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  1. Beiträge anzeigen #101
    Waldläufer Avatar von Drew
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    Drew ist offline

    Höhle

    Nur wenn es ihnen keine Umstände bereitet sagte Drew und blickte zu Tallian und dem Alten. Er wusste, dass talian eher einer der Sensibelen Sorte war, also würde er es sowieso nicht weiter schaffen. Plötzlich hörte Drew eine Hand voll lauter, seltsamer Geräusche. Der Alte klärte sie auf und erklärte ihnen, dass es Regen sei, oder aber etwas Anderes, der Alte hatte es vergessen. Drew musste sich sein Lachen verkneifen und dachte stattdessen über Setariff nach, was es wohl für eine Stadt war. Bestimmt gab es volle Marktplätze, prunkvolle Herrenhäuser und vielleicht sogar einen Hafen. Drew liebte Städte, denn in ihnen konnte man soviel erleben. Danach dachte er etwas über seine Vergangenheit nach. Ob die Piraten dort sein würden. Drew hoffte es jedenfalls. Irgendwie konnte er nicht über die alten Zeiten hinwegkommen, vermutlich weil diese so schön waren.

  2. Beiträge anzeigen #102
    Ritter
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    Vryce ist offline
    Einen Moment starrte der Schwarzmagier auf das Rattenskelett, welches der Hüter beschworen hatte. Ein weiterer Moment verging, in dem sein Gehirn auf Hochtouren den Sinn hinter dieser recht eindeutigen Aufforderung zum Kampf zu entdecken versuchte. Es scheiterte zwar nicht daran, trotzdem fehlte der Sinn. Zu prüfen, ob Vryces Befehlskraft über eine von ihm beschworene Kreatur stark genug war, hätte sich sicherlich auch anders testen lassen.
    Aber nun, Ardescion war der Lehrmeister. Nicht Vryce. Also ließ er sich auf den Kampf ein, erhob sich und blickte von seinem Gecko zu der Ratte. Das erinnerte ihn an eine Szene, die er vor zig Jahren mal in den Setarrifer Armenvierteln erlebt hatte. Zwei Jungen in abgerissenen Klamotten standen sich gegenüber, zwischen ihnen nichts als leere Luft, Dreck und Abfall. Sie spielten. Sie ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Und in dieser gemeinsamen Fantasie, befehligten sie eben Kreaturen, die gegeneinander kämpften.
    Ich glaub’, überlegte Vryce, einer der beiden kam vom Östlichen Archipel. Die sind ja so fantasievoll, dass einer von dort sich sogar über 650 solcher Fantasiekreaturen ausgedacht und archiviert haben soll.
    Jedenfalls hatten diese beiden Jungen ihre Kreaturen gegeneinander kämpfen lassen, was mehr schien, als wären zwei Schwachsinnige aus einer Heilanstalt entflohen. Sie schrieen Sachen wie „Raupi, Fadenschuss!“ oder „Ha, dein Angriff war nicht effektiv“, hampelten dabei rum, als wäre Neujahrsfest und verhielten sich allgemein so, dass sie sich des Gelächters der Bewohner des Viertels sicher waren. Das Gekreische der Jungen war selbst im Handelsviertel zu hören, als die Mütter der beiden Strolche sie geschnappt und für diese ‚Bloßstellung’ ordentlich an die Kandare genommen hatten.
    Der Magier – im Hier und Jetzt – schüttelte den Kopf.
    Verrückte Jugend, dachte er sich und schaute zu Ardescion hin, der abwartend hinter seiner Ratte stand, die wohl immer noch auf eine Erwiderung der Attacke wartete. Vryce würde sie nicht warten lassen.
    Die magischen Fäden, die Mensch und Skele-Gecko verbanden, übermittelten den Willen und die Macht des Magiewirkers, derart, dass die Seele gezwungen war, ihm Folge zu leisten. Sicherlich, weil ihr selbst in ihrer Einfachheit klar war, dass derjenige, der da die Macht hatte, sie nicht nur zu etwas zwingen, sondern sie schlicht und ergreifend auch vernichten konnte.
    Angst ist nun einmal die beste Motivation überhaupt.
    So sprang der Gecko vor, huschte knöchern über das Gras und sprang die Ratte an, bis sich in deren Schädel fest und versuchte, diesen vom Reste zu reißen. Es misslang. Die Ratte warf sich hin und her, wobei der Gecko im Dreck landete, sich aufrappelte und es sofort ein weiteres Mal versuchte, wieder, nachdem Vryce seinen Willen übertragen hatte. Dieses Mal war der Gecko jedoch – immer noch im Teilbesitz seines eigenen, freien Willens – schlauer als zuvor, sprang die Ratte von hinten an und schaffte es, ihre beiden Läufe zu brechen. Ab da war es nur noch eine Sache von Sekunden.
    Am Ende lagen die Knochen der Ratte vor der triumphierend aufgerichteten Echsenversion eines Skeletts, welches auf Vryces Befehl hin, auf dem Höhepunkt ihres zweiten Lebens, vernichtet wurde.
    Der Magier erhob sich grummelnd. „Pah, war klar, dass ihr nicht mit ganzer Willenskraft arbeitet. Hättet ihr gewollt, wäre da aus dem Boden ein verdammtes Gorillaskelett gekrochen und nicht so was.“

