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Wie es ausschaute, konnte der Glatzkopf hier nicht leben, ohne mit lästigen Blicken geplagt zu werden. Wer wusste schon, wie vielen Mitstreitern dieser Waldläufer schon von dem ehemaligen Oberrebellen unterrichtet hatte. Das Einzige, was Rethus beruhigte, war die momentane Abwesenheit dieses Waldläufers. Er schien Schwarzwasser für eine Zeit lang verlassen zu haben. Auf jeden Fall lief er ihm kein einziges Mal mehr über den Weg.
So recht wusste der Grufti kein Bisschen mehr, was er in Tooshoo machen sollte. Etwas über den Baum zu erfahren, war so gut wie unmöglich, da ihn irgendwelche Leute von Jadewolf unter Beschlag genommen hatten und niemand mit der Sprache rausrückte, wobei sich Rethus schon dachte, dass diese Typen selbst keine Ahnung darüber hatten. Und außer einem Gasthaus gab es in Schwarzwasser nicht besonders viel zu entdecken.
Cyrith ließ sich die Tage auch nicht mehr blicken. Aber abgereist war er nicht. Das wäre dem Grufti eher nicht entgangen. Und wenn dann hätte er es von Rubin erfahren.
Hm… Rethus zog es wieder hinaus aus Tooshoo. Die Truppen des Königs werden sich wohl von der Schlacht um Bakaresh beruhigt haben. Und so unbedingt hatte der Glatzkopf auch nicht vor, dem König wieder einen Besuch abzustatten. Aber irgendwo anders hin wäre schon ideal… Vielleicht dorthin, wo er endlich mit seiner Arbeit fortsetzen konnte: Die Sache mit der Magierkaste. Er hatte kein Zeichen mehr von ihr bekommen. Wahrscheinlich aus dem Grund, da Rethus eigenhändig diesen Schweinepriestern gezeigt hatte, dass die Prophezeiung ein Witz war. Sie hatten wohl einsehen müssen, dass der Sohn Vogors nicht zu unterschätzen war.
Wie er herausgefunden hatte, kommt diese Magierkaste von seiner Heimatinsel, auf der er quasi nie gelebt hatte. Seine Eltern waren von dort nach Myrtana gezogen. Aber Rethus musste einsehen, dass diese Insel namens Anguriano noch eine Rolle spielen sollte. Er nahm an, dass die Kaste dort ein Gebäude besessen hatte… ein Haus, einen Turm, einen Tempel oder so etwas in der Art. Und sie trugen das Pentagramm als ihr Abzeichen. Der Glatzkopf fand heraus, dass das Pentagramm für Schöpfung und Verbannung stand. Aber stand es vielleicht auch für etwas anderes? Genau das galt es heraus zu finden. Und wo konnte man das besser, als dort wo die Magierkaste gelebt und studiert hatte? Nirgendwo… Es konnte niemand ausschließen, dass die Magier von Anguriano noch immer dort lebten, aber für Rethus stand fest: Er musste auf diese verdammte Insel, um heraus zu finden, wie er die Widersacher seines Volkes bezwingen konnte…
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Hat Corax wirklich einen Vogel gerufen?
Gelegentlich vergaß Lina, wem sie gegenübersaß, dass dieser Mann ein Druide ist, ein mächtiger Magier, dessen Energie sie spüren konnte, ohne ihn zu berühren, die ihr Herz und ihre Gedanken ordnete, anders ordnete, als sie selbst es vermochte. Ungefragt hielt er Lina seine offene Hand entgegen, sodass der kleine Vogel in ihre hüpfen konnte. Fast kein spürbares Gewicht schien auf seinen kleinen Füßen zu lasten. Unsicher erwiderte Lina den Blick der winzigen Augen. Ganz still verharrte die Dohle auf ihrer Hand, als wüsste sie ganz genau, was zu tun war. Lina ahnte es bloß.
Fragend sah sie zu Corax.
Wieder zu dem Vogel.
Die Blicke beider ähnelten sich gerade so sehr, dass Lina nicht genau wusste, ob sie nicht einen Teil ihrer Geister teilten. Der Vogel piepste, es klang erwartungsvoll.
Lina überlegte, was sie dem Vogel zeigen wollte. In der Erwartung, dass es ebenso funktionierte wie bei Menschen, klammerte sie sich an das Bild einer sonnenbeschienen Lichtung und schloss die Augen, um es festzuhalten. Magie verband ihren Geist mit ihrer Handfläche.
Wieder ein Piepsen, diesmal anders. Lina wusste den Unterschied nicht zu deuten.
Die Magie ließ nach, ihre Hand wurde kälter.
