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Gesänge erklangen, Frauen, die ihre Stimmen erhoben und mit feierlichem, wenngleich gefühlvollem Gesang die Menge zu übertönen. Der Gesang schien ihr Innerstes zu berühren, schien einfach über den Geräuschen der Menge zu liegen. Die Worte verstand Cécilia nicht, aber die Gefühle, die Gegensätze, die jene Melodie vereinte. Ob dies jene alte Sprache war, die Meister Ornlu bereits einmal erwähnt hatte, bei den Wasserfällen damals? Bestimmt, doch war das wichtig? Nein. Nicht jetzt.
Man stand von den Tischen auf; das Mahl war beendet. Bei einem Blick nach vorn sah Cé Meisterin Vivin singen, aber noch andere Frauen hatten sich ihr angeschlossen. Ungleich wirkten sie, doch der Gesang wunderschön. Er schien die folgende Prozession zu bestimmen, einem Trauerzug gleich wurde gegangen. Einige hielten Fackeln, erhellten den Weg. Das Ziel kannte Cé nicht, erkannte erst, als der Weg steiler und der Gesang lauter wurde. Der Steinkreis Berias. Vielleicht hatte Meister Ornlu es tatsächlich ernst gemeint, als er von den Toten gesprochen hatte. Wie wurde Samhain wohl begangen? Was mochte kommen? Der Gesang schien die Anspannung zu lindern, er versetzte sie in eine seltsame Stimmung. Traurig, aber voll Hoffnung. Aufgeregt, aber doch ruhig. Irgendwo ... dazwischen. Nicht direkt schwankend, eher wie eine Waage, die ihren Mittelpunkt gefunden hatte.
Endlich war der Zug zu Ende, die Menschen standen beim Steinkreis. Sie wusste Aramee in der Nähe, die überhaupt nicht zu wissen schien, wo sie gelandet war. Gern hätte Cé sie vorher noch beiseite genommen, sie vor Meister Ornlu gewarnt. Nun dagegen konnten ihr keine Erklärungen gegeben werden. Es ging ihr wie dem Fremden, der Kea kannte, und wie Cé: Sie mussten erleben. Jemand betrat die Mitte des Steinkreises mit einem Stab, zu dessen Spitze sich ein blumenförmiger Kristall befand. Kein Kristall der Kavernen, den sie je gesehen hatte, war so schön gewesen wie dieser, hatte das Licht in diesen lebhaften Farbtönen gebrochen. Meister Porgan trat nun dazu, ihn kannte Cé wenigstens, und sie wandte den Blick vom Kristall ab. Der Meister rief zu einer Minute des Gedenkens auf, in Gedenk an jene, die in diesem Zyklus starben und jene, die im nächsten Zyklus geboren werden würden. Zyklus, das musste die Zeit zwischen den Samhainfesten sein. Cé schloss die Augen. Während der Pest hatte sie viele Menschen sterben sehen, hatte bei einigen von ihnen gesessen, fast ihr Schicksal geteilt. Mit all jenen hatte sie mitgefühlt, mit der jungen Mutter und der alten keifenden Frau, mit dem ängstlichen Jungen und dem kräftigen Krieger. Niemanden von ihnen hatte die Pest verschont. Der Pest war egal gewesen, wen sie befallen hatte, sie hatte keine Gnade gekannt.
Meister Porgans Stimme beendete die Gedenkminute, und sie öffnete die Augen wieder. Der erste Druide trat nun vor, er brachte die Blüte in die Mitte des Kreises und sprach. Noch mehr unbekannte Worte, feierlich gesprochen, aber scheinbar nicht allein. Eine Art Echo, säuselnd, flüsternd, durch den Wind vom Wald zum Steinkreis getragen, sprach die Worte des Druiden nach. Cé schaute auf die Blüte, auf die Fünkchen, den Lichtbällen, die sie schaffen konnte, gleich. Gebannt verfolgte sie den Vorgang, hörte die Stimme des Druiden, sah, wie die Blüte aus Kristall lebendig zu werden schien, sich öffnete und sich schloss. Langsam ging es vonstatten, die Natur konnte nicht gedrängt werden. Als stünde die Zeit still, so war ihr, und alles, was sie sah, war dieses türkise Licht. Türkis ... nein, es war heller. Blau, himmelblau. Ihr war, als sähe sie den Himmel vor sich, Wolken. Sie spürte Wind, wusste, die Magie des Rituals war das, was se spürte, doch sie meinte auch, Salz zu riechen. Salz, als wäre sie am Meer. Als glitte ihr Blick tiefer, erblickte sie nun Bäume, einen Sumpf. Ein riesiger Baum inmitten des Waldes. Der Salzgeruch war noch immer da, die Seeluft. Was war dies? Doch bevor sie an irgendwas festmachen konnte, wo dieser Ort sein musste, verblasste dieses Bild, der Wund trug die Gerüche vieler Menschen und des Waldes zu ihr, keine Seeluft mehr. Cé hatte gar nicht gemerkt, dass sie die Augen geschlossen hatte. Nun öffnete sie diese wieder, sah die Blüte, die nunmehr geschlossen war, und hörte die Druiden. Ratlosigkeit schien zu herrschen, nicht nur bei der Menge, sondern auch bei den Druiden. Auf Meisterin Noreias Hinweis hin wurde fortgefahren und man schritt ins Tal hinab. Was hatte sie da gesehen? Was war das für ein Ort?
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Fayola wurde einfach ignoriert. Ohne ein weiteres Wort zu sagen ging sie wieder. Élodie hatte wohl recht, sie hätte nicht versuchen sollen, sich mit diesem Mann zu unterhalten, die anderen Frauen hatten es ja auch getan. Sie hätte es ihnen nicht nacheinfern sollen.
Es dauerte einige Zeit, da stieß sie auf Élodie, die sich doch dazu entschlossen hatte, dem Spieler nicht weiter auf die Nerven zu gehen.
Sie trafen auch genau im Richtigen Moment aufeinander. Sie standen nämlich noch nicht lange beeinander, da begann der Gesang.
Élodie wusste, was der Gesang bedeutete, doch die Worte selbst verstand sie nicht. Sie war nur eine einfache Frau, eine bodenständige Frau die sich nicht mit Büchern die Augen verdarb oder stillschweigend alten Geschichten lauschte.
Sie wusste, dass sie garnicht versuchen musste, mitzusingen, sie hatte es bisher nie geschafft die richtigen Worte einzustudieren. Also summte sie einfach mit und auch Fayola summte ein Lied. Es war zwar nicht das gleiche Lied, wie das was der Rest sang, aber wer mochte das einem Kind schon verübeln?
Natürlich trugen die beiden Fackeln, auch wenn das Mädchen eine mit kürzerem Stil bekam. Es war wichtig, so meinte Élodie, dass das Mädchen früh lernte mit Fackeln und anderen wichtigen Dingen umzugehen. Vielleicht würde sie ihr demnächst sogar einen Kinderbogen bauen. Aber es war eher unwahrscheinlich.
Der Fackelzug erreichte den Steinkreis.
„Die Blüte des Lebens. Anfang und Ende eines jeden Zyklus. Gedenkt jenen die in dieser Zeit von uns gingen. Denkt an jene die im neuen Zyklus zu uns kommen werden.“, sprach der weise Porgan und selbst das kleine Mädchen schwieg und dachte nach.
Élodie dachte an alte Gesichter, die dahingerafft worden waren oder die tapfer im Kampf gestorben waren. Aber sie dachte auch, undzwar insbesodere an die neue Generation. Sie war mit ihren Gedanken bei der kleinen Fayola.
Dieses kleine Mädchen hingegen dachte an seine Eltern. Jetzt waren sie an einem besseren Ort. Jetzt waren sie eins mit dem ewigen Kreislauf. Tränen kullerten die zarten Wangen hinunter und sie musste aufschluchzen.
Ein Mann trat nach vorne und es begann etwas unglaubliches. Etwas, dass der kleinen Fayola alle Sorgen verscheuchte. Wundersame Worte wurden von Porgan dem Druiden gesprochen und der Wind schien die Worte zu wiederholen. Fayola machte große Augen. Élodie war wie jedesmal sehr von dem Anblick und den Worten berührt. Da begann die Blüte plötzlich zu glimmen und kleine leuchtende Punkte bildeten sich, stiegen weiter und weiter und erreichten den Himmel. Sie stiegen hoch hinauf und weit und es war ein märchenhafter Anblick.
Die Beiden blickten gebannt auf die Blüte des Stabes, auf den Kristall der zum Leben erwachte.
„Mae lind, laer! mae govannen, rhîw!“, sprach der Mann den man Corax nannte und die Blüte sowie das Licht kehrten in ihre alte Form zurück, wurden kälter und bläulich und letztendlich war der Starb nurnoch ein unglaublich schöner Kristallstab von einem geisterhaften Leuchten, welches auch nach kurzer Zeit erlosch.
Ein Gefühl von Geborgenheit und Frieden suchte die beiden Frauen heim und es tat gut nach all dem Schmerz wieder so gute Gefühle zu haben. Es war Hoffnung in diesem Augenblick.