  3. Beiträge anzeigen #103
    Burgherrin Avatar von Liana
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    Schwimmend in Eistee!
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    Liana ist offline
    "Immer ich"
    Seufzend umschlang die junge Kriegerin ihre Knie und betrachtete das flackernde Lagerfeuer, welches sie vor kurzer Zeit entfacht hatte. Ihre Suche nach dem Weg, welcher sie zur Nächsten Stadt führen sollte war bis zu diesem zeitpunkt ziemlich erfolglos gewesen und so hatte sie entschieden, erneut die Nacht an einem ihr komplett fremden Ort zu vertreiben. Die einzigen Geräusche, welche die nächtliche Ruhe durchschnitten waren das Knistern des Feuers und gelegentliches Rascheln im Blätterwerk um sie herum.
    Dich das störte sie nicht weiter, da ihre Kräfte langsam dem Ende zugingen. Vieles hatte sie die letzten Tage erlebt und nur sehr wenig Zeit für Ruhe gehabt. Immer wieder musste sie an die Erlebnisse der letzten Tage denken, an diese Hexe, ihren Dämon und auch an Katan, der nun irgendwo in einem Sarg lag und sich warscheinlich nicht wehren konnte.
    Langsam dämmerte der ehemaligen Amazone, dass ihr ein ruhiges Leben wohl nicht vergönnt war und sie immer wieder solch seltsame Sachen erleben würde, wenn sie nicht endlich lernte ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Sie musste abgebrühter werden und sich weniger von Hass und Wut in den Kampf leiten lassen. Bessere Taktiken und ein eiskaltes Äußeres würden sie warscheinlich vor vielen ungewollten Emotionen abschirmen.
    Sie musste unbedingt daran arbeiten, bevor irgendwann etwas passieren würde, was sie vielleicht nicht überleben würde.
    Liana hatte es in diesem Falle auch nur Katan zu verdanken, dass sie noch am Leben war. Hätte er sich nicht vor der hinterlistigen Hexe für sie eingesetzt und sie für das Biest "unwichtig" gemacht, hätte sie die junge Kriegerin sicherlich nicht mit dem Leben davon kommen lassen. Vielleicht hätte sie auch weiter ihr Leben als Sklave ihres eigenen Körpers verbracht und hätte noch viel mehr grausame Dinge getan.
    Liana schüttelte ihren Kopf und ihre langen, schwarzen Haare legten sich wirr über ihr Gesicht. Schon wieder machte sie sich Gedanken über das Vergangene. Sie wollte stärker werden, solche Sachen nichtmehr an sich heranlassen. Energisch wischte sie sich nun ihre Haare aus dem Gesicht und suchte in einem kleinen Beutelchen an ihrem Gürtel nach einem Schleifstein, mit dem sie dann ihren Dolch und ihr Schwert bearbeitete, bis sie mit ihrer Arbeit zufrieden war.
    Es schien eine ruhige und ereignislose Nacht zu bleiben, denn bis auf die leisen Rufe einer Eule, welche irgendwo überhalb von ihr auf einem Baum saß und sicherlich nach einem Mitternachtssnack ausschau hielt, geschah nicht viel. Nichtmal Jäger oder Räuber schienen sich in diesem verfluchten Wald aufzuhalten und die junge Waffenmagt fragte sich ob sie jemand wieder aus diesem Wald herraus finden würde. Doch all das nachdenken brachte im Endeffekt nichts, da ihre Augenlieder schwer wie Blei wurden und Liana ob sie wollte oder nicht dem Schlaf zum Opfer fiel.
    Vielleicht würde sie am nächsten Tag ja doch noch einen Weg zurück in die Zivilisation finden?

  4. Beiträge anzeigen #104
    Lehrling Avatar von Talian
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    Talian ist offline

    Höhle

    Der Alte zeigte ihnen ein zwei etwas alt aussehende Betten. "Hier könnt ihr schlafen. Ich mach jetzt mal das Abendessen." Darauf ging er in eine kleine Küche. Talian nlickte ihm nach und wante sich dann an Drew. "Komischer Kauz. Naja. Welches der Betten möchtest du haben? Das Linke oder das Rechte?"
    Talian war es ziemlich egal. Sie sahen beide gleich aus. Zumindest für ihn. Da kamm der Alte auch schon zurück. Sie setzen sich an einen kleinen Esstisch und der Alte servierte ihnen ein gebratenes Wildschwein. Talian hob eine Augenbraue. "Wo habt ihr das denn her?" Der Alte grinste. "Ich handle mit den Jägern der Gegend."

  5. Beiträge anzeigen #105
    Waldläufer Avatar von Drew
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    Drew ist offline

    Höhle

    Drew hatte nicht erwartet,dass sie ein solch üppiges Mahl serviert bekommen würden. Irgendwie bekam Drew das Gefühl, als ob der Alte etwas von ihnen wollte. Das Bett war gemütlich und das Essen war lecker, doch Irgendetwas war faul an der ganzen Sache. Doch darüber wollte Drew nicht nachdenken und er dachte wieder etwas nach über Talian.
    Geändert von Drew (12.03.2011 um 18:09 Uhr)

  6. Beiträge anzeigen #106
    Dr. Hüter des Kastells  Avatar von Ardescion
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    Ardescion ist offline
    Der Hüter des Kastells betrachtete die Stelle, an der die Knochen des Geckos wieder zu Staub zerfallen waren und in der Erde versunken waren. Er hatte die Ratte besiegt, wohl auch deswegen, weil jene kaum Gegenwehr geleistet hatte, vielleicht aber zu einem geringen Teil auch, weil Vryce seine Kreatur unter Kontrolle hatte. Die schnellen Schritte des Geckos, die ihn bestimmende Gier, die Ratte zu vernichten, die waghalsigen, doch zielgerichteten Sprüche, all dies deutete darauf hin.

    „Gegen einen Gorilla hättet ihr euch hingegen nicht wehren können. Mir steht nicht der Sinn danach, euch umzubringen.“, sprach der Hohepriester der dunklen Mächte und trat näher an seinen Schüler heran, „Ihr habt eure Aufgabe gut bewältigt, wenn ihr sie auch nicht zu meiner Zufriedenheit erfüllt habt. Die Grenzen eurer Magie bleiben unangetastet, weil ihr, nachdem der Kampf ein Ende gefunden hatte, nichts Besseres im Sinn hattet, als eure Kreatur wieder der Erde zu überantworten.“

    Ardescion wartete auf eine Gegenreaktion und gerade, als sich der Mund des Schülers öffnete, hob der Lehrmeister abwehrend die Hand. „Sei es, wie es sei. Die Anwendung der Magie wird euch angestrengt haben. Wäre dem nicht so, hättet ihr zuvor nicht so viel Kraft in die Beschwörung gelegt, mehr, als nötig gewesen wäre. Die Magie zerrt an eurem Geist, wie sie an jedem Geist zerrt, und vermag es gar, ihn zu verzehren, lernt ihr die Grenzen eurer Magie nicht kennen und achtet darauf, dass ihr sie nur behutsam dehnt. Wer zu viel Will, wird Opfer seines eigenen Ehrgeizes. In der Magie geht es mehr als in allen anderen Bereichen des Lebens um Kontrolle. Kontrolle der Magie zum einen, auf der anderen Seite jedoch Kontrolle des eigenen Geistes, des eigenen Willens, der eigenen Gier und des eigenen Körpers. Ihr müsst die Zeichen, die jener euch sendet, rechtzeitig erkennen.“, erklärte der Lehrmeister und deutete auf eine Stelle im Gebüsch, „Legt euch schlafen. Es wird Zeit. Eurer Blick verrät es.“


    Der ewig erscheinende Abend, der sich längst bis tief in die Nacht hineingezogen hatte, war vergangen und der nachfolgende Tag lockte mit milden Temperaturen und angenehmen Sonnenschein. Worte, die der Hohepriester der dunklen Mächte nicht nachvollziehen konnte. Für ihn war es gleich, ob es warm oder kalt war, stürmte, schneite oder die Sonne sich entschieden hatte, die Erde zu verbrennen. Dies alles war einerlei.