„Woher weiß ich, ob er… sie… gesehen hat?“, fragte Lina, wieder an ihren Lehrer gewandt. Seine Energie war so gering, Lina wusste nicht, ob sie sie fühlte.
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Ihre Frage erheiterte ihn, scheinbar war sie noch nicht ganz so weit wie er gedacht hatte. "Wenn du nicht mitbekommst, dass sie es verstanden hat, so hat sie es auch nicht verstanden.", antwortete er etwas rätselhaft. "Nun ich will versuchen es zu erklären. Magie ist eine sehr persönliche Erfahrung, daher kann ich dir nicht wirklich sagen wie es sich nun anfühlen wird. Doch es gibt einige Dinge die sich immer wieder ähneln. Bei der Kommunikation mit Tieren handelt es sich nicht um eine Sprache, es handelt sich um Magie, jedoch auch nicht wie man sie normalerweise aufwendet. Wenn ich eine Lichtkugel erschaffe, so muss ich meine Kraft nutzen um sie zu beleben. Wenn ich jedoch mit einem Tier 'rede' so müssen sich nur unsere Geister berühren. Versuche nicht etwas mit Kraft zu bewirken, du musst alles Schritt für Schritt angehen. Ich weiß nicht wie es beim Heilen ist, doch so wie ich es mitbekam, muss bei der magischen Heilung auch eine Berührung der Geister stattfinden, nicht so weit das man Gedanken lesen könnte, aber in die Richtung. So ähnlich, ja ein wenig tiefer sogar ist es noch hier. Mit Übung können beide die Gedanken des jeweils anderen hören, zumindest die welche man bewusst an den anderen richtet."
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Enttäuschung kroch ihren Nacken herunter. So wie Corax davon sprach, musste sie es doch können, es musste ganz einfach sein, wenn es wie die Heilung funktionierte. Ihrem Herzen ein paar schnelle Schläge erlaubend und tief einatmend, hob Lina ihre Hände vor ihr Gesicht, so dass sie den Vogel direkt ansehen konnte und er sie. Augen, das wusste Lina – oder glaubte es – konnten Magie stärker übertragen als Hände, wenn man das zulassen konnte. Lina schloss sie für einige konzentrierende Atemzüge, dann blickte sie starr den Vogel an. Versucht, eine gewisse Sanftheit zu bewahren, atmete sie bedächtig ein und aus, während sich ihre träge Magie langsam verflüssigte. Die zuckend schnellen Kopfbewegungen des kleinen Vogels wurden weniger, er erwiderte ihren Blick. Magie sprach aus leuchtend aus den grünen Augen der Heilerin. Auch in ihren kelchartig geformten Händen sammelte sich Magie. Sanft badete sie das kleine Tier darin, ohne es zu überfluten. Es fiel ihr schwer, den schwachen Geist zu erfassen. Er war so klein, wie der Vogel selbst, und so glatt wie sein Gefieder. Immerzu glitt man davon ab. Doch je länger sich ihre Blicke berührten, sich regungslos kennenlernten, desto einfacher war es, die Magie richtig zu dosieren.
Und auf einmal sah Lina das eben erdachte Bild, ohne es selbst zu denken. Erst starr wie ein Gemälde, dann immer natürlicher werdend lag es zwischen ihren Gedanken. Der Vogel und Lina teilten sich das Bild und traten selbst darin auf. Lina, in der Mitte der Lichtung, blinzelte im Sonnenlicht und hielt die ausgestreckte Hand dem anfliegenden Vogel entgegen. In der anderen hielt sie etwas. Der kleine Schnabel pickte danach und zerteilte es auf der Handfläche, auf der er stand.
Lina betrachtete das Gebaren des Vogels einige Augenblicke, dann endete das Bild und Lina nahm ihre Magie zu sich zurück. Instinktiv griff sie mit der freien Hand in die Gürteltasche, holte eine Brotkrume heraus und reichte sie dem Vogel. Die Szene des Bildes wiederholte sich.
Noch immer befangen, kehrte langsam der fixierende Blick des Druiden zu ihr zurück. Sie erwiderte ihn, mit einem matten Lächeln entließ sie die Dohle auf den Tisch, wo sie dem Brotrest frönte.
Lina lehnte sich zurück, noch immer Corax‘ Blick beantwortend.
„Ich glaube, es hat funktioniert.“, sagte sie ruhig.
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Wieder einmal saß Elvo in der Sumpflilie und dachte nach. Er war so in Gedanken versunken, dass er erst gar nicht mitbekam, wie eine Frau eintrat, ihre Kapuze abstreifte und sich mit an seinen Tisch setzte. Aber dann blickte er auf und sah mitten in wunderschöne, kristallklare, meeresblaue Augen. Er zuckte zusammen und schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, erkannte er sie.