Plötzlich stieß Fayola einen Schrei aus. Vor ihrem Augen sah sie eine Insel. Sie schien durch die Luft auf diese Insel zu laufen. Konnte sie fliegen? Plötzlich beschleunigte sie blitzschnell wie ein Pfeil und als nächstes sah sie Sumpflandschaft und mitten darin: Ein großer Blumenkohl. Das Bild wurde schärfer: Es war doch kein Blumenkohl es war ein Baum. Ein wunderschöner großer Baum. Und plötzlich war er verschwunden. Urplötzlich sah sie wieder all die Menschen. Sie konnte sich nicht erklären, was das gewesen war.
Auch Élodie ereilte eine Eingebung, vielleicht auch eine Vision oder eine Ahnung. Was es war, wusste die Frau nicht, aber sie war nicht darauf vorbereitet gewesen. Sie sah Wurzeln, blickte nach Oben und sah einen Stamm und eine mächtige Baumkrone. Dann stürzte Sumpfwasser über ihrem Kopf ein und sie fand sich in einem Meer, weit und breit war nur Wasser. Sie hustete und keuchte – und war wieder beim Steinkreis.
Élodie umarmte Fayola, wollte sie schützen falls soetwas nochmal geschehen würde und sprach ihr beruhigend zu. Sie verfluchte sich selbst, dass sie so schwach war und sich von diesen Bildern einschüchtern ließ. Aber sie konnte es nicht verbergen, nicht verschleiern und nicht bekämpfen: Das Gefühl von Furcht.
Oparilames
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Eine Vision, eine Vision wie man sie wohl nur einmal erlebt.
Eine Insel, Berge, Wälder, Sumpf, ein Baum?
Der Baum war riesig, er schien beinahe zu glühen, in einem grün, dann orange, bis hin zu einem grau, welches die Vision enden ließ. Reotas' Vision war seltsam, es war nicht vergleichbar mit allem Normalem. Immer wieder verschwamm etwas, immer wieder wurde etwas unklar. Doch was war das? Was hatte er da gesehen? Was hatten alle Anwesenden da gesehen?
Reotas saß da und stierte ins Feuer, an normales Feiern war nicht mehr zu denken, zu sehr beschäftigte ihn die Frage, was gerade geschehen war. Stand er unter Schock? Nein, es hatte ihm keinesfalls Angst gemacht. Der fast schon monotone Schlag eines unbekannten Objekts hatten ihn berührt, beinahe beruhigt. Reotas' Interesse war geweckt. Was auch immer da gerade geschehen war, was auch immer sie gerade da rief ...es hatte einen höheren Wert.
Faquarl saß neben Reotas, er war sich nicht bewusst, ob Faquarl etwas ähnliches erlebt hatte, oder gar etwas anderes. Doch wenn schon, war Faquarl selbst ein Lebewesen, über welches Reotas nicht zu entscheiden hatte.
Reotas stierte noch immer in das Feuer, langsam merkte er, wie seine Sehnerven erschlafften. Doch er wollte nicht weg, er würde sich nicht vom Feuer entfernen. Immer wieder sah er Leute etwas in das Feuer werfen, doch was er konnte er ins Feuer werfen? Seinen Arm? Die Narben, die er sich einst selbst und bewusst zugefügt hatte. Die Narben, welche einst ein Ork durch glühendes Stahl wieder aufgebrochen hatte. Die Wunden brannten angesichts der Hitze, die vom Feuer ausging, doch er würde es ertragen müssen, er konnte seinen Arm nicht ins Feuer werfen.
Er konnte nicht abschließen.
Geändert von Reotas (28.11.2010 um 22:42 Uhr)
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Das Ritual war Atem beraubend soetwas hatte er noch nie gesehen. Das berauschende Gefühl und dieses Licht und dann diese Vision. Nagor war sich nicht sicher ob es vom Sumpfkraut kam oder es nur ein Traum war aber es war so Faszinierent das er ihm fast umhaute. Anscheined hatten alle dießes merkwürdiges Ereignis erlebt, sogar Shadow was den Koch nur um so mehr zu staunen brachte. Langsam maschierte er hinab zu dem Ripperspies der bereits von Maknir und ein paar gehilfen aufgebaut wurde. "Bewahre Maknir wie ich sehe seit ihr schon mitten in der Arbeit." Nagor nahm sich ein Messer und schnitt ein Stück herunter. "Hmm, schmeckt schon ganz gut aber lasst es am besten noch etwas pruzeln." Sofort machte er sich auf in die Küche um die Kartoffeln vorzubereiten. Die Küche war ziemlich leer auser zwei der Gehilfen die bereits die Kartoffeln in Pfannen anbrieten. Er gesellte sich zu ihnen und schnappte sich ebenfall eine Pfanne in der er die Kartoffeln gab.
Sie waren schnell fertig und so gingen sie mit großen Schüsseln voll mit Bratkartoffeln zum Braten. -Ripper sind großartige Tiere zumindest wenn es um ihr Fleisch geht, ich hoffe es schmekt allen- Die ersten Hungrigen kamen bereits und so begannen sie das Essen zu verteilen. Auf jeden Teller kam ein Stückfleisch und eine Handvoll Kartoffeln. Soße wurde keine Benötigt den das Fleisch war sowas von voll davon so das genaug auf den tellern landete. Nagor war entspannt und glücklick und hoffte das dieses Berauschendes Gefühl auch noch lange anhalten möge.
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War Ryu der einzige, der nichts gesehen hatte oder wusste, warum so ein Aufruhr entstanden war? Er runzelte die Stirn und blickte in das lodernde Feuer, dessen Flammen ihm vorkamen als würde sie Moment für Moment immer wieder die Form eines bekannten Verstorbenen annehmen. Doch waren es soviele Tote, die der Templer in seinem Gedächtnis zu erwähnen wusste, dass ihr Bestehen im Feuer kaum der Zeit nahm, der es eigentlich bedurfte, um noch einmal letzte Wünsche ins Reich der Gefallenen mitzugeben. Stattdessen schaute der Krieger nur andächtig ins Feuer. Wie sagte man noch? Wenn man mit etwas abschloss, so sollte man dieses ins Feuer werfen. Ryu griff in seine Tasche und zog etwas heraus. Eine tiefschwarze Schuppe, die auf die einem Fellfetzen angebracht war, welcher ein schwarz-goldenes Muster aufwies. Beides waren sie Überbleibsel des Behemoths und des Sarkany, welche der Krieger die meißte Zeit bei sich getragen hatte. Er zögerte und schaute auf das Gebilde. Einige Erinnerungen schossen durch seinen Kopf. Der Kampf gegen den Tigergeist Behemoth. Die Jagd auf den Pestbringer, den Wyvern Sarkany. Beides mächtige Bestien, die er erschlagen hatte. Beides Wesen, die seine Schritte in unbestimmte Richtungen lenkten. "Von nun an..." er ging auf das Feuer zu und nahm einen tiefen Zug der heißen Luft, ehe er die Überbleibsel der beiden Wesen den Flammen übergab. "...Werde ich mein eigener Herr sein..."
Und just in dem Moment, als das Feuer sich daran machte, die schmorenden Fetzen und die Schuppe zu verschlingen stieg ein unscheinbar, blau schimmernder Rauch auf, welcher sich vor Ryus Augen in zwei miteinander ringende Geister wandelte, die im Kampf gegeneinander und gegen die Flammen langsam dem Himmel emporstiegen. Es wunderte ihn, dass niemand es sehen konnte. Vielleicht war es einfach nur ein Spiel des Feuers, welches von der Natur gelenkt wurde, seinen Geist vor einer Illusion stehen zu lassen. Doch kaum wollte der Krieger sich umdrehen und zu Vareesa gehen, hörte er etwas in seinem Kopf widerhallen. Eine urtümliche, tiefe und pompöse Stimme, die seinen Namen rief. Mahnend und markerschütternd. "Ryu Hayabusa! Sohn des Wanderfalken, der die Meere überquert hat !" ein kalter Schauer lief über seinen Rücken, als er sich umdrehte und innerhalb eines Augenblickes auf einem riesigen Berg stand und von dort auf ein Land herab blicken konnte, welches ihm gänzlich unbekannt war. Seltsam - es war weder kalt noch großartig frostig. Doch das Land, welches sich da vor ihm erstreckte war atemberaubend. Und dann schaute er neben sich. Ein Mann in einer rot-braunen Robe, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen stand an seiner Seite und blickte ins Tal hinab. Ryu hindessen wandte sich dem Fremden zu. "Was ist das hier!? Eine Art Traum?" doch die Kapuzengestalt rührte sich nicht. Ein Moment, den Ryu nutzte um vielleicht etwas an der Gewandung zu erkennen. Die Robe war überall von goldenen Runen durchzogen, deren Formen auf die schließen ließ, welche er in seinem Traum in der Höhle des Sarkany gesehen hatte. "Schickt er dich?" die Gestalt schwieg, nickte jedoch leicht. Dann erst erhob sie die Stimme. "Du sagtest, du willst abschließen. Er hörte es. Und er sah, wie du die Überbleibsel der Geister dem Feuer übergabst. Jenem Feuer, welches er über die Erde brachte, damals..." Ryu verengte die Augen. Damals? Feuer? Seltsam. Doch bevor der Templer Fragen stellen konnte, sprach die Gestalt weiter. "Frage nicht. Die Antworten, die du suchst sind mit der Vergangenheit verschollen. Doch soll ich dir ins Gedächtnis rufen, dass er nach dir ruft. Deine Hilfe braucht... Damit du schließlich wandeln kannst als das, was du sein willst: Dein eigener Herr."