    Ardescion stand in Blickweite der hohen Mauern jener Stadt, die die Menschen Setarrif nannten, und betrachtete die schmucklosen, doch nützlichen Zinnen jenes Werkes, welche jede Kunst verachtete. „Wovor fürchtet ihr euch am meisten, Vryce?“, fragte der Hüter nach einer langen Weile des Schweigens. Sein Schüler saß auf dem Boden und schien nicht zu wissen, warum Ardescion tat, was er tat. Vielleicht langweilte er sich gar, nicht ahnend, dass die Periode alsbald ihr Ende finden konnte.

  7. Beiträge anzeigen #107
    Ritter
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    Vryce ist offline
    Seine Heimatstadt. In Sichtweite. Bekannte Mauern, die so lange Jahre Sicherheit bedeutet hatten. Deren Anblick stets einen erleichterten Seufzer entlockt hatte. Und nun? Nun blickte der Magier auf diese massive Verteidigungsanlage und empfand nichts, was er früher empfunden hatte.
    Wie auch, es war auch nicht mehr seine Heimat. Die lag einige Meilen südlich auf einer schwarzen Klippe über schwarzem Meer an schwarzem Land. Die Stadt der Goldenen Türme war einfach nur noch eine Stadt, die er kannte. Nicht mehr, nicht weniger. So wandte er den Blick von den Mauern ab und sah zu seinem Lehrmeister hin.
    „Wovor ich mich am meisten fürchte?“, wiederholte der Schwarzmagier die Frage, verfiel daraufhin in Schweigen und blickte nachdenklich zur Mauer hin. Ja, was versetzte ihn in Angst? Er hob die Hand im Lederhandschuh, sich bewusst, was unter dem braunen Material lag. Davor? Nein. Vor dem, der ihm das angetan hatte? Nicht mehr. Aber doch, Vryce wusste, was es war. Er wusste es zu gut. Ardescion wusste es sicherlich auch.
    „Dass Ihr auch fragt … Erinnert Ihr Euch noch daran, wie ich zur Strafe im Thronsaal des Kastells auf dem Altar lag? Schier eine Ewigkeit, einsam, verlassen, schwach, gebrochen inmitten von Dunkelheit, Gesellschaft nur in Form eines Dämons, der ja der Inbegriff dessen ist, was Angst bereitet. Mir nicht, klar, aber … das andere. Diese vollkommene Wehrlosigkeit, dieses einsame Schweben zwischen Leben und Tod, Licht und Schwärze. Ist’s vielleicht der Tod, vor dem ich mich fürchte? Oder das Sterben? Das einsame Sterben? Oder einfach die Angst vor dem Unbekannten.
    Sowas wird’s sein“, schloss der Magier endlich und blickte wieder zu Ardescion hin. Wartend.

  8. Beiträge anzeigen #108
    Dr. Hüter des Kastells  Avatar von Ardescion
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    Ardescion ist offline
    Einsam war die Nacht, einsam war die Dunkelheit und einsam war der Tod. In der Nacht, wenn sich alles zur Ruhe legt und man im Bette liegt, ist nichts, wie es noch am Tage zu sein schien. Bilder beginnen zu verblassen, Erinnerungen in den Hintergrund zur rücken und Träume von dem Leid zu erzählen, dass es doch nicht so war, wie es hätte sein können, damit man es jenem schwammigen Begriff „Glück“ titulierte. War die Dunkelheit die Ursache dessen? War der Mensch für den Tag geboren, Innos‘ Schöpfung, dafür prädestiniert, das Unbekannte, Finstere und Dunkle zu fürchten?
    Und der Tod… fürchtete man ihn, weil man nicht wusste, was danach kam, weil man, obschon man einem Gott die Treue geschworen hatte, welcher der personifizierte Tod war, nicht akzeptieren konnte, ihm am Ende wahrhaftig gegenüber zu stehen, wissend, man würde sein Leben, egal wie abstoßend es gewesen war, seine Freiheit, egal wie gering sie war, mehr wertschätzen, als endlich seinem Gott von Angesicht zu Angesicht zu begegnen? War es naiv, als Mensch an Beliar zu glauben, wenn man trotzdem noch ein Mensch blieb?

    Ardescion wandte den Kopf und blickte eine Weile schweigend und kalt auf seinen Schüler herab, ohne ihn wirklich zu sehen. Er sah die Magie, die feinen Strängen, die sich wie ein Netz um den Menschen Vryce herum webten, unstimmig, chaotisch, scheinbar nicht fähig, ohne Kontrolle einer festen Linie zu folgen, ein Ziel zu erstreben.
    Die Welt, obschon sie so rein und geordnet erschien, war vom Chaos beseelt. Es gab keinen Geist, der all dies zu erfassen vermochte. Konnten es die Götter? Oder war ihnen am Ende das, was sie erschufen, aus den Händen geflohen, und alles, was ihnen nun noch blieb, war zuzusehen und vielleicht an dem ein oder anderen Faden zu zupfen, eine grobe Richtung zu bestimmen, deren Erfüllung dennoch in der Gunst des kollektiven Menschenwillen lag. War in Wirklichkeit alles auf Beliars Wille zurückzuführen, weil chaotisch, ohne, dass dieser es noch beeinflusste?

    Der Hüter streckte die Hand aus und feine, dünne Stränge der Magie gesellten sich zu jenem ungeordneten Feld um seinen Schüler herum, verbanden sich mit ihm und erlaubten dem Magus an der Magie, die den Hund umgab, zu zupfen. Vorsichtig, ruhig.