»Hallo, Vareesa!«, grüßte er sie freundlich und als sein Blick auf einen wunderschonbemalten Bogen in ihrer Hand fiel, fügte er hinzu: »Einen schönen Bogen hast du da!«
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"Gut.", er nickte und beobachtete den Vogel kurz dabei wie er die Brotkrumen auflas. "Damit wäre der Grundstein gelegt, alles was jetzt noch bleibt ist Erfahrungssache. Mit der Zeit wird es dir leichter fallen Kontakt aufzunehmen und Erfahrungen auszutauschen. Noch eine Sache und dann soll es für heute genügen. Du hast gesehen wie ich die Dohle anlockte? Es ist eine Mischung aus angewandter Magie und den Kommunikation, deren Grundlage du gerade erlerntest. Dazu kommt noch eine Priese Geschick. Es ist nicht allzu schwer. Du nutzt deinen Mund um den Ruf eines Tieres nachzuahmen, sobald du ihn richtig hinbekommst denkst du im Geiste die Idee des Tieres das du rufen willst. Denke daran wie es klingt, sich verhält, riecht und aussieht. Wenn du es richtig anstellst werden sie deinen Ruf hören und kommen. Doch wirst du es erst später wohl schaffen einzelne oder ganz bestimmte Tiere zu rufen, solltest du nachts nach einer Eule rufen, so wundere dich nicht wenn sie dir die Bude einstürmen." Er lachte bei der Vorstellung was Lina wohl tun wäre mit der Hütte voller Eulen. "Sei also vorsichtig was du rufst, du bringst es vielleicht fertig Sumpfhaie zu dir zu rufen, doch die würden dich dann mitunter auffressen. Ich werde dir leider morgen nicht beistehen können, deswegen überlasse ich es dir selbst den Weg zum Ziel hier zu erkunden."
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„Wie ihr wünscht“, hörte sie sich lethargisch zu. Lina fühlte sich wie an einem fernen Ort, der viel Neues barg. Noch wusste sie nicht, ob sie sich dort wohlfühlte. Ihr fehlte die warme Decke der Gewohnheit, die sie schützend über sich werfen konnte, wenn Kälte sie überwältigen wollte. Das neue Kleid half ihr sicher dabei. Aber bis dahin… worauf konnte sie sich verlassen? Dieser Lektion ihres Meisters hatte sie entsprochen, sie vielleicht sogar einigermaßen gut ausführen können. Jetzt aber saß sie gedankenverloren in der der Hütte des Druiden, nur halbherzig seinen Anweisungen lauschend. Mal beobachtete sie das Vögelchen, mal nicht den ihr gegenübersitzenden Mann. Lina sehnte sich nach etwas, das zu definieren ihr schwer fiel.
„Ich versuche nichts anzulocken, das mich tötet“, fasste sich Lina ein Herz. Einmal mehr musterte sie Corax‘ smaragdene Augen. Im anbrechenden Zwielicht fehlte ihnen der schimmernde Glanz, von dem Lina sich gelegentlich angezogen fühlte.
„Danke, Corax“ Müde lächelte sie ihn an und glaubte selbst nicht an die Bewegung ihrer Lippen. Tief atmete Lina ein, trank den Rest ihres Weines und erhob sich, einen letzten Blick auf die Dohle werfend, aus dem Blick des Druiden.
„Ich geh‘ dann…“, sprach sie, und sah ihn doch noch einmal, bevor sie sich abwandte, aus traurigen Augen an.
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Was für ein anstrengender Tag! Auf Moleratjagd wurde die Jägerin zur Gejagten! Und zwar von Sumpffliegen, die sie, gefühlt, durch den halben Sumpf verfolgt hatten! Geschafft und für den Rest des Tages fertig mit ihrer Arbeit beschloss die Jägerin mit der Kapuze, wie sie einige in Schwarzwasser bereits nannten, die Taverne aufzusuchen. Dort gab sie dann auch die für heute etwas mickrige Beute ab, bekam aber trotzdem eine warme Mahlzeit und einen Krug, gefüllt mir einer Mischung aus verschiedenen Fruchtsäften serviert. Mama Hooqua ließ ihre Versorger eben nicht alt aussehen. Ein schönes Gefühl.
Recht müde schlurfte sie dann mit dem Teller und dem Krug in Händen in die Richtung eines der Tische, nahe am Tresen um vielleicht etwas aufschnappen zu können. Man wusste ja nie. Praktischerweise saß an ebenjenem Tisch ein bekanntes Gesicht: Elvo, der Fremde, auf den sie vor einigen Tagen im Sumpf getroffen war. Wo ihr erstes Aufeinandertreffen noch recht verbal jugendfrei zugegangen war, begrüßte er sie nun umso freundlicher, als er die Jägerin nach dem Herunterziehen ihrer Kapuze erkannt hatte.