Ryu stutzte, sagte jedoch nichts. Stattdessen ließ er seine Blicke weiter über das Land kreisen, welches er sah. Was direkt dabei auffiel war ein tiefgrünes Gebiet, aus welchem ein riesiger Baum herausragte. Er wirkte fast... Fast wie ein stiller Wächter. Der Blick ging wieder zu dem Kapuzenträger hin, an welchem er ein leichtes Grinsen ausmachen konnte. "Du bist ein schlauer Junge, Sohn des Wanderfalken. Folge den Menschen des Waldes. Auch sie werden dieses Land aufsuchen... Und dort... Wirst du Antworten finden... Gehab' dich wohl!"
Als der Krieger das nächste mal die Augen aufschlug stand er wieder vor dem Feuer. Die meißten Leute waren schon mit den fröhlicheren Feierlichkeiten beschäftigt, nur noch wenige blieben dagegen am Feuer und hielten weiterhin Gedenken an die Toten. Auch Vareesa stand noch hier, neben ihm. Ryu fiel erst jetzt auf, wie fest sie ihre Fingernägel in seine Hand bohrte. Ein Blick in ihr Gesicht verriet trotz herabgezogener Kapuze, dass sie bitterlich weinte. Erst jetzt erwiderte er den Griff der jungen Frau, welche einen Moment inne hielt und unter tränenverschmiertem Gesicht zu ihm aufschaute. Ryu hingegen blickte ins Feuer. Ernst und auch mit einem Hauch von Bedauern im Gesicht. "Die Menschen gehen eines Tages, Vareesa. Manche früher... Manche später... Um wen auch immer du weinst - Diese Person ist im Herzen bei dir." unweigerlich musste er an Hinata denken, welche er noch vor gut einem Jahr der Natur in den Schoß gelegt hatte. "Nun wisch' deine Tränen weg und komm'! Es ist Samhain... Und dazu gehört auch das Leben, also..." er schaute sie an und lächelte sanft. "...Lass uns leben!"
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-Mutter! Warum!? Warum musstest du nur den Tod finden!? Es hätte doch alles anders verlaufen können...- erst nach dem Ritual, welches in Ihr soviel bewegt hatte, welches soviel Verständnis in Ihr für die Natur geweckt hatte... Erst jetzt vor dem Feuer war Ihr klar geworden, wie sehr Sie Ihre Mutter vermisst hatte. So war Sie doch die einzige, die stets da war, wenn es Ihr schlecht ging. Selbst, als Ihr Vater Sie ins Bordell geschickt hatte war Ihre Mutter stets eine tröstende Schulter zum Ausheulen gewesen, wohingegen Ihr Vater Sie mit Schlägen und Verachtung strafte. Und nun war Sie wieder alleine inmitten dieser Leute, die die Wälder bewohnten! Auch wenn es eine Gemeinschaft war... Sie hatte kaum Kontakte, war meißt eine Außenseiterin, die sich verschloss... Aber dann hörte Sie Seine Stimme. Er sprach Ihr Mut zu. Mut, der Ihr in den letzten Wochen immer mehr gefehlt hatte. Mut, Vergangenes hinter sich zu lassen. Abzuschließen. Sie schaute auf zu Ihm, die Tränen im Mondlicht schimmernd, während Sie von Ihrem warmen, aufsteigendem Atem wie Kristalle von Nebel umhüllt wurden. Sie biss sich auf die Unterlippen und löste mit einer langsamen Bewegung das Halsband, welches Sie von Ihrer Mutter hatte.
Ein letzter Blick darauf. Letzte Tränen, die auf das Leder perlten und davon aufgesogen wurden. Die letzte Trauer, die Sie Ihrer Mutter gönnen würde. Die Sie tauschen wollte für ein Leben, welches Sie Ihrer Mutter zu Ehren aufrecht erhalten werden würde. Noch einmal schniefend und mit leicht zittrigem Gang führte Sie Ihre Schritte zum Feuer hin. Es wärmte ungemein, trocknete die Tränenspuren und hinterließ nur das leicht klebrige Gefühl des Salzes, welches von den Tränen übrig war. Ein allerletzter Blick. Sie lächelte. Ein letztes Flüstern. "Ich danke dir für alles... Mutter." Und so übergab Sie das Band den sengenden Flammen, welches nach und nach aufgezehrt wurde und nur den kurzweiligen Geruch von verschmortem und verbranntem Leder nach sich zog. Erst als es verschwunden war ging Sie wieder herüber zu Ihm und schaute Ihm tief in die Augen. "Ryu..." Sie näherte sich ihm ein Stück und lächelte, die Augen noch ein wenig feucht, aber mit neuem Leben erfüllt. Das erste mal in Ihrem Leben fühlte Sie sich einem Mann gegenüber dankbar. So dankbar, dass Ihm ein besonderes Geschenk zustand. Eines, welches Sie einer Person noch nie freiwillig zuteil werden gelassen hatte. Eines, welches für andere nichts besonderes war. Ehe der Krieger wusste, wie ihm geschah, gab' Sie Ihm einen sachten Schmatzer auf die Lippen, ließ dann jedoch sofort von ihm ab und ging einige Schritte nach vorne. "...Lass uns leben!"
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Musik spielte auf, Menschen begannen langsam ums Feuer zu tanzen. Ornlu und Suzuran lehnten draußen an der Felswand und pfiffen sich Sumpfkraut rein.
Zunächst hatten sie über diese Vision gesprochen. Ornlu hatte ihr erklärt, dass dies ungewöhnlich war, doch konnte er sich eben nichts darauf erklären. Wo war dieser Ort? Die Frage war offen und niemand schien Antworten zu haben. Vielleicht würde das Thing helfen? Vielleicht auch nicht.
Sich den Kopf zerbrechen war heute unnötig und Sumpfkraut half andere 'Visionen' zu finden die klarer waren.
"Lass uns gleich was zu Essen holen und dann tanzen.", schlug Suz vor. Natürlich Essen und tanzen - Frauen konnten manchmal doch berechenbar sein.
"Na sicher doch...", willigte der Druide ein und nahm einen Zug vom Sumpfkraut. Die anfängliche verwirrte Stimmung, begann in eine feiernde umzuschweifen. Waldvölkler waren keine Gelehrten, keine Eierköpfe die einen Tag damit verbrachten zu hinterfragen wieso die Sonne schien und wieso etwas vor unzähligen Jahren war wie es war. Der gemeine Waldvölkler lebte, war Teil des Lebens und ging seine Pfade die nicht problematisch sein mussten.
Ornlu dachte ähnlich, überlegte was er nach Samhain jagen würde, bis auf Suzurans Schlüpfer. Doch unterbewusst war da natürlich das Pochen, dass der Puls der Natur war. doch er war anders - dort wo er ihn vernahm.
Der Druide erhob sich und ging mit Suz los um sich vom Ripperbraten was zu holen.
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"Endlich Fleisch!" guter Dinge machte sich Ryu über das leckere Ripper-Rumpsteak in der feinen Soße und den dazugehörigen, crossgebratenen Kartoffelscheiben her! Dazu noch der köstliche Wein und die charmante Gesellschaft in Form von Vareesa, welche ihn mit ihrem Verhalten doch mehr als nur überrascht hatte. Ihm ging es gut. Seit langer Zeit mal wieder. Zwar würde man sich am Morgen wieder um den Ernst der Lage kümmern müssen, aber jetzt, genau jetzt zählte nur der Moment! Und dieser war erfüllt von Gaumenkitzlern und dem freudigen Auflachen Vareesas.
Sie schien nun wirklich eine gute Zeit zu haben. Es war, als fiel ihm ein Stein vom Herzen. Der natürlich durch ordentliches Essen an Gewicht nachgefüllt werden musste! Und so schlang er diese Köstlichkeit nach und nach in sich hinein, trank und lachte, während Thyrvas vergeblich versuchte, Damen zum Tanz aufzufordern und wenn es dann mal gelang, er entweder stolperte, oder ganz "zufällig" im Dekolte der Tanzpartnerin landete. Tja, er war wohl wirklich kein Kavallier. Trotz seiner Qualitäten als Waldläufer. Aber das war nunmal etwas, was man konnte oder eben nicht. Thyrvas gehörte sicherlich in die zweite Kategorie.
Doch auch die anderen Damen von vorhin, zwar einige weniger, aber dennoch in größerer Anzahl hatte sich bei dem Drachentöter versammelt, welcher jedoch auf ein reizendes Angebot nur kühl und vornehm reagierte. Mit einem Steakfetzen am Mundwinkel deutete er im Sitzen eine leichte Verneigung an und lächelte dann nur, was jedoch aufgrund der Spinatreste an seinen Zähnen nicht an Ästhetik gewann. "Verzeiht mir, holde Maiden, aber für den heutigen Abend gehört meine Aufmerksamkeit der Dame hier neben mir." einige seufzten nur enttäuscht, andere tuschelten und warfen Vareesa neidvolle Blicke zu, doch diese ließ sich nicht beirren und auch der Spaß blieb ihr erhalten, als eines der Mädchen, Yolande war ihr Name von Thyrvas mehr oder minder freiwillig zum Tanzen aufgefordert wurde.
