja in rauen Massen herum. Könnt ihr euch darum kümmern? Den Rest schaffe ich auch so.<< Er lächelte kurz, dann schweiften seine Gedanken wieder ab… wieso bloß kam ihm gerade nur ein brennendes Schiff mit einem Leichnam das auf das weite Meer hinaustrieb in den Kopf? Es war eine der vielen Möglichkeiten, wie man einen Menschen bestatten konnte und bei seinem Volk weit verbreitet… aber das war nicht der einzige Grund… er fühlte etwas in sich, als ob er sich daran erinnerte es erst kürzlich… erlebt zu haben… aber er verwarf den Gedanken schnell wieder, das große Loch würde sich nicht von alleine ausheben lassen…

  8. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #188
    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Ritley stimmte dem Mann mit einem stummen Nicken zu. Er selbst war noch gut bei Kräften im Gegensatz zum Krieger. Dieser schaufelte ohnehin kräftiger und schneller, als man es bei seinem Aussehen für möglich gehalten hätte. So sollte es also sein.
    Der Magus des Wassers schob die Ärmel seiner Robe nach oben, schnappte sich vier Steine und trug sie zu den ausgehobenen Gräbern hinüber. Die Adern traten nun besonders an seinen Armen hervor, er war froh, seinen Körper nicht aufgrund der Magie verwahrlosen zu lassen. Für den Stabkampf brauchte man nicht nur einen fitten Geist, sondern auch einen Körper, der in Bestform war. Ansonsten könnte man höchsten ein mittelklassiger Kämpfer werden. Für wen dies ausreichte war es in Ordnung, für den Meisterstabkämpfer aber keinesfalls.

    Wieder wurden vier Steine von einem großen Haufen genommen, der wohl einst eine intakte Mauer darstellen sollte. „Wisst ihr, Solaufein. Ich glaube, diese Menschen sind einen heldenhaften Tod gestorben. Seht ihr die Gebeine und anderen Knochen, die ringsum liegen?“ Der Angesprochene nickte mit dem Kopf ohne in seiner Arbeit inne zu halten. „Nun“, fuhr Ritley fort, „sie sind nicht alle menschlichen Ursprungs. Anhand der Größe und Stärke der Knochen kann man zweifelsfrei erkennen, dass sich auch einige Orks unter den Toten befunden haben müssen.“ Er ließ die nächste Ladung Steine vor die Füße des Grabenden fallen und kehrte zum Haufen zurück. Mit einer ausladenden Geste versuchte er, seine Gedanken mitzuteilen. „Schaut euch die Waffen an. Sowohl Ork- und Menschenwaffen liegen hier herum. Scharten und Einkerbungen sind auch in den Waffen der Orks vorhanden, die nicht nur von Angriffen ruhen. Sie mussten parieren, blocken, sich verteidigen. Gegen Menschen! Sie mussten in arge Bedrängnis geraten sein. Wahrscheinlich in eine solch große, dass sie feige aus der Burg verschwanden und die hier lebenden Menschen aushungerten. Sie haben sich nie unterkriegen lassen, ich kannte viele von den Rittern und Paladinen, von den einst stolzen Kriegern, die für ihr Banner alles taten.“
    Geändert von Ritley (18.02.2007 um 18:57 Uhr)

  9. #189
    Solaufein
    Gast
     
    >>Ja, vielleicht habt ihr Recht…<< meinte er nur aus dem Loch, das inzwischen schon zu einer recht anständigen Größe angewachsen war und das direkt neben dem Gebäude lag, in dem er aufgewacht… auferstanden war. Der Kapelle. Sie hatten nun schon Platz für gut sieben Körper und der Platz ging zuneige, aber es waren auch nur noch vier weitere nötig, denn mehr Leichname fanden sich in der ganzen Burg nicht, das konnten sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen.
    >>Jetzt, da ich weiß was mit dieser Insel geschehen ist, wäre es doch nur eine logische Erklärung, nicht wahr? Die Orks haben diese Burg gestürmt, sie als Zeichen der menschlichen Herrschaft hier im Minental komplett dem Erdboden gleichgemacht. Zumindest war das ihr Ziel. Die Menschen wehrten sich jedoch mehr oder weniger erfolgreich und wurden so einfach ausgehungert. Wenn es so war, dann waren diese Ausharrenden wirklich Helden, denn sie wussten, dass sie sterben würden und hielten trotzdem aus. Und für die Orks musste es eine herbe Niederlage gewesen sein, sie waren nicht stark und geschickt genug, ihre Feinde aus eigener Kraft zu besiegen. Andererseits… ist es auch eine Form der Intelligenz seine Feinde sich selber besiegen zu lassen…<<
    Er grub weiter und dachte sich noch: >>Wieso haben sie keinen Ausfall versucht oder sind bei Nacht geflohen? War diese Burg denn so wichtig oder die Lage so aussichtslos? Wäre es nicht besser gewesen noch ein, zwei Feinde mitzunehmen und im Kampf mit der Waffe in der Hand zu sterben? Sie werden ihre Gründe gehabt haben, auch wenn ich sie nicht verstehe…<<

    Endlich war er fertig und stieg für einen Moment aus dem Grab, um sich zu vergewissern, ob es auch wirklich für alle reichen sollte. Es sah gut aus. Doch die Arbeit war anstrengend gewesen und hatte ihre Wirkung auf seinem Körper hinterlassen. Er transpirierte am ganzen Körper, aber sichtbar wurde das nur auf seinem Gesicht. Er unterließ es sich seinen Oberkörper anzuschauen, denn den Anblick wollte er sich ersparen. War es wirklich so sinnvoll, diese schwere Arbeit in seinem Zustand zu verüben? Die Nahrung und das Wasser der letzten Tage hatten sicher die ersten Aufbauprozesse in Gang gesetzt, aber noch war alles sehr fragil und Ergebnisse gab es auch noch nicht, mal davon abgesehen, dass die Nahrung bald wieder komplett weg wäre. Aber Solaufein wusste, dass ihn seine unglaubliche Zähigkeit gerettet hatte, nicht seine Stärke oder seine beachtliche Geschicklichkeit, nicht sein Verstand und auch nicht seine Talente. Einzig die Zähigkeit, die man dem Mann nicht unbedingt ansah, schon gar nicht bei dem jetzigen Aussehen. Also würde auch diese Arbeit keine weiteren Folgen haben, im Gegenteil. Es tat gut sich wieder einmal körperlich zu betätigen, schließlich musste er auch etwas für seine Muskeln tun. Und solange er keinen Schmerz spürte, kein Unwohlsein, würde er es ohnehin nicht lassen können. Er hatte lange genug nichts getan, es war an der Zeit die Geschicke wieder selbst in die Hand zu nehmen.