    „Nach Levius‘ Theorie über die jedem Lebewesen inhärente Angst vor dem Tod, die selbst bestehen bleibt, wenn jenes Wesen längst glaubt, sie abgelegt zu haben, ist es möglich, sie zu finden, präsent werden zu lassen, zu nutzen.“, murmelte der Schwarzhaarige bedächtig vor sich hin, als führte er ein Selbstgespräch, während seine Augen weiterhin auf Vryce und die Magie um ihn herum gerichtet waren.
    Feine Wellen durchliefen das magische Feld, wenn er an den richtigen Stellen zog. Und doch… nicht alles ließ sich von ihm greifen. Der Geist… blieb verschlossen. Es schien keinen Schlüssel zu geben. „Er hat Angst vor dem einsamen Tod.“, flüsterte der Hohepriester nachdenklich, während seine Finger scheinbar unkontrolliert in der Luft tanzten. „Angst lähmt, Angst lässt verzweifeln. Bedarf es dazu der Magie?“, fragte der Schwarzmagier und spielte weiter mit dem magischen Gefüge, „Das Herz… die Kraft… schwindet…“, überlegte Ardescion weiter. „Er schrieb: „Der Geist erstarrt im Angesicht der Angst.“ Doch ohne Geist…“

    Der Magus stockte. Wenn der Geist, außerhalb der Heilmagie verschlossen blieb, konnte man ihn bedrängen? Oder blieb er am Ende gar nicht verschlossen, wenn man den Schlüssel kannte? Angst vor dem einsamen Tod. Der Geist musste lediglich stimuliert werden, sich dessen zu erinnern.

    Ardescion trat näher an seinen Schüler heran. Die Geste war lediglich ein Zugeständnis an die Magie, ihre Kraft zu erhöhen. Der Hohepriester schlang die Fäden um den Kopf des Schüler, ordnete sie, bis sie alle nicht mehr schienen als eine Kopfbedeckung, die einen winzigen Punkt enthielt, kaum sichtbar und doch nicht zu übersehen, an denen sie alle ihren Ursprung zu haben schienen. „Der Mensch verändert fortlaufend seine Umgebung.“, rezitierte der Hohepriester weiter Levius, ließ seine Hand eine kreisende Bewegung vollziehen, „Ich verstehe.“, und schließlich, Zeigefinger und Mittelfinger ausgestreckt, die anderen Finger weiterhin angewinkelt, wie einen Habicht vorstoßen. Die Fäden seiner Magie fokussierte sich und stießen ein Dolch in jenen schwach glühenden Punkt, an dem alles seinen Ursprung nahm.
    Kurz, bevor sie jenen erreichten, öffnete der Hohepriester die Hand, die Fäden folgten dieser Bewegung, umschlangen jene Quelle und schlossen sich um sie, als Ardescion seine Hand zur Faust ballte. Die Augen des Schülers schienen sich zu weiten…

  9. Beiträge anzeigen #109
    Ritter
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    Vryce ist offline
    Die Augen des Schülers weiteten sich. Nein, sie weiteten sich nicht einfach. Er riss sie auf, dass es fast die Lider zu zerreißen schien, dass die Augäpfel fast aus den Höhlen sprangen, denn was er da sah – vor sich, wo eben noch die Setarrifer Mauer war – lag nur noch ein Feld der Finsternis. Unendlich lang, unsagbar breit, unaussprechlich dunkel. Es war die pure Schwärze. Intensiver als die Nacht, intensiver als die Schatten, intensiver noch als das ‚magische’ Dunkel des Thronsaals.
    Hier sah der Schwarzmagier die perfekte, reine Finsternis, die nur einer zu erschaffen vermochte.
    Beliar.
    Egal wo hin er schaute.
    Schwärze.
    Egal wen er rief.
    Stille.
    Egal wie sehr er sich wandt.
    Tod.
    Ja, dachte er ernüchtert, das ist der Tod. Ich bin Tod. Der Hüter hat mich umgebracht. Das war’s. Ich bin Tod und das hier ist Beliars Reich. Nicht, wie’s in den Schriften steht, nein, dass hier ist der richtige Tod. Die ewige Leere, die nach dem erfüllten Leben folgt. Die Endlosigkeit nach dem Ende.
    Schlicht, ein Ort, an dem man sich sogar die Höllenqualen wünschte.

    In der ‚wirklichen Welt’ ging der Schwarzmagier auf die Knie, vergrub die Finger in den grasbewachsenen Boden und schrie aus vollem Halse, rief nach den Mächten, die dort waren, von denen er hoffte, sie würden ihn retten.

  10. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #110
    veni, vidi, iuvi  Avatar von Thorwyn
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    Thorwyn ist offline
    „Ah, die schon wieder!“
    Thorwyn zuckte zusammen und wirbelte herum, als er und Leyla das Kastell verließen und plötzlich eine Stimme in seinem Rücken ertönte. Perplex starrte er die beiden Skelette an, die dort an den Torflügeln hingen, ihre Glieder bewegten und fröhlich vor sich hin plapperten.
    „Waren aber sehr unhöflich beim Reinkommen, nicht mal gegrüßt haben sie.“
    „Einfach nur rein ins Kastell, schnell, schnell, blind für alles andere.“
    „Dabei macht Klaus gar keinen Ärger, hat er hier noch nie gemacht.“
    „Klaus?“, fragte der Jäger verwirrt, nachdem er sich einigermaßen von der Überraschung erholt hatte.
    „Natürlich Klaus, wer denn sonst?“
    „Etwa ein Dutzend Fuß groß, ziemlich schweigsam, aus Stein …“
    „Äh … der Golem?“
    „Klaus, sag ich doch.“
    Kopfschüttelnd wandte Thorwyn sich ab, während die Skelette weiterhin seltsames Zeug von sich gaben. Die waren doch vollkommen durchgedreht – irgendwie auch typisch für das Kastell, in dem nichts so war wie in der übrigen Welt und das er und Leyla jetzt hinter sich lassen wollten. Vor kurzem hatten sie sich deshalb von Gwydion verabschiedet, der noch ein wenig bleiben wollte, um nun den Weg nach Norden einzuschlagen. Der Golem freilich war wohl immer noch im Weg, stand aber zumindest nicht direkt vor dem Tor herum, sondern patrouillierte nach Gwydions Worten irgendwo durchs Gelände. Sich vorsichtig umschauend bewegten sich die Wanderer daher die Klippe hinab, um dem Monstrum nicht einfach in die Arme zu laufen. Schließlich, als der Jäger sich schon zu fragen begann, ob der Golem nicht vielleicht doch abgezogen war, sahen sie ihn und gingen sogleich hinter einem Felsblock in die Hocke.
    „Hm“, meinte Thorwyn. „Ob man das Ding auch mit irgendwelchen Geräuschen ablenken kann, so wie damals den Ork? Es blockiert sowieso nicht ständig den Weg, so könnte man es im richigen Moment vielleicht noch ein wenig weiter weglocken und Zeit gewinnen … wenn man irgendwelche Steine wirft oder so.“