Nun, vielleicht hatte Ryu auch etwas gelogen, denn seine Aufmerksamkeit galt auch einem anderen Mädchen, welches auf dem leeren Platz zu seiner Rechten saß. Ein hauchzartes Gebilde, welches von den anderen wohl nicht gesehen wurde. Schon einmal hatte er es erlebt, nur waren es andere Personen denen er begegnet war. "Ich hoffe, dir ergeht es gut, Schwesterherz..." flüsterte er leise und legte seine Hand auf die ihre, auch wenn sie dünn wie die Luft selbst war. Sie lächelte und nickte, als verstehe sie, was er sprach. Ryu nickte hingegen nur und lächelte ebenso. Selbst, wenn sie nicht mehr auf der gleichen Eben verweilten - Die Geschwisterliebe hielt sie doch immer zusammen...
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Ornlu saß alleine etwas abseits. Er kämpfte etwas mit seinen Gefühlen. Es schmerzte etwas in ihm drin. Er hatte seine Eltern, seine Sippe gesehen wie sie zwischen den Bäumen sich bewegten und er ihnen entgegen kam. Letztes Mal war San an seiner Seite. Diesesmal nicht und da sie nicht bei jenen Geistern war, musste sie leben. Der Gedanke daran das sie noch lebte, machte ihn irgendwo froh. Umgekehrt auch unglücklich, denn vielleicht musste er sich einmal nach langer Zeit doch einen Fehler hinter seinen Taten eingestehen. San gehörte hierher, in dieses Volk, da sie waldvölkisches Blut in sich hatte und er hatte sie verjagt.
Sollte er sie suchen? Die Blicke seiner Sippe sprachen zum einen von Stolz, denn er hatte die Häscher bekämpft und die Wolfssippe neu begründet. Zum anderen nahm er aber auch fragende Blicke seiner Eltern wahr. Weswegen erschien klar.
Es war vielleicht ein Windhauch, der gegen seine Schulter drückte. Als er sich umdrehte war dann nichts, bis er wieder gen Wald blickte und neben ihn der alte Faun saß und schmausernd seine Pfeife paffte.
Er schien unbekümmert, nickte Ornlu immer wieder zu. Vielleicht brauchte er diese Unbekümmertheit selbst und sollte sich keinen Kopf um San machen. Vielleicht sagte dies die Geste aus. San war immerhin von waldvölkischen Blut und gar Blut der Wolfssippe - man biss sich schon durchs Leben.
Ornlu nickte Fan zu, lächelte und sah wie der alte Freund sich auflöste.
"Wir sehen uns noch, Schwester.", sprach der Druide zu den Sternen und suchte Drunken-Suzu die an Wacholderschnaps gerochen hatte.
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Sie schritten an einen Scheiterhaufen. Was würde dort verbrannt werden? Hexen? Sie erinnerte sich an die Zeit nach der Pest, wo man sie mit Steinen beworfen hatte ... und besann sich. Sie gehörte zum Waldvolk. Sie war keine Hexe. Und außerdem praktizierte das Waldvolk auch keine Hexenverbrennungen, soweit sie wusste.
"Brüder und Schwestern. Zeit zu reden und Antworten zu finden werden wir haben. Doch lasst uns fortfahren, denn nur heute ist es uns vergönnt Samhain zu feiern. Das Feuer widmen wir den Verstorbenen. Widmen wir uns. Wir schließen mit diesem Feuer mit dem Vergangenem des Zyklus ab. Lassen wir es brennen..."
Mit diesen Worten warf Meister Porgan eine Fackel in den Scheiterhaufen, welcher zu brennen begann. Cé sah, wie einige Menschen Dinge ins Feuer warfen, und sie verstand, hoffte zumindest, zu verstehen. Abschluss mit dem vergangenen Zyklus. Sie selbst besaß nur noch einen Gegenstand, der ihr selbst viel bedeutete und für den Übergang von Montera nach Silden stand: Den silbernen Kamm, mit dem sie Thimo die Telekinese gelehrt hatte, den sie vom Archenbauer damals bekommen hatte. Sie wollte mit der Archengeschichte abschließen, mit Silden, mit Montera. Die Novizin nahm den silbernen Kamm aus der Tasche, betrachtete ihn kurz und warf ihn dann ins Feuer. Das Leben ging weiter, auch nach dem Streit mit ihrem Vater, nach der Archengeschichte, nach der Pest, nach dem Umzug. Innerhalb dieses Zyklus hatte sie sich verändert, war zur Erwählten der Luchsin geworden, lernte den Umgang mit Magie und Stab. Vieles hatte sich verändert. Aber alle Bezüge zur Vergangenheit ließen sich mit dieser Geste nicht kappen.
Sie drehte sich um, schaute nach dem Waldvolk. Musik wurde aufgespielt, und sie lächelte. Selbst keine Bardin, war sie doch musikalisch und erwägte kurzzeitig, mit ihrer Flöte ebenfalls zu spielen. Es gab wieder Essen, Braten, es wurde getrunken, gelacht und gefeiert. Tod und Leben - ewiger Kreis. Gerade wollte sie sich zu den Feiernden gesellen, als ihr jemand am Rand der Feier auffiel, den sie kannte. Zuerst hielt sie das für eine Eingebung, schaute noch einmal hin. Dann eilte sie auf die Gestalt zu, konnte nicht glauben. Was tat er hier? Er durfte nicht hier sein, nicht hier, in Beria! Erst Aramee, nun er?
"Vater?", sagte sie leise zu der Gestalt.
Das durfte nicht sein, er war in Montera! Und doch stand er hier vor ihr, am Rande eines Gelages des Waldvolkes. Eine andere Gestalt trat zu ihm, noch jemand, der in Montera hätte sein sollen und nun hier war.
"Mutter?"
Schweigen. Verwirrt, beinahe ängstlich sah sie ihre Eltern an - oder waren sie gar jene Menschen, die sie als ihre Eltern ansah?
"Warum seid ihr hier? Wieso nicht in Montera? Was ist geschehen?"
Sie mochte es nicht zugeben, doch ihre Stimme zitterte. Zitterte vor Angst, zu hören, was gleich geantwortet würde. Doch sie antworteten nicht. Still blieb es. Ihre Mutter hob die Hand, strich über Cécilias Haar, wie sie es früher getan hatte, um sie zu trösten. Ihre Hand verweilte auf ihrer Schulter, aber Cé spürte sie nicht, sah nur den Gesichtsausdruck ihrer Mutter. Sie schien resigniert zu sein, lächelte aber leicht. Ihr Vater dagegen beobachtete das nur, dann ergriff er die Hand ihrer Mutter und schüttelte den Kopf. Was hieß das? Was tat er da? Das Gesicht ihrer Mutter nahm einen leidenden Ausdruck an, dann wichen ihre Eltern zurück. Oder waren sie nicht ihre Eltern? Was hatte alles zu bedeuten? Verwirrt sah Cécilia sich um, und als sie wieder zu ihren Eltern sehen wollte, waren sie weg. Verschwunden, lautlos, spurlos, wie sie gekommen waren. Hatte sie Sumpfkrautdämpfe abbekommen? War alles Illusion gewesen? Sie blieb an der Stelle stehen, abseits, und sah zum Gelage. Essen, Tanz, Musik. Nichts Ungewöhnliches an sich. Oder doch? In der Ferne sah sie Meisterin Noreia. Bei ihr war ein Mann, dem sie zuwinkte, und er ihr. Wer mochte das sein? Cécilia blieb in der Ferne, versuchte, aus allem schlau zu werden, was geschehen war. Diese Vision, ihre Eltern, nun dies.
"Samhain steht an. Das Fest zu Ehren der Toten, das Fest da der ewige Kreislauf mit dem Ende beginnt", hatte Meister Ornlu erst vorhin bei seiner Rede gesagt.
Das Fest zu Ehren der Toten, ein Zyklus, der zu einem festgelegten Zeitpunkt endete und neu begann. Es musste seinen Sinn haben, dass Samhain festgelegt war. Vielleicht war dann jener Mann, der dort bei Meisterin Noreia war, ihr verstorbener Mann ...? Wieso aber war dann ihre Tochter nicht dort?
Noch etwas anderes fiel ihr ein, wurde ihr klar. Dieser Mann war nicht das einzige Mysterium dieses Abends, dieser Nacht. Sie hatte ihre Eltern gesehen, wie sie in der Ferne den Mann Noreias erblickt hatte. Alle drei hatten nicht gesprochen. Alle drei waren tot. Cécilia sank auf die Knie. Wann mochte das passiert sein? Wann waren sie gestorben, ihre Eltern? Eine Weile kniete sie dort, doch sie weinte nicht. Dieses ganze Fest hatte den Sinn, die Verstorbenen zu ehren, und das Waldvolk tat es durch diese Feier. Sie raffte sich auf, zu feiern und die Toten zu ehren.
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Orthego hielt Abstand vom Trubel, von den Trinkenden und Essenden. Er setzte sich etwas abseits hin, fuhr mit der Hand durchs Haar und hielt den Blick aufs Feuer gebannt, vergaß beinahe zu blinzeln. Ein glänzender Schweißtropfen lief die Stirn hinunter.
Wie konnten sie nur alle feuchtfröhlich weitermachen, nach dem, was sie gesehen hatten? Gesehen haben mussten? Der Waldläufer hatte in die verstörten und verwunderten Gesichter geblickt… Er war nicht alleine mit dieser –er schluckte- Vision. Fragte sich denn keiner von ihnen, was dies zu bedeuten hatte? Er war sich sicher, dass die Druiden sich bereits jetzt austauschten und berieten.
Samhain sollte durch nichts behindert werden, sei es auch noch so aufdringlich.
Orthego vergrub das Gesicht in den Händen.