    >>Das haben wir gut gemacht Ritley!<<, lobte er ihr Werk. >>Lasst uns die letzten Leichen in ihre letzte Ruhestätte einsetzen.<<

  10. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #190
    Ritter Avatar von Rhen
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    Rhen ist offline
    Blut spritzte Rhen entgegen, als er den Wolf tötete. Ist schon ein Unterschied mit einen echten Speer zu kämpfen, anstatt eines Astes. Die Reise war eigentlich recht ruhig verlaufen. Ein kleines Wolfsrudel war der einzige Zwischenfall. Das fünf Mann – Wolf – starke Rudel hatte sie aus dem Hinterhalt angegriffen. Wahrscheinlich hatten sie lange nichts mehr zwischen den Zähnen gehabt. Sie waren mager und hatten sich auf die Lauer gelegt. Hombre, Sly und er waren zufällig in die Falle geraten und mussten sich nun wieder hinauskämpfen. Der Milizsoldat hatte sofort zu seinen Speer gegriffen. Diese Kampfart war ihm vertrauter, als der Schwertkampf. Komisch, wie schnell das gehen kann. Die anderen zwei Gruppenmitglieder kämpften ebenfalls. Die Kämpfe dauerten nicht lange, weniger als fünf Minuten. Sly, als Lehrmeister, war natürlich am sichersten mit dem Speer, doch auch Hombre und Rhen waren nun technisch so weit, dass sie keine Probleme gegen Wölfe hatten. Bei schwereren Gegnern könnte es natürlich anders aussehen. Die einzige Besonderheit dieses Kampfes war gewesen, dass Hombre fast nach seinen Schwert gegriffen hatte. Rhen wusste, dass sein Mitschüler ein hervorragender Schwertkämpfer war und reflexartig noch zu seiner Lieblingswaffe griff. Sly hatte zwar nichts gesagt, aber er hatte zum Anfang gesagt, dass nur mit dem Speer gekämpft wird.

    Als alle der Angreifer besiegt waren, schaute der Blondschopf wieder beruhigt auf. Er sah die Türme der Hafenstadt. Nach über drei Monten, sah er die größte Stadt der Insel wieder. Sein Atem wurde wieder langsamer und nun… Ja, nun konnten sie sich hinsetzen und ausruhen. Fleisch gab es genug. Immerhin hatten sie gerade fünf Wölfe erschlagen. Heute konnten sie nicht mehr in die Stadt einfallen. Sie hatten einen langen Weg hinter sich. Dazu kam, dass sie die Situation in der Stadt noch nicht kannten. Als sie ein kleines Feuer entfacht hatten, versteckt hinter einen Hügel, und das Fleisch langsam vor sich hin briet, beredeten sie die Situation. Rhen meldete sich wie üblich für die Nachtwache. Er konnte sowieso nicht schlafen. Gemeinsam rätselten sie, was sie genau machen sollten. Natürlich machte sich der Milizsoldat auch seinen Kopf und schlug schließlich vor: „Wir sollten den morgigen Tag nutzen, um die Situation in der Stadt auszukundschaften und abends zuschlagen.“ Der Vorschlag fand Zustimmung und die Drei einigten sich darauf, dass sie sich morgens trennen würden, um sich Alles genau anzuschauen.“ Wenn etwas schief ging, dann sollten die Anderen den Gefallenen zurücklassen.

  11. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #191
    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Die Sonne war in der Zwischenzeit untergegangen und nur das von Ritley beschworene Licht spendete nun noch ein wenig Helligkeit. Wut flammte auf einmal – völlig unvorhergesehen und wie aus dem Nichts – im Wassermagier auf. Er sah wieder diese Opfer eines sinnlosen Mordens. Die Menschen waren ausgehungert worden, bekamen nicht einmal die letzte Ehre eines Schwerstoßes erwiesen. Die Orks machten sich angenehme Tage vor der Burg und überließen die Menschen dem gnadenlosen und vernichtenden Hunger. Wütend schnaubte er auf, bekam einen fragenden Blick von Solaufein zugeworfen. Langsam beruhigte sich der Wassermagier wieder in Anbetracht der Tatsache, dass sie vor den letzten beiden Toten standen, die noch in das Grab abgelassen werden mussten.

    Mit einer leise gemurmelten Entschuldigung begab sich der Wassermagier und treue Diener des Gleichgewichts wieder an die Arbeit, packte die vorletzte Leiche an den Armen und wartete auf den Krieger, der selbiges mit den Beinen machen sollte. Langsam ließen die beiden den Leichnam in das Grab hinab, stiegen wieder aus diesem herauf und schnappten sie den letzten der elf Toten. Der Verwesungsgeruch war trotz des aufkommenden Windes beinahe nicht mehr auszuhalten und weckte nur noch mehr Gedanken an die vergangenen Schlachten. Ritley wollte es nun so schnell wie möglich hinter sich bringen und endlich ein anderes Bild vor Augen bekommen.