  11. Beiträge anzeigen #111
    Ritter Avatar von Leyla
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    Leyla ist offline
    "So wie er uns mit Steinen bewerfen wollte? Hast du vergessen, wie aggressiv dieser Golem auftrat?"
    Leyla war recht überrascht wegen Thorwyns Vorschlag, wahrscheinlich auch deswegen, weil der Ork damals nicht wegen irgendwelcher Geräusche von Dannen gezogen war, sondern weil sie seinen Wolfshund magisch verjagt hatte. Und wovor der zurückschreckte, da blieb auch der Ork fern, wie sie damals glücklicherweise erfahren hatten und dem Unheil damit im letzten Augenblick entkamen.
    Sie überlegte. Wenn dieses Wesen magisch war, ob es die beiden Jäger dann eventuell aufspüren konnte, wie sie hinter diesem Stein kauerten und darauf warteten, dass sich eine Gelegenheit ergab, unbemerkt an ihm vorbeizukommen? Das wäre reichlich ungünstig, selbst wenn das Kastell noch in Sichtweite war und angeblich von Golems unangetastet blieb, sodass sie sich erneut dorthin flüchten könnten. Nur mit welcher ihnen nützlichen Folge?
    "Entschuldige...", meinte sie wegen des ziemlich harschen Vorwurfs. "Aber glaubst du ernsthaft, er lässt sich von fliegenden oder kullernden Steinen beeindrucken? Ja, er hat Augen, aber hat er auch so etwas wie Gefühle? Wenn er magisch ist, dann glaube ich das nicht. Und mir ist auch ziemlich egal, wie die zwei Skelette über ihn denken und ob sie ihm einen Namen gegeben haben. Die sind tot und haben sicherlich nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag solche Sachen von sich zu geben."
    Ihr Stimme hatte inzwischen wieder denselben leicht gereizten Ton angenommen, wie zu Beginn. Das wollte sie eigentlich nicht, Thorwyn trug schließlich keine Schuld an irgendetwas. Die allgemeine Situation, mit der sie im Moment jedoch konfrontiert waren, gefiel der Blonden nur einfach nicht.

  12. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #112
    veni, vidi, iuvi  Avatar von Thorwyn
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    Thorwyn ist offline
    Thorwyn brummelte ein wenig vor sich hin, bevor er zu einer Erwiderung ansetzte.
    „Ich will ihn ja auch nicht bewerfen. Aber wenn wir irgendwo anders ein paar Steine ins Rutschen bringen, indem wir dort was hinschmeißen, schaut er vielleicht nach, und wir sind dann immer noch hier und können schnell vorbei. Hm, naja …“
    Der Jäger überlegte. Den Ork, den er meinte, hatte Leyla damals abgelenkt, indem sie einen abgestorbenen Baum umgeworfen hatte – vermutlich mit Magie, wie er jetzt im Nachhinein vermutete –, und das hatte gut geklappt. Bei magischen Kreaturen allerdings konnte man sich tatsächlich nicht sicher sein.
    „Stimmt schon, vielleicht reagiert der gar nicht wie normale Lebewesen, sondern macht nur was, wenn er Menschen sieht. Aber kann man es nicht trotzdem probieren? Wenn er einfach nicht reagiert, haben wir doch auch nichts verloren. Ganz dumm ist er ja auch nicht, immerhin steht er nicht nur rum, sondern geht auf und ab.“
    Schweigen. Vermutlich überlegte Leyla ebenfalls, wie man an diesem Ding vorbeikam, aber allzu viele Möglichkeiten gab es in diesem Gelände nicht. „Ja, du hast Recht, probieren wir es einfach“, meinte sie daher irgendwann, auch wenn wenig Überzeugung aus ihrer Stimme sprach. Thorwyn nickte und schaute vorsichtig über den großen Stein, hinter dem sie sich versteckten. An dieser Stelle war das Gelände einigermaßen offen, aber immer noch standen überall Felsblöcke herum, so dass man bei Bedarf in Deckung gehen konnte. Der Golem hatte gerade kehrtgemacht und marschierte in eine für Thorwyn und Leyla günstige Richtung.
    „Er geht gerade da lang“, sagte der Jäger hastig, nachdem er sich wieder geduckt hatte, und deutete in die entsprechende Richtung. „Wenn er weit genug ist, können wir dann hier lang. Könnte vielleicht sogar ohne Ablenkung klappen.“
    Schnell sammelte er ein paar etwa faustgroße Steine ein, lugte über den Fels und machte sich bereit. Er hatte sich eine abschüssige Stelle ausgesucht, die von Geröll und Kies bedeckt war, so dass er mit etwas Glück einiges ins Rollen bringen konnte. Noch ein Blick – der Golem würde sicher bald wieder umkehren – und er warf. Schnell hintereinander sausten ein paar Steine durch die Luft, prallten irgendwo auf, rissen einige kleinere Steine mit sich und kullerten den Hang hinab. Normale Lebewesen hätten sich wohl irgendwie misstrauisch gezeigt, innegehalten, sich umgesehen oder sonst etwas getan. Der Golem jedoch reagierte anders. Als hätte diese Strecke von vornherein zu seinem Plan gehört, änderte er seine Bewegungsrichtung und marschierte stumpf auf die rollenden Steine zu.
    „Jetzt“, flüsterte Thorwyn aufgeregt und verließ im Rücken des Monstrums das Versteck, um möglichst leise von Deckung zu Deckung zu huschen und ungesehen auf den Weg zu gelangen, der nach Norden führte.