Vor seinem inneren Auge tauchte erneut die Blüte auf.
Wie sie sich langsam schloss, auf den Waldläufer unheilvoll wirkend, wie sie bläulich zu schimmern begann und immer dunkler wurde. Sie schien alles Licht in sich aufzusaugen. Fackeln erloschen, Gesichter und Gegenstände verschwammen, ein Wirbel aus grauen Tönen, in dem sich alles vermischte und zu einer dunklen Masse verschmolz. Bis sich langsam Strukturen bildeten. Mit offenem Munde und dem blanken Schrecken im Gesicht stand Orthego mitten im Nichts, während um ihn herum Bäume zu sprießen begannen, Ranken und Wurzeln aus dem Boden schossen, wilde Gräser wuchsen. Trist und grau wie die Masse, aus der sie entstanden. Geräusche von Tieren, Grollen und Rumoren, Krächzen, Kreischen und Fauchen, ohrenbetäubend laut. Es war feucht und unangenehm, stickig, die Luft zum Atmen blieb weg. Vor Orthego türmten sich dunkle Farben meterhoch in den schwarzen Himmel hinauf und nahmen die Form eines Baumes an. Eines Baumes, wie man ihn wohl noch nie gesehen hatte. Majestätisch, von unschätzbarer Größe. Mit dem Giganten mischte sich ein Flüstern unter die Laute der Natur. Jemand kicherte gehässig, spuckte die schlimmsten Flüche aus und aus dem Inneren des Baumes schossen zerfledderte schwammige Schatten, an denen Orthego Fratzen und Krallen erkennen konnte. Die Arme ausgestreckt kamen sie auf ihn zu, lachten ihm ins Gesicht und kaum fiel der Waldläufer zu Boden, um den Dämonen zu entkommen, wurde er wieder in die Wirklichkeit zurückgerissen. Wie hunderte Haken, die sich an ihm festkrallten und nach allen Richtungen zogen, fand er sich vor dem großen Feuer wieder.
Orthego zog einen Sumpfkrautstängel hervor, steckte ihn an und zog daran. Hektisch, nervös, kaum genießend. Seine Gedanken kreisten im schwindelerregenden Strom um die Vision, sein Blick war immer noch auf die Flammen gerichtet und den gesamten Abend bereits bedrückte ihn etwas. Eine Präsenz, ein kühler Windhauch, der nicht weichen wollte. Er fühlte sich an die Nacht erinnert, in der ihn Manadh das erste Mal aufgesucht hatte. Doch es war anders. Nicht so intensiv. Sondern subtil und schleichend. Wie eine zarte Berührung. Orthegos Herz raste. Er konnte schwören, dass jeder der anwesenden es vernahm. Dem Waldläufer fiel nicht auf, dass sich hinter ihm aus dem Windhauch ein Schemen bildete. Mit den Fingern aufs Knie tippend zog er erneut am Sumpfkraut und inhalierte tief, den Blick nunmehr starr zu Boden gerichtet, während sich hinter ihm ein älteres Ehepaar anlächelte.
Der Mann hatte einen Arm um die Taille seiner Frau geschlungen, während Sie eine schimmernde Hand auf die Schulter ihres Sohnes legte. Orthego ließ einen glühenden Stummel zu Boden fallen, trat ihn aus und verschwand wieder im Getümmel. Der Schemen löste sich auf.
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Bilder blitzten auf. Ein Adler unter dessen Schwingen eine Insel verschwand. Orte. Gebirge, Wälder, eine Stadt. Wieder Wälder. Fessel. Ein stöhnen entrang sich einer Kehle, tief unter der Erde. Eine Statue. Zwei Köpfe. Corax Finger waren krampfhaft um seinen Schädel geschlossen. Sie alle hatten etwas gesehen. Doch es war bei ihm so als wollte die Vision ihn nicht mehr loslassen. Die Bilder kamen wieder hoch, ganz als erlebte er sie erneut. "Was passiert hier.", flüsterte er und starrte mit glasigem Blick in das Feuer. Neben sich hörte er ein leichtes Rascheln, als Galatea unter ihrem Umhang mit den Schultern zuckte. "Keine Ahnung.", sagte sie und ihre Stimme verriet etwas gehetztes. Kurz blitzte ein Auge unter der Kapuze hervor, die ihr Gesicht verbarg. Lange Strähnen des ihres blonden Haares fielen aus der Kapuze und benetzten den Ledernen Brustpanzer, der nicht ganz vom Umhang bedeckt wurde. Manchmal, wenn sie sich bewegte hatte Corax das Aufleuchten des kalten Stahls an ihrer Hüfte gesehen. In der Zeit als sie umhergezogen waren hatte Corax sie nie ihren Degen nutzen sehen, doch er erinnerte sich noch lebhaft daran wie die Klinge mit Leichtigkeit das Herz des dunklen Magiers durchbohrt hatte. Ihm fiel auf das sich wohl selbst Crows Schwertkunst, welche nach seinen Einschätzungen wohl als durchaus meisterlich durchgehen würde, auf einer anderen Ebene befand als die ihre. Dazu noch eine Kraft in der Magie die Faun ebenbürtig war... Auch wenn man Galatea ihr Alter nicht ansah, es war nicht spurlos an ihr vorrübergegangen. Nur das es so wirkte als habe die Zeit sie eher stärker gemacht als schwächer, aus welchen Gründen auch immer. "Vorerst gibt es wichtigeres.", fügte sie an.
"Die Blüte.", stellte Corax fest.
"Ja."
"Und die Vision ist nicht wichtig?"
"... Sie ist wichtig. Doch die Blüte ist auch wichtig. Doch die Blüte muss für das erste Priorität haben, dannach die Vision."
"Hast du etwas erkannt?"
Sie schüttelte den Kopf. "Nein und Ja. Ich denke ich habe eine Idee, doch jetzt ist noch nicht die Zeit darüber zu diskutieren. Porgan und diese anderen Narren werden sicherlich auch noch ihre unqualifizierten Vermutungen in den Raum werfen wollen, bevor ich mich dazu äußere." Jetzt musste Corax leise lachen. Das war wieder die Galatea die er kannte. "Galatea.", sagte er schließlich nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten. Er konnte förmlich spüren wie sie eine Braue hochzog. "Ich denke irgendwo beneidest du sie. Porgan und die anderen Narren, meine ich." Sie schnaubte. "Warum sollte ich das tun?"
"Weil sie lebendig sind. Weil sie ihr Leben leben."
Sie sagte eine Weile lang nichts. Dann nahm sie ihre Kapuze ab und schenkte ihm ein sanftes Lächeln. "Du fängst an mich ein wenig zu durchschauen, wie besorgniserregend."
"Tötest du mich jetzt?", fragte Corax in gespielt ernstem Ton. Jetzt war es an ihr zu leise zu lachen. "Nun, ich schätze bei meinem Bruder mache ich eine Ausnahme." Wieder schwiegen sie eine Weile. "Damit sie lebendig sein können.", sagte sie schließlich, "Dafür habe ich mein eigenes Leben aufgegeben." Das Lächeln war von ihren Zügen geschwunden. "Auch du wirst dich mit der Zeit für einen der Wege entscheiden müssen."
"Ich weiß.", sagte Corax und zwang ein mildes Lächeln auf seine Züge. "Und ich denke du weist auch welchen Weg ich einschlagen werde." Sein Blick wandte sich von ihr ab und ging zurück zu dem Feuer. "Doch weist du...", das Lächeln wurde ein wenig größer, ehrlicher. "Es ist in Ordnung ab und zu selbst zu leben." Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich hoch. "Lass uns tanzen."
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Saftig und zartrosa, wie die Wangen einer Frau, wanderte das letzte Stück Fleisch zwischen ihre Zähne, wo es von zahlreichen Speichelrinnsalen überzogen, gut zerkaut in Bereiche wanderte über die wir an diesem Abend nicht reden möchten.
Düfte frisch gebratenen Fleisches hatten sich tief in ihrer Nase verfangen, der süßliche Geruch des magischen Rituals hing in ihren Haaren und auch der Atem des Neuen hatte sich an diesem Abend einen festen Platz in ihrer Nase reserviert.
Ein Samen hatte sich in dieser Nacht Nährboden gesucht und hatte ihn in all jenen Anwesenden gefunden. Ein Zeichen nur eine Sekunde lang hatte sich auch in Suzurans Kopf eingenistet.
Magie gewirkt durch ihre Hände durchströmte die Nacht, bedeckte in solch reiner Form den Boden, wie sie es noch nie erlebt hatte. Wärme strahlte der Ort aus, schien Heimat und Abenteuer zugleich und war doch nur ein Samen, der unsichtbar ruhend in der dunklen, feuchten Erde lag, wo er gelockt durch ihre Magie langsam den Marsch an die Oberfläche begann.
In rasanter Geschwindigkeit wurde aus Samen Keimling...Stränge bildeten sich, mehr und mehr. Zunächst fein wie Papier wurden Halme zu hölzernen Ästen, bildeten Knospen, wurden Blüten, entrollten Blätter in allen Facetten der grünen Wälder. Der Duft der Natur lag in der Luft, der Wind der säuselnd die Botschaft über die Länder flüsterte. Getier sich so schnell bewegend, um mit der bevorstehenden Veränderung mitzukommen und Suzuran in mitten alle dem... sich im Kreise drehend, wie zu einsamen Tanz mit der Natur in neuer Heimat. Ein kleines Menschlein vor riesigem Pflanzengebilde, wie ein Haus, wie ein Traum aus fernen Kinderwelten lag er dunkel im Schatten der Nacht und wurde so schnell vom weißen Winter verschluckt, wie er in ihren Träumen gewachsen war.