    „Das war der Letzte.“, meinte der Schwarzhaarige nun, nachdem die beiden Männer wieder aus dem Grab gestiegen waren. Er klopfte sich den Staub und die Erde von der Robe, blickte mit ausdruckslosem Gesicht zu den vielen Verstorbenen hinunter. „Fallen euch noch ein paar letzte Worte ein? Irgendetwas, dass ihnen würdig werden könnte? Ich kann ihnen den Segen Adanos' mit auf ihre Wege geben. Aber ihr seid selbst ein Krieger, wisst wahrscheinlich am besten, was einem kurz vor dem Tor in die Unendlichkeit erwartet. Wenn ihr die passenden Worte für ein solches Schicksal finden könnt, so sprecht sie – ich kann es nicht.“

  12. #192
    Solaufein
    Gast
     
    Der Krieger sah einen Moment ungläubig zu Ritley. Was sollte er denn sagen? Er war kein Schamane und auch kein… Priester. Er war nur ein Krieger und Jäger, wie Ritley richtig bemerkt hatte und so war es auch nicht an ihm, irgendwelche Worte für irgendwelche Fremden zu finden, sein Dienst war die Tat und diese hatte er getan… das hieß… noch nicht ganz… sie hatten zwar schon die Erde über die Toten geschaufelt, aber das waren noch nicht die Gräber, die einem wahren Krieger würdig waren. Da fehlte noch etwas ganz Entscheidendes!

    >>Noch ist nicht die Zeit für Worte Magier. Das Grab… ist unvollständig. Tut mir bitte den Gefallen und holt weitere Steine, sie müssen aber nicht so groß sein. Wir müssen das Grab mit ihnen komplett bedecken, oder zumindest in großen Teilen. Danach werden wir an der Rückseite einen kleinen Schutzwall auftürmen. Und ich… kümmere mich derweil um das wichtigste… ihre Waffen!<<

    Er wusste genau, das für einen Krieger das Wichtigste seine Waffe war, denn sie erst machte ihn zu dem was er war. Zum Glück hatte er schon vorher die Waffen vor jedes einzelne Grab gelegt, denn jetzt die zehn Schwerter, Streitkolben und Speere den Einzelnen zuzuordnen wäre ein Ding der Unmöglichkeit geworden, es war ja noch nicht mal für jeden ein wirkliches Grab geworden. Selbst sein scharfer Verstand hätte da passen müssen. So rammte, platzierte und stellte er jede Waffe so hin, dass sie für jeden Besucher gut sichtbar war und mit Sicherheit nicht des Windes oder Regens wegen umfallen würde. So wurde das Grab klar erkenntlich zu einem Kriegergrab und jeder würde sehen, wie viele tapfere Körper darunter lagen. Schließlich war er mit der Arbeit fertig und half Ritley mit den Steinen, was wesentlich mehr Zeit in Anspruch nahm und noch eine gute halbe Stunde dauerte, in der sie nur so effizient voran kamen, weil dem Magus auch die Fähigkeit zuteil wurde ein kleines Licht zu erschaffen. Manchmal war es doch überaus praktisch, einen solchen an seiner Seite zu haben.

    Als sie es endlich geschafft hatten, standen sie wieder da, wo sie auch davor schon standen und Sol atmete tief, ehe er tatsächlich ein paar Worte für die Fremden fand.

    >>Sie lebten als Krieger und starben als Krieger. Für die eine Sache an die sie glaubten, waren sie bereit, ihr Leben zu geben und dem Feind zu trotzen. Mögen ihr Geist Frieden finden und ihre Seele zu ihren Ahnen kommen.<<

    Auch der Magier gab ihnen noch einmal ihren Segen mit auf den Weg, dann aber hatten sie es endgültig geschafft. Die Prozession war vorbei und sie konnten mit gutem Gewissen und erschöpftem Fleisch wieder zurück ins Haupthaus gehen.

  13. Beiträge anzeigen #193
    Schwertmeisterin Avatar von Serena
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    Serena ist offline
    Unschlüssig hatte die Diebin die letzte Klippe erklommen und blickte nun auf das Tal hinunter, welches sich unter ihr erstreckte. In weiter Ferne konnte sie den in Feuer gehüllten Turm sehen, der tatsächlich noch an dem Ort stand, an dem sie ihn im Gedächtnis behalten hatte und zu dem sie eigentlich unterwegs gewesen war und dennoch zögerte sie. Seit jener Nacht, als nach diesen rätselhaften Erscheinungen, ihre ganze Hand purpurn geleuchtet hatte, war die Magie wieder verschwunden, jeder Versuch ein wenig der magischen Kraft einem der Steine zu entlocken, war gescheitert und auch wenn das ursprüngliche Ziel nun schon fast greifbarer Entfernung lag, begann die Priesterin zu begreifen, dass sie wieder zurück musste, zurück an jenen Ort, der so drastisch von ihr Besitz ergriffen hatte...

    Auch wenn es sich bergab viel leichter ging, näherte sie sich nur langsam der verlassenen Stätte nahe dem niedergebrannten Bauernhof. Es war bereits wieder tiefste Nacht, als Serena am Waldrand stand und über die geschwärzten Felder hinweg blickte, auf denen die großen Monolithe sich in die Höhe streckten. Der Mond war fast völlig geschwärzt, nur eine hauchdünne Sichel zeichnete sich am Himmel ab, die es nicht vermochte, die pechschwarze Dunkelheit der Nacht nennenswert zu durchbrechen. Wieder war diese Lichtung zwischen den umliegenden Wäldern verlassen, schon seit geraumer Zeit hatte sich kein Ork mehr blicken lassen, was die Sache nur noch unheimlicher machte.

    Leisen Schrittes näherte sie sich den schwarzen Felsen, die noch immer regungslos auf dem verbrannten Boden standen, während die Frau allmählich ein Knistern auf ihrer Haut vernahm. Die Luft fühlte sich wie elektrisiert an, dennoch war diese Erfahrung lange nicht so ausschreitend, wie bei ihrer ersten Auseinandersetzung. Leise Stimmen durchdrangen die Luft, so als würden die Steine zu ihr sprechen, in einer Sprache, die sie weder verstand noch erkannte. Selbst als sie ihre Füße auf den kreisrunden Platz setzte, den diese Monolithen umringten, regte sich kein Lüftchen, schon gar nicht so ein Orkan wie in der Nacht zuvor, auch dann nicht, als sie sich dem rechteckigen Stein in deren Zentrum näherte. Sie konnte nicht genau sagen weshalb, aber sie verspürte einen unerklärlichen Drang, ihre Hand auf den kalten Stein zu legen, der etwas ausstrahlte, das sie schon lange nicht mehr gefühlt hatte...