"Guten Abend, Elvo. Ich darf doch, oder?" - sie deutete auf den freien Platz ihm gegenüber und nach dem kurzen Nicken ließ sie sich nicht zwei mal bestätigen, sich setzen zu dürfen. "Gefällt dir mein Bogen? Das war das Stück, dass ich für meine Gesellinenprüfung bei einer Freundin gefertigt habe. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber soviel Arbeit auch darin steckt, er war es wert." unvermeindlich lächelte die junge Frau, legte den entspannten Bogen auf den Tisch und begann, ein Stück von der Moleratbrust zu durchtrennen. "Das ist übrigens derselbe Bogen, mit dem ich dir fast ein drittes Nasenloch verpasst habe." sprach sie kichernd und grinste Elvo wie die Unschuld selbst an. Ob er sich wohl mit Bögen auskannte?
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Dieses Grinsen brachte Elvo auch zum Lachen. »Jaa. Aber zum Glück hast du es dann doch nicht gemacht«, sagte er und zwinkerte ihr zu. »Aber du hast gerade von einer Gesellinenprüfung geredet. Darf ich also annehmen, dass du dich gut mit Bögen auskennst? Ich meine, versteh mich nicht falsch, aber eigentlich war ich Jäger, bevor ich nach Silden kam. Ich war damit zufrieden. Ein paar Hasen oder Rehe jagen? Kein Problem. Sich selbst versorgen oder beschäftigen? Nichts Ungewöhnliches. Auf andere Menschen schießen? Nie und nimmer. Aber hier ist alles anderes. Ich habe Schlachten gesehen und Drachen, Überfalle und die Pest. Hasen jagen ist vollkommen anders, als gegen Drachen zu kämpfen. Sich selbst versorgen ist etwas Anderes, als ein ganzes Volk. Ich weiß nicht, irgendwie fühle ich mich hier nutzlos.«
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Drachen? Sprach er da von dem Wyvern den Ryu erschlug? Es musste wohl so sein. Intressanterweise hatte sie Elvo, der also auch aus Silden zu stammen schien dort noch nie gesehen. Unschöne Erinnerungen kamen da auf. Tote. Pestkranke. Blut auf den Trampelpfaden Sildens. Schreie. Gewalt. Ein ekelhafter Schauer glitt ihr dabei über den Rücken. Sie beschloss auf Elvos Frage zurück zu kommen, bevor die Erinnerungen sie wieder zu sehr mitnahmen.
"Also ich kenne mich schon ein wenig mit Bögen aus... Ich habe bei Bospa, der Bognerin aus Silden mein Handwerk gelernt. Sagt dir der Name etwas? Ist ja nicht so wichtig. Und wie du ja weißt, bin ich auch eine ganz passable Schützin. Zumindest für die Jagd reicht es voll aus... Aber im offenen Kampf... Nein, ich halte mich da lieber hinten." dann fiel ihr wieder seine letzte Aussage ein. Wurde sie langsam dement? Vielleicht würde ja einer der Druiden etwas darüber wissen. Schließlich war das sein letzter Satz gewesen. Für sich selbst schüttelte sie kurz und angebunden den Kopf, schaute dann wieder zu Elvo auf. "Du bist Jäger, wieso also nutzlos? Ich bin auch keine große Monsterschlächterin, aber ich trage meinen Teil zur Versorgung bei..." erneut grinste sie kurz, begleitet von einem tröstenden Blinzeln. "Oder glaubst du, ein einziger könnte die Leute hier versorgen?"
Es war schon komisch. Dss sie so einfach auf Anhieb mit einem fremden Vertreter des männlichen Geschlechts ins Gespräch kam. Aber wen kümmerte es schon? Man konnte ja trotzdem noch vorsichtig sein. Mann blieb Mann. Egal was da war. Außerdem war sie ihm zumindest ein Gespräch schuldig nach dem rüden Überfall im Sumpf.
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»Dieses kleine Miststück...«, knurrte der Hüne während er Cécilia zornig hinterher blinzelte und sich seine Sicht langsam wieder schärfte. Diese arrogante Göre fing langsam wirklich an Faren auf den Keks zu gehen, und zwar auf eine Art und Weise die selbst Azil diesen verfluchten Bastard übertraf. »Ich schwöre dir Kea, wenn sie nicht deine Schwester wäre...», die Finger des Veteranen zuckten unkonrolliert während er vor Wut kochte. Wie konnte dieses Biest es wagen ihn zu blenden, das war ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit. Aber gut, wenn Cécilia mit schmutzigen Tricks spielen wollte dann konnte er das auch. »Kea, du wolltest wissen woher Cé Azil kennt oder?«, fragte er und drehte sich mit ein schadenfreudigen Grinsen auf den Lippen zu der Schwarzhaarigen um. »Das er versucht hat sie zu erstechen war nur die halbe Wahrheit, ja wenn man es genau nimmt hat er sie viel mehr aufgespiest...«, fuhr er gehässig fort und beugte sich dann zu Kea hinab um ihr genauen Ablauf der Ereignise ins Ohr zu flüstern.