Jetzt war der Baum nur noch Erinnerung, ein Hirngespinst oder doch so realisitisch wie jenes Steak, das nun seelig ruhend in ihrem Körper zerfressen wurde?
"Schau nicht so wie ein begossener Pudel, hol dir dein zweite Portion Fleisch, ich weiß, dass du davon träumst verfressene Suzu.", murmelte es an ihrem Ohr, das in gleichen Moment angeknabbert wurde. "Kannst du mich nicht was holen? Ich will nich so aussehen, als könnte ich nicht genug bekommen Ornlu..."
"Ausnahmsweise kann ich das vielleicht, aber nicht das du mir zu dick wirst...sonst muss ich mir eine Andere suchen.", meinte er dann und zwickte ihr in die Seite, ehe er mit ihrem Teller in der Hand verschwand.
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Lehrling
Beria, Kiefernwald
Dicht fielen die Schneeflocken aus der geschlossenen grauen Wolkendecke. Das Beriatal lag unter einer flauschigen weißen Decke.
Als sie vor einigen Tagen gemeinsam mit den Mitgliedern der Rattensippe, die die Höhlen nördlichen von Silden verlassen hatten, das Tal erreicht hatte, war sie zunächst von der neuen Heimat der Waldläufer trotz des nasskalten Wetters überwältigt gewesen.
Es war nicht das erste Samhain für Saoirse und sie wusste, dass man an diesem Tag so mancher absonderlichen Erscheinung begegnen konnte, trotzdem war sie zuerst in Panik verfallen, als ihre Tochter während des Rituals am Steinkreis plötzlich und unvermittelt zusammengesunken war.
Mittlerweile hatte sie erfahren, dass auch noch andere diese seltsame Vision einer Insel gehabt hatten, von der ihre Tochter berichtet hatte - Wissen, das ihre Sorge zumindest vorerst zerstreut hatte.
Sie fragte sich nur immer noch, warum sie selbst die Vision nicht erhalten hatte.
Saoirse war alleine unterwegs. Sie wollte das Tal, das nach den gestrigen Festivitäten still und ruhig da lag, erkunden und in der Einsamkeit des verschneiten Waldes ihre Gedanken - ihr Leben ordnen. Eigentlich hatte sie gehofft, den Sippenführer Yared beim Fest wiederzusehen und ihn dazu bringen zu können, Núria aus ihrer Bindung an die Rattensippe zu entlassen, aber er war nicht erschienen.
Sie stapfte weiter durch den knöchelhohen Schnee, durch diese Säulenhalle aus Kiefern, als eine vermummte Gestalt schwer atmend hinter einem der hohen Stämme hervortrat.
Saoirse fuhr erschrocken zusammen und machte ein paar Schritte rückwärts, bevor sie sich umwenden konnte, um zu fliehen ... und prommt fast gegen die Brust des Mannes zu prallen, der plötzlich nciht mehr ein paar Schritte hinter ihr sondern direkt vor ihr stand.
Rote Augen schienen ihren Kopf zu durchdringen und sie in Erstarrung festzuhalten.
"Freut mich dich so lebendig anzutreffen, Saoirse."
Seine Stimme war rau und für einen Mann ungewöhnliche spitz.
Sie kam ihr bekannt vor, aber sie konnte die Gestalt nirgendwo zuordnen.
"Wer ... wer sind Sie? Bitte ..."
"Man nennt mich I nadhor, die Ratte."
Ihr stockte der in der kalten Luft kondensierende Atem. Die Kälte fraß sich durch ihren Mantel, das Kleid und das steife Mieder direkt in ihr Herz.
Geändert von Saoirse (29.11.2010 um 17:00 Uhr)
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Langsam öffnete er die Augen und sah sich um. Was war passiert? Extreme Schmerzen machten sich in seinem Kopf breit und er versuchte sich an den Vorabend zu errinnern. Wage erinnerte er sich an ein Stabritual und an ein Feuerritual und... jetzt wusste er es wieder. Ja, es war ganz klar und deutlich vor ihm. Er hatte eine art Vision von einem großen Baum und einem Sumpf. Leider konnte er sich an mehr nicht erinnern. Aber da war noch was, ja er hatte seine Eltern gesehen. Jene Eltern, die damals von Banditen ermordet wurden. Sie hatten nicht zu ihm gesprochen, doch sein Vater lächelte ihn stolz an und seine Mutter hatte ihn an der Wange gestreichelt und dann war auch schon wieder alles vorbei. Mit einem kleinem "Puff" waren sie wieder verschwunden. Danach hatte er Sumpfkraut geraucht. Jede Menge Sumpfkraut. Und jetzt saß er hier. Was bei Adanos war das?
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Nagor sah ein bekanntes Land vor seinen Augen. Er sah es von oben. -Wo bin ich fliege ich?- Es war lange her als er dort war wo er jetzt schwebte. Aufeinmal sah er Menschen, viele Menschen. Es war eine Gruppe eine wircklich große Gruppe. Darin befanden sich Magier mit blauen Roben und Krieger mit Rüstungen aus Fell und Metall. -Wer sind die, sie kommen mir bekannt vor...- Unter der Gruppe waren auch zwei andere Männer einer davon war ein Templer und der andere ein Novize. Nagor flog näher an die Beiden heran. -Aber das kann nicht sein, dießer Novize das bin ich...- Er erkannte die Situation es war der Zeitpunkt als die Barriere zerfiel und er mit dem Neuenlager floh. Plötzlich sprangen Banditen von den Hügel herum und griffen an. Nagor konnte nur zusehen, zusehen wie der Templer, sein ehemaliger Meister, Umgebracht wurde und wie er Bewusstlos geschlagen wurde. "Nein das kann nicht sein neiiiin!!" Eine Kraft Zog ihn weg vom Geschehen. Er wurde immer schneller flog über die Berge und kam dann in eine wohlbekannte Stadt, Kohrinis. Ihn zog es in ein Haus eine Frau stand am Bett in dem er lag. "Hallo wie geht es dir?" "Ehhm gut, wer bist du und wo bin ich hier?" Die Frau lächelde ihn an "Du bist in Kohrinis, die Wassermagier haben dich hier her gebracht und sagten ich solle dich Gesundpflegen, Bist du einer dießer Sekten Typen?" Nagor faste sich an den Kopf. "Ja, ich bin ein Gor na ein Templer..." Er konnte es nicht glauben er sah sich selbst in der Novizenrobe und trotzdem behauptent er sei ein Templer. -Hatte Ryu doch recht war ich gar kein Templer- Dieser Gedanke betrübte ihm die ganze Zeit doch nun war er sich sicher.
Er wachte auf, schweißgebadet und verwirrt. Shadow sah ihn unruhig an. "Komm wir gehen spazieren ich brauche etwas abkühlung." Die beiden wanderten los. Nagor wollte umbedingt mit Ryu reden und die Sache ein für alle mal klären, doch er wusste nicht wo er wahr, also ging er los und folgte einfach seinem Gefühl...
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Lehrling
Beria, Kiefernwald
Und die Energie die ihre Brust verließ und heiß in ihren Kopf strömte, ihre bleiche Haut rot anlaufen ließ, sogar das Rot ihrer kalten Wangen überstrahlte.
Tränen stahlen sich in ihre Augenwinkel, und versuchten dort festzufrieren bevor die nächste Generation eintraf.
"Warum hast du mir mein Kind geraubt?", schrie sie den Vermummten an.
Die gesamte angestaute Verzweiflung über ihr Schicksal und den bald in ungewisser Zukunft anstehenden Abschied von Núria - all das schlug ihr auf den Magen und strömte in dieses verzweifelte Aufbäumen.
Doch sie erntete nur ein spöttisches Lachen.
"Ich raube keine Kinder, Saoirse, auch wenn so mancher Bauerntrampel, der sich für einen königlichen Paladin hält, sicher felsenfest davon überzeugt ist."
Saoirse brach unter dem Spott des Vermummten endgültig in Tränen aus. Dann gaben ihre Beine nach und sie sank im Schnee vor der finsteren Gestalt mit den rot glühenden Augen zusammen.
Sie war machtlos gegen diesen Hohn, gegen diese übernatürliche Gestalt, die sich an ihrem Elend labte.
Dann zerfaserte die Gestalt in waberndem Nebel. Der Schnee um sie herum schien blau zu leuchten. Sie verbarg das Gesicht in den Händen und weinte hemmungslos.
Höre meine Stimme, Saoirse, höre meine Worte, Saoirse., flüsterte seine stimme plötzlich in ihrem Kopf.
Sie presste sich die Ohren zu, versuchte verzweifelt diese Stimme aus ihrem Kopf zu bekommen.
"Geh weg! Verschwinde ...!", schluchzte sie.
Ich, I nadhor, war es, der dir noch etwas Zeit in der Sphäre Adanos' verschafft hat, Saoirse, aber ich bin niemand, der einfach so unwissend und vielleicht auch ungewollt Geretteten Ehrenschulden aufzwingt., kam die Wahrheit unerbittlich aus dem nichts in ihren Kopf
"Bitte geh und ... und lass mir meine Tochter."
Ihre Stimme war brüchig von der Kälte und dem Kloß in ihrem Hals.