  13. Beiträge anzeigen #113
    Ritter Avatar von Leyla
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    Leyla ist offline
    Sie wagte es nicht, auch nur einen Blick über die Schulter zu werfen, während beide aufgeregt von Deckung zu Deckung liefen und ihr Heil in der Flucht suchten. Es ersparte Sorgen, falls er sie bereits bemerkt hatte, es ersparte Fehler, die auf diesem gefährlichen Untergrund schnell passieren konnten. Am Ende stürzte noch einer von ihnen, verletzte sich unnötigerweise dabei und machte den Golem noch dazu auf sie aufmerksam. Nein, dann lieber flüchten und irgendwann aus vermeintlich sicherer Position zurückschauen.
    "Diesmal nehmen wir den linken Weg!", rief Leyla zu ihrem Geliebten, als sie bald bemerkte, dass sich der Pfad quer durch die Felslandschaft erneut teilte. Die weitläufige, offene Felshochebene wurde nun von schluchtenartigen Gängen abgelöst, die sich durchs Gebirge zogen und die keinen Blick in die Ferne mehr zuließen. Das bot ihnen zugleich Schutz vor dem Golem, da er sie bei derart hohen Felsen nicht mehr sehen konnte. Sie ihn natürlich auch nicht mehr, jedoch glaubten sie inzwischen wohl ohnehin beide daran, dass sie ihn abgeschüttelt hatten.
    "Genügt, oder?", fragte sie deshalb keuchend.
    Thorwyn nickte nur und rang ebenso nach Atem, wie die Blonde, sodass sie sich beide auf gegenseitiges An- und allgemeines Umblicken beschränkten, anstatt sofort über den Erfolg zu sprechen. Erst jetzt stellte sie fest, dass das Gestein hier eine dunklere Färbung hatte, als noch oben rund um das Kastell herum oder zuvor an der Naturbrücke. Die Färbung wirkte nicht nur ungewöhnlich, sie erschien auch zugleich erdrückend, beinahe beängstigend. Bald suchte sie deshalb wieder den Blick des Geliebten auf und umarmte ihn dann spontan, was natürlich auch einen Kuss zur Folge hatte.
    "Es ist alles gut."

  14. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #114
    veni, vidi, iuvi  Avatar von Thorwyn
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    Thorwyn ist offline
    Kein Donnern zentnerschwerer Füße ertönte, keine Steine kullerten entgegen den Naturgesetzen durcheinander, keine Monster sorgten für Furcht und Unruhe. Stille herrschte und Thorwyn sah Leyla erleichtert an. „Ja“, sagte er. „Alles gut.“ Und küsste sie noch einmal, länger und intensiver diesmal, während seine Hände ihren Rücken und ihr Haar streichelten, denn der Aufenthalt im Kastell hatte für derartige Hinwendungen zu wenig Raum gelassen.
    Nach einer Weile erst löste er sich ein Stück von ihr und lächelte sie an. „Dann müssen wir nur noch hoffen, dass es hier nicht noch mehr Ärger gibt. Vorerst war das genug Aufregung, finde ich.“ Noch ein Kuss, bevor er anfing, sich umzusehen. Das Gelände fiel nach Norden hin spürbar ab, wirkte aber immer noch kahl und trostlos. Der Fels war größtenteils schwarz, als hätte hier ein gewaltiges Feuer gewütet und ihn dunkel verfärbt – was auch immer hier überhaupt brennen konnte.
    „Da müssen wir wohl durch“, meinte Thorwyn nachdenklich. „Aber ich glaube, besonders lange sollte das nicht dauern. Jedenfalls, wenn ich die Karte richtig im Kopf habe. Und danach fängt wieder der Wald an, endlich wieder Bäume.“ Liebevoll schaute er auf Leyla herab. „Schnell hier durch, würde ich sagen. Je eher es wieder grün ist, desto besser.“

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    veni, vidi, iuvi  Avatar von Thorwyn
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    Thorwyn ist offline
    Endlich waren sie wieder in richtigem Wald unterwegs. Zwar sah er anders aus als die Wälder, die Thorwyn in der Vergangenheit auf dem Festland oder im Westen Argaans durchstreift hatte, aber Bäume, Sträucher, Büsche, Laub, umherhuschende kleine Tiere und die für eine solche Vegetation typischen Geräusche sorgten dafür, dass er sich hier dennoch wohlfühlte, auch wenn er viele der hiesigen Pflanzen noch nie gesehen hatte.
    Am vergangenen Tag hatten die beiden Jäger die schwarzen Schluchten durchquert, die sich nördlich des Kastells an das steinige Gelände anschlossen. Ein paar Mal hatte Thorwyn dabei große Echsen zwischen den Felsen umherhuschen sehen, doch waren die Wanderer von diesen in Ruhe gelassen worden, so dass sie den Weg hinaus aus der kahlen Einöde und hinein ins frische Grün problemlos hinter sich hatten bringen können. Nach einer erholsamen Nacht – ein wenig vermisste der Jäger die weichen Betten des Kastells, tröstete sich aber damit, dass er sich umso enger an Leyla kuschelte – waren sie nun wieder unterwegs in Richtung Norden.
    Es war offensichtlich, dass dieser Pfad nur selten beschritten wurde, was nicht verwunderlich war, wenn man bedachte, dass die größten Städte der Insel im Norden lagen und im gesamten Süden vermutlich nur einige Dutzend Menschen lebten. So war der Weg schmal, teilweise zugewachsen und Wurzeln und Sträucher versuchten, ihn für sich zu erobern, dennoch kam man recht gut voran. Bis Thorwyn stoppte und auf den Boden vor ihm schaute.
    „Hm“, brummte er und ging neben den Spuren in die Hocke, die hier den Pfad kreuzten. Zu beiden Seiten war das Gestrüpp weniger dicht, wenn auch immer noch ziemlich zugewachsen. Die Tiere, die hier vorbeigekommen waren, konnten nicht besonders groß sein. „Ich glaube, das könnten Scavenger gewesen sein“, meinte der Jäger nachdenklich. Die Fährte führte nach rechts, das Gelände schien in dieser Richtung – nach Osten hin – sanft abzufallen. „Wir könnten ihnen folgen, damit wir neuen Proviant kriegen. Oder einfach damit wir an die Küste kommen, vielleicht zu einem Strand. Wobei das bei dem Dickicht anstrengend werden könnte, außer … Wie geht’s deinem Arm?“