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Cécilia war keine Barbierin, war es nie gewesen, was also sollte das alles? Wieso blendete die Ältere Faren, um dann Keas Hand zu untersuchen? Ihre Worte schienen Aufschluss zu geben, aber nur oberflächlich. Es war ein Name, eine Frau, die sie suchen sollte, Lina. Aber war das nicht ein häufiger Name? Kea konnte wohl kaum durch Argaan streifen und überall nach einer Lina fragen! Wie auch immer Cécilia sich das vorgestellt hatte, es war hirnrissig, wie der Großteil ihrer Pläne. Nun ging sie einfach, nannte sie bei einem uralten Spitznamen und erklärte ihr praktisch, dass sie erst wieder mit Keala zu tun haben wollte, wenn sie keinen Umgang mit Faren mehr pflegte!
Völlig verwirrt schaute Kea nun zu Faren, der während der kurzen und völlig nutzlosen Untersuchung ihrer Hand erstaunlich still geblieben war. Kea hatte diese Untersuchung einfach über sich ergehen lassen, weil sie nicht auch hatte geblendet werden wollen, oder was auch immer Cécilia sonst noch mit Magie zu tun vermochte. Dass sie Magie gelernt hatte, war schon erstaunlich! Bisher hatte Kea immer gedacht, Cécilia würde sich allen kriegerischen Handlungen entziehen, sich vielleicht der Gärtnerei oder sonst irgendeiner friedliebenden Tätigkeit widmen, aber anscheinend gingen diese Gedanken in eine völlig andere Richtung.
Nun war sie gegangen. Kea war dieses sadistische Funkeln in Cécilias Augen nicht entgangen, kurz bevor diese Faren geblendet hatte. Hoffentlich hielt diese Blindheit nicht lange an ... Nein, tat sie nicht, Faren schien bereits wieder sehen zu können. Erleichtert atmete Kea auf. Wäre ja eine schöne Bescherung gewesen, hätte Cécilia es übertrieben und ... nein, weiter mochte Kea es sich nicht ausmalen. Faren schien wütend zu sein, wie sie ihn seltenst erlebte. Wie kam er darauf, dass Kea wissen wollte, woher Cécilia Azil kannte? Sie hatte die Frage lediglich gestellt, um Cécilia zu irritieren, ihr Spiel umzukehren. In einem Ort wie Schwarzwasser konnte man sich eben über den Weg laufen, auch wenn es ihr sonderbar erschien, dass Azil durchgedreht sein sollte und versucht hatte, Cécilia umzubringen. Azil war doch sonst nicht so ...? Was sie dann allerdings noch hörte, klang gar nicht nach den beiden, wie sie sie kannte, weder nach Azil noch nach Cécilia.
»Nein«, sagte Kea ungläubig und schüttelte den Kopf. »Das hast du dir ausgedacht, oder? Sag, dass du dir das nur ausgedacht hast ... Ich meine, Cécilia ist damals wegen einer Heirat davongelaufen, das ... das sieht, nein, das sah ihr nicht ähnlich ... obwohl es ihr vielleicht doch ähnlich sieht, dass sie übermütig geworden ist und jetzt doch auf Freiersfüßen geht. Sie wusste nie, wann es genug ist.«
Unschlüssig stand sie da, versuchte irgendwie, Logik in das hineinzuzwingen, was sie eben vernommen hatte. Es klang alles nicht nach Azil oder Cécilia, und sie konnte sich kaum vorstellen, dass die beiden in irgendeiner Weise Gefallen aneinander fänden, besonders so, wie Cécilia sich momentan benahm. Es sah ihnen beiden einfach nicht ähnlich, wie sie sie kannte! Allerdings war es auch eine ganze Weile her, dass sie Cécilia in Montera gesehen hatte, und Azil hatte sie nie wirklich gekannt.