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    Veteran Avatar von Tuk-Tuk
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    Tuk-Tuk ist offline
    Bei Tage sah die Insel noch ein wenig imposanter aus, als sie es vielleicht bei der nächtlichen Ankunft wirkte. Zwar war der erste Charme, der erste Zauber schon lange verflogen, aber das Geheimnisvolle, das Mystische blieb ihr erhalten. Viele der anderen Orks schienen nur wenig Interesse an der Insel selbst zu haben und kümmerten sich nicht um die Fauna und Flora hier, doch anders Tuk-Tuk und die anderen Heiler. Nicht alle waren so begeistert wie sie, waren teilweise gezwungen worden auf die Expedition zu kommen, ihre Künste in den Dienst der Orks zu stellen, der einen Sache unterzuordnen. Aber eigentlich bekam sie nicht so viel mit von den Streitigkeiten und Problemen hier. Die Aufgabe die sie hatte band sie zu sehr, als das sie großartige Freiheiten besaß, aber das junge Orkmädchen kümmerte sich nicht darum, empfand ihren Zustand nicht als Zwang. Sie diente ihrer Lehrmeisterin gerne, lauschte mit großen Ohren ihren Worten und kümmerte sich um sie. So auch an jenem Tag, wo die Expedition noch vor dem Sonnenuntergang ein Quartier bezog, wahrscheinlich um die Stellungen zu befestigen und den Jägern die Möglichkeit zu geben, ihre Beute noch zu sehen, bevor es kaum mehr möglich war etwas zu fangen. Geschickte Orks waren da bei der Sache, nicht so ungeschickt und dumm, wie viele immer dachten, auch andere Orks. Die Jäger des Weißen Wyrms jagten nicht mit Schleudern oder gar mit Nahkampfwaffen, sondern mit Speeren, die sie perfekt beherrschten. Ob die hiesigen Brüder und Schwestern überhaupt damit umgehen konnten?

    Während sich die große Gruppe sammelte und die Zelte aufspannte, die Wachlager befestigte und die Ausrüstung ablud, konnte Tuk-Tuk nur ein weiteres Mal staunend und nahezu abwesend ihrem Auge kaum trauen. Sie bauten ihr Lager am Fuße einer mächtigen Festung auf, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Ein großer Steinhaufen, der von dort unten noch größer aussah, als er ohnehin schon war. Ein wahrhaft imposanter Anblick, obwohl sie noch nicht einmal wusste, dass die Festung mehr einer Ruine glich und halb zerfallen war. Aber viel Zeit blieb ihr nicht, sich das alles anzuschauen, schon gar nicht aus der Nähe, obwohl es sie wirklich gereizt hätte, mit dem Spähtrupp mitzugehen, der nun auf Geheiß der Offiziere das Ding inspizieren sollte. Ein neuer Befehl war gesprochen und musste ausgeführt werden. Jeder hatte seine Aufgabe und so gab es keine Widerworte. Während die Jäger Ausschau nach Beute hielten, die der Ernährung dienen sollten, sollten Tuk-Tuk und ihre Brüder und Schwestern – wobei es fast nur weibliche Orks waren, die den Heilern dienten, obschon ihre Zahl etwas ausgeglichener war – eine andere Beute finden, die für die Heilmeister sehr wichtig war. Pflanzen, Kräuter, Kleintiere, Wurzeln, Beeren, Blätter und Nüsse. Auch hier erwartete Tuk-Tuk eine neue Erfahrung, denn die Dienerin kannte zwar nahezu alle Kräuter, Wurzeln, Beeren und all das ganze Zeug aus ihrer Heimat, wusste aber nicht, was sich davon noch hier finden würde.
    Das Tal, das einer der Wachhabenden als „Minental“ beschrieb, war karg und öde, hatte aber kleinere Wälder, in denen man fündig werden konnte. Trotz der kalten Jahreszeit, die der Orkin mehr zu schaffen machte als den anderen Orks, die ein dickeres und wärmeres Fell hatten, fanden sich noch einige Pflanzen, die sie kannte und nur allzu gut gebrauchen konnte. Tuk-Tuk sammelte ein duzend Orkblätter und noch einmal so viele Seraphispflanzen, außerdem noch etwa die Hälfte davon mit verschiedenen Beeren und Nüssen, die man bedenkenlos essen konnte. Zwei seltsame Exemplare von Pflanzen fand sie auch und nahm sie mit. Vielleicht konnte die alte Schamanin ja etwas damit anfangen. Jedenfalls war sie zufrieden mit ihrer Ausbeute und ging bedenkenlos zurück zum Lager, es wurde auch schon dunkel und alleine wollte sie in diesem finsteren Wald nicht sein, wer wusste schon, was dort alles auf sie lauerte. Außerdem interessierte es sie brennend, was die Späher von der Festung zu berichten hatten und ob ihre Lehrmeisterin etwas mit den komischen Pflanzen anfangen konnte.

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    Ehrengarde Avatar von Hombre
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    Hombre ist offline
    Die letzten Lichtstrahlen fielen zwischen den Ästen hindurch auf den nun fast schneelosen Boden vor der Stadt Khorinis. Heute war ein ideales Wetter gewesen um die Stadt aus sicherer Entfernung auszukundschaften. Nun aber, aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse, war der Drachenjäger gezwungen näher an die Stadtmauer herzukommen. Zwischen den Büschen und Bäumen schlich er sich immer näher heran, bis er endlich erkannte ob irgendetwas auf den Mauern stand oder nicht. Gerade sah er noch eine sich bewegende Fackel, wie sie sich langsam hin und herbewegte. Weiter unten, vor der Mauer, unterhielten sich zwei Orks. Zwar war es nicht leicht zu erkennen, aber Hombre schätzte dass es nur Späher waren, denn sie trugen leichte Rüstungen und hatten nur einfache Waffen bei sich. Der rechte trug einen Speer, der linke eine leichte Einhandaxt. Gespannt verfolgte der Drachenjäger das Gespräch ein paar Minuten, verstand aber kein Wort. Orkisch. Sie redeten auf orkisch miteinander. Einer der Nachteile seines Volkes während des Krieges: Viele der „neuen“ Orks konnten fast fließend die menschliche Sprache sprechen, doch nur wenige Menschen – falls es überhaupt welche gab – konnten orkisch reden.