Der wogende Schatten verfestigte sich wieder, was Saoirse aber erst bemerkte als seine Hand sie an der Schulter berührte und sie ihre Augen öffnete, zu ihm aufsah.
"Ich habe sie dir nicht genommen, sie kam aus freien Stücken zu mir. Sollte ich sie abweisen? Ich werde sie nicht entlassen, denn dies ist ihr Platz."
Er wandte sich zum gehen.
Die Stille, die nun folgte, war beinahe unerträglich für Saoirse.
"Hab Erbarmen ..."
Flehend richtete sie ihre gereizten blaugrauen Augen seinem verborgenen Antlitz entgegen.
"Dein Flehen soll nicht abgewiesen werden, Saoirse."
Die roten Augen erfassten sie wieder.
"Ich werde Núria nicht aus ihrem Bund entlassen, doch ich bin bereit dich in meiner Gefolgschaft an ihrer Seite willkommen zu heißen."
Sie hatte nie daran gedacht der Sippe dieses Yared beizutreten und so wieder mit ihrer Tochter vereint zu sein. Doch, ja, es war eine Möglichkeit. Und wenn es die einzige war, die ihr I nadhor ihr bot, würde sie sie annehmen.
Saoirse nickte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
"Gut, Saoirse, ich werde dir in deinem Geist zeigen, was du sprechen musst."
Sie nickte abermals.
"Beginnen wir: Wer bist du, dass du hier vorsprichst und um Aufnahme bittest in die Reihen derer, die die Nebel durchschreiten?"
In ihren Gedanken kam die Idee auf ihren Namen und ihre Herkunft zu offenbaren und so sprach sie zögerlich, als würde sie mit verbundenen Augen einen dünnen Balken hoch über einer Schlucht bestreiten, geführt durch einen Fremden, einen Fremden, dem sie vertrauen sollte.
War dies mehr als ein Schwur? War dies eine Probe ihres Vertrauens?
Sie war sich nicht sicher, aber sie betrat den Balken, bereit die Schlucht zu überqueren - für ihre Tochter, für Núria.
"Ich bin Saoirse ... Saoirse Caireanne, genannt de Vyngaan, Tochter von Lady Caeilainne aus Setarrif und Jeron, einem Kaufmann aus Thorniara."
"Was ist deine Profession?", kam die undurchschaubare Stimme der Ratte.
"Handel ist das Handwerk, das ich ausübe, wie ich es von meinem Vater erlernte."
"Ein ehrbares Werk, ehrbare Tochter der Südlichen Inseln. Doch was ist dein Begehr?"
Sie konnte kaum glauben, was ihr der Kerl nun in ihre Gedanken einflüsterte.
Wollte er sie weiter verspotten? Oder war dies nur ein weiterer Teil der Prüfung?
Saoirse wagte es.
"Lasst mich schwören beim Gerstensaft, lasst mich schwören bei den Wogen der See, lasst mich schwören bei meinem neu gewonnenen Leben, lasst mich schwören den Schwur der Nebel, den Schwur der Ratten."
"Nun, denn schwöre mir Gefolgschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft."
Sie atmete erleichtert auf.
"So schwöre ich dir, I nadhor Gefolgschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft, so heiße ich dir ewige Treue, werde Werke vollbringen in deinem Namen."
"Lass es uns besiegeln, Saoirse."
Plötzlich war da ein Bierkrug in den Händen des Vermummten und er streckte ihn ihr entgegen. Sie nahm einen Schluck des bitteren Gerstensaftes und verzog das Gesicht, schluckte jedoch.
"Willkommen in der Gefolgschaft der Ratten, die du erneut unter den Lebenden weilst. Willkommen Schwester Saoirse."
Die Stimme entfernte sich immer mehr und ebenso verschwamm die vermummte Gestalt mit der Finsternis der Nacht.
Benommen erhob sie sich, blickte sich um und wankte zurück zu den Höhlen. Es hatte sie sehr mitgenommen.
Núria kam ihr besorgt entgegen.
Abermals füllten Tränen Saoirses Augen, als sie ihre Tochter umarmte.
"Mama, wo warst du? Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht."
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Bartimäus saß in seiner Höhle. Er war angelehnt an die Höhlenwand, die er mit Fellen ausgekleidet hat und starrte in das Feuer, das er sich entzündet hatte. Bis auf Nero war er komplett alleine mit seinen Gedanken und Erinnerungen. Geistesabwesend kraulte und streichelte er den Wolf und sie beide genossen die Wärme des Feuers, das weiche Fell und die gemütliche Stimmung in der Höhle. Er dachte an das vergangene Fest zurück:
Zu Beginn war die Stimmung fröhlich, ausgelassen und heiter gewesen, seine Erinnerung aber klar und deutlich. Dann hatte der Gesang eingesetzt, der mysteriöse Gesang, ausgehend von einigen Frauen in einer Sprache die er nicht verstehen konnte. Schon da hatte er an die Mystik und das Besondere an diesem Fest geglaubt, doch noch schien alles ziemlich normal. Er hatte sich dem Fackelzug angeschlossen, war den anderen zum Steinkreis gefolgt und hatte dort Corax Worten gelauscht.
Und genau da kam der Moment, an dem seine Erinnerung unklar wurde, in eine Art Traum überzugehen schien und er sich nicht mehr sicher war, was wirklich passiert war. Corax hatte gesprochen und gleichzeitig war Bartimäus Aufmerksamkeit von einer Blume in dessen Hand angezogen worden. Sie leuchtete, versprühte kleine Lichtkügelchen und hatte den Wächter in ihren Bann gezogen. Die Worte des Druiden rückten in den Hintergrund und wirkten, als kämen sie von weit her. Die Umgebung wurde unscharf, während er ohne zu blinzeln die Blume und ihre Lichtspiele betrachtete. Selbst das Gefühl von Neros Fell, auf das er seine Hand gelegt hatte schien unwirklich zu werden und all seine Sinne verschwammen. Hätte man ihn gefragt, ob er gerade etwas berührte, ob er lag, saß oder stand, ob er sich auf einer weitläufigen Fläche befand oder ob er gerade eingezwängt war, er hätte keine Antwort gewusst.
Einzig und alleine die Lichter der Blume waren zu erkennen, strömten in alle Richtungen und erhoben sich auf hinauf in den Himmel. Wie die Funken, die aus einem Feuer empor stiegen, flogen sie in die Höhe, jedoch ohne zu erlischen. Immer weiter und weiter beobachtete er das Spektakel, doch je länger er hinsah, desto mehr schien es ein System hinter dem Weg des Lichtes zu geben. In der Mitte waren sie dichter, verdichtet wie zu einer Säule. Erst weiter oben gabelten sie sich und erstreckten sich dann in alle Richtungen. Wie die riesige Krone und der gewaltige Stamm eines unglaublichen Baumes.
Und nur kurze Zeit später bildete er sich ein tatsächlich einen Baum erkennen zu können. Die Schemen nahmen wieder irdische Gestalt, formten sich von einfachen Lichtpunkten zu Ästen, Blättern und der Maserung des Holzes. Der Baum umfasste tatsächlich gigantische Ausmaße, wie er es noch nie gesehen hatte, erstreckte sich über Sümpfe und reichte bis zu weiteren Wäldern. All das lag auf einer Insel, deren Küsten er jetzt erkennen konnte, weil er sich, ohne es wirklich zu bemerken, von dem Baum entfernt hatte, durch seine Krone hindurchgekommen war und jetzt aus der Vogelperspektive die Welt betrachtete. Immer weiter und immer schneller entfernte er sich, bis ihn die Dunkelheit des nächtlichen Himmels umfing. Aus der Höhe verlor die Welt wieder an Schärfe und Sterne wurden stattdessen sichtbar. Ihre Anzahl schien keine Grenzen zu kennen, es tauchten immer weitere auf, schrumpften aber in seinem Sichtfeld zu kleinen Lichtpunkten zusammen.
Es schien ihm als hätte er nur einmal blinzeln müssen! Die Lichtpunkte der Blume schwebten noch in der Luft, doch auch seine Sinne waren wieder zurückgekehrt. Er sah wieder die Menschen um sich herum, hörte die Laute des Erstaunens und der Ratlosigkeit um ihn herum, spürte Neros Fell und bemerkte seine eigenen Gedanken und Gefühle. Was war das gewesen? Unerklärlich schien es ihm, aber das Fest ging weiter und das Waldvolk zog zu einem großen Feuer in das sie alle etwas werfen konnten, um mit etwas abzuschließen. Bartimäus hatte nichts für diesen Zweck und war in Gedanken noch bei dem Erlebten. Er bezweifelte, dass das das ein normaler Bestandteil des Festes war, denn auch die Druiden schienen überrascht. Auch über die Bedeutung dessen, was sie gesehen hatten, herrschte Ratlosigkeit oder zumindest wurde diese nach außen hin gezeigt. Wie also sollte Bartimäus von all dem irgendetwas verstehen können?