»Kannst du wieder sehen?«
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"Dreihundersiebenundsiebzig..." ein stumpfes *Klock* durchbrach die einkehrende Ruhe in Schwarzwasser, wie schon den ganzen Tag über. "Dreihundertachtundsiebzig..." Nachdem nun die Nahrungsvorräte teilweise wieder aufgefüllt waren, hatte Mama Hooqua kein Holz mehr. Und was bot sich da mehr an, als welches zu hacken, wenn man Hunger hatte? Richtig! Nichts! Also tat der Hayabusa nach einem harten Feilschkampf um ein Fladenbrot voller Moleratfleisch seinen Teil der Abmachung zuerst. An sich nichts Schlimmes, doch warum mussten Leute immer nur so gaffen, wenn man arbeitete? Ob das wohl daran lag, dass er zu dieser Jahreszeit ärmelfrei herumlief, wenn er nicht gerade seinen Mantel trug? Darüber hatte er sich bisher noch keine Gedanken gemacht, denn die Hitze, die er in seinem Körper spürte schien kaum abklingen zu wollen. Wie würde das dann wohl im Hochsommer sein? Ryu stellte sich den Tod des Verdampfens vor. Wie er zu einer seltsamen Wolke aus Schweiß und Blut aufgehen und sich irgendwo im Sumpf niederlassen würde. Komische Gedanken, aber bei eintöniger Arbeit kamen desöfteren solche Ideen auf. Ebenso wie die Chaos-Käse-Theorie. Ein sehr vertracktes Rätsel, dass er eines Tages unbedingt hätte lösen müssen! Doch zuerst galt es, das Holz nach und nach zu spalten und klein zu kriegen.
Ein paar Klötze später jedoch beschloss der Krieger eine kurze Pause einzulegen und sich einen Schluck kühlen Wassers zu genehmigen. Bei all dem Bierkonsum, an dem sein Schüler Wertan nicht ganz unschuldig war, war das Wasser schon etwas außergewöhnliches geworden. Immerhin wollte sich der Schüler ständig vor dem Training in der Taverne treffen. Warum auch immer. Irgendwann dann jedoch wurde der holzfällende Krieger aus seinen Gedanken gerissen. Eine Frauenstimme war es, die dafür verantwortlich war. Eine ihm bekanntere. Myra's Stimme. Wieder erwischte der Krieger sich dabei, dass er während der Schifffahrt desöfteren über ihr Wiedersehen nachgedacht hatte, als er sich umdrehte und sie erblickte. Da saß sie: Dasselbe, kokette Grinsen wie jedes mal, die Beine überschlagen auf einem der höher gelegenen Stege. "Du tobst dich wohl wieder aus, hm?" war das nun eine Feststellung oder eine Frage? Ryu grinste nur schief, ehe er näher zu dem Steg hinging, den eine Treppe mit dem verband, auf dem er stand. "Erwachet und seid gegrüßt, Mylady!" grüßte er sie und verneigte sich leicht. "Schön dich wiederzusehen, Myra. Ich hoffe, es ist dir gut ergangen in Setarrif..."
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"Naja soooo toll ist Setariff am Ende auch nicht. Eine große Stadt wie jede andere. Viele Häuser, viele Menschen. Das Großstadtleben war noch nie was für mich. Ich bevorzuge kleinere Gemeinschaften und natürlich am meisten ein Landhaus mit vielen Bediensteten."
Kurz versank sie in Kindheitsträumereien, bevor sie sich mit einem Kopfschütteln wieder zurück in die Wirklichkeit holte.
"Am Anfang war auch noch alles in Ordnung Drakk hat mit mir trainiert wie immer, doch dann plötzlich meinte er, dass er mir nichts mehr beibringen kann und ist einfach gegangen. Kannst du dir das vorstellen? Er hat mich einfach vor Setariff stehen lassen und ist zurück zu seinen Kumpels oder wo auch immer gegangen. Eine Frechheit."
Myra beugte sich unter der Brüstung hindurch und sprang auf den unteren Steg, auf dem Ryu gerade bei der Arbeit war. Das morsche Holz gab beunruhigende Laute von sich als die Schneiderin sanft darauf landete. Nur der Schläfer wusste, wie lang diese Bretter noch halten würden.
"Und wie ich sehe, hast du die letzten Tage die Holzversorgung Schwarzwassers aufrecht erhalten?", fragte die Grünäugige mit einem spitzfindigem Unterton.
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"Eine Dame einfach so stehen lassen... Hätte nie gedacht, dass Drakk so einer ist... Aber naja, wenn er meinte, er kann dir nichts mehr beibringen, dann wirst du wohl alles von ihm gelernt haben, was es zu lernen gibt. Auch wenn er dir das wohl nicht gerade auf die freundlichste Art und Weise beigebracht hat..." Ryu runzelte die Stirn. Sein Blick wanderte unmittelbar rüber zu dem Holzstapel, den er heute schon geschlagen hatte. Das waren schon einige Steher, wie man sie nannte. "Eigentlich habe ich heute Morgen damit angefangen..." er deutete eher beiläufig auf das Holz, drehte sich kurz um und klopfte sich die Holzspäne ab. Danach wandte er seine Aufmerksamkeit wieder voll und ganz Myra.