    Hombre überlegte. Er konnte nicht beide gleichzeitig angreifen, sie waren zu nah bei der Mauer. Wenn er einen tötete, so konnte der andere immer noch rechtzeitig Wachen rufen und er wäre so gut wie tot gewesen. Nun musste er also warten, bis sich einer von ihnen aus dem Staub machte. Doch sie redeten ... und redeten ... und redeten. Inzwischen war der Jäger auf seinen Hosenboden gesunken und blickte gelangweilt vor sich hin. Eigentlich hätte er schon zurücklaufen und den anderen von seinen Entdeckungen erzählen sollen, doch er wollte lieber die Orks noch etwas dezimieren. Natürlich war das gefährlich, aber was auf dieser gottverfluchten Insel war das nicht?

    Endlich, nach viel zu langer Zeit kam das Gespräch zu einem Ende und der eine Ork mit der Axt verabschiedete sich durch einen Handgruß oder so etwas ähnliches, es sah jedenfalls so aus. Der zurückgebliebene Ork wandte sich zur Mauer, lehnte seinen Speer daran und wurstelte an seiner Hose – oder war es ein Lendenschurz? – herum und pinkelte dann an die Wand. Der Augenblick auf den er gewartet hatte! Naja, mehr oder weniger. Schnell kam er wieder auf die Beine und blickte zu den Zinnen der Stadtmauer hinauf. Gerade war keine Fackel zu sehen. Gut! Er überlegte noch mal für einen Augenblick, nahm dann den Speer nach oben, sprang ein paar Schritte nach vorne und schleuderte den Speer mit ganzer Kraft in Richtung des Orks. Mit seinen eisblauen Augen verfolgte der Krieger den Flug seiner Waffe ... und sie traf den Ork voll im Rücken. Glücklicherweise handelte es sich bei dem Grünpelz um einen Späher, so konnte auch sein einfacher Speer die Rüstung durchschlagen. Dennoch zog Hombre schnell sein Jagdmesser und sprintete in Richtung der Stadtmauer. Noch während er rannte sah er, wie sich der Ork wieder bewegte und röchelnd versuchte sich aufzurichten. „Scheiße,“ fluchte der Drachenjäger leise und rannte noch schneller.

    Kurze Zeit später war er bei dem Ork angekommen, packte ihn sogleich am Hinterkopf und zog diesen nach hinten. Ein Röcheln ertönte, das jedoch sofort mit einem Messerstreich erstickte. Unschöne Angelegenheit, wirklich unschön. Ohne jegliche Gesichtsmimik wischte er das Messer an der Kleidung des Orks ab, dann steckte er es wieder in die Halterung. Plötzlich sah er Licht über sich: Der Wachork mit der Fackel! Reflexartig presste er sich so nah es ging an die Wand und hoffte, dass der Ork weiterging. Langsam schob sich die Lichtquelle über ihm hinweg, bis sie wieder im nächsten Wachturm verschwand. Erleichtert atmete der Drachenjäger auf, packte dann den toten Ork an den Schultern und begann, ihn unter die nächst besten Büsche zu ziehen.
    Nach verrichteter Arbeit sah er sich den Speer des Orks an. Eine gute Länge für den Drachenjäger, die Spitze war einfach gehalten, leicht zur Seite abgeflacht. Auf jeden Fall besser als sein jetziger Speer. Also entschied er sich kurzerhand seinen Speer auch unter ein paar Büschen verschwinden zu lassen und den Orkspeer mitzunehmen. Leise machte er sich auf den Rückweg zu den anderen. Mal sehen, was die so zu berichten hatten ...

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    Ritter Avatar von Rhen
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    Rhen ist offline
    Als sich die kleine Gruppe wieder traf, berichtete Hombre als erster über die Ereignisse. Natürlich war diese Aktion sehr gefährlich gewesen, doch Rhen konnte sich nicht aufregen. Er hätte erstens das Selbe gemacht und zweitens hatte er das Selbe gemacht. „Als wir uns getrennt hatten, bin ich in Richtung Osttor. Von dort aus, erreicht man nicht die ganze Insel und ich hab mir gedacht, dass dieses Tor weniger bewacht wird.“ Er machte eine kurze Pause und fuhr dann enttäuscht wird. „Falsch gedacht. Jedoch wollte ich nicht so schnell aufgeben und hab mich in der Nähe des Bauernhofes versteckt, wo mich niemand sieht. Von dort aus, hab ich die Stadt viele Stunden lang beobachtet und ich hab etwas Interessantes beobachtet.“ Er schaute sich um, als wollte er sicher gehen, dass ihnen niemand zuhörte. Sly und Hombre dachten, dass Alles nur Show war. In Wahrheit war er wirklich etwas nervös. Grund dafür war diese Komplikation.

    „Alle 3 Stunden werden die Wachen abgelöst, es ertönt zur Orientierung ein tiefer Glockenton. Danach schauen sich die Orks kurz um: ‚Checken die Lage’.“ Was für ein schrecklicher Ausdruck. „Danach verlassen sie ihren Posten und die Position bleibt circa 5 Minuten unbesetzt. Sonst hab ich nicht mehr in Erfahrung gebracht. Es gab auch nur kleinere Komplikationen, die ich nicht erwähnen muss.“ Rhen hatte keine Lust, diese kleineren Geschehnisse zu erzählen. Dies war sowieso nur Kleinkram. Falls man ein Feldräubernest als Kleinkram bezeichnen konnte. Dem Blondschopf hatte es zwar die ganze Zeit in den Fingern gejuckt. Er mochte den Kitzel, einen Ork zu töten. Er verabscheute diese Geschöpfe und hätte sich gefreut, ein bisschen Blut spritzen zu lassen. Doch dazu war es wieder nicht gekommen. Stattdessen durfte er gegen 5 Feldräuber auf einmal kämpfen. Natürlich hatte er gewonnen, auch wenn es schon kompliziert war, gegen so viele Gegner auf einmal zu bestehen. Doch seine Schnelligkeit war der auslösende Punkt, dass er es immer wieder schaffte.