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    Ritter Avatar von Leyla
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    Leyla ist offline
    Ein riesiger, saftig grüner Wald und offensichtlich steigende Temperaturen, je weiter sie nach Norden kamen. Während in der Felslandschaft der Wind noch des öfteren frisch um die Ecken zischte, breitete sich hier eine angenehm feuchte Wärme zwischen den Pflanzen aus, die das Leben hier sympathisch erscheinen ließen. Der zurückliegende Sumpf und der vorherige Wald konnten mit diesem hier überhaupt nicht konkurrieren, was nicht zuletzt an der Wärme lag, die beide vermissen ließen. Hier blühte es sogar jetzt, andere Bäume warfen gerade ihr Grün ab und noch andere wiederum waren vollkommen kahl. Einen einheitlichen Zyklus schien es also nicht zu geben. Und auch die Tierwelt war eine andere. Leyla fühlte sich in gewisser Hinsicht an die Wälder im Norden Khorinis' erinnert, Jharkendar nannte man diesen Landstrich, soweit sie sich das noch wusste. Das hiesige Flair war ein ähnliches.
    "Das Gefühl kehrt allmählich zurück, aber ich spüre keine neuen Schmerzen. Bewirkt hat die Salbe also auf jeden Fall etwas."
    Nachdenklich schaute sie zwischen Thorwyn und den Spuren hin und her. In diesem Wald gab es wohl etliche wilde Tiere, dieser einen Spur zu folgen, wäre von daher nicht unbedingt nötig. Die Erwähnung des Strands machte sie jedoch hellhörig.
    "Nichtsdestotrotz möchte ich abwarten, bis wir an klares Wasser kommen, damit ich den Arm und die Überreste der Verletzung waschen kann. Vorher will ich den Verband nicht abnehmen. Und bis dahin musst du entscheiden, ob du unser Proviant allein erlegen kannst oder nicht und mit welchen Tieren du es aufnehmen willst."
    Sie lächelte, eine Spur Herausforderung lag darin. Keine wehrlose Sumpfratte, sondern ein Scavenger, vielleicht mehrere, die sich entsprechend auch zu verteidigen wussten.
    "Ich werde dir folgen und alles mir Mögliche dazu geben, dass du dabei keine Schwierigkeiten bekommst."
    Und ihn hinterher natürlich angemessen für seine Heldentat belohnen, fügte sie gedanklich in gewisser Vorfreude hinzu. Dieser Wald und ein möglicherweise naher Strand luden definitiv zum längeren Verweilen ein.

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    veni, vidi, iuvi  Avatar von Thorwyn
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    Thorwyn ist offline
    „Hm“, machte Thorwyn und rieb sich nachdenklich das Kinn. Die Scavenger verfolgen oder erst Wasser suchen? Sicherer erschien die zweite Variante, aber nicht zuletzt sein durch Leylas Anwesenheit noch angefachter – und dadurch umso unvernünftigerer – Ehrgeiz drängte den Jäger dazu, es mit den großen Laufvögeln zu versuchen. Diese waren zwar Rudeltiere, jedoch keine Raubtiere wie Snapper oder Wölfe, so dass die Gefahr nicht allzu groß war. Auch viel größere Tiere konnte man ja als einzelner Mensch durchaus in Panik versetzen und in die Flucht schlagen, denn oft retteten diese sich lieber einfach in Sicherheit, als einen noch so kleinen Kampf zu beginnen. Und noch etwas ließ die Verfolgung der Scavenger attraktiv erscheinen.
    „Irgendwo haben die sicher auch eine Wasserstelle. Einen Fluss oder Bach, der von den Bergen runterkommt und zum Meer fließt. Vielleicht finden wir also am schnellsten welches, wenn wir ihnen folgen, dann schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich würde es jedenfalls mal versuchen.“
    Also taten sie das. Thorwyn drang mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Anspannung in das Dickicht ein, schob mit seinem Ast störende Zweige beiseite und arbeitete sich gemeinsam mit Leyla tiefer in den Wald vor …
    „Da sind sie“, flüsterte er aufgeregt, als sich die Bäume lichteten und den Blick auf eine verhältnismäßig wenig bewachsene Senke freigaben, durch die sich ein Bach schlängelte. Womöglich suchten auch andere Tiere diesen Ort oft auf, so dass die Vegetation sich nicht so stark ausbreiten konnte wie im übrigen Wald. Ein kleines Rudel Scavenger lag oder stand verstreut herum, trank aus dem Bach oder schien zu schlafen. „Sie merken noch nichts … Ich glaube, ich könnte einen erwischen“, fuhr der Jäger leise fort. „Die anderen laufen dann hoffentlich weg, sie sehen ja nicht, was genau los ist.“
    Ein Seitenblick auf Leyla. Auch sie schien die Situation ähnlich einzuschätzen, so dass er nun vorsichtig einen Pfeil zur Hand nahm. Zielen. Gering war die Entfernung nicht, so dass er wohl auch Glück brauchen würde, um einen guten Treffer zu landen. Durchatmen. Doch er wagte es nicht, näher heranzukommen und damit die Deckung zwischen den Bäumen zu verlassen. Schießen.
    Der Pfeil traf, jedoch nicht so, wie Thorwyn es erhofft hatte. Einen spitzen Schrei ausstoßend sprang der aus dem Schlaf gerissene Scavenger auf und rannte blindlings davon, das übrige Rudel in Panik mit sich reißend – jedenfalls versuchte das Tier, wegzurennen, aber der Pfeil hatte eins seiner Beine erwischt, so dass aus der Flucht eher ein Humpeln wurde.
    „Nein!“, zischte der Jäger und sprang auf. „Nicht gut getroffen. Aber ich kann ihn verfolgen, mit dem Bein hole ich ihn sicher ein …“

  18. Beiträge anzeigen #118
    Ritter Avatar von Bartimäus
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    Bartimäus ist offline
    Ja, das war ein Plan, auch wenn es dem Wächter nicht wirklich gefiel den Bösen zu spielen und er sich wunderte, warum sich Jengar so sehr im Hintergrund halten wollte, wo er noch in Setarrif gesagt hatte, er fühlte sich so nutzlos. Wegen letzterem wollte er auch die Rollen etwas anders verteilen.
    "Was hältst du davon, wenn ich dir meinen Bogen, und eventuell auch einen Dolche gebe und du meinen Teil übernimmst? Erschießen wollen wir ihn ja ohnehin nicht und zum Drohen wird es reichen. Dann versuche ich den Teil mit den Pferden zu übernehmen, schließlich will ja auch auf ihm dann reiten und Ad schreitet ein wenn etwas schief gehen sollte."
    Jetzt stieg auch Bartis Aufregung. Noch nie hatte er jemandem überfallen und erst Recht nichts mit Pferden zu tun gehabt, mit Ausnahme von Férach, doch der war wohl außergewöhnlich leicht zu führen. Wie sollte er das am besten angehen? Beruhigen oder am besten versuchen, es gar nicht dazu kommen zu lassen, dass sie unruhig wurden, doch wie sollte er das schaffen? Essen funktionierte bei Tieren oft Recht gut und er hatte sogar ein bisschen Proviant dabei, dass er ihnen geben konnte, aber wie würden die Tiere überhaupt reagieren, wenn ein fremder Mann so plötzlich auf sie zukommen würde? Man konnte nur hoffen, dass die ganze Aktion gut ausging.
    "Versuche, falls das möglich ist, bitte alles möglichst ruhig über die Bühne gehen zu lassen. Ich weiß, das passt nicht wirklich zu einem Überfall, aber wenn uns beide Pferde einfach davonrennen, haben wir auch nichts davon. So gut wie möglich, es wird schon gut gehen!"