"Während du in Setarrif warst, habe ich mir mit ein paar Leuten Stewark angeschaut. Eine wirklich nette Stadt mit wunderschönem Ausblick auf das Meer... Nur die Wachen sind etwas... Naja, nachtragend." der Templer wusste, was jetzt kommen würde: Der übliche, missbilligende Blick, wenn es um seine schurkischen Absichten ging. Dieses mal jedoch nicht. -Komisch... Ich hätte eigentlich gedacht, jetzt käme irgendetwas... Naja, was soll's!-
"Eigentlich haben wir ein paar Vorräte organisiert, jetzt wo Schwarzwasser so einen Zuwachs bekommen hat. Die Besitzerin der Taverne hätte sonst auch bald schließen können... Achja, übrigens... Hier in Schwarzwasser treiben sich noch zwei weitere Templer herum. Einer hört auf den Namen Artifex, er war mit mir in Stewark und der andere ist der Großmeister. Du erinnerst dich?" Ryu fragte sich ja, ob Myra noch genausoviel mit dem Sumpflager verband, wie er...
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"Zwei Templer wirklich? So echte mit langen Schwertern und knappen Röcken?", fragte Myra mit großen Augen, doch bevor Ryu irgendwas sagen konnte, sagte sie kühl: "Nein, kenne ich nicht. Ich hatte leider wenig Kontakt mit den Templern, da ich als Guru Anwärterin mich eher an die geistige Elite des Lagers gehalten habe. Doch die Zeiten sind nun schon so lang vorbei. Ich habe sogar verlernt meine Magie zu benutzen, dabei hatte ich es damals extra gelernt, um meinen Lehrmeister Freeze mit einer Windfaust quer durchs Lager zu schießen, doch leider bin ich nie dazu gekommen."
Traurig zu Boden schauend trat die junge Schneiderin gegen einen Stein, der mit einem dumpfem Platschen in den Sumpf fiel.
"Aber die Wissenslücke können wir ja ganz einfach füllen. Wir müssten nur einmal ein Klassentreffen des Sumpflagers ausrufen, dann könnten wir über alte Zeiten plaudern. Aber natürlich nur dann, wenn sie unserem Gott auch immer noch Treue geschworen haben. Was nutzt ein Templer, der nicht mehr an den Schläfer glaubt?"
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"Ein Templer, der nicht mehr an den Schläfer glaubt? Ein Paradox, meinst du nicht? Ich bin mir zumindest sicher, dass Gor Na Jan noch an ihn glaubt. Auch Artifex spricht das ein oder andere mal vom "Einen". Ich schätze, damit ist auch der Schläfer gemeint... Aber sag mal, du kennst Freeze? Ornlu hatte mir von ihm erzählt... Ganz schöner Kotzbrocken..." der Blick sagte alles. Myra schien diesen Kerl zu hassen. Also war etwas an Ornlus Aussagen dran, dass der Kerl wie ein Gefrierschrank zu leben schien. Wobei sich Ryu oft gefragt hatte, was denn ein Gefrierschrank überhaupt ist. Vermutlich irgendetwas kaltes, kastiges. "Allerdings ist es schade um die Magie der Gurus... Viele Geheimnisse und Dinge, die man so nicht wieder finden wird." unmittelbar kam dieser Trilo in Ryu's Gedanken vor. Ein "Hexer", wie er sich nannte. Brennend daran interessiert, die Geheimnsise der Bruderschaft zu erfahren. Einen Moment lang blickte der Hayabusa sein Gegenüber mit ernster Mine an. -Was er mit ihr wohl tun würde, wenn er um ihr Wissen bescheid wüsste? Der Kerl wirkte nicht gerade zimperlich, auch wenn er eine große Schnauze hatte...- Der Hayabusa entschied sich, momentan noch Stillschweigen über Trilo zu bewahren, auch wenn er früher oder später noch Ärger bedeutete.
"Du warst bestimmt eine hervorragende Magieanwenderin." begann er dann erneut. Und ich wette, Freeze hätte dir auch nicht den Hauch einer Chance entgegen zu bringen gehabt! Schließlich hast du Feuer im Blut und das kann bisweilen ganz schöne Auswirkungen auf die eigenen Leistungen haben... Und andere einschüchtern. Aber sag' mal... Wo wir gerade so über die Vergangenheit sprechen, was ist mit der Zukunft? Was planst du als nächstes? Wirst du zurück nach Myrtana reisen, oder hier bleiben?"