    Nun glitt sein kalter Blick auf seinen Lehrmeister. Dieser hatte der Geschichte aufmerksam zugehört und wahrscheinlich seine Schlüsse gezogen. Er fragte jedoch noch einmal nach: „Aller drei Stunden? Wann war das?“ Rhen konnte sich gut erinnern: „Mittag, als in circa einer Stunde ist wieder Schichtwechsel.“ „In einer Stunde.“ „Sag ich doch, nächste Stunde.“ Rhen schaute verlegen zum Boden. Er konnte ein bisschen schreiben und hasste Rechnen, selbst als er damals Händler gewesen war. Er wendete sich ab und ließ seinen Geist durch hin und her irren. Wut und Hass stieg in ihm auf. Er wollte endlich in die Stadt und Orks schlachten. Während seine Gefühle ihn langsam wieder aufbauten, erzählte von seinen Beobachtungen. Komisches Gefühl. Er hatte noch nie bemerkt, dass sein Körper so eng mit seiner Seele verknüpft war. Jedoch erwachte der Blondschopf aus seinen Gedanken, als Sly endlich den Plan erzählte. „Also, wir brechen jetzt auf und stellen uns am Nordtor bereit auf. Wenn der Glockenturm ertönt, versuchen wir so schnell wie möglich in die Stadt zu kommen. Dort angekommen, müssen wir versuchen, nicht gesehen zu werden. Das heißt, wir entfernen uns so schnell wie möglich von der Stadtmauer und nehmen nicht den Weg an der Kaserne vorbei. Sobald wir gesehen werden, suchen wir eine gute Stellung, um zu kämpfen. Von dort aus, werden wir uns dann langsam in Richtung Hafen vorkämpfen.“ Seine beiden Schüler nickten. Die Irrfahrt kann also losgehen!

  17. #197
    Solaufein
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    Er sah die Sterne funkeln und schien rund um zufrieden. Es gab scheinbar nichts, was ihn aus der Ruhe brachte. Seine Augen schimmerten tief und dunkel, suchten nur nach Ruhe und Erholung. Regungslos aber nicht tatenlos saß er da und wartete. Er hörte die Stimmen des Waldes und der Nacht und schien sie zu genießen. Balsam für die Seele. Dann aber bekam er Lust selbst mitzumachen und gab einen lauten, kurzen, markanten Ton von sich. Er hatte zur Jagd geblasen. Wie ein tollkühner Springer jagte er von dem Ast der Fichte herunter und sauste durch die Luft, die an seinem Äußeren zerrte. Unterwegs drehte er ein paar Kapriolen und flog ein paar mal im Kreise herum. Plötzlich hatte er seine Beute erspäht und ließ sie nicht mehr aus den Augen. Nun gab es kein Entrinnen mehr für sie. Noch eine kurze, wilde Jagd über den Waldboden, da fiel ein Stein, dort bog sich ein Grashalm, hier huschte ein Blatt, dann war es vorbei. Zack! Fast geräuschlos, wie der ganze Jagdvorgang auch, schnappte er zu und ließ die Beute noch für einen Moment zappeln, ehe sie in seinem Schnabel verschwand. Die Eule flog zufrieden zurück auf ihren Ast und verfiel wieder in nahezu Starre. Ein perfekter Jäger bei Nacht…

    Der Gildenlose hatte das Schauspiel fast gänzlich verfolgt und sich den Rest zusammengereimt. Er liebte diese Tiere, wie er beinahe alle Tiere des Waldes liebte. Die Art und Weise wie sie jagten, effizient, lautlos, einfach. Es war nahezu perfekt. Die Maus hatte keine Chance gehabt. In wie vielen Fällen würde sie das Duell wohl gewinnen können? Es war in gewisser Hinsicht grausam gewesen, doch andererseits funktionierte so die Natur. Fressen und Gefressen werden. Nur der Mensch… er fraß sich selber, da konnten auch die Orks nichts dran ändern.

    Im selben Moment wie in dem die Eule zugeschnappt hatte, ließ er sein Schwert zu Boden sinken und sah auf den Hasen, der dort an einem kleinen, geschützten Lagerfeuer auf einem kleinen Ast aufgespießt war und über dem Feuer briet. Er hatte ihn gefangen, unkonventionell, mit viel Glück und seinen bloßen Händen. Mit diesem angerostetem Schwert war keine gute Jagd möglich gewesen, wie vermisste er doch seine beiden Dolche, mit denen er so oft eine exzellente Treibjagd auf einzelne, größere Beutestücke geführt hatte. Doch noch mehr als beim Jagen vermisste er sie beim Ausnehmen des Tieres. Sein Spießdolch war da das erste Werkzeug zur Hand, nun, wo er gar nichts hatte und auch Ritley nicht aushelfen konnte, musste das Schwert herhalten. Sauber war das Ganze nicht gerade, weswegen Ritley während des Ausnehmens auch fortwährend Wasser über den Kadaver goss. So hatten sie wenigstens eine gute Mahlzeit für heute und morgen früh, ein paar essbare Pilze komplettierten das Mahl. Sol fragte sich, wie der Magier wohl für Essen gesorgt hätte. Er hatte ihn vielleicht ein, zwei Tage aufgehalten, doch dann wären auch seine Nahrungsvorräte zuneige gegangen und er sah nicht so aus, als ob er etwas von der Jagd verstehen würde. Aber er war ja jetzt da, auch wenn er ohne seine Waffen und sein Werkzeug nur ein billiger Abklatsch von einem Jägermeister war. So konnte er sich wenigstens ein bisschen für Ritley bisherige Hilfe revanchieren, auch wenn er nicht in seiner Schuld stand.