  19. Beiträge anzeigen #119
    Ritter Avatar von Leyla
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    Leyla ist offline
    Vielleicht hätte sie ihm ihren Bogen geben sollen, sie brauchte ihn ohnehin solange nicht, wie sie den Verband trug, denn der schränkte sie zu sehr ein, als dass sie damit eine ruhige und sichere Hand für das Schießen mit dem Bogen hatte. Doch nun war es zu spät, er hatte mit seinem, gelinde ausgedrückt, mickrigen Bogen geschossen und nicht ganz richtig getroffen. Zusätzlich zur Nahkampfwaffe stand damit also eine zweite Erledigung auf ihrer Liste, sowie sie in die nächste Stadt kamen. Ob sie bis dahin genügend Tauschmaterial zusammen bekamen? Aus einem Scavenger konnte man jedenfalls nicht allzu viel Brauchbares herausschneiden, das würde im besten Fall für eine Nacht auf einem harten Bett genügen. Von daher mussten sie auf kurz oder lang wohl eine gefährlichere Jagd antreten, als solch einen Vorstoß, wie ihr Geliebter ihn nun anging. Einen humpelnden Scavenger zu verfolgen, das war für die Blonde nicht nur einmalig, sondern auch amüsierend. Doch hielt sie Thorwyn selbstverständlich nicht auf, seinen Ehrgeiz sollte er gern beibehalten, denn dann brauchte sie sich weit weniger Gedanken machen, als wenn sie allein für die beiden Jäger sorgte.
    "Pass auf dich auf!", rief sie ihm noch, größtenteils im Scherz, mehr oder minder lautstark hinterher, die restlichen Scavenger waren ohnehin geflohen und anderes Getier wurde dadurch gewiss nicht angelockt, eher noch zusätzlich verjagt.
    Nun hatte Leyla die kleine Lichtung quasi für sich allein, lediglich das Ferne Rascheln ihres Geliebten, der durchs Unterholz jagte, störte die vermeintliche Idylle, nicht aber ihre Sorglosigkeit, mit der sie sich dem kleinen Bach näherte, der leise plätschernd durch die Senke floss und irgendwo wieder im dichten Wald verschwand. Sollte sie sofort mit ihrem Arm anfangen? Es war wohl besser, auf Thorwyns Rückkehr zu warten, falls entweder mit ihm oder aber mit ihrem Arm etwas nicht stimmte, dann hatten sie wenigstens den jeweils anderen zur Unterstützung. Von daher setzte sie sich nun einfach nur ins Gras und streckte die Füße ins klare Wasser. Das allein tat auch schon unheimlich gut.

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    veni, vidi, iuvi  Avatar von Thorwyn
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    Thorwyn ist offline
    Wie auf Kommando leerte sich plötzlich die Senke, auf der sich eben noch das Rudel Scavenger aufgehalten hatte. Leichtfüßig sprangen die Tiere davon und ins Dickicht, duckten sich flink unter Ästen hindurch und bahnten sich ihren Weg durchs Gebüsch, während Thorwyn vom Jagdfieber gepackt versuchte, einigermaßen Schritt zu halten. Glücklicherweise hatte er einen der Scavenger verletzen können, der nun eine Blutspur hinter sich herzog und langsamer als seine Artgenossen vorankam. Immer kleiner wurde der Abstand, bis der Jäger auf einige Schritt herangekommen war – das dichte Unterholz erlaubte es nicht, auf große Distanzen zu schießen.
    Offensichtlich entschlossen, sein Leben nun bis zum Letzten zu verteidigen, wandte der Scavenger sich um und stieß einen warnenden Schrei aus. Überrascht hielt Thorwyn inne, schaffte es dennoch, schnell den Bogen zu spannen, und schoss. Wieder traf der Pfeil, wieder nicht tödlich, und das Tier sprang, die Verletzung ignorierend, entschlossen heran. Schnell brachte der Jäger sich hinter einem Baum in Sicherheit, denn der scharfe Schnabel und die Krallen konnten einem Menschen durchaus wehtun. Was nun?
    Nichts. Für einen letzten Angriff hatten die Kräfte des Scavengers noch gereicht, doch der zweite Pfeil hatte ihn derart getroffen, dass er sich jetzt nicht länger auf den Beinen halten konnte und blutend zusammenbrach. Sich umsehend trat Thorwyn näher, als der große Vogel aufgehört hatte, sich zu bewegen. Am besten wäre es wohl, erst einmal das ganze Tier zurückzubringen, falls sich noch Artgenossen in der Nähe aufhielten. Und so machte er sich daran, mit der Jagdbeute im Schlepptau wieder den Bach aufzusuchen.
    „Puh … hat geklappt“, verkündete er, als er dort angekommen war, und wischte sich die schweißnasse Stirn ab. „Die anderen sind zum Glück auf und davon, sonst wäre das schwierig geworden.“
    Nun blieb nur zu hoffen, dass die übrigen Scavenger auch nicht so schnell wiederkamen, um erneut Ärger zu machen. Wenn er und Leyla das Meer suchen wollten, würden sie allerdings ohnehin bald dem Verlauf des Baches folgen, der sie früher oder später zur Küste bringen musste. Vorher aber sollte der Scavenger ausgeweidet und Leylas hoffentlich so gut wie verheilte Verletzung versorgt werden. Und eine kleine Verschnaufpause konnte auch nicht schaden, so dass der Jäger sich neben der Geliebten niederließ.
    „Soll ich dir helfen?“

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