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»Ja, geht wieder. Und nein ich habe es mir nicht ausgedacht, ich habe es mit meinem eigenen Auge gesehen, die beiden sind übereinander hergefallen wie die Karnickel in der Paarungszeit.«, brummte der Hüne und massierte sanft seine Augen, nur um es im nächsten Moment zu bereuen als sich der Schmerz von seinem linken Auge aus wie ein Speerspitze in seinen Schädel bohrte. Marik stumm verfluchend griff er nach Keas Hand, barg sie in seiner gigantischen Pranke und trotz der schrecklichen Kopfschmerzen die ihn in diesem Moment plagten lächelte er sanft zu ihr hinab. »Also was sollen wir jetzt machen Kea? Zu Jarvo und Yared gehen und unseren Anteil abholen und mehr über diese Thing-Sache rausfinden oder erst einen Heiler suchen?«, fragte er und sein Blick wanderte zu dem gigantischen Baum, wo sich Jarvo und das Waldvolk anscheinend eingenistet hatten.
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"Natürlich war ich eine hervoragende Guru. Wer sollte schon auf die Idee kommen etwas anderes zu behaupten? Ich würde denjenigen ja an Scarlett verweisen, aber sie habe ich leider schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Wer weiß, wo sich die Sumpfkaiserin rumtrieb."
Kurz hielt sie inne und verdrängte, wie sie es immer tat, den Gedanken, dass ihre geliebte Freundin gar nicht mehr unter den Lebenden weilte. Mit jedem Jahr, das verstrich, wurde es für sie schwieriger diese Gedanken zu vertreiben. Doch niemals wollte sie daran glauben, dass Scarlett nicht mehr lebte.
"Ich habe gefunden, weswegen ich nach Argaan gereist war. Du bist hier und meine Lehre bei Drakk konnte ich nun auch beenden. Ob ich noch länger hier bleibe, hängt davon ab, ob es hier etwas gibt, was mich an diesen Ort oder diese Insel bindet. Auf der anderen Seite habe ich nichts, was mich in Myrtana hält. Die Villa meiner Eltern ist zerstört und meine Eltern wahrscheinlich irgendwo auf der Welt. So wie ich die Menschen kenne, haben sie sich in Silden schon in meiner Villa breit gemacht. Zum Glück habe ich das wichtigste bei mir. Die Einrichtung war sowieso schon vom Vorbesitzer.
Ich denke, dass es ein guter Vorsatz für die Zukunft wäre einen Platz irgendwo in dieser Welt zu finden, nachdem dieser mir schon zwei Mal entrissen wurde."
Myra setzte sich auf das einen Baumstumpf und schaute Ryu an.
"Und was ist mit dir? Gehst du zurück nach Myrtana?"
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"Nach Myrtana?" Ryu überlegte einen Moment, die Augen dabei auf Myra gerichtet. Eigentlich hielt ihn hier auch nichts. Nun, nichts bis auf das Waldvolk. Aber war er auch ein Krieger, dessen Berufung es war auf dem Schlachtfeld zu stehen und dort den Tod zu bringen, oder zu empfangen. Vorzugsweise natürlich ersteres. Aber wenn die königlichen Truppen Myrtana wie es aussah nun nach und nach zurück eroberten, war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis Frieden herrschen würde. Was wäre dann aber mit ihm? Dem großen Krieger, der nicht mehr als sein Handwerk mit der Waffe und im Schmieden bewiesen hatte? Es würde eine seltsame Zeit werden.
Vielleicht eine Zeit, um endlich heimisch zu werden? Gar eine Familie zu gründen? Nein, wohl kaum. Niemals hätte er sich selbst als Vater eines Kindes vorstellen können. Vielleicht auch aus Angst, weil er den seinen nie wirklich gekannt hatte. Er war nur ein Schemen jener Jugend, an die er nur noch vage Erinnerungen hegte. Nein, das stille Familienleben war nichts für ihn. Noch nicht. Aber nach Myrtana würde er wohl noch einmal reisen müssen. Da war immernoch diese Tafel, die er suchen wollte. Ein Wunder, dass der Kuttenmensch ihn noch nicht aufgesucht hatte.
"Ich denke, ich werde noch einmal nach Khorinis und dann nach Myrtana reisen... Es gibt da noch ein paar Dinge aus dem Mienental, die ich holen muss... Außerdem wollte ich schon immer mal die Erzschmieden in Nordmar sehen... Aber es wird am Ende wohl darauf rauslaufen, dass ich wieder hier her zurückkomme. Ich kann dich und das Waldvolk ja nicht so einfach alleine lassen..." er hielt kurz inne, schaute ihr in die Augen und fügte dann ein "Nicht noch einmal" an. Noch einmal wollte er nicht einfach so verschwinden...
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