    Die beiden hatten schon viel geredet heute, teilweise sogar ein paar Mal zusammen gelacht, das war während der Jagd und bei dem Versuch des Jägers Feuer zu machen, was er hier draußen mit den passenden Hölzern und Werkzeugen aber – wie man an dem gebratenen Hasen zweifellos sehen konnte – geschafft hatte. So schwiegen sie jetzt und aßen und tranken, jeweils mit ihren Gedanken wohl ganz woanders.

    Der Krieger lehnte sich zurück und sah erneut in die Sterne, diesmal jedoch durch seine eigenen Augen. Die Geräusche des Waldes waren eine perfekte Musik für ein Kind des Waldes, wie er es zweifellos war. Schon langsam schläfrig dachte er noch einmal über das Geschehene nach, wie sie schon früh am Morgen die Burg verlassen hatten. Dabei musste er kurz grinsen, hatte es doch schon dort einen lustigen Vorfall gegeben. Während Ritley erneut das Tor aufzauberte – nicht jedoch ohne es wieder danach, so gut es eben ging, zu verschließen – und ganz einfach und ohne Anstrengung durchspazierte, wählte er den etwas anspruchsvolleren Weg und kletterte erneut an der kaputten Westflanke hinab. Doch schließlich trafen sie sich und man fand wieder zusammen, um den weiteren Weg gemeinsam zu bestreiten. Sie taten gut daran trotz des morgendlichen Nieselregens ihre Abreise nicht zu verschieben, konnten sie doch unmöglich wissen, dass wenige Stunden später eine riesige Orkkolonne vor der Burg ihr Lager aufbaute. Es waren andere Orks, nicht die, die Sol vor ein paar Tagen noch erfolgreich mit ein paar Steinen und Schreien vertreiben konnte und sie waren auch mutig genug die Burg zu durchsuchen. Nun war sie leer und die Orks würden nichts Brauchbares mehr in ihr finden, aber wären sie noch da gewesen, hätte es kaum eine Chance zur Rettung gegeben. War es also Glück im Unglück oder doch nur ein Schicksalswink, dass sich alles so schnell verändern konnte und aus einem harmlos scheinendem Tal und einer leeren Burg schnell ein riesiges Orklager wurde?

    Sie wussten davon nichts und quälten sich deshalb auch nicht mit der Frage und so wurden die Lider des Jägers auch immer schwerer und schwerer, während die nächtliche Waldesmusik nichts von Orks oder dergleichen verkündete und so fielen sie schließlich ganz zu.

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    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Ritley schenkte den im Wind wehenden Bäumen keine Beachtung. Seine Umgebung, die normalerweise seine Gedanken beschäftigte: sie existierte in diesem Moment nicht mehr. Es war, als würde sich die ganze Welt nur noch in seinem Kopf abspielen, nicht mehr real sein. Oder war sie es doch? Ritley schüttelte den Kopf und wollte gleichzeitig nicken. Nicht einmal das nahm er bewusst wahr. Das Gesicht tauchte wieder vor seinem inneren Auge auf. Die Haare, die langen, im Wind wehenden, strähnigen pechschwarzen Haare. Die haselnussbraunen Augen, wie aus einem Diamanten geschliffen, die ihn verschlingen wollten, in ihren Bann ziehen, ganz und gar aufsaugen. Die weiche, wunderschöne und duftende Haut. Die verführerischen Lippen, die wie zum Küssen geschaffen schienen. Die makellose aber dennoch natürliche Schönheit. Und vom einen Augenblick auf den anderen verschwand sie wieder. Zurück blieb eine Leere, die den Wassermagier von Innen heraus zerstörte. Das Gefühl, etwas gehabt zu haben, dass auf schmerzhafteste Art und Weise wieder entrissen wurde. Der Sinn des Lebens war damit verloren gegangen, dass Einzige, wofür man zu existieren glaubte nicht mehr.

    „Ritley?“, drang nun eine fragende Stimme an das Ohr des Magiers. Langsam wurde die Umgebung wieder erkennbar, der Schleier, welcher sich in Windeseile um sie gelegt hatte, verschwand nach und nach vollständig. Der Magier nickte einen Moment verwirrt, wischte sich dann mit dem Handrücken die Schweißschicht von der Stirn. Ein letztes Stechen in der Brust erinnerte ihn an die gerade durchlebten Gedanken, dann war alles restlos verschwunden.

    „Ich war... war... gerade in Gedanken.“, antwortete er dem Krieger, der die Stirn gerunzelt hatte und ihn mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen musterte. Solaufein nickte nur einmal kurz und rückte sich dann die Kleidung zurecht. Ritley schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. „Verzeiht mir meine Unachtsamkeit. Ich habe heute Nacht nicht sonderlich gut geschlafen und stehe noch ein wenig neben mir. Was wolltet ihr?“

  19. #199
    Solaufein
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    Was war bloß mit dem Wassermagier los, irgendetwas hatte er doch. Sol hatte schließlich Augen im Kopf und seit er regelmäßig wieder Essen und Trinken zu sich nahm und seinen Verstand langsam aber sicher wieder forderte, war die Schärfe in jenen zurückgekehrt. Auch wenn er sich den Schweiß schnell abwischte, so hatte der Krieger ihn doch längst gesehen. Wurde der Magier etwa krank? Hoffentlich nicht, dass konnten sie nun wirklich nicht brauchen. Vielleicht war es nur ein Alptraum oder etwas Ähnliches… er hoffte es sehr, denn er hatte so ein ungutes Gefühl in der Magengegend, als ob die trügerische Ruhe, die sie auch heute umgeben hatte, eben genau das war, trügerisch!