Darüber machte er sich auch jetzt Gedanken, während er so ins Feuer starrte, kam aber zu keiner Lösung. Zumindest eines war er sich bewusst geworden: Es war kein Traum! Kein Gespinst seiner Einbildung! Vielmehr war es eine Vision und nicht nur er hatte sie gesehen, was auch immer sie bedeuten mochte. Seine Neugierde wollte mehr darüber herausfinden, aber die gemütliche Atmosphäre der Höhle ließ ihn ruhig bleiben. Wenn er Cécilia mal wieder sehen würde, würde er mit ihr darüber reden. Das würde er natürlich auch bei jeder anderen Person, aber bei Cécilia bestand die größte Chance, dass sie ihm auch mehr wusste, schließlich war sie Druidin oder wollte eine solche werden. Er könnte natürlich auch zu einem anderen gehen, den er weniger gut kannte, doch wollte er zuerst einmal bei Freunden und Bekannten bleiben.
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Nachdenklich streunte Aramee durch die Gegend - das Fest hatte ihr wirklich schwer zu denken gegeben. Es war sonst nicht ihre Art, sich so zurückzuziehen und nur nachzudenken - aber die Situation erforderte es. Dringendst. Immerhin war das alles mit einem Leben ausgefüllt gewesen, die die junge Frau nie jemals gespürt hatte - eine Energie, die puslierte, die lebte. Wirklich, es war beinahe unheimlich gewesen, wie euphorisch und gleichzeitig tief betrübt einige gewesen waren - mal abgesehen von denen, die sich mit Sumpfkraut komplett unabhängig von ihren eigenen Sinnen gemacht hatten. Ja, das war sicherlich so etwas wie Magie gewesen, jedenfalls, wenn man diesen natürlichen Fluss so bezeichnen konnte - aber Aramee war sowieso der Meinung, dass es keinen wirklichen Gott gab, sondern das es diesen Gott, wenn überhaupt, in der Natur zu finden gab - im Großen, wie im Kleinen, der ewige Zyklus des Lebens. Bibbernd schlang sie den Mantel enger um sich. Der Schnee, der sich den Weg auf den Waldboden bahnte, die kalte Luft, der leichte Wind - all dies biss sich in ihre Haut, in ihr Fleisch und drang bis auf ihre Knochen, ließ die Monteranerin komplett eiskalt zurück. Dabei hatte sie einige der Menschen sogar barfuß herumlaufen sehen - wie zur Hölle hielten die das aus?
Relativ schnell jedoch kehrten ihre Gedanken zurück zu den Geschehnisssen beim Samhain - als Erstes wäre da die Vision, die ihr verwirrter Geist erst noch verarbeiten musste. Vision? Ein wirklich seltsames Wort, Aramee hätte nie geglaubt, dass es so etwas wirklich gab - aber ganz offensichtlich existierten auch hier Kräfte, die sie nicht verstand. Aber auch sie hatte es gesehen, gerochen, gespürt. Diesen pulsierenden Herzschlag hinter dem Zeichen, der das ganze geleitet hatte; Die salzige Meerluft, die die junge Frau nur als solchen identifizieren konnte, weil sie als kleines Mädchen einmal am Meer gewesen war und sich gefragt hatte, was hinter dem Horizont wohl für fremde Welten existierten - Dann die Berge, die eisbedeckten Gipfel eines großen Gebirges - alles von gewisser Ehrwürde erfüllt, irgendwie. Der Blick hatte sich in Richtung eines riesigen Baumes gewandt, ein Baum, der schon... hunderte von Jahren existieren musste, wenn es überhaupt ein natürlicher Baum war - es kam der jungen Frau eher wie ein Lebewesen vor - hatte vielleicht dieses gewaltige Wesen aus Holz ja diese Vision geschickt. Aber die junge Frau wusste nichts, ihr Kopf war so voll gewesen von den Eindrücken, die sie im realen Leben nie gehabt hatte, dass sie nicht einmal mehr bemerkt hatte, wie sich die Gemeinschaft danach ein wenig verstreut hatte - irgendwann hatte sie sich dann direkt zwischen den Menschen wiedergefunden, doch... das war nach ihrem Vater gewesen.
Seufzend, weiße Wölkchen ausstoßend, stapfte das frierende Mädchen weiter durch den Schnee, der an ihren Lederschuhen klebte und sich auch dort beinahe hindurchfraß. Ja, sie hatte ihren Vater gesehen. Und das war brutal gewesen. Der ältere Mann hatte sie grinsend angesehen, schien ihr sagen zu wollen, dass sie sich ja nicht zurücklehnen und weiter das tun sollte, was sie für richtig hielt. Hatte seine... Seele, oder was es auch immer gewesen war, vielleicht sogar gewusst, das sie da gewesen war? Verwirrt schüttelte die junge Frau den Kopf, sah sich um. Sie musste erst einmal vergessen - und Cécilia wiederfinden, die sie im Getümmel der Besoffenen, Bekifften, kopulierenden und was nicht noch alles verloren hatte. Und tatsächlich, nach einigem Suchen - ihre Füße waren bereits fast abgefroren - sah sie die Shilouette ihrer jüngeren Freundin dort am Waldrand stehen. "Cécilia...", murmelte sie, trat neben die kleinere Frau, lächelte sie an, schloss sie kurz in ihre Arme, Erleichterung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. "Ich hatte dich gestern verloren. Wir waren ja nicht mehr dazu gekommen, uns auszutauschen. Ich bin hier, weil... alles weg ist. Montera ist höchst wahrscheinlich nur noch ein Trümmerfeld, genau wie alles, was ich je gemocht habe. Ich wäre wohl gestorben, hätte diese Jägerin, Navina, mich nicht gefunden." Sie schwieg kurz, schüttelte leicht den Kopf. "Ich bin froh, dich gefunden zu haben. Du warst zwar immer jünger als ich... aber du scheinst mir sehr viel schneller gewachsen als ich, irgendwie." Sie kicherte, schlang den Mantel enger um ihre Schultern. "Ist dir nicht kalt?"
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Schnee, Frost, alles erschwerte die Umstände. Andererseits konnte sie nicht erst im Frühling mit der Pflanzenmagie anfangen. So eine missliche Lage! Sie hätte nicht bis zum Schneefall warten dürfen! Leise stöhnte sie und begann entnervt, Schnee wegzuschieben, um an den Boden zu kommen und den Samen einzupflanzen. Es lenkte sie ab, und genau das wollte sie. Das und nichts anderes: Ablenkung von dem, was sie gestern Abend erfahren hatte. Sie bereute irgendwie, nicht früher vom Tod ihrer Eltern erfahren und ihnen zum Fest so törichte Fragen gestellt zu haben.
Sie richtete sich auf und betrachtete die Schneeflocken, die durch die Luft wirbelten und den Platz wieder füllten. Ein hoffnungsloses Unterfangen, aber irgendwann war es fällig, sie musste mit der Pflanzenmagie beginnen. Leicht schüttelte sie den Kopf und seufzte. Nie wieder aufschieben! Die Novizin hörte das Knacken von Schnee unter Füßen und wandte sich um. Es war Aramee, alte Freundin aus vergangenen Tagen. Ein wenig lässt sich das mit der Magie doch noch aufschieben, zumindest bis es nicht mehr schneit ...
Immer schon hatte Aramee Cécilia und Keala überragt, wenngleich Keala sowieso recht klein war. Von den Schwestern war Cécilia die größere, von den Freundinnen Aramee. Die Größere schloss die Novizin in die Arme, antwortete endlich auf die Fragen des Abends von Samhain.
"Ob mir kalt ist? Das fragst du noch?" Cé lächelte und schüttelte den Kopf. "Natürlich ist mir kalt, was denkst du denn? Irgendwann gewöhnt man sich an die Kälte, aber Schnee ... hu! Lass uns lieber zum Lager gehen: Dort sind Feuer, dort ist Wärme."
Sie wandten sich vom Waldrand ab, beide frierend und zitternd. Cé wusste, sie sah komisch aus, mit einem einfachen, aber schäbigen Kleid und einem Mantel, der nur ein Überwurf war und höchstens den Schnee weghielt. Außerdem wusste sie, dass die Narben der Luchsin nur allzu gut sichtbar waren. Sie musste sich baldigst um wärmere Kleidung bemühen, und um praktischere. Im Stabkampf waren Röcke nicht gerade die beste Wahl.
"Kommt drauf an, was du unter wachsen verstehst. Einige idiotische Dinge hab ich angestellt, seit ich beim Waldvolk bin, ja. Aber sonst ... ich habe den Untergang Sildens erlebt, und nicht jeder wäre danach noch geistig gesund geblieben. Diese vielen Pesttoten verfolgen mich manchmal immer noch in meinen Träumen."
Cé schauderte. Manchmal träumte sie von ihrem Erwachen im brennenden Lazarett, von den Vergifteten, die dort lagen. Ihre Augen, geschlossen wie zu ewigem Schlaf, ihre Lippen jedoch geöffnet, als wollten die Toten sie anklagen, ihnen nicht geholfen zu haben. Sie konnte froh sein, gerettet worden zu sein, entkommen zu sein und Bartimäus, Nero und Alon gehabt zu haben, die sie in der Zeit direkt nach der Pest abgelenkt hatten, so dass sie nicht den Verstand verloren hatte. Na ja ... fast. Da blieb ja noch der Ausrutscher gegenüber Meister Ornlu, wenn man es noch so nennen mochte.
"Was weißt du über Kea? Das bei Samhain war nun schon der zweite Mann, der mir erzählte, Kea in Faring gesehen zu haben. Der erste sagte, sie wäre Sklavin Farings. Und dann war da noch dieser andere, der sagte, sie habe ihn geschickt, irgendwelche Gewürze zu holen. Wieso sollte sie in Faring sein? Ging es ihr gut, als der Krieg begann?"
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