    Sie hatten gestern den Pass genommen und waren vorsichtig vorangekommen. Der Pass war ein solch gefährlicher Ort, an dem Orks noch eine der kleinsten Gefahren waren, so dass sie sehr vorsichtig waren, was aber auf Kosten ihres Tempos gehen musste. Inzwischen war sich Sol auch halbwegs sicher, seinen Gefährten auf seine Stärke einschätzen zu können. Zwar hatte sich der Magier noch in keinem Kampf beweisen müssen und so seine Fähigkeiten offenbaren, jedoch hielt er ihn nicht für mächtig genug mit mehr als drei Orks fertig zu werden. Alternativ wäre er wohl auch an einem Schattenläufer gescheitert. Eventuell sogar an einem Rudel wilder Wölfe. Die verborgene Macht seiner magischen Fähigkeiten war für ihn ein Buch mit sieben Siegeln, so dass er hier nichts schätzen konnte, aber die einzig erkennbare Waffe die der Magier noch bei sich trug war dieser komische Stab und mit diesem traute er Ritley keine großen Sprünge zu. Aber er schaute natürlich zuerst auf sich selber und wusste genau, dass er momentan selbst einem Schwarm Blutfliegen unterlegen wäre. Kein Vergleich zu den glorreichen Tagen vor der Zeit des großen Gedächtnisverlustes. Dabei schob er weniger die Schuld seiner neuen, rostigen Waffe zu, die allenfalls eine Übergangswaffe darstellen konnte, sondern mehr seiner eigenen, körperlichen Schwäche. Dennoch taxierte er seine und ihre Chancen genau und hatte versucht sie beide so gut es ging durch das Tal und den Pass zu führen.

    Als sie diesen endlich hinter sich gelassen hatten und auf „gewohntes“ Gebiet kamen, war Sol wieder ganz in seinem Element. Trotz der erkennbaren Veränderung hatte sich der Landstrich kaum verändert und so kannte der Jägermeister noch immer fast jeden Baum persönlich auf diesem Fleck der Insel, obwohl er sich doch schon damals mehr in den gorthanischen Wäldern aufhielt als hier. So übernahm er immer mehr die Führung ihrer kleinen Gruppe, was aber auch daran lag, dass Ritley – nicht nur in dieser einen Situation – seltsam geistig abwesend wirkte.

    >>Nun…<<, räusperte er sich, >>es wäre gut zu erfahren, wo ihr eigentlich hin wollt. Ihr seid zielsicher in Richtung Khorinis gelaufen, wir haben den Pass genommen, jedoch… Drakia und das Meer liegen in der anderen Richtung. Wohin also wollt ihr, Ritley? Khorinis? Ich denke, sie ist voller Orks?<<
    Der Dunkelhaarige fuhr sich noch einmal durchs Haar und kratzte seine Kopfhaut. Dann war er sich nach dem abschließenden Blick sicher.
    >>Diese Gegend… man spürt nichts von einer Gefahr, nichts von einer Invasion. Wo sind bloß die Orks, von denen ihr gesprochen habt?<<
    Schweigen. Er wartete einen Moment, aber sein Begleiter hatte ihm den Rücken zugekehrt und schien zu überlegen.
    >>Was habt ihr denn? Wer von uns ist der Gezeichnete? Irgendetwas quält euch doch, ich habe euch beobachtet…<<

  20. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #200
    Mythos Avatar von Ritley
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    Ritley ist offline
    Ritley schwieg noch immer, ging nicht auf die Fragen seines Gegenübers ein. In diesem Moment, ja, genau in diesem konnte der Wassermagier auch gar nicht anders. Die Erinnerungen kehrten zurück, zeigten sich wie kleine Explosionen vor seinem inneren Auge. Er wünschte, es würde endlich aufhören. Er wollte seine Ruhe wieder, in Frieden leben. Warum passierte es gerade zu diesem Zeitpunkt? Hatte es ihn denn nicht an einem anderen erwischen können? Nein, beantwortete er sich diese Fragen selbstsicher und mit Nachdruck, denn genau so soll es sein. Adanos webt mein Schicksal, Adanos wird es auch wieder beenden. Wenn Schluss sein soll, so ist Schluss. Wenn der Anfang sein soll, ist der Anfang. Und wenn diese Erinnerungen sein sollen, so sind sie. Einen tieferen Zweck werden sie erfüllen, ja, einen, den ich nicht einmal erahnen kann.

    Langsam drehte er sich um. Solaufein verdiente es nicht, angeschwiegen zu werden. Er war bisher immer ehrlich zu Ritley, soweit es für diesen ersichtlich war, und sollte ebenfalls mit Ehrlichkeit belohnt werden. „Nun“, begann er langsam und mit zögerlicher Stimme, was man ihm auch deutlich anzuhören schien, „mich bedrückt tatsächlich etwas. Glaubt mir, Solaufein, wenn ich wüsste was genau es ist, würde ich es euch sagen. Doch in diesen Segen komme ich – warum auch immer – zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Sobald ich weiß, was in meinem Kopf vorgeht, lasse ich euch daran Teil haben. Und bis dorthin... ja, dann muss vor allem ich damit leben können. Unsere Reise wird es zumindest nicht beeinflussen.“

    Er selbst schenkte diesen seinen Worten schon keinen sonderlich großen Glauben und der Krieger wahrscheinlich ebenfalls nicht. Ihm war mit Sicherheit nicht entgangen, wie abwesend der Magier schon den ganzen Tag über gewesen war. Wenn sie nun auf Feind liefen oder in eine sonstige Gefahr gerieten: es würde ihn überraschen und er wäre zumindest die ersten Momente lang absolut perplex. Reise, erinnerte er sich nun wieder. Richtig. „Nun, ich habe den Auftrag in Jharkendar ein paar Dinge für einen Freund und alten Lehrmeister abzuholen. Wenn wir es bis dorthin schaffen und dort keine Horden von Orks nur darauf warten, endlich wieder wilde Menschen in die Pranken zu bekommen, kann man mit einer reichen Belohnung rechnen. Mein Lohn wird es sein, mich bei ihm revanchieren zu können. Wenn ihr also nichts dagegen habt – ich denke, wir ergänzen uns recht gut.“ Solaufein nickte zustimmend, wahr scheinbar damit einverstanden. „Gut, dann machen wir uns auf den Weg zum Ort, der einst so prunkvoll war. Auf zu den Tempelanlagen!“

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